Bericht Forschungsprojekt Urbane Gärten und kreaive Räume

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Abschlussbericht zum Stipendium von ANNA DAŃKOWSKA

Thema des Praktikums: Urbane Gärten und kreative Räume in Berlin als Beispiel für gemeinschaftlich getragene Lösungen für Nachhaltigkeit.

I.

Zusammenfassung

Das Projekt wurde in Berlin zwischen März und November 2016 durchgeführt. Im Zentrum des Projekts stehen Bürgerinitiativen, welche zur nachhaltigen Stadtentwicklung beitragen. Als Beispiel solcher Initiativen wurden am Anfang Gemeinschaftsgärten und kreative Räume (bzw. offene Werkstätten) ausgewählt und im Laufe des Projekts auch um Kleingartenanlagen mit gemeinschaftlichen Ansätzen erweitert. Die während des Stipendiums gewonnenen Erfahrungen sollen nach meiner Rückkehr in der Praxis in Polen genutzt werden und das Potenzial von Bürgerinitiativen für mehr Nachhaltigkeit in der Stadt soll weitergehend und vertiefend bearbeitet werden. Das Praktikum wurde bei dem Institut für kreative Nachhaltigkeit absolviert.

II.

Ausführliche Darstellung

1. Zielsetzung Es wurden folgende Leitfragen formuliert: Wie werden die Gemeinschaftsgärten und kreative Räume im Hinblick auf ihre Organisation, Finanzierung, Beteiligung und Management geführt? Welchen Herausforderungen stellen sich solchen Initiativen und welche Chancen gibt es für die Zukunft? Was sind die Erfolgsfaktoren? Welchen Beitrag leisten die Gemeinschaftsgärten und kreativen Räume für die nachhaltige Entwicklung in der Stadt? Welche Haltungen fördern sie am meistens? Das Projekt zielte darauf ab, diese Forschungsfragen zu beantworten. Es sollten die bewährte Arbeitsweisen im Bereich der sozialen Innovation für mehr Nachhaltigkeit in der Stadt kennengelernt werden, ihre Probleme und Herausforderungen erforscht und potentielle Lösungen vorgeschlagen werden. Dieses Wissen soll später in der polnischen Praxis genutzt und weiter vertieft werden.

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2. Arbeitsmethoden und –techniken Im ersten Forschungsstadium wurde ein umfassender Überblick zur Fachliteratur erstellt und in folgenden Forschungsstadien um neue Publikationen und fachliche Bücher ergänzt. Aufgrund des Charakters des Forschungsprojektes wurde die Feldforschung mit qualitativen, empirischen Methoden durchgeführt. Auf diese Weise sollte ein tieferes Verständnis der Merkmale , Besonderheiten und Prozesse, die in Gemeinschaftsgärten und kreativen Räumen stattfinden, ermöglicht werden. Es wurden zahlreiche Interviews durchgeführt, unter denen zwölf aufgenommen und transkribiert wurden. Dazu wurden auch informelle Gespräche mit Gründern, Nutzern und Organisatoren unterschiedlicher Initiativen der Nachhaltigkeit als Bestandteil teilnehmender oder nicht teilnehmender Beobachtung durchgeführt. Die Teilnahme an thematischen Workshops, Vorträgen, Tagungen, Diskussionen, Treffen war sehr hilfreich, um ein besseres Verständnis über die Merkmale von Gemeinschaftsgärten und kreativen Räumen zu bekommen. Sowohl in diesen Veranstaltungen als auch in den Interviews und Gesprächen wurden meistens die deutsche Sprache benutzt, seltener auch Englisch. Berlin war für dieses Forschungsprojekt eine sehr gute Wahl. Hier entstanden meisten Gemeinschaftsgärten, hier wird es mit nachhaltigen Projekten immer mehr experimentiert. Diese Stadt hat eine lange Geschichte von Innovation und hat seit Jahren die kreativen Leute angezogen. Die DIY-DIT Bewegung ist in Berlin besonders lebendig und breit. Das Institut für kreative Nachhaltigkeit und Spreeacker, die Vereine, wo ich mein Praktikum absolviert habe, haben mir eine Gelegenheit geboten, mich mit der Problematik der Gemeinschaftsgärten und kreativen Räume auseinanderzusetzen und den Alltag der Vereine für mehr Nachhaltigkeit in der Stadt zu erfahren. In der folgenden Tabelle werden die erforschten Initiativen mit entsprechenden Forschungsmethoden Initiative

Forschungsmethode **

Typ der Initiative *

Interviewpartner

1

Allmende-Kontor

GG

NTB

2 3 4

Am Stadtpark I Annalinde Anstiftung Ertomis

I, NTB I I, IG

5 6 7 8

Freiraum Syndikat Fahrrad Werkstatt Köpi, Bikesurf Himmelbeet Institut für kreative Nachhaltigkeit id22 (Ort des Praktikums) Kubus Science Shop TU Kunst Stoffe Laskerwiese NähCafé K9

KGA GG Stiftungsgemein schaft GG OW GG Science Shop OW , Upcycling GG OW

I I I IG, TB

KGA GG RC RC GG KGA Kulturlabor, GG

I, NTB I, NTB TB IG, TB, TB IG, TB I, TB IG, TB I

Frank Becker (aufgen.) Frauke Hehl (aufgen.) Frauke Hehl (aufgen.) Organisatorinnen, Teilnehmerinnen, Nutzerinnen Sabine Karau Thomas Herr (aufgen.) Frank Becker (aufgen.) Elisa Garrote Gasch Claudia Hirtmann, Michael LaFond Wilfried Buettner (aufgen.) Organisatorinnen, Teilnehmerinnen Eva Foos (aufgen.)

