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Das Magazin

der Schweizer Berghilfe

Nr. 68 / Sommer 2010

Eine Bergregion setzt neue Kräfte frei Die Surselva konzentriert sich auf ihre Stärken in der Berglandwirtschaft und im Tourismus Seite 4

AZB 3000 Bern 23 CLVTR / LRV Sion


Willkommen

Auftakt

Eigene Stärken nutzen

Es lebe der Dorfgeist!

Liebe Freunde der Schweizer Berghilfe, liebe Leserinnen und Leser Sommerzeit! Für die meisten von uns die Zeit für ersehnte Ferien und Erholung. Als Expertin bei der Berghilfe und aus meiner früheren Berufstätigkeit bei Schweiz Tourismus weiss ich: Für die Bergbevölkerung gilt das nicht. Für sie heisst es anpacken. Auf dem eigenen Hof, wo das Heuen ansteht, auf der Alp, wo gehirtet und gekäst werden muss, oder bei einer strengen Arbeit ausserhalb der Landwirtschaft. Die Lebensbedingungen sind schwierig, die Wege weit. Um sich eine tragfähige Existenzgrundlage zu erwirtschaften, müssen die Menschen im Berggebiet grosse Anstrengungen unternehmen. Gross sind aber auch die Chancen, die sich bieten: In natürlichen Produkten, in der Landschaft und Kultur stecken Stärken, Qualitäten und Kräfte, nach denen sich im Unterland viele Menschen sehnen. Auf die eigenen Stärken setzen engagierte Leute in der Surselva, um aus der Verbindung von Landwirtschaft und Tourismus in ihrer Bergregion zusätzliche Wertschöpfung zu erzielen (S. 4). Im Toggenburg kombiniert ein innovativer Holzbauer die Qualität des einheimischen Holzes mit einer zukunftsweisenden Erfindung (S. 6). Tatkräftig gestalten die Bewohner des Jura-Dorfes Montenol ihren Lebensraum. Im ehemaligen Schulhaus haben sie mit Herzblut eine neue Unterkunft für Gästegruppen und einen Treffpunkt eingerichtet (Bericht auf dieser Seite). Bei ihren Anstrengungen kann sich die Bergbevölkerung auf die Schweizer Berghilfe verlassen. Sie, liebe Spenderin, lieber Spender, machen die Zukunft der Menschen im Berggebiet möglich. Dafür danke ich Ihnen ganz herzlich.

Eva Brechtbühl Ehrenamtliche Expertin, Mitglied des Berghilferats

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Vor rund anderthalb Jahren wurde Montenol ein Teil der neu geschaffenen Gemeinde Clos du Doubs/JU. Gleichzeitig ging mit der Schliessung der örtlichen Schule ein weiterer Pfeiler des Dorflebens verloren. Doch die Bewohner blieben nicht tatenlos: Mit viel Eigeninitiative und mit Unterstützung der Schweizer Berghilfe verwandelten sie ihre Schule in einen Treffpunkt, in dem auch Gäste übernachten können. Man wähnt sich auf einer Klippe, umgeben vom wogenden Meer. Doch unterhalb der Terrasse des Clos du Doubs gibt es keine tosende Brandung, dafür umspült der fischreiche Fluss Doubs die bewaldeten Flanken des Hügelkamms, bevor er sich weiter westlich von der Schweiz verabschiedet. «Wenn alle Brücken einstürzten, kämen wir nur über französischen Boden mit trockenen Füssen von hier weg», meint Muriel Jeannerat mit einem Lachen. Die vierfache Mutter steht auf dem zentralen Platz des jurassischen Bergdorfs Montenol.

