Swiss Re Jahresbericht

Page 1

Swiss Re 2000 Wertschรถpfung durch Wissen


Inhalt

Einleitung

5

Wissen und Wertschöpfung im Mittelpunkt Interview mit Walter B.Kielholz

6

Swiss Re at Rüschlikon: Zentrum für den globalen Dialog Am 16. November 2000 öffnet Swiss Re at Rüschlikon seine Türen

16

ELRiX: Eine Vision wurde Realität Standardisierte Rückversicherung im Internet

20

Neue Einkaufsstrategie der AXA-Gruppe Platzierung der weltweiten Nichtleben-Rückversicherung

24

Starthilfe für neue Marktteilnehmer Wie gründet man eine Versicherung?

30

Finanzkraft als Massstab Breitere Kapitalbasis für die Lebensassekuranz auf Gegenseitigkeit

34

Beratung für Risikomanagement und strategische Planung Dynamische Bilanzanalyse bei RheinLand Versicherungs AG

38

Bündelung der Risiken senkt Kosten Neue Prinzipien der Unternehmensfinanzierung am Beispiel von UGG

42

Öffentliche Wahrnehmung als Unternehmeraufgabe Interview mit Ulrich Bremi

48

Swiss Re Publishing

54


Einleitung

Swiss Re Die Schweizerische Rückversicherungs-Gesellschaft wurde 1863 in Zürich gegründet. Heute gehört die Swiss Re Gruppe zu den weltweit führenden und finanzstärksten Rückversicherern. Swiss Re ist mit über 70 Stützpunkten in mehr als 30 Ländern präsent und beschäftigt rund 9000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sie bietet ihren Kunden klassische Rückversicherungsdeckungen, alternative Risikotransfer-Instrumente und eine breite Palette zusätzlicher Dienstleistungen für ein umfassendes Kapital- und Risikomanagement. Kunden- und Shareholderorientierung sowie Ökologie sind wesentliche Elemente in der Unternehmensstrategie von Swiss Re. Die Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und den Kunden nimmt Swiss Re wahr, indem sie die Erkenntnisse aus ihrer vielfältigen Forschungs- und Entwicklungstätigkeit weitergibt. Dies geschieht durch Markt- und Schadenanalysen, Publikationen, Mitwirkung im Risikodialog sowie durch das Engagement in Fragen des Umweltund Klimaschutzes. Als Beispiele für die Vielfalt der Kernkompetenzen von Swiss Re werden in dieser Publikation Fallstudien aus verschiedenen Divisionen und Fachbereichen dargestellt. Sie zeigen gleichzeitig anschaulich, wie die weitere Entwicklung von Rückversicherungs- und Finanzprodukten verläuft. Dabei kommt dem E-Business in Zukunft eine stark steigende Bedeutung zu. Gerade vor dem Hintergrund der raschen technologischen Entwicklung bleiben für Swiss Re das Wissen und das Lernen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von zentraler Bedeutung. Allein dadurch kann sich Swiss Re als die Knowlege Company profilieren. Als sichtbares Zeichen dafür wird im November 2000 Rüschlikon als Begegnunsstätte eröffnet, wo über die Zukunft von Swiss Re und der Rückversicherung nachgedacht wird.

5



Wissen und Wertschöpfung im Mittelpunkt

Interview mit Walter B. Kielholz, Chief Executive Officer von Swiss Re Die Fragen stellte Wirtschaftsjournalist Walter Günthardt

Wie lässt sich die Kundenstrategie von Swiss Re umschreiben? Sie ist zunächst sowohl durch Dynamik als auch durch Konstanz gekennzeichnet. Zwar überprüft Swiss Re die strategische Ausrichtung regelmässig und nimmt, wo nötig, auch immer wieder Korrekturen vor. Am Grundsatz – «Risk is Our Business» – hat sich jedoch nichts geändert. Und auch bezüglich der von Swiss Re anvisierten Gruppen – Versicherungsgesellschaften, multinational tätige Konzerne (sogenannte Fortune-500-Gesellschaften) und grosse Vorsorgeeinrichtungen weltweit – hat sich nichts geändert.

Wie wird der Grundsatz «Risk is Our Business» in der Praxis umgesetzt? Swiss Re ist im Wesentlichen in drei Geschäftsfeldern tätig, die zur weltweiten Aktivität eines führenden Rückversicherers gehören: 1. Risikotransfer, d. h. die Übernahme von Versicherungsrisiken gegen Verrechnung einer Prämie; dies bildet das wichtigste Tätigkeitsfeld, und daran dürfte sich nicht so schnell etwas ändern; 2. Risikofinanzierung, d. h. die Beratung und Unterstützung der Kunden mit dem Einsatz verschiedenster Mittel: Finanzrückversicherung, gewisse Formen der Lebensrückversicherung, hybride Formen der Fremdkapitalfinanzierung, Verbriefung von Risiken und Beteiligung an Risikoträgern; 3. Asset Management, d. h. die professionelle Verwaltung der Kapitalanlagen auf eigene wie auch auf Rechnung der Kunden.

Welche Grundsätze sind für Swiss Re massgebend? Um erfolgreich zu sein, wendet Swiss Re vor allem folgende Grundsätze an: • Wir sind Experten im Kapital- und Risikomanagement. • Wir setzen auf Qualität auf der Basis fundierten Wissens. • Wir suchen die Partnerschaft mit den Kunden. • Wir betreiben intensive Forschung zur Risikofrüherkennung. • Wir haben lokale Kompetenz durch globale Präsenz. • Wir übernehmen Verantwortung und gesellschaftliches Engagement.

7


Wissen und Wertschöpfung im Mittelpunkt

Wie lässt sich die finanzielle Zielsetzung von Swiss Re definieren? Wir wollen eine Eigenmittelrendite erreichen, die 10 Prozentpunkte – oder 1000 Basispunkte, wie die Finanztechniker das ausdrücken – über dem Zinssatz der sogenannten risikofreien Anlagen (also zum Beispiel von erstklassigen Staatspapieren) liegt. Da wir wissen, dass das Rückversicherungsgeschäft zyklischer Natur ist, gilt diese finanzielle Zielsetzung im Schnitt über den mehrjährigen sogenannten Underwriting-Zyklus. In den letzten Jahren hat Swiss Re dieses Ziel erreicht.

Welchen Sinn und Zweck hat der Rückkauf eigener Aktien? Wir betreiben ein aktives Management des Eigenkapitals. Zunächst hat Swiss Re schon 1998 die Kapitalstruktur durch die Emission von Hybrid-Kapital weiter optimiert; bei Hybrid-Kapital handelt es sich um nachrangige Fremdverschuldung, die aber gewisse Charakteristiken von Eigenkapital aufweist. Zusammen mit dem ersten, ebenfalls 1998 abgeschlossenen Aktienrückkaufprogramm unterstreicht die Emission von Hybrid-Kapital die Bestrebungen von Swiss Re zur effizienten Nutzung des Eigenkapitals. Aktienrückkaufprogramme und Dividendenzahlungen erlauben die Rückzahlung von Kapital an die Aktionäre. Der Einsatz beider Instrumente ermöglicht also Swiss Re die optimale Nutzung der Eigenkapitalbasis mit hoher Anpassungsfähigkeit trotz langfristiger Ausrichtung.

Welche Trends zeichnen sich am globalen Rückversicherungsmarkt ab? Im Nicht-Lebenbereich dürfte es aufgrund der weltweiten Grossschadenentwicklung wieder zu einer Verhärtung der Konditionen, d. h. tendenziell zu Prämienerhöhungen kommen, welche die technische Rechnung der Rückversicherer nur verbessern können. Im Bereich Life & Health ist – schon aufgrund der demographischen Engpässe vieler staatlicher Umlageversicherungen – mit einem anhaltenden Wachstum zu rechnen, das zu immer komplexeren Transaktionen führen könnte. Dies bedeutet für die Rückversicherer, dass sie ihre Produktpalette laufend erweitern müssen, wobei der Angebotsschwerpunkt eindeutig auf der Vielfalt der Finanzdienstleistungen liegen wird. Hinzu kommt als wichtiger Faktor die Zinsentwicklung, die – nach vielen Jahren – wieder aufwärts zeigt und deshalb allmählich zu einer spürbaren Verbesserung der Rendite des Bond-Portfolios mit entsprechend positiven Auswirkungen auf die finanzielle Erfolgsrechnung von Swiss Re führen sollte.

8


«Letztlich geht es auch beim E-Business um den Aufbau einer Partnerschaft zwischen Kunden und Rückversicherer, die nur auf Transparenz und Vertrauen beruhen kann.»

Was bedeuten diese Trends für die weltweite Rückversicherungsstruktur? Der weltweite Rückversicherungsmarkt ist nach wie vor zu stark fragmentiert, obwohl die vier Global Players, bei welchen Swiss Re im Nicht-Lebenbereich an zweiter Stelle steht und bei Life & Health die Spitzenposition einnimmt, zusammen einen Marktanteil von über 30 Prozent auf sich vereinigen. Die Anzahl der übrigen Anbieter mit relativ kleinem Prämienvolumen und auch beschränkten Diversifikationsmöglichkeiten bleibt indessen so gross, dass auf dieser Ebene mit weiteren Fusionen und Übernahmen zu rechnen ist. Deshalb wird Swiss Re ihre drei Kernbereiche – Nicht-Leben, Life & Health und Finanzdienstleistungen – konsequent ausbauen und dabei auch klare Strategien verfolgen müssen. Mit der letzten Akquisition in Life & Health hat Swiss Re im wichtigen Markt der USA das kritische Prämienvolumen wieder erreicht.

Wie wichtig sind dabei die verschiedenen Vertriebskanäle? Das ist aus zwei Gründen die absolut zentrale Zukunftsfrage. Zum einen ist das ganze Versicherungssystem weltweit schlicht und einfach zu teuer. Namentlich im Nicht-Lebenbereich machen heute die sogenannten Friktionskosten im internationalen Durchschnitt immer noch 40 bis 50 Prozent des Prämienvolumens aus. Eine solche Marge, die letztlich aus der Periode der national kartellisierten Direktversicherungsmärkte stammt, kann im Zeitalter der immer wichtiger werdenden elektronischen Information nicht mehr lange Bestand haben. Die Rolle von Agenten, Vermittlern und Brokern, die selbst keine Risiken übernehmen (können), wird deshalb gründlich überprüft werden müssen. Zum anderen bringt die On-Line-Informatik auch enorme Kosteneinsparungen in allen administrativen Bereichen.

Was bedeutet E-Business in der Praxis? Im Internet erhält jeder potentiell interessierte Kunde zunächst geschäftliche Informationen, die früher häufig von Vermittlern zur Verfügung gestellt wurden, nämlich wo und wie kann ich was und zu welchem Basispreis finden. Früher konnten die Vermittler im Dickicht der nationalen Regulierungen an der Beschaffung dieser Informationen verdienen, heute stehen auch in der Versicherungswirtschaft immer mehr Informationen über einen Internet-Navigator, ähnlich wie in vielen anderen Bereichen, jederzeit gratis zur Verfügung. Dieser Ansatz ist derart wichtig, dass er in der vielseitigen Gesamtstrategie – neben anderen Vertriebskanälen — von Swiss Re konsequent berücksichtigt werden muss.

9


Wissen und Wertschöpfung im Mittelpunkt

Wie steht es beim E-Business mit dem Datenschutz? Der Zugang zu den verfügbaren Informationen kann auf verschiedenen Ebenen und durch verschiedene Mittel schrittweise kontrolliert und eingeschränkt werden. Dies beginnt – sobald es über Basisinformationen hinausgeht – mit Passwörtern und geht so weit, dass die ernsthaft interessierten Kunden als Gesprächspartner im Spiel von Angebot und Nachfrage ihre Glaub- und Kreditwürdigkeit, beispielsweise ihr Rating, dokumentieren müssen. Letztlich geht es auch beim E-Business um den Aufbau einer Partnerschaft zwischen Kunden und Rückversicherer, die nur auf Transparenz und Vertrauen beruhen kann. Das Wesentliche ist, dass damit die Friktionskosten beim direkten Informationsaustausch im Interesse beider Partner massiv reduziert werden können.

Ist damit eine veränderte Einstellung zum Informationsfluss verbunden? Das ist genau der springende Punkt. Wir müssen zunächst lernen, mit der Fülle der eigenen Daten noch effizienter als bisher umzugehen. Weder einzelne Mitarbeiter noch irgendeine Arbeitsgruppe von Swiss Re sollten von der Idee ausgehen, bestimmte Informationen oder Daten gehörten nur ihnen. Dieses Wissen ist einer der wertvollsten Aktivposten von Swiss Re, der nicht durch eine längst überholte sektorale Geheimniskrämerei limitiert werden darf. Die schon weit gediehene Vereinheitlichung der immer wichtiger werdenden InformationsTechnologie (IT) des Konzerns muss deshalb das höchstmögliche Niveau erreichen, um alle relevanten Daten den zuständigen Stellen noch schneller und vollständiger verfügbar zu machen. Zugleich muss die Komplexität in der systematischen Auswertung von Daten weiter reduziert werden, was an die zentralisierte Konzern-Division IT extrem hohe Anforderungen stellt.

Wie beeinflusst die Informations-Technologie das Produkteangebot? Gerade das E-Business kommt zu einem massgebenden Teil aus den vielen Evaluations- und Angebotsmöglichkeiten, welche die IT-Division laufend entwickelt hat. Zugleich ist abzusehen, dass IT die Liquidität – d. h. den Zeithorizont – der Rückversicherungsprodukte stark beeinflussen wird. Bisher waren Versicherungsverträge mit einer kürzeren Lauffrist als einem Jahr grundsätzlich nicht handelbar; es darf aber davon ausgegangen werden, dass IT dazu beitragen wird, aufgrund der Kontinuierlichkeit und der Beschleunigung des Informationsflusses einwandfreie Formen für kürzerfristige Verträge auszuarbeiten, welche die Flexibilität des Rückversicherungsangebots deutlich erhöhen können. Direktversicherer, die eine bestimmte Deckung im Jahresablauf nicht mehr brauchen, werden also in der Lage sein, praktisch jederzeit ihre Verträge zu klar kalkulierbaren Kosten laufend zurückzukaufen.

