Mondsüchtig
Edition Angewandte Buchreihe der Universität für angewandte Kunst Wien Herausgegeben von Gerald Bast, Rektor
Georg Glaeser
Mondsüchtig Das Wechselspiel der Gestirne in Bildern
Vorwort
In der Mitte der Mond, links davon, etwas höher, der Jupiter.
5
Der Mond hat es in sich Es gibt wohl kaum eine Person, die nicht irgendein romantisches Erlebnis mit dem Mond, unserem treuen Begleiter, verknüpft. Laue Vollmondabende am Strand nach einem grandiosen Sonnenuntergang, da kann man schon süchtig werden … Der Mond ist oft auch am Tag zu sehen, obwohl wir ihn meistens erst am Abend gegenüber der untergehenden Sonne zu suchen beginnen. Dort findet man ihn allerdings nur in den Tagen um den Vollmond. In den Tagen vorher sehen wir ihn schon am früheren Abend, in den Tagen danach verspätet er sich immer mehr, bis er nur noch die Nachtschwärmer oder Frühaufsteher erfreut. Was fast jeder „irgendwie“ weiß … Manche „Fakten“ wissen wir, auch wenn wir nicht ganz genau erklären können, warum es so ist: Der Mond zeigt uns immer dieselbe Seite. Der Mond ist für die Gezeiten verantwortlich. Der Mond kann eine Sonnenfinsternis verursachen. Viele alte Kulturen betrieben neben dem Sonnenkult auch einen Mondkult. Der Mond steht auf der südlichen Halbkugel auf dem Kopf. Soweit der wissenschaftliche Teil. Dann gibt es da noch persönliche Erfahrungen (beispielsweise, dass man bei Vollmond nicht so gut schlafen kann) oder vermeintlich bewiesene Statistiken (etwa, dass es bei Vollmond mehr Verkehrsunfälle gibt) und schließlich alte Volksweisheiten, die wissenschaftlichen Untersuchungen oft nicht standhalten, etwa, in welcher Mondphase man sich die Haare schneiden lassen soll. Fakten und Mythen In diesem Buch sollen hauptsächlich Fakten, wie sie gerade angeführt wurden, genau erklärt werden. Wenn es aber um esoterische oder einfach in den Raum gestellte, leicht widerlegbare Behauptungen geht, ist dieses Buch nicht die erste Wahl: Zu diesen Themen gibt es bereits zahlreiche Bücher, Kalender und Internet-Seiten, die ganz genau angeben, wann welche Pflanze angebaut oder Äpfel angeschnitten werden sollen, damit sie gut gedeihen und länger frisch bleiben.
6 Um es vorwegzunehmen: Der Autor ist ein romantischer Naturwissenschaftler und selbst „mondsüchtig“. Aber er glaubt Dinge nur, wenn sie belegbar sind, und er strebt an, Dinge so gut zu durchschauen, dass er sie auch einem Laien korrekt erklären kann. Für wen ist dieses Buch geschrieben? Wie man beim Durchblättern unschwer erkennen kann: Das Buch ist (auch) ein Bilderbuch. Also ist es sicher sehr gut für „visuelle Typen“ geeignet. Großaufnahmen vom Mond oder romantische Mond-Stimmungen lassen allerdings kaum jemanden kalt. Wenn Sie schon einiges über den Mond wissen und noch mehr wissen wollen, sind Sie die richtige Leserin bzw. der richtige Leser. Hier werden Sie Erklärungen für viele Phänomene finden, die mit dem Mond zu tun haben. Wenn Sie Esoterikerin oder Esoteriker sind, haben Sie sich vielleicht schon über die Bemerkung von vorhin geärgert. Die Fotos werden Ihnen hoffentlich trotzdem gefallen … Was finden Sie noch in diesem Buch? Dieses Buch soll sich nicht darauf beschränken, ausschließlich den von der Erde aus sichtbaren Teil unseres Mondes zu untersuchen. Gelegentlich werden wir auch einen Blick auf die von der Erde abgewandte Seite werfen bzw. Monde betrachten, die zu den anderen Planeten (im Fall des Pluto auch Zwergplaneten) in unserem Sonnensystem gehören. So werden wir auch über die Jupitermonde hören, deren Entdeckung Anfang des 17. Jahrhunderts dem heliozentrischen Weltbild zum Durchbruch verhalf. Das Buch ist praktischerweise in Doppelseiten gegliedert, die Sie in (fast) beliebiger Reihenfolge lesen können. Wenn Sie ein wenig von Mathematik und Physik verstehen, wird Ihnen erst nach der Lektüre so manch einer Doppelseite bewusst Sonne oder Mond hinter den Wolken? Beide Himmelskörper erscheinen dem Betrachter gleich groß. Die Sonne ist bei klarem Himmel natürlich abertausendmal heller, aber wenn Wolken davor sind, ist eine Unterscheidung von Sonne und Vollmond auf einem Foto gar nicht so leicht.
werden, dass es einige Dinge gibt, über die Sie sich bisher recht wenig Gedanken gemacht haben. Die Hoffnung des Autors ist, dass selbst Leserinnen und Leser, die schon mit der Materie vertraut sind, die eine oder andere neue Erkenntnis genießen können. Personen, die weniger Affinität zu den genannten Gebieten haben, können solche Doppelseiten getrost überblättern, ohne den Faden zu verlieren.
7
Inhaltsverzeichnis Der Mond im Licht der Sonne
9
Die Gezeitenkräfte auf der Erde
10
Der Rhythmus von Ebbe und Flut
. . . . .
. . . . . . .
72
. . . . . .
74
12
Die Eigenheiten der Mondbahn
. . . . . . .
76
Wolkenstimmung mit Mond . . . . . . . . .
14
Die Kreiselbewegung des Mondes . . . . . .
78
Eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang . . .
16
Die Drehung des Terminators
. . . . . . . .
