Worüber die Barszene spricht

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The Art of Craft: Der flammende Bartender Sammy Walfisch (Botanical Garden), Meisterproduzent Patrick Paternina (von Bacardi Martini) und Del Fabro‘s verrückter Professor Herbert Reinhardt. (v.l.n.r.)

Worüber die Barszene spricht Die Top Bartender’s Trends Einkocher, Eis-Schnitzer und Trink-Historiker. Wiens Barszene, das traue ich mich zu behaupten, war noch nie so lebendig. Und die Verantwortlichen für diesen Boom agieren auf Weltniveau, wenn es um Cocktailtrends geht.

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von Rafael Topf

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Wobei, so neu ist der Griff zum Kochlöffel statt dem Shaker keineswegs. Die Frühzeit der Cocktails, mit Namen wie Jerry Thomas oder Harry Johnson verbunden, sah die Barmänner (von Frauen war damals weder vor, noch hinter dem Tresen viel zu sehen) öfter am Herd. Denn die Vorbereitung der Zutaten war weit wichtiger als das Servieren. Speziell die großen Punch Bowls, heute zum Teilen von Cocktails für größere Runden auch wieder ein Thema, mussten perfekt Sammy Walfisch, Botanical Garden ausbalanciert sein. Zuckersirup fungierte als Süße-Quelle, der Essig-Sirup Shrub war als im Gegensatz zu frischen Zitrusfrüchten billigere Säuerquelle/ Säueralternative im Einsatz und natürlich wurde auch auf selbst gemachte Liköre und Bitters gesetzt.

„Ob frische Flugmangos oder feurige Anchos – probieren lässt sich auch studieren.“

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n der aktuell meist ausgezeichneten Bar Wiens gibt es heute Blunzen. Allerdings nicht mit Senf und Kren, sondern mit Wodka und Sellerie. Willkommen bei Kan Zuo! Seine „Sign CocktailLounge“ in der Wiener Liechtensteinstraße wurde heuer zum zweiten Mal in Folge vom Herausgeber des Fachmagazins „Mixology“ zur „Besten Bar Österreichs“ gekürt. Drinks wie der erwähnte „Bloody Caesar“ stehen für einen Cocktail-Trend, der weltweit als Cuisine Style bezeichnet wird. Küchentechniken und -zutaten werden auch an der Bar für außergewöhnliche Geschmackserlebnisse eingesetzt.

The Art of Craft Das „Einkochen“, für manche Zutaten wie den Rum-Sirup Falernum ohnehin Standard, erlebt eine neue Blüte. Bis hin zu den Tonics, mit denen in Wien auch immer wieder experimentiert wird, schrauben die kreativen Mixologen daran, die Geschmackswelt zu erweitern. Denn der „Selbst-Versorger“ an der Bar hat klare Vorteile, meint Sammy Walfisch vom „Botanical Garden“ in der Währinger Straße:

Die feinsten, exotischen Botanicals für die Kreation des „Star of Bombay“ Sapphire Premium Gin werden eigens vom Meister-Destillateur im Dampfinfusionsverfahren hergestellt.

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Die Ewigkeit kann sehr lange dauern, besonders gegen Ende hin: Roberto Pavlovic-Hariwijadi (Roberto’s Bar) mit Marcel Schuster (Beam Suntory) und Rafael Topf (Del Fabro) v.l.n.r.

„Man kann den Geschmack der Sirups, Shrubs, Falernums und Bitters selber bestimmen“. Zudem ließen sich die Grundprodukte zur Herstellung nach dem eigenen Qualitätsanspruch auswählen. Wer überzeugt ist, dass Flugmangos die besseren sind, arbeitet mit diesen, wer für seine Chili-Infusion auf Ancho statt Bird’s Eye setzt, kann dies ebenfalls tun. Das Ergebnis dieses Mehraufwands, so der Gründer der neuen Bar neben dem „Café Stein“ dient jedenfalls auch der Kundenbindung: „Der Gast erhält spannende Drinks mit frischen Zutaten, die er so nicht überall bekommt“. Doch die „Köche“ unter den Bartendern sind nur eine Facette der zeitgenössischen Mixkunst.

„Harmonie durch FassLagerung wird jetzt auch bei Cocktails zelebriert.“ Marcel Schuster, Beam Suntory

Bitte, einen Nutella Sour! Die Liebe zur Küche erschöpft sich nämlich nicht im Einkochen. Restaurants und Bars wachsen mehr und mehr zusammen. „Food Pairing“ nennt sich diese Spezialdisziplin, die im Idealfall auch einem

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Sommelier mehr Spielraum gibt. Statt aus dem vorhandenen WeinBestand den am besten passenden zu suchen, wird zum aktuellen Menü eine maßgeschneiderte Drink-Palette kreiert. Auch schwierige Kombinationen wie etwas mit der Tomate stellen für Bartender keine Hürde dar. „Ich glaube, dass es keine Speise gibt, zu der man nicht einen idealen Drink findet oder kreieren kann“, meint etwa Oliver Horvath. In seinem „Kleinod“ im ersten Bezirk werden mit Vorliebe Etageren mit abgestimmten Antipasti zu den Cocktails gereicht. Und so verwundert es auch nicht, dass Horvath einen „Nutella Sour“ serviert.

