curt Magazin München #65 // Die reife Ausgabe

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Vorwort An einem dieser heißen Tage im Sommer war ich nach langer Zeit wieder mit meinem Frisbee und zwei Freunden unterwegs, um der Stadt zu zeigen, was Profis mit so einer Scheibe so alles anstellen können. Nach ein paar missglückten Würfen am Anfang kehrte die Erinnerung langsam wieder zurück und wir hechteten und tänzelten über den Rasen, dass den Göttern Freudentränen in die Augen steigen mussten. Die versammelten Parkbesucher klatschten und eine Handvoll Oben-ohne-Sonnerinnen wollten unsere Telefonnummern. Nach einer Stunde Höchstleistungssport kam ein älteres Paar – er am Stock, sie am Rollator – vorbeigeschlurft. Sie sahen uns vom Weg aus zu und tuschelten sich mit zahnlosem Grinsen etwas zu. Der Mann kam mit der freien Hand winkend auf mich zu und rief: „Yo Homeboy, is das alles, was ihr Lahmbacken drauf habt? Flick mal rüber, die Scheibe!“ Meine Freunde standen zu weit weg, als dass sie ihn hätten hören können, aber ich hatte den Mann glasklar verstanden. Er hatte tatsächlich „Homeboy“ gesagt. Und „Lahmbacken“. Ich antwortete: „Entschuldigen Sie, aber ich fürchte, ich habe Sie nicht ganz verstanden, möchten Sie sich das Frisbee mal genauer ansehen?“ „Drool nicht rum, Alter, ganz easy rüberwerfen das Ding, kann ja nicht so schwer sein.“ Er drehte sich zu der alten Frau um. „Gott, sind die Teenies schwer von Begriff, ich brech gleich ...“ Jetzt fühlte ich mich doch leicht beleidigt und meinte, „da müssen Sie es sich schon holen, am Ende treffe ich Sie am Kopf und muss dann mein Leben lang Rente an Ihre Frau da zahlen“, während ich ihm das Frisbee hinhielt. Der Alte sah nochmal kurz zu seiner Rollatorqueen, zuckte mit den Schultern und sah mich wieder an. Unvermittelt fing er an, auf mich zu zu rennen, sprang etwa drei Meter vor mir in die Luft und flog, seinen Stock auf mich gerichtet, in meine Richtung. Das passierte so schnell und überraschend, dass ich mich keinen Zentimeter bewegte, er mich mit dem Stock voll im Magen erwischte und mir kurz vor seiner Landung das Frisbee aus der Hand riss. Ich taumelte kurz rückwärts, blieb stehen und sah meine Freunde ebenso reglos wie mich dastehen. Der Alte fing derweil an, die unglaublichsten Tricks aufzuführen, die ich jemals gesehen habe. Er balancierte im einarmigen Handstand auf seinem Stock, machte Vorwärts- und Rückwärtssalti, tänzelte behände im Kreis und immer rotierte das Frisbee auf seinem gichtgekrümmten Zeigefinger. Ich stand immer noch wie festgefroren da und konnte nicht glauben, was ich zu sehen bekam, als der Alte aus dem Stand fast zwei Meter in die Luft sprang, die Arme ausbreitete und im Spagat auf der Wiese landete. Dann zog er sich ohne die Zuhilfenahme seiner Hände hoch, zwinkerte mir zu und sagte: „70 ist das neue 30, alles klar, Alter?“ Dann warf er mir mit einer unangekündigten Vorhand das Frisbee voll an den Kopf, ging zu seiner grinsenden Frau und trottete mit ihr davon. Ich rieb mir den Kopf und kam mir so alt vor wie noch nie in meinem Leben. Traut keinem über 40! Euer Thomas





Schönheit liegt bekanntermaßen im Auge des Betrachters. Bei uns in Tuntenhausen hat aber offensichtlich ein jedes Mannsbild Scheuklappen vor seinen Glubschern. Und von den Weibern, diesen blinden Hühnern, brauchen wir gar nicht erst zu reden. Schon als Pubertierende empfand ich mich daheim wie ein Veilchen, das im Verborgenen blüht. Derweil besaß ich permanent die Anmut einer richtig rassigen Dorfpomeranze. Gut, ich gebe zu, dass selbst ich allmählich die herbstlichen Gefilde des Daseins ansteuere. Trotzdem prallten bis vor Kurzem die Sprüche der hiesigen Kuhkaff-Adoleszenz an meiner makellosen Vollkommenheit ab: „Ich finde deinen Silberblick goldig.“ Oder: „Du hast wirklich perfekte Maße, 90-60-90, und das rechte Bein genauso.“ Doch neulich vorm Spiegel traf mich schlagartig eine bittere Erkenntnis: Was kann ich jenen hirnverbrannten Halbstarken vorwerfen? Das größte Übel der heutigen Jugend besteht darin, dass man nicht mehr dazugehört! Ich sollte am Scheitelpunkt meines kulminierten Charmes schnellstmöglich handeln. Natürlich bevor ich mir meine schicken Hüte vor lauter Falten aufschrauben musste und auf ewig der Männerwelt vorenthalten blieb. In der Zeitschrift „GAGA“ stieß ich auf die Anzeige des vielversprechenden Körper-Konservators Dr. Eisenbart. Er besuchte mich prompt auf meinem Hof. Ohne zu zögern wählte ich das „Nutella-Versace-Special“ und unterzog mich sogleich von Kopf bis Krähenfuß einer kompletten Generalüberholung. Meiner geliebten Else spendierte ich obendrein eine Vulva-Verjüngung. Sie hatte mich beim letzten Almabtrieb gar so bemitleidenswert angeblökt und weist darüber hinaus bei den Rindsviechern dieselbe unbefriedigende Erfolgsquote auf wie ich. Nach den klitzekleinen Eingriffen gleiche ich in Statur und Mimik einer aus Stein gemeißelten griechischen Aphrodite. Nur will mich scheinbar weiterhin kein Traumprinz aus unserem trostlosen Nest befreien. Ach, die Zukunft ist auch nicht mehr das, was sie einst war … TEXT: CHRISTOPH BRANDT

ARTWORK: JULE KRUSCH

BOTOX



TEXT: TIMO SCHLITZ; FOTO: SEBASTIAN HOFER





curt berichtet.11

Mittwoch, halb drei im Alten- und SeniorenZentrum Milbertshofen. Das Sitztanzen haben wir letzte Woche verpasst, also entscheiden wir uns heute für den Brett- und Kartenspielnachmittag. Nur drei kleine Grüppchen älterer Herrschaften haben sich zum fröhlichen Zocken zusammengefunden; die meisten sind heute auf Kaffeefahrt am Waginger See. TEXT: ANDREEA HULA UND MELANIE CASTILLO; FOTO: ZEEGARO

Wir versuchen unser Glück, uns unter die Leute zu mischen und gesellen uns zu den drei netten Omas am „Mensch ärgere dich nicht“- Tisch. Um das Eis zu brechen und eine gemeinsame Basis zu schaffen, haben wir was zum Naschen mitgebracht: Katzenzungen, Edle Tropfen, Traube-NussSchokolade. Die Damen werden schon nicht alle Zucker haben, oder doch? Frau Neebe lehnt entschieden ab, als wir ihr die Süßigkeiten freundlich unter die Nase halten. „Ich esse keine Schokolade und Kekse mag ich auch nicht.“ Frau Stucky rettet die Situation, indem sie sich outet: „Ach, ich bin schon eine Naschkatze.“ Genug geschwätzt, jeder von uns muss sich schnell einen Würfel aussuchen, damit es endlich anfangen kann, meinen die Damen. Rasch. Während die erste schon würfelt, werden wir über die Regeln aufgeklärt. Regel 1: Jeder hat einen eigenen Würfel. Regel 2: Wer schläft, wird übersprungen. Regel 3: Wer einen anderen Spieler rausschmeißen kann, MUSS schmeißen. Insbesondere über Regel 3 wurde mit Argusaugen gewacht. „Mensch ärgere dich nicht“ in der Crazy-Speed-Variante. Der Würfel muss rollen, das Spiel immer weitergehen.


MONIKA STUCKY, 64

ANTONIA NEEBE, 76


curt berichtet.13

Nach einer Stunde Turbo-Game ist uns klar: Früher war nicht alles besser. Es war nur anders. Mit 30 Jahren hatte Frau Knoll schon vier Kinder, war sechs Jahre verheiratet und steckte eigentlich auch schon wieder in der Scheidung. Frau Neebe war in dem Alter bereits neun Jahre verheiratet und hatte auch schon ein Kind. Vier weitere bekam sie nach 30. Mit 15 ging sie von zu Hause weg, mit 17 Jahren arbeitete sie in der Gastronomie. Ihren Mann heiratete sie, da kannten sie sich nicht mal ein Jahr. Schließlich war er ihre große Liebe. So war das früher, als es so was wie große Liebe noch gab und „bis dass der Tod euch scheidet“, ein ehrliches Versprechen war. Als Frau Neebe 34 war, starb er jedoch. „Mit 30 hatte ich die schönste Zeit in meinem Leben“, sagt sie mit fester Stimme 46 Jahre später. Dreißig … eine Zeit, in der die Damen voll im Leben standen. Eine Zeit, die uns wohl noch bevorsteht. Warum wird denn um die dreißig so ein großes Ding gemacht? Das wissen sie auch nicht. „Und jetzt würfeln, du bist dran. Nein, zurück, mit dem Stein kannst du schmeißen.“ Monika Stucky ist anders. Sie hat keine Kinder und keine Ehe hinter sich. Und somit auch keine Scheidung. Sie hat mal in England gelebt und in den 70ern in München studiert. „Eine wilde Zeit war das“, sagt sie mit leuchtenden Augen und erzählt vom Käuzchen in der Occamstraße. Eine Lokalität, die schon damals – unüblicherweise – bis vier Uhr früh offen hatte. „In der Gieselastaße gabs Hasch“, fügt Frau Stucky verschmitzt hinzu … Wir würfeln um die Wette und nach drei Stunden gibt es endlich einen glücklichen Sieger. „Ich kann manchmal gar nicht glauben, was für eine alte Schachtel ich bin“, sagt Stucky lachend. Und wie wir sie betrachten, können wir kaum glauben, dass wir knapp halb so alt sind. Älter werden? Easy ... !