I I

Ursula Renker (aufgen.) Beate Wimmer (aufgen.)

9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22

NCR Prachttomate Repair Café - Brunnenviertel Repair Café – Kunst Stoffe Spreeacker (Ort des Praktikums) Tempelhofer Berg Trial and Error Humboldt Universität, Projekt ``Stadtgärten in Klimawandel`` Senatsverwaltung Senatsverwaltung

I TB, IG I, NTB IG, TB

Elisabeth Meyer-Renschhausen, Gerda Münnich (aufgen.) Gabriele Gutzmann (aufgen.) Sebastian Pomm (aufgen.) Tom Hansing (aufgen.), Tassew Shimeles,Gudrun Walesch Organisatorin (aufgen.) Organisatoren, Teilnehmer/Nutzer Johannes Rupp (aufgen.), Ulrike Michael LaFond

aufgelistet. Die Positionen *Typ der Initiative (GG – Gemeinschafts-garten, KGA – Klein-garten-anlage, OW – offene Werkstatt, RC – Repair Café) ** Forschungsmethode (I – Interview, IG- Informelles Gespräch, TB– Teilnehmende Beobachtung, NTB- Nicht teilnehmende Beobachtung)

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3. Ergebnisse Das Thema von Urban Gardening wird seit ungefähr zwanzig Jahren in der Forschung präsent. Der deutsche Begriff „Gemeinschaftsgärten“ wurde das erste Mal in 2005 von M. Rosol benutzt. Seitdem wurde es ziemlich viel über das Phänomene von urbane Gärten geschrieben: ihre ökologische (Berges et al., 2014), politische (Certomà,2011), soziale Rolle (Müller, 2011), das Lernen in Gemeinschaftsgärten (Bendt et al., 2013; Wendler, 2014) oder die Bedrohung urbaner Gärten (BBSR, 2015) . Über die Integration von Gemeinschaftsgärten und Kleingärten wurde bisher relativ wenig erforscht, obwohl es ein großes Forschungsprojekt über die europäischen COST und deutschen Kleingärten gab (Appel et an., 2011). Es wird relativ wenig über kreative Räume geforscht. Dieses Jahr sind ein paar wertvollen Publikationen entstanden: eine Buch über die DIY Bewegung und Reparatur Initiativen „Die Welt reparieren“ (Baier et al., 2016) und weitere Publikationen, wie „Wertschöpfung in offenen Werkstätten“ (Domann et al. ,2016) oder „Offene Werkstätten – nachhaltig innovativ?“ (Petschow, 2016). Leitfrage: Wie werden die Gemeinschaftsgärten und kreative Räume im Hinblick auf ihre Organisation, Finanzierung, Beteiligung und Management geführt? Im Zwischenbericht wurde über die demokratischen Prozesse (typische Form des Managements von selbstorganisierten Initiativen, welche Beteiligung ermöglicht aber nicht unproblematisch ist: Der Entscheidungsfindungsprozess kann sehr langwierig sein) und Formen der Finanzierung (unterschiedliche Quellen: Mitgliedsbeiträge, Pächter, Vermietung von Flächen oder Räumen, Spende, Unterstützung von der Stadt, Stiftungen, Sponsoren, Geschäftsaktivitäten) in selbstorganisierten Initiativen für mehr Nachhaltigkeit geschrieben. Rechtsform. Bürgerinitiativen für mehr Nachhaltigkeit nehmen unterschiedlichste Rechtsform ein: Informelle Gruppen (ohne Rechtsform): einige Nähcafés, Fahrradwerkstätten, Nachbarschaftsgruppen, die zusammen gärtnern, bspw. zahlreiche Gemeinschaftsgärten in ihrer Anfangsphase, Vereine: viele Gemeinschaftsgärten, alle Kleingärten, teilweise Repair Cafés) gGmbH: Nomadisch Grün (Prinzessinnengärten), Himmelbeet, bis zu kommerziellen Unternehmen (manche Arten der offenen Werkstätten, die aber nicht Objekt des Forschungsprojekts sind), für die Initiativen, die ihre Tätigkeit als informelle Gruppen begonnen haben, stellt Workstation ihre Rechtsform zur Verfügung. Zugänglichkeit. Eine Eigenschaft der selbstorganisierten Initiativen für mehr Nachhaltigkeit in der Stadt ist ein hoher Grad der Zugänglichkeit. In der Regel versuchen sie, sich möglichst breit für die Gesellschaft zu öffnen und offen zu bleiben, auf unterschiedliche Art und Weise. Das kann bedeuten freie Werkstätten anzubieten (Nähwerkstatt in K9, Naturlabor, Gartenlabor in Trial and Error), Zugang zu den Werkzeugen, Bastel- oder Reparaturkenntnissen und Wissensvermittlung zu ermöglichen (Repair Cafés, Flicken Radwerkstatt), offenes Tor zu den Gemeinschaftsgärten zu sein (Prachttomate, Himmelbeet) oder ganz ohne Zaun und völlig in der Öffentlichkeit zu handeln (Spreeacker, Allmende-Kontor). Gemeinschaftsorientierung. Jede von den erforschten Initiativen basiert in hohem Maße auf der Gemeinschaft: gemeinschaftliches Bewirtschaften und Organisieren der Fläche, gemeinsames Basteln, reparieren oder gestalten, gemeinschaftliche Entscheidungsfindung , nachbarschaftliche Beziehungen. Die Initiativen wie Gemeinschaftsgärten und kreative Räume werden „von viele für viele“ organisiert. Die emeinschaft ist der Kern ihres Wesens und Bestehens, ohne sie wären die bottom-up Initiativen nicht möglich.