18
Blick zur Sonne? . . . . . . . . . . . . . .
20
Die Oppositionsstellung . . . . . . . . . . .
22
Faszination Vollmond . . . . . . . . . . . .
24
Die „falsche“ Neigung des Terminators . . . .
26
Die Mondphasen . . . . . . . . . . . . . . Der „zusammengesetzte“ Vollmond
Verfinsterungen und Verzerrungen
81
Das Phänomen der Sonnenfinsternis . . . . .
82
Der Kernschatten des Mondes . . . . . . . .
84
Die verzerrte Kugel . . . . . . . . . . . . .
86
Eiförmige Sonnen- und Mondaufgänge . . . .
88
Wenn sich der Vollmond verfinstert . . . . . .
90
29
In der Morgendämmerung . . . . . . . . . .
92
Die Eigenrotation der Erde . . . . . . . . . .
30
Die Helligkeit des Mondes . . . . . . . . . .
94
Die scheinbaren Bahnen der Himmelskörper .
32
Wenigstens scheint der Mond … . . . . . . .
96
Von Osten nach Westen . . . . . . . . . . .
34
Sonne oder Mond? . . . . . . . . . . . . .
98
Blick nach Norden oder Süden? . . . . . . .
36
Eigenrotation und elliptische Bahn
Wie lange dauert ein Tag am Mond?
. . . . .
38
Blue Moon . . . . . . . . . . . . . . . . .
40
Die Temperatur am Mond . . . . . . . . . .
42
Die Mondpole
44
. . . . . . . . . . . . . . .
Kepler-Ellipsen und freier Fall
47
Umlaufsinn im Sonnensystem . . . . . . . .
48
Erdneigung und Jahreszeiten
50
. . . . .
Warum gerade 27 Tage für eine Runde? Die dunkle Seite des Mondes
. . .
Der Einfluss des Mondes unter Wasser . . . . 100 Die anderen Monde im Sonnensystem
103
Wie ist unser Mond entstanden? . . . . . . . 104 Magnetfeld am Mond? . . . . . . . . . . . . 106 Die Jupitermonde . . . . . . . . . . . . . . 108 Wie viele Monde hat(te) der Mars? . . . . . . 110 Titan – ein Mond ähnlich unserer Erde . . . . 112 Zwergplaneten – kleiner als unser Mond
52 Der Mond in unterschiedlichen Kulturen
. . . 114 117
. . . . . . . .
54
Stonehenge – vom Mond inspiriert? . . . . . . 118
Größenschwankungen . . . . . . . . . . . .
56
Von Raubgräbern und Mondzyklen . . . . . . 120
Optische Täuschung
. . . . . . . . . . .
58
Warum ausgerechnet die Plejaden? . . . . . . 122
Wo ist der Mond am Firmament? . . . . . . .
60
Die Definition von Ostern
Extremale Bahnkurven
62
Von Galileo bis heute . . . . . . . . . . . . 126
64
Die Landeplätze der Apollo-Missionen
. . . . . . . . . . .
Windungen am Firmament
. . . . . . . . .
Kreiselbewegungen Der Doppelplanet . . . . . . . . . . . . . .
67 Index 68 Lo
Massenanziehung und Fliehkraft . . . . . . .
70
. . . . . . . . . . 124 . . . . 128 130
9
Der Mond im Licht der Sonne
10
Die Mondphasen
Eine Serie von verschiedenen Mondphasen: Links oben sieht man einen fast vollständigen Vollmond, der bereits leicht abnehmend ist. In den folgenden vier Bildern nimmt der Mond immer weiter ab, bis er zum Neumond wird. Mitte rechts beginnt die zunehmende Phase: Zunächst wird aus dem Neumond die zunehmende Mondsichel, danach folgt der zunehmende Halbmond. Im rechten unteren Eck ist wieder der Vollmond zu sehen. Die verschiedenen Farben entstehen durch die Atmosphäre.
11 Der Terminator
Vollmond und Neumond
Die Sonne scheint im Weltall natürlich durchgehend und Zwei Positionen sind besonders simpel: Wenn der Mond beleuchtet den Mond zu jedem Zeitpunkt so, dass eine auf der gedachten Verbindung zwischen Erde und Sonne Hälfte des Mondes hell und die andere Hälfte dunkel ist. liegt, ist entweder Vollmond oder Neumond. Wenn sich Dasselbe gilt auch für die Erde. Die Grenze zwischen hell der Mond absolut exakt zwischen Erde und Sonne beund dunkel, auch Terminator genannt, ist ein Kreis am findet, verdunkelt er die Sonne, und es kommt zu einer Mond. Man kann in Analogie zur Erde den Terminator Sonnenfinsternis. Diesen Fall werden wir natürlich noch auch als Tag-Nacht-Grenze bezeichnen, auch wenn ein genauer besprechen (s. S. 84f.). Kommt das MondzenMondtag bzw. die zugehörige Mondnacht viel länger dau- trum genau auf der Verlängerung der Achse von der Sonert, weil sich der Mond viel langsamer um seine Achse ne über die Erde zu liegen, wirft die Erde einen Schatten dreht als die Erde: Jeder Punkt auf dem Mond hat da- auf den Mond und verdunkelt ihn. Auch diesen Fall werdurch fast 15 Erdtage lang Sonnenlicht, um dann wie- den wir noch genauer untersuchen (s. S. 90f.). derum für gut zwei Wochen im Dunkeln zu sein. Von der Erde aus gesehen Man kann von der Erde nur Teile der beleuchteten Halbkugel sehen, abhängig von der Position des Mondes auf seiner Bahn um die Erde. Der Terminator erscheint als Ellipse – im Spezialfall des Halbmondes als Gerade. Geometrisch betrachtet setzt sich von der Erde aus gesehen das Antlitz des Mondes aus einem Halbkreis plus oder minus einer Halbellipse zusammen.
