Grenzüberschreitendes integriertes Gesamtverkehrssystem

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Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen

Forschungsprogramm Stadtverkehr zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden (FoPS 2003)

Entwicklung grenzüberschreitender integrierter Gesamtverkehrssysteme (GIG) am Beispiel der Städte Görlitz / Zgorzelec und Frankfurt (Oder) / Slubice KURZBERICHT


Im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen FE 70.717 „Entwicklung grenzübergreifender integrierter Gesamtverkehrssysteme (GIG) am Beispiel der Städte Görlitz / Zgorzelec und Frankfurt (Oder) / Slubice“ Dipl.-Ing. Dipl.-Vw.-Wirt Stephan Kathke (Projektleiter) Dipl.-Ing. Katrin Heinz Dipl.-Ing. Dörthe Andree In Kooperation mit Dr. rer. pol. Reiner Koblo

Ernst Basler + Partner GmbH Tuchmacherstraße 47 14482 Potsdam Telefon 0331 74 75 90 Fax 0331 74 75 9 90 E-Mail info@ebp.de Internet www.ebp.de

Mai 2005


Inhaltsverzeichnis 0

Kurzfassung des Kurzberichts............................................................. 4

1

Ausgangslage und Aufgabenstellung ................................................. 7

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Untersuchungsmethode..................................................................... 9

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Untersuchungsergebnisse und Folgerungen f端r die Praxis................. 16


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Kurzfassung des Kurzberichts

Mit der Erweiterung der Europäischen Union zum 1. Mai 2004 haben sich die Rahmenbedingungen für die Wirtschafts-, Regional-, Stadt- und Verkehrsentwicklung in den Grenzregionen deutlich verändert. Diese Veränderungen treten am stärksten in den Doppelstädten zu Tage, die beiderseits der Grenze über eine - ehemals zusammen gehörende - Siedlungsstruktur verfügen. Damit stehen diese Doppelstädte Frankfurt (Oder) und Slubice sowie Görlitz und Zgorzelec vor der Aufgabe, zwei getrennte Verkehrssysteme zu einem gemeinsamen, integrierten Gesamtverkehrssystem zu entwickeln. Im Rahmen des Forschungsprojektes »Entwicklung grenzüberschreitender integrierter Gesamtverkehrssysteme (GIG) am Beispiel der Städte Görlitz / Zgorzelec und Frankfurt (Oder) / Slubice«formulierte das BMVBW folgende Ziele: •

Entwicklung von Modellansätzen zur Abbildung und Prognose von grenzüberschreitenden Verkehren im Grenzraum mit Analyse und Vergleich von Mobilitätskennwerten und von Verfahren zu deren Gewinnung in Deutschland, Polen und Tschechien

Entwicklung von Szenarien bzgl. des Angleichs des Verkehrsverhalten der Bevölkerung

Ableitung von Handlungsempfehlungen für die Entwicklung grenzüberschreitender integrierter Gesamtverkehrskonzepte

Neben der inhaltlichen Bearbeitung stand die Etablierung bzw. Fortführung geeigneter Netzwerke, die die Entwicklung grenzüberschreitender integrierter Gesamtverkehrssysteme politisch, fachlich und administrativ begleiten, im Fokus der Forschungen. Über die detaillierte Analyse der jeweiligen spezifischen Ausgangssituationen in beiden Grenzstädten und in Regionen mit ähnlicher Entwicklung war insbesondere die Entwicklung eines praktikablen und fortschreibbaren Verkehrsmodelles Schwerpunkt der Forschungsarbeiten. Dem Verkehrsmodell wurde ein breiter Szenarienfächer möglicher Entwicklungen zugrunde gelegt. Zur Szenarienausprägung wurden die Komponenten •

Rahmenbedingungen (gesetzliche und ordnungspolitische Rahmenbedingungen)

Wirtschaft (Gesamtwirtschaftliche, stadtregionale und städtische Entwicklungen)

Bevölkerung (Entwicklung, Alters- und Sozialstruktur)

Kurzbericht


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Stadtentwicklung, Wohnungsmarkt und Versorgung (Haushalts- und Wohnungsgrößen, Wohnstandorte, Entwicklung Stadtstruktur, Standorte)

Nationale Kultur / Zusammenwachsen (Abgrenzung / Offenheit, Sprache)

Motorisierung und Verkehrsverhalten (allgemeine und gruppenspezifische Verkehrsverhaltensentwicklung)

Verkehrsinfrastruktur und -nutzung (Grenzüberschreitende Angebote, Tarife)

Kurzbericht

verwendet. Durch die vertiefte Untersuchung zweier Szenarien des Szenarienfächers (Impuls- und Transitszenario) anhand des Verkehrsmodells konnten modellstadtbezogene wie generelle Empfehlungen für die künftigen Entwicklungen abgeleitet werden. •

Die raumordnerische Rolle der Grenzstädte muss national und grenzübergreifend aufgewertet werden. Dies bedeutet auch, dass eine adäquate finanzielle Bewertung dieser Zusatzaufgabe (z. B. Etablierung einer kontinuierlichen Kooperation durch Einrichtung einer Geschäftsstelle) erfolgen muss.

Die bestehenden Freizügigkeitseinschränkungen insbesondere zum Arbeits- und Wohnungsmarkt sind dem Zusammenwachsen der Grenzregionen nicht zuträglich.

Die entwickelte Szenarienmethodik bildet eine gute Grundlage für verkehrspolitische Entscheidungen und künftige Fortschreibungen.

Die auf polnischer und tschechischer Seite eintretenden Entwicklungen auf dem Wohnbaumarkt (Suburbanisierung) und im Einzelhandel müssen stärker im Sinne einer integrierten und verkehrsvermeidenden Stadtentwicklung gesteuert werden.

Auf den prognostizierten Anstieg der Motorisierung auf polnischer bzw. tschechischer Seite sowie der zu erwartenden Zunahme der grenzübergreifenden Verkehre muss kurzfristig mit abgestimmten verkehrspolitischen Leitbildern und Maßnahmen reagiert werden.

Die Fortschreibung bzw. Entwicklung grenzübergreifender Strukturkonzepte ist als Dachprozess für die künftige Stadtentwicklung kurzfristig erforderlich. Dazu gehört auch der Aufbau eines grenzübergreifenden Monitoringsystems.

Aus den Strukturkonzepten lassen sich Leitlinien für die nachfolgenden sektoralen Planungen ableiten, die Erstellung grenzübergreifender Verkehrsentwicklungspläne wird empfohlen.

Die weitere ressortübergreifende Vernetzung der Aktivitäten und Projekte zur grenzübergreifenden Verkehrs- und Stadtentwicklung ist für die Grenzräume von hoher Priorität.

Langfristig sollten die beiderseits der Grenzen vorhandenen bzw. entstehenden ÖV-Verkehrssysteme in einen Verkehrsverbund integriert werden.

Europäische und nationale Raumordnung und Landesentwicklung


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Die Finanzierung des ÖPNV sollte sich künftig stärker an leistungsbezogenen Kriterien orientieren.

Für die nächste EU-Programmplanungsperiode 2007 bis 2013 sollten die Grenzstädte bereits jetzt Konzepte vorbereiten, die als Grundlage für mögliche Förderprojekte dienen.

Im Ergebnis lässt sich der künftige Forschungs- und Vertiefungsbedarf in folgenden Handlungsfeldern festhalten: Finanzierung des ÖPNV • Rechtsanpassung der ÖPNV-Finanzierung in den EU-Beitrittsländern Statistik und Monitoring • Etablierung eines geeigneten grenzübergreifenden Monitoringsystems Anpassung von Verkehrssystemen an demographische Änderungen • Gestaltung altersgerechter Verkehrssysteme Soziodemographie • Abbildung der Bestimmungsgründe für Wege in das jeweils andere Land als Basis für die Verkehrsmodellierung in Grenzräumen •

Bestimmungsgründe der Wohnstandortwahl im Umfeld einer alternden Gesellschaft

Kurzbericht


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1

Kurzbericht

Ausgangslage und Aufgabenstellung

Ausgangslage Zum 1. Mai 2004 haben sich mit der Erweiterung der Europäischen Union die Rahmenbedingungen für die Wirtschafts-, Regional-, Stadt- und Verkehrsentwicklung in den Grenzregionen gravierend verändert. Dies betrifft inbesondere die unmittelbar an der Grenze liegenden Städte und Gemeinden.

Bezugspunkt EU-Ostweiterung

Mit dem EU-Beitritt verändern sich die Verkehrsverflechtungen und Austauschbeziehungen auf allen räumlichen Ebenen. Auf der transnationalen Ebene sind vor allem die Veränderungen der wirtschaftlichen Beziehungen ausschlaggebend, die zu verkehrlichen Veränderungen führen. Auf der lokalen Ebene sind diese verkehrlichen Veränderungspotenziale im Vergleich jedoch weit höher und komplexer. Die Disparitäten und Angleichungsprozesse in den „städtischen“ Funktionen Wirtschaft, Wohnen, Versorgung, Bildung, Kultur initiieren quantitative und qualitative Veränderungen der Verkehrsbezüge, die durch die anstehenden Veränderungen der Motorisierung und des Verkehrsverhaltens in den Beitrittsstaaten noch verstärkt werden.

komplexe verkehrliche

Ausmaß und Ausprägung dieser Veränderungen in den unterschiedlichen Grenzsituationen sind dabei nur sehr eingeschränkt prognostizierbar, weil Erfahrungen aus vergleichbaren Entwicklungen, z. B. im westlichen Grenzraum der Bundesrepublik Deutschland, nur bedingt übertragbar sind.

Ausmaß und Ausprägung „vor

Die nördlichste dieser Grenzsituationen befindet sich auf Usedom / Wollin an der mecklenburgisch-vorpommerschen Grenze zur polnischen Republik. Die südlichste dieser Situationen befindet sich an der bayrischen Grenze zur Tschechischen Republik mit den Städten Selb und Marktredwitz bzw. As und Cheb auf der tschechischen Seite.

Relevante Grenzsituationen von

Am stärksten sind die Städte und Gemeinden betroffen, die von einem gemeinsamen historisch gewachsenen Siedlungsgefüge geprägt sind, das sich in der Zeit nach 1945 beidseits der Grenze unterschiedlich entwickelt hat. Diese Konstellation ist in den Modellstädten, den beiden Doppelstädten Frankfurt (Oder) / Slubice und Görlitz / Zgozelec am prägnantesten ausgeprägt.

Doppelstädte im Fokus des

In diesen Grenzstädten müssen zwei getrennte Verkehrssysteme zu einem integrierten Verkehrssystem zusammengeführt werden, um die sich verändernden Verkehrsbeziehungen abwickeln zu können. Darüber hinaus sollen aber auch Potenziale der grenzübergreifenden Kooperation genutzt werden, um verkehrsvermeidende und -effektivierende Synergien zu nutzen.

