Oskar Kokoschka

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Bernadette Reinhold, Leiterin des Oskar Kokoschka Zentrums und Senior Scientist am Institut Kunstsammlung und Archiv der Universität für angewandte Kunst Wien / Director of the Oskar Kokoschka Center and Senior Scientist at Collection and Archive of the University of Applied Arts Vienna

Eine Publikation der Universität für angewandte Kunst Wien / A publication by the University of Applied Arts Vienna

ISSN 1866-248X ISBN 978-3-11-072420-2 — www.degruyter.com

Régine Bonnefoit, Bernadette Reinhold (Hg./Eds.)

Oskar Kokoschka (1886–1980) earned his place in the canon of Modernist resistance as the “Oberwildling” or enfant terrible of Viennese Modernism, a versatile master of image and word, the progenitor of a much-discussed doll fetish, and an antifascist defamed by the Nazis as “degenerate.” In short, he was the epitome of the radical, political artist. Bringing together the latest research from the fields of art and cultural studies, contemporary history, literature and theater studies, gender studies, and biography research, this publication from the Oskar Kokoschka Center at the University of Applied Arts Vienna sheds new light on the life and work of this fascinating artist, and critically interrogates many of his most powerful narratives: Kokoschka revisited.

neue einblicke und perspektiven new insights and perspectives

Publikationen in der Serie / Publications in the series Edition Angewandte: Anita Kern/Bernadette Reinhold: Grafikdesign von der Wiener Moderne bis heute. Von Kolo Moser bis Stefan Sagmeister. Aus der Sammlung der Universität für angewandte Kunst Wien, hg. von / ed. by Patrick Werkner, Wien/New York 2009 Bernadette Reinhold/Patrick Werkner (Hg. / Eds.): Oskar Kokoschka – ein Künstlerleben in Lichtbildern. Aus dem Oskar Kokoschka-Zentrum der Universität für angewandte Kunst Wien / Oskar Kokoschka – An Artist’s Life in Photographs. From the Oskar Kokoschka-Zentrum of the University of Applied Arts Vienna, Wien 2013 Bernadette Reinhold/Eva Kernbauer (Hg. / Eds.): zwischenräume zwischentöne. Wiener Moderne. Gegenwartskunst. Sammlungspraxis. Festschrift für Patrick Werkner, Berlin/ Boston 2018 Marcel Bois/Bernadette Reinhold (Hg. / Eds.): Margarete Schütte-Lihotzky. Architektur. Politik. Geschlecht. Neue Perspek­tiven auf Leben und Werk, Basel 2019

Oskar Kokoschka (1886–1980) hat sich als „Oberwildling“ der Wiener Moderne, als Multitalent in Bild und Wort, als Schöpfer eines viel rezipierten Puppenfetischs sowie als prominenter, von den Nazis als „entartet“ diffamierter Künstler und Anti­ faschist in den Kanon einer explizit wider­ständigen Moderne eingeschrieben – als Inbegriff des radikalen, politischen Künstlers. Aktuelle Forschungen aus der Kunst- und Kulturwissen­ schaft, der Zeitgeschichte, der Literatur- und Theaterwissen­ schaft, den Gender Studies sowie der Biografieforschung, die vom Oskar Kokoschka Zentrum an der Universität für ange­ wandte Kunst Wien für diesen Band vereint wurden, beleuchten auf der Basis neuester Quellenfunde das Leben und Werk des faszinierenden Künstlers und hinterfragen kritisch seine wirkmächtigen Narrative: Kokoschka revisited.

OSKAR KOKOSCHKA

Régine Bonnefoit, Professorin am Institut d’histoire de l’art et de muséologie, Université de Neuchâtel, Schweiz / Professor of contemporary art history and museology at the University of Neuchâtel, Switzerland

oskar kokoschka neue einblicke

und perspektiven new insights and perspectives

régine bonnefoit, bernadette reinhold (hg./eds.)



oskar kokoschka neue einblicke und perspektiven new insights and perspectives


Edition Angewandte Buchreihe der Universität für angewandte Kunst Wien Herausgegeben von Gerald Bast, Rektor Book Series of the University of Applied Arts Vienna Edited by Gerald Bast


oskar kokoschka neue einblicke

und perspektiven new insights and perspectives

régine bonnefoit, bernadette reinhold (hg./eds.)


inhalt contents 6 Vorwort 7 Preface gerald bast

104 Der Künstler als „Augen­öffner“. Comenius als pädagogische und auto­biografische Identifikations­ figur 127 The Artist as “Eye-Opener.” Comenius as Pedagogical and Autobiographical Identification Figure régine bonnefoit

8 Oskar Kokoschka. Neue Einblicke und Perspektiven 16 Oskar Kokoschka. New Insights and Perspectives régine bonnefoit, bernadette reinhold

politisches engagement zwischen 1934 und 1953 1 political engagement between 1934 and 1953 26 Netzwerke und Wider­stand im Exil (1933–1945). Paul Westheim, Kokoschka und die anderen 45 Networks and Resistance in Exile (1933–1945). Paul Westheim, Kokoschka, and the Others ines rotermund-reynard

60 Statement und Schaubühne. Oskar Kokoschka und die Ausstellung Twentieth Century German Art, London 1938 86 A Statement and a Showcase. Oskar Kokoschka and the Exhibition Twentieth Century German Art, London 1938 lucy wasensteiner

selbstpositio­n ie­r ung und vermarkt­u ngs­s trategien 2 self-positioning and marketing strategies 146 Zur „Legende vom Künstler“. Einige Anmerkungen zu Oskar Kokoschkas „auto­biografischem Leben“ 157 “The Legend of the Artist.” Some Thoughts on Oskar Kokoschka’s “Autobiographical Life” birgit kirchmayr

168 Oskar Kokoschkas AmerikaKampagne 187 Oskar Kokoschka’s American Campaign keith holz

geschlech­t er­d iskurse 3 discourses on gender 206 Les enfants terribles. Ideen zu Sexualität und Geschlecht um Oskar Kokoschka 227 Les enfants terribles. Ideas on Sexuality and Gender Surrounding Oskar Kokoschka katharina prager

4


244 L’art pour l’artiste? Überlegungen zu Kokoschkas Puppe, ihrer Genese und Mythenbildung 272 L’art pour l’artiste? Reflections on Kokoschka’s Doll, Its Genesis, and Myth Making bernadette reinhold

expressio­n is­t ische bühnenstücke 4 expressionist plays 294 „Er war da, bevor es einen Expressionismus gab.” Oskar Kokoschka – ein Pionier des expressio­nistischen Theaters 318 “He Was There before Expressionism Even Existed.” Oskar Kokoschka—a Pioneer of Expressionist Theater anna stuhlpfarrer

334 Expressionistisches Theater auf Wiener Bühnen. Zwischen Nachahmung und Eigenstän­digkeit 349 Expressionist Theater on the Stages of Vienna. Between Imitation and Originality barbara lesák

interkultureller austausch mit ausser­­e uropäischen ländern 5 intercultural exchange with non-european countries 360 Expressionismus in Brasilien, Kokoschka in Rio de Janeiro. Über eine Produktion von Mörder, Hoffnung der Frauen im Jahr 1997 384 Expressionism in Brazil, Kokoschka in Rio de Janeiro. On a Production of Murderer, Hope of Women in 1997 günter berghaus

402 Oskar Kokoschka und der Japonismus. Wien um 1900 und die japanische Ästhetik 421 Oskar Kokoschka and Japonisme. Vienna around 1900 and the Japanese Aesthetic aglaja kempf

anhang appendix 436 Verwendete Abkürzungen / Abbreviations 436 Bildnachweise / Image Credits 438 Namensregister / Index of Names 444 Autorinnen und Autoren / Authors 450 Impressum / Imprint 451 Danksagung / Acknowledgments 5


Vorwort gerald bast

Oskar Kokoschka hat für die Universität für angewandte Kunst Wien eine ganz besondere Bedeutung. Der Künstler hat hier studiert (1904–1909) und gelehrt (1911/12), und er blieb über Jahrzehnte mit seiner Ausbildungsstätte in Verbindung – selbst über seinen Tod hinaus: In seinem Todesjahr wurde der Vorplatz der Angewandten (vormals: Kopal-Platz) in Anerkennung eines ihrer wichtigsten Schüler in Oskar-Kokoschka-Platz umbenannt. 1981 wurde erstmals der Oskar-Kokoschka-Preis, bis heute der höchstdotierte Kunstpreis Österreichs, vergeben, und an seinem 100. Geburtstag, dem 1. März 1986, wurde vor der Universität ein von Alfred Hrdlicka geschaffenes Bronze-Denkmal enthüllt. In den Folgejahren konnte die Ange­ wandte für ihr Archiv und ihre Kunstsammlung eine vielfältige Quellensammlung erwerben und wurde zudem von Olda Kokoschka, der Witwe des Künstlers, mit einer großzügigen Schenkung bedacht. So kam es schließlich im Jahr 1996 zur Gründung des Oskar Kokoschka Zentrums, das als international renommiertes und höchst aktives Forschungszentrum einem wesentlichen Teil seines Nachlasses eine neue Heimat gegeben hat. Es gibt aber auch eine inhaltlich immer stärker werdende Ver­ knüpfung. Oskar Kokoschka hat als Person – in seiner Arbeit und in seinem Denken – das umgesetzt und gelebt, was die Angewandte in den letzten Jahren immer mehr versucht: die Grenzen zwischen den Disziplinen aufzubrechen und Verbindungen zwischen diesen her­ zustellen. Kokoschka hat das in unglaublich eindrucksvoller Weise und – wie ich meine – noch viel zu wenig beleuchteter Form vorgelebt und höchst erfolgreich praktiziert. Daher gilt mein ganz besonderer Dank den Herausgeberinnen Régine Bonnefoit und Bernadette Reinhold, die durch ihre jahrelange intensive Forschungsarbeit und insbesondere mit der Organisation des Symposiums Oskar Kokoschka. Neue Einblicke und Perspektiven im Februar 2020, dessen Beiträge dieser Band versammelt, einen wesentlichen Beitrag zur Einordnung und Rezeption Kokoschkas auf internationaler und transdisziplinärer Ebene leisten. 6


