Burgenland kompakt, Ausgabe 4/2020

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KOMPAKT

Fotos: Getty Images (2)

Titel groß zum Die Wünsche von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und seinem Team zumHauptthema Jubiläum des Burgenlands. Ein Schwerpunkt ist die soziale Sicherheit. S. 04–07 Das Manuskript muss nach der Überprüfung im Verlag satzfertig gemacht werden. S. 04–07

Amtliche Mitteilung 2020 / 04

Aufruf an Bürger

Was Landesräte tun

Jubiläumstorte

Erinnerungsstücke für Jubiläumsausstellung gesucht S. 08–11

Projekte und Pläne der Regierungsmitglieder S. 22–27

Konditor ehrt runden Geburtstag. Rezept zum Nachbacken S. 31


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EDITORIAL

Liebe Leserinnen, liebe Leser! Es gehört zur guten Tradition, am Jahresende zurückzublicken und gleichzeitig mit guten Wünschen und Zuversicht in die Zukunft zu schauen. Das macht auch Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, der bald nach Antritt seiner Wahl Anfang 2020 mit den Folgen der Corona-Krise beschäftigt war. Ein enormes Maßnahmenpaket wurde beschlossen. Damit konnte vielen geholfen werden. „Das Burgenland hat das schwierige Jahr gut gemeistert“, bilanziert der Landeshauptmann. Zum Jahreswechsel gilt es aber auch, für Geleistetes zu danken und den Burgenländerinnen und Burgenländern alles Gute für 2021 mit auf den Weg zu geben. Hoffnung, Mut und Engagement sind ganz entscheidend, ­damit neue Pläne und Vorhaben im neuen Jahr ­gelingen. Und dann gibt es noch einen runden Geburtstag zu feiern: 100 Jahr Burgenland. Die vorliegende Ausgabe von „Burgenland kompakt“ widmet sich schwerpunktmäßig diesem Jubiläum. Die Regierungsmitglieder kommen ausführlich zu Wort ebenso wie Historiker, Wegbegleiter und der Chef von Tourismus Burgenland. Das Team, das mit der Planung und Durchführung des Jubiläumsjahrs beschäftigt ist, stellt die Highlights des Programms vor und ruft die Bewohner des Landes auf, mit ihren Erinnerungsstücken die Ausstellung auf Burg Schlaining zu bereichern. Eines lässt sich schon sagen: 2021 wird aufregend und herausfordernd zugleich. In diesem Sinne wünscht Ihnen das Redaktionsteam frohe Weihnachten, einen guten Start in das neue Jahr und vor allem auch Gesundheit. Chefredakteurin Margaretha Kopeinig, Christian Bleich, Wolfgang Sziderics, Nina Sorger, Nadja Tschank, Hans-Christian Siess und Stefan Wiesinger

INHALT

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PLÄNE UND PROJEKTE 2021

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100 JAHRE BURGENLAND

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Gespräch Landeshauptmann Hans Peter Doskozil

Glückwünsche der Landesregierung AUFRUF AN DIE BEVÖLKERUNG Objekte der Erinnerung

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ERFOLGSGESCHICHTE BURGENLAND

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TOURISMUS-PROJEKTE

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Gespräch mit Historiker Gerald Schlag

Burgenland-Tourismus-Chef Didi Tunkel KULTURGUT WEIN Geschichte der Winzerfamilie Kollwentz

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FACHARZT IN OBERWART

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PFLEGESYSTEM NEU

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KLIMA UND PHOTOVOLTAIK

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BILDUNG UND NATUR

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LEISTBARES WOHNEN

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DEMOKRATIE-OFFENSIVE

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BURGENLAND-BÜRO IN BRÜSSEL

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NEUES JAGDGESETZ

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REZEPT JUBILÄUMSTORTE

Lutz Popper erzählt die jüdische Familiengeschichte

Landesrat Leonhard Schneemann legt Modell vor

Landeshauptmann-Vize Astrid Eisenkopf zu Energie

Landesrätin Daniela Winkler präsentiert Schulbuch

Landesrat Heinrich Dorner über neue Förderungen

Landtagspräsidentin Dunst über Infos an Schüler

Leiter Rainer Winter im Interview

Landesrat Leonhard Schneemann über Novelle

Süßes vom Konditor Christian Kaplan

Impressum: Medieninhaber: Land Burgenland. Herausgeber und Redaktion: Amt der Burgenländischen Landesregierung, Landesamtsdirektion/Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit, Europaplatz 1, 7000 Eisenstadt, Tel.: 02682/600 20 93, E-Mail: post.oa-presse@bgld.gv.at, Produktion, Akquise und visuelle Gestaltung: CRM Medientrend GmbH, Neudorferstraße – Betriebsgebiet 3, 7111 Parndorf, Druck: ­Leykam Druck GmbH & Co KG, ­Zustellung: Österr. Post AG, Verlagsort: Eisenstadt, Herstellungsort: Neudörfl. OFFENLEGUNG GEMÄSS § 25 MEDIEN­GESETZ: Medieninhaber: Land Burgenland. Erklärung über die grund­legende Richtung: ­Information der Bürgerinnen und Bürger über die Arbeit der Landesregierung, der Landesverwaltung und des Landtags.

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1921–2021: 100 Jahre Burgenland

1. Jänner 2021

Hotspots zum Jubiläum

­ ausenfilm beim Neujahrskonzert der Wiener P Philharmoniker: Der Film behandelt die Geschichte der Grenzziehung des Burgenlands

November Fotoausstellung in der Wiener Galerie „Westlicht“ (ab 2022 im Burgenland)

25. Jänner

14. November

Landtagssondersitzung: Geplant sind Sonderführungen im Landhaus

Einmaliger Landesfeiertag mit Festakt der Landesregierung im Schloss Esterházy

1. Februar Bis zu diesem Zeitpunkt können Projekte für „100 Jahre Burgenland“ eingereicht werden

Sommer

25. Februar

Eröffnung Jubiläumsausstellung auf Burg Schlaining

Eröffnung Ausstellung „Auswanderung nach Amerika“ im Landesmuseum

Gemälde des burgenländischen Auswanderers Gustav Rehberger wurde vom Land angekauft. Rehberger machte als Künstler Karriere in Hollywood

Juni

Fotos: Land Burgenland

Themen-Schwerpunktwoche in allen Schulen: Bildungsdirektion initiiert Schulprojekte

27. Mai Ausstellungseröffnung in der Landesgalerie: Sepp Laubner „50 Jahre für die Kunst“

April Eröffnung Sonderausstellung auf Burg Güssing

Frühjahr Präsentation „Burgenland-Buch für junge Menschen“

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Projekte und Plä Landeshauptmann Hans Peter Doskozil steuert das Land mit ruhiger Hand und zahlreichen Maßnahmen durch die Corona-Krise. Für das kommende Jahr nimmt er sich viel vor: Den weiteren Ausbau des Mindestlohns und des Pflegesystems. VON MARGARETHA KOPEINIG

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beitsplätze essenziell. An alle Bürger ­appelliert der Landeshauptmann, in der zweiten Corona-Welle wachsam zu sein und Rücksicht zu nehmen. Um die angespannte Situation zu überwinden und das Virus in Schach zu halten, wird es weiterhin „ein großes Maß an Eigenverantwortung der Bevölkerung brauchen. Kontrollen bis ins Schlafzimmer gehen gar nicht“, weist der Landeshauptmann Forderungen zurück, die Polizei möge die Privatsphäre zu Hause unter die Lupe nehmen. Zum Auftakt des Jubiläums „100 Jahre Burgenland“ geht es dem Chef der Landesregierung und seinem Team ganz besonders um die Frage, wie das Jahr 2021 bewältigt werden kann. Was brauchen die Burgenländerinnen und Burgenländer, was brauchen die Be-

„Mir schwebt die ­Einrichtung eines ­größeren Demenz-­ Zentrums im ­Burgenland vor.“ Landeshauptmann Doskozil triebe und was braucht der Kulturbereich, um mit den Folgen der Pandemie klarzukommen? Wie entwickelt sich das Land weiter? Und wie gibt man den Menschen Zuversicht und Vertrauen? Darauf hat der Landeshauptmann eine Antwort in Form konkreter Pläne: „Der nächste Schritt ist die Ausdehnung des Mindestlohns in Höhe von 1700 Euro netto monatlich. Gerade in Corona-Zeiten brauchen die Menschen Geld zum Konsumieren. Und der Kon-

sum kommt schließlich der Wirtschaft zugute. Das ist ein wichtiger Faktor.“ Nach der Umsetzung im Land, in der KRAGES (Burgenländische Krankenanstalten-Gesellschaft) und im Großteil der Holding folgt im Jänner 2021 der landeseigene Tourismusbereich, in dem der Mindestlohn umgesetzt wird. „Das Ziel ist, dass danach Gemeinden und der Pflegebereich folgen. Gerade in einer Phase, wo Jobs ­gefährdet sind, müssen wir mit dem Mindestlohn dagegen halten. Die 30Stunden-Woche ist nicht die Antwort auf diese Herausforderung“, skizziert Hans Peter Doskozil die Strategie. Eigenkapitalfonds

Des Weiteren plant das Land einen Eigenkapitalfonds zur Stabilisierung von Betrieben, welche einen kurzfristigen Kapitalbedarf aufweisen. Zielgruppe dieser Maßnahme sind burgenlän­dische Unternehmen mit positiven Zukunftschancen, die aufgrund der Corona-Pandemie einen Finanzmittelbedarf haben, der nur mit Überbrückungshilfen von Land und Bund kurzfristig abgedeckt werden kann. Die Inanspruchnahme von Überbrückungshilfen hat bei vielen Unternehmen die wichtige Eigenkapitalquote gesenkt, was eine weitere Fremdkapitalaufnahme zum Zwecke von Wachstum nicht möglich macht. Aus diesem Grund sollen vor allem KMUs sämtlicher Branchen mit Eigenkapital bzw. eigenkapitalähnlichen Mitteln wie atypisch stillen Beteiligungen gestützt werden. Eine weitere Fremdkapitalaufnahme zur Wachstumsfinanzierung soll dadurch möglich sein.

Fotos: Andi Bruckner

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ls der Burgenländische Landtag am 17. Februar 2020 bei seiner konstituierenden Sitzung Hans Peter Doskozil mit überwältigender Mehrheit als Landeshauptmann wiedergewählt hat, war Corona noch kein breites Thema. Die Gefahr des Virus war noch nicht spürbar. Doch bald danach kam Mitte März der erste Lockdown, im November der zweite. Die Folgen der Pandemie bereiten dem Landeshauptmann seit Monaten große Sorgen. „Man wird nicht alles abfangen können. Es wird Firmen­ schließungen geben, Menschen werden arbeitslos“, spricht er die Probleme offen an. Burgenland hat aber schnell und effizient reagiert. Schon bei der ersten Welle der Covid-19-Erkrankungen hat das Land mit einem Bündel von Maßnahmen erfolgreich gegengesteuert, um Menschenleben zu retten, das Krankenund Pflegesystem nicht zu überfordern, der Wirtschaft mit finanziellen Hilfen unter die Arme zu greifen, den Tourismus aufrechtzuerhalten und Jobs zu ­sichern. „Im Vergleich mit anderen Bundesländern steht das Burgenland in der Arbeitslosenstatistik derzeit gut da. Wir haben die Corona-Krise bis heute gut gemeistert“, sagt Doskozil. Im Frühling hat die Burgenländische Landesregierung ein umfassendes ­Corona-Maßnahmenpaket mit einem Gesamtvolumen von etwas mehr als 13 Millionen Euro geschnürt. Dieses Volumen wurde bis Ende des Jahres auf rund 16,5 Millionen Euro aufgestockt. Die finanzielle Unterstützung ist für Betriebe und für die Erhaltung der Ar-


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äne für 2021

Landeshauptmann Doskozil wünscht sich, dass „künftig jedes burgenländische Schulkind das Haus der Geschichte besucht“

Perspektivisch verfolgt der Landeshauptmann den weiteren Ausbau des Pflegesystems. Derzeit gibt es im Burgenland 43 Pflegeheime, in denen rund 2300 Bewohner untergebracht sind. Das reicht längerfristig nicht (siehe ­Seiten 22, 23). Ihm schwebt ein Modell vor, bei dem sich zwei, drei Gemeinden zusammenschließen und ein betreutes Wohnen sowie ein Tageszentrum für ältere Menschen anbieten. Das betreuende Pflegepersonal in diesen Einrichtungen übernimmt auch Hausbesuche und die Hauskrankenpflege in diesen Gemeinden. Installiert ist in diesen ­Betrieben auch ein Notruf-System. Mit flexiblen Institutionen im Pflegebereich ist auch das Anliegen verbunden, längerfristig auf die 24-Stunden-Kräfte aus Osteuropa verzichten zu können. Die Corona-Krise mit Grenzschließungen

und Reisebeschränkungen hat gezeigt, wie schwierig es ist, die Versorgung mit Pflegekräften anderer Staaten aufrechtzuerhalten. Mit den Plänen der Zusammenführung von betreutem Wohnen, Tagesheimstätte und Hauskrankenpflege beschreibt Doskozil sein Vorhaben, das Pflegesystem auszubauen. Verbunden mit dem Jubiläumsjahr gibt es neue Chancen. „Mir ist es ein großes Anliegen, dass sich das Burgenland selbst ein Geschenk macht. Es soll etwas Nachhaltiges, Beständiges im Sozial­bereich werden“, kündigt der Landeshauptmann an. Konkret: „Mir schwebt die Einrichtung eines größeren Demenz-Zentrums im Burgenland vor. So etwas fehlt bisher.“ Vier Millionen Euro bekommt das Burgenland als Jubiläumsgabe aus Anlass des 100-jährigen Bestehens von der

Bundesregierung. Damit werden Projekte finanziert, ein Großteil der Mittel soll in das Demenz-Projekt fließen, das die Landesregierung ausfinanziert. „Diese Einrichtung soll als ein wich­ tiges Element der Erinnerung an das ­Jubiläumsjahr bleiben. Pflege ist generationsübergreifend und baut auf generationsübergreifende Solidarität“, betont Doskozil. Als zentraler Standort für die burgenländische Geschichte ist Schlaining auserkoren. Hier wird die Jubiläumsausstellung gezeigt, die nach 2021 in ein Haus der Geschichte übergeführt wird. An dieser Stelle äußert Landeshauptmann Hans Peter Doskozil einen Wunsch an Pädagogen und Eltern: „Ich möchte, dass künftig jedes burgenländische Schulkind das Haus der Geschichte besucht.“ n Burgenland KOMPAKT | 5


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Dem Burgenland

Das Regierungsteam von Hans Peter Doskozil und die Landtagspräsidentin Verena Dunst appellieren an das Miteinander im Land. Aus der positiven Entwicklung des Landes erwachsen Stärken und Kräfte für neue Aufgaben.