Von Vollmond zu Vollmond dauert es im Schnitt 29, 5 Tage. In dieser Zeitspanne durchläuft der Mond alle Phasen. Besonders ist dabei nach circa 14, 25 Tagen der Neumond.
12
Der „zusammengesetzte“ Vollmond
Vollmondfotos sind immer ein bisschen kontrastlos
Fotografie oft eine zweite indirekte Lichtquelle. Das foto-
Das liegt daran, dass die Sonne als einzige Lichtquelle grafierte Objekt erscheint dadurch plastischer. aus der Richtung des Beobachters kommt. Fotografen Einander ergänzende Phasen mögen allerdings angemessen viel Seitenlicht, denn es Wenn wir den Mond nicht gerade dann fotografieren, wenn bringt dreidimensionale Strukturen besser zur Geltung. er als Vollmond am Himmel steht, erscheint die OberfläDurch reflektierende Wände ergibt sich bei normaler che am Terminator (der Schattengrenze) besonders
13
strukturiert. Wegen des fehlenden Umgebungslichts ist Mondphasen, die wir mit einem Bildbearbeitungsprogramm die nicht beleuchtete Seite ganz dunkel.
zusammenfügen können. Dabei muss eines der beiden
Ergänzende Phasen zusammenfügen
Fotos fast immer um ein paar Grad gedreht werden. Am
Das können wir uns zunutze machen: Als mondsüchtige Ende sieht das neue Bild dann so aus, als wäre der Mond Fotografen besitzen wir in unserer Sammlung genügend von zwei gegenüberliegenden Lichtquellen beleuchtet. Mondfotos und finden fast immer zwei „sich ergänzende“
29
Eigenrotation und elliptische Bahn
30
Die Eigenrotation der Erde Die Relativbewegung des Sternenhimmels Die Erde rotiert um die eigene Achse. Die Kugelgestalt Wenn man nicht in die richtige Richtung schaut, er-
der Erde bzw. ihre Drehung ist uns allerdings intuitiv
scheint die Bewegung der Sterne kompliziert.
nicht klar – man denke nur daran, wie lange es dauerte, bis diejenigen, die an die runde Erde glaubten, nicht mehr als Spinner oder Ketzer abgetan wurden. Wir haben also den Eindruck, dass sich der Himmel über uns bewegt. Die Bewegung in den Griff bekommen Stellen wir uns vor, wir wüssten noch nicht viel über die Bewegung des Sternenhimmels. Wie könnten wir nun vorgehen, um herauszufinden, welche Regeln dieser Bewegung zugrunde liegen? Zunächst positionieren wir uns fix an einer Stelle mit schönem Ausblick, wie im Bild links oben. Dann markieren wir die Position der Sterne im Laufe von mehreren Stunden auf einem Zeichenblatt. Das Ergebnis ist ein Gewirr von Bahnen wie im mittleren Foto links. Die Bewegung scheint recht kompliziert zu sein … Die Rotation erfassen Durch Himmelsbeobachtung über lange Zeit wird auch ohne Kenntnis der Drehung der Erde klar, dass sich die Sterne um einen Himmelspol drehen. Auf der nördlichen Halbkugel ist dieser Pol gegenwärtig knapp beim Polarstern. Die alten Ägypter nannten den Pol Thuban (den Unzerstörbaren). Ihre Priester konnten den Punkt fixieren, indem sie z. B. von einem markierten Punkt südlich der Mitte der Cheopspyramide zu deren, damals vergoldeten, Spitze blickten. Zur Zeit der alten Ägypter war die Position des heutigen Polarsterns allerdings eine völlig andere, und es befand sich kein markanter Stern in der Nähe des Himmelspols. Nun erscheint die Bewegung des Sternenhimmels deutlich einfacher: Alle Sterne drehen sich nächtens (und natürlich auch tagsüber, was aber wegen der Helligkeit nicht sichtbar ist) kreisförmig und gleichmäßig gegen den Uhrzeigersinn um den Pol. Der Drehwinkel beträgt knapp 15◦ pro Stunde, was bei knapp 24 Stunden Umdrehungszeit den vollen Winkel von 360◦ ergibt.
31
Der Polarstern zeigt die Richtung der Erdachse an
sein. Weil aber unsere Uhren mit 24 Stunden rechnen,
Die Erde dreht sich um ihre Achse, die durch den geogra- „überdrehen“ die Sterne jeden Tag ein bisschen. Wenn fischen Nord- und Südpol geht. Diese Achse zeigt ziem- Sie also ein markantes Sternbild wie den Orion, die Plejalich genau zum Polarstern, und deswegen ist es wichtig, den oder den Großen Wagen am Nachthimmel suchen, diesen Stern auch finden zu können: Er befindet sich in wird dieses jeden Tag schon vier Minuten früher als am Nordrichtung unter dem Höhenwinkel der geografischen Vortag seine ursprüngliche Position einnehmen. IrgendBreite. Wenn Sie sich also weit im Süden aufhalten, wird wann, vielleicht nach Wochen oder Monaten, kann es der Polarstern nur knapp über dem Horizont sein, im ho- sein, dass das Sternbild dann zu einer vorgegebenen nächthen Norden ist er fast im Zenit zu finden. Auf der südli- lichen Uhrzeit bereits am Horizont untergeht. chen Halbkugel müssen Sie nach Süden unter dem Hö- Sonne, Mond und die Planeten sind da anders henwinkel der geografischen Breite blicken, um den süd- Bis jetzt war ja alles ganz einfach: Wenn wir die Richtung lichen Himmelspol zu lokalisieren (dort gibt es keinen der Drehachse kennen, haben wir die räumliche Drehung markanten Stern).
um die Erdachse im Griff. Wenn wir in Richtung der Ach-
Die Umlaufzeit beträgt 4 Minuten weniger als 24 Stunden
se blicken, reduziert sich die Bewegung auf eine zwei-
Nachdem die Rotationsdauer der Erde 23 Stunden und dimensionale Drehung, und diese ist leicht zu erfassen. 56 Minuten beträgt, werden die Sterne ihre volle Um- Für die Bewegung von Sonne, Mond und den Planeten drehung nach Ablauf dieser Zeitspanne abgeschlossen brauchen wir aber mehr Wissen und noch zwei weitere haben und exakt zur Position vom Vortag zurückgekehrt Doppelseiten zur Erklärung.