Barrel Aged Cocktails

Je besser sich die Zutaten eines Cocktails verbinden, desto kompakter werden auch die Aromen verbunden. Diese Idee wird im Barrel Ageing auf die Spitze getrieben. Wie bei Wein oder Spirituosen erfahren die fertigen Mixturen dabei eine Reifung im Holzfass. Die kleinen Gebinde, mittlerweile oft auch auf Wiener Tresen zu sehen,

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ermöglichen dann das Abzapfen eines gelagerten Drinks, der dem Gast entweder gleich so – etwa bei einem „Negroni“ – oder mit Soda oder Champagner für einen Frischekick serviert wird. „Was die Whisk(e)ys aus dem Hause Beam Suntory seit Jahrhunderten auszeichnet, die Harmonie durch Fasslagerung, wird auch in der Cocktailwelt zelebriert“, freut sich Marcel Schuster, der Beam Suntorys „Rare Collection“ in Österreich vertritt, angesichts des „hölzernen“ Trends. Die in Kentucky aufgrund der extremen klimatischen Bedingungen angewandten Lagerzeiten von mindestens vier Jahren (bei „Maker’s Mark“ sogar sechs Jahre) werden in der Bar aber nicht erzielt. Mehrere Monate sind aber auch bei den „Barrel Aged Cocktails“ Roberto Pavlovic-Hariwijadi, Roberto’s üblich.

„Barrel Ageing? Die Fässer sind schneller leer, als wir nachkommen.“

Die Beliebtheit dieser aromatischen Variante ist gewaltig, was auch an der Präsentation liegen dürfte. „Ich habe es immer wieder probiert“, erzählt etwa Roberto Pavlovic-Hariwijadi zum Thema Fasslagerung. In seiner stets vollen Bar am Bauernmarkt, dem „Roberto’s“, allerdings „sind die Fässer immer so schnell leer, dass wir kaum nachkommen“. Grundsätzlich eignen sich für das Nachreifen alle

Ein Seelenverwandter der Barrell Aged Cocktails: Der Maker’s Mark Bourbon Whiskey, dessen Fässer in der ältesten betriebenen Bourbon-Destillerie täglich von Hand bewegt werden.

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Bestechend gutes Zeug: Barkeeper Dejan Trifunovic (rechts) und Marcus Philipp (2. v.l.) im legendären Members Club der Albertina Passage mit Pernod Ricard Christoph Stocker und Bookkeeper Franz Del Fabro.

Cocktails, die ohne verderbliche Zutaten wie Früchte auskommen oder keine Kohlensäure enthalten. Rezepturen wie der „Manhattan“, „Negroni“ oder „Sazerac“ eignen sich hier natürlich besonders.

Retro ist chic: Drinks Anno 1900

Produktion in der Illegalität. Whisky, Rum und alle fassgereiften Spirituosen waren dagegen viel aufwendiger herzustellen. Das Revival des in Europa fast vergessenen Roggenwhiskeys „Rye“, von dem aktuell kaum so viel produziert werden kann, wie Bartender anfordern, stellt ein bekanntes Beispiel dar. Doch es liegt nicht nur an den Basis-Spirituosen, warum „Retro“ und „Pre-Prohibition“ plötzlich en vogue sind.

„Für Vintage Cocktails steht die Qualität der Spirituose im Vordergrund. Perfektion ist gefragt.“

Diese alten Cocktails, die teils schon im 19. Jahrhundert entstanden sind, feiern ohnehin gerade ein Comeback. Auch ohne Fasslagerung interessiert sich die Barszene für ihre eigene Dass diese Drinks durchaus auch ein Geschichte. Denn mehr und mehr Zeichen des Selbstbewusstseins der stellen junge Mixologen fest, wie Barszene darstellen, betont etwa spannend die Rezepte der DrinkChristoph Stocker: „Sie haben nur Christoph Stocker, Pernod-Ricard Austria Frühzeit sind. Vieles wurde durch die wenige Komponenten, die Qualität amerikanische „noble experiment“, der Spirituose steht ganz klar im die durch den Volstead Act ausgelöste Vordergrund“. Perfektion ist also Prohibition, schlicht verdrängt. Die Hinwendung zum Gin in den gefragt. Der für Pernod-Ricard tätige Stocker sieht einen klaren 1920er Jahren beispielsweise erklärt sich mit seiner einfacheren „Back to the roots“-Trend, der die Ur-Versionen von Old Fashioned,

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Sazerac oder Manhattan wieder nach vorne bringt: „Manche Bars verzichten bereits komplett auf große Barkarten. 10 bis 15 VintageCocktails reichen“. Denn eine Piña Colada oder einen Planters Punch könnten die Gäste sowieso immer bestellen. Dejan Trifunovic – Barchef in der legendären Members Bar der Albertina Passage – nickt dazu. Denn gerade die „erwachsenen“ Drinks für Connaisseure stehen in seiner mit Edelholz und Leder ausgestatteten Location besonders hoch im Kurs.

