schau-Magazin, Ausgabe 10/2014

Page 30

schaukulturmacher Er wohnt im Wiener Heurigenort Neustift, arbeitet seit Jahren mit den großen Orchestern unserer Zeit und hat jetzt sein erstes Opernwerk mit José Carreras uraufgeführt. Was aber viele schon vergessen haben – den Austro-Pop würde es ohne Christian Kolonovits so nicht geben.

Wir Alten müssen mit Respekt die Jungen machen lassen TEXT VON RUDI MATHIAS, FOTOS: RENE WALLENTIN

FENDRICH, DANZER, Am­bros, Francos schrieb. Mit drei Arien im STS und viele mehr altbekannte Gepäck flog ich zu José nach BarceGranden des „Austro-Pops“ hat er lona – der war begeistert und dann produziert. Heute zieht es Chris- kamen drei Jahre harte Arbeit. tian Kolonovits auch in eine andere Richtung: die Oper. Mit Heraus­ Josè Carreras, Placido Domingo geber Rudi Mathias spricht er über – Sie haben Ihre musikalischen seinen Werdegang und wie er die Wurzeln in der Vorzeit des Austro­österreichische Musiklandschaft und Pop. Wie kommt man ihren Nachwuchs einschätzt. da zu solchen Partnern? Mein Weg war immer der, ein bissschau: Herr Kolonovits, Sie haben chen anders zu sein. Ich glaube aber, dass einen der Mut, einfach durchmit der Oper „El Juez“ im spalässig und offen seine eigenen Dinge nischen Bilbao Jubel ausgelöst, zu machen, automatisch in die richder selbst in Argentinien noch tige Umgebung stellt. José Carzu hören war. Wie kommt man reras hab’ ich kennengelernt, als er als geborener Rechnitzer zu so in Wien eine Platte aufgenommen einem Stoff? Christian Kolonovits: Die Oper hatte, mit der er nicht zufrieden „El Juez“ – zu deutsch „Die verlore- war. Über Nacht hab’ ich das Arrannen Kinder“ – geht auf das spani- gement umgeschrieben. Ein anderes sche Franco-Regime zurück, in dem Mal haben mich dann die Wiener der Diktator systemkritischen Fa- Symphoniker ins New Yorker Sony milien einfach ihre Kinder weg- Building geholt, um für Placido Donahm und in „Heimen“ umerzie- mingo ein Weihnachtslied zu arranhen ließ. José Carreras spielt darin gieren. Daraus wurde dann die Konden Richter, der im Stück vom Fa- zertreihe „Christmas in Vienna“. schisten nach und nach zum Humanisten wird. Der Impuls zum Stoff Auch für Sie hat vieles mit der ging von der Oberwarterin Angelika Sendung „Gut aufgelegt“ begonMessner aus, die das Libretto zur nen, die auf Ö3 junge, auf Oper auf Grund einer BBC-Doku- Deutsch singende Künstler förmentation über die Machenschaften derte. Wie wichtig war das? 30 schau

„Erst jetzt beginnen junge Leute langsam zu merken, wie wichtig Lieder von Ambros oder Texte von Danzer waren.“ Christian Kolonovits

Eva Maria Kaiser hat mit „Gut aufgelegt“ aus dem Nichts eine Idee entwickelt und damit auf den ORF so stark Druck gemacht, wie es der Sender auch heute wieder einmal brauchen würde. Sie hat so neues Bewusstsein für österreichische Musik geschaffen – was sie losgetreten hat, ist in den 70er Jahren zum Ausbruch gekommen und hat so zu einer Hochblüte von Ö3 und zu dem von nicht allen geliebten Begriff „Austro-Pop“ geführt. Was empfehlen Sie da dem heutigen Musiknachwuchs, nachdem der Austro-Pop zumindest scheintot ist?

Wir Alten müssen mit Respekt die Jungen machen lassen. Trotzdem glaub’ ich an Vorbilder und an Vernetzung. Im Falle des Austro-Pop hat aber diese Vernetzung aufgehört zu existieren. In Amerika ist das umgekehrt. Dort sind Künstler wie Bob Dylan immer noch Idole, auf die der Nachwuchs aufbaut. Bei uns gab’s da in den Neunzigern einen gnadenlosen Bruch. Und erst jetzt beginnen junge Leute langsam zu bemerken, wie wichtig Lieder von Ambros oder Texte von Danzer waren. oktober 2014


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.