Preface gerald bast

Oskar Kokoschka is of special significance to the University of Applied Arts Vienna. Besides studying here (1904–1909) and teaching here (1911/12), the artist remained in contact with his alma mater for decades—and this close association continued even beyond his death in 1980. In that year, the square in front of the university (previously called Kopal-Platz) was renamed Oskar-Kokoschka-Platz in honor of one of its most renowned students. 1981 marked the first conferral of the Oskar Kokoschka Prize, along with a monetary award that was and still remains the largest attached to any Austrian art prize. Kokoschka’s 100th birthday on March 1, 1986 saw the unveiling of a bronze bust of the artist created by Alfred Hrdlicka. In the years thereafter, the University of Applied Arts Vienna succeeded in acquiring a diverse collection of source material for its archive and art collection. Olda Kokoschka, the artist’s widow, also made a generous bequest to the university. In 1996, the Oskar Kokoschka Center was finally established. As an internationally renowned and highly active research center, it has served as a new home for a substantial part of Kokoschka’s estate in the years since. There is also an ever-stronger link with regard to content. In recent years, the University of Applied Arts Vienna has increasingly sought to break down the lines between the disciplines and inter­ connect them. As a person, Oskar Kokoschka always endeavored to do the same, in his work and in his thinking. Kokoschka demonstrated this approach in his own life and practiced it with great success in a truly impressive manner, a fact which, I believe, has not been sufficiently examined. That is why my very special thanks go out to the editors Régine Bonnefoit and Bernadette Reinhold. They have been instrumental in Kokoschka’s contextuali­ zation and reception at international and interdisciplinary level through their years of intensive research and in particular through their staging of the symposium Oskar Kokoschka. New Insights and Perspectives in February 2020. This volume brings together the research papers pre­ sented on that occasion. 7


Oskar Kokoschka. Neue Einblicke und Perspektiven régine bonnefoit, bernadette reinhold

„Es freut mich ganz besonders, daß in Wien ein zentrales Archiv zu Oskar Kokoschka entsteht, und zwar an einer Stelle, wo OK in seiner Jugend Schüler und später eine Zeitlang Zeichenlehrer war.“ Mit diesen für sie so typisch schlichten, aber wohlwollenden Grußworten hatte Olda Kokoschka die Gründung des Oskar Kokoschka Zentrums bedacht.1 Eine großzügige Schenkung der Witwe des Künstlers im Dezember 1996 hatte die „Grundlage für ein kleines, aber qualitätsvolles For­ schungs­zentrum“ an der Hochschule, heute Universität für angewandte Kunst Wien gebildet.2 Damit war vor genau einem Vierteljahrhundert die zweite Institution in Österreich gegründet worden, die sich Kokoschka und seinem Werk verschrieben hatte. Schon 1973 war noch mit persönlicher Unterstützung des Künstlers die Oskar Kokoschka Dokumentation in seinem Geburtsort in Pöchlarn eingerichtet worden. Johann Winkler hatte dort ein Archiv mit Bibliothek und Druckgrafik­ sammlung aufgebaut und an einer internationalen wissenschaftlichen Vernetzung gearbeitet. Mitte der 1990er Jahre begann die bis heute bestehende enge Kooperation zwischen der Pöchlarner und der Wiener Kokoschka-Institution in Forschungs-, Archiv- und Dokumentations­ agenden sowie in Sonderausstellungen, die alljährlich im Geburtshaus des Künstlers stattfinden. In der Aufsatzsammlung Oskar Kokoschka – aktuelle Perspektiven, die anlässlich der Gründung des Wiener Forschungszentrums erschien, spannte dessen erster Leiter, Patrick Werkner, einen breiten Bogen von der Rezeptionsgeschichte bis hin zu der Fülle an Ausstellungen und Publikationen, die dem Künstler nach seinem Tod 1980 gewidmet wur­

1

Olda Kokoschka, Villeneuve: Grußworte, in: Oskar Kokoschka – aktuelle Per­ spektiven, hg. von Patrick Werkner für Archiv und Sammlung/Oskar-KokoschkaZentrum, Wien 1998, S. 5.

2

Rudolf Burger, Rektor der Hochschule für angewandte Kunst in Wien: Vorwort, in: ebd., S. 4.

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den.3 Mit einem zum 100. Geburtstag Kokoschkas 1986 an der Ange­ wandten veranstalteten Symposion zeichneten sich ein allmählicher Wechsel in der Forschergeneration und neue Fragestellungen an Werk und Leben des Künstlers ab.4 Eine „produktive Unruhe“, wie Werkner es formulierte, in der Präsentation und Interpretation des Œuvres war in Gang gekommen. Das ungebrochene Interesse an Kokoschka bezeugt die rasche Abfolge von Retrospektiven und thematischen Ausstellungen in den letzten zehn Jahren in Zürich (2010 und 2018/19), Halle (2010), Rotterdam (2013), Wien (2013 und 2019), Wolfsburg (2014), Regensburg (2014), Prag (2015) und daneben kontinuierlich in den zwei Kokoschka-Orten, in Pöchlarn und in Vevey, Schweiz, dem Sitz der Fondation Oskar Kokoschka. Es ist die Vielseitigkeit dieses Künstlers, der in seinem Leben mehrfach das Land und die Staatsbürgerschaft wechselte, die noch heute das Publikum in seinen Bann zieht. Er hat sich in den Kanon einer explizit widerständigen Moderne eingeschrieben, deren Para­ meter er nachhaltig mitgeprägt hat. Bis heute gilt Kokoschka als Inbe­ griff des radikalen, politischen Künstlers. Der vorliegende Band ist aus der internationalen Tagung Oskar Kokoschka. Neue Einblicke und Perspektiven hervorgegangen, die am 27. Februar 2020 an der Universität für angewandte Kunst Wien stattfand. Nachdem längere Zeit weder in Österreich noch an einem anderen Ort ein Symposion veranstaltet worden war, schien es an der Zeit, erneut Bilanz zu ziehen und Einblicke in die aktuelle Kokoschka-Forschung zu bieten.5 In Anspielung auf Paul Gauguin, der sich gerne als Wilden dar­ stellte, adelte der Wiener Schriftsteller und Journalist Ludwig Hevesi 1908 Oskar Kokoschka (1886–1980) zum „Oberwildling“.6 Als Multitalent verstand es dieser bereits in jungen Jahren, sich mühelos

3

Patrick Werkner: OK – aktuelle Perspektiven?, in: ebd., S. 9–16.

4

Oskar Kokoschka. Symposion, hg. von der Hochschule für angewandte Kunst Wien, Red. Erika Patka, Salzburg/Wien 1986.

5

Gerbert Frodl/Tobias G. Natter: Oskar Kokoschka und der frühe Expressionismus, Symposion, veranstaltet von der Österreichischen Galerie, Belvedere, Wien, 19. bis 21. Februar 1997, Wien 1997. Keith Holz organisierte 2013 im Rahmen der Annual Conference of Columbia University’s Council for European Studies in Amsterdam eine halbtägige Kokoschka-Tagung zum Thema Place, Nation, and Politics in Oskar Kokoschka’s Art, Writings, and Career, 1934–1953, deren Vorträge nicht veröffentlicht sind.

6

Daniel Guérin: Paul Gauguin: Oviri. Écrits d’un sauvage, Paris 1974, S. 11. Ludwig Hevesi: Altkunst – Neukunst, Wien 1894–1908, Wien 1909, S. 311–316, hier S. 313. neue einblicke

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zwischen den unterschiedlichsten Medien wie Malerei, Grafik, Theater, Bühnenbild, Kostüm, aber auch Dichtung und Prosa hin und her zu bewegen. Seinen frühen Aufstieg zu internatio­nalem Ruhm verdankte er der Protektion einflussreicher Persönlichkei­ten wie Gustav Klimt, Adolf Loos, Karl Kraus und Herwarth Walden. Kein anderer Künstler prägte so nachhaltig das Erscheinungsbild der avantgardistischen Wochenzeitschrift Der Sturm. 1919 erfolgte seine Anstellung als Profes­ sor an der Dresdner Kunstakademie. Ein lukrativer Vertrag mit Paul Cassirer erlaubte ihm, zwischen 1924 und 1930 Reisen durch Europa, Vorderasien und Nordafrika zu unternehmen, um Ansichten von Städten, Landschaften und Menschen zu malen. Nach einem gescheiterten Versuch, in Paris Fuß zu fassen, ließ sich Kokoschka zunächst in Wien und ab Herbst 1934 für vier Jahre in Prag, der Heimatstadt seiner Vorfahren, nieder. Nach seiner Dif­famierung als „entarteter Künstler“, dem „Anschluss“ Österreichs und dem Münchner Abkommen floh er in Begleitung der jungen Juristin Oldriska-Aloisie Palkovská (1915–2004), kurz Olda genannt, als inzwi­schen tschechoslowakischer Staatsbürger nach England, wo er sich aktiv im Widerstand gegen die Nationalsozialisten engagierte. Im Londoner Exil entstanden seine politischen Gemälde, in denen er die aktuellen Geschehnisse durch eine bitterböse, hochkomplexe Symbolik kommentierte. Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs hielt Kokoschka nach neuen Perspektiven, Auftraggebern und Kunstmärkten Ausschau. Österreichische Politiker wie Viktor Matejka, Theodor Körner und Karl Renner bemühten sich vergeblich, ihn zur Rückkehr nach Österreich zu bewegen. Ein Ruf an die Wiener Akademie der bildenden Künste wurde durch Intrigen vereitelt. Letztendlich wählte Kokoschka, seit 1947 britischer Staatsbürger, als Wohnort für seinen letzten Lebensab­ schnitt jene Gegend, in die ihn Loos bereits 1910 mit Porträtaufträgen gelockt hatte: die Westschweiz. 1951 erwarb er ein Grundstück in Villeneuve am Genfer See, an dem er ein Haus errichten ließ, das er bis zu seinem Lebensende mit Olda bewohnte. Dies hielt ihn jedoch nicht davon ab, immer wieder in die weite Welt auszuschwärmen oder kürzere Lehraufträge in Salzburg, Sion oder Minneapolis anzu­nehmen. Kokoschka erreichte das ansehnliche Alter von 94 Jahren, durchlebte also fast ein ganzes Jahrhundert Kunstgeschichte. Sein umfangreiches Werk dokumentiert den Wandel vom Mitarbeiter der Wiener Werkstätte zu einem Pionier des Expressionismus. Nur der ungegenständlichen Malerei widersetzte sich Kokoschka zeitlebens hartnäckig, auch wenn seine Pinselfaktur und sein Umgang mit der 10