Das Bundesgesetzblatt vom 9. Februar 1921 legt die Stellung des Burgenlands als „selbständiges und gleichberechtigtes Land im Bund“ fest. Die erste Landtagssitzung gab es am 15. Juli 1922 in der Martinkaserne in Eisenstadt

Von 1926–1929 wurde das Landhaus nach Plänen des Architekten Rudolf Perthen erbaut. Am 14. Dezember 1929 erfolgte die Schlusssteinlegung für das Landhaus (r.). Bis heute ist es der Sitz der Burgenländischen Landesregierung

Demonstration für Eisenstadt als Landeshauptstadt. Im April 1925 wurde Eisenstadt zum Sitz der Landesregierung erklärt

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Entwürfe aus dem Jahr 1922 für das Landeswappen und die burgenländische Fahne. Der Adler ist bis heute das Wappentier


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eine gute Zukunft Landtagspräsidentin Verena Dunst

Als jüngstes Bundesland feiert das Burgenland 2021 sein 100-Jahr-Jubiläum. Wahlalter ab 16 Jahren, Direktwahl der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Livestreams der Landtagssitzungen, Jugend im Landtag und die moderne Landesverfassung mit gestärkten Minderheitenrechten haben uns als demokratiepolitischen Vorreiter positioniert. Das Jubiläum lässt uns zurückblicken und auf die Zukunft freuen. Es erinnert uns ­daran, dass wir gemeinsam arbeiten müssen, um weiter stolz auf das ­Burgenland zu sein.

Landesrätin Daniela Winkler

Fotos: Landesarchiv Burgenland; Landesmedienservice Burgenland

(Bildung, Familie)

Das Burgenland hat sich seit seiner Zugehörigkeit zu Österreich hervorragend entwickelt. Im Bildungsbereich wurden wir durch herausragende Leistungen zum Bildungsland. Wir wollen allen Kindern und Jugendlichen auch in Zukunft die gleichen Chancen bieten. Das Burgenland ist ein gefragter Platz zum Leben. Immer mehr junge Familien machen Burgenland zu ihrem Lebensmittelpunkt. Sie schätzen die hohe Lebensqualität, zu der Kinderbetreuung, Gratiskindergarten und Ferienbetreuung beitragen. Familie und Beruf sind so besser vereinbar.

Landeshauptmann Hans Peter Doskozil

LandeshauptmannStellvertreterin Astrid Eisenkopf

(Finanzen, Kultur, Tourismus, Gesundheit, Europa etc.)

(Gemeinden, Frauen, Agrar, Umwelt, Klima)

Es erfüllt mich mit Stolz, den 100. Geburtstag des Burgenlands auszurichten. Das Jubiläum erinnert an das Miteinander im Land. An dieser ­positiven Eigenschaft halten wir auch in Zukunft fest. Der Zusammenhalt ist die Basis unseres Erfolgs sowie der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung im Burgenland. 2021 ist ein besonderes Jahr für uns alle. Es ist mir auch ein großes Anliegen, in diesem Jahr nach vorne zu blicken und Projekte zu initiieren, die nachhaltig sind und von denen mehrere Generationen profitieren.

Landesrat Leonhard Schneemann (Soziales, Pflege, ­Wirtschaft, Jagd, ­Forschung)

Happy Birthday, liebes Burgenland! Gemeinsam wurde in all den Jahrzehnten vieles bewegt. 100 Jahre ­haben wir gemeinsam für ein starkes Burgenland gearbeitet und auch gekämpft. Heute haben wir eine Vorreiterrolle im Sozialbereich eingenommen, Pflege und Betreuung sind ein wichtiger Teil davon. Wir sind Vorbild in Österreich und in der EU. Wirtschaftlich sind wir gewachsen und stärker als je zuvor. Gemeinsam ­arbeiten wir weiter daran, dass jeder Burgenländer und jede Burgenländerin gut und sicher hier leben kann.

Das Burgenland schreibt G ­ eschichte – 100 Jahre Burgenland stehen für eine einzigartige Erfolgsgeschichte. Wir packen die großen Zukunftsthemen an. Das sind die Bio-Wende in der Landwirtschaft, Naturschutz, Nachhaltigkeit, Umwelt und Klima. Bei der Nutzung erneuerbarer Energien haben wir als Bundesland die Nase vorne. Wir sind europaweit die Nummer eins. Ich bin zuversichtlich, dass der Weg ein zukunftsorientierter und auch sehr erfolgreicher ist. Das ist ­unser Weg, den wir gemeinsam fortsetzen werden.

Landesrat Heinrich Dorner (Wohnen, Verkehr, Sport, Raumplanung, EU-Ausschuss der ­Regionen)

Als Burgenländer mit Leib und Seele schätze ich an unserem Bundesland eines ganz besonders: die Lebens­ qualität unseres wunderschönen ­Bundeslands. Das Burgenland ist ein einzigartiges Wohnland. Und was das Burgenland dabei speziell ausmacht, ist Folgendes: Die hohe Qualität des Wohnens steht mit der Leistbarkeit im Einklang. Ich wünsche dem Burgenland zu seinem 100. Geburtstag weiterhin alles Gute. Und als WohnbauLandesrat möchte ich dazu beitragen, unser Bundesland noch lebenswerter für alle zu ­machen. Burgenland KOMPAKT | 7


Wir sind 100! 2021 feiert das Burgenland 100 Jahre Zugehörigkeit zu Österreich. Das runde Jubiläum steht ganz im Zeichen des Miteinanders.

REDAKTION ELISABETH BURANITS

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Rendering: Entwurf: Christof Cremer/Visualisierung: Davide Porta

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as Burgenland hat sich im vergangenen Jahrhundert von einer der ärmsten Gegenden Europas zu einer Vorzeigeregion in ­Österreich, aber auch innerhalb der ­gesamten Europäischen Union entwickelt, was sich nicht zuletzt in einem unverwechselbaren Lebensgefühl widerspiegelt. Die Burgenländerinnen und Burgenländer selbst haben durch ihren Fleiß, ihre Offenheit, ihre Mentalität und ihren starken Zusammenhalt besonders dazu beigetragen. Dieses positive Wir-Gefühl wird auch im ­Zentrum des Jubiläumsjahrs stehen, betont Landeshauptmann Hans Peter Doskozil: „Deshalb soll unser Jubiläum unter dem Motto ,Wir sind 100‘ auch als großes Miteinander gelebt und verstanden werden. Es ist auf Partizipation ausgerichtet. 2021 wird nicht nur ein Jahr zum respektvollen Zurückblicken und zum würdigen Feiern sein, sondern viel mehr ein Startschuss und eine Motivation, um Impulse und Initiativen zur positiven Weiterentwicklung in verschiedensten Bereichen zu setzen“, sagt Doskozil. Jetzt Projekte einreichen!

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums fördert das Land Burgenland Projekte aus den Bereichen Kunst & Kultur, Schule & Bildung, Gesellschaft & Generationen, Sport & Soziales sowie Tourismus. Alle Burgenländerinnen und Burgenländer bzw. alle burgenlän-

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dischen Vereine sowie Initiativen sind herzlich eingeladen, bis 1. Februar 2021 Konzepte, die sich mit Identität, Ge­ schichte, Zukunft oder Vergangenheit des Landes Burgenland auseinanderset­ zen, aktuelle gesellschaftliche Problem­ felder thematisieren oder den sozialen und gesellschaftlichen Zusammenhalt im Burgenland stärken, einzureichen. Infos: www.wirsind100.at Interaktive Jubiläumsausstellung

Die vor 750 Jahren erstmals urkundlich erwähnte Friedensburg Schlaining ist Austragungsort der „100 Jahre Burgen­ land“-Jubiläumsausstellung und wird nach den derzeit laufenden Renovie­ rungsarbeiten im Sommer 2021 wie­ dereröffnet. Auch bei diesem Vorhaben sind alle Burgenländerinnen und Bur­ genländer eingeladen, aktiv mitzuma­ chen, denn für die „Jahrhundertschau“ werden historische Fotos, Filme, Post­ karten, Briefe, Tagebücher oder sons­ tige Objekte aus Privatarchiven ge­ sucht. Parallel zu der physischen Ausstellung auf der Burg gibt es näm­ lich auch ein digitales Konzept fürs ­Internet. Der Kurator der Jubiläums­ ausstellung, Professor Oliver Rathkolb, richtet seinen Aufruf, um via OnlinePlattform www.wirsind100.at Teil des Jubiläums zu werden: „,Wir machen Geschichte!‘ ist das zentrale Motto un­ serer Schau und wird auf Grundlage von Lebensgeschichten, Fotografien, Filmen und bisher unbekannten Ob­ jekten präsentiert werden. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie gemeinsam mit Ihren Familien alte Fotoalben durchstöbern, Dokumente sichten, sich an schöne und wichtige Momente erin­ nern und Ihre Schätze hochladen und mit uns teilen. Die vielen einzelnen ­Geschichten werden somit zu einer großen Geschichte, nämlich der des ganzen Burgenlands, was für mich ein wunderschöner Gedanke ist. Also nüt­ zen Sie die kalte Jahreszeit, denn sie eignet sich perfekt für ein derartiges Vorhaben.“ n 10 | Burgenland KOMPAKT

Friedensburg Schlaining wird derzeit saniert und im Sommer 2021 wiedereröffnet

Ausstellungsgestalter Christof Cremer (li.), Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und Oliver Rathkolb, Kurator der Jubiläumsausstellung, stehen hinter der ­„Jahrhundertschau“

Reichen Sie bis 1. Februar 2021 spannende Projekte ein und werden Sie Teil der Jubiläums­ ausstellung und somit der burgen­ ländischen Geschichte


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Neujahrskonzert-Pausenfilm: Die ganze Welt schaut Burgenland

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as Neujahrskonzert der Wie­ ner Philharmoniker ist das be­ rühmteste Neujahrskonzert der Welt. Es wird alljährlich am Neu­ jahrstag via Fernsehen in mehr als 90 Länder auf der ganzen Welt übertra­ gen und von einem Millionenpublikum live mitverfolgt. In der Pause der Über­ tragung gibt es den zur Tradition zäh­ lenden Film, der Jahr für Jahr fulmi­ nante Aufnahmen auf die Bildschirme zaubert. Am 1. Jänner 2021 wird der Pausenfilm unser 100-jähriges Jubi­ läum zum Inhalt haben und somit das Jubiläumsjahr imposant eröffnen.

Blick hinter die Kulissen: 2020 wurde der Pausenfilm im Burgenland gedreht

Fotos: Landesmedienservice Burgenland, KBB, Marco Sommer, Christoph Langecker

Jubiläumsweine gekürt

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eim runden 100-jährigen Ge­ burtstag darf selbstverständlich Burgenlands weltberühmtes Kulturgut Wein nicht fehlen. Aus die­ sem Grund wurde ein Konzept für eine Jubiläumswein-Kollektion erarbeitet, die 2021 sowohl für offizielle Anlässe des Landes als auch für den Verkauf ge­ dacht ist. Wein Burgenland übermit­ telte in einer Ausschreibung die Krite­ rien für insgesamt sieben Kategorien an die heimischen Weinbaubetriebe, die gebeten wurden, ihre edlen Tropfen für dieses „Jahrhundert-Ereignis“ ein­ zureichen. Um die Jubiläumsweine in den einzelnen Kategorien zu ermitteln, wurden die insgesamt 208 eingesand­ ten Weine einer prominent besetzten Jury zur Blindverkostung gereicht. An­ fang 2021 wird die Kollektion samt spe­ ziellen Etiketten und Verpackungen präsentiert.

Josef Schuller, Andreas Liegenfeld, Herbert Oschep, Wolfgang Böck, Susanne Riepl und Georg Schweitzer (v.l.n.r.) verkosteten Einreichungen der heimischen Winzer

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Zurndorf wächst von Tag zu Tag, das alte Feuerwehrhaus ist längst viel zu klein geworden.