10


Welche Folgen hat die erhöhte Angebotsflexibilität des Rückversicherers? Im verstärkten Wettbewerb werden diese Rückversicherungsverträge, deren Bewertung für beide Partner jederzeit nachvollziehbar ist, zweifellos an Attraktivität gewinnen. Die damit verbundene Produktivitätserhöhung, die auch in sinkenden Rückversicherungskosten zum Ausdruck kommt, dürfte im Endeffekt für Swiss Re nicht weniger, sondern mehr Geschäftstätigkeit mit sich bringen. Darüber hinaus kann die Rückversicherung durch diese Angebotsflexibilität ihren Kunden eine immer breiter und differenzierter werdende Produktepalette zur Verfügung stellen, welche die Direktversicherer unmittelbar ihren Kunden weiterleiten können. Die Rückversicherer hatten zwar schon zur Zeit der regulierten Märkte eine gewisse Vorreiterfunktion in Bezug auf die Gestaltung von Versicherungsdienstleistungen; diese Funktion spielte aber bis vor rund einem Jahrzehnt eher auf Verbandsebene eine Rolle, während seit der Deregulierung die Individualisierung immer stärker in den Vordergrund rückt.

Wo liegt dann die Schnittstelle zwischen Direkt- und Rückversicherer? Diese Schnittstelle hat sich zweifellos mit der zunehmenden Globalisierung und den enormen Fortschritten in der Informations-Technologie spürbar zugunsten der führenden Rückversicherer verschoben. Dank ihrer geographischen und spartenmässigen Diversifikation verfügt Swiss Re weltweit über statistische Daten und qualifizierte Informationen, die weit über die vergleichbaren Möglichkeiten vieler international tätiger Direktversicherungskonzerne hinausgehen. So hat sich erst kürzlich die bedeutendste Versicherungsgruppe Frankreichs dazu entschlossen, ihre Rückversicherungsdeckungen nicht mehr auf Länderebene abzuschliessen, sondern als zentralisiertes Gesamtpaket ausgewählten Rückversicherungen, darunter Swiss Re, zu übertragen. Damit kann sie mit weniger Prämien eine umfangreichere Rückversicherungsdeckung erreichen, womit ihr direktes Expansionspotenzial in jedem einzelnen Tätigkeitsgebiet erheblich erweitert worden ist.

11


Wissen und Wertschöpfung im Mittelpunkt

«An erster Stelle der Wertschöpfungskette, die vom Rückversicherungsangebot ausgeht, steht immer noch die Diversifikation des Risikoportefeuilles; und in dieser Beziehung ist Swiss Re sowohl geographisch als auch spartenmässig weltweit führend.» Hat sich also die Arbeitsteilung in der Versicherungswirtschaft verstärkt? Die Polarisierung zwischen Standardisierung und Spezialisierung hat ohne Zweifel zugenommen. Auf der einen Seite stehen auch in der Assekuranz relativ einfache Massenprodukte, die wie eine «Commodity» gehandelt werden, und dieses Baukastensystem dürfte durch das E-Business zusätzlichen Auftrieb erhalten. Auf der anderen Seite stehen massgeschneiderte Lösungen, also komplexe und arbeitsintensive Einzelanfertigungen, die nur von qualifizierten Teams von kompetenten Fachleuten bewältigt werden können; und auf dieser Stufe haben in der Rückversicherung nur wenige Global Players die Fähigkeiten, für anspruchsvolle Grosskunden diese Dienstleistung zu erbringen.

Welche Grundelemente der Rückversicherung gelten also nach wie vor? An erster Stelle der Wertschöpfungskette, die vom Rückversicherungsangebot ausgeht, steht immer noch die Diversifikation des Risikoportefeuilles; und in dieser Beziehung ist Swiss Re sowohl geographisch als auch spartenmässig weltweit führend. Für einen Direktversicherer, der beispielsweise nur in einem einzelnen Markt tätig ist, zahlt es sich also aus, seine Rückversicherung bei Swiss Re abzuschliessen, weil er damit unmittelbar an dieser globalen Risikodiversifikation teilhaben kann; er ist damit in der Lage, sich bei dieser Risikostreuung, die übrigens der klassischen Portfolio-Theorie entspricht, sozusagen partiell einzukaufen. Die zweite Wertschöpfungskomponente in der Rückversicherung liegt sicher in der Beratungstätigkeit und im technischen Knowhow, und diese Kombination hängt eng mit dem Wissen und dem hohen Erfahrungswert zusammen, den sich Swiss Re über die Jahrzehnte erfolgreicher Tätigkeit erworben hat. Mit der modernsten Informations-Technologie ist dabei der modellartige Rückgriff auf historische Reihen von Schadenentwicklungen möglich, der ganz konkret dem Kunden in Form von Produkte- und Preisgestaltung weitergegeben werden kann. Und die dritte Wertschöpfungskomponente ist ein erfolgreiches Asset Management, bei welchem es letztlich um die Optimierung des «Time Value of Money» geht. Die kreative Kombination dieser Grundelemente der Rückversicherung ergibt im Endeffekt das, was sich als die eigentliche «Value Proposition» von Swiss Re umschreiben liesse.

12


Welches sind wichtige Erfolgselemente für Swiss Re? Das wichtigste Einzelelement für den Wettbewerbsvorsprung von Swiss Re ist in einem Wort zusammenzufassen: Wissen. Natürlich gehören Wissen und Wertschöpfung – in dieser Reihenfolge – für einen Rückversicherer eng zusammen; eine geographische und spartenmässige Diversifikation lässt sich indessen nachahmen, und auch das Risiko- und Kapitalmanagement können zu einem sehr hohen Grade erlernt werden. Zudem hat es zurzeit eher zu viel als zu wenig Kapital, das ertragreiche Investitionsmöglichkeiten sucht; Kapitalkraft allein genügt also ebenfalls nicht, um in der Konkurrenz der Global Players an vorderster Front erfolgreich zu bestehen. Mit dem kumulierten Wissen ihrer Fachleute, dessen Pflege seit Jahrzehnten zur Tradition des Hauses gehört, verfügt dagegen Swiss Re über eine Plattform, die weltweit ihresgleichen sucht. Dieses institutionalisierte Know-how, diese Kombination von multidisziplinärem Wissen, das Swiss Re zu einer klassischen Knowledge Company macht, ist eben nicht so einfach zu replizieren. Dies ist die eigentliche Eintrittsschwelle, wo Swiss Re – im wörtlichen Sinne – einen Schritt voraus steht und bewusst das Ziel anstrebt, die erreichte Position weiter zu konsolidieren und auszubauen.

Wo ist in diesem Zusammenhang «Rüschlikon» zu positionieren? «Rüschlikon» soll das Symbol von Swiss Re als Knowledge Company werden. Es ist jedenfalls der bisher weitestgehende Versuch, der eher abstrakten Vorstellung des kumulierten Wissens einen konkreten Rahmen zu geben, wo – entfernt vom Tagesgeschehen, aber nicht weit vom Hauptsitz in Zürich weg – Denken und Überdenken angesagt sind. Man könnte vielleicht von einem Campus sprechen, wo der Wissensaustausch – im breitesten Sinne und ohne mentale Fakultätsgrenzen – im Mittelpunkt stehen soll. Aus dieser Perspektive ist es auch nicht negativ, sondern kreativ, dass die hohen Erwartungen, die von verschiedenen Seiten gegenüber «Rüschlikon» gehegt werden, zum Teil erheblich voneinander abweichen. Persönlich verspreche ich mir deshalb viel vom genius loci, von der einmaligen Atmosphäre, die schon von der geographischen Lage und der Grosszügigkeit der Anlage ausgehen sollte. Dieser Geist ist auch eine neue Herausforderung, welcher sich Swiss Re gerne stellen wird.

13


Wissen und Wertschöpfung im Mittelpunkt

Wie wird das Know-how der Knowledge Company in der Praxis umgesetzt? Auf den einfachsten Nenner gebracht: durch interdisziplinäre Teams, welchen über die Informations-Technologie ein enormes Netzwerk von lokalen und globalen Daten sowie immer wieder aktualisierte Simulations- und Evaluationsmodelle aus allen Wissensbereichen zur Verfügung stehen. Die Grösse und Zusammensetzung dieser Teams, die aufgrund der heutigen Kommunikationssysteme auch dezentralisiert arbeiten können, variiert stark von der Komplexität und vom Umfang der sich stellenden Aufgabe, sodass sich das Vorgehen in der Praxis am besten an einigen konkreten Beispielen illustrieren lässt. Die im Folgenden gewählten Fallstudien stammen bewusst aus dem Tätigkeitsbereich verschiedener Divisionen von Swiss Re, um zu zeigen, mit wie vielen Varianten die Kernkompetenzen des Konzerns zum Tragen kommen können.

In welchem Verhältnis steht die Kundenberatung zum Kapitaleinsatz? Swiss Re möchte sich auf keinen Fall nur noch auf reine Beratungsfunktionen beschränken. Es bleibt eine wichtige Aufgabe des Rückversicherers, durch seinen Kapitaleinsatz Mehrwert für den Kunden zu schaffen, und Swiss Re möchte diese Verantwortung – natürlich zusammen mit der nötigen Analyse und Beratung – auch stets übernehmen. Wie zwei der gewählten Fallstudien zeigen, gehören nämlich die Neuorientierung einer Firma und deren Kapitalstruktur eng zusammen. Das gilt vorab in der Lebensassekuranz sowohl bei der Starthilfe für neue Marktteilnehmer als auch bei der Umwandlung von Genossenschaften in Aktiengesellschaften; in der entscheidenden Anfangsphase kann also der Rückversicherer mit seiner Finanzkraft die Eigenmittelbasis der Erstversicherer zu geringeren Kosten als andere externe Quellen entscheidend verstärken.

14


Wie ist das Entwicklungspotenzial von sogenannten Trigger-Kombinationen? Mit der Bindung der Risikodeckung an verschiedene Indizes oder Faktoren, die möglichst wenig miteinander korrelieren, können die Versicherungskosten weiter gesenkt und/oder das Risikobewältigungspotenzial erhöht werden. Es geht im Prinzip um die Berücksichtigung von Murphy’s Law, damit nicht alles, was schief gehen kann, auch noch gleichzeitig und weltweit stattfindet. Im Rahmen einer ganzheitlichen Risikobetrachtung dürften diese Trigger-Effekte vor allem in Spezialbereichen vermehrt verwendet werden. Daneben gibt es keine Form von Rückversicherung, die Swiss Re in ihren IT-unterstützten Evaluationen nicht berücksichtigt. Das Anwendungsspektrum ist allerdings in den letzten Jahren immer breiter geworden, wobei der anfänglich etwas nebulöse Mythos im Bereich von Alternative Risk Transfer (ART) von einer sachlichen Betrachtung abgelöst worden ist. Dieser Ansatz kommt in einer unserer neuesten Publikationen, die unter dem für sich selbst sprechenden Titel «Integrating Corporate Risk Management» erschienen ist, ausführlich zum Ausdruck.

Wo steht also die Rückversicherung heute? Selbst unter Berücksichtigung aller Innovationsmöglichkeiten und der laufenden Verbesserung der Informations-Technologie bleibt das Prinzip, dass jede individuelle Transaktion so strukturiert sein soll, dass Kunde und Rückversicherung davon profitieren, dass also eine klassische «Win-Win»-Situation zustande kommt. Insofern hat sich am Grundprinzip der «Value Proposition» von Swiss Re überhaupt nichts geändert. Das gilt auch für den standardisierten Bereich, wo letztlich der Preis dafür entscheidend sein dürfte, ob sich ebenfalls eine «Win-Win»Situation erreichen lässt.

«E-Business schafft eine neue Dimension, indem es die vertikale Organisation der Märkte durcheinanderbringt; das vom Rückversicherer gestaltete Dienstleistungsprodukt kann letztlich unverändert bis zum Konsumenten vordringen.»

15



Swiss Re at Rüschlikon: Zentrum für den globalen Dialog Am 16. November 2000 öffnet Swiss Re at Rüschlikon seine Türen

Walter B. Kielholz und die Geschäftsleitung von Swiss Re sind entschlossen, diesen einzigartigen Ort, nur zehn Minuten von Zürich entfernt, zu einem Zentrum für den globalen Dialog zu machen. Er soll seine Wirkung weit über die Grenzen der Swiss Re Gruppe hinaus entfalten. Sie sind überzeugt: «Rüschlikon wird unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Divisionen miteinander sowie mit Kunden, Partnern und Meinungsführern verbinden.» Swiss Re at Rüschlikon erhält über Intraund Extranet eine starke virtuelle Dimension.

Swiss Re at Rüschlikon ist ein inspirierender Ort. Die hochmoderne Infrastruktur bildet sowohl den Rahmen für kleine Workshops als auch für Veranstaltungen mit bis zu 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Der Seminarkomplex verfügt über fünf Konferenzräume, ein offenes Forum und eine Cafeteria. 50 Gästezimmer bieten Platz zur Entspannung. Dank Breitbandanschlüssen für erweiterten Datenaustausch sind sie auch ideal für die Arbeit ausgestattet. In der benachbarten Villa befinden sich kleinere Konferenzräume, Videokonferenzanlagen, Gästesuiten und ein Restaurant mit Blick über den Zürichsee. Am 16. November 2000 begeben sich Swiss Re und ihre Gäste in aller Welt auf eine Entdeckungsreise in die Welt des Wissens. Nicht nur vor Ort, sondern auch virtuell.