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(Ergebnisse) Vernetzen, Netzwerken. Gemeinschaftsgärten, im Gegensatz zu den offenen Werkstätten, haben keine Dachorganisation. Dies wurde schon während eine der ersten Netzwerktreffen von Gemeinschaftsgärten in Berlin entschieden. Eine Stiftungsgemeinschaft, die zwei Netzwerke unterstützt, untersucht und jährliche Vernetzungstreffen von Reparaturinitiativen und Gemeinschaftsgärten organisiert und finanziert, heißt Stiftungsgemeinschaft anstiftung & ertomis. Die Anstiftung bietet auch eine online-Plattform für Wissens-, KontaktundErfahrungsaustausch von beiden Typen der Initiativen für mehr Nachhaltigkeit. Eine andere online-Plattform, die nur von Berliner Gemeinschaftsgärten benutzt wird, ist Stadtacker. Grünanteil ist eine bundesweite, neue, selbstorgansierte Plattform, die ebenfalls von der Anstiftung unterstützt und gefördert wurde. Die Organisation, welche Vernetzungsaktivitäten für offene Werkstätten vorantreibt und in der 140 verschiedene Initiativen vereint sind, ist 2009 entstanden und heißt „Verbund Offener Werkstätten“. Ihr Zweck ist es, Kooperation, Austausch, und gemeinsame Lobbyarbeit zu koordinieren. Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen offenen Werkstätten und Gemeinschaftsgärten. Beide Formen des bürgerlichen Engagements werden als eine Alternative zur kapitalistischen, neoliberalen und rein marktorientierten Organisationsform der Gesellschaft betrachtet, weil sie es ermöglichen, dass Menschen etwas zusammen zu schaffen, zusammen lernen, selbstbestimmt agieren, voneinander lernen und über Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Müllvermeidung in der Praxis voneinander lernen können. Beide sind selbstorganisierte, zugängliche Orte, die Eigenarbeit ermöglichen und gemeinschaftsorientiert sind. Es gibt aber auch Unterschiede zwischen beiden Formen: Eines ist die Infrastruktur. In einer offenen Werkstatt muss man in die Maschinen, den Raum, die Werkzeuge investieren und pflegen, wohingegen man für einen Garten nur eine Brachfläche zu besorgen braucht, was weniger kostspielig ist. Sowohl die Investitionskosten als auch Betriebskosten sind im Fall einer offenen Werkstatt höher. Auch die Charakter der Arbeit ist anderer: in offenen Werkstatt ist es gefährlicher zu arbeiten (mit Maschinen und Werkzeugen) als in Garten – die (Eigen-)Verantwortung ist größer. Relativ häufig sind die zwei Arten von Bürgerinitiativen für Nachhaltigkeit physisch miteinander verbunden: in den Gemeinschaftsgärten werden Fahrräder repariert (u.a. in Himmelbeet), Kleidung ausgetauscht (u.a. Prachttomate, Prinzessinnengarten), zusammen gebastelt (Nachbarschaftsgarten von Trial and Error) oder Upcycling Projekte realisiert (Prinzessinnengarten, Material Mafia, Re:Move). Aufgrund der Vernetzung von Gemeinschaftsgärten und offenen Werkstätten werden beide von der Stiftungsgemeinschaft Anstiftung & ertomis erforscht und unterstützt. Gegenwärtig wird eine Recherche zu Handwerk und Reparieren im Gemeinschaftsgarten von Anstiftung durchgeführt. Leitfragen: Welchen Herausforderungen stellen sich solchen Initiativen und welche Chancen gibt es für die Zukunft? Was sind die Erfolgsfaktoren? In dem Zwischenbericht wurde über Erfolgsfaktoren in der Anfangsphase der Projekte (gut motivierte Gruppe, klare Vision, Raum/Fläche früh besorgen), Erfolgsfaktoren in der Ausführungsphase (gute Beziehung zu der Stadt, der Verwaltung, Politikern, Nachbarn und dem Bezirk, Kommunikation, Networking, Teilnahme an Wettbewerben, Flexibilität zu behalten, nach neue Lösungen zu suchen), die Unterschiedlichen Haltungen von Kleingärten und Gemeinschaftsgärten sowie Gemeinschaftsgärten als Zwischennutzung betrachtet werden (schwer Kontinuität und Stabilität zu bewahren) geschrieben. Erfolgsfaktor: Nachhaltig kreative Räume gründen und bewahren. Um eine Initiative nachhaltig zu führen, wird viel Motivation benötigt, deren Quellen sehr unterschiedlich sein können, nur nicht Profit um zu machen. Neben der Motivation der Initiator*innen ist es wichtig, dass die entsprechenden Leute mit entsprechenden Fähigkeiten zum Projekt beitragen können (z.B. Organisations-, Kommunikations-, Fachund Handwerkkenntnisse). Im Fall der offenen Werkstätten hat eine größere Gruppe mit konkreten Interessen bessere Chancen, einen Ort nachhaltig und mit längerer Perspektive instand zu halten. Solche Initiativen sollen als Vision unterschiedlicher Leuten entstehen und nicht nur von ein oder zwei Personen. Herausforderung: Zusammenarbeit von „unstrukturierten“ Gemeinschaftsgärten mit streng strukturierten Institutionen. Als eine Komponente des Urbanen führen Gemeinschaftsgärten seit mehreren Jahren einen Dialog mit der Senatsverwaltung bzw. auf Bezirksebene. -4-