Potenziale der grenz-

zum 1. Mai 2004

Veränderungspotenziale in den Grenzstädten

Ort“ nur eingeschränkt prognostizierbar

Usedom bis zum Bayerischen Wald

Projektes

übergreifenden Stadt/Verkehrsentwicklung nutzen


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Dies wirft eine Reihe planerischer, technischer, rechtlicher, organisatorischer, struktureller und weiterer Fragestellungen auf, mit denen die Grenzstädte zusätzlich zu den jeweiligen „eigenen“ Problemstellungen konfrontiert sind.

Kurzbericht

Grenzstädte sind mit „zusätzlichen“ Problemstellungen konfrontiert

Aufgabenstellung Aufgrund des offensichtlichen Forschungsbedarfs hat das BMVBW die Bearbeitung des Forschungsprojekts FE 70.717 „Entwicklung grenzübergreifender integrierter Gesamtverkehrssysteme (GIG) am Beispiel der Städte Görlitz / Zgorzelec und Frankfurt (Oder) / Slubice“ in das Forschungsprogramm Stadtverkehr zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden (FoPS 2003) aufgenommen.

Reaktion des BMVBW auf

Um die sich ergebenden verkehrlichen Problemstellungen erkennen zu können, abgestimmte und effiziente Handlungsabläufe zu organisieren und somit die Entwicklung einer gemeinsamen interkommunalen grenzübergreifenden Verkehrsinfrastruktur nachhaltig beeinflussen zu können, wurde für das Forschungs- und Untersuchungsvorhaben vom BMVBW folgende Zielstellung formuliert:

Entwicklung gemeinsamer

Entwicklung von Modellansätzen zur Abbildung und Prognose von grenzüberschreitenden Verkehren im Grenzraum

Analyse und Vergleich von Mobilitätskennwerten und von Verfahren zu deren Gewinnung in Deutschland, Polen und Tschechien

Entwicklung von Szenarien bzgl. des Angleiches des Verkehrsverhalten der Bevölkerung

Beispielhafte Erarbeitung von Grundsätzen und Maßnahmebündeln für ein grenzüberschreitendes integriertes Gesamtverkehrssystem

Ableitung einer allgemeingültigen Handlungsempfehlung für die Entwicklung grenzüberschreitender integrierter Gesamtverkehrskonzepte

Aufzeigen der offenen Handlungs- und Forschungsfelder

Nutzung und Ausbau des bestehenden Forschungsnetzwerkes zur grenzübergreifenden Entwicklung

unmittelbaren Forschungsbedarf

interkommunaler Verkehrsinfrastrukturen im Fokus


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2

Kurzbericht

Untersuchungsmethode

Untersuchungsmethode Die angewandte Methodik läßt sich anhand der sieben aufeinander aufbauenden Arbeitspakete darstellen. •

Umfassende Analyse der Verkehrssysteme und -strukturen in räumlicher Hinsicht bzw. bezüglich sozio-ökonomischer und anderer relevanter Rahmenbedingungen

Etablierung eines projektbegleitenden übergeordneten Projektnetzwerkes und zweier Modellstadtnetzwerke

Erarbeitung eines grundhaften Verkehrsmodells zum grenzübergreifenden Verkehr zur Abbildung bestehender und Abschätzung zukünftiger Entwicklungen

Entwicklung und Erprobung von gemeinsamen Gestaltungsszenarien in den Modellstädten; Ableitung von konkreten modellstadtbezogenen Handlungsempfehlungen

Prüfung der Übertragbarkeit des entwickelten Verkehrsmodells, Strategieansätze und Empfehlungen für andere Grenzregionen

Handlungsanleitung zur Entwicklung grenzüberschreitender integrierter Gesamtverkehrssysteme hinsichtlich der Verkehrsmodellansätze, der Szenarien, der Planungs- und Finanzierungsinstrumente sowie der Kooperation

Ableitung des künftigen Forschungs- und Vertiefungsbedarfs; Analyse und Empfehlungen zum weiteren Forschungs- und Vertiefungsbedarf

Grundlagenermittlung Situationsanalyse

Projektorganisation

Verkehrsmodell

Modellstadtbezogene Vertiefung

Übertragbarkeitsprüfung

Handlungsanleitung

Künftiger Forschungsbedarf


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Kurzbericht

Die folgende Darstellung zeigt die Untersuchungsmethode in graphischer Form: Szenarienentwicklung und Szenarienkomponenten

Wirtschaftsentwicklung Stadtentwicklung Altersstruktur

Basismodell und Praxistest

Siedlungsstruktur Haushaltstruktur

Aktuelle Verkehrsnachfrage und Entwicklungstrends

Bevölkerungsprognosen

Stadtregionale Verkehrsstrukturen Grenzübergereifende Kooperation

Beschäftigung Motorisierung

Modellstadtbezogene Vertiefungen

SZENARIEN UND PROGNOSEN

Verkehrsverhalten Nationale Kultur

Stadt- und Siedlungsentwicklung

Wohnungsmarkt Sonstige Prognoseannahmen

Dissaggregierte und verhaltensorientierte Verkehrsmodellansätze

VERKEHRSMODELL

Versorgungsstruktur Verkehrsinfrastruktur

Entwicklung von Modellansätzen

Impulsszenario

Modellstadtspezifisches Mobilitätsverhalten

Prognose Verkehrsnachfrage

Transitszenario Siedlungsstruktur Bevölkerungstruktur Wirtschaftsstruktur

Modellstruktur und methodische Grundlagen

Versorgungsstruktur

Übertragbare Sachverhalte Übertragbarkeit auf andere Grenzräume

Verkehrsinfrastruktur

Bedingt übertragbare Sachverhalte Nicht übertragbare Sachverhalte

Grenzüberschreitendes integriertes Gesamtverkehrssystem

D/NL D/F/L D/F/CH

Beispiele anderer Grenzregionen

Wirtschaft Allgemeine Entwicklungstendenzen

Dachprozess grenzübergreifende integrierte Strukturplanung

Monostädte

gemeinsame verkehrspolitische Leitbilder

Görlitz/Zgorzelec Guben/Gubin

Grenzraum D/P/CZ

gemeinsame Verkehrsentwicklungsplanung

Doppelstädte Analyse verkehrsrelevanter Strukturen

ERGEBNISSE UND EMPFEHLUNGEN

Städtenetze GRUNDLAGEN

Transeuropäische Verkehrsnetze und Korridore

Stadtentwicklung & Wohnungsmarkt Kooperation

D/A/CH

Frankfurt(O)/Slubice

Verkehr

Stadtentwicklung und Wohnungsmarkt Handlungsanleitungen und Empfehlungen

Übergeordnete Verkehrsstrukturen

Einzelhandels- und Infrastrukturentwicklung zusätzliche Brückenstandorte Erweiterung des Strassenbahnnetzes Rechtsharmonisierung

Städteebene

ÖPNV-Finanzierung und -betrieb

Landes-/ Wojewoidschaftsebene Nationale Ebene (Bundesministerien)

Kooperation und Netzwerke Monitoring

Projektnetzwerk

Monitoringsystem Wissenschaftsnetzwerk Verkehrsmodellierung Öffentlichkeitsarbeit

Forschungs- und Vertiefungsbedarf

Altersgerechte Verkehrssysteme Wohnstandortwahl Rechts- und Planungsharmonisierung

Abbildung 1: Projektstruktur - Mindmap


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Das Projekt wurde im Zeitraum von Januar 2004 bis Juli 2005 durchgeführt. Entgegen der anfangs von einigen Modellstadtakteuren geäußerten Kritik am relativ späten Start des Projektes wurde im Projektverlauf deutlich, dass mit dem Projekt passgenau auf die einsetzende Dynamik der Veränderungen und den zunehmenden Handlungsbedarf in den Grenzregionen reagiert werden konnte.

Kurzbericht

Projektdurchführung zum Zeitpunkt zunehmender Entwicklungsdynamik

So konnten in der Projektlaufzeit signifikante Veränderungen der Verkehre festgestellt werden, die sowohl auf die unterschiedliche wirtschaftliche und Siedlungsdynamik, als auch die demographischen Prozesse zurückzuführen sind. Situationsanalyse Die Analyse umfaßte neben der Modellstadtebene auch die vergleichende Analyse bisheriger Projektansätze und Erfahrungen in anderen Grenzräumen. Verkehrsrelevante Strukturen und Verkehrssysteme im Grenzraum Im betrachteten Untersuchungsgebiet des deutsch-polnischen und des deutsch-tschechischen Grenzraumes lassen sich verschiedene Städtetypen hinsichtlich ihrer Grenzlage bzw. Grenzbeziehungen zu anderen Städten unterscheiden. In diesem Zusammenhang können die Städte als „Monostädte“, „Doppelstädte“ oder „Städtenetze“ typisiert werden.

Differenzierung in Monostädte,

Als Monostädte werden Städte bezeichnet, die keine unmittelbaren stadträumlichen bzw. verkehrlichen Verflechtungen zu Städten auf der jeweils anderen Grenzseite aufweisen. In diesen Konstellationen liegen die Monostädte überwiegend auf der deutschen Seite, während auf der polnischen bzw. tschechischen Seite nur ländlich geprägte Strukturen vorhanden sind. Beispielhaft genannt seien an der Grenze des Landes Brandenburg zur Republik Polen die Konstellation der Stadt Schwedt/Oder zur Gemeinde Krajnik Grn. (Polen).

Monostädte weisen keine

Unter dem Begriff Doppelstädte werden solche Städte zusammengefasst, bei denen hinsichtlich der Siedlungsstruktur eine klare Beziehung zueinander besteht. Im Wesentlichen umfasst dies Städte, die auf eine gemeinsame (Siedlungs-)Geschichte zurückblicken können und durch siedlungsstrukturelle Verknüpfungen - aber auch Abhängigkeiten - gekennzeichnet sind. Für das Forschungsprojekt sind die Doppelstädte von besonderer Relevanz, da für die Entwicklung grenzübergreifender integrierter Gesamtverkehrssysteme mit den bestehenden siedlungsstrukturellen Beziehungen die hierfür notwendigen Rahmenbedingungen vorhanden sind und darüber hinaus auch die Notwendigkeit einer Kooperation besteht.

Siedlungsstrukturen der

Doppelstädte und Städtenetze

unmittelbaren grenzübergreifenden Verflechtungen auf

Doppelstädte weisen klare Beziehungen zueinander auf


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Neben den vertieft betrachteten Modellstädten ist das kleinere „StädtePaar“ Guben / Gubin bezüglich der stadtstrukturellen Zusammenhänge als Doppelstadt zu identifizieren und bzgl. der Übertragbarkeit relevant.