Fritz Gutbrodt Head of Rüschlikon

Yvonne Neville Faculty Relations Manager, Faculty Network

Menschen begegnen, Ideen austauschen In Rüschlikon werden Hochschulabsolventen Gelegenheit haben, Mitglieder der Geschäftsleitung kennenzulernen, IT-Fachleute werden mit Client Managern diskutieren, und Kunden werden Ideen mit Mitgliedern der internationalen Fakultät austauschen. Rüschlikon wird zur eigenen Herausforderung dienen: In Rüschlikon sollen Unternehmensstrategien entwickelt und die Kommunikation zwischen den Divisionen gefördert werden. Wissen ist wohl das einzige Gut, das sich vermehrt, wenn man es mit anderen teilt. Deshalb baut Swiss Re dieses Zentrum. Rüschlikon soll den Wissenstransfer zwischen Swiss Re und seinen Partnern sowie Fachleuten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik, Kultur und Medien verstärken. Swiss Re wird hier Veranstaltungen eigens für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchführen, sie mit Kunden und Partnern zusammenbringen, Gespräche organisieren und grössere Gruppen ausgewählter Gäste zu Konferenzen über aktuelle Themen einladen – mit einer starken virtuellen Dimension: Wer nicht persönlich in Rüschlikon anwesend ist, kann sich von irgendwo auf der Welt zuschalten und so an den Angeboten und Ergebnissen partizipieren. Das Hauptziel ist der Kundennutzen Rüschlikon bietet mehr als inspirierende Räume in traumhafter Umgebung. Walter Anderau, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter der Division Communications and Human Resources, erläutert: «Wir bauen in Rüschlikon, um die Wertschöpfungsketten der Divisionen an diesem Ort zu verbinden – zum Nutzen unserer Kunden, unserer Teams und aller anderen Beteiligten. In Rüschlikon wollen wir die Voraussetzungen für den zukünftigen Geschäftserfolg schaffen.» Rüschlikon wird den Austausch von Wissen, die Suche nach Innovationen und die Umsetzung von Lösungen beschleunigen. Es wird ein Katalysator sein,

17


Swiss Re at Rüschlikon: Zentrum für den globalen Dialog

Annemarie Wegmüller Training & Process Manager, Corporate Learning Stefan Bolli Training & Process Manager, Corporate Learning

Peter Hoppler Marketing

Monika Dahinden IGP Manager, Corporate Learning

der dazu beiträgt, die Unternehmenskultur weiterzuentwickeln, die besten Risikound Finanzlösungen zu finden und neue Möglichkeiten der Kooperation mit Kunden, Partnern und Behörden zu erkunden. Eine Plattform für das Wissen von Swiss Re Swiss Re nimmt im Risiko- und Finanzmanagement eine weltweite Führungsposition ein. Diese Position konnte Swiss Re erreichen, weil in den Bereichen Risiko und Finanz wie auch in vielen verwandten Bereichen von den Naturwissenschaften bis zu sozialen Themen ein Wissensvorsprung erarbeitet wurde. Dieses Know-how ist bereits jetzt in Expertenteams oder Wissensnetzwerken konzentriert, die durch eine globale Infrastruktur unterstützt werden. Rüschlikon wird eine ideale Plattform bilden, um die Experten mit ihren Kollegen aus den verschiedenen Teams und Netzwerken und mit Kunden zusammenzubringen. Rüschlikon gewährleistet, dass die ganze Gruppe und ihre Kunden vom Wissenstransfer und Gedankenaustausch in Rüschlikon profitieren. Erste Initiativen in diese Richtung wurden bereits lanciert. Das Projekt «k.portal» zum Aufbau eines Enterprise Knowledge Portal beruht auf einer gemeinsamen Initiative von «Knowledge and Information Management» und dem «Groupware Office». Ziel war, die Verwaltung der Vielzahl verschiedener Wissensressourcen von Datenbanken bis zu Expertenverzeichnissen zu vereinfachen. Das Portal ermöglicht den Zugriff auf alle Informationsquellen, und eine Suchmaschine erleichtert das gezielte Auffinden der Daten. «k.portal» wird nicht nur Zugang zu weltweiten Wissensressourcen bieten, sondern den Benutzern auch ermöglichen, ihre eigene Homepage einzurichten, die genau auf die eigenen Informationsbedürfnisse zugeschnitten ist. Die erste Version von «k.portal» wird im Sommer 2000 eingeführt. Swiss Re at Rüschlikon wird zudem auch Absender für die geschäftsrelevante Kommunikation. Dank modernster Technik kann aus Rüschlikon heraus gesendet und übertragen werden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Partner und Kunden haben über das Intra- und Internet Zugang zu den Ergebnissen, welche in Rüschlikon erreicht werden. Partner sind zur Mitwirkung eingeladen In einer globalen Wirtschaft verschwinden die Grenzen zunehmend. Je stärker die Integration ist, desto reibungsloser funktioniert die Zusammenarbeit. Swiss Re hat mit erfahrenen Kunden und Fachkräften weltweit zu tun. Sie sind unsere Partner, wenn es um die Früherkennung von Risiken und die Entwicklung innovativer Produkte geht. Wenn das gemeinsame Wissen zusammengelegt wird, entsteht ein enormes geistiges Potential – das auch nötig ist, um künftige Herausforderungen im Risiko- und Finanzbereich zu meistern. Swiss Re at Rüschlikon, «k.portal» und alle anderen Initiativen, die Swiss Re zu einer wahren Knowledge Company machen, werden über die eigenen Grenzen hinaus wirken. Swiss Re lädt alle Partner zum Gedankenaustausch ein, um neue Lösungen zu erkunden und zu verwirklichen.

18


Beatrice Ruh Training Coordinator, Corporate Learning

Niels-Viggo Haueter Media Network

Antoine Kissenpfennig Corporate Learning

Swiss Re at Rüschlikon: Was könnte 2001 geschehen? Welche Nachrichten könnten von hier kommen?

Werner Wicki Operations

Ein Blick in die Zukunft Swiss Re at Rüschlikon: Wie könnte das Programm auszugsweise für 2001 aussehen? Winter 2001 Livesendung auf CNN aus Rüschlikon: Fachleute für die globale Naturkatastrophen-Rückversicherung analysieren die Folgen eines schweren Hurrikans im Golf von Mexiko. Die Aussagen werden im hauseigenen Studio in Rüschlikon aufgezeichnet und weltweit an alle grossen Nachrichtenkanäle weitergeleitet. Frühling 2001 Walter Kümmerle war der Hauptredner für Swiss Re bei der Konferenz «Risikowahrnehmung und Risikomanagement» in Rüschlikon. Der Professor an der Harvard Business School ist Mitglied des Faculty Network, einer vertieften Zusammenarbeit von Swiss Re mit Universitäten. Er hält seine Rede vor 300 geladenen Gästen. In Workshops erörterten Manager, Kunden und Partner von Swiss Re sowie Vertreter der Aufsichtsbehörden gemeinsame Massnahmen zur Verbesserung des Risikotransfers. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schalten sich von ihrem Computer virtuell zu und verfolgen das Referat. Frühsommer 2001 Zu einem divisionsübergreifenden Treffen bei Swiss Re at Rüschlikon kommen Client-Manager aus Osteuropa, Asien und Lateinamerika zusammen. In einem dreitägigen Workshop tauschten sie ihre Erfahrungen aus der Vermarktung von Finanz- und Risikolösungen für kleine und mittlere Unternehmen in deregulierten Märkten aus. Mit Unterstützung ausgewählter Kunden, die für den letzten Tag der Veranstaltung eingeladen wurden, planten sie neue Wege zur Bedarfsermittlung und zur Vermittlung von Dienstleistungen. Interessierte können im Vorfeld Fragen zur Behandlung einreichen, um so Antworten zu sie betreffenden Themen zu erhalten. Herbst 2001 Nach einem grossen Schadenereignis versucht die Versicherungsbranche, möglichst zügig wieder zum Geschäftsalltag zurückzukehren. Swiss Re bietet ihren Kunden schnelle Hilfe mit einer umfassenden Palette von Online-Dienstleistungen und -Support. Die Kunden haben über «k.portal», ein Portal mit speziell für sie eingerichteten Webseiten, direkten Zugang zu den Informationsressourcen von Swiss Re. Informationen über Portefeuilles, Schadenschätzungen und Hintergrunddokumentation werden sofort abrufbar. Mit Hilfe des Portals können die Kunden direkt an die jeweiligen Expertennetzwerke zur Schadenbearbeitung weitergeleitet werden. Dank diesem Verfahren und dem Einsatz von EchtzeitKommunikationssystemen können die Experten umgehend Hilfe leisten und den Überblick über die lokalen und globalen Aspekte des Ereignisses behalten. Ausserdem helfen die Netzwerke bei der Auswahl unabhängiger Fachleute. Das Kundenportal hat sich wieder einmal als effizientes Mittel zur Bündelung von Wissen, aber auch als Bindeglied zwischen Kunden, Divisionen, Spezialisten und unabhängigen Experten verschiedener Fachgebiete bewährt.

19



ELRiX: Eine Vision wurde Realität Standardisierte Rückversicherung im Internet

Am 18. November 1999 wurde die Vision Realität: Swiss Re war mit der Lancierung von ELRiX in das E-Business eingestiegen. ELRiX steht für Electronic Risk Exchange und ist der erste Versuch eines Rückversicherers, via Internet standardisierte Produkte zu handeln. Das ist allerdings erst der Anfang: Der gewonnene Elan soll genutzt werden, um die führende Rolle von Swiss Re im elektronischen Markt zu behalten und auszubauen.

Donnerstag, 18. November 1999, 8.55 Uhr: Aufmerksam sitzt in Zürich ein kleines Team vor den Computern. In London laufen die letzten Vorbereitungen für die Medienkonferenz. Nur noch fünf Minuten bis zur Lancierung von ELRiX. Wird die Vision auch Realität? Gelingt es Swiss Re als erstem Rückversicherer, Deckungen über das Internet anzubieten? In wenigen Augenblicken wird sich zeigen, ob sechs Monate intensiver Arbeit von Erfolg gekrönt sein werden. Ein strategisches Ziel weist die Richtung Die Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen und Technologien in der Finanzwelt ist rasant. Vor allem im Bankenbereich wurden bereits verschiedene E-Business-Initiativen erfolgreich im Markt umgesetzt. Im Versicherungsbereich arbeiten zurzeit viele Erstversicherer intensiv an der Entwicklung von OnlineProdukten. Es war deshalb nur eine Frage der Zeit, bis auch die Rückversicherung von dieser Entwicklung erfasst werden sollte. Deshalb verabschiedete die Swiss Re-Geschäftsleitung im März 1999 eine Strategie, welche der unbestrittenen Bedeutung des Internets Rechnung trug. Eine der Zielsetzungen lautete: «Erlangen der Marktführerschaft im hocheffizienten Transfer von standardisierten Risiken». Wie sollte dieses Ziel erreicht werden? Ein kleines Team machte sich an die Arbeit. Den Ausgangspunkt bildete die Hypothese, dass in Zukunft Risiken auf einem elektronischen Marktplatz gehandelt werden.

Martin Krähenbühl

Nicole Frunz Wallimann

21


ELRiX: Eine Vision wurde Realität

Philippe Regazzoni Christian Mumenthaler

Anja Rüttimann

Die ersten Weichen werden gestellt Als erstes galt es, die erfolgversprechenden Produkte zu bestimmen. Die Standardisierbarkeit der ausgewählten Risiken war das Hauptkriterium für eine erfolgreiche Umsetzung. Nach etlichen Gesprächen und Auswertungen mit den Produkteverantwortlichen fiel der Entscheid zugunsten von Cat.XL-Produkten. Konkret: Sturm, Erdbeben und Transport. Die Auswahl der geeigneten geographischen Regionen wurde gemeinsam mit den Marktverantwortlichen erarbeitet. Kriterien wie Marktgrösse, Internetpenetration und das Vorhandensein qualitativ hochstehender Bewertungsinstrumente wurden dabei berücksichtigt. Grossbritannien, Frankreich, Belgien, Holland und Israel erfüllten die Kriterien. Transportdeckungen sollten europaweit angeboten werden. Zur Bestimmung des geeigneten Geschäftssystems wurden vertiefte Analysen durchgeführt. Dabei wurde auf dem Internet im Business-to-business-Bereich ein klarer Trend zu Online-Auktionen festgestellt (z. B. FreeMarkets.com). Der entscheidende Vorteil dieses Systems gegenüber dem einfachen Verkauf ist die transparente und effiziente Ermittlung des Marktpreises, vorausgesetzt, die nötige Liquidität ist vorhanden. Diese Entwicklung spielte beim Entscheid für das Auktionsverfahren eine wichtige Rolle. Anfang Juli 1999 erteilte die Geschäftsleitung den Auftrag, bis zur bevorstehenden jährlichen Erneuerungsrunde der Verträge eine Internetplattform zur Versteigerung einer beschränkten Cat.XL-Kapazität an Rückversicherungskunden fertigzustellen. Es blieben vier Monate Zeit. Swiss Re nimmt Herausforderungen an Der enge Zeithorizont und die Neuartigkeit des Projektes führten zu täglich neuen Herausforderungen für das Projektteam. Markt und Kunden mussten sofort über verschiedene Kommunikationskanäle informiert und einbezogen werden. Underwriter hatten die Aufgabe, die ausgewählten Produkte zu standardisieren und die für die Preisberechnung erforderlichen Parameter auf ein Minimum zu beschränken. Dabei musste die Qualität der Risikobeurteilung trotz weniger Informationen gesichert sein. Juristen erarbeiteten die allgemeinen Geschäftsbedingungen und standardisierte Verträge, die den rechtlichen Anforderungen des Internets und des Auktionsverfahrens entsprachen. IT sammelte wichtige Erfahrungen in der raschen Realisierung einer Web-Applikation. Insbesondere galt es, den höchsten Sicherheitsstandards zu genügen, was unter anderem aufgrund einer 128-Bit-Verschlüsselung erreicht wurde.

