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den sozialen Netzwerken Von Cachern und Muggles
Von Cachern und Muggles
Die elektronische Schatzsuche erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Die „Caches“ werden auch über soziale Netzwerke geteilt. Mag. Stefanie Wieser
Das Geocaching reiht sich ein in die immer stärker zunehmenden Sport- und Freizeitaktivitäten im Wald. Der Begriff „Geocaching“ leitet sich vom griechischen Wort geos (für Erde) und vom englischen cache (für geheimes Lager) ab. Vor wenigen Jahren erst einigen Insidern bekannt, findet das Geocaching immer mehr Anhänger. Bei dieser Art elektronischer Schnitzeljagd werden in einem „Cache“ (Behälter) ein Logbuch und manchmal auch wertlose Tauschgegenstände im Gelände versteckt. Der „Owner“ des Caches veröffentlicht die Koordinaten des Ver-
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stecks im Internet, sodass sich die „Cacher“ mit einem separaten GPSEmpfänger oder Smartphone auf die Suche danach begeben können. Dies soll möglichst unauffällig geschehen, also von den „Muggles“ (den Nichtcachern) unbemerkt bleiben. Der Finder trägt sich mit seinem „Username“ (Pseudonym) ins Logbuch des Verstecks ein und dokumentiert den Fund zusätzlich im Internet, wo Cacher untereinander Erfahrungen austauschen. Entsprechend einfach kann also ein Versteck breitenwirksam bekannt gemacht werden. Geocaching wird sowohl allein als auch in Gruppen ausgeübt. Es finden auch organisierte Events statt, bei denen sich eine Vielzahl von Menschen gleichzeitig auf die Suche nach den ausgelegten Caches begeben. Geocacher hinterlassen und suchen Verstecke nicht nur in Stadtzentren und Parks, sondern gerne auch an besonders reizvollen Orten in der Natur wie Felsen, Ruinen, Höhlen, Stollen etc., was die Haftungsproblematik potentiell verschärfen kann. Laut der größten Geocaching-Plattform www. geocaching.com existieren weltweit mehrere Millionen aktive Caches. Der wohl ungewöhnlichste Ort eines Verstecks derzeit befindet sich außerhalb
Die „Caches“ (Behälter) werden im Gelände versteckt. Aufkleber täuschen Rechtmäßigkeit vor.
der Erde: Auf der internationalen Raumstation (ISS). Vom Geocaching sind einige Rechtsbereiche berührt, die im Folgenden exemplarisch dargestellt werden sollen.
Betretungsrecht des Waldes und Geocaching
Gemäß § 33 Forstgesetz darf jedermann den Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten. Eine darüber hinausgehende Benützung wie Befahren, Lagern bei Dunkelheit, Zelten oder Reiten ist nur mit Zustimmung des Waldeigentümers zulässig, hinsichtlich der Forststraßen nur mit Zustimmung jener Person, der die Erhaltung der Forststraße obliegt. Das Forstgesetz verlangt für die Zustimmung eine positive Willenserklärung. Das heißt, eine bloße Duldung genügt nicht. Erfasst das freie Betretungsrecht auch das Geocaching? Das „normale“ Begehen und der Aufenthalt im Wald sind gemäß § 33 Forstgesetz erlaubt, allerdings eben ausschließlich zu Erholungszwecken. Damit fällt jede darüber hinausgehende Art der Nutzung, insbesondere solche zu kommerziellen Zwecken, nicht unter das freie Betretungsrecht. Das Verstecken und zum Teil auch Vergraben von Gegenständen geht über die Legalservitut des Begehens und den Aufenthalt im Wald hinaus. Ein organisiertes Verstecken, Suchen und Finden ist nicht vom freien Betretungsrecht des Waldes umfasst und daher ohne die ausdrückliche Zustimmung des Grundeigentümers rechtswidrig.
Mögliche Folgen für Wald und Wild
Das Geocaching erfolgt, wie viele andere sportliche Aktivitäten, zunehmend in den Morgen- oder späten Abendstunden, vielfach abseits der Wege. Schwerwiegende Auswirkungen können sich durch eine unbedachte Ausübung dieses Sports beim Wild zeigen: Es wird in seinen Einständen gestört, der Verbiss stärker und die Bejagung schwieriger. Vor allem sogenannte Nachtsafaris (d.h. Geocaching in den Nachtstunden, oft in organisierten Gruppen und mit Stirnlampen) sind besonders störend für das Wild. Gefährdet sind je nach Versteck im Speziellen Höhlenbrüter wie der Waldkauz, oder Bodenbrüter wie Birkwild und Waldschnepfe. Eingrenzungen des Betretungsrechts können unter Umständen auch im Interesse des Jagdschutzes relevant sein. Der OGH hat hinsichtlich touristisch-gewerblicher Tierbeobachtungen in der Nacht („Nachtsafaris“; 7 Ob 251/03t, 10.11.2003) und im Fall eines Mountainbikers, der © Foto: Pixabay.com
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Kleine „Caches“ passen in Astgabeln oder Baumlöcher
ein – auch zum Schutze des Wildes – verhängtes Fahrverbot missachtete (1 Ob 159/00i, 21.6.2000), ausgesprochen, dass dem Jagdausübungsberechtigten (diesfalls Jagdpächter) ein Unterlassungsanspruch zusteht, wenn die betreffende Handlung im Jagdrevier an sich geeignet ist, das Wild zu stören und somit auch den Jagdbetrieb zu be-
Messerset “Jagd” 3-teilig mit Klingengravur
Offcemesser “Jagdfeber”
Filetiermesser “Jagdlust”
Kochmesser “Wilde Küche” einträchtigen. Es ist nicht von Belang, ob das Wild durch die Handlung (im vorliegenden Fall die Radtour) konkret beunruhigt wurde. Das Störpotenzial des Geocachings beschränkt sich freilich nicht auf Wild und Jagd. Forstwirtschaftlich gesehen ist, abgesehen von Schädigungen an reifen
Auf der Jagd nach den richtigen Messern
Bäumen, besonders die Naturverjün-
gung dem Druck durch Outdoor-Sportarten ausgesetzt. Wiederbewaldungs- sowie Neubewaldungsflächen mit einer Bewuchshöhe von unter drei Metern dürfen gemäß § 33 Abs 2 lit c Forstgesetz nicht betreten werden. Der Phantasie beim Anlegen von Verstecken scheinen keine Grenzen gesetzt zu sein. In einschlägigen Magazinen wird
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www.whsf.at
Rund um Eisenstadt sind 712 Caches versteckt.