(Ergebnisse) Es ist aber immer schwer ein beiderseitiges Verständnis zu erreichen, weil die sich beide Partner in ihrer Organisationsform grundlegend voneinander unterscheiden. Die Verwaltung hat eine sehr feste, hierarchische Struktur, wohingegen die Gemeinschaftsgärten versuchen, eine möglichst horizontale, hierarchiefreie, „flache“ Struktur zu bewahren. Die Verwaltung würde gerne einen bestimmten Vertreter der Gemeinschaftsgärten als Ansprechpartner haben, aber die Gemeinschaftsgärten (bundes- und berlinweit) haben bisher keine Dachorganisation gegründet, die alle Gemeinschaftsgärten vereinigen würde, um selbstständig und unabhängig voneinander agieren zu können. Was die Gärten hingegen problematisch in der Zusammenarbeit mit der Verwaltung finden, ist deren Handeln. Es gibt weder einen konkreten Ansprechpartner für Belange der GG innerhalb der Verwaltung und innerhalb des Stadtgrüns , der verantwortlich wäre, noch einen gemeinsamen Ansprechpartner für urbanes Grün: öffentliche Grünflächen, Kleingärten, Gemeinschaftsgärten, Naturschutz, Stadtentwicklung usw., für alle urbanengärtnersich übergreifenden Probleme. Aktuell müssen die Gartenaktivisten mit unterschiedlichen Abteilungen innerhalb des Bezirkes und auf Senatsebene kommunizieren. In einer Antwort aus den Resultaten der Koalitionsverhandlungen vom 04.11.20161, die Gemeinschaftsgärten hatten zuvor ein Strategiepapier verfasst, wird verzeichnet, dass eine Stelle für Ansprechpartner für Gemeinschaftsgärten in Senatsverwaltung geschaffen wird. Ein gutes Vorbild, wie die Senatsverwaltung die Gemeinschaftsgärten unterstützen kann, ist Paris. Dort gibt es einen Ansprechpartner für Gemeinschaftsgärten und ein städtisches Programmzur Unterstützung der gemeinsamen Form des urbanen Gärtnerns. Es bliebt die Frage, ob ein solches Modell von allen urbanen Gärten und Gartenaktivisten überhaupt erwünscht ist, da in der Berliner Bewegung die Selbstbestimmung und Einzigartigkeit und Individualität jedes Gartens hoch geschätzt wird. Herausforderung: Den „Grad der Nachhaltigkeit“ der Initiativen zu ermitteln. Aufgrund der Komplexität von lokaler Nachhaltigkeit ist es schwer zu messen, in wieweit eine Initiative zur nachhaltigen Entwicklung beiträgt. Es gibt unterschiedliche Versuche, den „Nachhaltigkeitsgrad“ zu „messen“, z.B. von Science Shop Kubus an der TU Berlin oder vom Ecologic Institute. Mitarbeiter vom Kubus haben zusammen mit Studierenden ein Programm erarbeitet, welches das CO2 ermittelt, welches durch die Reparatur von bestimmten Geräten in Repair Cafés eingespart wird. Ecologic Institute entwickelt ein Bewertungssystem für zivilgesellschaftliche Initiativen zur Erfassung von Nachhaltigkeit und Transformationspotential. Solch ein Bewertungssystem wäre sehr hilfsreich bei der öffentlichen Projektpräsentation (vor potentiellen Sponsoren, Stadt, Bezirk, Nachbarn). Herausforderung: Verwertung/Nutzung des Images der Gemeinschaftsgärten von weder gemeinschaftlichen, noch nachhaltigen kommerziellen Unternehmen in der Stadt. Schutz des in offenen Werkstätten produzierten Wissens. Die Gemeinschaftsgärten werden in Berlin immer bekannter und populärer .Dieses Jahr wurde das Image von Gemeinschaftsgarten während der städtischen Wahl von Politikern benutzt. Es entstand auch ein sogenannter „Gemeinschaftsgarten“ auf der Fläche von Vattenfall, einem der größten Kohleförderer und Kernkraftwerksbetreiber in Deutschland. Diese Kommerzialisierung konterkariert die gemeinschaftsorientierte, ökologische und lokale Ökonomie-Idee der Gemeinschaftsgärten. Es wurde im Gartenmanifest „Die Stadt ist unser Garten“ einvernehmlich von 140 Initiativen erklärt, dass Gemeinschaftsgärten Räume ohne Konsumzwang bleiben sollen. Aktuell wird unter den Gemeinschaftsgärten diskutiert, wie man mit Vorschlägen von kommerziellen Organisationen /Unternehmen umgeht. Die Stiftungsgemeinschaft anstiftung & ertomis soll über solche Fälle informiert werden, um einen Überblick zu bekommen und Unterstützung anzubieten. Ein analoges Problem haben die offene Werkstätten, in denen viel Innovation stattfindet und die Ideen, Wissen und Kenntnisse zugänglich und öffentlich sind. Dies wird oft von kommerziellen Unternehmen oft für ihren eigenen Profit genutzt. Es wird unter der offenen Werkstätten aktuell diskutiert, wie man mit diesem Problem umgehen soll. Offene Werkstätten agieren basierend auf Open Source, also alles, was in Fab Labs, Makerspaces oder anderen offenen Werkstätten gestaltet und geschafft wird, keinen Patent hat und kann benutzt werden. Ideal aber für nicht kommerziellen Zwecken. 1 http://www.die-linke berlin.de/fileadmin/download/2016/161116_Koalitionsvertrag_finale_Fassung.pdf