22


Ralph Walter

Eduard Held

Iris Mall

Unterwegs mit unseren Kunden ELRiX ist auch für die Erstversicherer und Broker eine Herausforderung. Der Kauf von Rückversicherungsprodukten über das Internet bedeutet gegenüber dem traditionellen Absatzkanal eine Umstellung. Die Vorteile sprechen jedoch für sich: • Geschwindigkeit: Innerhalb weniger Sekunden errechnet ELRiX den Preis für die gewünschte Deckung. • Transparenz: Verschiedene Portefeuilles können direkt miteinander verglichen werden. • Einsparungen: Die Transaktions- und Risikobeurteilungskosten sinken. • Zutritt: ELRiX steht den Kunden von 6.00 – 23.00 Uhr zur Verfügung. • Unabhängigkeit: Die Kunden können jederzeit Portefeuilles evaluieren und ohne eine Kaufverpflichtung diverse Preise miteinander vergleichen. Ziel erreicht – doch es geht weiter Donnerstag, 18. November 1999, 9.05 Uhr: Erleichterung bei Swiss Re. Die Vision wurde Realität. Seit fünf Minuten ist ELRiX online. Swiss Re hat den Schritt in das E-Business-Zeitalter erfolgreich gemeistert. Die beiden ersten Auktionsrunden wurden Mitte Dezember 1999 beendet. Es fanden zwar nur wenige Transaktionen statt, aber auf der ELRiX-Webseite wurden über 40 000 externe «Page views» gezählt. 73 Interessenten registrierten sich; 27 konnten akzeptiert werden. Die erste Etappe von ELRiX ist abgeschlossen. Swiss Re steht jedoch nicht still. Die Entwicklung von ELRiX geht mit rasantem Tempo voran. Neue Produktideen warten auf die Realisierung. Am 1. Januar 2000 wurde zum Beispiel im Bereich «General Aviation» ein neues Produkt lanciert. Zudem werden weitere Geschäftsmodelle auf ihre Machbarkeit überprüft. ELRiX ist ein kleiner, aber wichtiger Schritt in der umfassenden E-BusinessStrategie von Swiss Re. Auch in diesem Jahr sind diverse E-Business-Initiativen geplant, welche dazu beitragen sollen, Swiss Re als führenden «e-enabled» Rückversicherer zu positionieren.

23



Neue Einkaufsstrategie der AXA-Gruppe Zentrale Erneuerung des gesamten Vertrags-Portefeuilles

Die AXA-Gruppe beschritt bei der Vertragserneuerung für das Jahr 2000 einen neuen Weg: Erstmals wurde der Einkauf von über 190 Nichtleben-Rückversicherungsverträgen zentral organisiert, basierend auf dem Prinzip einer «öffentlichen Ausschreibung» (public demand). Das bedeutete für Swiss Re, die Arbeit von weltweit mehr als 180 Client Managern und Risikoprüfern aufeinander abzustimmen. In weniger als vier Wochen konnte AXA die Rückversicherung für ihre 53 Filialen im weltweiten Rückversicherungsmarkt ausschreiben, die Offerten einholen und anschliessend rückversichern.

Für die Vertragserneuerung 2000 beschloss die AXA-Gruppe, einer der wichtigen Global Clients von Swiss Re, das Platzierungsverfahren für die Rückversicherung grundlegend zu ändern. Statt in jedem einzelnen Markt Rückversicherungsdeckung über die lokalen Kanäle einzukaufen, kündigte die Geschäftsleitung der AXA-Gruppe an, dass die Nichtlebenrückversicherung neu weltweit zentral eingekauft und global gesteuert werden soll. Die dabei verfolgten Ziele waren unter anderen: Umsetzung einer globalen Rückversicherungsstrategie innerhalb einer weltweit tätigen Erstversicherungsgruppe und Platzierung eines international diversifizierten Rückversicherungs-Portefeuilles zu Weltmarkt-Rückversicherungskonditionen. Dabei wurden 13 ausgewählte Rückversicherer eingeladen, ihre Offerten für 53 Filialen und über 500 Programmlayer innerhalb von vier Wochen einzureichen. Dieses Vorgehen hatte ein direktes Benchmarking zur Folge.

Peter Neuwirth Client Manager AXA and Deputy Head Global Clients

Sylvia Steinmann Head of Strategic Planning and Business Solutions

Andy Ben-Artzy Head of Business Application Architecture

25


Neue Einkaufsstrategie der AXA-Gruppe

Vertragserneuerung AXA – Änderung der Abläufe

Altes Modell

Neues Modell

AXAGesellschaften

Swiss ReGeschäftseinheiten

AXAGesellschaften

Swiss ReGeschäftseinheiten

AXA Cessions

AXA Cessions Swiss Re Global Clients, AXA

Swiss Re Global Clients, AXA

26


Motti Goldberg Head of Application Component Architecture Nicolas Vernez Client Management AXA

Michael Harding Business Application Architect

Herausforderung für Rückversicherungsindustrie Diese Ausgangslage bedeutete für die Swiss Re-Gruppe eine faszinierende Herausforderung, galt es doch, die Bedürfnisse des Kunden AXA mit dem weltweiten Swiss Re-Netzwerk mit divisionaler und dezentraler Organisation in Einklang zu bringen. Nie zuvor war die Rückversicherungsindustrie mit einer vergleichbaren Situation konfrontiert worden. Peter Neuwirth, der Global Client Manager für AXA, sagte vor den in Zürich versammelten Client Managern und Risikoprüfern der verschiedenen Märkte: «Wir wollen in der Lage sein, AXA bei der Umsetzung dieser neuartigen, kohärenten und koordinierten Einkaufsstrategie grösstmögliche Unterstützung zu leisten. Das bedeutet auf der einen Seite, dass wir für das Underwriting weitgehend unsere lokalen Kompetenzen einsetzen und dass wir auf der anderen Seite die Gesamtofferte von Swiss Re durch das Global Client Team AXA weltweit abstimmen. Unser Erfolg wird dabei im Wesentlichen von unserer Professionalität, Schnelligkeit und engen divisionsübergreifenden Teamarbeit abhängen.»

27


Neue Einkaufsstrategie der AXA-Gruppe

Weltweiter Austausch Die Einheit Global Client Unit der Division Europa und die Division Group IT entwickelte eine Web-basierte Lösung, um den anspruchsvollen Anforderungen des Kunden zu entsprechen. AXA Cessions, Paris, verantwortlich für die Umsetzung und Steuerung des Benchmarking innerhalb der AXA-Gruppe, stellte allen am Prozess beteiligten Rückversicherern die zu quotierenden Rückversicherungsprogramme und Erneuerungsinformationen elektronisch zu. Diese Informationen wurden auf die Website von Swiss Re geladen. Dadurch konnte der globale Arbeitsprozess optimal unterstützt werden. Dabei ging es im Wesentlichen darum, Rückversicherungs- und Marktkenntnisse zwischen mehr als 180 Client Managern und Risikoprüfern von Swiss Re auf lokaler, divisionaler und Gruppenebene an mehr als 30 Standorten weltweit auszutauschen und zu steuern. In weniger als vier Wochen war das Global Client Team AXA in der Lage, die gewünschten Offerten für sämtliche 53 Filialen der AXA-Gruppe in elektronischer Form an AXA Cessions zurückzusenden.

28


Aldo Cappelletti Product Specialist Joël Schaffter Client Management AXA

Marina Meister Informatik Consultant

Diversifikation eines Rückversicherungs-Portefeuilles Die Vertragserneuerung 2000 war für Swiss Re ein voller Erfolg und ein Meilenstein in der Zusammenarbeit mit der AXA-Gruppe. Swiss Re konnte – basierend auf dem lokalen Know-how und der weltweiten Präsenz – bei diesem wichtigen und expansionsstarken globalen Kunden ihre Führungsposition weiter ausbauen. Die divisionsübergreifende Zusammenarbeit wurde dabei durch moderne IT-Anwendungen signifikant erleichtert. Swiss Re stellte neben den bekannten Qualitäten wie Know-how, Finanzkraft, Professionalität und Zuverlässigkeit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit unter Beweis. Die Attraktivität der neuen Einkaufsstrategie der AXA-Gruppe liegt aus Sicht von Swiss Re im Wesentlichen in folgenden Punkten: • Weltweites Benchmarking mit 13 Rückversicherern • Umsetzung einer globalen Strategie unter Einbezug von lokalem Rückversicherungs-Know-how • Effiziente Organisation des gesamten Erneuerungsprozesses von der Offerteinholung bis zur endgültigen Bestätigung von Rückversicherungspreisen und -anteilen • Platzierung eines international diversifizierten Rückversicherungs-Portefeuilles zu Weltmarkt-Rückversicherungskonditionen • Austausch der erneuerungsrelevanten Informationen in elektronischer Form Eine kleiner werdende Zahl von Rückversicherern wird in Zukunft in der Lage sein, die zunehmend komplexer werdenden Anforderungen der Global Clients zu erfüllen.

29



Starthilfe für neue Marktteilnehmer Wie kann eine Versicherung in einem neuen Markt Fuss fassen?

Swiss Re ist aufgrund der ausgeprägten Diversifikation besonders dazu geeignet, etablierten Erstversicherern mit einem starken Heimmarkt den Zutritt zu neuen Märkten zu erleichtern. Dabei ist das Spektrum der Wertschöpfungseffekte, die Swiss Re anbieten kann, ausserordentlich breit. Es reicht vom technischen und administrativen Bereich bis zur klassischen Rückversicherungskontrolle, die Finanzkraft und Stabilität garantiert.

Als eines der führenden Finanzdienstleistungsunternehmen der Republik Südafrika den Beschluss gefasst hatte, in den USA eine neue LebensversicherungsNiederlassung zu gründen, trat es an Swiss Re Life & Health – seinen Rückversicherer seit mehr als 20 Jahren – mit dem Wunsch nach Unterstützung für seine Aufbaupläne heran. Der südafrikanische Versicherer bat um Hilfe in verschiedenen strategischen Schlüsselbereichen. Swiss Re Life & Health, eine weltweit tätige Division von Swiss Re, entwickelte ein Spektrum massgeschneiderter Lösungen, um die Anforderungen des Kunden zu erfüllen. Dazu gehören auch die spezialisierten Dienstleistungen von Swiss Re Life & Health im Bereich Kapital- und Risikomanagement. Durch die Zusammenarbeit zwischen Swiss Re Life & Health und ihrem südafrikanischen Kunden, bei der dieser von den Erfahrungen des im Zielmarkt etablierten Rückversicherers profitierte, konnte der neue US-Lebensversicherer Anfang 2000 erfolgreich lanciert werden.

Jacques E. Dubois Chairman and Chief Executive Officer, Swiss Re Life & Health America Inc.

31


Starthilfe für neue Marktteilnehmer

Klare Zieldefinition Im Zuge der Planung zur Gründung des neuen Lebensversicherers in einem ausländischen Markt definierte der Kunde in Johannesburg seine Geschäftsziele: Er wollte zunächst auf seine bestehenden Verbindungen zu einem US-Vermittler aufbauen, der sich auf den Vertrieb von Finanzprodukten über Banken spezialisiert hatte, er wollte ein kostengünstiges «virtuelles» Büro, und er wollte eine attraktive Kapitalrendite erzielen. Weitere Motive waren zudem der Eintritt in den grössten Markt der Welt, die strategische Diversifizierung von Kapital und Risiko und die Herausforderung, ein neues Geschäftsfeld aufzubauen. Zunächst musste der Kunde einige finanzielle Probleme lösen, die sich bei der Lancierung eines neuen Lebensversicherers stellten. Wichtig war, dass das neue Geschäft das südafrikanische Inlandsgeschäft förderte und seine geographische Diversifizierung ermöglichte. Allerdings würde das zur Lancierung des neuen US-Lebensversicherers reservierte Kapital das prognostizierte Wachstum des Neugeschäfts nicht vollständig finanzieren können, ohne weitere Ressourcen aus erfolgreicher Geschäftstätigkeit im heimatlichen Markt umzulenken. Ein weiterer wesentlicher Faktor war die Kreditbewertung, die mit der Kapitalstärke zu tun hatte, aber nicht vom Geld allein abhängig war. Als neuer Lebensversicherer in den USA war die Gesellschaft mit einem typischen Dilemma konfrontiert: Die Ratingagentur braucht Zeit, um das Unternehmen, das Management und die Performance zu bewerten, und das Unternehmen kann ohne wettbewerbsfähige Bewertung nicht anfangen und sich einen guten Ruf erwerben. Zusätzlich zur Finanzkraft und Sicherheit war anfangs die Verbindung zu einer US-Vertriebsfirma ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor. Vor mehr als 20 Jahren hatte der südafrikanische Versicherer diese Vertriebsfirma gegründet, und obwohl sich die Eigentumsverhältnisse der Vertriebsfirma inzwischen geändert hatten, war die Bereitschaft zur Zusammenarbeit nach wie vor stark. Die geplante neue Versicherungsgesellschaft sollte sich auf den US-Rentenversicherungsmarkt konzentrieren und insbesondere variable Rentenversicherungsprodukte an Bankkunden verkaufen. Sie sollte keine eigenen Vertreter haben und ihre Kunden daher nur über die Vertriebsfirma und andere Partner erreichen. Das südafrikanische Unternehmen erkannte auch, dass sein neuer Lebensversicherer mit der Tradition brechen und etablierte wirtschaftliche Grundregeln in Frage stellen musste, um im hart umkämpften US-Markt Erfolg zu haben. Es sollte sich daher um eine virtuelle Organisation handeln, bei der Asset Management, Policenverwaltung und andere Geschäftsprozesse auf verschiedene Partner ausgelagert werden. Mit Hilfe der neuesten Internet-Technologie sollte die Gesellschaft eine nahtlose Verbindung zwischen ihren Kunden und den ausgelagerten Diensten herstellen, so dass es für die Kunden unerheblich ist, dass diese Dienstleistungen nicht intern erbracht werden.