Erinnerungen an die «Hügelrunde» Die Zeichnungen an der Fassade verraten es: Über Jahre war dies der Pausenplatz der örtlichen Primarschule. Kurz vor der Gemeindefusion waren im niedrigen Gebäude noch ein Kindergarten und die Gemeindeverwaltung untergebracht. Muriel Jeannerat ist im nahen Epauvillers aufgewachsen. Doch der Rest der Familie hat in Montenol die Schulbank gedrückt. Auch Muriels Mann Claude, der früher einmal Präsident des 80-Seelen-Dorfes war. «In meiner Schulzeit waren hier alle Altersgruppen gemischt», erinnert er sich. «Anfang der 1990er-Jahre wurden dann Jahrgangsklassen eingeführt. Auf jedes der umliegenden Dörfer entfielen zwei Jahrgänge, sodass die Kinder im Lauf ihrer Schulzeit eine Runde über den Hügel machten.» Das ist nun passé:

Schweizer Berghilfe fördert nachhaltigen Tourismus Auch über einzelne Projekte hinaus unterstützt die Schweizer Berghilfe Initiativen für einen natur- und kulturnahen Tourismus im Berggebiet. Gemeinsam mit Schweiz Tourismus wurde letztes Jahr das Impulsprogramm «Enjoy Switzerland für Bergregionen» lanciert. Ziel ist es, die Bergregionen zu stärken, damit sie ihre Angebote und Kooperationen und damit die touristische Wertschöpfung verbessern können. St-Ursanne/Clos du Doubs ist eine von vier unterstützten Förderregionen.


Herzlich willkommen: Claude (ganz links) und Muriel Jeannerat (ganz rechts) freuen sich auf Besuch im neuen Dorftreff und Gästehaus.

die Schulwege führen jetzt nach Epauvillers oder talwärts nach St-Ursanne, für die älteren Kinder noch weiter bis nach Porrentruy.

«DynaMontenol» sorgt für neuen Schwung Die Schliessung der Schule war nicht die erste bittere Pille für Montenol. Vor mehr als zehn Jahren wurde bereits die Poststelle aufgehoben, die Claude Jeannerats Eltern bis zur Pensionierung geführt hatten. «Schon damals ging ein Ort verloren, wo sich die Leute trafen und austauschten, wo man der älteren Nachbarin auch mal den Brief vorlas und sie beriet», erinnert sich Claude. Doch das Verschwinden von Post und Schule liess die Menschen nicht verzweifeln – im Gegenteil: «Jetzt erst recht», sagte sich ein Dutzend unentwegter Einwohner, die sich im Verein «DynaMontenol» zusammenschlossen. Ihr Ziel: die Dorfgemeinschaft stärken und die Attraktivität des Ortes erhöhen. Das alte Schulhaus spielte in den Überlegungen des Vereins eine wichtige Rolle, wie dessen Präsident Claude Jeannerat betont. «Es war unsere Abmachung mit den Vertretern der neuen Gemeinde, dass wir das Gebäude für Anlässe weiter nutzen können.» Im ehemaligen Klassenzimmer hat jetzt eine Küche den Platz des Lehrerpults eingenommen, und die Schulbänke sind Tischen gewichen, auf denen an regelmässigen Spielabenden

fröhlich gejasst und gegessen wird. Auch Bewohner der benachbarten Orte sind häufige Gäste. Das fördert die Verbundenheit in der hügeligen und abgelegenen Gegend, in der es kein schnelles Fortkommen gibt. Im Jahresprogramm des Vereins stehen auch Pétanque-Turniere, Filmabende und Fes­tivitäten durchs Jahr hindurch.

Schönheit der Gegend als Stärke betonen «Die Topografie hier ist anspruchsvoll», meint Muriel Jeannerat. «Doch für Wanderungen ist die Region natürlich wunderschön.» Diese landschaftliche Schönheit soll als Stärke betont werden und mehr Besucher und Touristen ins Dorf bringen: Deshalb haben die Mitglieder von «DynaMontenol» aus ihrer früheren Schule einen Ort der Begegnung gemacht, zu dem auch Gruppenunterkünfte für 20 Personen und die notwendigen sanitären Einrichtungen gehören. Sie haben dafür tatkräftig Hand angelegt, die Wände des Klassenzimmers ausgebessert und gestrichen, Etagenbetten gezimmert oder die Stromversorgung erneuert. Doch trotz vieler freiwilliger Arbeitsstunden reichten die finanziellen Mittel nicht aus. Die Schweizer Berghilfe konnte die entscheidende Hilfe für das Gemeinschaftsprojekt leisten. Ob für Wandergruppen, Pferdefreundinnen, Fischer oder Velofahrer: Dank dem neuen Angebot in der früheren Schule bietet sich Montenol als Etappenziel bei einem erlebnisreichen Abstecher zum Clos du Doubs an. Und natürlich sind auch Schulklassen besonders willkommen: «Das wäre dann wie die Rückkehr der Kinder in unsere Schule», schmunzelt Muriel Jeannerat. Die Wandtafel ist auf jeden Fall noch da – doch statt Rechenaufgaben stehen jetzt Ausflugstipps darauf. (mk) Kontakt und Reservation des Mehrzweckraums mit Küche und Unterkunft: Muriel Jeannerat, Tel. 032 461 38 70 oder 079 689 89 27