Wie das Burgenland Gemeinden bei Bauprojekten unterstützt

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in Zubau zum Kindergarten, die Errichtung einer Mehrzweckhalle oder ein neues Sportzentrum: Die burgenländischen Gemeinden werden durch große Investitionsprojekte und Kommunalbauten oft vor enorme Herausforderungen gestellt, da sie – neben der Finanzierungsfrage – komplexe ­Fachkenntnisse sowie eine intensive Betreuung erfordern und neben der laufenden Verwaltungsarbeit oft nur schwer wahrgenommen werden können. Das Land hat sich deshalb dazu entschlossen, mit der Projektentwicklung Burgenland GmbH (PEB GmbH), einer Tochtergesellschaft der Landesimmobilien Burgenland GmbH (LIB), eine neue Landesgesellschaft zu gründen, die Gemeinden, aber auch Unternehmen der Landesholding und öffentliche Einrichtungen, wie beispielsweise die Feuerwehr oder das Rotes Kreuz, künftig

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bei deren Bauprojekten organisatorisch, planerisch sowie bei der Finanzierung unterstützt. „Wir haben in unserem Regierungsprogramm eine Reihe von Maßnahmen – bis hin zu einer großen Aufgabenreform – verankert, die die Gemeinden insgesamt stärken und auch deren finanzielle Handlungsfähigkeit verbessern sollen. Ein Leuchtturmprojekt ist dabei diese neue Form der Unterstützung für Gemeinden bei Hochbauprojekten. Unter dem Titel ‚Mehr Service für Gemeinden‘ wollen wir damit die kommunale Ebene ab 1. Jänner 2021 bei großen baulichen Investitionen umfassend begleiten und entlasten“, erklärt Infrastrukturlandesrat Mag. Heinrich Dorner. Mehr Service für Gemeinden

Die neue Landesgesellschaft, die Projektentwicklung Burgenland GmbH (PEB GmbH), ist in die Lan-

desholding eingegliedert und bietet mit Projektleitung, Projektentwicklung, Verfahrensbetreuung, Planung, örtlicher Bauaufsicht, Projektsteuerung bis hin zu begleitender Kontrolle und Finanzierung ein umfangreiches Leistungsportfolio an. Verschiedene Finanzierungsmodelle werden angeboten und überprüft. Ebenso werden die Kernkompetenzen im Planen, Bauen und Betreiben von Bauvorhaben in der neuen PEB GmbH aufgebaut. Die Abhängigkeiten von externen Dienstleistern werden auf ein absolut notwendiges Ausmaß reduziert. Beispielsweise möchte eine Gemeinde nur eine Unterstützung bei der Entwicklung und Planung, eine andere ein „Allin-Paket“, in dem sämtliche Leistungen enthalten sind. Bei der ­Planung, beim Bau und vor allem bei der Finanzierung ergeben sich


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„Rund 80 Projekte wurden bis dato eingereicht, 2021 werden über 20 davon umgesetzt.“ Univ.-Prof. DI Dr. techn. Gerald Goger, Geschäftsführung Landes­immobilien Burgenland GmbH und Projektentwicklung Burgenland GmbH

Fotos: PEB

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62 Mitglieder zählt die Freiwillige Feuerwehr der ­Gemeinde Zurndorf, darunter auch Feuerwehrfrauen.

dadurch für die Gemeinden enorme Vorteile. Die PEB GmbH plant hier auf der Grundlage von fix verzinsten Darlehen über sehr lange Laufzeiten von 30 Jahren sichere und leistbare Mieten für die Gemeinden – mit „Rückendeckung“ von Landesholding und Land. Die Gemeinden können dabei selbst entscheiden, in welchem Umfang sie Leistungspakete der neuen GmbH in Anspruch nehmen und dabei von Fachexperten begleitet werden. „Bis dato gibt es rund 80 eingemeldete Projekte. Davon werden in etwa 20 mit einem finanziellen Gesamtvolumen von ca. 40 bis 45 Millionen Euro im Jahr 2021 umsetzbar sein“, so Univ.-Prof. DI Dr. Gerald Goger, Geschäftsführer

der Landesimmobilien Burgenland GmbH und der Projektentwicklung Burgenland GmbH. Beispiel Feuerwehrhaus Zurndorf: Neues Haus für die Floriani

Eines dieser Projekte ist der Neubau eines Feuerwehrhauses in Zurndorf. Dieser Neubau ist Bürgermeister Werner Friedl und der 62 Personen umfassenden örtlichen Freiwilligen Feuerwehr aufgrund der Betriebsansiedlungen der Firma XXXLutz, der A-Nobis Sektkellerei Szigeti und des Baustoffunternehmens Leier, aber auch aufgrund der beengten Situation des bereits in die Jahre gekommenen Feuerwehrhauses am derzeitigen Standort ein Anliegen.

Der geplante Neubau des Feuerwehrhauses am Fabrikweg wird ausreichend Platz bieten und alle Ansprüche erfüllen.

„Das betreffende Grundstück für den Neubau des Feuerwehrhauses umfasst rund 3.900 m², die verbaute Fläche 1.500 m², die Nutzfläche 1.800 m², die befestigte Fläche der Außenanlagen und Grünflächen 2.400 m². Im Erdgeschoß sind der Kommando- und Mannschaftsraum, die Küche, die Garderoben, die Duschen und WCs sowie der Waschraum vorgesehen. Im Obergeschoß sind die Unterbringung der Jungendfeuerwehr, der Sitzungs- und Schulungsraum, Büros, das Lager und die Technik geplant. In den Räumlichkeiten der Halle sollen die Fahrzeuge, eine Werkstatt sowie die Haustechnik Platz finden. Ein Turm wird auf vier Etagen als Schlauch- und Übungsturm dienen“, betonte Bürgermeister Werner Friedl. Die Gesamt­kosten für den Neubau, der sich momentan in der Detailplanung bzw. der Vorbereitung von Behördenwegen und Genehmigungen befindet, belaufen sich auf ca. 3,7 Millionen Euro. Der Baustart ist für Mitte 2021, die Fertigstellung für Mitte 2022 geplant. ■ Infos: www.landesimmobilienburgenland.at Burgenland KOMPAKT | 13


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„Burgenland öffnet sich weiter“ Der bekannte Historiker Gerald Schlag skizziert lebendig die ereignisreiche und vielfältige Entwicklung des Burgenlands zu einem erfolgreichen und modernen Bundesland, das Menschen Arbeit, Wohlstand und Sicherheit bietet. VON MARGARETHA KOPEINIG

Ungarischer Widerstand

Schlagartig tauchte auch in Deutschwestungarn die Frage nach der künftigen Staatszugehörigkeit existenzbedrohend auf. Die an Leitha und Lafnitz entstehende Grenze zwischen den neuen Republiken Österreich und Ungarn drohte eine seit Jahrhunderten existierende Symbiose zu beenden, die nicht nur sprachlich und kulturell, son14 | Burgenland KOMPAKT

dern auch wirtschaftlich und sozial geprägt war. Tausende Arbeiter drohten von ihren Arbeitsplätzen in Österreichs Nachbarregionen abgeschnitten zu werden und ebenso die Bauern, für die rigorose Zölle existenzbedrohend waren. So entstand eine breite Volksbewegung, die den Anschluss des Burgenlands – wie der Grenzstreifen bald hieß – an Österreich forderte. Trotz des ungarischen Widerstands gegen diese Abtretung entschieden die Siegermächte in Paris – im Friedensvertrag von Saint Germain (10. September 1919) –, das Land Österreich zuzuspre-

Gerald Schlag die gefährliche Situation. Schließlich kam es über Vermittlung von Italien am 13. Oktober 1921 bei ­Geheimverhandlungen in Venedig (Venediger Abkommen) zu einem Kompromiss, der in der Folge die Übergabe des Burgenlands an Österreich ermöglichte, jedoch um den Preis, dass die vorgesehene Hauptstadt des Landes, Ödenburg/Sopron, durch eine unter ungarischer Regie durchgeführte Volksabstimmung bei Ungarn verblieb. Diesem Geschehen Rechnung tragend wird am 14. November 2021, dem Tag, an dem Österreich durch sein Bundesheer die endgültige Souveränität über das Burgenland übernahm, das 100-jährige Jubiläum einmalig durch einen Sonderfeiertag zelebriert werden. Suche nach Identität

Bau der Nord-Süd-Verbindung

chen. Es bedurfte aber einer gleichlautenden Bestimmung in einem Friedensvertrag mit Ungarn, was erst im Vertrag von Trianon (20. Juli 1920) endgültig Rechtskraft erlangte. Doch das schwer gedemütigte Ungarn – es verlor im Vertrag von Trianon zwei Drittel seines Vorkriegsterritoriums – gab nicht auf und setzte Freischärler ein, die im August 1921 mit überlegener Waffengewalt die Landnahme durch die österreichische Exekutive verhindern sollten. „Ein Krieg zwischen Österreich und Ungarn war nicht ausgeschlossen“, beschreibt

„Aus Trümmern geboren“ heißt das Standardwerk von Gerald Schlag, in dem er das Entstehen des Burgenlands detailreich schildert (siehe unten). Wie ein Mosaik setzte sich auch die burgenländische Identität zusammen. Der schmale Grenzstreifen, der sich von der Slowakei bis nach Slowenien in den ­Süden zieht, war schon aufgrund der geografischen Lage keine Einheit. Gegliedert in Kleinregionen und besiedelt von mehreren Sprachgruppen: Deutsche, Kroaten, Magyaren und Roma. Dazu kamen unterschiedliche Religionen. Neben Katholiken lebten hier Protestanten und über das Land verstreut gab es zahlreiche jüdische Gemeinden. Sie alle sollten zu einem BurgenlandBewusstsein zusammenwachsen, doch stand an erster Stelle der Wunsch, „vollwertige Österreicher“ zu werden. Schon in der Frage der Rechtsangleichung gab es Stolpersteine, wirtschaftliche und

Fotos: Land Burgenland / Wiesinger; Landesarchiv Burgenland

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enn Gerald Schlag über die vergan­ genen 100 Jahre des Burgenlands spricht, dann hört man ihm gespannt zu. Für den bekannten Historiker ist Geschichte einfach das Erzählen von Geschichten – anschaulich, lebendig und verständlich. Auf die Frage, welches Datum als Geburtstag des Burgenlands gefeiert werden kann, antwortet der Historiker mit einem einzigen Satz: „Es gibt keinen fixen Tag, es war ein fließender Prozess.“ Die Entstehung des Burgenlands als neuntes Bundesland Österreichs geschah nicht an einem Tag: Es begann mit dem Ende des Ersten Weltkriegs im Herbst 1918. Europa hatte eine Katastrophe in einem bis dahin undenkbaren Ausmaß hinter sich. Auf den Schlachtfeldern hatten mehr als 20 Millionen Menschen ihr Leben gelassen, in weiten Teilen Europas herrschten ungeheures Elend und Not. Großreiche, die jahrhundertelang die Geschichte des Kon­ tinents geprägt hatten, zerfielen: Das ­zaristische Russland, das Osmanische Reich im Vorderen Orient, das Deutsche Kaiserreich und die Habsburgermonarchie, die ein über 50 Millionen Menschen umfassender Vielvölkerstaat gewesen war.


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Der 79-jährige Historiker Gerald Schlag forscht regelmäßig in der Landesbibliothek

von der zur britischen Zone gehörenden Steiermark abgeschnitten wurde. Automatisch wandte man sich immer mehr nach Norden. Als Ungarn 1948 an der Ostgrenze einen Eisernen Vorhang mit Stacheldraht und Minenfeldern hochzog, blieb das Land ein schmaler Streifen in einer extremen Randlage zwischen zwei weltweit verfeindeten Machtblöcken. Im eng gewordenen Land rückte man nun zusammen und versuchte, die Probleme gemeinsam zu lösen. Aufschwung nach 1955

s­ oziale Normen waren verschieden und mussten durch die neue Republik, die in den Zwanzigerjahren selbst mit großen Problemen kämpfen musste, angepasst werden. Der Kleinstaat hatte zunächst mit einer Hyperinflation und massiven Arbeitslosigkeit zu kämpfen, dann stürzte die Weltwirtschaftskrise der ­beginnenden 1930er-Jahre das Land in eine tiefe Krise, um dann im tragischen Jahr 1934 nach einem Bürgerkrieg in einen autoritären Ständestaat zu münden. Verkehrsverbindung

Nach wie vor war Burgenlands Norden an das niederösterreichische Industriegebiet und Wien gebunden, der Süden tendierte in die Steiermark und nach Graz. Verbindungen zwischen den Bezirken waren oft nur über Umwege durch Nachbarländer gegeben. Erschwert wurde das Zusammenwachsen durch ein noch aus der „ungarischen Zeit“ ererbtes und nur bruchstückhaft erhaltenes Bahnnetz und durch noch viel weniger entwickelte und durch die Grenzziehung zerschnittene Straßenverbindungen. So brauchte man oft eine ganze Tagesreise, um aus vielen Teilen des Landes die 1925 errichtete neue Landeshauptstadt Eisenstadt zu erreichen. Um dem Burgenland entscheidend zu helfen, fehlten der mit großen wirtschaftlichen Problemen kämpfenden Bundesregierung die finanziellen

und technischen Mittel. Ein endgültiges Aus für ein geschlossenes BurgenlandBewusstsein brachte die Aufteilung des Landes durch das Naziregime im Jahr 1938. Der Norden wurde an den „Reichsgau Niederdonau“, der Süden an die Steiermark angeschlossen. Das politische und verwaltungstechnische Geschehen wurde von Wien und Graz aus geprägt. Lediglich die kirchlichen Organisationen, wie die Apostolische

„Heute ist man stolz, Burgenländer zu sein. Es gibt auch eine gefestigte burgenländische Identität.“ Gerald Schlag Administratur des Burgenlands, konnte im Verborgenen eine burgenländische Gemeinsamkeit bewahren. Die Wiedererrichtung des Bundeslands Burgenland nach Ende des Kriegs und der Nazidiktatur 1945 brachte eine Neuorientierung in vielerlei Hinsicht. Dabei waren es gerade zwei negative ­Ereignisse, die ein Zusammenrücken und damit den Beginn eines Identitätsgefühls zur Folge hatten. Das Land war in seiner vollen Länge in die sowjetische Besatzungszone gekommen, wobei der Süden durch eine Demarkationslinie