32


Patricia Driscoll Harrigan Vice President and Assistant General Counsel, Swiss Re Life & Health America Inc.

Chris C. Stroup President and Chief Operating Officer, Swiss Re Life & Health America Inc.

Für Swiss Re Life & Health war dieses Projekt eine grossartige Aufgabe. Es war nicht nur eine Chance, einem Kunden bei der Ausweitung seines Geschäfts zu helfen, sondern bot auch Gelegenheit, mit einem Pionier der virtuellen Lebensversicherung im schnell wachsenden US-Markt für (anlagegebundene) variable Rentenprodukte zusammenzuarbeiten. Rückwirkung auf das Rating In finanzieller Hinsicht konnte Swiss Re Life & Health den südafrikanischen Versicherer mit einer kleinen Kapitalbeteiligung, vor allem aber mit einem geeigneten Rückversicherungsinstrument unterstützen. Dies trug nicht nur zur Deckung des Kapitalbedarfs auf Seiten des Kunden bei, sodass keine negativen Auswirkungen auf die Muttergesellschaft zu befürchten waren, sondern wurde von der Ratingagentur A. M. Best als wichtigster Grund dafür genannt, dass das neue Lebensversicherungsgeschäft des Kunden in den USA die Bewertung A (hervorragend) erhielt. Neue Möglichkeiten Neben den Rentenprodukten bietet der neue Lebensversicherer Swiss Re Life & Health neue Möglichkeiten, Standardrisikoprodukte und -dienstleistungen im US-Bankenmarkt anzubieten. Zusammenfassend war dieses Programm für Swiss Re Life & Health aus den verschiedensten Gründen attraktiv. Es war nicht nur eine Gelegenheit, Kapital innerhalb der Lebensversicherungsbranche produktiv einzusetzen, sondern es bot dieser Division auch die Möglichkeit, ihr Leistungsangebot für die besonderen Anforderungen von Neueinsteigern im Lebensversicherungsmarkt weiterzuentwickeln. Dieses Leistungsangebot könnte beispielsweise Risikomanagement, Finanzbeteiligungen, Produkt- und Marktkenntnisse oder auch eine Kombination dieser Elemente umfassen.

33



Finanzkraft als Massstab Breitere Kapitalbasis für die Lebensassekuranz auf Gegenseitigkeit

Innovative Rückversicherungsstrukturen, verbunden mit einem effizienten Kapitalmanagement, können für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit, die nur begrenzt Zugang zu externen Kapitalquellen haben, besonders wertvoll sein. Auf allen Stufen der Marktbewertung wird die gezielte und ausgewogene Rückenstärkung durch Swiss Re letztlich der Finanzkraft und Solvenz des jeweiligen Erstversicherers zugerechnet.

Steve Casey Business Manager, Swiss Re Life & Health Limited

Im heutigen Wirtschaftsumfeld trägt effizientes Kapitalmanagement entscheidend zum Erfolg eines Unternehmens bei. Daher wenden sich Lebensversicherungsvereine auf Gegenseitigkeit vermehrt innovativen Rückversicherungslösungen zu, um bessere Ergebnisse zu erzielen. Swiss Re Life & Health hat eine Reihe solcher Versicherungsvereine beim Management der mit ihrem Geschäft verbundenen Risiken und bei der Optimierung des Kapitaleinsatzes beraten und unterstützt. Einer dieser Kunden hat seine Geschäftsstrategie im Verlauf der letzten Jahre mit einer Reihe von innovativen Produkten und Dienstleistungen auf Risikolebensversicherungen umgestellt. Diese Versicherungsart bietet den Versicherungsnehmern umfassende Garantien. Das Geschäft kann recht kapitalintensiv sein. Da dieser Versicherungsverein im Vertrieb mit unabhängigen Maklern arbeitet, herrscht ausserdem ein erbitterter Wettbewerb. So entsteht ein erheblicher Druck auf die Tarife und damit auch auf die Rentabilität, sodass ansehnliche Kapitalrenditen schwer zu erzielen sind. Auch auf den Schadenverlauf können die Gewinne recht sensibel reagieren. In intensiver Zusammenarbeit mit diesem Kunden hat sich Swiss Re Life & Health um eine Antwort auf die Frage bemüht, welchen Beitrag die Rückversicherung leisten kann, um den Strategiewechsel zu erleichtern. Das Ergebnis war eine Rückversicherungsstruktur mit verschiedenen Elementen, darunter vor allem konventioneller Risikotransfer und Kapitalunterstützung. Diese beiden Elemente helfen der Gesellschaft, die Volatilität und die absolute Höhe des Schadenverlaufs in den Griff zu bekommen, die Belastung der Bilanz durch die Zeichnung von Neugeschäft zu reduzieren und die für die Anteilsinhaber erzielte Gesamtkapitalrendite zu verbessern. Swiss Re Life & Health hat mit der Umsetzung dieser Lösung die Sicherheit, Stabilität und Finanzkraft des Versicherungsvereins gestärkt und ihm dadurch geholfen, in diesem hart umkämpften Markt zu bestehen. Mit Hilfe des Rückversicherungspakets konnte sich der Versicherungsverein im Verlauf der letzten Jahre in seinem Markt als führender Anbieter von Risikolebensversicherungsprodukten etablieren.

Alex Duncan Associate Director, Swiss Re New Markets

35


Finanzkraft als Massstab

Craig Thornton Corporate Risk Management Actuary, Swiss Re Life & Health Limited

Verbesserung der veröffentlichten Solvenzposition Für einen weiteren Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, der vor allem mit unabhängigen Maklern arbeitet, hat Swiss Re Life & Health eine andere, innovative Rückversicherungsstruktur entwickelt, die die finanzielle Flexibilität des Versicherungsvereins erhöht. Ein grosser Teil des Policenbestands, der zu den Aktiven dieses Versicherers gehört, kann beim Nachweis der aufsichtsrechtlich vorgeschriebenen Solvabilität nicht berücksichtigt werden, obwohl davon auszugehen ist, dass er sich künftig Schritt für Schritt als Gewinn niederschlagen wird. Bei der Solvabilitätsprüfung wird also ein hoher Wert aus dem Bestand des Versicherungsvereins kaum oder gar nicht angerechnet. Das bedeutet, dass Gesellschaften, die einen beachtlichen Policenbestand haben, gerade wegen ihres Erfolgs finanziell schwächer erscheinen können, trotz des hohen zusätzlichen Wertes, den die Versicherungsgesellschaften durch Zeichnung erwirtschaftet haben. Versicherungsvermittler, die für den Versicherungsverein den Hauptvertriebszweig bilden, betrachten die veröffentlichten Solvenzpositionen einer Gesellschaft meist als guten Indikator für ihre Finanzkraft. Die Finanzkraft aber ist für die Versicherungsvermittler ein entscheidender Faktor bei der Platzierung von langfristigen Absicherungen oder Anlagegeschäften. Ein Versicherer, der ständig umfangreiches profitables Neugeschäft zeichnet, scheint damit jedoch nach und nach seine eigene finanzielle Flexibilität einzuschränken. Paradoxerweise könnte dies starke Auswirkungen auf das potenzielle Neugeschäft haben.

36


Andy Fox Business Development Manager, Swiss Re Life & Health Limited

Dave Grimshaw Marketing Actuary, Swiss Re Life & Health Limited

Als Teil eines Konsortiums von Rückversicherern hat Swiss Re divisionsübergreifend und in enger Zusammenarbeit mit dem Versicherungsverein eine Rückversicherungsstruktur entwickelt, die es der Gesellschaft ermöglicht, zum Nachweis ihrer Solvenz auch den erwarteten künftigen Wert ihres Policenbestandes teilweise zu berücksichtigen. Dadurch erhöht sich die finanzielle Flexibilität der Gesellschaft, sodass die unabhängigen Makler die Angebote des Versicherers mit grösserer Überzeugung vermitteln können. Eine derartige Kapitalmanagement-Struktur kann für Lebensversicherungsvereine auf Gegenseitigkeit weltweit sehr wertvoll sein. Sie nutzt nicht nur auf wirksame Weise das Kapital, das bereits in ihrem Geschäft steckt, sondern sie erlaubt auch die Erhöhung ihres Solvenzkapitals im Rahmen ihres Status als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Ein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit hat, besonders im Gegensatz zu den mit ihm konkurrierenden Aktiengesellschaften, nur begrenzten Zugang zu externem Kapital. Rückversicherungsstrukturen wie diese können Versicherungsvereinen helfen, in einem immer härter umkämpften Markt zu bestehen und zu wachsen. Erweiterte Rückversicherungspalette Die beiden beschriebenen Fälle zeigen, dass in der Rückversicherung mehr steckt, als es auf den ersten Blick den Anschein haben mag. Neben den eher konventionellen Risikotransfer-Produkten und -Dienstleistungen, die Kunden und Beobachter erwarten beziehungsweise erhalten, bietet Swiss Re Life & Health eine Vielzahl von Strukturen und breite Fachkenntnisse, die ihren Kunden helfen, ihr Risikopotenzial und Kapital effizienter zu steuern. Durch die weitere Entwicklung von Strukturen wie diesen und durch die enge Zusammenarbeit mit den Kunden – seien es Versicherungsvereine oder Versicherungsaktiengesellschaften – beim Risiko- und Kapitalmanagement kann Swiss Re Life & Health Versicherer dabei unterstützen, ihr Geschäft für das neue Jahrhundert zu rüsten.

37



Beratung für Risikomanagement und strategische Planung Dynamische Bilanzanalyse bei RheinLand Versicherungs AG

Swiss Re hat Instrumente zur dynamischen Bilanzanalyse entwickelt, die Risikomanagement und strategische Planung unterstützen. Die Zusammenarbeit zwischen RheinLand Versicherungs AG und Swiss Re ist ein gutes Beispiel dafür, wie diese Methoden zur Optimierung des Asset-Liability-Managements genutzt werden können. Mit Hilfe dieser Instrumente kann das Management rasch und effizient auf das sich wandelnde Konkurrenzumfeld reagieren.

In den letzten Jahren musste sich die Versicherungswirtschaft auf Veränderungen im Wettbewerbsumfeld einstellen. Wichtige Faktoren für diesen Wandel waren die europaweite Einheitslizenz, durch die jeder europäische Versicherer heute ungeachtet von Ländergrenzen unmittelbar mit jedem anderen konkurrieren kann, und die Abschaffung der materiellen Regulierung des Versicherungswesens. Dadurch können Versicherungsgesellschaften ihre Policen jetzt nach eigenen Bedingungen definieren und eigene Tarife festsetzen. Preise und Versicherungsbedingungen sind so zu Elementen der strategischen Planung geworden. Neben der Deregulierung verändern aber auch technologische Neuerungen wie das Internet die Dynamik des Versicherungsmarkts. E-Business ermöglicht den Unternehmen, einem breiten Publikum Deckungen zu günstigen Tarifen anzubieten und dadurch das Geschäftsvolumen enorm zu vergrössern. Wenn ein Unternehmen seine Produkte jedoch zu günstig anbietet, besteht die Gefahr, dass es von unrentablen Kunden überschwemmt wird; Kunden, die direkt über das Internet einen Vertrag abschliessen, ohne dass eine Vorauswahl durch einen Vertreter erfolgen konnte. Diese Entwicklungen verdeutlichen, wie wichtig eine seriöse quantitative strategische Planung ist. Verbindung von strategischer Planung und Risikomanagement Die Veränderungen auf den Kapitalmärkten sind ein weiterer Faktor, der die neue Risikolandschaft prägt. Die gemeinsame europäische Währung und der Börsenboom sind nur zwei Beispiele dafür. Beide haben sich in letzter Zeit positiv ausgewirkt, doch die Gefahr eines Börsencrashs oder steigender Zinsen veranlasst die Versicherungsgesellschaften, einen weiteren Bereich der strategischen Planung unter die Lupe zu nehmen: die Allokation ihrer Aktiven. Ein weiterer Faktor sind neue ART-Produkte. Durch deren Möglichkeiten, Vermögenswerte und Verbindlichkeiten aus Versicherungsrisiken zu verbinden, veranlassen sie zahlreiche Risikomanager, ihre Risikotransferstrategie zu überprüfen. So wachsen in diesem neuen Zeitalter des Wettbewerbs strategische Planung und umfassendes Risikomanagement immer enger zusammen. In beiden Bereichen gilt es, die Überlegungen zu Risiken und Renditen nicht nur auf die Verbindlichkeiten zu konzentrieren, sondern auch auf die Vermögenswerte auszuweiten. Markus Stricker Head of Balance Sheet Analysis & Solutions

Martin Melchior Senior Business Analyst

39


Beratung für Risikomanagement und strategische Planung

Detaillierte Modelle für Risikomanagement Swiss Re hat schon früh erkannt, dass quantitative Modelle zur Entscheidungsfindung nur dann einen wirklichen Nutzen bringen, wenn das Unternehmen über die branchenübliche Praxis hinausgeht und deshalb die notwendigen Modelle selbst entwickelt. Nachdem Swiss Re in grossem Umfang in die Entwicklung solcher Modelle investiert und diese am eigenen Geschäft getestet hat, sollen sie nun auch zum Nutzen der Kunden dienen. Da die Modelle aber ohne Kenntnisse darüber, wo und wie sie eingesetzt werden können, nutzlos sind, bietet Swiss Re den Kunden Unterstützung an. Mit diesem Ziel wurde 1998 die Kundenberatungsgruppe Balance Sheet Analysis & Solutions eingerichtet. Aufgabe dieser Gruppe ist es, kundenspezifische Modelle zur Entscheidungsfindung zu entwickeln und den erforderlichen Wissenstransfer anzubieten, damit die Kunden mit Hilfe dieser Modelle die Planung und das Risikomanagement für ihr eigenes Geschäft optimieren können. Höhere Transparenz schaffen RheinLand Versicherungen, eine gut geführte mittelständische deutsche Versicherungsgruppe, war sich der bevorstehenden Herausforderungen bewusst, denn neben der Deregulierung des europäischen Versicherungsmarktes zwingt auch das neue deutsche Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich die Vorstände in der Versicherungswirtschaft rechtlich oder faktisch dazu, für ein angemessenes Risikomanagement zu sorgen. Daher lud die RheinLand Versicherungs AG ihren Geschäftspartner Swiss Re ein, die Möglichkeiten zur Erhöhung der Transparenz im Risikomanagement und der strategischen Planung zu prüfen. Bei einem ersten Workshop stellte Swiss Re die Bausteine seiner Modelle für die Entscheidungsfindung vor und erläuterte deren Anwendungsbereich und den möglichen geschäftlichen Nutzen. RheinLand schilderte die von ihr angewandten Methoden des Risikomanagements und definierte die Bereiche, in denen sie sich durch eine stärker quantitativ ausgerichtete Unterstützung Verbesserungen in der Entscheidungsfindung erhoffte. Es zeigte sich, dass die gesteckten Ziele nur mit einem umfassenden Finanzmodell zu erreichen sein würden, denn die meisten Fragen bezogen sich auf das Asset-Liability-Management. Überzeugt von den Argumenten des Beratungsteams von Swiss Re und dem breiten Spektrum der Modellkomponenten, beschloss RheinLand, zur Optimierung des Asset-Liability-Managements ein grossangelegtes Projekt unter Führung des zuständigen Vorstandsmitglieds zu lancieren. In den nächsten fünf Monaten arbeiteten ein Expertenteam von RheinLand und Swiss Re gemeinsam intensiv an diesem Projekt und tauschten in Workshops und Telefonkonferenzen Daten und Know-how aus.