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Farbe den Weg für zukünftige Malergenerationen und Experimente geebnet hat. Die Kokoschka-Forschung – ihre Werkzeuge, Meilensteine und Hindernisse Die Kokoschka-Forschung verdankt den größten Teil ihres Quellen­ materials dem großen Engagement und der Weitsicht von Olda Kokoschka, die nach dem Ableben ihres Mannes dessen Nachlass an drei Institutionen verteilt hat: Den Großteil der Kunstwerke und circa 300 Objekte einer vom Künstler zeitlebens angelegten Studienbzw. Kuriositätensammlung übergab sie der 1988 von ihr gegründeten Fondation Oskar Kokoschka in Vevey. Der aus rund 30.000 Doku­ menten bestehende schriftliche Nachlass ging an die Zentralbibliothek Zürich. Dort ist es dem langjährigen Einsatz von Ruth Häusler zu verdanken, dass dieser weitgehend gesichtet, geordnet und für die Forschung aufbereitet ist. Die riesige Bibliothek, der rund 5.000 Auf­ nahmen umfassende fotografische Nachlass sowie die vom Künstler und seiner Frau über Jahrzehnte angelegte Sammlung von Zeitungs­ ausschnitten gelangte ins Oskar Kokoschka Zentrum an der Universität für angewandte Kunst Wien.7 Diese drei Institutionen gehörten in den letzten Jahren zu den Schrittmachern der Kokoschka-Forschung. Olda Kokoschka und Heinz Spielmann legten in den 1980er Jah­ ren mit ihrer vierbändigen Ausgabe der Briefe des Künstlers einen wichtigen Grundstein für die Forschung.8 Die Zentralbibliothek Zürich verwahrt auch die Vorarbeiten dieser beiden Herausgeber zur BriefEdition.9 Es handelt sich um eine nicht zu unterschätzende Quelle, weil sich darin Schriftstücke bzw. Textpassagen finden, die aus unter­ schiedlichen Gründen nicht in die Publikation aufgenommen wurden. Olda Kokoschka ist auch der Anstoß zu zwei Werkkatalog­pro­ jekten zu verdanken, von denen das eine die Gemälde und das andere die Zeichnungen und Aquarelle dokumentieren sollte. Bedauer­ licherweise sind beide Unternehmen auch nach Jahrzehnten nicht über

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Zum fotografischen Nachlass vgl. Bernadette Reinhold/Patrick Werkner (Hg.): Oskar Kokoschka – ein Künstlerleben in Lichtbildern / An Artist’s Life in Photographs, aus dem Oskar Kokoschka-Zentrum der Universität für angewandte Kunst Wien / From the Oskar Kokoschka-Zentrum of the University of Applied Arts Vienna, Wien 2013.

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Olda Kokoschka/Heinz Spielmann: Oskar Kokoschka. Briefe I–IV, Düsseldorf 1984–1988.

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ZBZ, Vorlass Heinz Spielmann, E 2009. neue einblicke

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einen ersten Band hinaus gediehen.10 Immerhin gibt es dank der Initiative der Fondation Oskar Kokoschka in Vevey seit 2017 ein OnlineVerzeichnis der Gemälde, das regelmäßig aktualisiert wird. Auch wenn sich dieses auf die technischen Daten, Provenienzen, die Biblio­ grafie und ein Ausstellungsverzeichnis beschränkt, bietet es eine Bestandsaufnahme und einen willkommenen Überblick über die Gemälde.11 Das Verzeichnis der Druckgrafik von Hans Maria Wingler und Friedrich Welz ist vor beinahe einem halben Jahrhundert erschienen und könnte eine Aktualisierung durchaus vertragen.12 Kokoschka hat ein großes schriftliches Werk hinterlassen, das so manche Kostprobe seiner Egomanie bietet. Als grandioser Er­ zähler besaß er die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte, historischpolitische, künstlerische und persönliche Verflechtungen anschaulich zu schildern, ohne sich allzu sehr um Wahrheitstreue zu scheren. Durch einen selbstironischen Grundton suggeriert er dabei ein gutes Maß an (Selbst-)Reflexion. Das verführte und verführt bis heute viele, die „Stimme“ des Künstlers weitgehend unhinterfragt als au­ thentische Quelle zu hören. Kokoschkas über Jahrzehnte betriebene Selbststilisierungen bzw. Selbstmythisierungen wurden und werden oft nur als geringfügige Störgeräusche wahrgenommen. Zudem stand Kokoschka bis ins hohe Alter einer kritischen Auseinan­ dersetzung mit seinem Werk eher im Wege, indem er sich das Recht vorbehielt, in die Arbeiten von Kunsthistoriker/innen einzugreifen und diese in seinem Sinne zu verändern. Erst nach seinem Tod konnte in den 1980er Jahren eine erste Generation von Kokoschka-Forschern, allen voran Werner J. Schweiger und der schon genannte Patrick Werkner, mit einigen Narrativen aufräumen und Werke, die Kokoschka vordatiert hatte, richtig einordnen.13 In den 1990er Jahren zeigte unter anderem Tobias G. Natter, wie der Künstler Rivalen, die seinen Ruhm 10

Katharina Erling/Johann Winkler: Oskar Kokoschka. Die Gemälde, 1906–1929, Salzburg 1995 [geplant ist ein zweiter Band]; Alice Strobl/Alfred Weidinger: Oskar Kokoschka. Die Zeichnungen und Aquarelle, 1897–1916, Salzburg 2008 [geplant sind vier weitere Bände].

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https://www.oskar-kokoschka.ch/de/1020/Online-Werkkatalog [Zugriff: 17.3.2021].

12

Hans M. Wingler/Friedrich Welz: Oskar Kokoschka. Das druckgraphische Werk, Salzburg 1975; dies.: Oskar Kokoschka. Das druckgraphische Werk II, Druck­ graphik 1975–1980, sowie Nachträge und Berichtigungen zusammengestellt von Hans M. Wingler, Salzburg 1981.

13

Werner J. Schweiger: Der junge Kokoschka. Leben und Werk, 1904–1914, Wien, München 1983; Patrick Werkner: Physis und Psyche. Der österreichische Expres­ sionismus, Wien/München 1986.

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in den Schatten zu stellen drohten, insbesondere Max Oppenheimer oder Egon Schiele, später sogar Picasso, zu Epigonen seines Werks zu degradieren versuchte. Zu Beginn des neuen Jahrhunderts erfolgte ein großer Schritt vorwärts mit der methodisch vorbildlichen Studie Oskar Kokoschka: Kunst und Politik 1937–1950 von Gloria Sultano und Patrick Werkner.14 Seither hat die Kokoschka-Forschung zahlreiche Impulse erhal­ ten und Richtungen genommen. Der vertiefte und kritische Umgang mit dem Archivmaterial in Wien, Zürich, aber auch Moskau (Son­ der­archiv des Russischen Staatlichen Militärarchivs) und an anderen Orten erlaubt heute einen differenzierten Blick auf den Künstler. Das umfangreiche Quellenmaterial ermöglicht die Dekonstruktion so mancher Mythen, die den Blick auf Kokoschka lange Zeit vernebelt haben – obwohl es bis in die jüngste Zeit akademische Beispiele mit erstaunlich unkritischer Wiedergabe der von Kokoschka gesäten Künstlerlegenden gibt.15 Neue Einblicke – neue Perspektiven Wie im Titel angekündigt, sind es neue Einblicke, die sich durch das neu ­erschlossene Material in Kokoschkas Leben und Werk ergeben. Neue Perspektiven eröffnen die inter- und transdisziplinären Zugänge mit Forschungsbeiträgen aus der Kunst- und Kulturwissenschaft, der Zeitgeschichte, der Literatur- und Theaterwissenschaft sowie der Biografieforschung und den Gender Studies. Die Geschlechterdiskurse im Wien nach 1900 wurden bekanntlich von Freunden und Mentoren Kokoschkas, wie etwa Adolf Loos und Karl Kraus, geprägt und hatten zweifellos Wirkung auf den jungen Künstler. Dennoch begann sich, wie Katharina Prager in diesem Band feststellt, unter den frühen Weggefährten Kokoschkas allmählich eine differenzierte, durchaus ambivalente Haltung in der Geschlechterfrage abzuzeichnen. Diese war jedenfalls bis nach dem Ersten Weltkrieg 14

Vgl. Tobias Natter: „Schnittlauch auf der mageren Suppe“. Anmerkungen zum Verhältnis Kokoschka – Schiele, in: Oskar Kokoschka – aktuelle Perspektiven. Eine Veröffentlichung der Hochschule für angewandte Kunst in Wien, Archiv und Sammlung, Oskar-Kokoschka-Zentrum, Wien 1998, S. 22–26; Marie-Agnes von Puttenkamer: MOPP. Max Oppenheimer 1885–1954. Leben und malerisches Werk, Wien 1999; Gloria Sultano/Patrick Werkner: Kunst und Politik 1937–1950, Wien/ Köln/Weimar 2003, Kap. Konservative Wende: Gegen Picasso, gegen „die Abstrakten“, S. 253–260.

