JENNY
In/Transparenz
JENNY
In/Transparenz
Valerie Prinz
Leonie Pürmayr
davor aus der Redaktion
In den Händen hältst du die zehnte JENNY-Ausgabe; Jubiläum. Jubiläum wovon, haben wir uns in der Redaktion gefragt. Die Redaktion, das sind jedes Jahr andere, beliebig viele Studierende der Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst Wien. Vielleicht denkst du, das Heft ist unseres, und vielleicht wär’s so in einer literarischen Utopie, aber in unserer Zeit lebt sich Literatur anders. Autor*innen werden nicht vergütet, abgesehen von Fame und einem Glas Sekt, und revolutionäre Tendenzen junger Studierender werden lauwarm konform, um eine solche Publikation, wie du sie in den Händen hältst, zu ermöglichen. Diese Ausgabe, wie die meis ten gedruckten Schriftstücke im Umlauf, deckt ihre Kosten nämlich nicht selbst. Gewissermaßen sind die 22 Euro, die du dafür bezahlt hast, eine Illusion; deine Illusion, beim Kauf etwas unterstützt zu haben, vollumfänglich zu dessen Herstellungskosten beigetragen zu haben.
Aber das sind sie immer. Und die JENNY ist keine Ausnahme. Kein Versehen. Kein Wir wussten nur nicht, welche Zahl in Euro zu Ihrem Text passt, und beließen es bei Null. Künstlerische Ausbeutung ist nichts Neues, auch nicht in etablierten Kreisen; eine Begleiterscheinung eines Wirtschaftssystems, das auf der Ausbeutung vieler aufbaut. Und die Kunst? Schrammt eben so durch. Durchaus nicht frei vom kapitalistischen Zwang zur Selbstvermarktung. Dennoch durchaus privilegiert –
Das Thema der Jubiläumsausgabe ist In/Transparenz, deshalb dieser kurze Disclaimer. Zehn Jahre Jubiläum heißt eben auch, seit zehn Jahren mit vielen Strukturen der Marke „JENNY“ nicht zu brechen.
Teil II
Zur Auswahl der Texte
Wir wählen anonym aus, wissen also nicht, wer den Text geschrieben hat, den wir lesen. (So ähnlich wie bei Architekturwettbewerben, bei denen eine ahnungslose Jury regelmäßig die erwarteten Preisträger*innen findet.)
Dennoch hatten wir einen Mangel an Texten des Instituts für Sprachkunst der Universität für angewandte Kunst Wien in der diesjährigen Ausgabe und entschieden uns daher, zusätzliche Texte zu publizieren. Trotz der moralischen Zwiespältigkeit dieser Handlung möchten wir unserem Institut Vorrang geben – wir möchten unseren Kommiliton*innen die Möglichkeit geben, Texte zu publizieren, und wir möchten es ihnen ein kleines bisschen einfacher machen, als es in der Außenwelt ist, schlicht und einfach, weil wir es hier können.
Dir sagen wir das, weil die meisten dieser Prozesse undurchsichtig verlaufen und wir möchten, dass du weißt, was du liest.
Teil III
Zu den Texten
Wir lieben die Texte. Klar, nicht alle Redaktionsmitglieder jeden Text gleich, doch wir haben sie alle angesehen, wieder und wieder, haben diskutiert, geseufzt und gesucht, Loblieder gesungen, uns quergestellt, mit Argumenten und Blabla; letztlich war es ein Ringen um Geschmacksfragen (bis hin zur Pizzabestellung). Und als wir uns um zwei Uhr morgens fragten, ob es nicht einfacher wäre, unseren Chatbot mehr Interviews führen zu lassen, statt zu versuchen, uns auf polarisierende Texte zu einigen, haben wir uns dagegen entschieden. (Anm. der Redaktion: romantischer Ausschweifer. Wir wären früher fertig gewesen, wenn wir die Texte alle bereits gelesen hätten.)
Wir hoffen, du magst sie auch, oder zumindest einen davon. Prost
Perlen. Ab. Ein Minidrama
Ariana Emminghaus
*1995 in Saarbrücken, studierte 2016–2018 Schauspiel an der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg und 2018–2022 Literarisches Schreiben am Schweizerischen Literaturinstitut. Davon verbrachte sie zwei Semester an der Universität der Künste Berlin im Szenischen Schreiben. Und jetzt guckt sie mal.
