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Martin Schläpfer
Martin Schläpfer “Mein Tanz, mein Leben”
Eine sensible, analytisch-philosophische Leseerfahrung von Ingeborg Tichy-Luger über den Tanz und das Menschsein
Die Seele ist ein weites Land. Bereits das für ein Buch-Cover privat anmutende Foto von Martin Schläpfer – mit lockendem Blick, jedoch sich schützender Körperhaltung – zeigt dem Leser, was ihn erwartet: Der Schweizer Ballettschaffende lädt ein zu neun ausgedehnten Spaziergängen aber auch fordernden Klettertouren durch seine Kunst, sein Leben und seine Seelenlandschaft mit teils ungewöhnlich tiefen Einblicken – zeigt jedoch sehr klar auf, in welche Gefilde er nur allein weiterwandern will.
Die Journalistin Bettina Trouwborst kennt Martin Schläpfer von zahlreichen Interviews während seiner Düsseldorfer Schaffensperiode und Direktionszeit beim Ballett am Rhein und hat neun Gespräche mit ihm innerhalb weniger Monate aufgezeichnet. Ebenso, wie man es aus früheren SchläpferTrouwborst-Zeitungsinterviews kennt, hat sie es auch für dieses Buch – teils hartnäckig nachfragend – verstanden, dass Martin Schläpfer Sensibles, Privates, aber auch kritische, griffige Worte preisgibt.
Den künstlerischen und privaten Lebensweg Martin Schläpfers, der in der Enge und Strenge seines Schweizer Heimatortes Altstätten begonnen hat, zeichne ich im Folgenden anhand von Originalzitaten aus den neun Kapiteln seines Buches nach: Assoziationen, Facetten, Impressionen, Auswirkungen und die Prägung von Schläpfers heutigem Sein – vom Shootingstar mit eigenbestimmtem Ende seiner Tänzerlaufbahn bis zum, aus diesem Karrierebruch gewachsenen, internationalen Starchoreographen und erfolgreichen Ballettdirektor, seiner Kunst, seiner Einstellung zum Leben und zu den Menschen.
Eins. “Vater ist sehr früh als sogenannter Atheist geVom Biobauern zum Meisterchoreographen: storben.” – “Mit dem Erwachsenwerden konnte Martin Schläpfers Weg zu sich selbst. ich an keinen personifizierten Gott mehr glauben. Aber natürlich an das Höhere grundsätzlich … Sein Vater sei ein Bauernsohn gewesen, erzählt Es ist schon eine Hoffnung in mir, dass es so etSchläpfer, und habe ihn schon sehr geprägt. was gibt.” – “Es ist richtig, dass es immer auch “Die ersten fünf Lebensjahre haben wir noch in um diese Debatte in meinem Werk geht.” Altstätten im Rheintal gelebt, umgeben von der Natur. Es war schön und unbeschwert, abgesehen “Heute weiß ich, dass ich diese schmerzlichen Erfahrungen gebraucht habe, um der zu werden, der ich bin.” “Ich war ein Träumer, ein sehr scheues, aber gleichzeitig auch sehr wildes, motorisches Kind.” – von den geschwisterlichen Querelen mit meinen “Das Komplexe kam eigentlich erst mit der Brüdern. Sie sind zehn und sechs Jahre älter …” – Pubertät und der Sekundarschule.” “Meine Mutter hat alles für uns gemacht, dreimal “Zwischen meinem dreizehnten und fünfam Tag hat sie für uns gekocht. Wir waren ver- zehnten Lebensjahr war ich Eiskunstläufer. Bei wöhnt.” einem Schaulaufen auf der Eisbahn in St. Gallen,