Kurzbericht

„Referenz“-Doppelstadt Guben / Gubin

Als Städtenetze im grenznahen Raum werden solche Städte zusammengefasst, die in ihrer siedlungsstrukturellen Entwicklung zwar z. T. unabhängig voneinander sind, durch eine räumliche Nähe zueinander und die Einbindung in bestimmte Verkehrsnetze im Vergleich zu Monostädten dennoch nicht vollständig autark agieren (können). Kooperationsbeziehungen hinsichtlich einer interkommunalen Arbeitsteilung bzw. Abstimmung sind hier z. T. unbedingt erforderlich, z. T. aber auch aufgrund der regionalen Entwicklung von besonderem „freiwilligen“ Interesse (z. B. Tourismus- und Wirtschaftsentwicklung).

Städtenetze durch räumliche

Mit dem Zusammenschluss der drei Städte Bogatynia (PL), Hrádek nad Nisou (CZ) und Zittau (DE) zum Städteverbund »Kleines Dreieck« wurde in der Euroregion Neiße 2001 eine Städte-Kooperation in Form eines freiwilligen Zusammenschlusses initiiert. Mit der trilateralen Zusammenarbeit in verschiedenen Themenfeldern, der Erarbeitung abgestimmter Planungen und u. a. der gemeinsamen Realisierung von Verkehrsentwicklungsmaßnahmen, sollen strukturelle Defizite beseitigt und die Herausforderungen, die sich mit der EU-Erweiterung ergeben, bewältigt werden. Weitere netzartige Siedlungsstrukturen finden sich im westlich anschließenden sächsisch-tschechischen Grenzraum, weisen jedoch aufgrund ihrer geringeren Größenordnung und Verkehrsbeziehungen keine „stadttypischen“ Verkehrscharakteristik auf.

„Kleines Dreieck“ als etabliertes

Im Ergebnis der Grobanalyse der relevanten Grenzstadtsituationen ist zu konstatieren, dass die im Fokus des Projekts stehenden grenzübergreifenden Stadtverkehrssituationen nur in den beiden Modell-Doppelstädten und z. T. in Guben / Gubin anzutreffen sind. Alle anderen Grenzregionen sind damit nur bedingt vergleichbar. Neben der im Vergleich geringeren Größe und Funktion (Einwohnerzahl, zentrale Funktion), sind auch die Siedlungs- und Verkehrsstrukturen eher kleinstädtisch charakterisiert.

Grenzübergreifende

Nähe und funktionale Beziehungen geprägt

Städtenetz

„Stadtverkehrssituationen“ nur in den Doppelstädten

Die Modellstädte im Vergleich Beide Doppelstädte weisen u. a. mit der Lage an den europäischen Verkehrskorridoren, dem historischen Vorstadtcharakter der polnischen Städte, der aktuellen Schrumpfungsdramatik und dem leistungsfähigen ÖPNVSystem der deutschen Städte eine Vielzahl struktureller Vergleichbarkeiten auf. Hinsichtlich der jeweiligen Größe und Funktion zeigen sich deutlich größere Diskrepanzen. Zwischen Frankfurt (Oder) und Slubice sind diese Diskrepanzen weit größer, als zwischen Görlitz und Zgorzelec.

Doppelstädte mit

Die brandenburgische kreisfreie Stadt Frankfurt (Oder) (rd. 65.000 Einwohner) hat seit 1990 tiefgreifende Veränderungen und einen enormen Strukturwandel erlebt und bewältigen müssen. Ein anhaltender Bevölkerungs-

anhaltende Bevölkerungsverluste

Vergleichbarkeiten, aber auch Größen- und funktionalen Diskrepanzen

und Strukturschwäche in Frankfurt (Oder)


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Kurzbericht

verlust von ca. 18 % seit 1990 erfordert einen umfassenden Stadtumbau, in dessen Rahmen bisher erst Teilerfolge bzgl. der Reduzierung des Wohnungsbestands erzielt werden konnten. Trotz der raumordnerischen Funktion als Oberzentrum und Regionales Entwicklungszentrum ist eine entsprechende tragfähige Stabilisierung der Universitätsstadt derzeit noch nicht als gesichert anzusehen. Demgegenüber weist die in der Wojewodschaft Lubuskie gelegene Stadt Slubice (rd. 20.000 Einwohner) im gleichen Zeitraum eine stabile Entwicklung auf, die aufgrund der Grenzöffnungen durch positive wirtschaftliche Effekte gekennzeichnet ist. Slubice und Frankfurt (Oder) sind – auch aufgrund der historischen Zusammenhänge – bemüht, die vorhandenen Kooperationen weiter auszubauen. Einzelne Projekte wurden in diesem Zusammenhang bereits erfolgreich umgesetzt. Stadtentwicklungskonzeptionen beider Städte thematisieren die Förderung der „Zwillingsstadt“ bzw. die Herausbildung einer grenzübergreifenden StadtRegion. Während sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den letzten Jahren in Frankfurt (Oder) verschlechtert haben, profitiert Slubice von der strategisch günstigen Lage an wichtigen internationalen Verkehrskorridoren und der Nähe zu Frankfurt (Oder). Dennoch ist die Arbeitslosenquote derzeit in beiden Städten mit rd. 19 % sehr hoch.

Das kleinere Slubice weist eine

Frankfurt (Oder) und Slubice sind durch einen innerstädtischen Grenzübergang (Pkw, Fußgänger) miteinander verbunden. Beide Städte liegen an der Bahnverbindung zwischen Berlin und Warschau. Frankfurt (Oder) verfügt über gute Schienenverbindungen ins Umland (Regionalbahnen) sowie Regionalbuslinien. Slubice wird lediglich über verschiedene unregelmäßig verkehrende Regionalbusverbindungen an das Umland angeschlossen. Das öffentliche Nahverkehrssystem in Frankfurt (Oder) wird durch verschiedene Bus- und Straßenbahnlinien gebildet. In Slubice existiert derzeit kein städtisches Nahverkehrssystem. Eine öffentliche Verkehrsverbindung zwischen beiden Städten besteht bisher ebenfalls nicht. Im Februar 2005 wurde jedoch von den Stadtverordneten der Stadt Frankfurt (Oder) die planerische Vorbereitung der Verlängerung bzw. Wiederbelebung der Straßenbahnlinie nach Slubice beschlossen.

hochwertige ÖPNV-Verbindung

Die sächsische kreisfreie Stadt Görlitz (rd. 58.000 Einwohner) – einst ein wichtiges Industriezentrum der Region – muss sich seit den 1990er Jahren mit den Auswirkungen des ökonomischen Strukturwandels auseinandersetzen. Die Stadt war bis 1945 intensiv mit der polnischen Stadt Zgorzelec (rd. 34.000 Einwohner) verbunden und übernahm im Zusammenspiel wichtige Zentrumsfunktionen. Die deutlichen Bevölkerungsverluste von ca. 14 % seit 1990 in Görlitz haben dazu geführt, dass sich die Bevölkerungszahlen zwischen beiden Städten zunehmend angleichen. In Görlitz konnten trotz enormer Erfolge in der Sanierung und Reaktivierung der Altstadt bisher noch keine nachhaltig stabilisierenden Einwohnerzuwächse in der Altstadt erzielt werden. Im Rahmen des laufenden Stadtumbauprozesses

In Görlitz und Zgorzelec

stabilere Entwicklung auf

Frankfurt (Oder) / Slubice in Vorbereitung

Bevölkerungsverluste


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Kurzbericht

konnten bisher nur Teilerfolge erzielt werden, da Leerstandsverteilung und Zielkonflikte zwischen städtebaulichen und wohnungswirtschaftlichen Zielen derzeit nur geringe Eingriffe zulassen. Von der Grenzöffnung konnte Zgorzelec deutlich profitieren und entwickelt sich zu einem Handels- und Tourismuszentrum. Die Stadt verfügt über einen stabilen Arbeitsmarkt, die Arbeitslosenquote sinkt seit Jahren kontinuierlich (derzeit rd. 10 %). Die Arbeitslosenquote in Görlitz betrug im Februar 2005 rd. 25 %. An die gemeinsame Geschichte wollen beide Städte anknüpfen und planen u. a. die Entwicklung eines gemeinsamen Stadtzentrums »Brückenpark« mit Kultur-, Bildungs- und Freizeitangeboten. Görlitz und Zgorzelec sind durch zwei innerstädtische Grenzübergänge (einen für Pkw und Langsamverkehr, einen nur für Langsamverkehr) verbunden. Darüber hinaus gibt es nördlich der Stadt eine grenzüberschreitende Autobahnverbindung (A 4) sowie eine innerstädtisch verlaufende Bahnverbindung. Der ÖPNV in der Stadt Görlitz wird über Straßenbahnund Buslinien abgewickelt. In Zgorzelec gibt es eine Buslinie. Seit 1991 verkehrt eine grenzüberschreitende Busverbindung.

Bestehende grenzübergreifende Verkehrsverbindung Görlitz / Zgorzelec

Übergeordnete Verkehrsstrukturen und -systeme Durch den Untersuchungsraum verlaufen drei PAN-Europäische Verkehrskorridore: •

Korridor II: Berlin - Frankfurt (oder) - Warschau - Moskau

Korridor III: Berlin/Dresden - Görlitz - Wroclaw - Kiew

Korridor IV: Dresden/Nürnberg - Prag - Wien - Budapest - Constanta / Sofia - Thessaloniki - Istanbul

Diese Eisenbahn- und Straßenkorridore sind Teil der Transeuropäischen Verkehrsnetze (TEN). In beiden Modellstadtpaaren bestehen keine signifikanten Einflüsse der Verkehrskorridore auf die Stadtverkehrsentwicklung. Aufbereitung themenspezifischer Grundlagen und Ergebnisse Im Rahmen des Projektes erfolgte eine fachlich sehr breit ausgerichtete Recherche. Die Recherche umfasste das Spektrum räumlich und thematisch relevanter Literatur zu entsprechenden grenzübergreifenden Kooperationsansätzen und Projekten auf verschiedenen institutionellen Ebenen. Festzustellen ist, dass das Projektthema derzeit insbesondere von aktuellen Fragen der EU-Osterweiterung, raum- und regionalstrukturellen wie auch stadtplanerischen Aspekten stark beeinflusst wird. Die Frage grenzüberschreitender verkehrsrelevanter Entwicklungsprozesse im Detail (insbesondere Verkehrsverflechtungen, Harmonisierung Forschung und Methoden, Kooperation Verkehrsinfrastruktur) gewinnt zunehmend an Bedeutung.