Erst mit dem Staatsvertrag 1955 ging es stetig bergauf. Die bereits nach 1921 ­angedachte, aber nie realisierte große Straßenverbindung von Nord nach Süd konnte endlich gebaut werden. Neue Betriebsansiedlungen und die Mobilität der Bürger trugen zu mehr Wohlstand bei. Großer Wert wurde auf den Ausbau der Bildungsinstitutionen gelegt, was die Quote der Maturanten und der Studienabschlüsse merklich hob. „Heute ist man stolz, Burgenländer zu sein. Es gibt auch eine gefestigte burgenländische Identität.“ Als „großen Umbruch und Aufschwung“ für das Land bezeichnet der Historiker die Öffnung der Ostgrenzen nach 1989 und den EU-Beitritt Österreichs 1995. Damit verbunden waren EU-Förderungen in Milliardenhöhe. Die Zukunft sieht Gerald Schlag durchaus positiv: „Das Burgenland bleibt nicht nur eine Brücke, die es ­zwischen Ost und West, Nord und Süd jahrhundertelang war. Das Burgenland öffnet sich weiter.“ – Eine optimistische Perspektive eines Historikers, der das Gestern, Heute und Morgen im Blick hat. n BUCHTIPP

Schlag, Gerald: Aus Trümmern geboren. Burgenland 1918–1921. Verlag Burgen­ländisches Landesmuseum, Eisenstadt 2001, 544 Seiten

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KURZ-INFOS

Bonusticket-Aktion führt zu Nächtigungsplus Tourismus: Der burgenländische

­ ourismus hat nach Angaben der T ­Landesstatistik im September ein Nächtigungsplus von 22,5 Prozent verzeichnet. Die Zuwächse von Juli (plus 4,1 Prozent) und August (plus 6,5 Prozent) wurden damit noch ­übertroffen. „Die Bonusticket-Aktion und die Corona-Kasko haben diese positive Entwicklung gebracht“, ­betonte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Im neu eingeführten „Corona-Kasko“ und der neuerlichen Verlängerung des Bonustickets bis Ende Jänner für alle Österreicher sieht der Landeshauptmann eine Basis für die Wintersaison, auch wenn sie durch die Coronavirus-Pandemie schwer ­abzuschätzen ist. – Im Burgenland wurden im September 369.643 Nächtigungen verbucht. Das bedeutet eine Zunahme von 67.805 gegenüber dem Vergleichsmonat 2019 (301.838). Auch bei den Ankünften gab es der Aussendung des Landeshauptmanns zufolge ein Plus von zwölf Prozent. INFO-PLATTFORMEN

Landesmedienservice Für interessierte Bürgerinnen und Bürger gibt es folgende Informationsplattformen: * Homepage www.burgenland.at * Newsletter * Burgenland kompakt * Facebook facebook.com/LandBurgenland * Instagram www.instagram.com/ Land_Burgenland * Video-Plattform vimeo.com/Landburgenland

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„Regionalität Für Didi Tunkel, Burgenland Tourismus-Chef, ist das Jubiläumsjahr ein starker Impuls, Menschen für das Land zu interessieren und in das Land zu locken. VON MARGARETHA KOPEINIG Herr Tunkel, wie wollen Sie das Jubiläumsjahr touristisch nützen? Didi Tunkel: Burgenland würdigt das Ge-

denkjahr mit vielen spannenden Aktivitäten. Die Organisation und Abwicklung aller Maßnahmen läuft in einer eigens dafür eingerichteten Abteilung der Kultur-Betriebe Burgenland. Aufgrund der Corona-Krise ist es schwer vorauszusagen, welche Veranstaltungsformate möglich sein werden.

Was kommt ganz sicher?

Das größte Projekt ist die Jubiläumsausstellung auf der Friedensburg Schlaining, die derzeit umfassend saniert wird. Mit dieser Rieseninvestition sorgt das Land für eine nachhaltige Weiterentwicklung dieser kulturhistorisch ­bedeutsamen Stätte. Die Jubiläumsausstellung unter dem Motto „Wir machen Geschichte“ wird auch das Fundament für das Haus der burgenländischen Zeitgeschichte bilden, welches ab 2023 seine Pforten öffnen soll. Die Investitionen bringen neben einem kulturellen Mehrwert auch zusätzliche Impulse für Tourismus, Wirtschaft und Beschäftigung für die gesamte Region. Eine großartige Tourismuswerbung für das Land Burgenland wird der Pausenfilm des live übertragenen Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker am 1. Jänner sein. Der Film ist dem Burgenland gewidmet, und Millionen Menschen in mehr als 90 Ländern auf fünf Kontinenten werden ihn sehen. Wie hat sich der Tourismus entwickelt?

Das Burgenland kann auf eine außerordentliche Entwicklung im vergangenen Jahrhundert zurückblicken. Vor allem

im Tourismus konnte sich das Burgenland ein hervorragendes Image aufbauen: ob im Wellness- und Gesundheitssektor, beim vielseitigen Natur- und Sportangebot, bei hochkarätigen Kulturveranstaltungen oder im Bereich Wein und Kulinarik. Das Burgenland steht für höchsten Anspruch, beste Qualität und einzigartige Urlaubsangebote. Auch der Beitrag des Tourismus zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung ist beeindruckend: Laut einer Studie der Statistik Austria und des WIFO von 2017 gaben Gäste im Burgenland für Urlaubs- und Geschäftsreisen, Verwandten- und Bekanntenbesuche sowie Aufenthalte in Wochenendhäusern und Zweitwohnungen insgesamt 1,24 Milliarden Euro aus. Direkt und indirekt wurde eine Wertschöpfung in der Höhe von 1,6 Milliarden Euro durch den ­touristischen Konsum und den Freizeitkonsum generiert. Diese trägt rund 18,3 Prozent zum Bruttoregionalprodukt des Burgenlands bei und leistet damit einen wertvollen Beitrag zum Wirtschaftsraum Burgenland. Direkt und indirekt werden 22.670 Arbeitsplätze für die Burgenländerinnen und Burgenländer gesichert. Der Tourismus ist somit für jeden fünften Arbeitsplatz mitverantwortlich. Weiters zeigt die Studie, dass Tagesgäste mit 41,8 Prozent der Gesamt­ ausgaben wesentlich zu den Gesamteinnahmen beitragen. Wie sehen Sie die Tourismus-Zukunft?

Eine der vier Kernaussagen der Tourismusstrategie 2022 plus ist, künftig dem Ganzjahrestourismus noch mehr Bedeutung zukommen zu lassen. Das ­Burgenland kann von der wachsenden


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leben“ Sehnsucht der Menschen nach Auszeiten vom Alltag profitieren. Hier liegt großes Potenzial, denn die Nachfrage nach ganzjährigen attraktiven Ange­ boten steigt weiter. Deshalb wollen wir erlebnisintensive Aufenthalte und Kurzurlaube, die durch ihre Vielfalt zu Wiederholungsbesuchen anregen, stärker vorantreiben. Kurzurlauber geben durchschnittlich mehr Geld aus und wollen in der kurzen Zeit viel erleben. Wie wichtig ist Ihnen Nachhaltigkeit und

Fotos: Landesmedienservice Burgenland/Sziderics

Individualismus im Tourismus?

Es gibt aufgrund des Klimawandels und der „Fridays for Future“-Bewegung ein neues Bewusstsein für die Herkunft der Produkte und für einen fairen, nachhaltigen Umgang mit der Natur. Im Burgenland wird R ­ egionalität gelebt, dabei spielt auch Bio eine große Rolle. Immer mehr Restaurants verfolgen die Strategie, indem mit Partnern aus der Umgebung zusammengearbeitet wird und somit lokale Betriebe gefördert werden. Der Gast ist immer mehr bereit, für hohe Qualität Geld auszugeben. Er interessiert sich für die Herkunft der Produkte und will die Person kennenlernen, die hinter einem Produkt steht. Ein Beispiel für die Vernetzung von Landwirtschaft und Tourismus ist die Paradiesroute. Mehr als 40 südburgenländische Betriebe laden in ihre Paradiesbetriebe zu Besichtigung und Verkostung. Der Trend geht stärker in Richtung Individualisierung der Angebote, welche authentisch und unverfälscht sein sollen. Das Burgenland ist das ideale Land für Individualtourismus. Kaum sonst wo in Österreich wird auf kleinstem Raum so Vielfältiges und Hochwertiges für den Gast geboten. Wo und wie wollen Sie das Burgenland touristisch langfristig positionieren?

Aufgrund der Covid-19-Situation muss

Didi Tunkel will im Tourismus einen „nachhaltigen Umgang mit der Natur“

man zwischen einer kurz-, mittel- und langfristigen Positionierung differenzieren. So wird aktuell der Heimmarkt Österreich (77,5 Prozent der gesamten Nächtigungen im Burgenland) schwerpunktmäßig beworben. Längerfristig setzen wir neben dem inländischen Gast auf Internationalisierung ohne Flugtourismus, etwa auf Märkte wie Deutschland oder Osteuropa. Eine der wichtigsten Urlaubsaktivitäten im Burgenland, das Radfahren, soll in den nächsten Jahren weiter ausgebaut und qualitativ verbessert werden. Aktuell

stellt sich Burgenland Tourismus neu auf und definiert für die Zukunft wichtige Bereiche, u. a. ist hier die Digitalisierung (z. B. digi­ tales Meldewesen, eventuell in Verbindung mit einer neuen Burgenland-Card) ein Schwerpunkt. Diese soll als Chance für Innovation in allen Bereichen vorangetrieben werden. Ein neues Tourismusgesetz – wo durch eine geringere Anzahl von Regionalverbänden die Kräfte gebündelt werden sollen – wird für eine nachhaltige Tourismusentwicklung im Burgenland sorgen. n Burgenland KOMPAKT | 17


Auch in der Corona-Krise:

Die KRAGES-Spitäler – in Ihrer Nähe immer für Sie da

In der Corona-Pandemie sind die Krankenhäuser besonders gefordert. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unermüdlich im Einsatz, um CoViD-19-Erkrankte im Burgenland zu versorgen. Wir wollen auch allen anderen die Operationen und Therapien zukommen zu lassen, die sie benötigen. Das ist nicht immer einfach und wir gehen dabei an unsere Grenzen. Wir brauchen daher Ihre Unterstützung. Bitte bleiben Sie vorsichtig. Vermeiden Sie Kontakte so weit wie möglich. Besuchen Sie Ihre Angehörigen und Freunde in Spitälern nur dann, wenn es wirklich notwendig ist. Bitte tragen Sie Masken und desinfizieren Sie Ihre Hände. Zusammen schaffen wir das. Wenn Sie Fragen zu Spitalsbesuchen haben, rufen Sie bitte untenstehende Telefonnummern an.

BESUCHSHOTLINES

(werktags von 9 bis 11 Uhr):

KH Oberwart: 05 7979 33999

KH Oberpullendorf: 05 7979 34967

KH Güssing: 05 7979 31777

KH Kittsee: 05 7979 35905


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Ein Weingut, zwei Generationen: Anton Kollwentz und sein Sohn Andreas Kollwentz

Der Wein als Kulturgut Die Winzer Anton und Andreas Kollwentz aus Großhöflein stehen für Tradition und Moderne im burgenländischen Weinbau. Sie erzählen von mutigen Entscheidungen im Laufe der Jahrzehnte und ihrer Liebe zu den Trauben. VON NADJA TSCHANK UND HANS-CHRISTIAN SIESS

Fotos: Kollswentz; Landesmedienservice Burgenland/Siess

K

aum ein Bereich spiegelt den aktuellen Erfolgsweg des Burgenlands so gut wider wie der Weinbau. Wein wird hier schon seit mehr als zwei Jahrtausenden angebaut. Durch Kriege, langjährige extreme Kälteperioden, Pilzkrankheiten und die Reblaus ist der Weinbau mehrmals zum Erliegen gekommen. Im Laufe der Jahrhunderte ging er jedoch immer wieder gestärkt aus den Katastrophen hervor. Zuletzt trug der Weinskandal von 1985 zu einem Umdenken und Neustart bei. Zu den Pionieren der burgenländischen Winzerschaft gehört Anton Kollwentz. Der 80-Jährige ist auch Begründer der „Renommierten Weingüter Burgenland“. In dieser Funktion hat er die Entwicklung im heimischen Weinbau seit den 1950er-Jahren mit allen ­Höhen und Tiefen miterlebt und maß-

geblich mitgeprägt. Bei unserem Gespräch im Innenhof seines Weinguts in Großhöflein erzählt uns der WinzerGrandseigneur die Geschichte seiner Familie. Über die Zeit um 1921, dem Entstehungsjahr des Burgenlands, erzählten sein Vater und der Großvater, über die Mühen, „die Tortur“ des Weinbaus. „Die schwere Handarbeit mit Butten und Pferdekutschen in den teilweise steilen Lagen am Großhöfleiner Föllik war wahnsinnig anstrengend. Der Verkauf des Weins beschränkte sich damals ausschließlich auf den Ab-Hof-Verkauf. Marketing-Strategien gab es in dieser Zeit noch nicht. Go west

Bereits mit 18 Jahren, nach der Absolvierung der Weinbauschule in Eisenstadt (siehe Seite 20), übernahm Anton Kollwentz in siebenter Generation den

Familie Kollwentz im Weinkeller 1962

Hof. „Ich war von großem Innovationsgeist beseelt und ich wollte einiges im elterlichen Keller ändern.“ 1958 pflanzte er die erste Zweigelt-Ertragsanlage im Burgenland aus, 1963 kelterte er den ersten Ausbruch außerhalb Rusts. Von vielen wurde er zunächst ob seiner Ideen belächelt. Noch mehr, als er 1969 beschloss, nicht mehr nur ab Hof zu verkaufen, sondern in der Gastronomie Bitte lesen Sie weiter auf Seite 20