Die scheinbaren Bahnen der Himmelskörper
32
Die konstante Drehung des Sternenhimmels Galileo Galilei hat einmal gesagt: „Wer die Geometrie begreift, vermag in dieser Welt alles zu verstehen.“ Da es Geometrie ohne Skizzen und Zeichnungen nicht gibt, wollen wir mithilfe der nebenstehenden Skizze abermals veranschaulichen, warum sich die Sterne um den Himmelsnordpol N drehen (in dessen unmittelbarer Nähe sich „im Moment“ unser Polarstern befindet): Unsere Position ist P , und wir befinden uns auf einem Breitenkreis mit geografischer Breite ϕ. Wir schauen in unserer Standebene (die ein grüner Kreis um P veranschaulichen soll) nach Norden (roter Pfeil). Der rote Pfeil trifft im Raum die Erdachse, und die durch P parallel verschobene Drehachse hat den Höhenwinkel ϕ. Zunächst die Situation vereinfachen!
Die Drehung passiert nur lokal
Stellen wir uns zunächst vor, dass die Erde mit konstanter Die Drehung passiert nur für Dinge, die sich auf der ErWinkelgeschwindigkeit um ihre Achse rotiert, sich aber de befinden. Wenn wir mit ausgestrecktem Arm zu einem noch nicht um die Sonne bewegt. Dann nämlich drehen Himmelskörper zeigen, der die Drehung nicht mitmacht, wir uns auf unserem rot eingezeichneten Breitenkreis, müssen wir daher ständig unseren Arm mitdrehen. Der „ohne es zu merken“. Das Einzige, was sich für uns än- Arm dreht sich dabei um die virtuelle Drehachse durch dert, ist, dass sich tagsüber die Sonne über dem Horizont den Himmelspol. Dadurch wird er mal höher, mal tiefer dreht und nächtens die Sterne rotieren. Auch der Mond zeigen und dabei den Gestirnen folgen. Die einzigen beiund die Planeten, deren zusätzliche Bewegungen wir für den Orte auf der Welt, an denen sich der Höhenwinkel unsere Überlegung vernachlässigen, machen diese Dre- unseres Arms nicht ändern wird, sind Nord- und Südpol, hung um die gedachte Drehachse durch den Polarstern denn dort ist die virtuelle Drehachse lotrecht (und geht mit. Diese Drehung dauert ziemlich genau 23 Stunden durch den Zenit genau über uns). und 56 Minuten.
Nächster Schritt: Die Erde bewegt sich um die Sonne
Das bedeutet, alle Sterne sind nach dieser Zeitspanne Nun lassen wir die Erde nicht nur auf der Stelle rotieren, wieder in der gleichen Position – im vereinfachten Mo- sondern auch um die Sonne wandern, was bekanntlich dell auch die Sonne, die Planeten und der Mond!
ein Jahr dauert. Dabei rasen wir zwar mit über 100 000 km/h
33 Der Merkur bewegt sich vermeintlich in Schlaufen am Himmel. Die Neigung der Bahnebene des Merkurs (hier übertrieben dargestellt) macht die Sache noch komplizierter.
Die inneren Planeten Merkur und Venus „oszillieren“ von uns aus gesehen um die Sonne.
durchs All, bewegen uns aber jeden Tag nur etwa ein Neigung der Erdachse zur Ebene, in der wir uns um die Grad um die Sonne. Das hat keine Auswirkungen auf sehr Sonne bewegen, ändert sich aber auch der Höhenwinweit entfernte Himmelskörper außerhalb unseres Sonnen- kel der Sonne ein ganz klein wenig – dadurch entstehen systems: Diese Objekte sind derart weit entfernt (der im- unsere Jahreszeiten. mer noch nahe Sirius ist beispielsweise 500 000-mal wei- Es wird leider noch viel komplizierter ter entfernt von der Erde als die Sonne), dass die erwähn- Exakte Astronomie ist etwas für Leute, die ein ziemlich gute Richtung des Arms, mit dem wir auf sie zeigen, ein- tes Raumvorstellungsvermögen haben, denn die Sache fach parallel verschoben wird. Objekte unseres Sonnen- ist noch lange nicht abgeschlossen: Die Erde bewegt sich systems sind aber nicht „unendlich weit“ entfernt. Rela- nicht gleichförmig um die Sonne, ja nicht einmal hunderttiv gesehen hat dabei die Sonne ihre Position gegenüber prozentig exakt auf einer Ellipse, da sie um den gemeindem Vortag also ein wenig verändert. Nachdem die Son- samen Schwerpunkt mit dem Mond schlingert. Für die ne für uns eindeutig das wichtigste Gestirn ist – Mond- Planeten kommt noch deren Bewegung um die Sonne süchtige mögen mir diese Bemerkung verzeihen –, rich- dazu, was dann wiederum zu zusätzlichen Veränderunten wir unsere Tageslänge nach der Sonne aus. Dadurch gen, verglichen mit den „zuverlässigen“ Bahnen der Stermüssen wir jeden Tag eine kleine Korrektur von etwa vier ne, führt (Bild oben). Minuten durchführen, um die Sonne einigermaßen in die- Die meisten Komplikationen aber macht der Mond, der selbe Position wie am Vortag rücken zu lassen. Durch die eine weitere Doppelseite erforderlich macht.