HANNELORE KNOLL, 70

DANKE AN FRAU THOMSEN! ASZ-MILBERTSHOFEN.DE



UMSONST VORGESORGT Es ist kein Geheimnis, dass durch Autos, Medikamente, Alkohol und Zigaretten weitaus mehr Menschen draufgehen als durch illegale Rauschmittel. Und selbst bei Prominenten, bei denen die Anzahl der Führerscheinbesitzer und der Drogenkonsumenten sich die Waage hält, starben verhältnismäßig selten welche an Drogen ... TEXT: JAN PAETZOLD UND ANDREEA HULA; FOTOS: PHOTO-ARCHIV-SCHWEITZER.DE

TE UNFÄLLE


16. curt informiert

Angefangen werden muss bei der Tänzerin Isadora Duncan, die 1927 die erste prominente Verkehrstote war. Die 50-Jährige fuhr in einem Amilcar GS, warf ihre rote Seidenstola lässig um den Hals, die sich im Reifen verfing und ihr das Genick brach. James Dean war nicht nur ein erfolgreicher Schauspieler, sondern auch ein leidenschaftlicher Rennfahrer. Seine Lieblingsmarke: Porsche. In einem 550 Spyder fuhr er 1955 zusammen mit seinem Beifahrer und Mechaniker Rolf Wütherich (deutscher Rennfahrer in Diensten der Stuttgarter Marke) frontal in den Ford von Donald Turnupseed, der ihm die Vorfahrt genommen hatte. James Dean starb mit 24 Jahren. Kurios: Zwei Wochen vorher drehte er noch einen Werbespot zum Thema „Verkehrssicherheit“. Die Kombination Alkohol und Automobil ist eine gefährliche, wie der Künstler Jackson Pollock („Action Painting“) 1956 erfahren musste. Wer würde heute noch eine Kneipentour mit dem Auto unternehmen? Zur dritten Bar kam Pollock nicht mehr: Der Wagen überschlug sich und er starb im Alter von 44 Jahren. Der pakistanische Prinz und Playboy Ali Khan, ExMann von Rita Hayworth, starb 1960 im Frankreich mit 58 Jahren in einem Lancia Flaminia. Weil Ali Khan das Auto unbedingt mal selbst ausprobieren wollte, schickte er seinen Fahrer auf den Rücksitz … Albert Camus traf es auch nicht besser: Er war Beifahrer und der Neffe seines Verlegers fuhr 1960 den Facel Vega an einen Baum. 46 Jahre wurde der Schriftsteller und Philosoph alt, der zu Lebzeiten den Tod als sinnlos und oft ungerecht bezeichnete – beides trifft bei seinem zu. Sexsymbol Jayne Mansfield erwischte es 1967 mit 44 Jahren in einem Buick Electra 225 (Länge des Originals in Zoll, umgerechnet etwa 5,71 m). Sie saß mir ihrem Verlobten neben dem Fahrer, der in einen langsamen Laster (Ladung: Insektenspray) fuhr. Das Cabrio passte genau unter den Truck und bescherte den Opfern einen grausamen Tod. Alle drei und Mansfields Chihuahua starben.

Marc Bolan, Sänger von T-Rex und Urvater des Glamrock, verstarb 1977, zwei Wochen vor seinem 30. Geburtstag, als er seine Freundin Gloria Jones ans Steuer ließ (immer heikel). Da platzte der Reifen, sie knallten gegen einen Betonpfeiler und dann in eine Plantane. Bolan war nicht angeschnallt und wurde aus dem Wagen geschleudert. 1982, am 13. September, kam Fürstin Gracia Patricia, auch bekannt als Grace Kelly, in einem zehn Jahre alten Rover 3500 in einer Haarnadelkurve von der Straße ab und stürzte 40 Meter in die Tiefe. Sie wurde zwar noch ins Krankenhaus gebracht, die 52-Jährige erlag jedoch am Folgetag ihren Verletzungen. Krass – in den 50ern drehte sie fast an dieser Stelle einige Szenen ihres Films „Über den Dächern von Nizza“. Den wohl berühmtesten Unfalltod ereilte Prinzessin Diana am 31. August 1997 in einem Mercedes S 280 in der Unterführung der Pont de l’Alma in Paris. Mit ihr starben Dodi Al-Fayed und der Chauffeuer Henri Paul. Dieser Tragödie entsprang „Candel in the Wind“ – spätestens mit diesem Song hatte Elton John ausgesorgt. Falco wollte wie James Dean abtreten. Hat fast geklappt, nur dass er 1998 nicht im Porsche das Zeitliche segnete: In der Dominikanischen Republik erfasste ein Autobus seinem Mitsubishi Pajero. Im Blut des Wiener Künstlers wurden Kokain, Marihuana und 1,5 Promille Alkohol gefunden. Er starb zwei Wochen vor seinem 41. Geburtstag. Dass man auch ohne Unfall im Wagen das Zeitliche segnen kann, zeigen folgende Beispiele: Tupac Shakur, Notorius B.I.G. oder John F. Kennedy sowie Bonny und Clyde wurden in ihren Autos erschossen. Zahlreiche Unfälle hatte übrigens auch Berthold Brecht. Er kam aber immer mit einem blauen Auge davon. Wie auch Daniel Küblböck: Er fuhr ohne Führerschein – in einen Gurkenlaster. Wäre aber auch zu dämlich gewesen. So heißt es für ihn weiter grübeln über die Altersvorsorge.




Münchens älteste grüne Oase ist nicht etwa der Englische Garten, sondern ein Friedhof. Mit fast 450 Jahren ist der Alte Südfriedhof heute ein Ort der Ruhe mit schauriger Vorgeschichte. TEXT: SONJA PAULUS; FOTO: CHRISTIAN ACHIMOV

Hügel der 500 Leichen“: Da denkt man nicht gleich an Naturidyll. Das klingt nach Zombie-Szenario, nach modrigen Händen, die sich mitternachts aus der Erde graben, nach Geistern, die nach Rache dürsten. Die Geschichte des Alten Südfriedhofs hat, wie es sich für eine Grabstätte gehört, auch ihre schaurigen Kapitel. Das düsterste beginnt schon vor der eigentlichen Gründung. Im südlichen Teil des heutigen Friedhofs lag dieser Hügel, der laut historischer Überlieferung über 500 Opfern der Sendlinger Mordweihnacht als Massengrab diente. Hunderte Münchner Bauern und Arbeiter verloren in der Nacht des 25. Dezembers 1705 in einem blutigen Kampf gegen habsburgische Besetzer ihr Leben. Heute erinnert nur noch ein unauffälliges Denkmal nahe des Südeingangs an das Münchner Massenmorden. Auch die Tatsache, dass das Areal 1563 während der Pest zum Friedhof ernannt wurde, weil die unzähligen Kadaver nicht mehr innerhalb der damaligen Stadtmauer bestattet werden konnten, ist längst vergessen. Der Südfriedhof, der entlang des Mühlbachs von der Stephanstraße am Sendlinger Tor bis zur Kapuzinerstraße reicht, hat heute nichts Schreckliches mehr. Höchstens der Schatten eines Senioren, der gemächlich seine Gehhilfe über die Grabpfade schiebt, kann im schrägen Licht der Abendsonne bedrohlich wirken. Ein vielversprechendes Rascheln aus dem Hinterhalt entpuppt sich doch nur als ein Eichhörnchen, das im Laub wühlt. Nein, Gänsehautgefühl will nicht aufkommen, zumindest nicht am Nachmittag. Sonnenstrahlen stehlen sich durch die dichten Blätter der Baumkronen und werden von sattgrünen Moosteppichen und Wiesenflächen verschluckt. Wilder Efeu verschlingt verfallene Grabsteine, knorrige Baumäste ranken sich um geschmiedete Kreuze und verbinden Lebendiges mit Leblosem. Nur eine Ziegelmauer trennt das lebhafte DreimühlenViertel vom zeitlosen Reich der Toten. An einigen Stellen sind die Wohnhäuser so nah an die Friedhofsmauer