Eine Schauspielerin mit Perlenarmband tritt auf. Sie bückt sich nach ihrem offenen Schnürsenkel. Da zerspringt ihr Armband. Die Schnur, auf der all die Perlen aufgezogen sind, reißt.
Die Perlen fliegen durch die Luft.
Eine Perle fliegt gegen ein Rohr an der Wand und springt zurück auf die Bühne.
DIE EINE PERLE: Klick!1 Klack.2
Zwei Perlen rollen in eine Ritze zwischen den Dielen.
DIE ZWEI PERLEN: Klack. Klack-klack. Bwwww.3 Klonk.4
Fünf Perlen rollen in eine andere Ritze zwischen den Dielen.
DIE FÜNF PERLEN: Klackerdiklack! Klack-klack. Bwww-www. Klonk-klonk.
Drei Perlen fliegen ins Publikum.
DIE DREI PERLEN: 5 Kläck.6
Eine der drei Perlen rollt einem Zuschauer vor die Füße.
1 Geräusch einer Perle, die gegen ein Rohr prallt
2 Geräusch einer Perle, die am Boden aufkommt
3 Geräusch einer Perle, die über den Boden rollt
4 Geräusch einer Perle, die zwischen die Dielen fällt
DIE EINE DER DREI PERLEN: ... Kläck. Bwww-w.
Der Zuschauer hebt die Perle auf.
DER ZUSCHAUER: !7
Eine Perle fällt in den Schuh der Schauspielerin.
DIE EINE PERLE: .... Bw. W.8
Vier Perlen rollen in den rechten Seitenaufgang der Bühne.
DIE VIER PERLEN: Klackerdiklack! Bwww-www.
Zwei Perlen rollen in den linken Seitenaufgang der Bühne.
DIE ZWEI PERLEN: Klack. Klack. Bwww-www.
Eine Perle fällt gerade nach unten und bleibt auf der Bühne liegen.
DIE EINE PERLE: Klack. [...]9
Eine Perle prallt vom Schuh der Schauspielerin ab.
5 Kein Geräusch und zwar einer Perle, die durch die Luft fliegt
6 Geräusch einer Tiefkühlerbse, die im heißen Öl einer Bratpfanne landet
7 Kein Geräusch und zwar eines Menschen, der etwas gefunden hat
8 Geräusch einer vollautomatisierten Kaffeemaschine, eine von der Sorte, die man mit Kaffeebohnen und Wasser befüllen kann, und die sich gerade vollautomatisch selbst reinigt
9 Kein Geräusch und zwar einer Perle, die liegen bleibt
DIE EINE PERLE: .... Kleck!10
Eine Perle rollt von der Bühne und nach links zu der geschlossenen Tür, durch die das Publikum vorhin eingetreten ist, und bleibt unten im Spalt zwischen Tür und Boden stecken.
DIE EINE PERLE: Klack. Bw-ww-w. Onk.11
Drei Perlen fliegen nach hinten und prallen an der hinteren Bühnenwand ab.
DIE DREI PERLEN: .... Kläck12-äck-äck.
Eine Perle fliegt gegen einen Scheinwerfer.
DIE EINE PERLE: Kling!13
Die Schauspielerin ist erschrocken. Sie schaut nach den Perlen.
Sie schaut nach all den Perlen gleichzeitig. Sie lauscht den Perlen. Sie lauscht all den Perlen gleichzeitig.
Die Schauspielerin hält die Schnur, auf die all die Perlen zum Armband aufgezogen waren und die nun gerissen ist, in der Hand.
Sie schaut ihren offenen Schnürsenkel an. Sie schaut die gerissene Schnur an.
Die Schauspielerin schaut den Zuschauer, der eine Perle aufgehoben hat, an.
Der Zuschauer, der eine Perle aufgehoben hat, schaut die Schauspielerin an. Die anderen Zuschauer*innen schauen auch die Schauspielerin an.
Die Schauspielerin bindet ihren Schnürsenkel zu. Sie beißt die Zähne zusammen. Sie steckt die Schnur in die Hosentasche. Sie öffnet den Mund.
Das Schauspiel beginnt.