34
Von Osten nach Westen Der Terminator wandert in östlicher Richtung Betrachtet man die Erde in Richtung ihrer Drehachse so, dass man den Nordpol im Zentrum sieht, dann dreht sie sich gegen den Uhrzeigersinn. Wenn also die Sonne in einer festen Richtung auf die Erde scheint und an unserem Standpunkt die Sonne gerade aufgeht, geht sie an Orten, die auf unserer Breite westlich von uns liegen, erst später auf. Die Tag-Nacht-Grenze, der Terminator, wandert also in östlicher Richtung. Umgekehrt geht natürlich die Sonne bei uns früher unter als für Orte westlich von uns. Geht die Sonne im Osten auf bzw. im Westen unter? Wie genau stimmt das überhaupt? Es gibt zumindest einen Bereich, wo es tatsächlich immer stimmt, nämlich für alle Orte sehr nahe am Äquator, also beispielsweise Quito, Nairobi oder Kuala Lumpur. Der Äquator wird nämlich vom Terminator in zwei gleich lange Kreisbögen zerschnitten. Es liegt daher eine Hälfte des Äquators immer auf der Sonnenseite, die andere Hälfte auf der dunklen Seite der Erde. Da sich die Erde gleichmäßig in knapp 24 Stunden um ihre Achse dreht, sind am Äquator an 365 Tagen im Jahr Tag und Nacht je 12 Stunden lang. Die Sonnenstrahlen durch einen festen Punkt Für die folgende Überlegung, die später auch auf den Mond übertragen werden soll, müssen wir wieder einmal die Geometrie heranziehen. Wenn wir mit einem Arm in Richtung der Erdachse (also zum Polarstern) zeigen, ändert sich die Position unseres Arms den ganzen Tag nicht. Wenn wir aber mit dem anderen Arm zur Sonne zeigen, dann rotiert dieser zweite Arm um den fixen ersten Arm – weil sich die Erde um ihre Achse dreht. Der Winkel, den die Arme einschließen, wird dabei konstant bleiben, weil die Erde ihre Position gegenüber der Sonne innerhalb eines Tages nur geringfügig ändert (sie rotiert nur 1◦ um die Sonne).
35 Der Kegel zur Sonne
Auf der südlichen Halbkugel gegen den Uhrzeigersinn
Denken wir uns jetzt statt unserer Arme Geraden durch Auf der Südhalbhugel hingegen befindet sich die Sonne einen festen Punkt. Der Winkel, den alle möglichen Son- eher im Norden. Wenn wir uns also dementsprechend nenstrahlen im Laufe eines Tages durch diesen Punkt bil- nach Norden drehen, wandert der Arm auch von Osten den, ist (nahezu) konstant. Er ist im Jahresschnitt 90◦ , nach Westen – aber gegen den Uhrzeigersinn – und erschwankt aber wegen der Neigung der Erdachse (ca. 23◦ ) reicht zu Mittag seinen Höhepunkt im Norden. Es geht zwischen 90◦ plus 23◦ und 90◦ minus 23◦ .
also nicht darum, dass man auf der südlichen Halbku-
Im Uhrzeigersinn
gel „auf dem Kopf steht“, sondern darum, dass man die
Wenn wir mit unserem Arm dem fiktiven Lauf der Sonne Sonne in der anderen Richtung suchen muss. nachfahren, dreht sich unser Arm längs eines Drehke- Die Bahnen von Sonne und Mond sind vergleichbar
gels. Wir selbst schauen dabei am besten Richtung Sü- Der Mond bewegt sich in einer Ebene, die nicht allzu sehr den: Dann streicht unser Arm im Uhrzeigersinn von Osten von der Bahnebene der Erde abweicht. Die Bahnen von
nach Westen und erreicht zu Mittag seinen Höhepunkt im Sonne und Mond am Firmament sind primär von der EiSüden. Bei Sonnenaufgang muss der Arm nur ungefähr gendrehung der Erde dominiert und damit recht ähnlich nach Osten zeigen, bei Sonnenuntergang auch nicht ge- und hauptsächlich nur zeitversetzt. Während die Sonne nau nach Westen – außer wir befinden uns am Äquator. ihren maximalen bzw. minimalen Höhenwinkel nur ein-
mal im Jahr erreicht, ist dies beim Mond innerhalb eines knappen Monats der Fall.
Die tägliche Rotation der Sonnenstrahlen durch einen festen Punkt
ϕ
Richtung Polarstern
ϕ 10h 12h
10h N
12h
N
Rechts im Winter, links im Sommer, darunter zu den Tag-NachtGleichen. Die Drehachse verläuft in nördlicher Richtung und ist unter jenem Winkel zur Horizontalen geneigt, welcher der geografischen Breite ϕ entspricht. Die Spurkurve des Schattens ist ein Kegelschnitt – in gemäßigten Breiten immer ein Ast einer Hyperbel und zu den Tag-Nacht-Gleichen eine Gerade, weil der Kegel zu einer Ebene wird. Der Schatten des Punktes ist zum Sonnenhöchststand genau im Norden.
ϕ 10h 12h N
Blick nach Norden oder Süden?
36
Es kommt darauf an, wo wir uns befinden
aber man muss das Ganze etwas differenzierter betrach-
Wenn wir uns auf der nördlichen Halbkugel befinden, ten. Wie verhält es sich zum Beispiel am Äquator? Dort suchen wir Sonne und Mond im Süden, auf der südli- steht nämlich die Sonne ein halbes Jahr im Süden und chen Halbkugel im Norden. Klingt verlockend einfach, ein halbes Jahr im Norden.
Untergang
Aufgang
Blick nach Süden (nördliche Halbkugel): Der Mond dreht sich im Laufe des Tages Osten
im Uhrzeigersinn, hat die Form eines „D“ und ist zunehmend.