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(Ergebnisse) Herausforderung: Bedrohung der Flächen von Gemeinschaftsgärten und Kleingärten. Der Bebauungsdruck in Berlin ist sehr hoch, deshalb befinden sich sowohl Kleingärten, als auch Gemeinschaftsgärten in Gefahr. Ein großer Teil von Kleingartenanlagen (159 Kolonien) fällt unter Program der Schutzfrist 2020, was bedeutet, dass ihre Existenz in der Stadt nur bis Jahr 2020 sicher ist. Nach diesem Datum wird soll mehr als 80% dieser Kleingartenkolonien bebaut werden. Wie schon im Zwischenbericht geschrieben wurde, bestehen die Gemeinschaftsgärten oft auf Brachflächen und werden als Zwischennutzung betrachtet, was bedeutet, dass den Mietvertrag jeder kurzen Zeit neu untergeschrieben werden muss. Diese Verhältnisse erschweren eine Stabilität und Kontinuität der Handlung von Gemeinschaftsgärten. Es wird einen Artikel zum Thema Bedrohung von Gemeinschaftsgärten und Kleingärten in Berlin und Leipzig in Kooperation mit Prof. Dagmar Haase und Dr. Annegret Haase geschrieben und wird demnächst veröffentlicht. Chance: Offenere Kleingärten und mehr Zusammenarbeit mit Gemeinschaftsgärten. Wenn beide Arten der urbanen Gärten enger zusammenarbeiten, können sie stärker werden und besser ihre Position in der Stadt vor den Investoren vertreten. Dieser Prozess hat bereits begonnen, Kleingärten und Gemeinschaftsgärten treffen sich regelmäßig im Rahmen des Forums Stadtgärtnern. Die Foren werden thematisch organisiert und es wird dort viel diskutiert und Erfahrungen zum urbanen Gärtnern ausgetauscht. Das ist aber erst ein Anfang und es soll noch mehr getan werden, um eine beidseitiges Verständnis zu erreichen. Den Kleingärtner ist durchaus schon bewusst, dass ihre Kolonien offener werden müssen und dass sie ihre Nachbarschaft aktiver einbeziehen müssen. Nur auf diese Weise können die Gärten mehr soziale Unterstützung bekommen. Es wird von der Verwaltung reguliert, dass wenn eine Kleingartenanlage ausgeräumt wird, die Ersatzkolonie so gestaltet wird, dass es neben den individuellen Parzellen auch eine Fläche für gemeinschaftliche Nutzung stellen soll. Unter den bestehenden Kleingartenanlagen verdienen diejenigen besondere Aufmerksamkeit, die aufgrund ihrer sozialen Arbeit hervortreten, z.B. die KGA Am Stadtpark I, wo viele Veranstaltungen für die Öffentlichkeit organisiert werden, die KGA NCR Neukölln – mit einer Parzelle für gemeinschaftliche Nutzung zur Verfügung oder die KGA Tempelhofer Berg, deren Vorstand einen Flüchtlingsgemeinschaftsgarten gestaltet hat. Dank solcher Handlungen/Aktionen werden die Kleingartenanlagen zugänglicher, offener und hoffentlich von Gesellschaft mehr wertgeschätzt. Leitfrage: Welchen Beitrag leisten die Gemeinschaftsgärten und kreativen Räume für die nachhaltige Entwicklung in der Stadt? Welche Haltungen fördern sie am meistens? Im Zwischenbericht wurden die ökologischen Rolle (Quelle von Bio-Gemüse in der Stadt, grüne Oase in dem heißen Stadtklima, Orte der Bewegung an der frischen Luft) und die soziale Rolle (Erstarkung der sozialen Netzwerke, des Sozialkapitals und der gesellschaftlichen Integration bzw. Inklusion, der interkulturellen Vielfalt) von Gemeinschaftsgärten betont. Es wurden auch folgende Rollen von Gemeinschaftsgärten und kreativen Räumen erwähnt: die politische Rolle, die (Bürger)Beteiligungsrolle als (Raum für mehr Bürgeraktivität: Begegnungen, Diskussionen, Austausch sowie für Selbstbestimmung, Mitbestimmung, direkte Demokratie, „planning for real“, Nachbarschaft zu gestalten, Einfluss der Bürger auf ihre Stadt, Umgang mit kommunalen Eigentum der Gesellschaft, direkter Zugang zum Boden, Rechte aber auch Pflichten übernehmen), die Bildungsrolle (praxisnahes, erfahrungsbasiertes Lernen, Workshops, Vorträge, Debatten, Experimente, Schulunterricht, wissenschaftliche Projekte, Führungen, Studentenprojekte). Ökologische Nachhaltigkeit: Ressourcen nachhaltig in kreativen Räumen nutzen (Müll vermeiden, die Materialien so lang wie möglich im Kreislauf behalten). In kreativen Räumen und offenen Werkstätten werden Ressourcen viel bestimmter nachhaltig genutzt, als in der Industrie- und Massenproduktion. Die Räume, die die Werkstätten anbieten (u.a. Repair Cafés, Fahrrad Werkstätten, Nähcafés), tragen direkt dazu bei, dass weniger Geräte weggeschmissen werden und länger im Kreislauf behalten werden. Solche Initiativen wie Kunst-Stoffe, Material Mafia kümmern sich darum, dass verbrauchte, aber noch nutzbare Materialien nicht in der Mülltonne landen, sondern weitere Verwendungen bekommen. In offenen Werkstätten wird viel im Sinne des Upcycling gearbeitet, also damit den Objekten eine neue Funktion oder - 6Error einen neuen Zweck zu geben. Kulturlabor Trial and bietet schöne Beispiele dafür.