Auch die Kinder von Montenol profitieren vom Umbau ihrer alten Schule zu einem Treffpunkt.

www.berghilfe.ch Clos du Doubs

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Reportage

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«In der Surselva herrscht Aufbruchstimmung» Als vor vier Jahren der Klosterstall in Disentis/GR ein Raub der Flammen wurde, war die Zukunft eines der grössten Landwirtschaftsbetriebe in der Region Surselva ungewiss. Unterdessen entsteht mit Unterstützung der Schweizer Berghilfe rund um den neu errichteten Stall ein landwirtschaftliches Zentrum, das die regionalen Stärken für den Tourismus und die Vermarktung einheimischer Qualitätsprodukte nutzen will. Die braunfelligen Kühe, Kälber und der stolze Stier strahlen Ruhe aus. Im grossen Holzstall auf der «Salaplauna», der Ebene an der Lukmanier-Passstrasse in Disentis/GR, ist es luftig und hell, es riecht nach Heu. Die über 90 Tiere sind behornt und bewegen sich frei im Innen- und Aussenbereich. Um Verletzungen für Mensch und Tier zu vermeiden, sind die Räume weit gefasst. Und auch der für die langen Winter auf über 1000 m ü. M. notwendige Heuvorrat findet Platz unter dem Stalldach. An ein solches Bild war vor vier Jahren nicht zu denken: Durch einen unverschuldeten Brand wurde der verpachtete Landwirtschaftsbetrieb des Klosters Disentis ein Raub der Flammen, zurück blieben Schutt und Asche. Menschen wurden zum Glück nicht verletzt und praktisch alle Tiere konnten gerettet werden, doch der Schaden belief sich auf über eineinhalb Millionen Franken. Vor allem aber stellte sich die grosse Frage: Wie soll es weitergehen? Angesichts der Bedeutung des Betriebs für eine funktionierende Landund Milchwirtschaft in der Surselva war bald einmal klar, dass es trotz knapper Mittel irgendwie weitergehen musste. Die Klostergemeinschaft und weitere engagierte Köpfe aus der Region sahen bei allem Unglück auch Chancen: Es entstand die Idee, mit dem Stallneubau den Grundstein für ein Zentrum zu legen, das die Zusammenarbeit von Landwirtschaft, Tourismus, Gewerbe und Kultur fördert. «Das ‹Center sursilvan d’agricultura› (CSA) will die Landwirtschaft dem Publikum öffnen, sie greifbar machen und damit einen Mehrwert für die ganze Region schaffen», erklärt CSA-Vereinspräsident Iso Mazzetta. In der Surselva sind rund doppelt so viele Beschäftigte wie im übrigen Kanton in der Landwirtschaft tätig.

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«Wir setzen auf die Stärken unserer Region und wollen diese Kräfte bündeln», betont Mazzetta. So dient das CSA als Plattform, über die der Verkauf von biologischen Qualitätsprodukten angekurbelt werden soll, um die Wertschöpfung in der Bergregion zu steigern. «Eine nachhaltige Landwirtschaft sorgt zudem dafür, dass die Kulturlandschaft für den Tourismus eine Trumpfkarte bleibt», ergänzt Mazzetta.