Mond unter dem Horizont
Westen
37 Für den Mond ist es sogar noch komplizierter, weil des- che Richtung. Die „CD-Regel“, mit der man feststellen sen Bahn um bis zu 5◦ von der Sonnenbahn abweichen kann, ob der Mond gerade abnimmt oder zunimmt, dreht kann.
sich hier um. In den Bildern auf dieser Doppelseite ist bei-
In jedem Fall von Ost nach West
de Male zunehmender Mond, und zwar so, dass noch im
Unsere beiden Gestirne wandern in jedem Fall in die glei- Laufe des Tages der Halbmond erreicht wird.
Untergang
Aufgang
Blick nach Norden (südliche Halbkugel): Der Mond dreht sich im Laufe des Tages gegen Westen
den Uhrzeigersinn, hat die Form eines „C“ und ist zunehmend.
Mond unter dem Horizont
Osten
40
Blue Moon
41 Die romantische Variante Das berühmte Lied „Blue Moon“ von Richard Rodgers und Lorenz Hart (1934) wurde, unter anderem, von Billie Holiday, Elvis Presley, Frank Sinatra, Bob Dylan und Rod Stewart interpretiert, und löst bei vielen Menschen sentimentale Gefühle aus. Tatsächlich kommt es manchmal durch bestimmte atmosphärische Gegebenheiten zu einer Blaufärbung des Mondes.
Die verschiedenen Neigungen des Terminators geben einen Hinweis auf den jeweiligen Zeitpunkt der Aufnahme. Eigentlich nur eine Frage der Statistik Statistisch gesehen kommt es zu zwei Vollmonden in einem Kalendermonat durchschnittlich einmal in 2,4 Jahren: Wir wissen, dass ein Mondzyklus von Vollmond zu Vollmond im Durchschnitt 29,5 Tage dauert, also unwesentlich kürzer als die meisten kalendarischen Monate.
Zweite Variante: Zwei Vollmonde im Monat Im übertragenen Sinn hat der „Blaue Mond“ allerdings nichts mit der Farbe des Mondes zu tun. In der Astronomie bezeichnet er den dritten der vier Vollmonde einer Jahreszeit. Meist ist aber das relativ seltene Ereignis gemeint, wenn es innerhalb eines Kalendermonats zu zwei Vollmonden kommt. Der zweite Vollmond wird dann Blue Moon genannt.
In unserem Kalender sind die Längen der Monate 31, 28 (29), 31, 30, 31, 30, 31, 31, 30, 31, 30, 31 Tage. Wenn der Vollmond auf die Morgenstunden eines Ersten fällt, kommt damit potenziell jeder Monat, außer Februar, infrage. Ist der Vollmond erst in den späteren Abendstunden des ersten Tages im Monat, geht sich nur in einem Monat mit 31 Tagen noch ein zweiter Vollmond aus. Ein Vollmond an einem 31. eines Monats ist immer ein Blue Moon. Im Schnitt alle dreißig Jahre gibt es einen Vollmond am Silvestertag. Once in a blue moon Wegen der Seltenheit solcher Ereignisse wird im Englischen der Ausdruck „once in a blue moon“ für ein außergewöhnliches Ereignis verwendet, worauf der zitierte Song ja auch (übertragen auf eine besondere Person) anspielt.
Der Autor favorisiert die Variante des Blue Moon, die sich auf die Farbe bezieht. Die drei Aufnahmen auf dieser Doppelseite entstanden innerhalb weniger Tage, an denen sich der Mond bläulich am Nachthimmel zeigte. Die Farbe dürfte eine Folge von Lichtbrechungen in der feuchten Luft gewesen sein. Beim linken Bild kann man beinahe eine Atmosphäre um den Mond erkennen.
42
Die Temperatur am Mond
Extreme Temperaturunterschiede durch die lange Nacht
Die Anwesenheit bzw. Hinterlassenschaften der mittler-
Generell gilt die Regel: Je länger ein Teil der Oberfläche im weile zwölf Astronauten, die bereits am Mond herumgeSchatten liegt, desto kälter wird es dort. Eine Mondnacht stapft und dort auch mit Geländefahrzeugen herumgedauert knapp 15 Tage. Diese zwei Wochen ohne jede Wär- fahren sind, haben eine bemerkenswerte Auswirkung auf mequelle und vor allem ohne isolierende Atmosphäre be- die Temperatur an den Landestellen, welche ja ursprüngwirken eine extreme Abkühlung. Im Weltall herrscht eine lich durchgehend mit feinpudrigem Staub (Regolith) beDurchschnittstemperatur von etwa −270◦ Celsius!
deckt waren: Durch die Strukturänderungen gelangten
Die Landeplätze der bemannten Mondlandungen …
größere Flächen dunklen Mondbodens an die Oberflä-
… lagen alle in Äquatornähe. Dort gibt es eine starke che, die nun mehr Sonnenenergie aufnehmen. Man hat Aufheizung der Mondoberfläche. Die Temperaturen stei- festgestellt, dass die Maximaltemperaturen an diesen Stelgen auf bis zu +130◦ C. In der langen Mondnacht sin- len dadurch um zwei Grad zugenommen haben. ken die Werte dann auf eisige −160◦ C. Die Astronauten Lange Nächte: Ein Vergleich mit Merkur der Apollo-Missionen landeten aber immer während der Ziehen wir einen Vergleich mit dem kleinsten, aber son„Dämmerungsstunden“, die am Mond auch viel länger nennächsten Planeten, Merkur, der nur 40 % mehr Durchausfallen als auf der Erde. Der Anzug der Astronauten messer als unser Mond und ebenfalls keine Atmosphäre ist natürlich extrem gut isoliert, dennoch bereiten hohe hat. Dort dauert die Nacht zweimal so lang wie eine UmTemperaturen im Allgemeinen mehr Schwierigkeiten als rundung der Sonne (Merkur hat schon fast eine „gebunniedrige.