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Hiervon legt die Monografie von Rüdiger Görner ein beredtes Zeugnis ab: Rüdiger Görner: Oskar Kokoschka. Jahrhundertkünstler, Wien 2018. neue einblicke

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für Kokoschka virulent, wie Bernadette Reinhold am Beispiel des bekannten Puppenfetischs (1918/19) aufzeigt. Keinem Objekt wurde in den letzten Jahrzehnten in der Forschung, in der zeitgenössischen Kunstproduktion bis hin zur Populärkultur mehr Aufmerksamkeit ge­ schenkt. Keine Episode in seinem Leben umranken heute mehr Legen­ den – an deren Bildung hatte der Künstler selbst nachhaltig mit­gewirkt. Anna Stuhlpfarrer überprüft die Legitimität von Kokoschkas Ruf als Pionier des expressionistischen Theaters, das als multimediales Experimentierfeld eine wesentliche Rolle in seinem Leben spielte. Barbara Lesák untersucht Kokoschkas Selbstpositionierung in der Geschichte des expressio­nistischen Theaters in Wien und die Eigen­ ständigkeit seines Beitrags zur Geschichte dieses Mediums. Kokoschkas politischem Engagement zwischen 1934 und 1953 sind drei Beiträge gewidmet. Dabei konzentriert sich Ines RotermundReynard auf die Beziehung zu Paul Westheim, der 1933 aus Deutschland nach Paris geflohen war, und die Rolle von Charlotte Weidler als Bindeglied zwischen dem bedeutenden Kunstkritiker und dem in Prag lebenden Künstler. Lucy Wasensteiner erläutert Kokoschkas Stellung in der 1938 in London, anfänglich als Protestausstellung gegen die nationalsozialistische Kunstpolitik geplanten Ausstellung Twentieth Century German Art. Régine Bonnefoit dokumentiert den Wandel, den Kokoschkas Comenius-Bild je nach Lebensphase und Umfeld durch­lief. Waren es nun pazifistische, politische, humanitäre, kunsttheore­ tische oder autobiografische Anliegen, die Kokoschka verfolgte, immer wieder berief er sich zu deren Legitimierung auf den mährischen Pädagogen. Wichtige Impulse erhielt die Kokoschka-Forschung in jüngster Zeit durch die Biografieforschung, die sich der autobiografischen Kon­ struktion und den Mechanismen der Findung und Bestimmung der eigenen Künstleridentität widmet. In diesem Sinne untersucht Birgit Kirchmayr in ihrem Beitrag Zur Legende des Künstlers Kokoschkas „autobiografisches Leben“. Keith Holz analysiert die Strategien, die der Künstler ab 1949 zur Selbstvermarktung in der Museumslandschaft und am Kunstmarkt in den USA verfolgte. Der Aspekt des interkulturellen Austauschs mit außereuropäi­ schen Ländern wird durch den Beitrag von Aglaja Kempf über die Rolle der japanischen Kunst in Kokoschkas Werk vertieft. Der Südhälfte des amerikanischen Kontinents nimmt sich Günter Berghaus mit einer Studie über die Rezeptionsgeschichte des deutschen Expressio­ nis­mus in Brasilien an, die eng mit dem Exil deutschsprachiger 14

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Theaterkünst­ler/innen verknüpft ist. Ausgangspunkt seiner Unter­ suchung ist eine Auf­führung von Kokoschkas Drama Mörder, Hoffnung der Frauen unter Berghaus’ Regie in Rio de Janeiro im Jahr 1997. Der vorliegende Band spiegelt das Engagement und den Enthu­ siasmus seiner Autorinnen und Autoren wider, die alle ausgewiesene Expert/innen in ihren Disziplinen sind. Gemeinsam ist ihnen die Neugierde und Offenheit, den Blick auf wichtige, bislang vernach­ lässigte Themen zu richten oder scheinbar fest Verbrieftes kritischkonstruktiv zu hinterfragen. Unser großer Dank gilt ihnen und vor allem Gerald Bast, Rektor der Universität für angewandte Kunst Wien, der das Projekt von Anfang an mit großem Interesse und den nötigen Mitteln gefördert hat. Das ganze Unternehmen wäre nicht ohne die Unterstützung vieler möglich gewesen. Roswitha Janowski-Fritsch hat all ihre Erfah­ rung im Projektmanagement vonseiten der Edition Angewandte eingebracht. Das Interesse an der Materie gepaart mit größter Sorgfalt, Geduld und Flexibilität fand seinen Niederschlag in den Übersetzungen ins Englische durch Mark Wilch, in den Übertragungen ins Deutsche durch Christine Plunger und Regina Thaller sowie im deutschen und englischen Lektorat durch Fanny Esterházy und Belinda Zauner. Bettina Buchendorfer und Nathalie Feitsch vom Institut Kunstsammlung und Archiv der Angewandten sei für ihre stets zuverlässige Unterstützung bei Reproduktionsfragen gedankt. Nicht zuletzt geht unser Dank an die Kooperationspartnerin der Tagung, die Université de Neuchâtel, die Geschwisterinstitutionen, die Oskar Kokoschka Dokumentation Pöchlarn und die Fondation Oskar Kokoschka, insbesondere Aglaja Kempf, die unser Vorhaben mit großem Wohlwollen unterstützt haben. Zahlreiche bekannte, aber auch jüngere Kokoschka-Forscher/in­ nen sowie ein äußerst interessiertes Publikum haben die Tagung vom 27. Februar 2020 durch ihre Diskussionsbeiträge bereichert. Ihre Anregungen waren und sind uns wichtig und ermutigen uns zu zukünf­ tigen Projekten. Auch wenn in diesem Band wichtige aktuelle Posi­ tionen versammelt sind: Kokoschka bietet ein schier unerschöpfliches Forschungsfeld, sodass mit Sicherheit noch weitere neue Einblicke und Perspektiven zu seiner Person, seinem Werk, seinem Umfeld und seiner Rezeption folgen werden. – Wien und Neuchâtel, im Frühjahr 2021

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Oskar Kokoschka. New Insights and Perspectives régine bonnefoit, bernadette reinhold

“I am especially pleased about a central Oskar Kokoschka archive being created in Vienna, namely at a place where OK was a student in his youth and later a drawing instructor for a time.” Olda Kokoschka spoke these words at the founding ceremony for the Oskar Kokoschka Center, words so typical of her in their simplicity but also in their bene­ volence.1 A generous bequest from the artist’s widow in December 1996 had laid the “foundation for a small but high-quality research center” at the University of Applied Arts Vienna.2 Thus, it was exactly a quarter of a century ago that Vienna saw the founding of a second institution in Austria dedicated to research on Kokoschka and his work. The first, the Oskar Kokoschka Dokumentation, had already been set up at his birthplace in the town of Pöchlarn in 1973, with personal backing from the artist. Johann Winkler had built up an archive there, complete with a library and print collection, and had worked on forging an international scholarly network. In the mid-1990s, the Pöchlarn team and the Kokoschka institution in Vienna began to colla­ borate closely on agendas pertaining to research, archives, and documentation and on special exhibitions staged annually at the artist’s birthplace. This collaboration is still going strong. The collection of essays entitled Oskar Kokoschka – aktuelle Perspektiven was published to mark the founding of the Viennese research center. In it, the center’s first director, Patrick Werkner, drew a broad arc from the history of the artist’s reception to the abundance of exhibitions and publications showcasing the artist following

1

Olda Kokoschka, Villeneuve, “Grußworte,” in Oskar Kokoschka – aktuelle Perspektiven, ed. Patrick Werkner for Archive and Collection/Oskar Kokoschka Center (Vienna: Oskar Kokoschka Center, 1998), 5.

2

Rudolf Burger, Rector of the University of Applied Arts Vienna, “Vorwort,” in Oskar Kokoschka – aktuelle Perspektiven, 4.

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his death in 1980.3 In the 1986 symposium at the University of Applied Arts Vienna honoring Kokoschka’s 100th birthday, a gradual gene­ rational change emerged in research and in new sets of questions about the artist’s work and life.4 In Werkner’s words, a “productive agitation” was underway in the presentation and interpretation of the OK oeuvre. The unabated interest in Kokoschka is evidenced by the quick succession of retrospectives and thematic exhibitions over the past decade in Zurich (2010 and 2018/19), Halle (2010), Rotterdam (2013), Vienna (2013 and 2019), Wolfsburg (2014), Regensburg (2014), Prague (2015), and concurrently, those staged at the two Kokoschka venues, in Pöchlarn and in Vevey, Switzerland, the site of the Fondation Oskar Kokoschka. It is the artist’s many-sidedness that continues to cast a spell on the public. This trait is attributable to his changing his country of residence and nationality several times throughout his life. And to his success in adding an explicitly resistant style of Moder­ nism to the canon and in shaping the parameters of that style in lasting ways. Up to the present day, Kokoschka is considered the epitome of the radical, political artist.5 This volume of essays grows out of the international conference Oskar Kokoschka – neue Einblicke und Perspektiven, which took place at the University of Applied Arts Vienna on February 27, 2020. An OK symposium had not been held for quite some time in Austria or any­ where else at that point, so it seemed high time to take stock and offer insights into current research on the artist. In an allusion to Paul Gauguin, who liked presenting himself as a “savage,” the Viennese writer and journalist Ludwig Hevesi dubbed the young artist Oskar Kokoschka (1886–1980) the “Oberwildling” or enfant terrible in 1908.6 As a multitalented artist, OK was adept, even in

3

Patrick Werkner, “OK – aktuelle Perspektiven?,” in Oskar Kokoschka – aktuelle Perspektiven, 9–16.

4

Oskar Kokoschka. Symposion, University of Applied Arts Vienna, ed. Erika Patka (Salzburg: Residenz, 1986), 82–99.

5

Gerbert Frodl and Tobias G. Natter, Oskar Kokoschka und der frühe Expressionismus, Symposion Österreichische Galerie Belvedere, Vienna, February 19 to 21, 1997, Vienna. In 2013, Keith Holz organized a half-day Kokoschka conference as part of the Annual Conference of Columbia University’s Council for European Studies in Amsterdam. Its focal subjects are clear from its title: Place, Nation, and Politics in Oskar Kokoschka’s Art, Writings, and Career, 1934–1953. The lectures held there have not been published.

6

Daniel Guérin, Paul Gauguin: Oviri. Écrits d’un sauvage (Paris: Gallimard, 1974), 11. Ludwig Hevesi, Altkunst – Neukunst, Wien 1894–1908 (Vienna: Konegen, 1909), 311–316, here 313. new insights

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his younger years, at moving effortlessly between and among the widest variety of media: painting and graphics, theater, stage design and costumes but also poetry and prose. He owed his early ascent to international fame to protection from influential figures such as Gustav Klimt, Adolf Loos, Karl Kraus, and Herwarth Walden. No other artist put such an indelible mark on the avant-garde weekly journal Der Sturm as Kokoschka. In 1919 he was appointed professor at the Kunstakademie in Dresden. From 1924 to 1930, a lucrative contract with Paul Cassirer allowed him to travel throughout Europe, the Near East, and North Africa in order to paint views of cities, landscapes, and people. After a failed attempt at gaining a foothold in Paris, Kokoschka settled first in Vienna and from the autumn of 1934 on, for four years in Prague, a city his ancestors had called home. Following his defamation as a “degenerate artist,” the Anschluss of Austria and the Munich Agreement, he fled to England in his new status as a Czechoslovak citizen, accompanied by the young lawyer Oldriska-Aloisie Palkovská (1915–2004), called Olda for short. He would be active there in the resistance movement against the National Socialists. It was during his exile in London that he produced his political paintings in which he commented on current events with a furious, highly complex symbolism. With the end of World War II, Kokoschka was on the lookout for new perspectives, clients, and art markets. Austrian politicians such as Viktor Matejka, Theodor Körner, and Karl Renner tried in vain to persuade him to return to Austria. A call to the Akademie der bildenden Künste in Vienna was foiled by intrigues. The holder of a British pass­ port since 1947, Kokoschka ultimately opted to reside for the last phase of his life in an area to which Loos had enticed him with commissions for portraits back in 1910: the French-speaking western part of Switzer­ land known as the Romandie. In 1951 he purchased a piece of land in Villeneuve along Lake Geneva and had a house built on it. It became the home he would share with Olda until his death. But this did not prevent him from repeatedly venturing out into various corners of the big wide world or taking on teaching stints in Salzburg, Sion, and Minneapolis. Kokoschka reached the respectable old age of 94. That means he had lived through nearly an entire century of art history. His extensive oeuvre documents his rise from collaborator in the Wiener Werkstätte to pioneer of Expressionism. Non-representational art is the only genre Kokoschka stubbornly resisted throughout his life, even though the 18