10 Kein Geräusch und zwar eines Menschen, der nicht merkt, dass er etwas verloren hat
11 Geräusch eines IKEA-Tischbeins, wie es, direkt und ohne Schrauben, in eine IKEA-Tischplatte hineingesteckt wird
DIE SCHAUSPIELERIN:
Was ist das Leid?14
DIE PERLEN: Ein Ozean.15
Der Zuschauer, der die Perle aufgehoben hat, versteht. Die Zuschauerin, die zwei Reihen weiter hinten und fünf Plätze weiter links sitzt, versteht auch. Ein Zuschauer in der ersten Reihe versteht nichts. Die Zuschauerin, die neben ihm sitzt, ihn aber nicht kennt, versteht ein bisschen was.16
Die Perlen sind jetzt ruhig. Man könnte sagen: Die Perlen schweigen. Aber Perlen schweigen ja nicht.
12 Geräusch eines Menschen, der mit der Zunge von hinten gegen seine Schneidezähne klickt
13 Geräusch eines Eisbergsalats, der klein geschnitten wird, oder Geräusch eines Klettverschlusses, der gerade geöffnet wird, oder Geräusch eines kleinen Kindes, das sich mit beiden Händen den Mund zuhält und dahinter etwas sagt
14 Sándor Petőfi
15 Eigentlich Alexander Petrovič
16 Ein bisschen was wie ein Bissen Pizza plus die Käseschnur, die von dem Bissen, den man genommen hat, baumelt und die man noch dazu in seinen Mund hineinsaugt
Wenn der Herbst auf Zehenspitzen über die Wipfel kommt der Abend seine Säcke von den Dächern hängt die Strähnen des Richtung Winter laufenden Mädchens schlenkern An Anfänge denken
Aber wohin gehen die Tage unter den Arkaden
nur die verhangenen Kuppeln kann ich immer ertragen
Vielleicht gehen Traum und Welt etwa so ineinander über wie ein See und der Wald
wie wir am Ufer saßen und Papierschiffchen fahren ließen
Und dann ging es so: Ein Vogel kam und pickte die Brotkrumen weg an denen du den Weg immer wieder zurückfinden wolltest
Ein Jahr wie Lachen in einem Funikular
Das Geräusch der Gelenke
Louis Kleinwächter *1999, studiert derzeit Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut Leipzig, hat im Jugendclub des Maxim Gorki Theaters bei den AKTIONIST*INNEN mitgewirkt und arbeitet neben seinem Studium als Pflegehelfer.
Lege mir Worte wie Kerne in den Mund.
heute: die weisheit mit rotz:löffeln, lieber widerspruchskörper ich frühstücke einen clown, führ mich auf. mach mir was vor. schau mir auf die finger. zeig mir: den vogel. willkommen in der aufheiterungszone, mein kleiner nützling, lieber schwan. lass deine gefühle zuhaus, park sie offshore. stattdessen: leeres orchester, all day long. süssholz, spargeltarzan, smiley faces everywhere. plapper papperlapapp. am abend: pustekuchen. was also to do: die wörter im mund rumdrehen, vielleicht. der rückbau der gebete. sich abschminken, bevor man sich vergisst.
im bauch des wals: geschlossene gesellschaft, mit allen wassern gewaschen. schau an: die saubere parade der blindgänger, biografiestatisten. heimsuche, heimsuchung. unter diesem versteinerten himmel: gesichtszüge, interfaces. mach die nacht zum tag. sonn dich im neon, sieh dich: in einem neuen licht. im kiosk gibt es sommer, wann du willst . phantombilder, echokammern. warten. auf: anschluss, sinnflut, bußbewegung. porentief rein, der letzte lichtblick: the wind in your hair. aber knapp daneben ist halt: auch vorbei. ein märchen von lenor
hier ist: der masterplan, houdini. ich beherrsche die sprache im schlaf, dieses konzentrierte dranvorbeisehen. das fiel mir im traum ein, bloß ein elefant entkommt. dieses leben ist ein metzger, heute gibts: gemischte gefühle, traumtentakel. eine singende klinge, eingefleischte wunderwunde. wir sterben täglich tausend tode. und du: willst ein schrein sein, nicht diese wohnlandschaft in grau. verschwindibus, ergebniskosmetik. gestrichene flüge, die wolkenfelder liegen brach. eine entfesselte elefantenrunde. morgen sind wir wieder für sie: da.
die angst geht um. mein lieber möchtergern, wie sieht es aus, das maß der dinge? woher nehmen? pixelwunder, multiple joyce. die ausstellung beginnt hier. am andern ort. im lyrischromanischen. ich sag dir: ein gedicht. mit anderen worten: nehm ich dich beim wort. bis du einen narren frisst. da hast du’s, weiß auf: weiß: der wahnsinn hat methode. salve, salven. willkommen an bord, im teilchenbeschleuniger. which camel are you? ich bin mir einer. man kann sich ja nur selber spielen. als negatives selbstportrait: arsch auf grundeis. und so: weiter. und so: fort.