dene Rotation“). Die Nachttemperaturen liegen trotz der
Das „staubige Dutzend“
viel größeren Nähe zur Sonne auch bei −170◦ C. Auf der Sonnenseite sind es allerdings 600◦ C mehr …
Bild oben: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Apollo_15_Lunar_Rover_and_Irwin.jpg (Juli 1971)
43 Die eisigen Pole
Ein Vergleich mit den Polen der Erde
Die Pole werden wegen der sehr geringen Neigung der Im Gegensatz zur Achse des Mondes ist die Erdachse Mondachse zur Ekliptik bestenfalls vom Sonnenlicht ge- unter 23, 4◦ zur Bahnebene der Erde geneigt. Genau gestreift. Bis in die dort vorhandenen Krater dringt niemals nommen ist das ein glücklicher Zufall für die Erde, denn Sonnenlicht vor. Hier ist es noch viel kälter als in Äquator- dieser Tatsache verdanken wir die wechselnden Jahresnähe, und die Temperaturen liegen konstant bei −250◦ C. zeiten. Selbst an den Polen erreicht die Sonne im jeweiliTiefgefrorenes Wasser an den Polen
gen Sommer einen Höhenwinkel von 23, 4◦ und scheint
Wasser ist im Weltall omnipräsent, insbesondere auf Ko- dann – zumindest bei wolkenlosem Himmel – 24 Stunden meten oder Meteoriten. Mittlerweile hat man nachgewie- durchgehend. Deswegen ist es im Sommer am Nordpol sen, dass es in den Kratern der beiden Mondpole ziem- „relativ warm“. Am Südpol ist die Sache ein bisschen anlich viel Wasser gibt – allerdings ist es durch die extrem ders, weil sich dort erstens ein Kontinent mit Bergen von niedrigen Temperaturen dort natürlich gefroren. Heutzu- bis zu 5 000 Metern Höhe befindet und zweitens darüber tage kann man Wassermoleküle durch Infrarotstrahlung ein massiver Eispanzer von bis zu 2 800 Metern Dicke bei charakteristischen Wellenlängen finden. Unter der liegt. Der Südpol selbst liegt etwa 3 000 Meter über dem Oberfläche hat die indische Mondsonde Chandrayaan-1, Meeresspiegel, was ihn zu einem der kältesten Orte der die den Mond 3 400-Mal umrundet hat, praktisch überall Welt macht. die Existenz von Wasser nachweisen können, wenn auch verborgen in der Oberfläche. Die Konzentration an Wasser nimmt an den Polen stark zu.
Die Mondpole bekommen seit Milliarden von Jahren nur Streiflicht ab. Dadurch herrschen dort Temperaturen von −250◦ C.
52
Warum gerade 27 Tage für eine Runde?
Heute sind es 27, 3 Tage. Vor Milliarden Jahren war der Mond 40 % näher an der Erde – und brauchte deutlich kürzer für eine Umrundung.
Ginge es auch schneller?
Masse eines Mondes im Vergleich zu der des Mutterpla-
Der Mond braucht knapp vier Wochen, um die Erde zu neten klein ist, kann man sie in Bezug auf die Umlaufzeit umrunden. Bei anderen Monden geht das schneller. Die vernachlässigen. inneren Jupitermonde Io und Europa, beispielsweise, sind Eine schnelle Abschätzung in etwa genauso groß wie unser Mond, brauchen aber nur Aber zurück zu unserem Trabanten. Seine Masse ist –
1, 8 bzw. 3, 6 Tage. Hängt das vielleicht mit der Masse verglichen mit der Masse der Erde – nur etwas mehr als des Jupiters zusammen? Oder mit der Distanz zum Mut- ein Prozent (1/81), also lassen wir sie in der folgenden terplaneten? Oder mit der Masse des jeweiligen Mondes? Abschätzung außer Acht: Ein Wettersatellit, der 36 000 km Der freie Fall hat klare Regeln
über dem Äquator zu stehen scheint, indem er die Erd-
Ein Satellit oder Mond befindet sich nach der allgemei- drehung möglichst exakt mitmacht, braucht pro Umrunnen Relativitätstheorie auf seiner Bahn „im freien Fall“ dung einen Tag. Sein Abstand vom Erdmittelpunkt ist durch das Gravitationsfeld. In jedem Augenblick heben 42 000 km (Flughöhe plus Erdradius). Der Mond ist mit sich Anziehungskraft und Zentrifugalkraft auf. Die Anzie- durchschnittlich 384 000 km Entfernung ca. neunmal so hungskraft durch den Planeten wird von dessen Masse weit entfernt. Nach dem dritten Kepler’schen Gesetz verbestimmt und nimmt mit dem Quadrat der Entfernung halten sich die Quadrate der Umlaufzeiten wie die dritten ab. Die Jupitermonde kreisen also deshalb so schnell, Potenzen der mittleren Abstände. Wenn T die Umlaufweil erstens der Jupiter sehr viel Masse hat und zweitens zeit des Mondes in Tagen ist, dann gilt T 2 : 1 = 93 : 1. sie nicht weit genug von ihm entfernt sind. Solange die Damit ist T =
√
93 = 33 = 27. Passt wunderbar!
53
Im gesamten Sonnensystem gelten die Kepler’schen Gesetze. Insbesondere sind die Umlaufzeiten der Planeten umso länger, je weiter sie von der Sonne entfernt sind. Der Merkur braucht nur ein Vierteljahr, die Venus 5/8 Jahre, der Mars schon fast zwei Jahre, der Jupiter zwölf Jahre und der Saturn 29 Jahre.