Integrierter Projektansatz erforderte Recherche mit fachlich breitem Spektrum


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Die Rechercheergebnisse verdeutlichen, dass es zwar bereits zahlreiche verschiedene Institutionen und Projekte gibt, die sich im weitesten Sinne mit Verkehrssystemen, verkehrsrelevanten Strukturen und verkehrsbeeinflussenden Rahmenbedingungen in Grenzräumen beschäftigen. Eine kooperative Entwicklung grenzübergreifender integrierter Gesamtverkehrskonzepte, die sowohl Verkehrsmodellansätze als auch Szenarien der Raum-, Stadt- und Verkehrsentwicklung unter Einbeziehung rechtlicher und finanzieller Gesichtspunkte berücksichtigt, fehlt bisher.

Kurzbericht

zahlreiche Projekte im weiteren thematischen Kontext integrierte verkehrsorientierte Ansätze fehlen bisher

Beispiele anderer Grenzregionen Die Analyse ausgewählter westdeutscher Grenzregionen zu den westeuropäischen Nachbarn diente der Identifizierung von Übertragbarkeitsansätzen und bezog sich auf diverse projektrelevanter Aspekte. Neben einer Vielzahl unterschiedlicher Kooperationserfahrungen können auch zum Instrumenteneinsatz Erfahrungen zumindest mittelbar herangezogen werden. Veränderungsprozesse und Maßnahmen in den betrachteten Grenzregionen, die sich ggf. auf den deutsch / polnisch / tschechischen Grenzraum übertragen lassen, können vier wesentlichen Bereichen zugeordnet werden:

breites Spektrum

Die insbesondere im deutsch-französischen Grenzraum über die letzten Jahrzehnte zu beobachtenden Veränderungen in der Wahl von Wohn- und Arbeitsstandorten (Arbeitsstandort in der wirtschaftlich stärkeren Teilregion, Wohnstandort in der günstigeren Teilregion) können Hinweise auf zukünftig zu erwartende Veränderungen hinsichtlich der Wahl von Arbeitsstandorten auch im deutsch / polnisch / tschechischen Grenzraum geben.

Veränderungen in der Wohn-

Die Beispiele zeigen ebenfalls, dass auch bei relativ ähnlichen Preisniveaus des Güterangebots immer einzelne Güter oder Gütergruppen in einzelnen Teilregionen stärker nachgefragt werden, d. h. der grenzüberschreitende Einkaufsverkehr wird immer eine wichtige Rolle spielen. Die Beispiele zeigen auch, dass ohne das Hindernis von Grenzkontrollen in beiden Richtungen verstärkt Freizeitverkehre zu erwarten sind.

Grenzüberschreitender Einkaufs-

Als ein effektives Mittel zur Förderung der grenzüberschreitenden Kooperation und Integration auf der Ebene der Bürger und Unternehmen erscheinen die in der Region Oberrhein eingerichteten Informations- und Beratungsstellen (INFOBEST) sinnvoll. Sie erleichtern den Bürgern und Unternehmen eigene Aktivitäten im jeweils andern Land zu realisieren. Außerdem können die Beratungsstellen eine permanente Koordination zwischen den Ländern bereitstellen und neue Projekte zur Förderung der Integration erleichtern.

Informations- und

In den westlichen Grenzregionen werden vermehrt grenzüberschreitende Verkehrsverbünde gegründet. In einigen Regionen bestehen sie bereits erfolgreich (Salzburg), in anderen laufen verstärkte Bemühungen solche Verkehrsverbünde einzurichten (Basel). Der liberalisierte Verkehrsmarkt in der EU bietet die Rahmenbedingungen für einen grenzüberschreitenden

Grenzüberschreitende

projektrelevanter Übertragbarkeitsansätze von westdeutschen Grenzregionen

und Arbeitsstandortwahl mit steigendem Verkehrsaufkommen im Ergebnis

und Freizeitverkehr

Beratungsstellen

Verkehrsverbünde


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Kurzbericht

Betrieb. Als erste Vorstufen zu einem Verkehrsverbund werden Fahrpläne und Tarife grenzüberschreitend harmonisiert. Die Prozesshaftigkeit des Aufbaus grenzübergreifender Kooperationen wird anhand der betrachteten Grenzregionen im west- und südwestdeutschen Raum deutlich. Selbst in Grenzregionen mit etablierter institutioneller Kooperation bestimmen weiterhin kulturelle und andere Unterschiede das Kooperationsverhalten.

3

Grenzübergreifende Kooperation als kontinuierlicher Prozess

Untersuchungsergebnisse und Folgerungen für die Praxis

Folgende Ergebnisse bzw. Empfehlungen wurden auf der theoretischen, der modellstadtbezogenen bzw. der allgemeingültigen Ebene erzielt. Eine differenzierte Übertragbarkeit der in den Modellstädten erzielten Ergebnisse und Empfehlungen auf andere Grenzregionen lässt sich ableiten.

Übertragbarkeitsansätze und Übertragbarkeitsgrenzen

Raumordnung und Landesentwicklung Den Grenzregionen und insbesondere den Doppelstädten sind mit dem EUErweiterungsprozess zusätzliche Funktionen übertragen worden, die über die städtische bzw. regionale Ebene hinaus auch Bedeutung für die Landesbzw. Wojewodschafts- und Regionsentwicklungen und auch die Entwicklung des Grenzraumes haben. Im Kontext des europäischen Integrationsprozesses haben die Prozesse des Zusammenwachsens in den Grenzregionen eine Modellwirkung.

„Brennglas“ Grenzregionen

Dieser besonderen und zusätzlichen Funktion werden die bisherigen raumordnerischen Funktionszuweisungen nicht gerecht. Für den unmittelbaren Prozess der Verwaltungskooperation als zusätzlicher Funktion fehlen den Doppel - bzw. Grenzstädten z. T. die finanziellen und personellen Mindestausstattungen, was die praktische Arbeit und das Zusammenwachsen stark einschränkt.

Funktionszuweisungen und

Eine adäquate Verankerung dieser Rolle in den entsprechenden raumwirksamen Planungen (z. B. Landesentwicklungsplanung), als auch eine entsprechende förderseitige bzw. kommunalfinanzausgleichsbezogene Unterstützung dieser Funktionswahrnehmung erscheint unabdingbar.

Verankerung in raumwirksamen

Seitens der Bundesländer sollte die raumordnerische bzw. zentralörtliche Funktion der Grenzstädte unter Berücksichtigung ihrer grenzübergreifenden Rolle beleuchtet werden, um eine funktions- und aufgabenbezogene Aufwertung zu erreichen. Im Zusammenhang damit sollte die Möglichkeit einer entsprechenden finanziellen Bewertung dieser Zusatzaufgabe im Rahmen der Finanzausgleichsgesetze überprüft werden.

Funktions- und

Finanzausstattung nicht an zusätzliche Funktionen der Grenzstädte angepasst

Planungen und finanzielle Unterstützung erforderlich

aufgabenbezogene Aufwertung erforderlich


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Auf der polnischen und tschechischen Seite sollte ebenfalls eine entsprechende Überprüfung mit dem Ziel der funktions- und aufgabenbezogenen Aufwertung für die Grenzstädte vorgenommen werden. Auf der transnationalen Ebene zwischen der deutschen, polnischen und tschechischen Seite sollte die Möglichkeit einer entsprechenden Harmonisierung der Funktionszuweisungen für die Grenzstädte erwogen werden. Bei den anstehenden Entscheidungen auf Staats- und EU-Ebene zur Verlängerung der noch bestehenden Freizügigkeitseinschränkungen insbesondere zum Arbeits- und Wohnungsmarkt sollten die Entwicklungen in den Grenzregionen berücksichtigt werden. Derzeit ist davon auszugehen, dass eine vollständige Ausschöpfung der nationalen Einschränkungsmöglichkeiten dem Zusammenwachsen und der strukturellen Entwicklung der Grenzregionen nicht zuträglich wäre.

Kurzbericht

Transnational harmonisierte Funktionszuweisungen prüfen

Einschränkungen bzgl. Freizügigkeitsregelungen erschweren Zusammenwachsen

Szenarienmethodik der Raum-, Stadt- und Verkehrsentwicklung Angesichts der weiterhin schwer prognostizierbaren Entwicklungen in den Grenzregionen müssen geeignete grenzübergreifende Szenarien entwickelt werden. In der Regel werden zukünftige Entwicklungen über Szenarienprognosen oder andere „Was-wäre-wenn“-Analysen untersucht. Die Szenarien sollten ein möglichst breites Spektrum möglicher Entwicklungen abdecken.

Anwendung geeigneter

Die dem Verkehrsmodell zugrunde gelegte Szenarienmethodik mit der Vertiefung eines „Impulsszenarios“ als Gestaltungsszenario sowie eines Transitszenarios als worst case Szenario hat sich in den Modellstädten bewährt. Durch das Aufzeigen des möglichen Entwicklungsspektrums und das Abbilden insbesondere der verkehrlichen Entwicklungen, kann die Notwendigkeit einer neuen Qualität der grenzübergreifenden Planung, aber auch der Eingriffsbedarf und das Steuerungspotenzial verdeutlicht werden. Insbesondere für die polnische Seite ist derzeit eine typische Phase der „Planungsliberalität“ bzgl. der Siedlungsentwicklung zu beobachten. Daneben beeinflussen insbesondere der potenzielle Motorisierungszuwachs und die Entwicklung des Verkehrsverhaltens auf der polnischen Seite die zukünftige Entwicklung.

Verdeutlichung des

Die Modellansätze sind prognosefähig, d. h. die Auswahl der relevanten Einflussgrößen erfolgte aufgrund ihrer funktionalen Abhängigkeit von der Verkehrsnachfrage. Die entwickelten Szenarien bauen auf sieben wesentlichen Szenarienkomponenten auf: Rahmenbedingungen, Wirtschaft, Bevölkerung, Stadtentwicklung & Wohnungsmarkt und Versorgung, Nationale Kultur & Zusammenwachsen, Motorisierung & Verkehrsverhalten, Verkehrsinfrastruktur und -nutzung).

grenzübergreifender Szenarien

Eingriffsbedarfs und des Steuerungspotenzials

prognosefähige Modellansätze

sieben Szenarienkomponenten


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Die im Grenzraum zu erwartenden Prozesse werden die Entwicklungen in den nächsten zehn bis 15 Jahren bestimmen. Es werden zwei Zeithorizonte empfohlen; als Kurzfristperspektive der Zeitraum bis 2010, als Langfristperspektive der Zeitraum bis 2020.

Kurzbericht

langer Betrachtungszeitraum erforderlich zwei Zeithorizonte empfohlen

Stadtentwicklung In allen Grenzregionen werden die anstehenden „Aufhol- bzw. Angleichungsprozesse“ maßgebliche Auswirkungen auf die zukünftig gemeinsame Stadt- und Verkehrsentwicklung haben. Die auf polnischer Seite zu beobachtende Planungs- und Investitionsdynamik, „Planungsliberalität“ und die sehr starken Suburbanisierungsbestrebungen werden zu starken Auswirkungen auf die Siedlungs- und Verkehrsentwicklung führen.