gebaut, dass diese als praktische Ablage für Blumentöpfe dient. Schiefe Grabsteine fallen fast ins Schlafzimmerfenster. Ein Rentner nutzt eine der vielen Bänke unter schattenspendenden Tannen als Brotzeittisch für ein kleines „Leichenschmäuschen“. Ein junger Vater und sein kleiner Sohn sitzen vor der Mauer und schweigen solidarisch. Zwischen den Gräbern leuchtet hier und da eine Absperrung aus weiß-rot gestreiftem Plastikband wie bei einer Tatortsicherung. Die Tatwerkzeuge: Zementsäcke neben umgestürzten Grabsteinen. Daneben ein Spachtel. Nein, hier wurde nicht mehr gemordet, es wird gemörtelt. Der denkmalgeschützte Friedhof wurde 2004 bis 2007 für eine Sanierung gesperrt. Inzwischen ist er wieder geöffnet, aber die Feinarbeiten sind noch nicht abgeschlossen. Nur Bestattungen finden seit 1944 auf dem ehemaligen Zentralfriedhof keine mehr statt. Münchens berühmteste Architekten, Künstler und Erfinder des 18. und 19. Jahrhunderts ruhen hier in vollendetem Frieden. Die Liste der begrabenen Berühmtheiten erscheint wie ein Verzeichnis Münchens bekanntester Straßennamen und Plätze. Baumeister Leo von Klenze, Friedrich von Gärtner oder Erfinder und Optiker Josef von Fraunhofer liegen neben mehr als 40 weiteren großen Münchner Geistern inmitten Hunderter von Gräbern begraben. Auf dem Friedhofsgelände finden sich Pläne, auf denen eingezeichnet ist, wo die Grabstätten zu finden sind. Sogar manch vermeintlicher Ortskundiger ahnt nicht, was für eine historische Perle sich hinter der nüchternen Backsteinschale versteckt. Schade eigentlich, dass die wenigsten Münchner Notiz vom Südfriedhof nehmen, außer wenn sie sich über die endlose Mauer ärgern, um die sie bei nächtlicher Tour einen Bogen machen müssen. Abends schließt der Friedhof seine Pforten. Aber am Tag lohnt es sich, zwischen 8 und 18 Uhr (ab Oktober bis 17 Uhr) eine Abkürzung über die älteste Grünfläche der Stadt zu nehmen. Über die Thalkirchner Straße Höhe Sendlinger Tor an der Stephanskirche erreicht man den Haupteingang. Nicht nur ein fast vergessenes Stück Münchner Geschichte kann man im Alten Südfriedhof wiederentdecken. Man findet auch, was in Münchens szeniger Mitte nur schwer zu haben ist: absolute Stille und einen Ort zum Hinsetzen und Ausruhen, ohne die Gefahr, sich dabei einen Kronkorken in den Hintern zu drücken.



Nach einer wahren Begebenheit. TEXT: Jakob Schreier; FOTO: Sebastian hofer


24. curt informiert

„Man drängt, man stößt, man läuft, man frißt, man spielt, man säuft, man rauft, man schimpft, man haut, man staunt, man gafft, man schaut, man kommt, man ist da, man geht, man schiebt, man hält, man dreht, man reitet, man fährt und sprengt, man eilt, man springt, man rennt, man singt, man lacht, man scherzt, man jubelt, hüpft und herzt, jedoch die Nacht bricht ein, man lässt‘s für heut gut seyn.“ Mit diesen Worten charakterisierte ein Anonymus das bunte Treiben auf dem Oktoberfest – im Jahr 1835. Ähnlich könnte die subjektive Beschreibung eines heutigen Wiesn-Besuchs lauten, wenngleich das Fest sich – rein objektiv betrachtet – während seines 200-jährigen Bestehens stark gewandelt hat: vom königlich-bayerischen Nationalfest zum größten Bierfest der Welt mit bayerischer Couleur. TEXT: KONNI FASSBINDER; FOTOS: MÜNCHNER STADTMUSEUM

200 Jahre

Oktoberfest


Gustav Kraus, Festzug vor dem Kรถnigszelt, 1835


26. curt informiert

Zu Beginn seiner Geschichte huldigten die Münchner noch nicht dem Bier und dem daraus resultierenden Massenvergnügen, sondern ihrem Königshaus: Ein Pferderennen zu Ehren der Hochzeit von Bayerns Kronprinz Ludwig und Prinzessin Therese von Sachsen Hildburghausen am 17. Oktober 1810 war die Initiation dessen, was die Welt als Oktoberfest kennt. An diesen seinen Ursprung erinnern heute nur mehr die ovale, auf die ursprüngliche Rennstrecke zurückgehende Form und der Name des Veranstaltungsortes, „Theresienwiese“ bzw. „Theresenswiese“, welcher der Braut und späteren Königin gewidmet worden war. Ein solches Pferderennen wurde im Oktober des folgenden Jahres kombiniert mit einem zentralen Landwirtschaftsfest abgehalten: Das Oktoberfest als alljährlich stattfindendes, „wahres bayerisches Nationalfest“ war geboren. Als Feier von Agrarstaat und dynastischer Einheit der noch jungen Monarchie sollte es Identität bei den Untertanen stiften und tat es auch; sein stetig zunehmender Erfolg war garantiert. 1816 erweiterten Attraktionen wie das Vogel- und Scheibenschießen und die Glückshafen-Lotterie die festlichen Aktivitäten. Kleine Stände verkauften – im überschaubaren Rahmen und zunächst unter freiem Himmel – Bier und weitere Getränke, Essen und kleine Leckereien. Über 100 Jahre gehörten Rennen, Schießen und Viehprämierungen unter Schirmherrschaft des Königs zum festen Bestandteil des Oktoberfests. Verglichen mit den Millionen Menschen aller Herren Länder, die seit mehreren Jahrzehnten jährlich zur Wiesn nach München pilgern, waren deren Besucherzahlen anfangs eher bescheiden: Dem ersten Pferderennen hatten rund 50.000 Zuschauer beigewohnt. Noch bis 1839 verliehen die Organisatoren des Oktoberfests einen „Weitpreis“ an denjenigen Besucher, der die weiteste Anreise zurückgelegt hatte, als Anreiz, an den Wettkämpfen teilzunehmen. 1827 erhielt ihn ein Bauer aus Sommersdorf – ein Ort in der Nähe von Deggendorf. Etwa fünfzig Jahre später feierten allein am Hauptsonntag bereits 200.000 Gäste auf der Theresienwiese. Dennoch unterlag die Besucherzahl lange Zeit starken Schwankungen; noch 1859 war die Wiesn finanziell gesehen ein Verlustgeschäft. Ab den 1870er-Jahren nahm die Zahl der Schausteller und Buden stetig zu, unter anderem bedingt durch die wachsende Mobilität, die im Zuge der Industrialisierung einsetzte. Das Angebot reichte bald von Abnormalitätenschauen, Varieté- und Zaubertheatern bis hin zu Zirkuszelten und Museen. Exotisches war besonders beliebt und deshalb in einer Zeit, in der weder Political Correctness bzw. allgemeine Menschenwürde noch Tierschutz großgeschrieben wurden, häufig vertreten. Attraktionen wie die „Lippennegerinnen“ faszinierten genauso wie ein tätowierter Stier. Bis etwa 1930 prägten Völkerschauen das Schaustellerbild des Oktoberfests. Gerne durfte es auch mal etwas leicht Verruchtes sein – wie „Arabella – die Dame ohne Unterleib – lebend!“ Auch im „Velodrom“ ging es körperlich zu: Hier frönte der geneigte Gast dem noch neuen Radsport. Mehr oder minder ambitionierte Sportler fuhren Radrennen der besonderen Art, die nicht nur Schnelligkeit, sondern vor allem viel Geschicklichkeit von ihnen abverlangten. Schicklich wiederum sollten sich die Zuschauer verhalten und „Fahrräder und Damen“ bittschön nicht anfassen, wie eine Plakette anwies.