Wichtiges Signal für die ganze Region Den Ideen folgten Taten: Ein 60 Meter langer Besuchersteg, der unter der Stalldecke durch den Raum führt, macht es für Feriengäste, Durchreisende, Schulklassen, Gruppen und Ortsansässige möglich, die Berglandwirtschaft zu erleben, ohne dass die Tiere irritiert werden. An den Klosterstall angebaut wurde zudem ein Mehrzweckraum, wo Weiterbildungs- und Informationsveranstaltungen stattfinden. Der Raum kann gemietet werden und verfügt über eine kleine

Guten Ideen weitergeben Nicht nur in der Surselva packen initiative Menschen ihre Zukunft an: Im ganzen Berggebiet entstehen aus guten Ideen vorbildhafte Projekte. Damit die Ideen und das Wissen für breite Kreise zugänglich sind, hat die Schweizer Berghilfe die Internetplattform www.berggebiete.ch lanciert, welche die vielfältigen Projekte dokumentiert: www.berggebiete.ch/projekte/


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Küche, Garderoben und Toiletten. Hier können auch regionale Spezialitäten direkt an die Kunden verkauft werden. Die Schweizer Berghilfe unterstützte den Wiederaufbau des Klosterstalls mit Besuchersteg und Mehrzweckraum. «Die Realisierung dieses Projekts ist ein wichtiges Signal für die ganze Region», sagt Romano Tomaschett, der als ehrenamtlicher Experte der Berghilfe das Vorhaben begleitet. «Es zeigt, was man erreichen kann, wenn man gemeinsam mutig vorwärts geht.»

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für landwirtschaftliche Produktion und Absatz», betont Romano Tomaschett. Dank der neuen Disentiser Käserei können über 60 Bergbauernfamilien weiterhin ihre Bio-Milch verkaufen und ein Auskommen erwirtschaften. «Mit der neuen Käserei kann die verkäste Milchmenge sogar gesteigert und die Wertschöpfung verbessert werden», erklärt Tomaschett. Auch hier half die Schweizer Berghilfe mit, die notwendige Projektfinanzierung sicherzustellen.

«Engagierte Menschen, die zu ihrem Lebensraum stehen und die Zukunft selber anpacken»

Bergbauernfamilien können Bio-Milch liefern Der ausgelöste Schwung zieht weitere Kreise: Als klar wurde, dass für die veraltete Käserei von Sedrun dringend eine neue Lösung gefunden werden musste, da sie bezüglich Kapazität, Arbeitsabläufe und Hygiene den Anforderungen nicht mehr genügte, fusionierten die Milchgenossenschaften von Sedrun/Disentis und Trun. Und die neu gegründete AG beschloss, einen Neubau zu realisieren – und zwar direkt neben dem Klosterstall. Hier wird künftig wertvoller Bio-Bergkäse produziert, der in Gewölbekellern aus Ziegelstein reift. Im April erfolgte der Spatenstich zur «Sennaria Surselva», die wie der Stall aus der Feder des Bündner Architekten Gion A. Caminada stammt. «Die neue Käserei ist ein wichtiger Baustein für das ‹Center sursilvan d’agricultura› als Drehscheibe

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Von der Dynamik in der Region zeugen zwei weitere Projekte, die auf die vielfältigen Stärken der Surselva setzen: Im Bergdorf Surrein entsteht in Zusammenarbeit mit dem «Center sursilvan d’agricultura» und mit Unterstützung der Berghilfe ein Obstkulturzentrum, das Besuchern die Qualität einheimischer Obstprodukte näherbringt. Für die Produktion und Vermarktung der Obst- und Brennereierzeugnisse müssen aber die Einrichtungen und Anlagen verbessert werden. Das CSA plant schliesslich, mit dem Alperlebnis «Crap Ner» Ferien auf der Alp anzubieten. «Es herrscht eine grosse Aufbruchstimmung in der Region. Hinter all den sinnvollen Initiativen stehen engagierte Menschen, die zu ihrem Lebensraum stehen und die Zukunft selber anpacken», erklärt Romano Tomaschett. «Die Schweizer Berghilfe ist ihre verlässliche Partnerin.» (kab) www.agricultura.ch

1 Der neu errichtete Stall bietet viel Auslauf im Freien. 2 Auf dem Besuchersteg können Gäste das Vieh im Stall beobachten, ohne die Tiere zu irritieren. 3 Weidepflege auf über 1000 m ü. M. 4 Auch die Pächter des Klosterstalls können ihre Milch künftig in der Disentiser Käserei abliefern. 5 Im neuen Mehrzweckraum werden u. a. Weiterbildungs- und Informationsveranstaltungen durchgeführt.