„Aufhol- bzw.

Bezüglich der strukturellen und wirtschaftlichen Entwicklung wird es einerseits weiter rein räumliche Verlagerungsprozesse geben, die zusätzliche private und öffentliche Investitionen auslösen, ohne in der Summe eine Erhöhung der Wirtschaftsleistung oder Arbeitsplatzanzahl zu bewirken. Andererseits werden weiterhin Investitionsmaßnahmen erfolgen, die zusätzliche Impulse auslösen, die auch grenzübergreifend und regional wirken werden. Bei den grenzübergreifenden Planungs- und Abstimmungsprozessen ist eine stärkere Differenzierung bei der Steuerung von Verlagerungs- und Neuinvestitionsmaßnahmen erforderlich, um die angestrebten Impulswirkungen in Richtung der „gewünschten“ Entwicklungen zu fördern.

Verlagerungsprozesse sowie

Der dringendste Handlungsbedarf besteht bzgl. der Siedlungsentwicklung in der Steuerung der in größeren Grenzstädten Polens und Tschechiens zu erwartenden Suburbanisierungsdynamik im Segment des individuellen Wohnbaus. Bei diesen Empfehlungen ist zu beachten, dass die „autonome“ Wohnnachfrage nach individuellem Eigentum auf der polnischen Seite nur in den städtischen Randlagen gedeckt werden kann. Handlungsansätze bestehen hauptsächlich in der Steuerung der öffentlichen Flächenerschließung. Ziel wäre die Reduzierung bzw. zeitliche Staffelung der Entwicklungen. Flächenanteile befinden sich in der Verfügung der Kommune, sodass hier direkte Eingriffsmöglichkeiten bestehen.

Dringender Handlungsbedarf zur

Die sich weiter verschärfenden Wohnungsmarktdisparitäten in den Grenzstädten werden aufgrund zunächst weiter bestehenden Freizügigkeitsbeschränkungen nicht kurzfristig ausgleichbar sein. Die sich mittelfristig eröffnende Möglichkeit zum Ausgleich der gravierenden Wohnungsmarktdisparitäten bietet jedoch die Chance, sowohl die lokalen Wohnungsmärkte auf deutscher Seite weiter zu konsolidieren, als auch dem dringenden Wohnbedarf auf polnischer bzw. tschechischer Seite zu begegnen. Im Zuge der weiteren Entwicklung zur Freizügigkeit sind regional begrenzt signifikante Wohnungsmarktnachfragen polnischer bzw. tschechischer Bürger in den deutschen Nachbarkommunen zu erwarten. In der künftigen Stadtumbauplanung und Wohnungspolitik in den deutschen Kommunen sollte

Chance zur Angleichung der

Angleichungsprozesse“ beeinflussen Stadt- und Verkehrsentwicklung maßgeblich

Investitionsmaßnahmen mit zusätzlichen Impulsen

Siedlungsentwicklung Steuerungspotenziale vorhanden

Wohnungsmarktdisparitäten


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Kurzbericht

eine mittelfristig zu erwartende Wohnungsnachfrage in geeigneten Segmenten berücksichtigt werden. Die Einzelhandelsentwicklung verläuft in allen Grenzregionen sehr unterschiedlich. Signifikante Überkapazitäten und Verdrängungsprozesse sind insbesondere in den größeren Städten zu erwarten. Hier werden neben weiteren - verkehrserzeugenden - Nachfrageverlagerungen auch Standortschließungen auf deutscher Seite erfolgen. Unterschiede in der Kaufkraft, dem Warenangebot und dem Lohnniveau werden sich in den nächsten zehn bis 20 Jahren nivellieren. Dennoch werden die großen und z. T. neu etablierten Einkaufszentren beispielsweise in den größeren polnischen Städten weiterhin eine hohe Attraktivität behalten. Angesichts der weiter zunehmenden Konkurrenzen und Überangebote an Einzelhandelsflächen insbesondere im low-cost-Foodbereich sollten auf Basis zu erstellender bzw. fortzuschreibender grenzübergreifender Einzelhandelskonzepte Neuansiedlungen und Schließungen stärker qualitativ beeinflusst werden.

Nachfrageverlagerungen bei

Bezüglich der überwiegend kleinteiligen und höherwertigen Einzelhandelsstrukturen in den Innenstädten auf beiden Grenzseiten werden die potenziellen Ergänzungs- bzw. Impulseffekte stark von der Angebotsentwicklung abhängen. Steuerungsmöglichkeiten bestehen hier auf der Akteursebene der Einzelhändler / Dienstleister bzw. -gemeinschaften.

Ergänzungseffekte inner-

Im Bereich der gewerblich bzw. industriell nutzbaren Flächen bestehen einerseits noch enorme Potenziale erschlossener bzw. planungsrechtlich gesicherter Flächen; andererseits sind weiterhin großflächige Ansiedlungen zu erwarten, die spezifische Ansprüche aufweisen werden.

Potenziale gewerblich nutzbarer

Die demographische Entwicklung, der Konsolidierungsdruck und die notwendige Orientierung auf gemeinsame Infrastrukturentwicklungen und -betriebe erfordern in allen Grenzregionen eine grenzübergreifende integrierte Strukturplanung auf städtischer und / oder regionaler Ebene.

Orientierung auf gemeinsame

Diese muss als Dachprozess der gemeinsamen und der „eigenen“ Stadtentwicklung etabliert werden und durch Selbstbindungsbeschlüsse auf beiden Seiten umgesetzt werden. Die vorliegenden Ansätze für derartige Konzepte sind überwiegend veraltet, nicht ausreichend sektoral differenziert bzw. qualifiziert. Die Grenzstädte bzw. -regionen müssen kurzfristig die Aktualisierung und Qualifizierung der grenzübergreifenden Strukturkonzepte beginnen, da nur diese als Dachprozesse der Stadtentwicklung die Vernetzung aller sektoralen grenzübergreifenden Planungen erlauben.

Integrierte grenzübergreifende

Im Rahmen dieser Strukturplanung sind geeignete Szenarien- und Prognosen zu erstellen. Die Leitbildebene, für die in beiden Doppelstädten im Rahmen von gemeinsamen Prozessen bereits wesentliche Ansätze geschaffen wurden, ist in diese Strukturplanungen zu integrieren.

Geeignete Szenarien- und

Einzelhandelsentwicklung zu erwarten

städtischer Einzelhandelsstrukturen nutzen

Flächen

Infrastrukturentwicklungen

Strukturkonzepte als Dachprozesse der gemeinsamen Stadt- und Verkehrsentwicklung

Prognosen sowie Leitbildevaluierungen


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Auch unter Berücksichtigung der bereits eingetretenen bzw. unvermeidbaren negativen Siedlungsentwicklungen bestehen in beiden Doppelstädten noch erhebliche Steuerungspotenziale. Dies betrifft insbesondere die gemeinsame und ergänzende Innenstadtentwicklung, die für die anzustrebende „Regionalstadtrolle“ von entscheidender Bedeutung ist. Positives Beispiel sind die derzeitigen Planungs- und Bauaktivitäten auf dem Zgorzelecer Neißeufer, die auch in Verbindung mit der Eröffnung der Altstadtbrücke einen zusätzlichen Entwicklungsschub für die gemeinsame Innenstadtentwicklung erwarten lassen. Die weitere Reaktivierung bzw. Aufwertung der innerstädtischen Uferbereiche ist in den Stadtentwicklungspolitiken mit höchster Priorität zu forcieren. Görlitz und Zgorzelec verfügen aufgrund der ausgewogenen Stadtgrößen und Bevölkerungsverteilungen und der ausgeprägten funktionalen Ergänzungsansätze über bessere Voraussetzungen der gemeinsamen Stadtentwicklung „auf gleicher Augenhöhe“, während in Frankfurt (Oder) / Slubice aufgrund der Größenunterschiede die Abhängigkeit von der Entwicklung in Frankfurt (Oder) dominierender sein wird. Görlitz wird für Zgorzelec vor allem durch seine Altstadt eine steigende Attraktivität haben.

Kurzbericht

Noch erhebliche Steuerungspotenziale in den Modellstädten zur gemeinsamen Etablierung als Regionalstädte

Größen- und Funktionsverhältnisse bestimmen Partnerbeziehungen mit

Verkehrsmodell grenzübergreifender Verkehr Der entwickelte und erprobte integrierte Ansatz umfasst sowohl alle relevanten Verkehrsträger, als auch die die Verkehrsnachfrage bestimmenden Szenarienkomponenten. Mit Hilfe dieses integrierte Ansatzes können negative Entwicklungen in ihren verschiedenen Auswirkungen analysiert sowie entsprechende gegenläufige Maßnahmen geplant und ihre Effekte analysiert werden. Der Fokus der vorliegenden Studie liegt dabei auf der strategischen Planung, d. h. dem Erkennen wichtiger Entwicklungstrends und Zusammenhänge.

Fokus auf der strategischen Planung

Die Verkehrsnachfrage in den Grenzregionen lässt sich in vier verschiedene, in ihren Determinanten sehr unterschiedlichen, Hauptverkehrsrelationen unterscheiden: •

die eigentlichen grenzüberschreitenden Verkehre zwischen den jeweiligen Städten auf polnischer und deutscher Seite,

die Verkehrsrelationen innerhalb der jeweiligen Städte,

die Verkehrsrelationen zwischen den Städten und dem jeweiligen Hinterland und schließlich

der ebenfalls grenzüberschreitende Transitverkehr, der i. d. R. an den Städten vorbei oder durch sie hindurch führt.

Das verwendete Verkehrsmodell beinhaltet die in der Verkehrsplanung gebräuchlichen vier Planungsstufen: Verkehrsaufkommen, Verkehrsverteilung, Verkehrsaufteilung (Modalwahl) sowie Verkehrswegewahl (Umlegung). Der Modellansatz gehört zu den disaggregierten verhaltensorientier-

Modellauswahl: Implementierung über VISEM und VISUM


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Kurzbericht

ten Verkehrsnachfragemodellen. Die Implementierung des Modells erfolgte über die Verkehrplanungssoftware VISEM und VISUM. Zentrale Eingangsgröße ist die Bevölkerungsentwicklung. Hier werden mit dem vorgeschlagenen Szenarienfächer für die deutschen Grenzkommunen im Impulsszenario zurückgehende Bevölkerungsverluste und im Transitszenario anhaltend starke Bevölkerungsverluste prognostiziert. Für die polnischen Grenzkommunen werden räumlich differenzierte Entwicklungen unterstellt. Wegen des mittelfristig eintretenden demographischen Effektes werden auch prosperierende Kommunen nur beim Eintritt des Impulsszenarios leichte Bevölkerungsgewinne generieren können.