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structure of his brushwork and his use of color paved the way for future generations of painters and for future experiments. Kokoschka Research—Its Tools, Milestones, and Obstacles Kokoschka research owes the vast majority of its source material to the laudable commitment and farsightedness of Olda Kokoschka. After her husband’s death, she divided his estate among three institutions: A large portion of the artworks and the collection of about 300 objects the artist had assembled his whole life long for study purposes and as curiosities went to the Fondation Oskar Kokoschka, which she had founded in Vevey in 1988. The approximately 30,000 written docu­ ments belonging to the estate were given to the Zentralbibliothek Zurich. It is thanks to Ruth Häusler’s years of hard work and dedication there that these documents have largely been examined, put in order, and prepared for use by researchers. Kokoschka’s own large library, the photographic estate consisting of about 5,000 photos, and the col­ lection of newspaper clippings the artist and his wife had accumulated over decades made their way into the Oskar Kokoschka Center at the University of Applied Arts Vienna.7 In recent years, these three institutions have set the pace in Kokoschka research. In the 1980s, Olda Kokoschka and Heinz Spielmann laid an important foundation stone for research with their four-volume edition of the artist’s letters.8 The Zentralbibliothek Zurich has the preparatory work of these two editors of the letters editions in safekeeping as well.9 This source should not be underestimated because it contains writings and text passages that, for different reasons, never made their way into the publication. Olda Kokoschka also gave impetus to two work catalog projects: one intending to document the paintings; the other, the drawings and watercolors. Unfortunately, neither of the endeavors has progressed

7

On the photographic estate, see Bernadette Reinhold and Patrick Werkner, eds., Oskar Kokoschka – ein Künstlerleben in Lichtbildern/An Artist’s Life in Photographs. Aus dem Oskar Kokoschka-Zentrum der Universität für angewandte Kunst Wien/ From the Oskar Kokoschka-Zentrum of the University of Applied Arts Vienna (Vienna: Ambra, 2013).

8

Olda Kokoschka and Heinz Spielmann, Oskar Kokoschka. Briefe I–IV (Dusseldorf: Claassen, 1984–1988). A selection of letters also appeared in English translation: Oskar Kokoschka, Letters 1905–1976, Selected by Olda Kokoschka and Alfred Marnau (London: Thames & Hudson, 1992).

9

ZBZ, Vorlass Heinz Spielmann E 2009. new insights

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beyond an initial volume even after these many decades.10 There has at least been a regularly updated online directory of the paintings since 2017 thanks to the initiative taken by the Fondation Oskar Kokoschka in Vevey. Although limited to the technical data, provenance, the bibliography, and a directory of exhibitions, it does provide an inven­ tory and a welcome overview of the paintings.11 The directory of prints compiled by Hans Maria Wingler and Friedrich Welz was published nearly a half of a century ago and could benefit from an update.12 Kokoschka left behind a large body of writings that offer many tasty tidbits of his egomania. Grandiose as a narrator, he had a gift for vividly depicting complex circumstances and historical, political, artistic, and personal interconnections without worrying too much about their veracity. Infusing his stories with a basic tone of self-irony, he suggests a good measure of (self-)reflection in the process. This has tempted and continues to tempt many people even today to listen to the “voice” of the artist largely unquestioningly as an authentic source. Kokoschka’s decades of self-stylizations and self-mythologiz­ ing often were and continue to be perceived as nothing more than a little background noise. Well into ripe old age, Kokoschka also tended to stand in the way of a critical analysis of his work by reserving the right to intervene in the writings of art historians and to change them as he saw fit. It was not until after his death that the first generation of Kokoschka researchers was able, in the 1980s, to clear away several narratives and rectify the chronological order of works that Kokoschka had dated too early. Werner J. Schweiger and the aforementioned Patrick Werkner led the way here.13 In the 1990s, Tobias G. Natter, among others, showed how the artist tried to degrade rivals who threatened to overshadow his fame by suggesting they were inferior imitators of his work. He did so in particular to Max Oppenheimer

10

Katharina Erling and Johann Winkler, Oskar Kokoschka. Die Gemälde, 1906–1929 (Salzburg: Galerie Welz, 1995) [a second volume is planned]; Alice Strobl and Alfred Weidinger, Oskar Kokoschka. Die Zeichnungen und Aquarelle, 1897–1916 (Salzburg: Galerie Welz, 2008) [four further volumes are planned].

11 https://www.oskar-kokoschka.ch/de/1020/Online-Werkkatalog 12

Hans M. Wingler and Friedrich Welz, Oskar Kokoschka. Das druckgraphische Werk (Salzburg: Galerie Welz, 1975) and Oskar Kokoschka. Das druckgraphische Werk II, Druckgraphik 1975–1980 (Salzburg: Galerie Welz, 1981).

13

Werner J. Schweiger, Der junge Kokoschka. Leben und Werk, 1904–1914 (Vienna: Brandstätter, 1983); Patrick Werkner, Physis und Psyche. Der österreichische Expressionismus (Vienna: Herold, 1986).

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and Egon Schiele, later even to Picasso.14 At the beginning of the new century, a large stride forward was taken with a study exemplary in its methodology: Oskar Kokoschka: Kunst und Politik 1937–1950 by Gloria Sultano and Patrick Werkner. Since then, Kokoschka research has gained fresh impetus from many corners and taken off in several new directions. In-depth and critical analyses of the archive material in Vienna, Zurich, and also in Moscow (Special Archive of the Russian State Military Archive (RGVA)) and other places allow a more differentiated examination of the artist today. The extensive source material enables the debunk­ ing of many a myth that has long obscured a clear view of certain aspects of Kokoschka. Yet there are still examples of academic research, even in recent times, with astoundingly uncritical accounts of the artist legends sown by Kokoschka.15 New Insights—New Perspectives As announced in the title, the newly tapped material has given rise to new insights into Kokoschka’s life and work. New perspectives are opened up by the interdisciplinary and transdisciplinary approaches, with research contributions from art and cultural history, from contemporary history, from literary studies and theater, and also from biographical research and gender studies. The gender discourses in Vienna after 1900 are known to have been shaped by friends and mentors of Kokoschka, such as Adolf Loos and Karl Kraus, and they undoubtedly had an impact on the young artist. However, as Katharina Prager explains in her essay in this vol­ ume, a differentiated, indeed ambivalent attitude on the gender issue gradually began forming among Kokoschka’s early companions. In any case, this issue remained virulent for Kokoschka until after World War I, as Bernadette Reinhold points out in her essay exploring the artist’s well-known doll fetish (1918/19). In recent decades, no other object has been given more attention in research, in contemporary art production, 14

See Tobias Natter, “‘Schnittlauch auf der mageren Suppe.’ Anmerkungen zum Verhältnis Kokoschka – Schiele,” in Oskar Kokoschka – aktuelle Perspektiven, 22–26; Marie-Agnes von Puttenkamer, MOPP. Max Oppenheimer 1885–1954. Leben und malerisches Werk (Vienna: Böhlau, 1999); Gloria Sultano and Patrick Werkner, Oskar Kokoschka. Kunst und Politik, 1937–1950 (Vienna: Böhlau, 2003), chapter entitled “Konservative Wende: Gegen Picasso, gegen ‘die Abstrakten,’” 253–260.

15

The monograph by Rüdiger Görner is a prime example: Rüdiger Görner, Oskar Kokoschka. Jahrhundertkünstler (Vienna: Zsolnay, 2018). new insights

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even in popular culture. No episode in his life has so many legends entwined around it—which the artist himself actively helped to promote. In her essay, Anna Stuhlpfarrer examines the legitimacy of Kokoschka’s reputation as a pioneer of Expressionist theater. This multimedia field of experimentation played a significant role in his life. Barbara Lesák explores the position Kokoschka carved out for himself in the history of Expressionist theater in Vienna and the unique contribution he made to the history of this medium. Kokoschka’s political engagement between 1934 and 1953 is the subject of three essays in this volume. In the first, Ines RotermundReynard concentrates on Kokoschka’s relationship with Paul Westheim, who fled from Germany to Paris in 1933, and on the role of Charlotte Weidler as a link between this eminent art critic and Kokoschka, a resi­ dent of Prague at the time. In the second, Lucy Wasensteiner explains Kokoschka’s involvement in Twentieth Century German Art, a 1938 exhibition in London originally planned as a protest against National Socialist art policies. In the third, Régine Bonnefoit documents how Kokoschka changed his image of Comenius according to his own stage of life and surrounding circumstances. The artist invoked this influ­ ential Moravian educator time and again to legitimize what­ever cause or matter he was pursuing, be it pacifistic, political or humanitarian, art theoretical or autobiographical. In recent times, Kokoschka research has been stimulated by biographical research, which investigates autobiographical con­ struction and the mechanisms for finding and determining one’s own identity as an artist. In this same vein, Birgit Kirchmayr examines Kokoschka’s “autobiographical life” in her essay entitled On the Legend of the Artist. Keith Holz analyzes the strategies the artist pursued from 1949 onward to market himself on the museum scene and in the art market in the United States. In her essay on the role of Japanese art in Kokoschka’s work, Aglaja Kempf delves into the aspect of intercultural exchange with non-European countries. Finally, Günter Berghaus turns to the South American continent in his study on the history of the reception of German Expressionism in Brazil, which is closely linked to the exile of German-speaking theater artists. The point of departure for his investigation is a production of Kokoschka’s drama Mörder, Hoffnung der Frauen (Murderer, Hope of Women) that he himself directed in Rio de Janeiro in 1997. 22