A. von Rummel, Rennmeister Georg Bader, 1887


28. curt informiert

Bier spielte bei dem ganzen Amüsement eine zunehmende Rolle. Bereits 1862 wurde die Bierlust der Münchner in fliegenden Blättern karikiert, das Biertrinken als des Münchners „fernere Pflichten“, denen er fleißig nachzukommen suchte, persifliert. Der zunehmende Alkoholkonsum – 1887 wurden 270.000 Liter Bier getrunken – und die Tatsache, dass überhaupt „dieses Fest nur als Zechgelegenheit der arbeitenden Bevölkerung genutzt“ werde, wie böse Zungen behaupteten, machten die Einrichtung einer Polizeidienststelle direkt am Festplatz 1880 notwendig. Um 1900 erlebte das Schaustellergeschäft einen Höhepunkt. Eine leistungsstarke Karussell-Industrie brachte zahlreiche neue Fahrgeräte auf den Markt, die es teilweise auch heute noch in ähnlicher Form gibt. So dreht sich seit 1927 der Kettenflieger – heute bekannt als Kettenkarussell – um die eigene Achse, am ersten Autoscooter trafen sich ab den Goldenen Zwanzigern die Halbstarken und statt auf der „Wilden Maus“ jagte man auf der „Wilden Katze“, in Achterbahnen dem Vergnügen hinterher. Gleichzeitig wandelte sich die Wiesn zu einem Bierfest. Die auf- und abbaubaren Festhallen der großen, nun weltweit exportierenden Münchner Brauereien kamen auf und ersetzten die alten, deutlich kleineren Bierbuden. Eine Entwicklung, die durch die steigende Besucherzahl notwendig geworden war. Die heutige Platzstruktur entstand. Mit den Festhallen kamen die Festkapellen, die im großen Stil für eine trinkfreudige Atmosphäre sorgen sollten; ein ganzes Repertoire an Trinkliedern entstand. Das zeitloseste und wohl am bayerischsten anmutende Trinklied stammt aus dieser Zeit: „Das Prosit der Gemütlichkeit“. In krisenhaften Jahren gab es kein Oktoberfest. Aufgrund seiner großen Beliebtheit wurde seine Tradition jedoch auch über längere Pausen hinweg stets aufrechterhalten, wenngleich die Wiesn in Zwischen- und Nachkriegsjahren nur eine arg abgespeckte Version der sonstigen Festivitäten darstellte: Dünnbier und karge Essensmarken waren zu haben, anstelle der sonstigen bayerischen Schmankerl. Doch das Oktoberfest war schon tief in der bayerischen Kultur verankert. So tief, dass sich bayerische Soldaten des 14. Alpenkorps im Stellungskrieg in den Vogesen 1915 in Gedenken an Zuhause ein kleines, sehr dürftiges Wiesn-Abbild mit Schottenhammel-Zelt und Kettenkarussell nachbauten. Das Attentat vom 26. September 1984 ist der tragischste Moment in der Geschichte des Oktoberfests. Durch eine Bombenexplosion am Haupteingang waren 13 Menschen gestorben, 211 schwer verletzt worden. Seitdem gelten verschärfte Sicherheitsbedingungen. Viele Elemente, die das Bild des Oktoberfests heute prägen, etablierten sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Einzug der Wiesnwirte, „O’zapft is!“, Schützenund Trachtenumzug … Der beliebte Himmel der Bayern stammt aus den 50er-Jahren, den 60er-Jahren sind die typische Optik der Bierzelte, Glasbierkrug und Besucherzahlen in Millionenhöhe zuzuschreiben, dem folgenden Jahrzehnt die ach so praktische Bierbank. Modernste Ausschankanlagen versorgen heute die unzähligen Gäste mit höchster Bierbraukunst, diese wiederum vergnügen sich mit dem Neuesten, was es an Fahrgeschäften gibt – wenn sie keinen Platz in den Zelten ergattert haben, die in den letzten Jahrzehnten nicht selten „wegen Überfüllung“ geschlossen werden mussten.


GruSS vom Oktoberfest, Postkarte, 1895




Norbert Witte hat einen Wikipedia-Eintrag, der sich wie ein Hollywood-Märchen liest. Es gibt einen Dokumentarfilm über ihn („Mein Leben ist wie eine Achterbahnfahrt. Momentan bin ich im Tal“) und ein Theaterstück. Er hat Millionen gemacht und sie auch wieder verloren. Wir besuchen ihn in seinem Wohnwagen, der auf dem – mittlerweile von Efeu überwuchterten – Gelände des Vergnügungsparks steht, den er einst in den 90er-Jahren aufgebaut hat. Von einer kleinen Terrasse blicken wir auf die alten Karussells wie auf eine aufwendig gebaute Kulisse eines Kindermärchens. Es gibt Kaffee. Bei unserem Besuch geht es uns nicht darum, die Gründe zu erfahren, warum Norbert Witte sich über Nacht mit ein Paar Fahrgeschäften nach Peru absetzte. Weshalb sein Sohn jetzt dort in Gefangenschaft sitzt, werden wir auch nicht fragen. Es wird wohl mit den 167 Kilogramm Kokain zusammenhängen, die man dort im Fahrgeschäft „Fliegender Teppich“ gefunden hat. Wir wollen von Norbert Witte vielmehr etwas über Reife erfahren; über die Weisheit, die man erlangt, wenn man große Fehler begangen hat, und über Geschichten, die man erzählt, wenn man viel erlebt hat. Es wird ein schönes Gespräch mit einem, den man sich doch so anders vorgestellt hat, wenn man der Tagespresse glaubt. Norbert Witte wirkt weder überheblich noch stapelt er hoch. Lediglich ein bisschen Trauer merkt man ihm an, wenn er sagt: „Wenn du erfolgreich bist, ist die Seele glücklich.“ Sein Misstrauen gegenüber jedem, der seine Worte auf Tonband aufzeichnet, um sie später zu Papier zu bringen, ist verständlich. Bei seiner Geschichte ist es die Regel, dass er eher schlecht wegkommt. Angeblich habe sein Park dem Land Berlin über zehn Millionen Schulden verursacht. Einen SCHUFA-Eintrag hat er jedenfalls nicht. „Ich hab nie was geklaut – nicht mal einen Kaugummi … Ich war Kind reicher Eltern. Mein Vater war auch nicht besonders risikofreudig.“ Nach kurzer Pause fügt er hinzu: „Ich war vielleicht zu risikofreudig. Aber Fehler macht man nicht zweimal.“

Wir sind dankbar, dass die Berliner Zeitung Recht behält, wenn sie schreibt, dass Witte gerne und viel redet. Als wir ihn darauf ansprechen, kann er sich gut an den Reporter erinnern: „Da könnte ich mich heute noch drüber amüsieren. Ich habe noch mal das Riesenrad angeworfen und bin mit ihm hoch. Der hat gequietscht wie ein Schwein.“ Normalerweise bewegt sich in seinem Park nichts mehr, außer dem Sicherheitsdienst, der darauf aufpasst, dass nicht zu viele Touristen über den Zaun springen, um sich vor umgefallenen Dinosauriern zu fotografieren. „So wie das jetzt hier ist, dürfen hier einfach keine Menschen rumlaufen“, sagt Norbert Witte, „wenn hier wieder was passiert, dann steht in der Zeitung, dass ich das war und das kann ich nicht brauchen.“ So ganz bekommen wir nicht aus ihm raus, ob der Park jemals wieder seine Tore öffnen wird, aber ganz auszuschließen scheint er es nicht: „Der Park ist voll reparabel. TÜV und Reparaturen sind natürlich fällig, das ist klar.“ Nach kurzer Pause fügt er hinzu: „Jetzt gerade bin an dem Punkt, wo ich mir denke, dass vielleicht ein kleiner Imbiss in der Stadt auch reichen würde.“ Später ist noch mal die Rede von einer Großraum-Diskothek, einem PartySchiff, der Stadt Berlin und beteiligten Banken. Man merkt, dass sieben Herzinfarkte nicht von ungefähr kommen. Menschen wie Norbert Witte können Berge versetzen und auch wenn in diesen Bergen Kokain auftaucht oder einer Bank plötzlich Millionen fehlen, selbst wenn so ein Plan Jahre später in einem rostigen Vergnügungspark endet, dann sollte man einen Schritt zurücktreten und sich fragen, ob man selber auch nur annähernd so weit gekommen wäre. Und was gibt es Schöneres als einen schlafenden Vergnügungspark? Mit einem breiten Grinsen erzählt uns Norbert Witte zum Abschied noch eine kleine Geschichte: „Neulich ließ ich mich mit dem Taxi von der Stadt zum Park fahren. Der Taxifahrer meinte während der Fahrt, dass da mal einer den halben Park geklaut hat und damit nach Peru abgehauen ist … Ich meinte dann nur so: ‚Ja und jetzt nehme ich die andere Hälfte mit!‘“




Der Streun er von der Isar Die Vielfalt ihrer Art ist grenzenlos: Gross, klein, einfarbig, bunt, gescheckt , manche sind gepflegt, and ere nicht. Dann gibt es die, die so erhaben sind, so elegan t und klug, Bissige oder Anschmiegsame. Und die mit zu kurzen Beinchen, ungeschic kt und lahm, daf端r unbedarft , mit viel oder wenig Haaren . Es gibt so viele von ihnen.



Aber sehen wir uns einmal dieses Exemplar hier an, wie es gerade über den Asphalt tra bt, seine öhrchen dabei auf und ab fliegen. Am linken Ohrlappen fehlt ein Stück, wahrscheinlich im Kampf abgebi ssen. Sein Schwanz macht am Ende einen Knick, vielleicht ein geklemmt von einer schwer en Tür. Wedeln tut er trotzdem, hin und her, genauso wie seine Zunge, die seitlich aus dem Maul schlackert, raus und rein. Von seinen Augen ist ihm nur eins geblieben - eine sch war ze Klappe verdeckt die Stelle , wo das verlorene einmal war . Das gesunde strahlt dafür für zwei. Pausenlos ist es in Bewegung, springt von ein em Ding zum nächsten, der Hals den Blickwinkeln ständig hinter her. So wie sein Verstand, nur getrieben, nur gelenkt vom scharfen Auge. Und was gibt es nicht all es zu sehen, was passiert nicht alles auf der Strasse?! Hoc h oben auf dem Baum hüpft ein Vögelchen von Ast zu Ast, verschlingt dabei einen Wur m. Gegenüber der Metzger mit seiner blutverschmierten Sch ürz e, wie er flucht und Innereien in die Tonne schmeisst. Und dort drüben, die Dame auf der Bank, so gedankenv erloren in ihre Zeitung, dass sie gar nicht merkt, wie sie ihr schlankes Füsschen wippt und dreht. Und so trabt und streunt unser Exemplar die Strass e entlang, sein Nacken, sein Aug e, immer in Bewegung. Nic hts darf ihm entgehen, nichts darf er verpassen. Kein Blumenbeet im Park, um sich darin zu wälzen, kein Bad in der reissenden Isar läs st er aus. Kein verheissu ngsvoller Mülleimer wird pas siert, ohne sich die Schnau ze an Scherben blutig zu scheue rn. Jede Flasche wird ent korkt - der Inhalt unbekannt in den Rachen gestürzt. In jeden Busch fällt er hinein, sch miegt sich an und kratzt sich auf. Und wie er sich in sti nkenden Pfützen suhlt, so entgeht ihm auch kein düster er Keller, wenn er nur sie ht, dass die Türe offen steht. Nichts darf ihm entgehen, nichts darf er versäumen. Nur um zu streunen, nur um zu wissen, wie es ist.