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FAKTEN

Weinbau einst und jetzt Ertragsfähige Weinbaufläche 1923: 3800 Hektar (ha) 1) 2020: 13.834 Hektar 2) Weinbaubetriebe im Burgenland 1930: 13.922 1) 1951: 20.980 1) 2018: 1594 1) Anbaufläche je Betrieb (über 1 ha) 1950: 1900 Winzer mit Ø 1,6 ha 1) 2020: 2700 Winzer mit Ø 5,1 ha 1) Weinernte 1951: 334.000 hl 3) 2020: 668.672 hl 1) Bioweingartenfläche 2000: 256 ha 4) 2018: 1895 ha 4)

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Erfolgreiche Winzer

1990 startete das vierjährige Ausbildungsmodell. Darin sind 16 Monate Fachpraxis sowie fünf Monate lang ein Betriebsleiterlehrgang enthalten, der mit dem Facharbeiterbrief abschließt. 2000 wurde die Fachschule weiter ausgebaut. Rund 25 Absolventinnen und Absolventen schließen jedes Jahr ihre Ausbildung ab. Sie sind gesuchte Fachkräfte in der Landwirtschaft und in den Labors der Lebensmittelindustrie. Viele der heute erfolgreichsten Winzer und Landwirte des Burgenlands haben die Fachschule in Eisenstadt besucht und sich hier das nötige Know-how angeeignet. n Sabine Bandat, Hans-Christian Siess

4) 3)

Doch die nächste große Herausforderung für den Weinbau ist mit dem Klimawandel gegeben. „Der Klimawandel wird uns Jungen noch viel abverlangen“, sagt Junior-Winzer Andreas Kollwentz. Die Weinbaufamilie hat sich in den vergangenen Jahrzehnten Modeerscheinungen beim Wein verweigert und ist traditionellen Sorten und Anbauweisen treu geblieben. „Wir müssen das machen, was wir gut können und dafür sind der Boden und das Klima ausschlaggebend“, betont Andreas Kollwentz. Wir fragen, ob neue Sorten dem Klimawandel trotzen könnten? „Es wird sich wahrscheinlich mit den Sorten etwas ändern. Aber ich hoffe nicht, dass unsere wertvollen Sorten, die ja 100 Jahre und älter sind, verschwinden.“ Dem Weinbau im Burgenland stehen jedenfalls in den nächsten Jahren neue, spannende Herausforderungen bevor. Doch die Winzer, heute allesamt erstklassig ausgebildet, haben ihre Lektionen gelernt und wissen mittlerweile mit neuen Herausforderungen gut umzu­ gehen. So gesehen ist die Zukunft des burgenländischen Weinbaus auf einem guten Fundament gebaut. n

Weinernteerhebung, Atlas Burgenland, M. Floiger, BMNT, Stand: April 2019

Doch die Gastronomie brauchte trockene Weine. Man trinke Wein zum ­Essen, man brauche keine Süßweine in rauen Mengen, lautete die Botschaft aus Tirol. „Das war so einschneidend für mich, weil ich mir immer gedacht habe, die trockenen Weine gibt es von den Genossenschaften oder bei den Händ-

N

icht nur das Burgenland, auch die Weinbauschule des Landes feiert 2021 das 100-Jahr-Jubiläum. Nach Stationen in Nickelsdorf und Rust wurde die als „Landwirtschaftliche Fortbildungsschule“ gegründete heutige „Landwirtschaftliche Fachschule“ 1938 in Eisenstadt ange­ siedelt. 1950 begann der Unterricht am derzeitigen Schulstandort mit einer zweisemestrigen Ausbildung. Seither haben mehr als 1800 Schülerinnen und Schüler die Einrichtung mit den Schwerpunkten „Weinbau und Kellerwirtschaft“ sowie „Landwirtschaft mit Wein-, Obst-, Pflanzen- und Gemüsebau“ absolviert. Aus den zwei Wintersemestern wurden ab 1973 zwei Schuljahre, wobei der erste Jahrgang das neunte Pflichtschuljahr ersetzt und der zweite Jahrgang die landwirtschaftliche Berufsschulpflicht erfüllt. 1986 erfolgte die Übernahme der „Landwirtschaftlichen Fachschule“ durch die Burgenländische Landes­ regierung. In den folgenden Jahren wurde die Schule modernisiert und erweitert: Kellererweiterung, Vinothek, Koststüberl, Kellerwirtschaftslabors, Brennerei und die Errichtung eines Vermarktungsstands kamen hinzu.

2)

Klimawandel als Test „Trockener Wein muss es sein“

Top-Ausbildung für den Weinbau

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lern. Da werden wir keine Chancen ­haben. Dann war mir klar, trockener Wein muss es sein.“ Anton Kollwentz ist davon überzeugt, dass die heutige Erfolgsgeschichte des burgenländischen Weins im GlykolWeinskandal von 1985 zu finden ist. „Über das Thema rede ich nach der katastrophalen Sache nicht sehr gerne. Aber ohne den Skandal wären wir nicht weitergekommen. Es ist zwar ein totaler Niedergang gewesen, aber erst nach ­diesem Debakel ist es wieder bergauf gegangen.“ Heute, nach vielen Maßnahmen wie der Ausdünnung und Ertragsreduzierung, nach biologischem Säureabbau und vielen weiteren Errungenschaften, ist der burgenländische Wein jeder Kategorie, egal ob Weiß, Rot oder Süß, aus der internationalen Weinszene nicht mehr wegzudenken.

Quelle Statistik Weinbau: Landesstatistik Burgenland, Statistik Austria,

Westösterreichs sein Glück zu versuchen. „Der Jahrgang 1969 war ein Jahrhundertjahrgang. Wir hatten damals 7000 Liter Trockenbeeren-Auslese. Das war das Meiste, was jemals an Süßwein produziert wurde“, schwärmt er noch heute von dem damaligen Ertrag. Er glaubte, diese Menge auch in 20 Jahren nicht verkaufen zu können. Zu seiner Frau sagte er: „Da müssen wir uns etwas einfallen lassen. Wir müssen versuchen, nach Westen zu fahren, sprich nach ­Tirol und Vorarlberg, um dort unseren Wein zu verkaufen.“ Die erste Station war Saalbach. „Dort hörten wir von ­einer Hotelfamilie, dass sich burgenländischer Wein bei ihnen nicht verkaufen lässt, weil der Wein viel zu süß und zu schwer ist“, kann sich Kollwentz noch genau an die Sätze erinnern. Schnell ­änderten die Hoteliers ihre Meinung. „Nach der Verkostung kauften sie allerdings doch 800 Flaschen.“


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„Es sind keine Juden mehr da“ Lutz Popper erzählt von der Flucht seiner jüdischen Familie nach Bolivien und der Rückkehr nach Österreich. Jahrzehnte war er Facharzt in Oberwart. Jetzt engagiert er sich für den Erhalt der Kobersdorf-Synagoge und tritt als Zeitzeuge in Schulen auf.

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Fotos: Landesmedienservice, und privat

VON MARGARETHA KOPEINIG

r ist ins Burgenland gekommen, um in Oberwart zu bleiben. Und das für 45 Jahre. Lutz Popper, der bekannte Facharzt, hat sich 1972/73 mit seiner Familie im südlichen Burgenland niedergelassen. Auf interessante und lukrative Angebote anderer Orte im In- und Ausland hat er verzichtet, um ausgerechnet in Oberwart und in einer strukturell schwachen Region als Mediziner zu wirken. „Ich wusste zuerst gar nicht, wo Oberwart liegt“, ­erinnert sich der heute 82-Jährige an den Moment, als er von der Spitze der Burgenländischen Landesregierung angeworben wurde, um als Facharzt für Urologie im östlichen Bundesland tätig zu werden. Auch die Begeisterung seiner Frau Helga, nach Oberwart zu ziehen, hielt sich in Grenzen. „Was sollen wir hier?“, habe sie zweifelnd gefragt. In Wien hatte Lutz Popper bereits eine ­Ordination mit allen Kassen in der PerHansson-Siedlung in Aussicht und war Oberarzt im Wilhelminenspital. Was bewog den Doktor schließlich, ins Südburgenland auszuwandern? – Die Entscheidung hat viel mit Lutz Poppers Lebensgeschichte zu tun – und mit seinem Vater, dem renommierten Universitätsprofessor für Arbeits- und Sozialmedizin. Als jüdische Familie waren die Poppers von den Nazis verfolgt worden und mussten vor dem mörderischen System nach Bolivien fliehen. Diese Erfahrung und die Kindheit im bolivianischen Urwald, wo der Vater als Militärarzt in verschiedenen Garnisonen tätig war, haben ihn geprägt. Im Dschungel der Provinz Gran Chaco hat er gesehen, was Elend, Armut und Seuchen bedeuten. Menschen zu helfen, sich für andere einzusetzen, auch wenn sie nicht privi-

Lutz Popper (li.) und sein Kinderpass, ausgestellt von den Nazis. Auf dem Familienfoto (oben) ist er rechts neben seinem Vater als Schüler zu sehen

legiert sind, dort zu arbeiten, wo man gebraucht wird, das hat den jungen Mediziner Popper motiviert. Diese ­ Einstellung treibt ihn bis heute an. „Die vorurteilsfreie Akzeptanz eines jeden Menschen war der Leitsatz durch das Leben unserer Familie“, betont er. Von dieser humanistischen Haltung ist er zutiefst überzeugt. Krankenhaus Oberwart

Aber zurück nach Oberwart: Mit großer Unterstützung seiner Frau richtete er eine Ordination ein. Im neu ausgebauten Schwerpunktkrankenhaus war er jahrelang Ärztlicher Leiter. 1981 initiierte er, mit Unterstützung der Landesregierung unter Theodor Kery, eine ­eigene Abteilung für Urologie, in der die Patienten der gesamten Region nach dem neuesten Erkenntnisstand der Forschung behandelt wurden. „Ich wollte mein Wissen und meine Erfahrung im Südburgenland einsetzen, wo es bis d ­ ahin keinen einzigen Facharzt für Urologie gab. Die Patienten mussten für Operationen und Therapien

den weiten Weg nach Wien oder Graz auf sich nehmen“, erzählt der weißhaarige Mediziner bei unserem Gespräch. 2017 ist er mit seiner Frau von Oberwart an den Stadtrand von Wien gezogen, in die unmittelbare Nähe seiner Kinder und Enkelkinder. Dem Burgenland und dessen dankbaren und freundlichen Patienten blieb er bis heute verbunden. Er setzt sich in einer Initiative für den Erhalt der Synagoge von Kobersdorf ein, die das Land 2019 erworben hat und derzeit renoviert. Es liegt ihm viel daran, das jüdische Erbe des Burgenlands hochzuhalten, die Synagoge ist ein Juwel jüdischer Kultur in der ­Region. Persönlich ist er während seiner Tätigkeit in Oberwart „nie als Jude attackiert oder beschimpft“ worden. Nachdenklich fügt er dann hinzu: „Es sind aber auch keine Juden mehr da.“ Häufig tritt er als Zeitzeuge in Schulen auf, wo er jungen Menschen über seine Erfahrungen als Jude in der Nazizeit berichtet. Wie es seinem Vater trotz bürokratischer Hürden und perBitte lesen Sie weiter auf Seite 22

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Rückkehr von Juden erschwert

Auch wenn sich das offizielle Österreich nach 1945 nicht um die Rückkehr von Juden bemüht, sondern sie eher ­erschwerte hatte, drängte Vater Popper darauf, dass seine Kinder österreichische Schulen besuchen. Als Zehnjäh­ riger kam Lutz in die vierte Klasse Volksschule und konnte nicht einmal Deutsch schreiben. Er hat es jedoch sehr schnell gelernt. Immer wieder kommt Popper auf die Verbrechen der Nazis zu sprechen und darauf, was für seine Familie der Verlust der Heimat bedeutet hat. Die Suche nach Asyl war extrem schwierig und er betont immer wieder: „Wir haben keinen wirtschaftlichen Vorteil gesucht, sondern wir wollten einzig und allein den nationalsozialistischen Mördern entkommen.“ Und mit leiser Stimme fügt er hinzu: „Die Vertreibung meiner Familie aus der Heimat ist Teil meiner Identität.“ n

Burgenländisches Straßenbild 1939

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„Vorreiter bei Pflege und Betreuung“ Landesrat Leonhard Schneemann gibt Antworten auf die Herausforderungen einer immer älter werdenden Gesellschaft. Die Pflegeausbildung wird ausgebaut. VON MARGARETHA KOPEINIG

G

esundheit, Pflege und Betreuung sind ein Schwerpunkt der Burgenländischen Landesregierung. „Wir wollen sicherstellen, dass wir diese Zukunftsthemen stets im Auge haben, das vorhandene Angebot dem aktuellen Bedarf anpassen und neue Entwicklungen berücksichtigen.“ Das sagte der dafür zuständige Landesrat Leonhard Schneemann beim ersten Pflegegipfel des Landes am 23. Oktober 2020 in ­Eisenstadt. Dabei präsentierte er umfassende Daten und Fakten über die demografische Entwicklung des Landes, die nun die Basis für die Ausrichtung des Pflegesystems bilden und der künftigen Politik zugrunde liegen. So wird die Zahl der über 75-Jährigen burgenlandweit bis zum Jahr 2030 um 20 Prozent zunehmen, von derzeit 30.750 auf 37.000 Personen. „Es wird in naher ­Zukunft kaum eine Familie geben, die nicht in einer Art und Weise mit der Pflege oder Betreuung eines Angehörigen konfrontiert sein wird. Wir haben das erkannt und wollen sicherstellen, dass auch künftig eine adäquate Pflege und Betreuung für alle Burgenlände­ rinnen und Burgenländer garantiert sein wird“, betonte Schneemann. Um das zu gewährleisten, braucht es rasch entsprechende Maßnahmen. Bis 2030 wird es einen zusätzlichen Bedarf von rund 1700 Personen im Pflege­bereich geben, heißt es in der