new insights


This volume reflects the commitment and enthusiasm of its authors, who are all proven experts in their fields. What they have in common is the curiosity and openness to turn an eye to important, heretofore neglected themes and to critically and constructively scru­tinize matters that seem to be deemed irrefutable facts. A big word of thanks goes to these authors and, above all, to Gerald Bast, Rector of the University of Applied Arts Vienna. He has promoted the project from the outset, showing great interest in it and providing it with the necessary funding. The entire undertaking would not have been possible without the support of a great many individuals. Roswitha Janowski-Fritsch brought to bear all of her experience in project management from Edition Angewandte. Interest in the subject matter coupled with great care, patience, and flexibility were reflected in the English translations by Mark Wilch, in the German translations by Christine Plunger and Regina Thaller, and in the German and English proofreading by Fanny Esterházy and Belinda Zauner. Bettina Buchendorfer and Nathalie Feitsch from Institut Kunstsammlung und Archiv (Collection and Archive) at the Angewandte are to thank for their always reliable support in dealing with reproduction issues. Not least, our thanks go to the cooperation partner for the conference, the Université de Neuchâtel, and to our sister institutions, Oskar Kokoschka Doku­ mentation Pöchlarn and the Fondation Oskar Kokoschka, particularly Aglaja Kempf. They have all backed our project with tremendous warmth and goodwill. The conference on February 27, 2020 was enriched by numerous Kokoschka researchers, both well-known ones and younger ones, by a keenly interested public, and by the ideas they all brought up in the discussion. These ideas were and continue to be important to us and are an encouragement for us to launch further projects in the future. Although this volume brings together important current positions, Kokoschka offers a virtually inexhaustible field of research. Further new insights into and perspectives on his person, his work, those around him, and his reception are sure to follow. —Vienna and Neuchâtel, spring of 2021

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politisches engagement zwischen 1934 und 1953 1

political engagement between 1934 and 1953

oskar kokoschka

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Georg Schmidt, der Direktor der öffentlichen Kunstsammlung (Kunst­museum) Basel, auf dem Dach des Basler Kunstmuseums, 1945, Foto: Maria Netter, Fotostiftung Schweiz

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Georg Schmidt, director of the Öffentliche Kunstsammlung Basel (Kunstmuseum Basel), on the roof of that museum, 1945, photo: Maria Netter, Fotostiftung Schweiz

netzwerke und wider­s tand im exil (1933–1945) networks and resistance in exile (1933–1945)


Networks and Resistance in Exile (1933–1945). Paul Westheim, Kokoschka, and the Others ines rotermund-reynard

As the subtitle of this essay indicates, my focus here is on the relation­ ship between two important men, Oskar Kokoschka and Paul Westheim, and on their shared commitment to oppose National Socialism, but also and above all, on the others, the lesser-known individuals who acted behind the scenes and made this commitment possible in the first place. “He taught the world to see in pictures […].”1 This was Oskar Kokoschka’s response on December 22, 1963 to the news of the death of the critic and his long-time friend Paul Westheim (1↗), who had died unexpectedly the day before in Berlin. After being absent from Germany for nearly 30 years, Westheim had left exile in Mexico for the first time, accepting an invitation from the Ford Foundation to return to his old stomping grounds, the German capital, and hold lectures there on Mexican art. But like so many former exiles—George Grosz comes to mind—Paul Westheim survived his return to Germany by only a matter of weeks. The art writer failed to regain his bearings, over­ come by the sudden recognition from his colleagues in Berlin and their rediscovery of him. They saw in him solely the revered former publisher of the Kunstblatt, not the exile who had changed in the intervening years and become an acclaimed specialist in ancient Mexican art and aesthetics. “At best I am the ‘legendary’ figure, a shadow of a shadow. Today, what am I, what am I doing------???”2 This was one of the last

1

Letter of condolence from Oskar Kokoschka to Mariana Frenk-Westheim, December 22, 1963, Akademie der Künste, Berlin [abbreviated below as AdK Berlin], Paul-Westheim-Archiv; English quote taken from Oskar Kokoschka, Letters 1905–1976, Selected by Olda Kokoschka and Alfred Marnau, translated by Mary Whittall (London: Thames & Hudson, 1992), 241.

2

Diary of Paul Westheim, entry dated November 30, 1963, AdK Berlin, PaulWestheim-Archiv [original quote in German]. networks and resistance in exile (1933–1945)

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Olda Palkovská und Oskar Kokoschka, London, 1939, Foto: Trude Fleischmann, OKZ

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statement und schaubühne a statement and a showcase

1

Olda Palkovská and Oskar Kokoschka, London, 1939, photo: Trude Fleischmann, OKZ


Ausstellungsplakat Twentieth Century German Art, London, Juli 1938, Privatsammlung

2

Exhibition poster Twentieth Century German Art, London, July 1938, private collection

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Oskar Kokoschka: Riesenschildkröten, 1927, Öl auf Leinwand, 91 × 121 cm, Kunstmuseum Den Haag

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statement und schaubühne a statement and a showcase

3

Oskar Kokoschka, Riesenschildkröten (Giant Turtles), 1927, oil on canvas, 91 × 121 cm, Kunstmuseum Den Haag


Oskar Kokoschka: Flucht aus dem Paradies, 1910, Feder und Tusche auf Papier, 20,8 × 32,5 cm, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Kupferstichkabinett

4

Oskar Kokoschka, Flucht aus dem Paradies (Escape from Paradise), 1910, pen and ink on paper, 20.8 × 32.5 cm, Staatliche Kunsthalle Karlsruhe, Kupferstichkabinett

statement und schaubühne a statement and a showcase

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Oskar Kokoschka: Selbstbildnis eines „entarteten Künstlers“, 1937, Öl auf Leinwand, 110 × 85 cm, Privatsammlung, langfristige Leihgabe an die National Galleries of Scotland

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statement und schaubühne a statement and a showcase

5

Oskar Kokoschka, Selbstbildnis eines “Entarteten Künstlers” (Self-Portrait of a Degenerate Artist), 1937, oil on canvas, 110 × 85 cm, private collection, on long-term loan to the National Galleries of Scotland


Irmgard Burchard mit Oskar Kokoschkas Robert Freund I, 1909, veröffentlicht in: Treat for London, in: Anglo-German Review, Jg. 2, Heft 8, Juli 1938, Privatsammlung

6

Irmgard Burchard holding Oskar Kokoschka’s Robert Freund I, 1909, as published in “Treat for London,” Anglo-German Review, vol. 2, no. 8, July 1938, private collection

statement und schaubühne a statement and a showcase

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geschlech­ter­ diskurse 3

discourses on gender

oskar kokoschka’s american campaign

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Les enfants terribles. Ideen zu Sexualität und Geschlecht um Oskar Kokoschka

katharina prager

Wer sich um 1900 in Wien kundig in die Debatten um Geschlecht und Sexualität einmischen wollte, hatte reichlich Lesestoff zu bewältigen. Zur Standardlektüre gehörten die Psychopathia Sexualis (1886) des Wiener Gerichtsmediziners Richard von Krafft-Ebing, der bis heute hochproblematische Bestseller Geschlecht und Charakter (1903) des Phi­ losophen Otto Weininger, Sigmund Freuds Drei Abhandlungen zu Sexualtheorie (1905), Aufsätze von Alfred Adler und Wilhelm Reich und auch Arthur Schnitzlers Werk.1 Weitaus weniger wahrgenommen, aber dennoch wesentlicher Teil der Diskurse waren Rosa Mayreders Essays Zur Kritik der Weiblichkeit (1905/07), Irma von Troll-Borostyánis und Grete Meisel-Heß’ zahlreiche Werke zu Sexualtheorie und Frau­ enfrage, die Gedanken der Sozialdemokratinnen von Adelheid Popp bis hin zur vergessenen Lotte Glas zu moderner Sittlichkeit.2 International wirkten Lou Andreas-Salomé, Johann Jakob Bachofen, Iwan Bloch, August Bebel, Havelock Ellis, Auguste Forel, Magnus Hirschfeld, Henrik Ibsen, Cesare Lombroso, John Stuart Mill, Lewis H. Morgan, Albert Moll, Arthur Schopenhauer, August Strindberg, Frank Wedekind und Oscar Wilde theoretisch, philosophisch und künstlerisch auch in der „sexuellen Frage“ in Wien fort.3 Es ging um die Definition von Männlich­ keit und Weiblichkeit, um Perversion und Lust, um die (Ent-)Krimina­ lisierung von Homosexualität, Prostitution und anderen Formen außer­ ehelicher Sexualität, um Onanie und Unzucht, um die in Ansätzen

1

Andreas Brunner: Die Hauptstadt der Sexualtheorie, in: Andreas Brunner/Frauke Kreutler u. a. (Hg.): Sex in Wien. Lust. Kontrolle. Ungehorsam, Ausst.-Kat. Wien Museum, Wien 2016, S. 97–101.

2

Harriet Anderson: Vision und Leidenschaft. Die Frauenbewegung im Fin de Siècle Wiens, Wien 1994.

3

Nike Wagner: Geist und Geschlecht. Karl Kraus und die Erotik der Wiener Moderne, Frankfurt am Main 1982, S. 74–130.