38. curt war da

AMBER LOUNGE Altwerden hat neben der Verlangsamung der Zellteilung und der damit einhergehenden Zerfledderung des Körpers einen weiteren rein äußerlichen Aspekt: die Mode. Wenn 15-Jährige mit bauchfreiem Top und Hot Pants durch die Stadt ziehen, führt das bei manchen zu Empörung. Wenn es 30-Jährige machen, ist Fremdschämen die angemessene Reaktion. Mode sollte altersgerecht sein und bereits ab 20 Jahren gibt es für Jugendsünden keine Ausreden mehr. Die passende Adresse: die Amber Lounge in der Türkenstraße 51. Der Laden gehört der Designerin Marion Kleinert. Sie zog 2003 aus dem Glockenbach in die Türkenstraße, um den ersten Concept Store in München zu eröffnen. Kleider sind hier das Spezialgebiet, aber es findet sich auch eine große Auswahl an Unterwäsche, Schmuck, Cremes gegen den äußerlichen Verfall, Düfte zum Kampf gegen die Torschlusspanik und für die vielen Hochzeiten der Freunde Abendkleider (maßgeschneidert von Marion Kleinert selbst und unverschämt preiswert). Kurzum: Hier kann sich von oben bis unten neu angekleidet werden. Bemerkenswert ist außerdem das Gespür beim Einkauf: Zahlreiche Marken sind in München zuerst hier erhältlich. Das war beim Schmuck von Arena CPH und David Aubrey oder auch bei den beiden Londoner Labels Lipsy und Yumi der Fall. Außerdem gibts Princess Tam Tam, Paul & Joe Sister und Traffic People. Besonders erfreulich ist auch, dass der Laden lange nicht so teuer ist, wie er von außen scheint und die freundlich ehrliche Beratung von Herzen kommt. Wer mal was anderes tragen möchte außer Sneakers und Röhrenjeans, sollte unbedingt in der Amber Lounge vorbeischauen. AMBER LOUNGE // TÜRKENSTR. 51 // MO–FR 10:30–19:30 UHR, SA 10:30–18:30 UHR


TEXT: Jan paetzold; foto: sebastian stiphout


40. curt war da

DIE NEUE STAMMBAR IM VIERTEL Gärtnerplatz. Mittwoch. 21 Uhr. Eine Traube Menschen unterschiedlichen Alters drängt sich vor der Fensterfront der Corneliusstraße 14. TEXT: MELANIE LEYENDECKER; FOTO: Sie geben sich die Klinke in die Hand, kommen mit Longdrinks, Cocktails und einem Lächeln wieder raus. Es wird gelacht und viel geredet. Man grüßt sich oder beobachtet entspannt von einem der Holzstühle aus die Szenerie. Die Jungs hinter der Bar kennt man. Hände werden geschüttelt, Cocktails gemixt, Lacher wechseln wie Drinks den Ladentisch. „Robinson“, ruft einer laut. „Geile Bar!“ Ja. Robinson hat seine eigene Bar aufgemacht. Der eine oder andere kennt ihn, von hier oder dort. Aber meist aus derselben Perspektive: Er hinter der Bar, du davor. Und wer ihn nicht kennt, wird nicht mehr drumherum kommen, sich mal seinen Feierabenddrink von ihm oder einem der anderen Jungs mixen zu lassen. Dann wird aus einem „Ich schau mal kurz vorbei“ ein langer Abend. Weils Spaß macht, dort zu sein. Weils mal was anderes ist. „Ich wollt schon immer meine eigene Bar haben“, sagt Robinson und grüßt einen Mann mittleren Alters, der gerade vorbeiradelt. Und wie heißt die Bar? Egal … Einmal dort gewesen, gehst du wieder hin. Zu Robinson oder zu André, Jannis, Michi oder Cengiz. Cheers! ROBINSON KUHLMANN NEW YORK BAR // CORNELIUSSTR. 14 // MI 19–3 UHR, DO 19–4 UHR, FR–SA 19–5 UHR

where everybody knows your name



42. curt war da

HANNIBAL Bei diesem Namen denkt man an den Feldherren der Antike oder Anthony Hopkins – und bald bestimmt auch an Simon Hannibal Fischer, Designer des gleichnamigen Männerlabels. EXT: MELANIE LEYENDECKER; FOTO:

Der 29-Jährige sitzt in seinem Atelier im Glockenbach und zeichnet, während wir reden. Ihm gegenüber sitzt Yvonne Perner– Mitgründerin und gute Freundin. Sie kennen sich seit acht Jahren, die beste Basis für eine Zusammenarbeit. Und das Label? Nur für Männer. Gerade Linien, edle Stoffe, puristisch und tragbar. „Mann“ soll sich wohlfühlen und gut gekleidet sein. „Die Männer, die hier rausgehen, tragen ein Lächeln und meistens auch eine Tüte davon. Und sie kommen wieder.“ Das ist das größte Kompliment für Simon, der es liebt, Menschen gut einzukleiden. Das Münchner Männerlabel produziert in Deutschland. Gute, echte Handarbeit mit viel Liebe zum Detail. „Jedes Kleidungsstück hat seine eigene Geschichte. Von der Stoffauswahl bis zum letzten Knopf“, sagt Simon, der privat auch gerne mal die Stadt hinter sich lässt, um in der Natur die Seele baumeln zu lassen. Während er zeichnet, sitzt Yvonne schon wieder telefonierend vor dem PC. „Hannibal ist unser Leben“, sagt der Münchner. Betrittst du ihren Laden in der Holzstraße, siehst du, wie sehr beide ihr Leben lieben. Männeranziehsachen von Sakko über T-Shirts, Shorts und Hemden bis hin zu Mänteln! URBANE ELEGANZ FÜR MÄNNER (FRAUEN DÜRFEN’S AUCH TRAGEN). HANNIBAL // HOLZSTR. 11 // ÖZ: MO–SA 11–19 UHR // WWW.HANNBAL-COLLECTION.COM


curt war da.43

(VON WEGEN RETRO-STYLE -- VINTAGE!)

curt hat die 55-jährige Alexa besucht und ausgehorcht, über das München von vor 30 Jahren …

In seinem neuen Film „Orange“ auch recht viele. Doch die Schauspieler hatten teils gar nichts oder

curt: Alexa, wie war München früher? ALEXA: In meiner Kindheit sah München noch ganz anders aus. Jedes zweite Haus war eine Ruine. In den 70ern, als ich ein Teenie war, galt die Leopoldstraße als Spot. In Schwabing gabs viele Tonstudios, die Stones und viele andere große Bands nahmen ihre Platten hier auf. Die Szene war super, alles war psychedelisch und im Englischen Garten gab es Picknicks mit den Hippies – eine tolle Zeit! curt: Wie bist du zu deinem Laden gekommen? ALEXA: Ich war immer schon eine leidenschaftliche Sammlerin und ging oft auf den Dachauer Flohmarkt. 1982 eröffnete ich im damaligen Wolkenhaus in Schwabing meinen ersten Laden. Den jetzigen habe ich seit 25 Jahren. curt: Wer kauft bei dir ein? ALEXA: Alle zwischen 15 und 75 Jahren – Künstler, Sammler, Undergroundler, … Vor einiger Zeit wollte noch jeder eine schwarze Biker- oder Punkerjacke, die Mod-Mädchen ein originales 60s-Kleidchen und die Teds ein 50s-Shirt. Heute verkaufe ich nicht mehr „Secondhand“, sondern „Vintage“. Seit fünf Jahren habe ich auch einen Fundus in Salzburg mit Kostümverleih. Im Rosenmüller-Film „Wer früher stirbt, ist länger tot“ sind nahezu alle Kostüme von mir.

nur eingefärbte Unterwäsche an. Das war gar nicht so leicht! Der Film ist typisch Rosenmüller – eine Tragikkomödie, in der jeder sein Fett abkriegt. curt: Wie denkst du über die Jugend von heute? ALEXA: Jedes Jahrzehnt hat seine wilden Zeiten. Doch heute scheinen die Partys viel exzessiver abzulaufen. Wenn ich morgens mit dem Hund rausgehe, sind die Straßen oft voller Glasscherben. Die Jugend braucht offenbar mehr Dröhnung. Wir hatten einoder zweimal im Monat ne coole Party z. B. in der Kultfabrik oder gingen auf Konzerte in die Alabamahalle oder Theaterfabrik. Klar, wurden viele Drogen konsumiert, vielleicht sogar zu viele. Aber Glasscherbenwüsten haben wir nicht hinterlassen. curt: Wohin gehst du heute aus? ALEXA: Ins Pimpernel, wenn z. B. DJ Tomahawk und Balu auflegen. Dann gibts nur Vinyl-Scheiben! Manchmal bin ich im Platzhirsch, wenn Gringo von den Freaky Fukin Weirdoz auflegt oder der Felli, der frühere Palme-Chef. Die Palme war ein Kultladen! Eine Punkkneipe mit Kicker, Erdnüssen aufm Tisch und Erdnussschalen aufm Boden. curt: Vermisst du etwas von damals? ALEXA: Nein, mit über 50 hat man ja alles schon mal mitgemacht. Und ganz ehrlich – die Gespräche nach dem dritten Bier sind auch die gleichen wie damals …