54
Die dunkle Seite des Mondes
Wir kennen nur eine Seite des Mondes – und die in allen der Bahnebene unseres Trabanten erlauben uns, letztPhasen: vom Neumond über den zunehmenden Halb- lich doch fast 60 % seiner Oberfläche von der Erde aus mond bis zum Vollmond und schließlich dem abnehmen- sehen zu können. Aber bis in die Mitte der 1960er-Jahre den Mond. Vermeintliche Schwankungen bedingt durch wusste niemand, wie der Mond auf der Rückseite ausunterschiedliche Bahngeschwindigkeit bzw. Drehungen sieht. Die Sonde Lunar Orbiter 4 erfasste 1967 dann etwa
drei Viertel der Rückseite sowie die gesamte Vorderseite dann die legendäre erste „Begehung“ des Mondes im soin hoher Qualität. Die ersten Menschen, die die Rückseite genannten „Meer der Sille“ (lat. Mare Tranquillitatis). Die des Mondes mit eigenen Augen sahen, gehörten der Be- Astronauten hatten den Mond vor der Landung fünfmal satzung von Apollo 8 Ende 1968 an. Im Juli 1969 folgte umrundet.
55 Die Rockgruppe Pink Floyd brachte 1973 ihr erfolgreichs- dios: „Es gibt beim Mond keine dunkle Seite; tatsächlich tes Album, The Dark Side of the Moon, in die Hitparaden. ist er ganz dunkel. Das Einzige, das ihn hell erscheinen Das führte natürlich auch zu Diskussionen darüber, was lässt, ist die Sonne.“ Wir wissen es natürlich noch besser: genau unter diesem Titel zu verstehen sei. In einem Inter- Die abgewandte Seite des Mondes durchläuft ebenso die view meinte der damalige Pförtner der Abbey Road Stu- unterschiedlichen Phasen wie die zugewandte Seite.
Erwartungsgemäß sieht die Rückseite nicht völlig gleich Staub bedeckt wurden). Die beiden Bilder sind compuaus wie die Vorderseite. Sie ist stärker zerklüftet und hat tergeneriert. Der Datensatz stammt vom NASA Goddard kaum „Meere“ (also riesige Krater, die sich zunächst mit Space Flight Center, Maryland. Lava füllten und später zusätzlich mit feinem dunklem
Extremale Bahnkurven
62
Wintersonnenwende (Dezember 2021, 48◦ n. Br.) Bahn des Vollmondes
Bahn des Halbmondes
Bahn der Sonne
Horizontal- und Höhenwinkel Betrachten wir die Bilder auf dieser Doppelseite: Sie wurden mit einem Computer erstellt und sind keine echten Fotos. Gelb markiert sieht man den Lauf der Sonne am Firmament, grau eingezeichnet sind die Bahnen des Vollmondes und des zunehmenden Halbmondes. Die einzelnen Lagen der Gestirne sind durch Horizontalwinkel und Höhenwinkel festgelegt. Klassisches Beispiel: Der Polarstern hat einen Horizontalwinkel a = 0◦ und einen Höhenwinkel h = ϕ◦ , wobei ϕ die geografische Breite am Standort ist. Wenn die Sonne genau im Westen untergeht (das tut sie zu den Tag-Nacht-Gleichen), hat sie die Position a = 270◦ , h = 0◦ . Trägt man die Werte eines Himmelskörpers im Laufe eines Tages in ein zweidimensio-
nales Koordinatensystem ein, bekommt man eine Kurve, die bis zu einem gewissen Grad einen Eindruck vermittelt, wie sich unser Objekt bewegt. Stroboskopische Panoramafotos Wenn man den Höhenwinkel wie in einer Fotografie bei waagrechter Achse verzerrt, die Horizontalwinkel aber unverzerrt aufträgt, entspricht das recht genau einem Panoramafoto des Himmels, wobei man sich beim Fotografieren langsam um eine vertikale Achse dreht und so dabei das Objekt in der Mitte des Bildes hält. Dann kann man sich die Bahnkurven recht gut vorstellen, auch wenn es nicht genau dasselbe ist, als würde man mit einer starren Linse fotografieren (in dem Fall würden die linke und die rechte Seite nach außen hin zusätzlich gedehnt).
63
Sommersonnenwende (Juni 2021, 48◦ n. Br.)
Anmerkung zum Hintergrundfoto: Der Himmel war an diesem Sommertag durch Saharastaub gelblich verfärbt.
Bahn der Sonne
Bahn des Halbmondes Bahn des Vollmondes
Vergleich der beiden Bilder (Dezember und Juni) Vom Mond ist wie auf S. 26 jeden Tag ein Bild eingezeichnet, und zwar genau zum Zeitpunkt des Sonnenuntergangs. Dadurch kann man gut erkennen, wie er jeden Tag „zurückfällt“. Zu anderen Tageszeiten ist die Sichel wegen der Erddrehung um etwa 15◦ pro Stunde zu verdrehen. Rollentausch Sonne ↔ Vollmond Die beiden Bilder sind prinzipiell sehr ähnlich. Nur fällt auf, dass Sonne und Vollmond die Rollen getauscht haben. Die Bahn des Halbmondes ist irgendwo zwischen Sonnenbahn und Mondbahn angesiedelt. Die Bahn des Neumondes ist gar nicht eingezeichnet, weil sie fast ident mit der Sonnenbahn ist.
Der Mond variiert viel schneller Die Sonne erreicht alle halben Jahre ihre absolute Maximalbzw. Minimalhöhe, der Mond macht diesen Prozess in knapp 15 Tagen durch, wobei die zugehörigen Werte um die Sonnenwende extrem ausfallen. Der Wintervollmond kann extrem hoch steigen Der Höhenwinkel des Vollmondes kann den absoluten Höchststand der Sonne um ±5, 2◦ über- oder unterschreiten, weil die Ebene, in der die Mondbahn verläuft, um diesen Wert von der Ekliptik abweicht. Im konkreten Fall schafft es der Vollmond besonders hoch. Solche Besonderheiten wurden bereits von den Menschen in der Jungsteinzeit bemerkt (s. S. 118f.).