206

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entdeckte Bisexualität alles Lebenden und vieles mehr. Antisemitismen, Biologismen und rassentheoretische Versatzstücke in den Texten waren dabei „normale“ wissenschaftliche Standards. Die Frage ist, wie weit sich Kokoschka, der sich lange als „von den geistigen und politischen Strömungen der Zeit unberührt geblie­ben“4 beschrieb, auf solche sexuellen Theorien und Praxen einließ. Zwar gab er im Alter an, dass Bachofens Thesen vom Matriarchat in seiner Jugend Eindruck auf ihn gemacht hätten, allerdings setzte er sich erst in den 1930er Jahren intensiv mit diesen auseinander.5 Manifeste Hinweise auf Lektüren oder außergewöhnliche Beziehungsformen in seinen jun­ gen Jahren hingegen fehlen. In Folge soll Kokoschkas Einbindung in zwei Kreise, in denen man sich um 1900 geradezu obsessiv mit der so­ genannten „sexuellen Frage“ auseinandersetzte, mikroanalytisch beschrieben werden, um besser zu verstehen, welche der teils progres­ si­ven, teils hochproblematischen Ideen um Sexualität und Geschlecht er womöglich wahrnahm und inwiefern er sie aktiv mitgestaltete oder hier eher eine passive Rolle einnahm. Die Familie Lang Für nicht wenige Protagonisten der zentralen, männlich dominierten Künstler- und Intellektuellennetzwerke im Wien um 1900, die sich als oppositionelle Lebensstil-Avantgarde im österreichischen Geistes­ leben fühlten, war die Grundbildung aus ihrer Gymnasial- und Universi­ tätszeit von Bedeutung. Kokoschka hingegen besuchte in Währing, dem heutigen 18. Wiener Gemeindebezirk, eine Realschule, ein praxis­ bezogener Schultyp, der bis 1873 einen Aufschwung in ÖsterreichUngarn erlebt hatte und sich intensiv mit Mathematik, Naturwissen­ schaften und modernen Sprachen befasste, aber kaum noch oder gar kein Latein und Altgriechisch lehrte. Damit fehlte Kokoschka weit­ gehend der humanistische Bildungshorizont, der als Bezugspunkt für alle Debatten um Sexualität und Geschlecht essenziell war. Zwar begann er offenbar bald, sich autodidaktisch unter anderem mit der Antike auseinanderzusetzen, und las sich vieles an – doch es wurde ihm eben nicht als Teil des Schulalltags vermittelt, was ihm möglicher­weise auch erlaubte, einen anderen Umgang mit diesen Inhalten zu

4

Oskar Kokoschka: Mein Leben, Vorwort und dokumentarische Mitarbeit von Remigius Netzer, München 1971, S. 59.

5

Vgl. Régine Bonnefoit: Von der Magna Mater zur schwarzen Madonna – Kokoschkas Mutter-Mythos im Spiegel seiner Sammlung, in: Régine Bonnefoit/Roland Scotti (Hg.): Oskar Kokoschka – Wunderkammer, Göttingen 2010, S. 145–165. les enfants terribles

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Lilith Lang, um 1907, Fotografie, OKZ

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3

Lilith Lang, ca. 1907, photo, OKZ


Oskar Kokoschka: Das Mädchen Li und ich, 1907/08, aus: Die träumenden Knaben, Farblithografie, 25,9 × 29,2 cm, OKZ

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4

Oskar Kokoschka, Das Mädchen Li und ich (The Girl Li and I), 1907/08, from Die träumenden Knaben (The Dreaming Youths), color lithograph, 25.9 × 29.2 cm, OKZ

225


Berthold Viertel, um 1910, Fotografie, Wienbibliothek, Handschriftensammlung

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5

Berthold Viertel, ca. 1910, photo, Wienbibliothek, Handschriftensammlung


Les enfants terribles. Ideas on Sexuality and Gender Surrounding Oskar Kokoschka

katharina prager

Anyone wanting to be well versed on the debates around gender and sexuality in fin de siècle Vienna had ample reading material to work through. Among the must-reads of the day were Psychopathia Sexualis, 1886 (also the title of the English edition) by the Viennese pathologist Richard von Krafft-Ebing, the still highly problem­atic bestseller Geschlecht und Charakter, 1903 (Sex and Character) by the philosopher Otto Weininger, Sigmund Freud’s Drei Abhandlungen zu Sexualtheorie, 1905 (Three Essays on the Theory of Sexuality), essays by Alfred Adler and Wilhelm Reich as well as Arthur Schnitzler’s oeuvre.1 Works that drew much less attention yet were still an essential part of the discourse included Rosa Mayreder’s essays entitled Zur Kritik der Weiblichkeit, 1905/07 (A Survey of the Woman Problem), Irma von Troll-Borostyáni’s and Grete Meisel-Hess’s numerous works on sexual theory and the woman question, and the ideas on modern morality voiced by Social Democratic women ranging from Adelheid Popp to the now forgotten Lotte Glas.2 Major international figures who continued to exert a theoretical, philosophical, and artistic influence in Vienna, also as regards “the sexual question,” included Lou AndreasSalomé, Johann Jakob Bachofen, Iwan Bloch, August Bebel, Havelock Ellis, Auguste Forel, Magnus Hirschfeld, Henrik Ibsen, Cesare Lombroso, John Stuart Mill, Lewis H. Morgan, Albert Moll, Arthur Schopenhauer,

1

Andreas Brunner, “Die Hauptstadt der Sexualtheorie,” in Sex in Wien. Lust. Kontrolle. Ungehorsam, exhibition catalog, Wien Museum, ed. Andreas Brunner, Frauke Kreutler et al. (Vienna: Metroverlag, 2016), 97–101.

2

Harriet Anderson, Vision und Leidenschaft. Die Frauenbewegung im Fin de Siècle Wiens (Vienna: Deuticke, 1994). les enfants terribles

227


Die Puppe, München 1919, Fotografie, OKZ

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l’art pour l’artiste?

1

The Doll, Munich 1919, photo, OKZ


Die Puppenmacherin Hermine Moos vor der Puppe in der elterlichen Wohnung in München, 1919, Fotografie, OKZ

l’art pour l’artiste?

2

The doll maker Hermine Moos in front of the doll in her parents’ apartment in Munich, 1919, photo, OKZ

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Hermine Moos mit dem Skelett der Puppe, München 1918, Fotografie, Schlossmuseum Murnau, Bildarchiv

266

l’art pour l’artiste?

3

Hermine Moos with the doll’s skeleton, Munich 1918, photo, Schlossmuseum Murnau, Bildarchiv


Oskar Kokoschka, Dresden 1919, Foto: Hugo Erfurth, OKZ

l’art pour l’artiste?

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Oskar Kokoschka, Dresden 1919, photo: Hugo Erfurth, OKZ

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L’art pour l’artiste? Reflections on Kokoschka’s Doll, Its Genesis, and Myth Making

bernadette reinhold

“A fetish is a story masquerading as an object.”— [the most succinct] formula ever written about fetishism. But which story? And is it even a story? And if so, is there just one? —Hartmut Böhme1 “The doll signifies an important episode in Oskar Kokoschka’s life.”2 This was the opening line in one of the chapters of Peter Gorsen’s fundamental 1987 study Sexualästhetik (Sexual aesthetics). The chapter is entitled “Pygmalions stille Frau” (Pygmalion’s silent wife) and is about one of Kokoschka’s works barely examined by scholars and otherwise nearly forgotten. The reference is to the life-size fetish created by Munich artist Hermine Moos in the aftermath of Kokoschka’s relationship with Alma Mahler around the end of World War I (1 ↖). Gorsen’s assessment at the time was quite speculative or at least hypothetical in tone. Calling the doll an episode in Kokoschka’s life seems an understatement today given

1

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Hartmut Böhme, Fetischismus und Kultur. Eine andere Theorie der Moderne (Hamburg: Rowohlt, 2006), 401; Böhme is quoting Robert J. Stoller here, Observing the Erotic Imagination (New Haven: Yale University Press, 1985); this is the original English quote. Peter Gorsen, Sexualästhetik. Grenzformen der Sinnlichkeit im 20. Jahrhundert (Hamburg: Rowohlt, 1987), 248. In March 1986, Gorsen held what was probably the first scholarly lecture about the doll: Gorsen, “Kokoschka und die Puppe. Pygmalionistische und fetischistische Motive im Frühwerk,” in Oskar Kokoschka. Symposion, University of Applied Arts Vienna, ed. Erika Patka (Salzburg: Residenz, 1986), 187–202. The following appeared after the 3rd Female Art Historians’ Conference in Vienna in September 1986: Kathrin Hoffmann-Curtius, “Frauenbilder Oskar Kokoschkas,” in Ilsebil Barta et al., eds., Frauen-Bilder, Männer-Mythen. Kunsthistorische Beiträge (Berlin: D. Reimer, 1987), 148–178. l’art pour l’artiste?


its enormous international reception in the academic world and in contemporary art production. The doll ranks among Kokoschka’s major works and enjoys a fixed place in the Modernist canon along with the artistic works done in preparation for it and as a follow-up to it. A broader awareness of the doll began in 1984 with the publication of a photo in the first volume of the German edition of Kokoschka’s letters3 and increased nearly exponentially thereafter.4 In this essay, the genesis of and artistic preconditions for this work will be illuminated. Besides the powerful interpretations of the fetish in Kokoschka’s autobiographical accounts,5 attention will also be paid to the artistic and literary tradition in which the creator-author consciously operated. It has since become a sport of sorts to want to obtain an overview of the specialist literature and essential primary and secon­ dary sources on Kokoschka’s artistic fetish (Kunst-Fetisch). The fas­ cination the doll sparks is many-faceted and lies initially in the amour fou of two personalities who overstepped the boundaries and norms of the day: on the one hand, Kokoschka, the radical artist, the enfant terrible of the Viennese art scene; on the other, Alma Mahler, the selfconfident woman who defied the then prevalent life plans for women. Her label as polyamorist muse, which has held to the present day, is the counterpart to his genius.6 The fascination doubtless stems from what is expressed in the doll, a passion and obsession verging on the perverse, on the pathological, and from the doll’s fetish character. The allure of the mysterious and the uncanny surround it. Voyeurism is evoked if the doll is understood as a creation intended for a single beholder, the artist himself: l’art pour l’artiste? Kokoschka’s artificial woman exemplifies the type of subjects analyzed in the early 20th century discourses on gender. At first glance, it appears to embody a

3

See the photograph section in OK Briefe I, 256 ff.

4

On the scholarly and artistic reception history, see Bernadette Reinhold, “... sonst wird es kein Weib, sondern ein Monstrum. Anmerkungen zu Mythos und Rezeption der Kokoschka-Puppe,” in Bernadette Reinhold and Eva Kernbauer, eds., zwischenräume zwischentöne. Wiener Moderne, Gegenwartskunst, Sammlungspraxis, Festschrift für Patrick Werkner (Basel: de Gruyter, 2018), 179–185.

5

Paul Westheim, Künstlerbekenntnisse. Briefe, Tagebuchblätter, Betrachtungen heutiger Künstler (Berlin: Propyläen, 1925), 243–254.

6

Melanie Unseld, “Alma Mahler – Biographische Lösungen eines unlösbaren Falles?” in Christopher F. Laferl and Anja Tippner, eds., Leben als Kunstwerk. Künstlerbiographien im 20. Jahrhundert (Bielefeld: transcript, 2011), 147–163, here 155. l’art pour l’artiste?