40


Peter Sohre Senior Business Analyst

Peter Bamert Senior Business Analyst

Dynamische Bilanzanalyse Die erste Herausforderung besteht bei einem solchen Projekt in der Aufstellung eines praktikablen Projektplans. Das RheinLand-Team sollte für die Datenerfassung, das Team von Swiss Re für die Modellierung der relevanten Geschäftsfelder verantwortlich sein. Doch da die benötigten Daten von den relevanten Geschäftsfeldern und diese wiederum von den expliziten Zielen und den durchzuführenden Arbeiten abhängen, waren zur Formulierung eines Projektplans weitere intensive Diskussionen nötig. Schliesslich wurde vereinbart, die Mittelflüsse, Erfolgsrechnungen und Bilanzen für die kommenden fünf Jahre zu modellieren. Da sich die Entscheidungsfindung sowohl auf Konzernebene als auch auf der Ebene untergeordneter Einheiten auf ein einheitliches Gerüst stützen sollte, musste die Modellierung stark ins Detail gehen. Deshalb wurde beschlossen, Aktien, Anleihen und Geldmarktanlagen sowie zwölf Versicherungssparten gesondert zu modellieren. Bei der strategischen Planung geht es oft mehr um die Durchschnittsperformance einer Kennzahl, wie beispielsweise des Gewinns nach Steuern, während beim Risikomanagement eher die Abweichungen vom Durchschnitt im Vordergrund stehen. Um dieser Tatsache gerecht zu werden, mussten die Risikofaktoren wie Zinsen oder Frequenz und Höhe der versicherten Schäden, die für die Portefeuillemodelle entscheidend sind, probabilistisch modelliert werden. Die von der Gruppe Balance Sheet Analysis & Solutions angewendete Methode der dynamischen Bilanzanalyse war bestens geeignet, diese Anforderungen zu erfüllen. Wichtige Kennzahlen für Unternehmensziele Im August 1999 wurde der Projektplan verabschiedet, und schon im Oktober wurde bei einem Workshop eine erste Modellvorlage diskutiert. Dieser enge Zeitplan wurde durch das umfangreiche Instrumentarium ermöglicht, das den Beratern von Swiss Re bei der Erstellung kundenspezifischer Modelle zur Verfügung steht. In vielen intensiven Abstimmungsgesprächen, bei denen es häufig um Verfügbarkeit, Qualität und Umfang der Daten ging, wurde das Modell von November bis Jahresende 1999 in seine endgültige Form gebracht. Im Januar 2000 wurde anhand der Ergebnisse des Modells ein umfassender Bericht zum Asset-Liability-Management erstellt. Er gibt der RheinLand Versicherungs AG einen klaren Überblick über die voraussichtlichen mittelfristigen Entwicklungen in den berücksichtigten Geschäftssparten, unter anderem auch über die Auswirkungen erwarteter Strukturveränderungen infolge von Marktentwicklungen oder Massnahmen der Geschäftsleitung. Anhand von Szenarien wird dabei analysiert, wie solche Veränderungen die Wahrscheinlichkeit beeinflussen, dass die für Kennzahlen wie Gesamtgewinn, Eigenkapitalrendite oder Dividendenausschüttung gesteckten Ziele verfehlt werden. Asset-Liability-Management ist ein Aspekt, unter dem die Ergebnisse von Modellen zur Entscheidungsfindung in die Unternehmensführung und insbesondere in das strategische Risikomanagement einfliessen können. Dies ist jedoch keineswegs der einzige Nutzen dieser Modelle. Dank seinem Detaillierungsgrad können mit dem gemeinsam von Swiss Re und RheinLand entwickelten Instrument auch die Strukturen für den Risikotransfer getestet und verschiedene Geschäftszenarien evaluiert werden, und zwar in dem von RheinLand spezifizierten Rahmen.

41



Bündelung der Risiken senkt Kosten Neue Prinzipien der Unternehmensfinanzierung am Beispiel von UGG

Durch eine neuartige Betrachtungsweise der Kapitalkosten gelang es Swiss Re New Markets zusammen mit der United Grain Growers (UGG), die Volatilität des Getreidegeschäfts wesentlich zu reduzieren. Als Folge davon konnten die Kapitalkosten des Unternehmens gesenkt und der Shareholder value gesteigert werden.

United Grain Growers (UGG) ist ein Unternehmen mit Sitz in Winnipeg in der Prärieprovinz Manitoba, dem Zentrum der kanadischen Landwirtschaft. Das Unternehmen wurde im Jahr 1906 gegründet, ging 1993 an die Börse und hat derzeit einen Aktienwert von rund 175 Mio. CAD (195 Mio. CHF). UGG ist eine der grössten Agribusiness-Firmen in Kanada mit einem breiten Angebot an Produkten und Dienstleistungen für die Landwirtschaft. Ausserdem vermarktet sie Agrarwaren im In- und Ausland. Die Geschäftstätigkeit gliedert sich in die vier Hauptsegmente Getreidevermarktung, Ackerbau- und Viehzuchtbedarf sowie landwirtschaftliche Fachpresse. Ein Problem besteht für das Unternehmen darin, dass seine Rentabilität stark von den Umsätzen im Bereich Getreidevermarktung abhängig ist. Bei Dürre oder einem Rückgang der Agrarkonjunktur werden auch die Umsätze und damit der Gewinn von UGG beeinträchtigt. Aufgrund einer wetterbedingten Abnahme des Getreidevolumens sowie sinkender Preise bei den Agrarwaren fiel der Reingewinn im Jahr 1999 gegenüber 1998 von 16 Mio. CAD auf 3 Mio. CAD. Infolge dieser Volatilität erlitt der Aktienkurs von UGG erhebliche Einbussen. Zudem zwangen Umsatzschwankungen UGG dazu, in grossem Umfang zusätzliches Kapital bereitzuhalten, um Abschwünge abzufedern. Infolgedessen musste das Finanzmanagement die Verschuldung unter 40% halten, um die Volatilität der Getreidevermarktung zu finanzieren, wodurch die Expansions- und Wachstumsfähigkeit des Unternehmens eingeschränkt wurde. Die Geschäftsleitung von UGG prüfte verschiedene Möglichkeiten und kam zum Schluss, dass sich durch eine Absicherung gegen das Risiko von Veränderungen des Getreidevolumens ein grösseres Mass an finanzieller Freiheit erzielen lassen würde.

Patricia Anderson Information Specialist, Knowledge & Information Services

Robert Nusslein Director, Corporate Marketing – UGG Deal Team Leader

43


Bündelung der Risiken senkt Kosten

Integriertes Risikoprogramm Zu diesem Zeitpunkt wandte sich UGG an Swiss Re New Markets, um sich über Möglichkeiten des Risiko- und Kapitalmanagements zu informieren. Nach intensiver Zusammenarbeit mit dem Management von UGG erarbeitete Swiss Re New Markets ein integriertes Risikoprogramm, das dreierlei bewirkte: • Reduktion der Volatilität der Umsätze aus der Getreidevermarktung. • Einbindung dieses Risikos zusammen mit den anderen Elementen des UGG-Risikoportefeuilles in ein gemeinsames Risikomanagement. • Transfer dieser Risiken in den Portefeuillebestand von Swiss Re, sodass die Kapitalkosten für UGG sanken und der Aktienkurs stieg.

Zunächst strebte UGG eine wetterbezogene Absicherung an, um das Risiko eines sinkenden Getreidevolumens zu vermindern. Das Problem hierbei war jedoch, dass das von UGG vermarktete Getreide aus einem sehr grossen Gebiet stammt, für das kein einzelner Wetterindikator als aussagefähiger Index in Frage kommt. Darüber hinaus wird das Getreidevolumen auch von Faktoren beeinf lusst, die nicht mit dem Wetter in Zusammenhang stehen, beispielsweise die Einkommen der Farmer, die Verteilung der Nachfrage auf verschiedene Getreidesorten und die jeweilige Konjunktur für bestimmte Sorten. Ein wetterbezogenes Produkt war als Absicherung deshalb nicht brauchbar. Auf der Suche nach einer versicherungsbasierten Absicherung für UGG entdeckte Swiss Re New Markets jedoch eine Korrelation von 96% zwischen dem Umsatz des Unternehmens aus der Getreidevermarktung und der Getreideproduktion der Region insgesamt.

44


Edwin Ford Director, Financial Solutions

Esther Rowin Associate Director, Legal and Tax

Kevin Kim Associate, Capital Markets

Geringere Risikokosten Das westkanadische Getreidevermarktungsvolumen wird von der Canadian Grain Commission mit Sitz in Winnipeg statistisch erfasst. Swiss Re New Markets konnte auf der Grundlage dieser Statistik einen Index als Trigger für eine Versicherungspolice erstellen. Man ging jedoch noch weiter und kombinierte in dieser Police die Deckung gegen geringe Getreidevolumina mit anderen, hiervon unabhängigen Risiken des Unternehmens, wie zum Beispiel Sachschaden, Betriebsunterbrechung, Güter, Maschinen, allgemeine Betriebs- und Produktehaftpflicht, Haftpflicht für Schiffscharterer, Haftpflichtausfall und Schadenexzedenten-Haftpflicht. Die Zusammenfassung dieser Risiken in einem Programm senkt die Risikokosten für UGG. Durch die Bündelung in einem Portefeuille hat das Risiko insgesamt weniger Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens, als es bei einem isolierten Management der verschiedenen Risiken der Fall wäre. Dadurch kann dieses Risikobündel relativ günstig in das Risikoportefeuille von Swiss Re transferiert werden, und Swiss Re kann das erforderliche bedingte Kapital kostengünstig zur Verfügung stellen. Verlässlicher Partner Das eigentlich Revolutionäre ist nicht so sehr die Idee, die Risiken eines Unternehmens in einem Risikoportefeuille zusammenzufassen und auf einen Rückversicherer zu übertragen, sondern die Fähigkeit des Programms, das veränderliche Getreidevolumen als entscheidende Ursache für die Volatilität des Umsatzes zu berücksichtigen. Da der Markt wusste, dass UGG diesem Risiko unterliegt, war die finanzielle Bewegungsfreiheit des Unternehmens deutlich eingeschränkt. Das änderte sich jedoch durch die Ankündigung des integrierten Risikoprogramms.

45


Bündelung der Risiken senkt Kosten

UGG-Chef Brian Hayward erklärt dazu: «Diejenigen, die unser Geschäft genau betrachten, die Aktionäre, Gläubiger, Ratingagenturen und Analysten, haben sich diesen Vertrag sorgfältig angesehen und ausnahmslos festgestellt, dass sich die Volatilität unseres Geschäfts dadurch wahrscheinlich verringern wird. Deshalb sind wir für sie als Partner verlässlicher geworden. Für uns ist es ein klares Plus, dass ein bisheriger Risikofaktor einfach nicht mehr vorhanden ist. Wir haben die Volatilität reduziert und unseren Beta-Koeffizienten gesenkt.» Die reduzierte Volatilität zeigt sich direkt durch einen Anstieg des Shareholder value. Aufgrund der Risikofinanzierung hat das Unternehmen mit seinem Fremd- und Eigenkapital nun mehr Spielraum. Die Versicherung als dritte Kapitalform neben Fremd- und Eigenkapital hat die Kapitalkosten des Unternehmens gesenkt.