UTZSCHNEIDERSTR.10 // ALEXAS.DE

TEXT UND FOTO: ANGELA SANDWEGER

ALEXA’S






48. curt fragt

alter mann gibt gas Mit 52 Jahren hält sich der Buddhist, Philosoph und Chanter mit „Martial-Arts“ fit. Doch auch schönen und schnellen Sportwagen ist er nicht abgeneigt, sammelt und fährt auch mal auf der Rennstrecke. Wie geht das zusammen? In dem Alter? TEXT: ANGELA SANDWEGER; FOTO: PIAS/RT curt: You are not just called Buddhist MC. You are Buddhism! MAXI JAZZ: I chant Nam-Myoho-Renge-Kyo every day. When you chant you put yourself in a position where you get a lot of synchronicity, a lot of good luck, a lot of coincidences – in fact, so many that they can’t be coincidences. You begin to realize that if you concern yourself with the causes that you’re making today, you don’t have to worry about the effects tomorrow. If you don’t worry about tomorrow, then by default you’re happy, or so it seems to me. curt: You actually refer to yourself as a “spiritual choir”! MAXI JAZZ: Right. From the beginning, Faithless has been a vehicle for Buddhist ideas and beliefs – a way for me to pass those on and express them. If you know the rules of the game, Nichiren Daishonin‘s Buddhism outlines all of the laws that exist in the universe. The law of gravity everybody knows about and nobody fucks with it because it will kill you. The law of cause and effect is exactly the same. But people don’t abide by it and when they get karma coming back to lash them, they go: “Oh, life’s a bitch.“ There’s a law – it is how life works. curt: Do you ever get mad? MAXI JAZZ: I get mad as hell, but not for very long any more. If something happens that is annoying, I allow myself to be angry, but I make a choice not to stay angry for more than ten or fifteen minutes. You need to get it out of your system. You just have to adjust to your new situation, whatever it is; you have to accept it. curt: Is it true that you lost your driving licence in the UK? MAXI JAZZ: Yeah, twice. We had been touring for nearly three years and we decided to take a year off – I had just ordered a beautiful two-seater British sports car. I wanted to drive my car all round Europe during spring and summer. Then I got banned for a year but I thought, that’s not going to stop me from driving! Rang up my mate, got my competition licence and went fiesta racing all season for that year. I was addicted! curt: How does Buddhism fit in with your interest in sports cars? MAXI JAZZ: People think if you’re a Buddhist you are supposed to stop eating meat, having sex, cars are bad and material things are terrible. It’s not that at all. There is a balance in life; there’s negative and positive in everything. There’s material and spiritual in all people. Everybody has a soul that is spiritual, but you couldn’t be alive without a body. There aren’t any do’s and don’ts other than that you mustn’t kill people, you mustn’t disrespect people. We don’t believe in God. A lot of people revere God, but don’t have much respect for men, whereas we believe that those qualities that are normally attributed to God actually exist in Mother Nature. Since we are all drops of water in the ocean of Mother Nature, they exist in us, too.

MYSPACE.COM/FAITHLESS


Maxi Jazz (Faithless)




Die Herren mit der kühlen Noblesse in dunklen Anzügen tauchen drei Jahre nach ihrem Album „Our Love To Admire“ wieder auf der Bildfläche auf. Musikalisch immer noch herrlich interpolisch, allerdings mit einem Bandmitglied weniger. Paul Banks, Daniel Kessler und Sam Fogarino müssen in Zukunft ohne Carlos Dengler an Bass und Keyboards auskommen. Er hat zwar das neue Album noch mit aufgenommen, die Band aber im Frühjahr dieses Jahres verlassen. curt sprach mit Schlagzeuger Sam Fogarino über die Umbruchstimmung in der Interpol-Welt. TEXT: MELANIE CASTILLO; FOTO: JELLE WAGENAAR „Currently, I’m preparing to re-enter the world of Interpol“, schreibt Schlagzeuger Sam Fogarino in seinem Blog samfog.com, kurz nachdem das vierte Studioalbum im Kasten ist und die neue Tour 2010 ansteht. Ein knappes Jahr wird die New Yorker Band nun mit ihrer schwermütigen, düster-romantischen Musik wieder die Hallen dieser Erde beschallen. Aber Interpol ohne das schnauzbärtige Genie? „Es war eine rein pragmatische Entscheidung, als Carlos beschloss, andere, neue Wege zu gehen. Wir respektieren das“, erzählt Sam. „Es ist nicht wie normales Arbeiten, du gehst in der Früh außer Haus und kommst abends wieder zu deiner Familie. Man lebt viel mehr in Extremen, entweder bist du jeden Tag zu Hause oder, während der Tour, keinen einzigen. Ich kann verstehen, wenn man das nicht mehr machen mag oder kann.“ Zum Glück dreht sich die Erde ohne Carlos Dengler nicht nur weiter, vielmehr schlagen Interpol mit den neuen Mitgliedern Brandon Curtis (Secret Machine) am Keyboard und David Pajo (Yeah Yeah Yeahs) am Bass einen neuen Weg ein. Und zwar einen guten. „Beim letzten Album hat sich nichts wirklich gut angefühlt. Irgendwas stimmte nicht, sogar die Tour hatte einen faden Beigeschmack. Bei der Aufnahme des neuen Albums hingegen fügten sich alle Puzzleteile wie von selbst. Das Writing, der Sound, der Wechsel zum alten Label Matador, einfach alles.“ Das vierte Studioalbum heißt schlicht und ergreifend „Interpol“. Die Einfachheit des Titels verrät die Reinheit und Überzeugung, mit der sich die alten und neuen Bandmitglieder mit der Band mehr als zuvor identifizieren. „Paul kam während einer Aufnahmepause zu uns und schlug uns den Titel vor. Wir sahen uns an und wussten, das ist er!“ Das Album ist nicht nur so etwas wie das musikalische Vermächtnis von Carlos Dengler, es trägt insbesondere auch die Handschrift von Produzent Alan Moulder (Nine Inch Nails, Smashing Pumpkins), der sicherlich nicht zum letzten Mal bei Interpol mitmischen wird. „Alan weiß, was er macht, er hat unglaubliches Talent und vor allem: Er hat unsere Musik verstanden.“ Als wir das Telefonat mit Sam Fogarino beenden, atmen wir beruhigt auf und freuen uns über so viel Harmonie in der Interpol-Welt. „Der Chef von Matador hat mir gesagt, nachdem er uns jüngst live gesehen hat, ihr seid schlicht und einfach eine verdammt großartige Rockband.“ Den Satz unterschreiben wir gerne. Zum Redaktionsschluss standen bis jetzt die Tourtermine in Berlin am 20. November und Dortmund am 22. November fest. Auf curt.de informieren wir euch natürlich sofort, wenn für München ein Konzert geplant ist. Daumen gedrückt halten! INTERPOL // „INTERPOL“ // VÖ: 03. SEPTEMBER // MYSPACE.COM/INTERPOL




Wenn die klassische Gothic-Frau in zerrissener Strumpfhose und auf Plateauschuhen vor sich her trabt, daneben der London-affine Indieboy seinen Seitenscheitel und die Beinchen in der Röhrenjeans schüttelt und ihnen zu Füßen der stadtbekannte Punk seinen Rausch ausschläft, gibt es eigentlich nur einen Ort in Bayern, an dem wir uns befinden können: im LOSTCLUB. TEXT: Antonie Hänel Das „Sich-Verlieren“ hat in München mittlerweile Tradition. Nachtgestalter Marc Zimmermann fragte sich nach dem intensiven Studium der Münchener Partyszene 2005, warum das ganze Atomic vom dunklen Indie der Achtziger redet, aber man dort nie darauf tanzen kann. Dem gegenüber steht die schwarze Szene, die sich ausschließlich auf die Musik der Vergangenheit beschränkt. Von Bloc Party über She Wants Revenge bis Interpol hört man Joy Division, The Cure und die Chameleons – doch so gut die neuen und alten Bands zusammenpassen, so wenig wollen die entsprechenden Szenen miteinander zu tun haben. Das musste ein Ende haben. Let’s get lost! Das Konzept ging auf, im Prager Frühling formte der wöchentliche LOSTCLUB mit der Zeit etwas ganz Neues: eine Symbiose aus Indie und Gothic. Nach zwei Jahren kontinuierlichen Feierns und ausgewählten Konzerten (Die Perlen, Singapore Sling, Charles De Goal, Monozid u. a.) kam Abwechslung ins Spiel. Der LOSTCLUB wurde zu einer monatlichen Veranstaltung ohne feste Location und ist seitdem ordentlich herumgekommen. So ging es von der Registratur ins Loft, vom Bachbett ins 59:1 und sogar ins ferne Regensburg. Dass sich Münchens Indiekids mal in den Fetisch-Club KittyCat trauen, war sicherlich eines der Highlights, ein weiteres stellte der „Secret Lost“ dar: Mit einer Anrufbeantworteransage und einem Suchvideo im Leichenwagen mussten die Gäste die Location erst mal finden, bevor sie gegen ein Passwort Einlass bekamen. Um der Fangemeinde ihre nötige Dosis zu garantieren und trotzdem spannend zu bleiben, gilt ab September nun ein neues LOSTCLUBMischkonzept: Alle zwei Monate residiert er fest in der Kranhalle, dazwischen erobert er dennoch neues Land. Am 24. September wird also doppelt gefeiert: den fünften LOSTCLUB-Geburtstag und den KickOff der neuen Ära in der Kranhalle. Live spielen die Schweden „The Exploding Boy“. Einzigartige Musik, eine eindrucksvolle Visual- und LightShow und bizarre zwischenmenschliche Erkenntnisse sind garantiert. Und das Ziel ist ja wohl mittlerweile allen klar: „Tanzende Körper verlieren den Verstand“!