Bevölkerung wird auch im

Auf der teilräumlichen Ebene ergeben sich weitergehende verkehrsrelevante Disparitäten. Auf beiden Seiten der Grenze werden in den hoch verdichteten und gut erschlossenen Stadtteilen Bevölkerungsverluste und stärkere Überalterungen eintreten, während insbesondere auf polnischer Seite periphere Stadtteile starke Gewinne jüngerer Bevölkerungsgruppen generieren können. Ungeachtet dieser Tendenzen werden hochattraktive Altstädte wie in Görlitz bei anhaltender Aufwertungspriorisierung einen Gegentrend auslösen können.

teilräumlich starke

Für die künftige Siedlungs- und Verkehrsentwicklung ist die Haushaltsgrößenentwicklung von entscheidender Bedeutung. Es bestehen sehr starke Disparitäten der durchschnittlichen Haushaltsgröße zwischen ca. 2 Personen pro Haushalt auf der deutschen Seite und z. T. über 3 Personen pro Haushalt auf der polnischen bzw. tschechischen Seite. Auf deutscher Seite wird weitgehend szenarienunabhängig ein weiteres schwaches Sinken auf ca. 1,9 Personen pro Haushalt angenommen, während auf der anderen Grenzseite die Dynamik der Haushaltsverkleinerung stark szenarienabhängig ist (bis 2020 auf 3 bis 2,5 Personen pro Haushalt).

Haushaltsgrößenverkleinerung

Die Annahmen zur Entwicklung der Mobilität auf deutscher Seite basieren u. a. auf Analysen des deutschen Mobilitätspanels und erwarteten Megatrends. Auf polnischer bzw. tschechischer Seite werden internationale Erfahrungen in Transformationsländern, so z. B. Ljubljana (Slowenien) berücksichtigt.

Mobilitätsentwicklung stark von

Internationale Studien haben gezeigt, dass ein enger Zusammenhang zwischen der Motorisierung und dem verfügbaren Haushaltseinkommen besteht. Dabei ist diese Abhängigkeit nicht linear. Ab einer identifizierbaren Einkommenshöhe steigt die Motorisierung überproportional an. Bei einem pro Kopf Einkommen von etwa 5.000 USD p. a. erhöht sich bei einer weiteren Steigerung des Einkommens die Motorisierung stark überproportional. Dieser Zusammenhang erklärt die prognostizierten starken Steigerungen der Motorisierung in den polnischen Teilstädten von 50 bis 70 % bis zum Jahr 2020, während für die deutschen Teilstädte nur noch eine relativ geringfügige Erhöhung der Motorisierung erwartet wird.

Motorisierungsanstieg um 50 bis

Impulsszenario in den Grenzregionen insgesamt weiter sinken

„verkehrserzeugende“ Verschiebungen zu Lasten der Innenstädte zu erwarten

auf polnischer und tschechischer Seite stark szenarienabhängig

Wohlstandsentwicklung abhängig

70 % in den polnischen Teilstädten bis 2020 zu erwarten


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Schon jetzt lassen sich auf der polnischen Seite nach dem EU-Beitritt deutliche Erhöhungen von Verbraucherpreisen beobachten. Es ist zu erwarten, dass dieser Entwicklung die Löhne bald folgen werden. Ohne Importschranken für neue und gebrauchte Pkw wird dies sehr schnell zu einer steigenden Motorisierung führen.

Kurzbericht

Preis- und Lohnentwicklung sowie fallende Importschranken für Pkw-Importe führen zu starkem Motorisierungsanstieg

Zur Prognose der grenzübergreifenden Verkehrsentwicklung ist die Anwendung differenzierter Attraktivitätsfaktoren für die Bereiche Arbeitsplätze, Freizeit, private Erledigungen und Einkaufsmöglichkeiten notwendig. Veränderte grenzüberschreitende Attraktivitäten beeinflussen entsprechend die Struktur der Wegezwecke (Aktivitäten). Ein intensiverer Austausch zwischen den Städten und der angenommene Zuzug von polnischen bzw. tschechischen Bürgern in leer stehende Wohnungen auf deutscher Seite wird zu mehr Verkehr zwischen den Städten führen. Die je nach Szenario eintretenden Attraktivitätsveränderungen sind insbesondere für gemeinsame ÖPNV-Angebote in den Grenzregionen von hoher Bedeutung.

Attraktivtätsveränderungen

Eine vollständige Öffnung der Grenze (Schengenbeitritt Polen bis 2007) würde zu einer „Normalisierung“ der Verkehrsmittelwahl führen, d. h. zu einem relativ hohen Anteil an Pkw-Fahrten.

„Normalisierung“ der Verkehrs-

bestimmen die Entwicklung des grenzübergreifenden Verkehrs

mittelwahl spätestens nach dem Beitritt zu Schengenabkommen

Eine verbesserte Einbindung des grenzüberschreitenden ÖV-Angebots in die jeweiligen städtischen Verkehrssysteme hätte das Potenzial, mehr Fahrgäste anzuziehen. Erschwert wird dieses insbesondere durch die steigende Motorisierung und Suburbanisierung auf polnischer bzw. tschechischer Seite. Die mit dem integrierten grenzübergreifenden Verkehrsmodell erfolgte grenzüberschreitende Modellierung und konsequente Ableitung der kleinräumigen Effekte ist für die Stadtverwaltungen und Verkehrsakteure der Grenzregionen von hohem Erkenntnisgehalt. Die fortschreibbaren Ergebnisse sind Grundlage sowohl strategischer Planungen als auch konkreter Entscheidungen für Verkehrsprojekte, wie der z. B. der Straßenbahnerweiterung von Frankfurt (Oder) nach Slubice.

positive Anwendungserfahr-

Optimierungsansätze bestehen insbesondere in der Verbesserung der Datenlage auf polnischer bzw. tschechischer Seite. Dies betrifft insbesondere die Kleinräumigkeit der Basisdaten und die Verkehrsnachfrage.

Datenlage sehr unterschiedlich

Lokale grenzübergreifende Verkehrszählungen können hier mit beschränktem finanziellen und personellen Aufwand eine erhebliche Verbesserung der Datenlage bewirken. In Görlitz/Zgorzelec konnten so im Ergebnis einer vom BMVBW unterstützen Verkehrszählung des Dresdener Ingenieurbüros IVAS aktuelle Verkehrsbelastungen und -entwicklungen analysiert werden. Für die Überprüfung der Verkehrsmodellannahmen und -prognosen sind derartige Zählungen von hoher Bedeutung.

lokale grenzübergreifende

ungen des grenzübergreifenden Verkehrsmodells für die strategische Planung und die Beurteilung von konkreten Verkehrsinvestitionen

Verkehrszählungen erfolgreich erprobt


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Die Anwendung und Fortschreibung der komplexen grenzübergreifenden Verkehrsmodelle stößt insbesondere in den Verwaltungen der Kleinstädte auf polnischer und tschechischer Seite an Kapazitäts- und Qualitätsgrenzen. Hier sind kooperative Lösungen zwischen den Verwaltungen der Städte und ggf. zusätzliche externe Unterstützungen notwendig.

Kurzbericht

gemeinsame Anwendung und Fortschreibung der Verkehrsmodelle als Pilotprojekt der grenzübergreifenden Verwaltungskooperation

Verkehrsentwicklung Die zu erwartenden stadt- und siedlungsstrukturellen Veränderungen sind für die künftige „lokale“ Verkehrsentwicklung von entscheidender Bedeutung. Im Gegensatz zur kaum beeinflussbaren Mobilitäts-, Motorisierungsund Verkehrsverhaltensentwicklung besteht über die Steuerung der Siedlungsentwicklung eine nicht zu unterschätzende Justierschraube zur Reduzierung und Lenkung zusätzlicher Verkehre.

„Justierschraube“

Auf polnischer Seite sollte daher die Steuerungsfunktion der Siedlungsentwicklung für die Verkehrsentwicklung gegenüber der bisher dominierenden Angebotsfunktion im Sinne eines integrierten Ansatzes stärker genutzt werden.

Steuerungsfunktion der

Eine grundlegende Voraussetzung wäre hier ein gemeinsames verkehrspolitisches, verkehrsträgerübergreifendes Leitbild der Städte, das aus dem gesamtstädtischen Leitbild abgeleitet wird. Die „Vermarktung“ der Leitbilder und Verkehrskonzepte ist integraler Bestandteil dieser.

Gemeinsame verkehrspolitische

Die Umsetzung eines integrierten grenzüberschreitenden Verkehrssystems sollte mit einem gemeinsamen Stadt-, siedlungs- und verkehrspolitischen Leitbild beginnen, das im Rahmen des vorgeschlagenen Strukturkonzeptes erarbeitet wird. Der nächste Schritt wäre ein gemeinsamer Gesamtverkehrsplan in Anlehnung an das Instrument des Verkehrsentwicklungsplanes, der in einen konkreten Zeit- und Umsetzungsplan mündet. Sowohl das Leitbild, als auch der Verkehrsentwicklungsplan bedürfen einer kontinuierlichen Fortschreibung mit kritischer Überprüfung der jeweils verwendeten Planungsgrundlagen.

gemeinsame Verkehrsentwick-

Die neu entstehenden Wohnbaugebiete in den Suburbanisierungsbereichen der polnischen Städte sollten in die bestehenden ÖPNV-Netze eingebunden werden. Hierzu sollten Streckenanpassungen der Regionalbusverkehre bzw. der Stadtverkehrslinie beleuchtet werden.

ÖPNV-Anbindung der

In der Vorstufe zum Verkehrsverbund mit einheitlichen, auf beiden Seiten der Grenze gültigen Fahrkarten ist eine Abstimmung der Fahrpläne notwendig. Weiterhin werden grenzüberschreitende Fahrplaninformationen und Fahrkartenautomaten, die mehrere Währungen akzeptieren (wie z. B. in Basel), vorgeschlagen. Ein attraktives und aktives ÖV-Marketing erscheint vor allem in Bezug auf die Erschließung neuer Kundengruppen in Polen und Tschechien unabdingbar.

Stufenweiser Ausbau

Siedlungsentwicklung

Siedlungsentwicklung muss stärker genutzt werden

Leitbilder Grundvoraussetzung

lungsplanung als Module der „neuen“ grenzübergreifenden Strukturkonzepte

entstehenden Suburbanisierungsgebiete erforderlich

einheitlicher Fahrpläne bzw. Informationen


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Die ÖV-Verkehrssysteme auch der Modellstädte sollten langfristig in jeweils einen Verkehrsverbund integriert werden.