Brian Kawamoto IP Head, Enterprise Risk

Philip Rheda Director, Risk Underwriting Matthew Fung Economist, Economic Research & Consulting Hans Zimmermann Principal, Risk Underwriting

Sheldon Ross Head, Knowledge and Information Services – NY

Suzanne Capowich Associate, Corporate Research

46


Linda Wittschen Director, Legal and Tax David Laster Senior Economist, Economic Research & Consulting

Neue Betrachtungsweise bei Kapitalkosten Diese Revolution im finanziellen Denken der Unternehmen ist die Triebfeder für die aktuelle Arbeit von Swiss Re New Markets. Nach Auffassung der Division ignorierten die Finanzfachleute der Unternehmen bei der Berechnung der Kapitalkosten bisher einen wichtigen Faktor. Wenn bei der Beantwortung der Frage, wie viel ein Unternehmen für sein Geld bezahlt, nur das eingezahlte Kapital – Eigen- und Fremdkapital – berücksichtigt wird, wird eine wichtige Geldquelle ausser Acht gelassen, nämlich bedingtes oder bilanzunwirksames Kapital wie Versicherungen, Akkreditive und bestimmte Arten von Derivaten. Unternehmen sollten bedingtes Kapital nicht ignorieren, sondern bei der Berechnung der gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten zu Bewertungszwecken mit den entsprechenden Kosten berücksichtigen. Die Finanzspezialisten der Unternehmen müssen ihre bisherige Berechnung der gewichteten durchschnittlichen Kapitalkosten (WACC, weighted average cost of capital) durch eine Berechnung der gesamten durchschnittlichen Kapitalkosten (TACC, total average cost of capital) ersetzen, die auch das bedingte Kapital einschliesst. Näher erläutert wird diese Theorie in dem von Mitarbeitern von Swiss Re verfassten und herausgegebenen Buch Integrating Corporate Risk Management, das kürzlich erschienen ist. In einem Bericht über das UGG-Geschäft verkündete der «Economist» am 27. November 1999: «Unternehmen grübeln endlos über die optimale Mischung von Fremd- und Eigenkapital. Sie verstehen offenbar nicht, worum es geht.» Es geht darum, die dritte Kapitalart zu berücksichtigen, nämlich das Risikokapital, das ihnen Swiss Re zur Verfügung stellt. Wenn wir Risiken in unseren Portefeuillebestand transferieren, gibt dies den Unternehmen die effektive Möglichkeit, ihre Gesamtkapitalkosten zu senken und den Shareholder value zu erhöhen. Swiss Re New Markets hat damit die Grundlage für eine wahre Revolution in den Prinzipien der Unternehmensfinanzierung geschaffen.

47


ÂŤDer Wettbewerbsvorsprung, den Swiss Re erwiesenermassen erreicht hat und ausbauen will, besteht letztlich im kumulierten Wissen und Know-how der Mitarbeitenden.Âť

48


Öffentliche Wahrnehmung als Unternehmeraufgabe

Interview mit dem Verwaltungsratspräsidenten von Swiss Re, Ulrich Bremi, der an der Generalversammlung 2000 zurücktreten wird. Die Fragen stellte der Wirtschaftsjournalist Walter Günthardt.

Wie kamen Sie zur Schweizer Rück? Bis 1992 bestand die Führungsspitze aus Assekuranzfachleuten, die – mit beachtlichem Erfolg – aus der traditionellen Rückversicherung hervorgegangen waren. Gefragt waren also für die Rolle des neuen Verwaltungsratspräsidenten, der bis zu diesem Zeitpunkt nur die Direktversicherung vornehmlich als Kunde kannte, nicht noch weitere Branchenkenntnisse, sondern die Fähigkeit und der Wille, die Leitung einer weltweit orientierten Firma zu übernehmen. Es ging mithin darum, im damaligen Zeitpunkt das Entwicklungspotenzial der Schweizer Rück zu evaluieren, alle denkbaren Optionen auf den Tisch zu legen und aufgrund dieser Analyse unternehmerische Entscheide zu fällen.

Was stand damals im Mittelpunkt? Der wichtigste Aspekt war die Öffnung im Jahre 1989, symbolisiert durch den Fall der Berliner Mauer, die zwar weltweit politisch gefeiert, aber in ihren ökonomischen Konsequenzen kaum wahrgenommen wurde. Erst der Zusammenbruch der politisch totalitären und wirtschaftlich zentralisierten Staatswesen, die schon aus ideologischen Gründen kein Versicherungswesen brauchten, hat die Globalisierung gebracht, wie wir sie heute kennen und erleben. Wenn schon Rückblick: Erstaunlich bleibt die Tatsache, dass der politische Durchbruch demokratischer Kräfte allgemein positiv gewertet wird, während die damit verbundene Realisierung einer globalen Marktwirtschaft den Systemkritikern ein Dorn im Auge geblieben ist.

Was ergab sich aus der ersten Analyse? Mit dem Wegfallen der wirtschaftlichen Grenzen zeigte sich, dass die damaligen Erstversicherungen in erster Linie national, bestenfalls in mehreren Ländern je national tätig waren. Weltweit ausgerichtet war nur die Rückversicherung, und diese war in diesem Zeitpunkt durch die sogenannte Haftpflichtkrise (Retroaktivität für Umweltschäden) und die drastische Zunahme der Katastrophenschäden (Hurrikane und Erdbeben) stark zersplittert. Aus dieser ersten Analyse ergab sich also die Schlussfolgerung, dass das Konzentrations-, Wachstumsund Rentabilitätspotenzial bei der Rückversicherung bedeutend höher und schneller realisierbar war als in der Erstversicherung.

49


Öffentliche Wahrnehmung als Unternehmeraufgabe

Welche Konsequenzen wurden daraus gezogen? In diesem veränderten Umfeld war die damalige Schweizer Rück mit ihren drei Bereichen Rückversicherung, Erstversicherung und Dienstleistungen vor allem deshalb nicht optimal strukturiert, weil diese drei Sektoren auch rentabilitätsmässig deutliche Unterschiede aufwiesen. Die Strategie, die sich aufdrängte, war einfach und radikal: Konzentration auf die Kernkompetenz Rückversicherung, die auch das grösste Gewinnpotenzial aufwies, und Verkauf aller Erstversicherungsgesellschaften sowie aller Diversifikationsbereiche, die keinen Beitrag zur Unterstützung der Rückversicherung leisteten.

Welche Aspekte waren bei der Umstrukturierung entscheidend? Zum einen die rasche und konsequente Durchsetzung der vom Verwaltungsrat beschlossenen Strategie. Vom Zeitpunkt des Grundsatzentscheides bis zum Verkauf aller Erstversicherungsgesellschaften vergingen nur 30 Tage, obwohl es sich namentlich für die Versicherungswirtschaft um einen Schnitt von damals noch nicht bekannten Dimensionen handelte. Die Bereinigung des weniger gewichtigen Dienstleistungsbereiches konnte dagegen schrittweise erfolgen. Zum anderen war es von zentraler Bedeutung, dass die durch die Trennung vom Erstversicherungssektor erworbene Kapitalkraft ausschliesslich zur Verstärkung des Rückversicherungspotenzials eingesetzt wurde, und zwar sowohl in allen Formen des aktiven Geschäfts als auch für gezielte Akquisitionen zur Erweiterung von geographischen und spartenmässigen Marktanteilen.

Wo steht Swiss Re heute? Mit der Rückbesinnung auf ihre Kernkompetenz ist im Grunde eine neue Rückversicherung entstanden. Dies kommt deutlich in der Organisation von Swiss Re zum Ausdruck, die auf der Optimierung von Dezentralisation und Integration beruht. Die Dezentralisation kommt in der Divisionalisierung zum Ausdruck, die sowohl thematisch als auch geographisch ist. Die Integration führt dazu, dass die gemeinsame Potenz, das Wissen und die Kapitalkraft zentralisiert sind. Dabei bleibt zu berücksichtigen, dass die grössten Investitionen in der Rückversicherung – im Gegensatz zur Industrie – nicht primär auf Maschinen bzw. den Produktionsapparat, sondern auf die Ausbildung von bereits hoch qualifizierten Personen und die Förderung des Wissens entfallen. Der Wettbewerbsvorsprung, den Swiss Re erwiesenermassen erreicht hat und ausbauen will, besteht letztlich im kumulierten Wissen und Know-how ihrer Mitarbeiter.

50


«Es ist zu erwarten, dass sich die Entwicklung im Zeichen des Wandels und der Globalisierung beschleunigen wird; dabei wird es letztlich nicht entscheidend sein, was die künftig Verantwortlichen machen werden, sondern wie sie es tun.» Welche Rolle spielt dabei die Informatik? Die Informations-Technologie (IT) hat sich in dieser Neuorientierung zu einer globalen Plattform mit Eigendynamik entwickelt, die bei Swiss Re direkt als eigene Division in der Spitze der Geschäftsleitung vertreten ist. Vorbei sind die Zeiten, in welchen Computeranwendungen eine komplementäre Randfunktion zukam. Heute geht es darum, das enorme, in Daten gespeicherte Wissen gebündelt in einem weltweit vernetzten System – im sogenannten Global Village – rasch den kundenorientierten Teams in übersichtlicher Form verfügbar zu machen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass IT zunehmend raschere Fortschritte erzielt, womit gewaltige Investitionen in Hardware und Software unerlässlich sind, um den Entscheidungsgremien immer aussagekräftigere Szenarien über mögliche und wahrscheinliche Entwicklungen zu liefern.

Wie sieht die Zukunft von Swiss Re aus? Es ist zu erwarten, dass sich diese Entwicklung im Zeichen des Wandels und der Globalisierung beschleunigen wird; dabei wird es letztlich nicht entscheidend sein, was die künftig Verantwortlichen machen werden, sondern wie sie es tun. Das kundenorientierte Angebot von massgeschneiderten Lösungen ist ein permanenter Lernprozess, bei welchem Swiss Re sich ständig bemüht, ihre Mitarbeiter nach Kriterien auszusuchen und zu fördern, dass sie zu den «SchnellLernern» gehören. Das Erfassen von Problemen, die fundierte Analyse, die kompetente Beratung dürften in Zukunft eine zunehmend wichtigere Rolle spielen, bei welcher die differenzierte Entwicklung von Rückversicherungs- und Finanzprodukten am Ende der Kette stehen wird.

Wo setzt Swiss Re Prioritäten bei Kunden, Mitarbeitern und Aktionären? Die Interdependenz ist derart offensichtlich, dass es falsch wäre, willkürliche Prioritäten zu setzen. Es liegt auf der Hand, dass die Kundenorientierung am Anfang stehen muss, sonst braucht man weder Mitarbeiter noch Aktionäre, denn ohne Kunden kann eine Firma gar nicht existieren. Wichtiger als in diesem Dreieck vermeintliche Gegenpole zu suchen, ist es, eine vierte Dimension zu erkennen, die von vielen Managern immer noch unterschätzt wird, nämlich die Wahrnehmung einer Unternehmung in der breiten Öffentlichkeit. Es genügt nicht, betriebswirtschaftlich hervorragende periodische Ergebnisse mit vielen Zahlen und blendenden Ratios zu präsentieren, um Vertrauen in die Unternehmenszukunft zu erwecken.

51


Öffentliche Wahrnehmung als Unternehmeraufgabe

«Rüschlikon ist nicht ein Schulungszentrum, wie es schon viele gibt, sondern eine Art Forum, gewissermassen ein virtueller Ideenmarkt, wo im Sinne der «Value Proposition» von Swiss Re nach «mehr Wert» für alle Teilnehmer gesucht wird.» Warum ist die öffentliche Wahrnehmung so wichtig? Obwohl Swiss Re – am Prämienvolumen gemessen – weltweit einer der führenden Rückversicherer ist und im Bereich «Life & Health» sogar die Spitzenposition erreicht hat, ist die Anzahl ihrer Kunden – grosse Direktversicherer, multinationale Konzerne und bedeutende Institutionen – relativ klein. Für diese Kunden, welche von sich aus ihre Dienste beanspruchen, braucht Swiss Re weder Werbung noch Public Relations im herkömmlichen Sinne. Umso wichtiger ist aber für uns als global tätiges Unternehmen die Frage, wie wir in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Insbesondere Konzerne, die – wie Swiss Re – in den letzten Jahren rasch gewachsen und profitabel sind, stehen immer mehr im Rampenlicht: sie werden genau und mit kritischen Augen beobachtet. Diese «Public Perception» spielt letztlich sogar wie ein Echo direkt eine wichtige Rolle für potenzielle Mitarbeiter: es ist von entscheidender Bedeutung, dass die besten Leute in den vielen Ländern, wo sie tätig ist, gerne für Swiss Re arbeiten wollen.

Welche Rolle spielt die Kapitalkraft von Swiss Re in diesem Zusammenhang? Swiss Re hat eine positive Einstellung zur Globalisierung und zum Kapitaleinsatz, also auch zum Kapitalgewinn. Dabei hat die Kapitalkraft zwei Aspekte, die sich natürlich gegenseitig ergänzen. Zum einen hat jeder Kapitaleinsatz nur kombiniert mit Kreativität seine volle Wirkung, und bei Swiss Re lässt sich eindeutig feststellen, dass der Beratungsanteil schneller wächst als die rein finanzielle Komponente. Zum anderen dient der kreative Kapitaleinsatz nicht der Reduktion von Risiken, sondern – und hier besteht vermutlich in der öffentlichen Wahrnehmung noch zu wenig Verständnis – er soll die Kunden in die Lage versetzen, mehr Risiko einzugehen, also mehr Chancen zu nutzen. In diesem Sinne hat Swiss Re auch eine positive Einstellung zum Risiko, weil jede menschliche Tätigkeit ohnehin immer mit gewissen Risiken verbunden ist. Es geht also nicht darum, eine gar nicht existierende Sicherheit zu suchen, sondern Risiken zu analysieren und zu evaluieren, und – eben dank der Kapitalkraft – für die Grenzen der Versicherbarkeit neue Horizonte zu erschliessen und sinnvolle Innovationen zu ermöglichen.

Gibt es Grenzen für die Erforschung der Gentechnologie? Sicher ist nicht jedes Risiko wünschbar. Beispielsweise in der Gentechnologie sind die Konsequenzen noch nicht übersehbar, geschweige denn messbar. Trotzdem dürfte ein Verbot jeglicher Erforschung und Anwendung mehr Risiken in sich bergen als eine kontrollierte Entwicklung und eine verantwortungsvolle Anwendung. Dabei ist höchste Sorgfalt sowie eine enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Industrie und Assekuranz absolut unerlässlich.