66. curt im ausland

Ich war reif. Der Job, die Frauen, das Leben, wer schafft das schon auf die Dauer ohne Kratzer an dem Ding, das man Seele nennt. Ich war reif für nennen wirs Seelenoberfläche polieren. Oder Abenteuer. Oder einfach nur reif für Albanien. Wer nach Albanien fährt, hat schon vor Reisebeginn zu kämpfen: mit Vorurteilen. Erzähl mal deiner Mutter, deinem Partner, deinen Freunden, dass du mit dem Mountainbike durch Albanien fahren willst: „Wo liegt das denn?“ (die Freunde) „Gibts da was zu essen?“ (die Mutter) „Ich bin doch nicht lebensmüde!“ (die Partnerin) Und ich? Also gut, ich gebs zu: Ich wollte mitten in Europa eines der vielleicht letzten Abenteuer erleben. Sehen, was der Mainstream-Tourismus noch nicht überflutet hat. Ein Land sehen, das das Regime von Enver Hoxha über vier Jahrzehnte vom Rest der Welt und von allen Göttern isoliert hatte. Ich erwartete ein Land wie vor unserer Zeit. Schwarzes Loch Albanien. Und ich gebe zu: Manchmal bin ich etwas naiv.

die Nacht mit ganzkörperbehaarten Blutrache-Fetischisten im lokalen Knast. Wie gesagt, manchmal bin ich naiv. Nachdem ich endlos von Mercedes aller Jahrgänge überholt wurde, dämmert mir: Hier ist südeuropäisches Fahren angesagt. Also passe ich mich an, überhole klapprige VW Golf I, klapprige Traktoren und klapprige Pferdefuhrwerk trotz durchgezogener Linie und werde in der nächsten Kurve von einem vier Mann starken Polizeikommando an den Straßenrand gewunken. „Mir dita.“ „Hello.“ „Woher?“ „Dhermania.“ An meinen Schenkeln brennt die eiskalte, gerade geöffnete Dose Birra Tirana. Fuck! Man soll sich an die Verkehrsregeln halten, wenn man schon am Steuer Alkohol trinkt. Das sieht der Polizeibeamte genauso. „Your lights“, sagt er und weist mich in klapprigem Englisch darauf hin, dass in Albanien auch tagsüber das Abblendlicht eingeschaltet sein muss.

Die schlimmsten Vorurteile: die eigenen Die gängigen Vorurteile: alles Banditen Also, auf ins wilde Land der Skipetaren. Nach mürrischen kroatischen, bosnien-herzegowinischen und montenegrinischen Grenzbeamten lächelt mich am Grenzübergang nach Shkoder der albanische Beamte freundlich an. „Robert?“, sagt er mit einem Blick in meinen Pass. „Po“, antworte ich in perfektem Reiseführer-Albanisch, lächle und darf ohne weitere Formalitäten, die halbleere Bierdose locker zwischen meine Beine geklemmt, hinein ins Abenteuer. Ein Vorurteil stimmt: Die Straßen sind katastrophal. Auch deshalb halte ich mich die ersten Kilometer exakt an die 50-km/h-Geschwindigkeitsbegrenzung; außerdem ist hier das korrupte, gesetzlose Albanien. Man weiß ja, ein paar km/h zu schnell und du hast zwei Optionen: entweder du bist deine gesamte Reisekasse als Bakschisch los oder du verbringst

Mein Plan: zum Auftakt mit dem Bike durch die nordalbanischen Berge, in abgelegene Gegenden und gottverlassene Dörfer wie Vermosh, Tamare und Theth, von denen man sagt, dass sie von Bären und Wölfen bevölkert sind und von Kalaschnikow tragenden Hirten und in denen das Gesetz der Blutrache gilt. Albanien-Kenner nennen diese Gegend das „Shangrila Europas“. Klar, dass ich da hin musste. Nach unendlichen schweißtreibenden Kilometern über felsige, ausgewaschene, schottrige Pisten entlang des ungezähmt mäandernden Gebirgsflüsschens Vermosh taumle ich mit letzten Kräften auf den Dorfplatz von Tamare. Albanisches Nirgendwo. Statt Bären und Kalaschnikows ein staubiger, kreisrunder Dorfplatz, auf dem Schweine, Esel und ein paar räudige Hunde herumlungern.


KEINE SPUR VON BUNKERMENTALITÄT: ALBANER SIND WELTOFFEN UND PRAGMATISCH


68. curt im ausland

Ein Café, kein Hotel, nur ein paar Bauernhäuser entlang der Schotterpiste. Vor dem Café eine Handvoll alter Männer. Ich setze mich an den Tisch nebenan, bestelle ein Birra Tirana und schon beginnt die albanische Standardkonversation: Woher ich komme? Ah, Dhermania! Dhermania mir („mir“ bedeutet „gut“ und ist eines der wichtigsten albanischen Wörter). Ob mir Albanien gefällt? Mir, mir, mir. Gestenreich deute ich an, dass ich einen Platz zum Schlafen suche. Die Männer diskutieren und zeigen auf ein gelb gestrichenes Haus oben am Hang: „Mir.“ Vor dem gelben Haus treffe ich den Hausherrn. Ich kann bei ihm übernachten. Wir sitzen in seinem hübschen, gepflegten Garten (während seine Frau frisch gefangene Forellen brät, die sie später mit Salat und Kartoffeln serviert), das Nachbarsehepaar kommt mit frischem, tiefschwarzen albanischen Kaffee und selbst gebranntem Raki vorbei und dann bekomme ich meine erste Einführung in die albanische Sicht der Welt. Das beliebteste aller Vorurteile: alles Schmarotzer Der Herr des Hauses, einst von Hoxhas Schergen zur Zwangsarbeit ins Chrombergwerk von Kruja gesteckt, erzählt seine Version der modernen albanischen Odyssee. Flucht nach Italien (keine Aufenthaltsgenehmigung für Illegale), weiter nach Deutschland (keine Aufenthaltsgenehmigung für Illegale), mithilfe von Freunden Flucht in die USA. Und hier gabs dann Green Card und die amerikanische Tellerwäscher-Karriere. So weit ich es verstanden habe, ist er nicht über den Tellerwäscher hinausgekommen, aber er konnte genug sparen, um für sich und seine Familie dieses hübsche gelbe Haus in Tamare zu bauen. Eine ähnliche Lebensgeschichte erzählt sein Nachbar, heute der hauptamtliche Fotograf des Vermosh-Tals und exzellenter Raki-Brenner. Halunken? Abenteurer? Diese Männer wollen nur eines: die Ruhe und Sicherheit einer bescheidenen Existenz.

Das bestätigte Vorurteil: alles Anarchisten Solche Biografien sind keine Ausnahme unter den gut drei Millionen Albanern. Die in buchstäblich alle Welt geflüchteten Menschen hielten in der Hoxha-Zeit den Kontakt der Albaner in die Welt aufrecht. Sie brachten nach dem Ende des HoxhaRegimes die Welt nach Albanien zurück. Und sie waren der Grund dafür, dass das noch frische Experiment „Demokratie“ 1997 vor dem Abgrund stand. 1985 starb Enver Hoxha, 1991 gab es erste freie Wahlen und die Albaner, daheim und im Ausland, fassten wieder Vertrauen in ihr Land. Und gerade die über 400.000 Auslandsalbaner investierten. Da das Bankensystem noch nicht wieder funktionierte, investierten sie in eine Art private Investorenfonds, insgesamt rund 1,2 Milliarden Dollar – nur dumm, dass die Fonds ein Pyramidensystem waren, das korrupte Politiker, Mafia und Finanzhasardeure geschaffen hatten. 1997 brach das Schneeballsystem zusammen und viele Albaner verloren ihr Vermögen. Die Folge war der Lotterieaufstand. Wütende, enttäuschte Albaner verwüsteten staatliche Einrichtungen, es gab Plünderungen, Anarchie in Albania. Und 13 Jahre später weist der korrekte, freundliche albanische Polizeibeamte den Touristen auf das nicht eingeschaltete Abblendlicht hin ... Endlich, die Deutschen kommen Albanien heute ist ein faszinierendes, sicheres, touristenfreundliches Land voller einzigartiger Kontraste. Und ein Land im Aufbruch. Hier die abgeschiedenen Dörfer Nordalbaniens, mit intakten kleindörflichen Strukturen, archaisch anmutender Landwirtschaft, Eseln als Haupttransportmittel, majestätischen und einsamen Berglandschaften. Und mit zunehmend geschäftstüchtigen Einwohnern im Tourismuswesen.