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Carry Hauser: Bühnenbildentwurf (6. Bild) für Die rote Straße von Franz Theodor Csokor, 1921, Gouache, Privatsammlung

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5

Carry Hauser, stage design drawing (Scene VI) for Die rote Strasse (The red street) by Franz Theodor Csokor, 1921, gouache, private collection

expressionistisches theater auf wiener bühnen expressionist theater on the stages of vienna


Expressionist Theater on the Stages of Vienna. Between Imitation and Originality

barbara lesák

Expressionist Drama in Austria: A Prefacing Remark Viewed in retrospect, Expressionist theater in Austria could well be called Expressionist theater light. The same is true when the focus shifts to Oskar Kokoschka. In the early phase of his artistic career (1907–19211), he was active on two fronts—as a painter and a playwright— and became a standard-bearer of Austrian Expressionist literature and painting. However, his plays failed at the time to gain entry into the repertoire of the large and medium-sized theaters in Vienna. With the battle of the sexes as a central theme, these works captivated an audience just awakened from their bourgeois emotional rigidity by Sigmund Freud’s psychoanalysis and positively craving sexual en­ lightenment and unsparing gender analysis. Yet their crude frankness, not to mention their unbridled hyperbole, made these plays all too unsettling for a normal theater audience. This explains why the perfor­ mances of Kokoschka’s early plays were confined to the elitist cabaret stages of Vienna: his shadow play Das getupfte Ei (The speckled egg) was staged just once at the Cabaret Fledermaus (1907); his grotesque one-act plays were put on at the Cabaret Fledermaus (1909) and at the open-air theater attached to the Internationale Kunstschau (1909). Kokoschka’s plays were produced at renowned theaters in Germany but did not advance beyond the cabaret stage in Vienna. In what might be referred to today as the underground scene, Kokoschka’s dramatic art thrived and flourished. Today it is considered a major achievement.

1

The period of Kokoschka’s early theatrical work extended to 1921, the year his drama Orpheus und Eurydike (Orpheus and Eurydice) premiered at the Schauspielhaus in Frankfurt am Main. expressionist theater on the stages of vienna

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interkultureller austausch mit ausser­europa­ ischen landern 5

intercultural exchange with non-european countries

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Expressionismus in Brasilien, Kokoschka in Rio de Janeiro. Über eine Produktion von Mörder, Hoffnung der Frauen im Jahr 1997

günter berghaus

Vom 19. bis 21. sowie vom 26. bis 28. September 1997 wurde Kokoschkas Drama Mörder, Hoffnung der Frauen, das häufig als das erste expressionistische Theaterstück bezeichnet wird1 und als Meilenstein im Theater der Moderne gilt, unter dem Titel Assassino, esperança das mulheres im Theater Sala Glauce Rocha, das von der Theaterschule an der Bundesuniversität des Staates Rio de Janeiro (UniRio) betrieben wird, aufgeführt (1↘).2 Gemeinsam mit Antônio Mercado und Renato Icarahy hatte ich das Stück übersetzt und führte dann Regie mit Unterstützung durch ein Produktionsteam, zu dem Cristiane Ostwald Luz (Bühnenbild), Lilian Morais da Silva (Kostümbild), Flávio Lofego (Lichtdesign), Günter Berghaus (Ton­ design), Lula Costa Lima (Originalmusik und Dirigent), Jane Celeste (Stimmbildung) und Jacyan Castilho (Choreografie) zählten. Im Folgenden beschreibe ich, wie dieses Projekt zustande kam, wie es sich in die kulturelle Landschaft eines tropischen Landes einfügte, in dem der deutsche Expressionismus wesentlichen Einfluss auf

1

Kokoschka datierte das Stück in einer Ausgabe des Sturm Verlags von 1916 und in einem Interview mit Ludwig Goldscheider im Jahr 1962 auf 1907. Es gilt jedoch als sicher, dass er es erst kurz vor der Uraufführung am 4. Juli 1909 niederschrieb. Zur Datierung des Stücks siehe Patrick Werkner: Physis und Psyche. Der öster­ reichische Frühexpressionismus, Wien 1986, S. 110, und den Beitrag von Anna Stuhlpfarrer in diesem Band. Vgl. auch Ludwig Goldscheider: Kokoschka. In Zu­ sammenarbeit mit dem Künstler, Köln 1963, S. 5–18.

2

Ein Video ist verfügbar unter https://www.youtube.com/watch?v=k4dGCn2slrM [Zugriff: 20.4.2020].

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expressionismus in brasilien, kokoschka in rio de janeiro


Ausbildungsprogramme im Bereich des Theaters ausübte, und wie dieses Stück, das den Ruf hat, unaufführbar zu sein, und tatsächlich nur sehr selten in europäischen Theatern gezeigt wird, mit den besonderen Talenten der brasilianischen Mitwirkenden und Mitarbeitenden auf die Bühne gebracht wurde. Hintergrund: Ritualtheater und der brasilianische Candomblé Im Jahr 1993 reiste ich nach Brasilien und besuchte verschiedene Kult­ zen­tren des Candomblé3 in Bahia und im Staat Rio de Janeiro. Dank eines Stipendiums der Coimbra-Stiftung konnte ich 1995 drei Monate lang in Salvador (Bahia) Feldstudien zu afrobrasilianischen Riten und Brauchtümern betreiben. Im Jahr darauf kehrte ich nach Bahia zurück, um eingehendere Recherchen über eine bestimmte CandombléGemeinde in Salvador, nämlich am Terreiro Axé Opô Afonjá, dem orthodoxesten der afrikanischen Kultzentren in Brasilien, durchzu­ führen. Nach meiner Initiation in den Trancekult konnte ich an dem uralten Fruchtbarkeitsritus Águas de Oxalà aus der Tradition der Yoruba teilnehmen. Damit hatte ich die einzigartige Chance, selbst in die Candomblé-Kultur einzutauchen und so ihre rituellen Praktiken zu studieren und die Zelebrant/innen in und außerhalb ihrer perfor­ mativen Rollen kennenzulernen. Im Jahr 1996 wurde ich Mitglied der Redaktion der brasiliani­ schen Theaterzeitschrift O percevejo, und 1998 gab ich einen Essayband mit dem Titel On Ritual für Routledge und das Centre for Performance Research in Cardiff heraus. Durch diese Publikationen und eine Reihe von Vorträgen auf Konferenzen in Brasilien lernte ich zahlreiche Wissen­ schaftler/innen kennen, darunter den Theateranthropologen Armindo Bião sowie den Ethnografen Pierre Verger, einen der renommiertesten Forscher zur afrobrasilianischen Kultur, der mich wiederum dem Bild­hauer und Candomblé-Anhänger Carybé und der Musikologin Angela Luhning, die ein Buch über die Rolle der Musik im Candomblé verfasst hatte, vorstellte. Der Dichter und Bühnenautor Ildasio Tavares, der 35 Jahre lang den Candomblé praktizierte und mit den Terreiros in und um Salvador bestens vertraut war, machte mich mit Mãe Stella de Oxóssi, der Hohepriesterin am Ilê Axé Opô Afonjá, bekannt. Zeca Ligiéro, Autor des Buchs Iniciação ao Candomblé und Leiter der Abteilung

3

Der Candomblé ist eine polytheistische Religion, die von Sklaven aus dem Volk der Yoruba nach Brasilien gebracht wurde. Musik und Tanz spielen bei Zeremonien eine wichtige Rolle und beeinflussten die Entwicklung dieser Künste in Brasilien, insbesondere in Salvador und Rio de Janeiro. expressionismus in brasilien, kokoschka in rio de janeiro

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Oskar Kokoschka: Hand, nach einem Fisch im Wasser greifend. Widmung für Olda Kokoschka in Das kleine Buch der Tropen­ wunder, Leipzig 1936, Feder und Tusche auf Papier, 18,5 × 24,4 cm, FOK

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oskar kokoschka und der japonismus oskar kokoschka and japonisme

Oskar Kokoschka, Hand, nach einem Fisch im Wasser greifend (Hand Reaching for a Fish in the Water). Dedication for Olda Kokoschka in Das kleine Buch der Tropenwunder (Leipzig: Insel, 1936), pen and India ink on paper, 18.5 × 24.4 cm, FOK


Oskar Kokoschka and Japonisme. Vienna around 1900 and the Japanese Aesthetic

aglaja kempf

While the ways in which East Asian art spread across Europe are known,1 much less research has been done on Oskar Kokoschka’s relationship with Asian cultures, especially Japanese culture.2 The key investigations on this topic focus on how Japanese woodcuts and motifs influenced Viennese art around 1900. Only a handful of studies examine how other forms of Japanese art such as traditional painting or calligraphy could have served as stimuli for Austrian artists. In 1854 when Japan opened itself up again to trade with other countries, woodcuts and numerous objects began circulating in Europe, first in France, then in England and from the mid-1870s onward, in the Austro-Hungarian Empire as well.3 The World’s Fairs were the ideal

1

For the state of research on Japonisme in Austria, see among others: Verborgene Impressionen. Japonismus in Wien 1870–1930, exhibition catalog, Museum für angewandte Kunst Vienna, ed. Peter Pantzer and Johannes Wieninger (Vienna: Edition Seitenberg, 1990); Faszination Japan. Monet, Van Gogh, Klimt, exhibition catalog, Kunstforum Vienna, ed. Evelyn Benesch et al. (Heidelberg: Kehrer, 2018).

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There has been no examination of this topic specifically related to Kokoschka except for this essay: Annette Windisch, “Kokoschkas Interesse an ausser­ europäischer Kunst und fremden Kulturen / L’intérêt de Kokoschka pour l’art extra-européen et les cultures étrangères,” in Oskar Kokoschka. Wunderkammer / Cabinet de curiosités, ed. Régine Bonnefoit and Roland Scotti (Göttingen: Steidl, 2010), 91–124. The current study owes much to this essay. Régine Bonnefoit addresses the topic in the following essay: “Oskar Kokoschka als ‘entarteter’ Künstler,” in zwischenräume zwischentöne. Wiener Moderne, Gegenwartskunst, Sammlungspraxis. Festschrift für Patrick Werkner, ed. Bernadette Reinhold and Eva Kernbauer (Basel: Birkhäuser, 2018), 161–167. The existing studies on Austria concentrate on Gustav Klimt, the artists associated with the Vienna Secession, or the Wiener Werkstätte.

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The literature about the influence of Japanese woodcuts on European art since the end of the 19th century has been extensive, especially works about France and the Netherlands, about Van Gogh, Degas, Monet as well as the group of artists known as the Nabis, and Toulouse-Lautrec. It should be noted in this context that oskar kokoschka and japonisme

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