52


Welche Bedeutung haben die sogenannten Phantomrisiken? Gerade in diesem Zusammenhang spielt die öffentliche Wahrnehmung eine ausserordentlich wichtige Rolle. Der Versicherer kann zum Beispiel die Problematik schwacher elektromagnetischer Felder, die unter dem Schlagwort «Elektrosmog» bekannt sind, weder naturwissenschaftlich noch philosophisch, medizinisch oder juristisch und schon gar nicht parteipolitisch bewerten. Der Versicherer kann also diese Probleme nicht lösen, sondern nur dazu beitragen, Möglichkeiten der Problembewältigung – also des Risikotransfers – zu skizzieren. Die Bewältigung von «Phantomrisiken» ist letztlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bei welcher ein Konsens darüber gefunden werden muss, wieviel Risiko dem Einzelnen zugemutet werden darf. Im Klartext: Wieviele Risiken dürfen innerhalb eines bestimmten Zeitraums durch eine technische Nutzanwendung eingegangen werden? Falls diese Frage mit «keine» beantwortet wird, muss auf jede Technik verzichtet werden.

Wie steht es allgemein mit der Haftung für noch unbekannte Risiken? Die Versicherungswirtschaft hat aus der sogenannten Haftpflichtkrise in zweifacher Hinsicht Lehren gezogen. Einerseits werden Risiken, die rein politischer Natur im weitesten Sinne sind, grundsätzlich gar nicht versichert, da die Imponderabilien viel zu gross und deshalb unkalkulierbar sind. Zudem gibt es in demokratischen Systemen andere Mittel als die Versicherung, um politische Entscheide zu beeinflussen bzw. zu korrigieren. Anderseits hat die amerikanische Rechtsprechung die Deckungen für Schäden, die explizit – weil noch nicht absehbar – gar nicht versichert waren, rückwirkend durchgesetzt. Das hat zu neuen Vertragsformen geführt. Um einer allfälligen Rechtsunsicherheit zu begegnen, sind die Versicherer dazu übergegangen, ihre Risikodeckungen enumerativ aufzuzählen, also im jeweiligen Einzelfall genau zu definieren.

Was bedeutet «Rüschlikon» für Swiss Re? Die ganze Anlage von Rüschlikon ist sowohl ein «Wettkampfplatz des Denkens» als auch Marktplatz und ein Profit-Center. Dort sollen sich Kunden, Wissenschafter, Versicherer, Behörden treffen, also alle Partner der ganzen «Risikogemeinde». Trotz – oder vielleicht gerade wegen – der dort herrschenden emotionalen und angenehmen Atmosphäre ist Rüschlikon nicht etwa ein «Vergnügungspark zur Erholung», sondern ein Labor für das normale Geschäft, wo in einem stilvollen Rahmen konkrete Lösungsansätze gesucht und Rückversicherungsverträge abgeschlossen werden. Es ist vor allem nicht ein Schulungszentrum, wie es schon viele gibt, sondern eine Art Forum, gewissermassen ein virtueller Ideenmarkt, wo im Sinne der «Value Proposition» von Swiss Re nach «mehr Wert» für alle Teilnehmer gesucht wird.

53


Swiss Re Publishing

Swiss Re Life & Health Global Underwriting Manual In der letzten Zeit sind die Anforderungen an Risikoprüfer durch neue Gesetze, die Globalisierung und demographische Veränderungen ständig gestiegen. Aus diesem Grund haben wir ein elektronisches Risikoprüfungshandbuch erstellt, das technologisch auf dem neuesten Stand ist und dessen Inhalt neue Massstäbe setzt. In diesen Leitfaden sind die Erfahrungen aus verschiedenen Märkten und das Fachwissen der Mediziner und Risikoprüfer von Swiss Re Life & Health aus aller Welt eingeflossen. So tragen wir der weltweiten Ausrichtung unseres Geschäfts Rechnung. Das Handbuch enthält neue Funktionen wie eine Volltextsuche, einen interaktiven geographischen Teil, Rechenfunktionen und eine netzwerkgestützte Kommentarfunktion. Es wird unseren Kunden im Laufe des Jahres 2000 auf CD-ROM zur Verfügung gestellt. Als erstes wird das Handbuch im März in Asien eingeführt.

Trotz anhaltendem Preiszerfall und Überkapazitäten: Trendwende in den Kata-Märkten? Der Catastrophe Market Research Report (CAMARES) der Division Reinsurance & Risk bildet die Grundlage für diesen Flyer. Die Publikation fasst die Ergebnisse des CAMARESReports zusammen und gibt eine Übersicht über die wesentlichen Entwicklungen und Trends in Naturkatastrophen-Märkten (Kata-Märkten). Der Flyer liegt auf Deutsch und Englisch vor und kann unter der Nummer 250_99212_en/250_99212_de bestellt werden.

Umweltversicherung für Unternehmen Die Publikation basiert auf der Ende 1990 herausgegebenen Swiss ReBroschüre «Umwelt-Haftpflichtversicherung für Unternehmen». Die neue Fassung ist inhaltlich erweitert und berücksichtigt die seither erfolgten Veränderungen von Umweltrisiken mit ihrer rechtlichen Einbindung sowie Versicherung. Sie vermittelt einen Einblick in den Umweltbereich sowie in das gesellschaftliche und rechtliche Spannungsfeld, innerhalb dessen sich die öffentliche Diskussion bewegt. Auch finden Sie darin eine Beschreibung des Sicherungsbedarfs von Unternehmern sowie der Rolle der Versicherer. Abschliessend stellt die Broschüre eine Konzeption für die Umwelthaftpflichtversicherung und Bodenkaskoversicherung vor. Die neue Schrift ist in deutscher und englischer Sprache erhältlich. Weitere Exemplare der Publikation erhalten Sie unter der Angabe der Bestellnummer: 202_99203_de, 202_99203_en

Diese CD-ROM ist in englischer Sprache erhältlich bei: Vicki Boaden, Swiss Re Life & Health, London (Tel: +44 171 814 3184, Fax: +44 171 814 3014, Lotus Notes Vicki Boaden/Swiss Re)

54

Asset management Swiss Re Investors bietet ihren Kunden Asset Management als zusätzliche Dienstleistung an. Die vorliegende Broschüre beleuchtet die zunehmende Bedeutung des Finanzergebnisses für die Assekuranz. Sie beschreibt die Philosophie, welche Swiss Re Investors mit Asset Management verfolgt: Ertragsoptimierung unter Einbezug der Risikostruktur der Bilanz. Dank der Erfahrungen im Versicherungswie Anlagenbereich kann Swiss Re Investors den Kunden massgeschneiderte Lösungen für ihre Anlagen anbieten. Die Broschüre zeigt in groben Zügen, wie Swiss Re diesbezüglich die Rolle im Dienste der Kunden versteht. Asset management ist in Englisch, Deutsch, Französisch, Spanisch und Italienisch erhältlich. Bestellnummer: 208_98161_en, 208_98161_de, 208_98161_fr, 208_98161_sp, 208_98161_it


Project finance Was verstehen Rückversicherer und Versicherer unter Projektfinanzierung? Warum wird angenommen, dass Versicherung in diesem sich schnell entwickelnden Geschäftsfeld Mehrwert bietet? Eine neue, von Swiss Re Publishing herausgegebene Publikation gibt auf die oben gestellten Fragen zeitgemässe Antworten. Sie stellt die wichtigsten Elemente der Projektfinanzierung (Parteien, Strukturen, Phasen) vor, definiert das heutige Anwendungsgebiet der Versicherung und entwickelt ein Instrument für eine umfassende Risikoanalyse auf dem Gebiet der Projektfinanzierung. Weiter gibt sie Anregungen für eine «Neudefinition» der Rolle der Versicherer in der Projektfinanzierung. Die Versicherungsbranche hat den Vorteil, dass sie die zahlreichen Einzelrisiken erkennen kann und trotzdem den Überblick über das Risiko der Projektfinanzierung als Ganzes im Auge behält. So baut sich der Überblick von unten nach oben auf; zu den Erkenntnissen gelangen wir von oben nach unten. Die Publikation ist in englischer Sprache unter der Nummer 210_99209_en erhältlich.

Rück-Fragen – kleines Lexikon der Rückversicherung Da das Risikogeschäft nicht nur facettenreich, sondern auch sehr komplex ist, hat Swiss Re ein kleines Lexikon herausgebracht. Anhand von rund 70 Stichwörtern – von A wie Amerika über M wie Markt und R wie Risiko bis Z wie Zürich – können sich Geschäftspartner, potenzielle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die breitere Öffentlichkeit über die grundlegende Terminologie zu Tätigkeit und Philosophie, Produkten und Dienstleistungen, Märkten und Methoden von Swiss Re informieren. Bestellnummer: 208_98132_de, 208_98132_en, 208_98132_es, 208_98132_fr, 208_98132_it

Swiss Re Publishing – Publications 2000/2001 Das jährlich neu aufgelegte Verlagsprogramm zeigt Swiss Re’s gesamte Themenvielfalt. Es führt durch die Kapitel Natur/Katastrophen, Technik/ Industrie, Gesellschaft, Leben/Krankheit, Haftpflicht, Luftfahrt/Transport, Versicherungstechnik, Integrierte Risikofinanzierungslösungen, Periodika, Flyers, über Swiss Re und Web Publishing. Bestell-Nr.: 208_00225

55

«sigma» Nr. 2/2000: Natur- und Man-made-Katastrophen 1999 1999 betrugen die Versicherungsschäden aus Naturkatastrophen und Man-made-Grossschäden USD 28,6 Mrd.; USD 24,4 Mrd. gingen dabei auf Natur-, USD 4,2 Mrd. auf Manmade-Schäden zurück. Damit trugen die Versicherer im Berichtsjahr die zweithöchste Schadenlast ihrer Geschichte, hinter 1992, dem Jahr von Hurrikan Andrew. Hauptursache für die hohe Schadenlast waren sieben Milliardenschäden aus Stürmen und Erdbeben: Den mit USD 4,5 Mrd. teuersten Versicherungsschaden verursachte der Wintersturm Lothar. Die sechs weiteren Milliardenschäden: Taifun Bart in Japan, Hurrikan Floyd in den USA, den Bahamas und der Karibik, der Wintersturm Martin, das Erdbeben in Izmit, die Tornados in den USA vom 3. Mai und das Erdbeben auf Taiwan; der Hagelsturm in Sydney verfehlte die Milliardenschwelle nur knapp.

«sigma» Nr. 7/1999: «Assekuranz Global 1998: Deregulierung, Überkapazitäten und Finanzkrisen dämpfen das Prämienwachstum» 1998 hat sich das weltweite Prämienwachstum gegenüber dem Vorjahr deutlich abgeschwächt. Die Entwicklung der Nichtlebenversicherung ist durch wirtschaftliche Probleme v. a. in Japan und Südostasien und einen scharfen Verdrängungswettbewerb infolge Deregulierungen und Überkapazitäten in den Industrieländern gekennzeichnet, sodass die Prämieneinnahmen erneut stagnierten. Sieht man von den durch die Finanzkrise stark belasteten Länder Asiens ab, kann in der Lebensversicherung von einem anhaltenden Boom gesprochen werden.

Erstmaliges «sigma»-Poster: «The insurance chartroom: Global indicators 1980–1999» Das Poster zeigt die wichtigsten Indikatoren der globalen Versicherungswirtschaft in den letzten zwanzig Jahren auf einen Blick: Wachstumsraten des direkten Prämienvolumens gegliedert nach Nichtleben- und Lebengeschäft und Regionen, Versicherungsausgaben in Prozent des Einkommens, Combined Ratios und Versicherungsaktienindex, globale Wachstumsraten des Erst- und Rückversicherungsgeschäfts, versicherte Schäden aus Naturkatastrophen. Das Poster in A1-Format kann bei Economic Research & Consulting bestellt werden. Es eignet sich hervorragend zur Abgabe an Kunden. Eine verkleinerte Ausgabe im A3-Format liegt «sigma» Nr. 7/1999 bei.

Bitte senden Sie Ihre Bestellung von Publikationen (mit Angabe der Bestellnummer) an: Swiss Re Swiss Re Publishing Postfach CH-8022 Zürich Fax +41 1 285 20 23 E-Mail: publications@swissre.com Die Swiss Re-Publikationen sind auch in elektronischer Form im Internet verfügbar: www.swissre.com «sigma»-Ausgaben können bestellt werden bei: Swiss Re, Economic Research & Consulting Zürich: Silvia Horlacher Tel. + 411 285 25 51 Fax + 411 285 47 49 New York: Clare Gallagher Tel. +1 212 317 51 35 Fax +1 212 317 54 55 Hong Kong: Eunice Kwok Tel. + 852 25 82 56 91 Fax + 852 25 11 66 03


© 2000 Schweizerische Rückversicherungs-Gesellschaft Zürich Titel: Swiss Re 2000 Wertschöpfung durch Wissen Herausgeber: Swiss Re Publishing Redaktion/Realisation: Corporate Communications Language Services Grafische Gestaltung: Galizinski Gestaltung, Zürich Bildnachweis: Foto Studio Peter Leuenberger, Bern Keystone, Zürich (S. 6,11,15, 48, 53) Zusätzliche Exemplare sowie eine Übersicht der Swiss Re-Publikationen (Swiss Re Publishing – Our expertise for your benefit) können bestellt werden bei: Swiss Re Mythenquai 50/60 Postfach CH-8022 Zürich Telefon + 41 1 285 21 21 Telefax + 41 1 285 20 23 E-mail publications@swissre.com Swiss Re-Publikationen sind auch in elektronischer Form im Internet verfügbar: www.swissre.com Bestellnummer: 208_00220_de C&H, 5/2000, 16 500 de


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.