(Ergebnisse) In Deutschland gibt es Netzwerke , die noch Essbares vor dem Wegwerfen retten, z.B. Foodsharing und die Tafeln. Es ist auch populär Kleidung zu tauschen, statt sie wegzuwerfen: sogenannte Tauschläden, FreeShops, oder Umsonstläden. (z.B. in Trial and Error). Soziale Nachhaltigkeit: Integration, Inklusion in Gemeinschaftsgärten und kreativen Räumen. Die Gemeinschaftsgärten und offene Werkstätten bieten Anhaltspunkte für Integration und Inklusion. Gärtnern ist eine relativ einfache Tätigkeit, für welche man keine größere Kenntnisse oder Wissen, sogar keine große Sprachkenntnisse braucht. Deshalb werden die Gemeinschaftsgärten Orte der Inklusion von unterschiedlichen Gruppen: gärtnern können die kleinsten Kinder, Behinderte, Ältere , die neu Angekommenden (Migranten, Flüchtlinge). Die ersten Gartenbürgerinitiativen sind in Form sogenannter Interkultureller Gärten schon von mehr als 15 Jahren entstanden (Wuhlegarten, Perivoli, Internationale Gärten Göttingen). Für die, die ihre Heimat verlassen haben, stellt ein Gemeinschaftsgarten oft eine kleine Heimat dar. Die Tätigkeit und das Engagement im Garten hilft bei der Integration in die neue Gesellschaft und erleichtert es neue soziale Kontakten aufzunehmen. Ebenso sind offene Werkstätten Orte der Inklusion. Bürger, welche keinen finanzielle Möglichkeiten haben, um eine professionelle Werkstatt aufzusuchen oder sich eine Reparatur zu leisten , bekommen auf diese Art und Weise eine Chance, günstig oder sogar kostenlos selbst etwas zu machen, zu reparieren oder neue Fähigkeiten zu lernen. Ziel der offenen Werkstätten ist es, den Zugang zu Werkzeugen für technologische Erfindungen zu demokratisieren. Offene Werkstätten sind auch Orte der Begegnung von unterschiedlichen soziale Gruppen: von Ökofreaks bis hin zu älteren Mitbürgern, die einfach nur Spaß beim Reparieren haben, neue Leute kennenlernen wollen, Wissen und Erfahrung austauschen und ihre Zeit produktiv und aktiv verbringen wollen und dadurch einen Beitrag zur Nachhaltigkeit (Müllvermeidung, Ressourcengerechtigkeit, Speicherung von CO2-Emissionen) leisten. Soziale Nachhaltigkeit: Gemeinschaft. Gemeingüter. DIY, DIT. Einige Stadtforscher2 behaupten, dass die Zukunft und sogar das Überleben der Städte davon abhängt, ob dem Gemeinwohl Priorität gegenüber privatem Reichtum eingeräumt wird. In diesem Bereich agieren die Gemeinschaftsgärten. Ihre Aufgabe ist es, den öffentlichen Raum für das Gemeinwesen zu reklamieren. Auf diese Weise wird ein neues Wohlstandsmodell ermöglicht, das wichtig für die Zukunft der Städte ist. Dieses Modell ist nicht auf materiellen Überfluss fokussiert, sondern vor allem auf Gemeinschaft, Beteiligung, Begegnung und Ermächtigung der Bürger durch gemeinschaftliches Tätigsein.3 Die Gemeinschaftsgärten und offene Werkstätten bieten eine Gelegenheit, sich selbst zu entfalten und gemeinschaftlich tätig zu sein. In selbstorganisierten Initiativen für Nachhaltigkeit ist die Gemeinschaftsorientierung stärker und wichtiger als das Streben nach Effizienz und Gewinn. Die Motivation des Engagements in offenen Werkstätten oder Gemeinschaftsgärten ist daher auch nicht Profit zu machen, sondern Wissen auszutauschen, in der Praxis etwas zu lernen und so zur gesellschaftlichen Transformation beizutragen.4 Deshalb nennt man diese Bewegung die DIT (Do-It-Together, Zusammenmachen) statt DIY (Do-It-Yourself, Selbermachen). Soziale Nachhaltigkeit: Ermächtigung. Die Orte, wo Eigenarbeit stattfindet und wo die Sachen gemeinschaftlich in der Geist des Selbermachens geschafft werden tragen zur mehr Sebtsbestimmheit der Menschen bei. In dem in gegenwärtigen Gesellschaft herrschenden Modell alle Tätigkeiten müssen einen Zweck haben und zu einem Art des Profits leiten. Es gibt wenige Gelegenheiten etwas zu machen für die Eigenwert (Selbstwert) dieser Tätigkeit. Die Gemeinschaftsgärten und offene Werkstätten bieten ihren Beteiligten die Möglichkeiten etwas selbst anzubauen, zu gestalten, zu schaffen, zu reparieren oder zu basteln. In solchen Initiativen geht es selten um die Effizienz oder reiche Ernte und deshalb kann man die Freude der Kreativität, Eigenarbeit und Zusammenarbeit genießen. 2