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Reportage

Zündende Idee aus Toggenburger Holz Die im toggenburgischen Ganterschwil/SG beheimatete Holzbaufirma Gisler hat sich auf den Bau von Element­ holzhäusern aus einheimischem Holz spezialisiert. Unternehmer Hans Gisler entwickelte ein Luftkammernsystem für Holzwände, das bessere Dämmwerte erreicht. Dank der von der Schweizer Berghilfe mitfinanzierten Hobel­ maschine kann Gisler die spezielle Holzkonstruktion anfertigen – und Arbeitsplätze im Berggebiet erhalten.

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Es riecht nach Holz und Harz. Eine Säge dröhnt, eine Hobelmaschine surrt, Späne fliegen. Bei Gisler Holzbau in Ganterschwil/SG herrscht emsiges Treiben. Sechs Angestellte sind an der Arbeit. Mitten im Geschehen steht der Firmenchef Hans Gisler und prüft Holzteile, die zu einer Wand zusammengefügt werden. Ursprünglich wollte der 42-Jährige Bauer werden. Aufgewachsen ist er auf einem Bergbauernbetrieb in Libingen oberhalb Mosnang/SG als jüngster Sohn von insgesamt acht Kindern. Den Hof übernahm jedoch sein ältes­ ter Bruder. Hans Gisler wurde Zimmermann und gründete 1997 seine eigene Unternehmung. Mit einem konventionellen Betrieb, der anfänglich auf Umbauten und Renovationen spezialisiert war, wollte sich Gisler jedoch nicht zufriedengeben. «Ich suchte nach einem Weg, um die Wertschöpfung des Holzes zu steigern», erzählt er. Vor rund fünf Jahren kam ihm die zündende Idee. Er entwickelte ein neues Systemhaus, das nur aus Holz gebaut wird. Der Knackpunkt dabei war die Isolation: «In der Schweiz werden Wände traditionell mit Baumaterialien wie Glas- und Steinwolle, Styro-

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1 In Ganterschwil hat Hans Gisler seine Erfindung zum ersten Mal umgesetzt. 2 Der Holzbauer bereitet die Bretter für die Bearbeitung an der Vierseiten-Hobelmaschine vor. 3 Hans Gisler steuert die Vierseiten-Hobelmaschine, die eigens für seine Spezialkonstruktion angefertigt wurde.

por und Beton isoliert», erklärt der fünffache Familienvater. Er suchte nach einer Alternative – und fand sie.

Isolieren mit Luft Der Firmenchef geht auf einen Stapel von bereits bearbeiteten Holzwänden zu, hebt die oberste an und zeigt auf die Holz­ oberfläche, die Bienenwaben gleicht: «Wir fräsen kleine, zwei Millimeter dünne Hohlräume in die Holzwände und schliessen sie dann mit einer weiteren Holzschicht luftdicht ab. Dadurch entsteht eine Wärmespeicherung, die drei- bis viermal effektiver ist als die herkömmliche Bauweise.» Gisler legt das Holz


zurück und setzt zu einer Erklärung an: «Die Wandoberfläche nimmt beispielsweise im Winter die Wärme im Hausinnern auf, während die Kälte von aussen gegen die Wand drückt. Das erzeugt eine Dämmwirkung. Bei unserer Bauweise wird die Wärme in den mit Luft gefüllten Hohlräumen gespeichert. Das reduziert den Wärmeabfluss stark.» Der gelernte Zimmermann geht von der Werkhalle in sein Büro, setzt sich hinter den Tisch und fährt begeistert fort. «Nichts isoliert besser als Luft. Das entwickelte System ist im Grunde genommen genial einfach und entspricht dem Zeitgeist: Zurück zur Natur!» Für seine Konstruktion verwendet Hans Gisler sogenanntes Mondholz aus der Region – meistens von einheimischen Bauern. Das Holz wird bei abnehmendem Mond in den Monaten November bis Februar geschlagen. «Dieses Holz enthält nur wenig Feuchtigkeit, wird luftgetrocknet und hat den Vorteil, dass es sich später nicht mehr verzieht und Böden und Treppen nicht knarren», weiss der Profi.