Der Würfel kann eine Kugel sein

„Es gibt keine Speise, zu der man keinen Drink findet.“

Die sozialen Medien verbreiten neue Tendenzen in der globalen Bar-Community besonders schnell. Allerdings ist der AusOliver Horvath, „Kleinod“ gangspunkt meist der gleiche: Internationale Wettbewerbe, die in den letzten Jahren in fast allen Spirituosen-Kategorien veran-staltet wurden, sind so etwas wie die Schaufenster der Kreativität geworden. Hier zeigt sich, wohin die Reise geht, auch wenn natürlich nicht jedes der aufwendig vorbereiteten Drink-Kunstwerke sich an einem hektischen Samstagabend in einer voll besetzten Bar reproduzieren lässt. Doch Zubereitungstechniken wie der „Japanese Hard Shake“ verdanken ihre neue Popularität den vielen Competitions, bei

Vielen Dank für die freundliche Unterstützung durch Catrinette! VINTAGE MÖBEL & EINRICHTUNG

Die Klassiker sind zurück – und damit auch Whisky als Mix-Spirituose: Mit dem Chivas Regal 18 Years Gold Signature erhalten die „Pre Prohibition“-Drinks ein edles Gepräge. PORZELLANGASSE 28 • 1090 WIEN www.catrinette.at • info@catrinette.at www.facebook.com/catrinettewien Öffnungszeiten: Di bis Fr 11 bis 19 Uhr Sa 10 bis 15 Uhr

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What an Ice Evening! Bei Bert Jachmann‘s (Heuer am Karlsplatz) und Bernhard Stadler‘s (Diageo Austria) Schnitzkünsten wird Herbert Reinhardt (Del Fabro) warm ums Herz.

denen Bartender damit punkteten. Auch der neue Fokus auf eine Blöcke wurden aus Amerika angeliefert, Verluste von 50% (!) der der wichtigsten, aber oft kaum beachteten Zutaten eines perfekten Ladung durch das Schmelzen waren keine Seltenheit. Drinks stammt aus Japan. Diese Zeiten gehören dank Kühlschränken und Eiswürfelbereiter Das Schnitzen von Eis, etwa zu den berühmten Diamanten aus der zwar der Vergangenheit an, „Eis ist aber essentiell für die „High Five“-Bar in Tokio, stellt Entwicklung von Spirits im aber nur die moderne Form der Cocktail“, meint Bernhard Stadler Kühlung von Drinks dar. Bevor kategorisch. Der Österreichman noch die erste Rezeptur Verantwortliche für die PremiumHarry Craddocks im ikonischen Spirits des Welt-marktführers „Savoy Cocktail-Book“ zu lesen Diageo war selbst lange Bartender und nennt für seine Theorie auch bekommt, ermahnt der legendäre ein aktuelles Beispiel: „Den neuen Barchef Novizen: „Eis ist fast Bert Jachmann, „Heuer“-Bar immer absolut essentiell für den Single Malt „Dalwhinnie Winter’s Cocktail“. Kein Wunder, denn das Gold“ etwa empfehlen wir sogar Wörtchen „American“ in der eisgekühlt zu trinken“. Doch Eis klassischen „American Bar“ ist natürlich nicht gleich Eis. besagt nichts anderes, als dass mit Eis gearbeitet wird. Die Drinks Japans handgeschnitzte Eis-Diamanten etwa sind legendär. der britischen Oberklasse blieben ungekühlt, bis 1844 die „Wenham Wahre Meister der Kunst hantieren mit den scharfen Messern, wie Lake Ice Company“ ihre Verkaufsstelle in London eröffnete. Die man es von der Schwertkunst der Samurais aus mitternächtlichen

„Mit Eiskugeln kühlen alter Rum und Single Malt respektvoll.“

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Trash-Filmen kennt. Doch auch viel einfacher werden aus den glasklaren gefrorenen Klumpen echte Showpieces. „Wenn ich die Chance habe, arbeite ich gerne mit frisch geschlagenen Eisbrocken“, erzählt etwa Bert Jachmann in der „Heuer“-Bar am Wiener Karlsplatz. Das massive Eis kühlt einerseits perfekt, „außerdem ist die individuelle Form und die Klarheit des Eises ein Kompliment für jede Spirituose und macht aus simplen Drinks eine Augenweide“. Die Verwässerung der komponierten Drinks, von Profis „Dilution“ genannt, stellt Bernhard Stadler, Diageo eines der Schreckgespenster der modernen Bar dar. Eine formschöne Lösung sind die einzeln in Formen gefrorenen Eiskugeln. „Sie sind perfekt, um einen Short-Drink auf Temperatur zu halten, ihn geschmacklich aber nicht wesentlich zu verändern“, so Jachmann. Damit ließe sich laut dem „Heuer“-Profi auch alter Rum, Cognac oder Single Malt „respektvoll kühlen“.

„Eis ist essentiell für die Entwicklung von Spirits im Cocktail.“

Der Bulleit Bourbon soll kühl bleiben, um die Aromen-Vielfalt nicht durch Schmelzwasser zu trüben. Der kongeniale Partner dafür ist ein mächtiger Eisball.

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