Mike Davis, ein amerikanischer Stadttheoretiker, Müller, Ch. (2009) Gärten der Nachhaltigkeit. Ein Plädoyer für urbane Subsistenz Sustainable Austria Nr. 46 – März 2009, Seite 6 3 Müller, Ch. (2009) Gärten der Nachhaltigkeit. Ein Plädoyer für urbane Subsistenz Sustainable Austria Nr. 46 – März 2009, Seite 6 4

Wertschöpfung in offenen Werkstätten, 6 -7-


(Ergebnisse) Ökonomische Nachhaltigkeit: alternative, lokale, kollaborative Ökonomie, Demokratiesierung, Dezentralisierung der Produktion in offenen Werkstätten vs. Massenproduktion. Offene Werkstätten, als selbstorganisierte Orte des Experimentierens, ermöglichen den Umgang und die Erprobung und die Entwicklung von dezentralisierter Produktion.5 Sie setzen sich nicht den Ersatz von dominierten Massenproduktionsmodell zum Ziel, eher wollen sie eine Alternative darstellen. Das Spektrum der Handlungsmöglichkeiten der offenen Werkstätten ist viel kleiner. Sie beeinflussen vor allem die regionale Ökonomie und bieten eine Unterstützung für einzelne Handwerker, Künstler und alle, die an „Selbermachen“ interessiert sind. Dank Open Source Zugängen, auf welche alle selbstorganisierten offenen Werkstätten basieren, wird die Demokratisierung der Produktion geübt. Die Bewegung vom Selbermachen fördert keine Patente, sondern den freien Zugang zum Wissen. Die offenen Werkstätten tragen auch zur Kreislaufwirtschaft bei, weil die Nutzung von Ressourcen ausgewogener als in einer konventionellen Wirtschaft ist und die Zirkulation von Materialien, Stoffe und Sachen deutlicher höher. 4. Diskussion Die gegenwärtige Gesellschaft steht vor ernsten ökologischen und sozialen Herausforderungen. Eine tiefe Transformation ist notwendig, um sie zu überwinden. 6 Diese gesellschaftliche Transformation ist vor allem in Städten erforderlich, da dort die meisten menschlichen Aktivitäten, die der Umwelt beeinflussen, stattfinden. Um wirklich in die Richtung einer nachhaltigen Entwicklung zu gehen, bedarf es eines Bürgerengagements, eines vertiefenden Umweltbewusstseins und eines Wandels der Haltung. Ein solches Denken ist allgemein bekannt, trotzdem kann es überwältigend und lähmend sein. Deshalb sind alle Gelegenheiten für einzelnen Bürger um einen kleinen praktischen Beitrag zur Nachhaltigkeit zu haben, so sinnvoll und wertvoll. Die selbstorganisierten Initiativen, wie Gemeinschaftsgärten und kreative Räume, ermöglichen den Bürgern ihren Zugang zur notwendigen Transformation auf eine natürliche und einfache Weise, manchmal sogar unbewusstund, ohne großes Mottos oder theoretischen Grunde. In letzten Jahren kann man eine Renaissance der DIY Bewegung (immer öfter wird die Bezeichnung DIY-DIT, bzw. Selbermachen-Zusammenmachen genutzt) beobachten, als eine Alternative zu einem allgegenwärtigen Kapitalismus und Konsumismus. Die Autoren von „Die Welt Reparieren“ sprechen über eine Kunst des Zusammenmachens, der Technikkultur oder sogar eine neue Zivilisation7, zu deren auch Gemeinschaftsgärten und kreative Räume zählen. Beide Formen der nicht profitorientierten Bürgerbeteiligung fördern die gesellschaftlichen Transformationsprozessen durch Ermächtigung der Bürger, direkte Demokratie, Gemeinschaftserstarkung, alternative, kollaborative, lokale Wirtschaft, Inklusion und Integration. Sie tragen zum Sozialkapital bei und unterstützen Haltungen von aktiven Bürgern, einer Postwachstumsgesellschaft und alternativen Lebensstilen. In Gemeinschaftsgärten und kreativen Räumen wird ein anderes Wirtschaften, Arbeiten, Miteinander geübt. Diese Orte fördern die sozialen Innovation durch Interdisziplinarität, freien Austausch des Wissens und Erfahrung, Zugänglichkeit, Experimenten und die Erprobung der neuartigen Kooperationsformen und Lösungsansätze. Aufgrund der Beiträge, die Gemeinschaftsgärten und kreativen Räume zu der nachhaltigen Stadtentwicklung leisten, sollten diese selbstorganisierten Initiativen geschützt und gefördert werden. Eine demnach sehr relevante Frage lautet: Was kann/soll getan werden um mehr Schutz und Förderung für Gemeinschaftsgärten und kreativen Räumen in der Stadt zu erreichen? Wie können sie gestärkt werden? Bisher gibt es wenig gesellschaftliche Aufmerksamkeit für solche Projekte. Schon ein einzelner Bürger kann durch seine Beteiligung etwas zur Stärkung dieser Initiativen beitragen, durch Engagement in einer dieser Initiativen, durch Spenden oder über Kommunikation darüber. Wenn man ein Gerät repariert statt es wegzuwerfen, alte Kleidung mit anderen austauscht statt neue zu kaufen, Essen mit Foodsharing rettet, oder in Öffentlichkeit essbare Pflanzen etabliert, macht man einen Schritt in die Richtung einer gesellschaftlichen Transformation für eine nachhaltigere Stadt. 5