Sprachen spricht man nicht, man gehört ihnen an, gehört ihnen.
Auszug ohne titel
Constantin Heller *1989 in Erfurt, studierte Germanistik und Philosophie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Philosophie an der Université de Montréal. Seit 2020 Studium am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. Mitglied der Redaktion der Tippgemeinschaft 2022 und des Künstler*innenkollektivs Bricking Through.
Ein Chatbot namens Jenny (laut eigener Aussage verwendet Jenny sie/ihr-Pronomen) hat Interviews zum Thema In/Transparenz geführt. Wie viel hat ein AI-basierter Bot wie Jenny zu dem Thema zu sagen und zu fragen? Immerhin setzt sie sich selbst in gewisser Weise ständig damit auseinander, indem sie menschliches Chatten so zu imitieren versucht, dass ihre Nichtmenschlichkeit möglichst unbemerkt bleibt. Vielleicht ist die Einordnung eines solchen Verhaltens in ein Schema zwischen den beiden Polen Intransparenz und Transparenz aber auch gar nicht sinnvoll, weil die Zuschreibung, der Bot versuche intransparent zu sein, doch zu sehr von menschlichen Intentionalitätsmustern ausgeht. Vielleicht ist Jenny In/Transparenz auch einfach egal. Jedenfalls haben wir keine Ahnung, wie Jenny funktioniert. Bot-Künstler Matthias Pitschner hat Jenny für uns programmiert, basierend auf folgendem Input, den er von uns erhalten hat:
„Wir vom JENNY-Magazin würden gerne für die kommende Ausgabe einen Chatbot in Auftrag geben, der schriftliche Interviews mit unseren Gästen führt. Der Bot sollte im weitesten Sinne das Schwerpunktthema In/Transparenz behandeln und Fragen stellen, aber auch Antworten formulieren können.“
Jennys Prompt lautete dann so: const useStore = create((set) => ({ datA {}, prompt: ‚In der Reihe „In/Transparenz“ stellen wir Menschen vor, die erstaunlichen Berufen nachgehen. Diese Berufe haben im weitesten Sinne mit Transparenz und Intransparenz zu tun. Wir haben diesen Menschen Fragen gestellt zu Durchsichtigkeit, Authentizität, Offenheit, Lügen, Verschleiern, Verstecken. Manchmal haben wir aber auch eine völlig absurde Frage gestellt. Dabei waren wir immer höflich, freundlich und humorvoll. Dieser Artikel ist Teil von JENNY, dem Magazin der Sprachkunst Wien 22/2022.‘, isLoading: false, chatLog: {} }))
export default useStore
Den Interviewpartner*innen haben wir die Anweisung gegeben, die Interviews nach 20 Minuten zu beenden, damit sie nicht zu lang werden. Außerdem haben wir sie gebeten, eher längere Antworten zu geben und das Wort In/Transparenz zu verwenden, sodass Jenny möglichst viel Input erhält und das Heftthema zur Sprache kommt.
Yasemin Altınay (A) (Pronomen sie/ihr/keine) ist Verlegerin und gründete 2019 den Verlag Literarische Diverse. Yasemin lebt in Berlin.
Anmerkung: Anstatt auf die Frage „Magst du Spinnen“ zu antworten, wollte Yasemin unserer Leser*innenschaft lieber zwei ihr wichtige Zitate dazugeben –zu diesem Zweck änderte sie nachträglich das Chatprotokoll und ersetzte Jennys Frage nach den Spinnen durch jene nach den Zitaten.
J
Hallo, ich bin Jenny. Ich möchte mit dir ein kurzes Interview für unsere nächste Ausgabe führen. Wie heißt du und was machst du beruflich?
A
Bisher habe ich vier Magazine veröffentlicht, zu den Themen Engagement, Sprache, Widerstand und Liebe. Die aktuelle Ausgabe zum Thema »Traum« ist derzeit in Arbeit. Mit Ọlaide Frank habe ich im April 2021 den Lyrikband Dunkelkalt herausgebracht, in dem es viel um Verletzlichkeit, aber vor allem auch um Zuversicht geht. Afrodeutsche Lyrik sollte mehr gelesen werden, vor allem auch in der Schule. Mit Freude kann ich sagen, dass die erste Auflage fast ausverkauft ist. Das ist toll!