Kurzbericht

grenzübergreifende Verkehrsverbünde als strategisches Ziel

Um auch in Zukunft die ÖV-Nachfrage halten zu können, müssten insbesondere auch auf deutscher Seite weitere permanente Anstrengungen unternommen werden. Im Hinblick auf eine älter werdende Gesellschaft sollten beispielsweise seniorenfreundliche Fahrzeuge und Haltestellen bereitgestellt werden.

stärkere Ausrichtung des ÖPNV-

Letztendlich umfasst die grenzübergreifende Abstimmung alle Bereiche des Verkehrssystems, z. B. auch eine abgestimmte Parkraumbewirtschaftung und Sanktionierungen von Verkehrsverstößen. Insbesondere in Görlitz/Zgorzelec besteht Bedarf und Potenzial zur Bereitstellung altstadtnaher Parkräume, deren Nutzung über ein gemeinsames Leitsystem gesteuert werden könnte.

Gemeinsame Leitsysteme und

Angebotes auf die Überalterung der Gesellschaft

Parkraumbewirtschaftung

Speziell zur Erreichung der Wirkungen der Impulsszenarios ist die Umsetzung verschiedener ergänzender verkehrlicher Maßnahmen zu erwägen. Ein konkretes Beispiel in den Modellstädten wäre z. B. die Etablierung eines zusammenhängenden Radwegenetzes. In beiden Modellstädten ist im Rahmen der Diskussion zur Verkehrsentwicklung auch die Ergänzung des bestehenden Brückennetzes diskutiert worden. Eine Bewertung der Notwendigkeit und der Standorte neuer Brücken wird Ergebnis der jeweiligen grenzüberschreitenden Verkehrskonzepte sein.

Notwendigkeit neuer Brücken regional- und stadtspezifisch sehr unterschiedlich

Grenzübergreifende Straßenbahnerweiterung in den Modellstädten Zu der in beiden Doppelstädten seit mehreren Jahren diskutierten Erweiterung der deutschen Straßenbahnsysteme über die Grenze hinweg ist während der FoPS-Projektlaufzeit in Frankfurt (Oder) eine positive Vorentscheidung gefallen, in welche die Zwischenergebnisse des Projekts unmittelbar eingeflossen sind. Wie auch in anderen Städten nimmt der Anpassungsdruck der „kleinen“ ostdeutschen Straßenbahnsysteme durch den dramatischen Bevölkerungsrückgang stark zu. Grundsätzlich lassen sich zur Verknüpfung der Systemfrage Straßenbahn mit der Erweiterungsfrage folgende Empfehlungen ableiten: •

Beide Entscheidungen sollten gemeinsam getroffen werden, eine zeitliche Trennung beider Entscheidungen ist nicht zu empfehlen.

Die Entscheidungen sollten in naher Zukunft getroffen werden, da einerseits mittelfristig Erneuerungsmaßnahmen für Fahrwege und Fahrzeuge anstehen und eine attraktive grenzübergreifende Verkehrsverbindung eine erhebliche unmittelbare und mittelbare Impulswirkung auf die Stadtentwicklung hätte.

Die Entscheidung der Systemfrage wird dabei als erste Entscheidung anstehen.

FoPS-Projektergebnisse flossen in Straßenbahnnetzerweiterungsentscheidung in Frankfurt (Oder) ein


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Kurzbericht

Im Straßenbahnstammnetz werden aufgrund der demographischen Entwicklungen in den Stadtteilen, die aufgrund des Einwohnerpotenzials das „Rückrat“ der Straßenbahn bilden, Angebotsanpassungen erfolgen. Die Konzentration des Straßenbahn-Angebots auf die Hauptachsen bei gleichzeitiger Flexibilisierung der Angebote im nachfrageschwachen Bereich ist notwendig.

Mit den Entscheidungen der Stadtverordnetenversammlung Frankfurt (Oder) vom 3. Februar 2005 zur Systemerhaltung bzw. Systemanpassung der Straßenbahn und zur Fortsetzung und Vertiefung der Planungsmaßnahmen zur Verlängerung der Straßenbahn nach Slubice ist hier die strategische Weichenstellung erfolgt. Die Gutachten des Dresdener Büros VKT vom Herbst 2004 zur Optimierung des öffentlichen Verkehrs in Frankfurt (Oder) sowie zur Wirtschaftlichkeit einer Straßenbahnerweiterung nach Slubice bieten gute Voraussetzungen für eine Anpassung des vorhandenen ÖV-Systems an die Veränderungen in der Siedlungsstruktur der Stadt Frankfurt (Oder) unter Beibehaltung eines attraktiven ÖPNV-Angebots. Aus dem Forschungsprojekt heraus konnten Empfehlungen aus den Ergebnissen des Verkehrsmodelles in die fachliche und politische Diskussion einfließen. Es wird empfohlen, Erkenntnisse aus dem vorliegenden Forschungsprojekt auch in die weitergehenden Planungen zu integrieren. Dies betrifft insbesondere die Annahmen zur Siedlungsentwicklung und die Berücksichtigung einer Bandbreite möglicher zukünftiger Entwicklungen über die vorgestellten Szenarien. Angesichts der objektiv zu erwartenden Verschlechterungen der Rahmenbedingungen für den Straßenbahnbetrieb, ist das Risiko eines mittel- bis langfristig steigenden Kostendeckungsbeitrags jedoch nicht zu unterschätzen.

finanzielles Restrisiko der

Prinzipiell könnte das Fahrgästepotenzial zwischen Görlitz und Zgorzelec eine Straßenbahnverbindung sinnvoll erscheinen lassen (dazu auch erwartete starke Verflechtung zwischen den Teilstädten). Auch vom Imageeffekt und der Attraktivität des ÖV-Angebots wäre eine Straßenbahn prinzipiell die bessere Option. Der Stadt Görlitz wird kurzfristig eine systematische Bewertung der Systemfrage Straßenbahn mit ergänzender Betrachtung der Erweiterungsfunktion empfohlen. Hierzu sollte auf das grundhafte Bewertungsmodell zum Systemwechselentscheid und die Erfahrungen in Frankfurt (Oder) zurückgegriffen werden.

Görlitzer System- bzw.

Straßenbahnerweiterung gegen potenzielle Impuls- und Imagewirkungen abwägen

Erweiterungsentscheidung steht noch aus, ist aber zeitnah notwendig

ÖPNV-Finanzierung und -betrieb Die europaweite Liberalisierung in der Verkehrsgesetzgebung wird auch zu grundlegenden Veränderungen in den Rahmenbedingungen der ÖPNVFinanzierung führen. Das gegenwärtige System der ÖPNV-Finanzierung in Deutschland ist nur eingeschränkt transparent und effizient. Es bietet geringe Anreize das Verkehrsangebot zu verbessern, neue Fahrgäste zu gewinnen oder mit einem vorgegebenen Budget mehr Verkehrsleistung zu erbringen. Nicht die Leistung bestimmt die Höhe der Fördergelder, sondern

Chancen der EU-weiten Liberalisierung der Verkehrsgesetzgebung


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Kurzbericht

die Kosten einzelner Maßnahmen. Die Vielzahl von Förderinstrumenten ist überwiegend zweckgebunden und aufwandsorientiert und fließt zudem an den Kommunen vorbei direkt an die Verkehrsunternehmen. Damit haben die Kommunen nur beschränkte Einflussmöglichkeiten auf den ÖPNV. Zukünftig müssen Leistungen (europaweit) ausgeschrieben werden. Obgleich die neueste europäische Rechtssprechung gewisse Einschränkungen bei Leistungen im Bereich der Daseinsvorsorge vorsieht, besteht weiter ein starker Druck hin zu einer Neuorientierung in der ÖPNV-Finanzierung. Die Anforderungen an die zukünftige ÖPNV-Finanzierung umfassen dabei: •

Wettbewerbsneutralität entsprechend der EU-Marktordnung

flexible und bedarfsgerechte Anpassung an die lokalen Bedingungen

Anreize für hohe Verkehrsleistungen, Kundenzufriedenheit und Kosteneffizienz

Trennung von politischen und unternehmerischen Aufgaben (d. h Verhältnis zwischen Aufgabenträger und Verkehrsunternehmen)

Transparenz des Mitteleinsatzes öffentlicher Gelder

effiziente Verwendung der eingesetzten Budgets

größere Handlungsspielräume für den Aufgabenträger, die einen Wettbewerb um die besten Strategien des ÖPNV initiieren können.

Dabei wird die Zuständigkeit für Planung, Organisation und Finanzierung des ÖPNV bei den Kommunen gebündelt. Die Budgets der Länder an die Aufgabenträger beinhalten leistungsbezogene Kriterien, die es ermöglichen, besonders erfolgreiche Kommunen spezifisch zu fördern. Ein Beispiel für die Formulierung solcher leistungsbezogenen Kriterien bietet die neue, am 1. Januar 2005 in Kraft getretene ÖPNV-Finanzierungsverordnung (ÖPNVFV) des Landes Brandenburg.

ÖPNV-Finanzierungsverordnung Land Brandenburg als Beispiel

Finanzierung Für den unmittelbaren Prozess der Verwaltungskooperation in den Doppelbzw. Grenzstädten als zusätzlicher Aufgabe fehlen den Städten z. T. die finanziellen und personellen Mindestausstattungen, was das praktische Zusammenwachsen stark einschränkt. Hier wären für einen Übergangszeitraum mit relativ begrenzten Finanzaufwendungen erhebliche Fortschritte erzielbar.

„Zusatzaufgabe“ der

Mit der temporären projektbezogenen Begleitung des grenzübergreifenden Zusammenwachsens im Rahmen verschiedenster Förderprojekte kann eine auf Dauer ausgerichtete Kooperation nicht etabliert werden. Zudem erfordern die Tätigkeiten fachlich und sprachlich qualifiziertes und mit den lokalen Themen und Akteuren vertrautes Personal.

Zusammenwachsen nur über

Grenzstädte nicht finanziert

Projekte allein fördert nicht die Kontinuität


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Zur Unterstützung und zum Aufbau des Kooperationsprozesses müssen die Grenzstädte bzw. Regionen mit einem Mindestmaß an Finanzmitteln für einen Übergangszeitraum (rund 5 Jahre) ausgestattet werden. Diese Grundfinanzierung darf aufgrund des ressortübergreifenden Charakters der Zusammenarbeit auch nicht thematisch eingeschränkt werden. Diese Aufgabe müsste aufgrund des ressortübergreifenden und „Zusatz“Charakters im Rahmen des Länderfinanzausgleichs erfolgen.

Kurzbericht

Konnexitätsprinzip auch für die Grenzregionen

Die Entwürfe des Europäischen Parlaments und Rats sehen für die Gestaltung der Kohäsionspolitik für den künftigen Förderzeitraum 2007-2013 wichtige Änderungen vor, die auch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit betreffen. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit soll über gemeinsame Programme über das Ziel „Europäische territoriale Zusammenarbeit“ erfolgen. Auf der operativen Ebene werden künftig nationale Programme und regionale Programme bzw. operationelle Programme aufgestellt, die keine konkreten Maßnahmen mehr benennen, sondern – zwecks anzustrebender Flexibilität – nur noch Schwerpunkte bzw. Prioritäten beinhalten. Darüber hinaus soll eine Verordnung zum Europäischen Verbund für grenzüberschreitende Zusammenarbeit (EVGZ) erlassen werden. Mit diesem einheitlichen europäischen Rechtsinstrument soll die grenzübergreifende Zusammenarbeit mit einer entsprechenden öffentlich-rechtlichen Basis sowohl für die strategisch-programmatische, als auch die projektorientierte Zusammenarbeit ausgestattet werden.