Domann V., Lange B., Häfele V. (2016) Wertschöpfung in offenen Werkstätten. Eine empirische Erhebung kollaborativer Praktiken in Deutschland Schriftenreihe des IÖW 213/16, Seite 12 6 Petschow,U., Peuckert J., Simons A. (2016) Offene Werkstätten – nachhaltig innovativ? Potenziale gemeinsamen Arbeitens und Produzierens in der gesellschaftlichen Transformation, Schriftenreihe des IÖW 212/16, Seite 12 7 Baier, A., Hansing, T., Müller, Ch., Werner, K. (2016) Die Welt reparieren. Open Source und Selbermachen als postkapitalistische Praxis, Bielefeld, Seite 34

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(Diskussion) Auf institutioneller Ebene muss viel getan werden im Bereich von Zusammenarbeit mit Gemeinschaftsgärten und kreativen Räumen. Sie werden durch die Politik kaum unterstützt. Die selbstorganisierten Initiativen werden sogar manchmal nicht sehr ernst von der Stadtverwaltung genommen. Obwohl in Berlin schon mehr als 100 Gemeinschaftsgärten existieren, gibt es in der Verwaltung keinen bestimmten Ansprechpartner für sie. Es bleibt zu hoffen, dass diesmal das Versprechen der Koalition eingelöst wird und die Gemeinschaftsgärten werden einen Ansprechpartner bekommen. Offen bleibt auch folgende Frage: Sollen die urbane Gärten, und zwar Gemeinschaftsgärten und Kleingärten, enger zusammenarbeiten? Sollen sie eine Kooperation oder Integration anstreben um zusammen stärker zu werden und gegen die Investoren effektiver wehren zu können? Wird solche Tätigkeit ihnen helfen um ihre Position in der Stadt zu erhalten? Die Städte sollten die Entwicklung der selbstorganisierten Initiativen unterstützen und nicht behindern, weil sie zu der nachhaltigen, zukünftigen Entwicklung der Städte beitragen und sehr wertvoll sein. Selbst wenn es ist nicht so einfach ist das Potential von z.B. eines Gemeinschaftsgartens, der auf einem Brachfläche entstanden ist, in Geld umrechnen. Und auch nicht gewollt. Wie im Urban Gardening Manifest geschrieben wurde, die Bedeutung von Gemeinschaftsgärten soll anerkennt werden und sie sollen in den Bau- und Planungsrecht integriert und als eine der festen Komponenten einer „gartengerechten“ Stadt anerkennt werden, genauso wie Straßen, Gebäude und Parkplätze Elemente einer „autogerechten“ Stadt sind. 8 Es wird eine enge Zusammenarbeit von Forschern, Städten, Zivilgesellschaft und nachhaltigen Unternehmen gebraucht um diese neuen Lebensstile zu unterstützen, bekannter zu machen und so zum Mainstream zu machen. Auf diese Weise ist eine lebenswerte Stadt im Sinne von zukunftsorientierter Urbanität9 möglich.

LITERATUR Appel, I.; Grebe, C., Spitthöver, M. (2011). Aktuelle Garteninitiativen. Kleingärten und neue Gärten in deutschen Großstädten, Verlag der Universität Kassel, Kassel Baier, A., Hansing, T., Müller, Ch., Werner, K. (2016) Die Welt reparieren. Open Source und Selbermachen als postkapitalistische Praxis, Bielefeld Baier, A., Müller, Ch., Werner, K. (2013) Stadt der Commonisten. Neue urbane Räume des Do it yourself, Bielefeld Bendt P., Barthel S., Colding J. (2013) Civic Greening and environmental learning in public-access community gardens in Berlin, Landscape and Urban Planning 109 18– 30 Berges, R., Opitz, I., Piorr, A., Krikser, T., Lange, A., Bruszewska, K., Specht, K., Henneberg, C.(2014). Urbane Landwirtschaft – Innovationsfelder für die nachhaltige Stadt? Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e. V., Müncheberg Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.) (2015) Gemeinschaftsgärten im Quartier. BBSR-Online-Publikation 12/2015, Bonn Certomà Ch. (2011) Critical urban gardening as a post-environmentalist practice, Local Environment, 16:10, 977-987, DOI: 10.1080/13549839.2011.592181 Domann V., Lange B., Häfele V. (2016) Wertschöpfung in offenen Werkstätten. Eine empirische Erhebung kollaborativer Praktiken in Deutschland Schriftenreihe des IÖW 213/16 Müller, Ch. (2011) Urban Gardening. Über die Rückkehr der Gärten in die Stadt, München Müller, Ch. (2009) Gärten der Nachhaltigkeit. Ein Plädoyer für urbane Subsistenz Sustainable Austria Nr. 46 – März 2009 Petschow,U., Peuckert J., Simons A. (2016) Offene Werkstätten – nachhaltig innovativ? Potenziale gemeinsamen Arbeitens und Produzierens in der gesellschaftlichen Transformation, Schriftenreihe des IÖW 212/16 Rosol M. (2006) Gemeinschaftsgärten in Berlin. Eine qualitative Untersuchung zu Potenzialen und Risiken bürgerschaftlichen Engagements im Grünflächenbereich vor dem Hintergrund des Wandels von Staat und Planung, Humboldt Universität zu Berlin, Berlin Wendler J., (2014) Experimental Urbanism: grassroots alternatives as spaces of learning and innovation in the city, School of Environment, Education and Development, University of Manchester Links:

http://www.die-linke berlin.de/fileadmin/download/2016/161116_Koalitionsvertrag_finale_Fassung.pdf

8 9

http://www.urbangardeningmanifest.de http://www.urbangardeningmanifest.de -9-


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