sogar Ausrüstung für sogenanntes „T5Caching“ angeboten: Seile, Karabiner, Klemmen etc. zum Baumklettern. Damit gehen wertmindernde Rindenbeschädigungen und zusätzliche Haftungsrisiken einher.
Eigentumsrecht
Der OGH hat wiederholt ausgesprochen, dass das freie Betretungsrecht nicht das Recht mit einschließt, Veränderungen im Wald vorzunehmen. Zurückgelassene Behälter sind Fremdkörper und haben in der Natur nichts verloren. Gegen unberechtigte Eingriffe dritter Personen gelten zivilrechtliche Abwehransprüche (Besitzstörungsklage, Eigentumsfreiheitsklage, Klage aus dem rechtlich vermuteten Eigen-
ZUR PERSON
Mag. Stefanie Wieser ist Juristin am Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW) und Vorstandsmitglied der Österreichischen Gesellschaft für Agrar- und Umweltrecht. Sie publiziert zu zivil- und verwaltungsrechtlichen Themen, insbesondere Forstrecht (Brawenz/Kind/Wieser: Kommentar zum Forstgesetz, 4. Auflage, erschienen im MANZ Verlag)
stefanie.wieser@bfw.gv.at tum). Der Eigentümer kann vom Störer die Beseitigung der Störung begehren bzw. auf Unterlassung klagen. Dasselbe Recht steht auch dem Pächter einer Liegenschaft zu. Faktisch ergibt sich jedoch oftmals ein Durchsetzungsproblem dieser berechtigten Ansprüche, weil der Störer in den wenigsten Fällen zu identifizieren ist. Abgesehen von einem tatsächlichen Antreffen beim Suchen oder Verstecken bleiben die Cacher unter ihren Pseudonymen anonym.
Schadenersatz und Strafrecht
Verursacht der Geocacher bei Ausübung des Sportes einen Schaden, kommen Schadenersatzforderungen in Betracht. So etwa, wenn Nägel in einen Baum eingeschlagen werden und so zu einer Verletzung und damit Wertverlust führen (Pilzbefall, Verfärbung, Minderung des Wertholzanteils). Zusätzlich kann es durch Fremdkörper wie Metalleinschlüsse im Holz zu Umklassifizierungen oder sogar Ausschuss (Splitterholz) bei der Sortierung im Sägewerk kommen. Zur zivilrechtlichen Schadenersatzpflicht tritt allfällig auch noch eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Cachers hinzu (Sachbeschädigung).
Wie reagieren?
Der Grundeigentümer hat im Falle des widerrechtlichen Ablagerns von Caches die Berechtigung, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, das heißt den Cache zu entfernen. Für eine langfristige Lösung kann auch die entsprechende Geocaching-Plattform kontaktiert werden, die den „Besitzer“ des Caches verständigt und das Versteck sperrt bzw. die Koordinaten im Internet löscht. Es stehen wie erläutert zivilrechtliche Mittel gegen unberechtigte Eingriffe Dritter zur Verfügung. Unabhängig davon muss aber für Geocacher gelten: Vor dem Verstecken ist mit dem Grundeigentümer Rücksprache zu halten. Die Caches sollen naturverträglich versteckt werden, nicht abseits der Wege, in Kulturen oder Naturverjüngungen sowie jagdlich sensiblen Gebieten. Nächtliches Suchen sollte jedenfalls tabu sein.
Nicht übereinander, sondern miteinander reden
Wald, Wiesen und Äcker sind forst- und landwirtschaftliche Flächen und keine unbeschränkt zugänglichen Parkanlagen. Jede Grundfläche in Österreich hat einen Eigentümer- gleichgültig, ob es ein privater oder öffentlicher ist. Die Richtlinien der Geocaching Gemeinschaften sehen vielfach ausdrücklich vor, dass beim Verstecken eines Caches neben Bedacht und „Hausverstand“ die jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten sind und die Zustimmung des Eigentümers eingeholt werden muss, bevor ein Cache auf einem privaten Gelände gelegt wird. Bei der Beschreibung des Verstecks können sinnvollerweise auch Naturzusammenhänge erläutert werden. Nicht zuletzt wegen seiner breiten Alterszielgruppe weckt Geocaching großes Interesse und wird sowohl von einschlägigen Anbietern als auch seitens des Tourismus beworben. Zum Schutz von Wald und Wild wird weiterhin entsprechender Einsatz nötig sein, um eine Sensibilisierung für die Ausübung dieser Freizeitaktivität im Naturraum zu gewährleisten. • © Foto Geocache.com