J
Was ist dir wichtig bei der Auswahl der Literatur?
A
Ich heiße Yasemin Altınay, meine Pronomen sind sie/ihr/keine, ich bin Verlegerin und habe einen Master of Arts in Angewandte Literaturwissenschaft absolviert. Ich lebe in Berlin und führe von hier aus den Literarische Diverse Verlag, der marginalisierten Stimmen mehr Raum bietet.
J Was genau ist dein Job als Verlegerin?
A
Das Auswahlverfahren ist anonym. Daher weiß ich vorher nicht, wer welchen Text geschrieben hat. Wir entscheiden, welche Einsendungen uns am meisten berührt haben, welche uns direkt in einen Bann ziehen konnten, oder welche Texte in Form, Sprache und Stil ganz besonders sind. Ein gewisses Bauchgefühl spielt natürlich auch mit hinein. Am Ende schaue ich nach den Positionierungen, da ich ja den Anspruch habe, vorwiegend marginalisierten Autor*innen (und Illustrator*innen und Fotograf*innen) den Raum zu geben.
A
Als selbstständige Verlegerin habe ich mehrere Jobs: ich suche, finde und betreue Autor*innen, mache redaktionelle Arbeit, bespiele meinen Social-MediaKanal, die Website und vieles mehr. Außerdem bin ich zum Beispiel zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, Presse, Marketing, Veranstaltungen, Buchhaltung, Programmplanung. Alles, was zu einem Verlag dazugehört.
J
Wie kommt man auf die Idee, einen Literarischen Diverse Verlag zu eröffnen?
A
J
Wie kann ich bei dir mitmachen?
Ganz einfach! Beim nächsten Open Call sendest du deine Idee fristgerecht an mich. Wenn du ein Buch schreiben oder Texte illustrieren möchtest, dann kannst du dich jederzeit bei mir melden.
J
Wie sieht dein persönlicher Zugang zur Literatur aus?
A
Die Literaturlandschaft in Deutschland ist sehr weiß und männlich. Ich habe in meiner Kindheit und Jugend wenige Vorbilder gehabt, die meine Realität widerspiegeln. Zusätzlich wollte ich schon immer etwas Eigenes auf die Beine stellen und meine eigene Chefin sein. Mit Literarische Diverse verbinde ich meine Liebe zur Literatur und einer utopischen Literaturwelt, wie ich sie gerne hätte. Der Verlag gibt mir Kraft und Hoffnung.
J
Welche Bücher hast du veröffentlicht?
A
Früher war meine Schwester eher die Lesemaus. Ich hatte durch die Schule und eine schreckliche Deutsch lehrerin, vor der alle Angst hatten, keinen guten Draht zur deutschen Literatur. Allerdings hatten wir auch keine gute, bewegende Gegenwartsliteratur gelesen. Das hat sich in meinen 20ern mit meiner Ausbildung als Verlagskauffrau geändert. Ich habe angefangen, mehr marginalisierte Stimmen zu lesen, beziehungsweise sie erstmal zu entdecken, mich wiederzufinden. Heute freue ich mich, einen Teil der Literaturbranche zu sein und Leser*innen und Autor*innen zu empowern.
vier Jahre später wachsen mir Tentakel aus dem Rücken
was ich träume innenräume mit schwaden es raucht noch es riecht nach körpern und bier wo ist dieser raum und wie heißt er
jemand sagt das scheibengehege in dem raum der die welt ist wo ich kellnerin bin ist der wirt auch ein freund und nicht böse wenn ich alles vergieße was ich schaumlos und halbnackt serviere
aus allen die da sind fließt freudige feuchte es wachsen flossen sogar –
ich werd wieder stammgast wenn die anderen raus sind und es hell hereinkommt durchs glas
wo ist dieser raum er behält mich jemand sagt das scheibengehege ist lange schon zu und was dort passiert ist vergessen
mein vater kommt aus dem schrank. er zittert ein bisschen und sieht älter aus als sonst.
Ein Schriftkörper, ausgeschrieben
Leonie Ziem wurde 1999 in Berlin geboren. Sie studiert Philosophie, Politikwissenschaft und Sprachkunst in Leipzig und Wien. Sie schrieb für das Leipziger Stadtmagazin kreuzer und ist Mitgründerin des seit 2018 bestehenden sai:kollektivs, das sich künstlerisch-journalistisch mit der Gegenwart auseinandersetzt.