Studie der Gesundheit Österreich GmbH. Das wird nicht nur zusätzliche Aus­bildungsangebote erfordern, sondern auch die Sensibilisierung der Burgenländerinnen und Burgenländer, einen Beruf im Gesundheits- und Pflege­bereich zu ergreifen. Landesrat Schneemann will als Konsequenz dieser Untersuchung zwei Arbeitsgruppen mit Experten installieren, die sich mit der Ausbildung und dem Fachkräftebedarf beschäftigen. „Pflege“, unterstreicht Schneemann, „ist mehr, als nur alten Menschen Essen zu verabreichen.“ Geht es um konkrete Antworten auf die Herausforderungen im Pflegebereich, zeigt das Burgenland seine Innovationskraft: Es ist das Anstellungs­

„Wir wollen sicherstellen, dass künftig eine adäquate Pflege und Betreuung für alle Burgenländerinnen und Burgenländer garantiert sein wird.“ Landesrat Leonhard Schneemann modell für pflegende Angehörige, das mittlerweile in der gesamten EU als Vorbild dient. Das Modell bietet Vorteile für alle Seiten. Laut einer Studie,

Fotos: Land Burgenland / Wiesinger; Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes (DÖW)

sönlicher Schikanen gelungen ist, die Flucht nach Lateinamerika zu organisieren. In zwei Büchern erzählt Lutz Popper über die Zeit von 1938 bis zur Rückkehr der Familie nach Österreich im Jahr 1947: „Bolivien für Gringos“ und „Briefe aus einer versinkenden Welt“, in dem es um den berührenden Briefwechsel seiner Eltern zwischen 1938 und 1939 geht, als Ludwig Popper in Europa unterwegs war und seine Frau mit den beiden Söhnen in Wien blieb. Das Visum für die USA wurde der Familie verwehrt. Nach vielen Versuchen des Vaters, der am AKH tätig war und eine Ordination in der Wiener Innenstadt hatte, erlaubte Bolivien als einziges Land die Einreise.


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Landesrat Leonhard Schneemann besuchte Seniorinnen und Senioren im Pflegekompetenzzentrum in Raiding

die das Land gemeinsam mit dem Seniorenrat und der Fachhochschule Burgenland 2018 durchgeführt hat, wollen 98,5 Prozent der zu Pflegenden so lange wie möglich zu Hause altern. Für die pflegenden Angehörigen bietet es Einkommen: Bei 40 Wochenstunden bekommen sie den Mindestlohn in der Höhe von 1700 Euro netto monatlich. Die pflegenden Angehörigen erhalten ein Dienstverhältnis und damit neben der Entlohnung auch Sozialversicherung und Pensionsjahre. Sie sind in das Sozialsystem integriert. Hinzu kommt die berufliche Perspektive für die Zeit nach dem Betreuungsfall. Die bei der Pflegeservice Burgenland GmbH angestellten pflegenden Angehörigen erhalten kostenfrei eine Grundausbildung. Auch eine weiterführende HeimhilfeAusbildung wird vom Land ermöglicht. Das gibt den Betroffenen die Chance, in diesem Bereich tätig zu bleiben.

Das Land bietet der älteren Generation ein weiteres Angebot: Wenn eine Pensionistin oder ein Pensionist einen Angehörigen, in der Regel ist das der Ehepartner, betreut und das Haushalts­ einkommen unter 1700 Euro netto liegt, dann stockt das Land auf diesen Betrag auf. Innovative Wege

Resümierend stellt Landesrat Leonhard Schneemann fest, dass das Burgenland mit dem „Zukunftsplan Pflege“, der bereits im März 2019 vor­ gelegt wurde, „innovative Wege“ beschreitet. 21 Maßnahmen umfasst dieser Plan, mehr als die Hälfte ist bereits umgesetzt. „Wir sind Vorreiter bei Pflege und Betreuung und haben Antworten auf Zukunftsfragen, die uns der Bund schuldig bleibt. Wir riskieren nicht, dass Betroffene in Zukunft vor unlösbaren Problemen stehen, wir kümmern uns.“ n

KURZ-INFOS

Lehrlingsförderung der Landesregierung Beschäftigung: Im September 2020 waren im Burgenland 10.530 Jugend­ liche zwischen 15 und 25 Jahren in ­Beschäftigung. Das ist eine hohe Zahl, dennoch gelang es nicht allen, einen Job zu finden. Die Jugendarbeitslosenquote lag im September bei rund 6,3 Prozent, was deutlich unter der durchschnittlichen österreichischen Quote liegt. Um vor ­allem junge Menschen aus sozial schwachen Haushalten unter die Arme zu greifen, leistet die Burgenländische Landesregierung eine Lehrlingsförderung. Ende Oktober wurden Zuschüsse an 128 Lehrlinge in einer Gesamthöhe von rund 219.000 Euro beschlossen. „Damit ­unterstützen wir in regelmäßigen Auszahlungen junge Menschen indirekt bei ihrer Ausbildung zu Fachkräften und ­ihren ersten Schritten am Arbeitsmarkt“, sagt der für Beschäftigung zuständige Landesrat Leonhard Schneemann.

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Burgenland setzt auf Photovoltaik Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf forciert beim Klimaschutz die erneuerbare Energie. Ein Ökoenergiefonds wurde eingerichtet. VON NADJA TSCHANK

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eig mir dein Zuhause und ich sag dir, wer du bist! An diese Devise hält sich auch Burgenlands Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf, wenn es um die Klimastrategie des Landes geht. Bis zum Jahr 2050 sollen insgesamt 75 konkrete Maßnahmen in zehn thematischen Feldern umgesetzt werden. Damit soll ein sozial verträglicher und gerecht gestalteter Klima- und Umweltschutz betrieben werden. Für Eisenkopf gibt es dabei eine wichtige Prämisse: „Alle Maßnahmen im Klimaschutz sollen von den Burgenländerinnen und Burgenländern mitgetragen werden. Klar ist, wir können den Leuten im Klima- und Umweltschutz nicht etwas aufzwingen. Wir wollen keine Verbotspolitik, sondern eine positive Anreiz- und Förderpolitik“, definiert die Landeshauptmann-Stellvertreterin ihre Ziele.

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Wichtigste Multiplikatoren im Klimaschutz sind eindeutig die Haushalte. Im Hausbau kann sehr viel für den Klima- und Umweltschutz getan werden. Darum hat man den burgenländischen Ökoenergiefonds eingerichtet. „Raus aus dem Öl“

Dieser Fonds zielt vor allem auf die Förderung von erneuerbaren Energieträgern und neuen Technologien zur Ökostromerzeugung ab. Seit der Gründung des Fonds kamen bereits 20.000 Burgenländerinnen und Burgenländer in den Genuss einer Förderung für den Einsatz von alternativer Energie. Damit wurde ein wichtiger Anreiz für den Umstieg von fossilen Energieträgern, vor allem Öl, auf alternative Energie geschaffen. „Der Ökoenergiefonds ist vor allem dazu da, dass wir auch Sonderförderaktionen, wie etwa die Förderaktion ,Raus aus dem Öl‘, anbieten. Es gibt auch eine Förderaktion für

,Photovoltaikanlagen in Kombination mit einer Wärmepumpe‘. Das Land bietet auch ,Förderungen für alternative Mobilität‘ an“, zählt Astrid Eisenkopf einige Beispiele auf. Als zuständige Klimaschutz-Landesrätin liegen ihr Förderungen besonders am H ­ erzen. Das Burgenland ist auch Vorreiter bei der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen und im Bereich Windkraft ein europaweites Aushängeschild. Künftig möchte das Burgenland verstärkt auf Photovoltaik setzen. Das Burgenland produziert jährlich 2,2 Milliarden Kilowattstunden Strom mit Windkraft für rund 630.000 Haushalte. Dennoch will man in den nächsten Jahren auch auf eine neue PhotovoltaikOffensive setzen. „Das Burgenland ist das Land der Sonne“, sagt Eisenkopf. Das Ziel ist, die Stromproduktion aus Sonnenenergie zu verzehnfachen. Der Ausbau von Photovoltaik-Anlagen soll vorrangig auf Dächern, versiegelten Flächen und an vorbelasteten Standorten erfolgen. „Auch in der Landesverwaltung wollen wir mit positivem Beispiel vorangehen und bis 2025 Photovoltaik auf öffentlichen Gebäuden errichten.“ Klimaneutrale Landesverwaltung

Eines der Ziele der burgenländischen Klimastrategie ist auch der Ausbau ­einer „klimaneutralen Landesverwaltung in den nächsten Jahren, um auch hier voranzugehen“, kündigt die Landesrätin an. Dazu möchte man eine Reihe an Schritten setzen. Neben der Umstellung des gesamten Fuhrparks des Landes auf E-Mobilität will man auch den Ausstieg aus Ölheizung in den öffentlichen Gebäuden vorantreiben. Ein zweiter großer Bereich ist der Ausbau der Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern von öffentlichen Gebäuden. „Hier haben wir bereits eine Evaluierung der Dachflächen der Landesholding durchgeführt, um verstärkt die Kraft der Sonne zu nutzen. Wenn wir im Klimaschutz weiter vorankommen wollen, dann müssen wir als Land Burgenland auch selbst Verantwortung n übernehmen“, sagt Eisenkopf.


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Lernen in der Natur und von der Natur Schulische Aktivitäten unter freiem Himmel sind nicht nur in Corona-Zeiten ein Gebot der Stunde. Unterricht in der Natur ist ein pädagogisches Prinzip. Bildungslandesrätin Daniela Winkler unterstützt den Naturschwerpunkt. VON MARGARETHA KOPEINIG

Fotos: Landesmedienservice Burgenland / Sziderics

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raußen unterrichten“ – wenn es die Jahreszeit bzw. das Wetter zulässt – lautet in Corona-Zeiten ein dringender Appell an Lehrer und Schüler. „Draußen unterrichten“ ist für Bildungslandesrätin Daniela Winkler aber auch ein pädagogisches Prinzip, das Lehrer, Schüler und Eltern ein größeres Verständnis für den Zusammenhang von Natur, Artenvielfalt, Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Klima vermitteln soll. Was an Naturparkschulen – und davon gibt es bereits 29 im Burgenland – schon seit Langem praktiziert wird, wird nun mit vielen Unterrichtsbeispielen und Informationen Pädagoginnen und Pädagogen im ganzen Land angeboten. Das Konzept „Lernraum Natur“ sowie das Praxishandbuch „Draußen unterrichten“ hat Winkler zu Schulbeginn vorgestellt. Das Handbuch wurde von Experten der Pädagogischen Hochschule unter Führung des Leiters des Kompetenzzentrums für nachhaltige Entwicklung erstellt und „bietet eine Fülle von Unterrichtsideen in der Natur für alle Fachbereiche der Volksschule und der Sekundarstufe“, erklärt Winkler. „Tipps und Tricks“ kommen dabei nicht zu kurz. Mit dem Lernbehelf von 335 Seiten sollen Schulen mit einem Naturschwerpunkt ausgestattet werden. Die Landesrätin betonte, dass sämtliche Aktivitäten und Lehrbeispiele auf den aktuellen Lehrplan und die modernen Prinzipien der Pädagogik abgestimmt sind. „Damit fördern wir nicht nur die Motivation und Kreativität der Kinder, wir vermitteln ihnen auch ein Ver-

ständnis für natürliche Vorgänge und Abläufe in der Natur.“ Gemeinsam mit LandeshauptmannStellvertreterin Astrid Eisenkopf startete Winkler im Herbst auch eine Tierschutz-Initiative in Kindergärten. Wer von den Kleinen kennt nicht Ronja Raupe und Olli Ohrwurm? Mit acht weiteren Krabbeltieren wird allen Kin-

„Unterricht im Freien fördert die Motivation und Kreativität der Schüler und vermittelt Verständnis für die Natur.“ Landesrätin Daniela Winkler dergärten im Burgenland ein Lern- und Lehrset zur Verfügung gestellt. „Kennst du die zehn Gartenfreunde?“ heißt das

Paket. Es enthält ein großes Poster, ein Begleitheft mit Vorlesegeschichten, Zwei-und-zwei-Spiel-Paare, Puzzle, Tierschablonen für den KrabbeltierGeschicklichkeitsparcours und Bildkarten mit Steckbriefen zu den zehn Gartenfreunden. „Bei diesem Projekt werden die Grünflächen der Kindergärten zu Lernorten. Die Kinder können so für den Tier- und Naturschutz sensibilisiert werden“, sagt Winkler. Neuromotorisches Lernen

Mit einem Pilotprojekt in vier Volksschulen im Bezirk Güssing (Neuberg, St. Michael, Güttenbach, Deutsch Tschantschendorf) regt die Landesrätin zu mehr Bewegung an. Das soll die Leistungsfähigkeit des Gehirns stärken und damit das Lernen erleichtern sowie die motorischen Fähigkeiten steigern. „Neuromotorisches Lernen“ heißt die Methode, die zu gesteigerter Konzentration, mehr Kreativität und besserer Motivation im Schulalltag führen soll. n

Landesrätin Winkler präsentierte zu Schulbeginn das Buch „Draußen unterrichten“

Burgenland KOMPAKT | 25


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KURZ-INFOS

Neue Geschäftsführer für Wirtschaft Burgenland Duo an der Spitze: Das Burgenland stellt seine Anlaufstelle bei der Wirtschaftsförderung neu auf: Die Wirtschaft Burgenland GmbH (WiBuG) wird mit Jahreswechsel zur Wirtschaftsagentur Burgenland. Das Führungsduo an der Spitze der Wirtschaftsagentur bilden der bisherige WiBuG-Geschäftsführer Harald Zagiczek und Michael Gerbavsits, dessen Vertrag als Energie-BurgenlandVorstandsvorsitzender Ende des Jahres ausläuft.