AUCH EINE ART VON BUNKER: SOZIALISTISCHE WOHNKULTUR


70. curt im ausland

Oder Tirana, Sinnbild für den Aufbruch. Die Hauptstadt ist eine einzige Baustelle: am zentralen Skanderbergplatz ist das Denkmal des albanischen Volkshelden hinter Bauzäunen, Kränen, aufgerissenen Straßen kaum zu sehen. Und drumherum pulsiert das urbane Leben wie in jeder anderen europäischen Metropole. Oder der Ohrid-See im Osten des Landes. Einer der ältesten Seen der Erde und ein magischer Ort, tatsächlich nicht von dieser Welt. Wenn man im Fischerdorf Lin am nordwestlichen Ufer auf einem in den See hinein gebauten Steg sitzt, das aufkommende Gewitter über der mazedonischen Seite den See in melancholische Blauschleier hüllt, Blitze über den Bergen im Dunst zucken und eine warme Brise die Oberfläche des Sees und das Innere der Seele kräuselt .... auch eine Art von Aufbruch. Oder Korca, die vergessene alte Bürger- und Handelsstadt im Südosten. Sitz der Brauerei, die das würzige Birra Korca braut. Hier entstand die erste Volksschule Albaniens, die erste Mädchenschule, hier nahm die albanische Nationalbewegung ihren Anfang, hier verrottet unrenoviert und verkannt ein einzigartiges Juwel: ein osmanischer Basar, der ein ganzes Stadtviertel einnimmt. Der Hotelier am Stadtplatz begrüßt mich herzlich und in bestem Deutsch: „Endlich, die Deutschen kommen!“ Oder Gjirokastra, die uralte Stadt, Geburtsort von Ismael Kadare und Enver Hoxha, und vielleicht die Stadt mit den romantischsten verwinkelten Gassen Europas. Griechenland beansprucht diese Ecke Albaniens seit Langem für sich. Erfolglos, Zeus sei Dank.

auch mit den Betonhotel-Sünden, die man aus den Touristen-Hochburgen der westlicheren Mittelmeeranrainer kennt. Vergleiche mit italienischen oder spanischen Küstenorten sind nicht zufällig. Dass hier demokratisiertes Dolce Vita zum kleinen Preis zu haben ist, haben auch die westeuropäischen Wohnmobil- und Schnäppchen-Reisenden aus Frankreich, Italien, Skandinavien und selbstverständlich Deutschland entdeckt: Sie sind an der Riviera angekommen und mit ihnen der ganz normale Tourismus-Wahnsinn des 21. Jahrhunderts. Auch wahr: altes Europa Albanien ist aber auch so etwas wie ein Freiluftmuseum für europäische Geschichte. Illyrische, griechische, römische, venezianische Kostbarkeiten, christliche und osmanische Einflüsse aus allen Jahrhunderten finden sich hier in einer unbeschreiblichen Dichte und Vielfalt. Und mitten drin immer einer der rund 700.000 unsprengbaren Betonbunker, die Enver Hoxha in seiner Paranoia überall, wirklich überall im Land errichten ließ und die heute als Hühnerstall, Latrine oder auch als Unterkunft für die Ärmsten der Armen dienen. Albaner sind eben Pragmatiker, seit alters her. Ausreise aus Albanien, wieder über Shkoder, der Grenzbeamte kontrolliert meine Papiere. „Robert?“ „Po.“ Es ist der gleiche Beamte wie bei meiner Ankunft vor zwei Wochen.

Leider wahr: neues Europa Und dann gibt es ja auch die albanische Riviera. Eine schier endlose Abfolge von wilden Steilküsten, kleinen abgeschiedenen Buchten, verschlafenen Badeorten, mit der quicklebendigen Miami-BeachSchwester Sarande im Süden und dem hässlichen Torremolinos-Bruder Durres im Norden. Natürlich

„Wie hat dir Albanien gefallen?“ „Mir. Mir. Mir!“ „Dann komm zurück.“ „Po.“ Zwischen meinen Schenkeln brennt die eiskalte, gerade geöffnete Dose Birra Tirana.







.. GUNTER NETZER

76. curt held

Diese Kolumne ist den wahren Stars dieser Welt gewidmet. Helden aus Musik und Sport, Gesellschaft und Politik. Wer hier erwähnt wird, gehört zu den ganz Großen des Geschäfts – zu unseren curt-Helden. TEXT: TIMO SCHLITZ; ILLU: JOHN HOLL Fußball ist des Deutschen liebster Sport. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass ein Fußballer nach seiner aktiven Karriere wirklich alles werden kann. Lichtgestalt (na wer wohl!), Frauenversteher (Matthäus), Kioskbesitzer (Katsche Schwarzenbeck) oder eben eloquenter Experte. Doch dass der einstige Mönchengladbacher Günter Netzer es es wirklich zu einem DER Sportkommentatoren der ARD bringen würde, wäre zu seinen besten Kicker-Zeiten wohl keinem in den Sinn gekommen. Mit 19 Jahren erhielt der Amateur vom Regionalligisten Borussia Mönchengladbach seinen ersten Profivertrag, 1965 stieg die Mannschaft in die 1. Bundesliga auf. 1970 und 71 wurde die Borussia deutscher Meister – auch dank des klassischen Spielmachers Netzer., der allerdings nicht immer den absoluten Willen zum Rackern hatte. Gegenüber dem Fußballmagazin Rund sagte er: „Ich war doch mein ganzes Leben am liebsten faul. Wenn es notwendig ist, kann ich drei Tage und drei Nächte durcharbeiten. Wenn es nicht notwendig ist, lasse ich das aber lieber.“ Lange Haare, schnelle Autos und schöne Frauen waren Netzers Markenzeichen. Netzer war ein echter Kerl. Mit der PlayStation zu daddeln, hätte den Playboy ziemlich gelangweilt. Nachdem er seinen Wechsel zu Real Madrid bekanntgab, gelang ihm ein Paukenschlag: Im DFB-Pokalfinale gegen Köln saß Netzer die ersten 90 Minuten nur auf der Bank. In der Verlängerung wechselte er sich dann selbst ein und schoss das 2:1-Siegtor. Seiner Disko „Lovers Lane“ in gab er den Laufpass und siedelte nach Spanien über. 1977 beendete er seine Karriere und wurde Manager beim HSV. Doch was macht so ein Lebemann in einem TV-Studio? Mit Co-Kommentator Delling gab der plötzlich etwas bieder wirkende Netzer Sätze wie „Fußball ist ein hartes Spiel“ oder „Pseudo-Wissen ist hier nicht gefragt“ von sich. Und frotzelte dabei gerne den schlaksigen Partner an: „Das ist eine kluge Frage von Ihnen, ich bin überrascht.“ Schließlich erhielt das eingespielte Doppel 2000 den Grimme-Preis, 2008 folgte für das „hohe sprachliche Niveau“ der Medienpreis für Sprachkultur. Da passt es ganz gut, dass sich die beiden siezen. Mit WM in Südafrika war dann endlich Schluss. Seine Fans hofften, dass Netzer endlich wieder „Jünter“ werden würde. Ein stimmiges Bild: Günter reißt sich die Krawatte vom Hals, öffnet das Hemd und braust mit wehenden Haaren in seinem Cabrio davon. Hätte er doch nur nicht folgenden Satz zum Besten gegeben: „Über das Bild, das man lange Jahre von mir hatte – Achtundsechziger, lange Haare, Rebell – habe ich immer nur schmunzeln können. Ich war und bin irgendwie ein Spießer.“ Na gut, Jünter. Auch als Spießer lieben wir dich! Dein curt


REIF FÜR CURT? ILLU: BORIS PURMANN



curt impressum .79

DIE SENIOREN DIESER AUSGABE Stefan Neukam. Cheffe. steff@curt.de Melanie Castillo. Gestaltung & leitende Redaktion curt München. mel@curt.de Andreea Hula. Redaktion, Online, Schlussredaktion & alles drumrum. andreea@curt.de Reinhard Lamprecht. Chefredaktion curt Nürnberg. lampe@curt.de REDAKTION: Christoph Brandt christoph@curt.de, Martin Emmerling martin@curt.de, Timo Schlitz timo.schlitz@curt.de, Max Brudi max@curt.de, Jan Voss, Melanie Leyendecker, Florian Kreier, Angela Sandweger, Thomas Karpati, Konni Faßbinder, Jan Paetzold, Sonja Paulus, Erik Brandt-Höge, Konstantina Paschalidou, Jakob Schreier, Antonia Hänel, Petra Ösihasi, Bob Pfaffenzeller. FOTO/ILLUSTRATION/BASTELEI: Tammo Vahlenkamp, John Holl, Stellan „zeegaro“ Gottschalk, Sebastian Hofer, Boris Purmann Mathias Vetterlein, Julia Krusch, Boris Purmann, Petra von Kleis, Christian Achimov. LEKTORAT: Mirjam Karasek, Sonja Paulus DRUCK: Druckerei Mühlbauer

HIER BEKOMMT IHR CURT: City Kino +++ Südstadt +++ Café Kosmos +++ Café am Hochhaus +++ Bergwolf +++ 59:1 +++ Trachtenvogl +++ Substanz +++ Feierwerk Orangehouse +++ Backstage +++ Kopfeck +++ Deutsche POP Akademie ... oder gleich curt für umme abonnieren: E-Mail mit eurer Postanschrift und Betreff „Freiabo“ an ichwillabo@curt.de

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