Konkretisierung der grenzüber-

Indem die konkrete Ausformulierung der Förderinhalte und Projekte im nächsten Förderzeitraum deutlicher auf die nationale/regionale Ebene verlagert wird, sind rechtzeitig Abstimmungen und Positionierungen hinsichtlich der Ausrichtung der Förderung in den betroffenen Grenzräumen vorzunehmen. Hinsichtlich der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bedarf es konkreter Abstimmungsgespräche zwischen den hier „betroffenen“ verschiedenen deutschen, polnischen und tschechischen Gebietskörperschaften und Institutionen.

Konkrete grenzüberschreitende

Aber auch auf lokaler Ebene sind frühzeitig konkrete Projektideen zu entwerfen und in Form von gemeinsamen Strategien zu erstellen, um diese in die Diskussion über die Ausrichtung der grenzüberschreitenden und regionalen EU-Förderpolitik einfließen zu lassen und deren Umsetzung rechtzeitig vorbereiten zu können. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt sind durch die Städte Konzepte vorzubereiten, die als Grundlage für mögliche Förderprojekte dienen. In den Grenzräumen bedarf es hierzu konkreter Abstimmungen und der Vorbereitung ggf. gemeinsamer Entwicklungskonzepte.

Neue Interventionsperiode muss

schreitenden Zusammenarbeit über Reformen organisatorischer Art vorgesehen

Abstimmungsgespräche zur Ausrichtung der künftigen EUFörderpolik

frühzeitig auch auf lokaler und regionaler Ebene vorbereitet werden

Kooperation Grenzübergreifende Stadt- und Verkehrsentwicklung in Grenzregionen sind stark kooperations- und kommunikationsabhängige Handlungsfelder. Die allgemeine Entwicklung der grenzübergreifenden Kooperation spiegelt sich insofern unmittelbar wider.

Wichtige Kooperationsfelder Stadt- und Verkehrsentwicklung


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Zu konstatieren ist eine langjährige „erprobte“ Kommunikations- und Sitzungskultur auf politischer Ebene, die jedoch auch überwiegend anlassorientiert ist und zudem hohen Symbolcharakter hat. Auch auf Arbeitsebene gibt es zu einzelnen Themen bereits erfolgreiche Zusammenarbeitsansätze, so z. B. zum Thema Denkmalpflege. Es fehlt jedoch die Abdeckung aller relevanten Themen und eine sachgerechte Vernetzung. Die fehlende strukturierte Zusammenarbeit auf Arbeitsebene, die immer dringender wird, wird als das größte Defizit angesehen wird. Das sprachliche Problem ist weiterhin gravierend und effektivitätsmindernd; weder in englisch, deutsch noch polnisch oder tschechisch ist eine sachgerechte Kommunikation möglich.

Kurzbericht

Kooperationserfolge in Projekten und Einzelthemen Defizite und Potenziale in der Verbreiterung und Vernetzung

Daraus leiten sich folgende Empfehlungen zu drei zentralen Kooperationsbausteinen ab: •

kurzfristige Fortschreibung und Qualifizierung des grenzübergreifenden integrierten Strukturkonzeptes

stufenweiser Aufbau eines grenzübergreifenden Monitoringsystems; zunächst Entwicklugn eines Indikatorensets zur Stadt- und Verkehrsentwicklung

Einrichtung einer gemeinsamen Geschäftsstelle zur Bündelung aller grenzübergreifenden Kooperationsaktivitäten für zunächst 5 Jahre

Für den Aufbau einer strukturierten, auf Dauer orientierten grenzübergreifenden Kooperation ist der stufenweise Aufbau eines gemeinsamen Monitorings von zentraler Bedeutung. Die Einrichtung eines grenzübergreifenden Monitoringsystems erlaubt den Städten schneller und flexibler auf Anforderungen auf der lokalen oder überregionalen Ebene (z. B. Bundes- oder EU-Programme oder Finanzierungsmöglichkeiten) zu reagieren. Das Monitoring stellt auch eine wichtige Grundlage für politische Entscheidungen bereit.

stufenweiser Aufbau eines

Wesentliche Datengrundlagen zur kleinräumigen Struktur von Bevölkerung, Haushalt, zur Motorisierung, Erwerbstätigkeit und Ausbildung liegen in den deutschen Teilstädten i. d. R. bereits vor. Wichtig wäre hier noch eine Zusammenführung mit Daten zu Standorten von Einkaufsmöglichkeiten, Schulen und Ausbildungsstätten, Arbeitsstätten und anderen verkehrsverursachenden Standorten. Erste Schritte in diese Richtung stellen die Prüfung der in Polen/Tschechien geltenden rechtlichen Grundlage, die Klärung der grundsätzlichen Möglichkeiten, administrativen Verantwortlichkeiten und nicht zuletzt der Kosten für diese Datensammlung dar.

sukzessive Harmonisierung der

Neben diesen Strukturdaten zu Bevölkerung und Wirtschaft sollten in gewissen Abständen auch Verkehrs- und Mobilitätserhebungen durchgeführt werden. Diese sind für die Beobachtung der tatsächlichen Verkehrsbelastung einzelner Infrastrukturen, aber auch zur Identifikation von Verhaltensveränderungen, die in der Planung berücksichtigt werden müssen, wichtig.

Praktikable Verkehrs- und

grenzübergreifenden Monitorings

Datengrundlagen

Mobilitätserhebungen


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Darüber hinaus müssen nicht nur den Modellstädten, sondern auch den anderen Grenzregionen Hilfsmittel zum kontinuierlichen Datenaustausch der Stadt- und Verkehrsentwicklung an die Hand gegeben werden, welche die Kooperation auf der - entscheidenden - „Arbeitsebene“ qualifizieren.

Kurzbericht

Monitoring dient auch der Kooperationsverbesserung auf der entscheidenden Arbeitsebene

Das vorgeschlagene Geschäftsstellenmodell wird wie folgt skizziert:

Gemeinsame Geschäftsstelle

dauerhafter grenzübergreifender

Aufbau einer gemeinsam getragenen grenzübergreifend tätigen Geschäftsstelle der betroffenen beiden Kommunen

zentrale Koordinierungsstelle der Verwaltungen

Öffentlichkeitsbüro für alle grenzübergreifenden Angelegenheiten

Tätigkeitszeitraum ca. 5 Jahre mit dem Ziel der Vorbereitung der unmittelbaren Verwaltungskooperation

Besetzung mit je nach Stadtgröße ca. ein bis drei qualifizierten Mitarbeitern (Anforderung: interdisziplinäre Qualifikation, dreisprachig (deutsch / polnisch bzw. tschechisch / englisch) sowie Sekretariatskraft

Disposition der vorhandenen Dolmetscherkapazitäten der Städte

Ausstattung mit einem Mindestbudget für externe Kosten (z. B. zusätzliche Dolmetscher, Sach- und Reisekosten etc.)

unmittelbare Verwaltungsanbindung an die Stadtspitzen (Bürgermeister oder Stabsstelle).

auch zur Vorbereitung Verwaltungsstrukturen

Zur Finanzierung sollte auch eine Mischfinanzierung aus den verschiedenen Bund-/Länder- und insbesondere EU-Förderkulissen und Eigenanteilen geprüft werden. Ausblick Weitergehender Forschungsbedarf ist insbesondere in folgenden Themenfeldern festzustellen: •

Verkehrsmodellierung in Grenzräumen Ein besonders problematischer und bisher kaum erforschter Bereich der Modellierung grenzüberschreitender Verkehre betrifft die Abbildung der Bestimmungsgründe für Wege in das jeweils andere Land. Die hier verwendete Methode sollte beispielsweise über Befragungen oder andere empirischen Verfahren verfeinert werden.

Ergänzende empirische Verfahren zur Verkehrsmodellierung

Gestaltung altersgerechter Verkehrssysteme Dem Verkehrsverhalten, aber auch den spezifischen Bedürfnissen einer alternden Gesellschaft sollte besondere Aufmerksamkeit auch in den Grenzregionen geschenkt werden sollte. Speziell die öffentlichen Verkehrsmittel müssen in ihrer Angebotsgestaltung diesen Aspekt berücksichtigen, um ihre Nutzer zu binden bzw. den Nutzerkreis zu vergrößern.

Verkehrsverhalten und Verkehrsansprüche einer alternden Gesellschaft


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Kurzbericht

Rechtanpassung der ÖPNV-Finanzierung in EU-Beitrittsländern Mit dem räumlichen Schwerpunkt der östlichen deutschen Grenzregionen und denen der betroffenen Nachbarstaaten sind der Anpassungsbedarf und die notwendigen Anpassungs- bzw. Harmonisierungsschritte zu untersuchen. Dabei sind unter Berücksichtigung nachlassender Finanzierungskraft der öffentlichen Hand Entwicklungsszenarien zur ÖPNV-Finanzierung und entsprechende Strategien zur Sicherung bedarfsgerechter ÖPNV-Strukturen zu ermitteln.

Die fachspezifische Verknüpfung und Vertiefung der in diesem und anderen Projekten entstandenen Netzwerke ist für den wissenschaftlichen und praktischen Erfahrungsaustausch unabdingbar. Zu vielfältigen Einzelaspekten tauchen im praktischen Vollzug weitere Probleme vor Ort auf, die jeweils möglichst zeitnah geeigneten Lösungen zugeführt werden sollten.

Anpassungs- bzw. Harmonisierungsschritte koordiniert durchführen

Verstetigung der Netzwerkarbeit

Insgesamt würde eine noch stärkere ressortübergreifende Abstimmung zur grenzübergreifenden Stadt- und Verkehrsentwicklung auf Bundes- und Landesebene gemeinsam mit der polnischen und tschechischen Seite zu einer weiteren Effektivierung der Kooperation in den Grenzregionen beitragen. Für die Bürger und auch die Wirtschaft in den Grenzregionen sind darüber hinaus konkrete Umsetzungsprojekte von nicht zu unterschätzender Bedeutung, wie die Eröffnung der Altstadtbrücke in Görlitz/Zgorzelec zeigt. Insbesondere im ÖPNV-Bereich besteht hier hoher Handlungsdruck, um Impuls- und Signalwirkungen zu initiieren.

reale Verkehrsprojekte für den notwendigen Impulseffekt dringend


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