Landesrat Heinrich Dorner mit der Wohnbaufibel, die ein Wegweiser durch alle Förderungen ist

Das Ziel ist leistbares Leben für alle Energie Burgenland bestellt neue Vorstände Aufsichtsrat: Einstimmig hat der Aufsichtsrat der Energie Burgenland im ­Oktober einen neuen Vorstand bestellt. Stephan Sharma wird mit 1. Jänner 2021 neuer Vorstandsvorsitzender und Reinhard Czerny wird als Finanzvorstand tätig sein, teilte Aufsichtsratsvorsitzender Johann Sereinig mit. „Beide bringen rund 15 Jahre internationale Berufs- und Führungserfahrung mit“, sagte Sereinig. Sharma war bisher als Verbund-Manager tätig, Czerny als Finanzvorstand bei IBM Österreich. Beide werden die Energie Burgenland bis Ende 2025 leiten. Ihre Aufgabe ist, die Energie Burgenland zu einem „Spitzenunternehmen in der Branche“ zu formen, betonte Sereinig.

Stephan Sharma und Reinhard Czerny

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VON HANS-CHRISTIAN SIESS

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tark gestiegene Grundstückspreise und der Mangel an verfügbarem Bauland machen für viele Burgenländerinnen und Burgenländer den Bau ­eines Eigenheims zunehmend unerschwinglich. Mit einem Maßnahmenpaket soll diesem Trend entgegengewirkt werden. Das im Jahr 2019 beschlossene Burgenländische Raumplanungsgesetz wird nun novelliert. Der Gesetzesentwurf sieht unter anderem eine Baulandmobilisierungsabgabe, eine Preisregulierung sowie einen Anspruch auf leistbares Bauland vor. Bei Baulandknappheit soll Gemeindebürgern ein Vorkaufsrecht eingeräumt werden. Die Begutachtungsphase des Gesetzes ist am 26. Oktober 2020 ausgelaufen, derzeit werden die Stellungnahmen gesichtet und gegebenenfalls eingearbeitet. „Es sind zwar sehr viele gewidmete Baulandflächen im Land vorhanden, die jedoch oft gehortet werden. Weitere Flächen können deshalb nicht gewidmet werden. Für die einheimische Be-

völkerung, vor allem für junge Familien, wird so Bauland unleistbar“, begründet Landesrat Heinrich Dorner die Einführung der Baulandmobilisierungsabgabe. Künftig muss bei Vorliegen von Baulandreserven die Gemeinde in Abstimmung mit den Eigentümern einen leistbaren Kaufpreis festlegen. Gelingt dies nicht, müssen neue Flächen in Bauland umgewidmet werden; es kann auch zu Rückwidmungen von nicht verfügbarem Bauland durch die Gemeinde oder zu einer Umwidmung durch die Landes­regierung kommen. Mit der besten Wohnbauförderung Österreichs – die Novelle tritt am 1. Jänner 2021 in Kraft – soll Wohnen noch besser werden. Zentral sind dabei die Bereiche Sanierung und Ökologisierung. Finanzielle Hilfen sollen Bauvorhaben in Abwanderungsgemeinden ­erhalten. Konkret sollen die WohnbauDarlehenskonditionen mit einer Fixverzinsung von 0,9 Prozent für 30 Jahre verbessert werden. Das ist österreichweit einmalig. Die energetische Sanie-

Fotos: Energie Burgenland/Landesmedienservice Burgenland

Michael Gerbavsits und Harald Zagiczek

Landesrat Heinrich Dorner nennt die Förderung des Wohnbaus, das Raumplanungsgesetz und die Gesamtverkehrsstrategie als zentrale Aufgaben.


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rung wird mit bis zu 45.000 Euro ­(bisher 30.000 Euro) gefördert, die Förderquote für Verbesserungen an Fassaden und Haustechnik wird von 25 auf 50 Prozent der Kosten angehoben. Wer ökologisch baut, kann Darlehen um bis zu 40 Prozent erhöhen. Auch Dachbegrünungen und vertikale Außenbegrünungen werden gefördert – Dachbegrünungen bis maximal 4000 Euro, Fassaden bis maximal 5000 Euro. Höhere Förderungen gibt es für ­bodenverbrauchssparendes Bauen: Wer eine Baulücke im Ortsgebiet schließt, erhält dafür künftig 100 Euro pro m2 (bisher 70 Euro) – maximal 20.000 Euro (bisher 12.600). In einer Abwanderungsgemeinde wird Bauen oder ­Sanierung mit einem um 15.000 Euro höheren Darlehen gefördert. Der Handwerkerbonus ist ein Erfolg und dient als Instrument zur Belebung der Klein- und Mittelbetriebe. Zuletzt wurden die Förderbeträge verdoppelt, es werden mehr Leistungen gefördert. Der nicht rückzahlbare Zuschuss beträgt für Arbeiten 25 Prozent der förderbaren Kosten, maximal 10.000 Euro. Bei Maßnahmen zur Energieeffizienz werden auch Materialkosten mit 25 Prozent (max. 14.000 Euro) gefördert. Per Ende September waren rund 2,8 Millionen Euro ausbezahlt, 1500 Anträge positiv behandelt und 1500 Anträge in Bearbeitung. Für das Jahr 2020 rechnet Dorner mit einem Finanzierungsbedarf von bis zu sechs Millionen Euro. Die ursprünglich für 2021 vorgesehenen zwei Millionen Euro werden nun auf drei Millionen aufgestockt. Gesamtverkehrsstrategie

Bis März 2021 soll eine neue Gesamtverkehrsstrategie für das Burgenland vorliegen. Sie soll als Leitbild für alle Konzepte und Detailplanungen im Verkehrsbereich dienen. Neben einem Fach- und einem politischen Beirat will Landesrat Dorner dabei mit einer Online-Haushaltsbefragung auch die Bevölkerung einbinden. Im Fokus der Strategie, die für die nächsten zehn Jahre gelten soll, stehen Burgenlands Pendler, Radfahrer und E-Mobilität. n

Demokratie leben im Jugend-Landtag Landtagspräsidentin Verena Dunst lädt regelmäßig Schülerinnen und Schüler ab 16 Jahren zu Diskussionen in den Landtag ein.

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andtagspräsidentin Verena Dunst liegt viel an umfassender politischer Bildung und der Stärkung des ­Demokratieverständnisses von Schülerinnen und Schülern ab 16 Jahren. In diesem Alter sind Jugendliche in Österreich wahlberechtigt. In enger Kooperation mit dem Burgenländischen Landtag, der Stiftung Private Pädagogische Hochschule, der Bildungsdirektion und der Volkshochschule Burgenland lädt Verena Dunst Jugendliche in den Landtag ein. Der ursprünglich geplante Termin für die nächste Sitzung am 21. Dezember 2020 ist Corona-bedingt abgesagt. Weitere Termine sollen bis Juni 2021 stattfinden. Vereinbart ist, dass die Schüler von ihren Lehrern im Fach „Politische Bildung“ gezielt auf die ­Diskussion mit Landtagsabgeordneten und Regierungsmitgliedern vorbereitet werden, um die Politiker mit den richtigen Fragen zu konfrontieren. „Wir ­laden Jugendliche ein, sich aktiv mit ­ihren Themen im Landtag einzubringen, Argumente zu formulieren und sich einer politischen Diskussion zu stellen“, erklärt die Landtagspräsidentin die Demokratie-Offensive. „Das Ziel ist, Themen zu recherchieren, zu diskutieren, zu argumentieren, auszuwählen und sich dafür einzusetzen.“ Nach dem Besuch im Landtag ist die praktische Politik-Übung für die Jugendlichen aber noch nicht vorbei. Was sie erlebt und erfahren haben oder auch welche Fragen noch offen geblieben sind, wird genau protokolliert. Diese Berichte werden dann an die Schülerinnen und Schüler geschickt,

um die Ergebnisse erneut mit den Lehrern ausführlich zu besprechen. Auch Lehrlinge sind ausdrücklich eingeladen, sich an dem DemokratieProjekt zu beteiligen. Mehr Mitsprache

Neben dem Jugend-Landtag verfolgt Landtagspräsidentin Verena Dunst noch eine andere Demokratie-­ Initiative. Im Projekt #mitreden – ­Demokratie_erleben“ sollen auf der kommunalen Ebene und in der Erwachsenenbildung Diskussionen gefördert und damit die politische Partizipation ausgebaut werden. „Die Kluft zwischen den politisch Verantwortlichen und der Wählerschaft ist größer geworden“, konstatiert die Landtagspräsidentin. Um die Beziehung zu verbessern, „sollen die Mitsprache und die Bürgerbeteiligung gestärkt werden“. n Margaretha Kopeinig

Landtagspräsidentin Verena Dunst

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Burgenland: „Sehr gut aufgestellt“

Der Kampf gegen Corona

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er Schutz der Bevölkerung und das Eindämmen der C orona-Pandemie sind für ­ die Burgenländische Landesregierung oberstes Gebot. „Um gewappnet zu sein, stocken wir Vorräte an Schutz­ ausrüstung ständig auf, technische Prozesse und organisatorische Abläufe werden intern und mit den Einsatz­ organisationen sowie den Kranken­ anstalten weiterentwickelt“, skizziert Landesamtsdirektor Ronald Reiter die Strategie des Landes. „Der Winter“, sagt Reiter, „wird sicher eine Belastungsprobe, aber das Land und seine Behörden sind vorbereitet und gerüstet.“ Einen Informationsaustausch über die Corona-Lage zwischen Bund und Ländern gibt es täglich in Videokonferenzen auf allen Ebenen. So stimmt sich der burgenländische Koordina­ tionsstab mit dem Krisenstab des Staatlichen Krisen- und Katastrophenmanagements (SKKM), der im Innenministerium angesiedelt ist, über aktu-

elle Entwicklungen der Pandemie ab. Reiter geht davon aus, dass der Koordinationsstab noch mindestens ein halbes Jahr im Einsatz sein werde. „Jedenfalls, solange die Pandemie anhält, muss es auch den Koordinationsstab geben, da er als Schnittstelle für alle Abläufe in diesem Zusammenhang fungiert.“ So wird die Zahl der Mitarbeiter des Koordinationsstabs laufend den aktuellen Anforderungen angepasst. Derzeit gilt das Contact Tracing als „größte Herausforderung“, betont der Landesamtsdirektor. Und diese Aufgabe ist personal- und zeitintensiv. Um die Gesundheitsbehörden beim Contact Tracing zu unterstützen, wurden vom Land Burgenland kürzlich mehr als 20 zusätzliche Mitarbeiter aufgenommen. n

Gesundheitstelefon rund um die Uhr: 1450 Kindergarten: +43 57 600-1030 Pflegehotline: +43 57 600-1000 Allgemeine Sonderschulen: +43 2682/710 11 17 Allgemeinbildende Höhere ­Schulen: +43 2682/710-1319 Landwirtschaftliche Fachschulen Güssing und Eisenstadt: +43 57 600-1030 Pflichtschulen Bezirk Neusiedl: +43 2682/710-2101

28 | Burgenland KOMPAKT

VON MARGARETHA KOPEINIG

Herr Winter, was ist Ihre Aufgabe?

Pflichtschulen Bezirke ­Oberpullendorf/Oberwart: 43 2682/710-2301

Ich vertrete das Burgenland bei den EU-Institutionen in Brüssel. Das Burgenland soll die positive Entwicklung seit dem EU-Beitritt fortsetzen. Die positiven Effekte sind den meisten Menschen auch bewusst. Heute befindet sich das Burgenland mit anderen Regionen Europas im Wettstreit um Fördermittel, die maßgeblich zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen. Ich möchte diesen Übergangsprozess begleiten und optimal gestalten. Das Ziel der Landesregierung ist, dass das Burgenland eine Vorzeigeregion in Europa bleibt. Unsere Repräsentanz in Brüssel wirbt für unser schönes Land mit allem, was es zu bieten hat. Wir betreuen auch Besuchergruppen aus dem Burgenland vor Ort.

Pflichtschulen Bezirke G ­ üssing/ Jennersdorf: +43 2682/710-2401

Wie setzen Sie Ihre Hebel für EU-Förderungen in Brüssel an?

Nina Sorger

CORONA-HOTLINES Info Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES): 0800 555 621

Rainer Winter ist der neue Leiter des BurgenlandBüros in Brüssel. Er will in den EU-Institutionen dafür kämpfen, dass das Land weiterhin „ein Maximum an Fördermitteln erhält“.

Pflichtschulen Bezirke Mattersburg/Eisenstadt-­ Umgebung: +43 2682/710-1031

Berufsbildende Mittlere und Höhere Schulen sowie Berufsschulen: +43 2682/710-1235 Hotline Landesverband für Psychotherapie Burgenland: +43 2682/246 90 (Montag–Samstag 10–12 Uhr)

Rainer Winter:

Aus meiner Sicht gehören zwei Aspekte dazu: Das ist zunächst die Arbeit in Brüssel. Dabei ist wichtig, dass man, neben guten Kenntnissen über aktuelle Themen und Vorgänge, auch gute Kontakte in der EU-Kommission, im Europäischen Parlament und im Rat hat, um so früh wie möglich alle nötigen Informationen über Projekte, ihre Finanzierung und sonstige Bedingun-


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dass der Green Deal auch eine wirtschaftliche Chance wird. Im Ausschuss der Regionen startet das Burgenland eine PflegeInitiative. Was tut sich konkret?

Der 49-jährige Sicherheitsexperte ist Burgenlands Mann in Brüssel: Rainer Winter

gen zu erfahren. Bevor konkrete Projekte entstehen, sollte man schon die nötigen Informationen haben. Das ist der Idealfall.

Fotos: Landesmedienservice Burgenland / Wiesinger / Quelle Statistik EU-Förderungen: RMB

Was ist der zweite Teil der Arbeit?

Es gilt, den Bedarf im Land zu erkennen und zu definieren sowie die Entwicklungsperspektiven zu sehen. Daher halte ich engen Kontakt zu den politischen Repräsentanten der Landesregierung, um einen optimalen Beitrag zur Umsetzung des Regierungsprogramms, des Zukunftsplans Burgenland, zu leisten. Neben dem ­intensiven und ständigen Kontakt mit dem Landeshauptmann ist der Informationsaustausch mit den verschiedeZUR PERSON – RAINER WINTER

Geboren 6. November 1971 Bildung: Matura HTL St. Pölten; Theresianische Militärakademie; Uni Wien (Mag. phil.); Generalstabslehrgang Landesverteidigungsakademie; NATO Defence College Rom; zahlreiche inter­ nationale Lehrgänge Karriere: Bundesheer-Einsätze im In- und Ausland; 2012–2017 Leiter der NATO-Abteilung und Vize-Chef der Öster. Militärvertretung in Brüssel; 2017–2020 Leiter der Generalstabsabteilung im Verteidigungsministerium

nen Abteilungen der Landesregierung und den sogenannten Stakeholdern außerhalb der Landesverwaltung wichtig. Das sind zum Beispiel die Wirtschaftsagentur, das Regionalmanagement Burgenland, die Fachhochschule, die Forschung Burgenland, der Burgenland Tourismus und die Energie Burgenland. Die Energie Burgenland hat einen sehr großen Anteil daran, wie der Green Deal der EU im Burgenland umgesetzt werden kann. Das Burgenland ist sehr gut aufgestellt. Klima ist das zentrale Anliegen der EU. Das Burgenland steht bei erneuerbarer Energie an der Spitze.

Die Rettung des Klimas ist der Kern des Plans. Bis 2050 soll Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent werden. Bis 2030 sollen die TreibhausgasEmissionen im Vergleich zu 1990 um mindestens 55 Prozent gesenkt werden. Das Burgenland befindet sich in einer sehr guten Ausgangsposition, weil mit Windkraft ein Strom-Überschuss produziert wird. Der Ausbau von Photovoltaik wird forciert. Im Bereich der Mobilität sind wir gefordert. Es gibt aber auch hier sehr weit entwickelte Projekte, wie den Busverkehr auf Wasserstoff-Basis umzustellen. Aus überschüssiger Windenergie soll dafür Wasserstoff hergestellt werden. Es braucht aber auch Lösungen in anderen Bereichen, in denen Emissionen produziert werden. Durch Fördermaßnahmen will die EU erreichen,

Soziales zeichnet das Burgenland aus. Im Ausschuss der Regionen soll demnächst das Anstellungsmodell pflegender Angehöriger präsentiert werden. In der EU-Kommission ist das Modell sehr gut angekommen, was auch das Interview mit Sozialkommissar Nicolas Schmit im „Burgenland kompakt“ zeigte. Auch der Mindestlohn interessiert viele Stellen in Europa. Das Burgenland hat hier eine Vorreiterrolle. Auch im Europäischen Wirtschaftsund Sozialausschuss wird das Burgenland gehört. Sie gaben Ihre Militärkarriere für die Regionalpolitik auf. Warum kam es zu diesem Schritt?

Sicherheitspolitik berührt alle Politikfelder. Durch meine internationale ­Erfahrung kann ich einen Beitrag leisten. Im globalen Kontext gibt es keine Alternative zur Europäischen Union. Das gilt auch für Regionen. In den ­Regionen sind Politik und Verwaltung nicht abstrakt, sondern ganz konkret und nahe am Menschen. Auch das war ein Beweggrund für mich. n EU-FÖRDERUNGEN

1,44 Milliarden Euro bekam das Burgenland im Zeitraum 1995 bis 2020 von der EU. 48 Prozent davon flossen in die Landwirtschaft, 17 Prozent in die Wettbewerbsfähigkeit und Standortsicherung und elf Prozent in den Tourismus. Dazu kamen regionale und nationale Förderungen. In Summe ergibt das 2,81 Milliarden Euro Angestoßen wurden damit Investitionen in Höhe von rund

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Landesrat Leonhard Schneemann, selbst ein passionierter Jäger, passt das Burgenländische Jagdgesetz an neue Anforderungen an. VON MARGARETHA KOPEINIG

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agd als Einheit mit Umwelt-, Naturund Tierschutz zu gestalten, ist das Anliegen von Landesrat Leonhard Schneemann. Das Burgenland ist dafür auch ein Modell. Rund 40 Prozent der Landesfläche stehen unter Naturschutz. Aktuell gibt es einen Nationalpark, sechs Naturparks, 15 Europa-Schutz­ gebiete, 29 Naturschutzgebiete, einen geschützten Landschaftsteil, neun Landschaftsschutzgebiete und sechs ­geschützte Lebensräume. Ziel der Landesregierung ist, die Hege und Pflege der Wildpopulation leistbarer, transparenter und moderner zu gestalten. Am 16. November 2020 hat Landesrat Leonhard Schneemann eine Novelle zum Jagdgesetz präsentiert, die planmäßig 2022 in Kraft treten soll. Einer der zentralen Punkte (siehe Kasten unten) ist das Verbot von Bewegungsjagden in Jagdgattern.

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Zudem wird die Zwangsmitgliedschaft beim Landesjagdverband aufgehoben. Bezirksjägermeister gibt es weiterhin. Das Land ist auch Service-Stelle für alle Jäger. „Deswegen nehmen wir Aufgaben der Jagdbehörde selbst wahr. Damit wird der Interessenkonflikt beim Verband, nämlich die Vertretung der Jägerschaft und die Wahrnehmung behördlicher Tätigkeiten, aufgelöst“, sagte Schneemann. Die Bezirksjägermeister werden von den Bezirksverwaltungsbehörden eingesetzt. Als Behördenorgan auf Landesebene wird es einen Landesjägermeister geben. Billiger werden auch die Beitragszahlungen. Bisher musste jede Jägerin und jeder Jäger einen Gesamtbeitrag von 151,50 Euro jährlich leisten. Darin enthalten waren der Mitgliedsbeitrag (80 Euro), die Jagdhaftpflichtversicherung (11,20 Euro) und die Jagdkartenabgabe (60,30 Euro). „Nun gibt es die gleichen Leistungen günstiger. Künftig wird das Land jährlich einen Betrag von rund 80 Euro einheben. Die Jagdhaftpflichtversicherung ist darin enthalten. Mit dem Wegfall der Zwangsmitgliedschaft erspart sich jede Jägerin und jeder Jäger rund 70 Euro pro Jahr. Weiters soll die Jägerschaft frei über ihre Vertretung entscheiden können“, erklärte Schneemann. Die Zwangsmitgliedschaft wird nicht mehr Bedingung für die Jagdausübungsberechtigung im Burgenland sein. Neu geregelt wird die Verpachtung des Jagdrechts. Diese kann dann erfolgen, wenn es einen entsprechenden Wildstand gibt und sich das Wild frei bewegen und ernähren kann. „Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass es

zu Unstimmigkeiten zwischen Jägern und der Landwirtschaft gekommen ist. Künftig entsteht erst ab einer tatsächlichen Schädigung von zehn Prozent der Fläche eine Entschädigungspflicht durch die Jägerinnen und Jäger in der Höhe von 90 Prozent.“ Das Land will auch den teuren Jagdpachten entgegentreten. „Die Preise reichen von 2,15 Euro bis zu 142,05 Euro pro Hektar jährlich. Wir wollen das Wettbieten beenden. Die Hege und Pflege der Wildpopulation muss im Vordergrund stehen“, unterstrich Schneemann. Die Jagdabgabe wird ab 2023 pro Pachthektar bis zu 25 Euro nur 2,5 Prozent betragen. Bis 2050 wird die Jagdabgabe stufenweise auf zehn Prozent angepasst. Für teure Jagdreviere ab einem Pachtpreis von 150 Euro pro Hektar wird die Jagdabgabe ab 2023 sukzessive von 20 auf 30 Prozent an den Österreich-Schnitt angeglichen. „Keine Jägerin und kein Jäger muss befürchten, nicht mehr in ihrem/seinem Revier j­agen zu können. Mein Appell an alle Grundstückseigentümer ist, eine leistbare Jagd zu ermöglichen. Jagd darf kein Luxusgut nur für Wohlhabende sein“, erklärte Schneemann. n NEUES JAGDGESETZ

Zentrale Punkte • Bewegungsjagden in Jagdgattern werden verboten • Zwangsmitgliedschaft beim Landesjagdverband wird aufgehoben • Bezirksjäger bleiben • Beitragszahlungen werden billiger • Freischadensregelung wird entbürokratisiert • Heimische Jägerschaft wird besonders unterstützt; Ziel ist, das Wettbieten zu beenden

Fotos: Land Burgenland/ Siess; Sziderics

Leistbare Jagd für unsere Jäger


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Die Torte zum 100. Geburtstag Christian Kaplan von der Konditorei „Kaplan am Kurpark“ in Bad Tatzmannsdorf hat die Torte kreiert. Auch Pralinen mit Füllungen für jeden Bezirk sind die süße Draufgabe für das Jubiläumsjahr.

G

ewöhnlich werden Rezepte als Geheimnis gehütet. Christian Kaplan von der Konditorei „Kaplan am Kurpark“ war für „Burgenland kompakt“ sofort bereit, aus Anlass des Jubiläums „100 Jahre Burgenland“ eine Geburtstagstorte zu kreieren und den Leserinnen und Lesern das Rezept zur Verfügung zu stellen. Das ­Redaktionsteam hatte schon die Möglichkeit, die Walnuss-­ Kürbiskern-Torte mit Uhudlercreme zu probieren: „Sie schmeckt köstlich.“

Konditor Christian Kaplan macht kein Geheimnis aus seinen Backkünsten

REZEPT

Zutaten Böden: 7 Eiklar, 400 g Kristallzucker, 25 g Mais­puder, 1 Pkg. Vanillezucker, Prise Salz, 200 g Walnüsse gerieben, 200 g Kürbiskerne gerieben Zutaten Creme: 400 ml UhudlerSaft, 50 g Cremepulver, 4 Dotter, 180 g Nugat, 100 g Kristallzucker, 1 Pkg. Vanillezucker, Abrieb von einer Orange, Prise Salz, 500 g Butter

Rezepte gesucht

Beim Tortenrezept soll es aber nicht bleiben. Wir werden Ihnen weiterhin burgenländische Speisen vorstellen und selbstverständlich die Rezepte dazu liefern. Es geht um die Fragen: Welcher Geschmack ist typisch burgenländisch? Welche Speise ist Tradition und gehört einfach zum Burgenland? n

Zutaten Glasur: 200 g Fondant eventuell rosa, ca. 10 ml Uhudler-Saft, 100 g Marillenmarmelade, etwas Schokolade oder Nutella fürs Muster Zubereitung Böden: Eiklar, Zucker, Maispuder, Vanillezucker, Salz zu Schnee schlagen. Walnüsse und ­Kürbiskerne einrühren. Dünn auf ­Backpapier aufstreichen. Bei 170 °C 25 Minuten backen.

Pralinen für jeden Bezirk im Burgenland Sieben Geschmacksrichtungen: Konditor Kaplan hat für jeden der sieben Bezirke eine eigene Pralinenfüllung erfunden. Jennersdorf: Kürbis Güssing: Uhudler Oberwart: Honig Oberpullendorf: Blaufränkisch Mattersburg: Wiesner Erdbeeren Eisenstadt/Umgebung: Donnerskirchner Kirschen Neusiedl am See: Weißwein

Zubereitung Creme: 300 ml UhudlerSaft aufkochen. 100 ml Saft mit Cremepulver und Dotter verrühren und aufkochen lassen. Unter den gesamten Uhudler-Saft einrühren. Nugat klein schneiden, während des Mixens dazugeben, kalt rühren. Kalte Butter würfelig schneiden, zugeben und schaumig rühren. Zubereitung Glasur: Fondant über Wasserbad oder Mikrowelle erwärmen (45 °C/50 °C). Mit wenig UhudlerSaft verdünnen. Zubereitung Torte: Böden und Creme abwechselnd aufeinanderlegen. Torte ein paar Stunden kühlen. Danach mit heißer Marillenmarmelade bestreichen. Kalt werden lassen. Fondant ­erwärmen und mit Uhudler-Saft verdünnen. Mit warmem Fondant und aufgewärmter Schokolade das ­typische Esterházy-Muster auf die Torte aufbringen.

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Wir geben nachhaltiger Energie Raum. Und jedem Raum nachhaltige Energie.

Ich bin ieEnerg Gewinn er.

Jochen Joachims Möbelmanufaktur BRAUN Lockenhaus

BRAUN Lockenhaus entwickelt ganzheitliche Raumkonzepte, die auch die Energieströme in den Räumen berücksichtigen. Das Thema Energie ist dem Unternehmen generell sehr wichtig. Deshalb setzt man auf sauberen Strom aus modernsten Windkraftanlagen, der genauso hightech erzeugt wird wie die Möbel des Unternehmens. www.energieburgenland.at


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