Einsatz und Durchhaltevermögen Da Gisler auch beim Ausbau gänzlich auf Bauchemie und Industrieprodukte verzichtet, entsteht in den Häusern ein natürliches Wohnklima und die Unterhaltskosten sind tiefer, weil im Winter weniger Heizkosten als bei einem herkömmlich isolierten Haus anfallen. Die Wirksamkeit des Gisler-HolzhausSystems ist in der Zwischenzeit auch wissenschaftlich belegt, wie der innovative Unternehmer erzählt: «Die ETH Zürich hat die Bauweise in 13 Versuchen intensiv getestet und für gut befunden. Auch die Eidgenössische Materialprüfungsanstalt in Dübendorf führte Tests durch und kam zum selben Schluss.» Eine Knacknuss war indes die Herstellung der speziellen Holzkonstruktion. «Wir benötigten eine Vierseiten-Hobelmaschine, um überhaupt die Hohlräume ins Holz fräsen und damit unser Produkt auf den Markt bringen zu können», erklärt Hans Gisler. Er steht von seinem Stuhl auf und geht zurück in die Werkhalle, wo die Spezialmaschine, die von der Schweizer Berghilfe mitfinanziert wurde, in Betrieb steht. «Diese Starthilfe war für uns entscheidend», betont Gisler. «Wir mussten zeitlich und finanziell sehr viel investieren, um unsere ‹Erfindung› entwickeln zu können. Wegen der hohen Entwicklungskosten fehlte am Schluss das Geld für die neue Maschine, die es für die anspruchsvolle Fräsung zwingend braucht.» Mit dem Beitrag der Schweizer Berghilfe konnte die Lücke geschlossen und das Projekt startklar gemacht werden. Bis heute konnte das Gantenschwiler Unternehmen vier Häuser mit dem neuen System bauen. Und die Zukunftsperspektiven zeigen sich vielversprechend. «Wenn die Aufträge weiter steigen, werde ich zusätzliche Mitarbeiter einstellen können», sagt Gisler. Natürlich Arbeitskräfte aus der Region. Der Unternehmer ist sich jedoch bewusst: «Es braucht weiterhin grossen Einsatz und Durchhaltever­mögen!» (ch)

Zum Zug kommt Holz aus Toggenburger Wäldern.

«Innovationen im Berg­ gebiet unterstützen» Interview mit Paul Infanger, ehrenamtlicher Experte der Schweizer Berghilfe

Warum unterstützte die Schweizer Berghilfe die Anschaffung der speziellen VierseitenHobelmaschine? «Wir unterstützen nicht nur einzelne Bergbauernbetriebe. Die Schweizer Berghilfe setzt sich auch für Projekte ein, die sich nachhaltig positiv auf eine ganze Region auswirken, wie dies bei Gisler Holzbau der Fall ist. Innovationen sind im Berggebiet wichtig und verdienen unsere Unterstützung.»

Wie kann die Region profitieren? «Die Firma von Hans Gisler trägt dazu bei, in der Region Arbeitsplätze zu erhalten und mittelfristig neue zu schaffen. Verschiedene Bergbauern können künftig bei Gisler Holzbau nach Bedarf Teilzeit arbeiten: Holz bearbeiten, hobeln und sägen. Das bringt ihnen wichtige Nebeneinkünfte. Zudem kauft Gisler das Holz bei den lokalen Bauern. Dadurch steigt die Wertschöpfung in der ganzen Region.»

Weshalb unterstützten Sie eine Firma? Ist das nicht ein Eingriff in den Wettbewerb? «Die Berghilfe leistet Unterstützung an zukunftsgerichtete Projekte, damit die Bergregionen wettbewerbsfähig bleiben können. Hier wird ein pionierhafter Unternehmer gestärkt, der im Berggebiet mit viel Engagement und Mut ein neues Produkt lanciert. Das bringt automatisch eine gewisse Veränderung der Wettbewerbslandschaft mit sich.»

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Panorama

Streifzug durch vielseitige Berghilfe-Projekte Ihre grosszügigen Spenden machen es möglich: Jedes Jahr unterstützen wir mehrere Hundert Projekte im Schweizer Berggebiet. Nebst ausführlichen Projekt-Berichten im Heft zeigen wir Ihnen in der Rubrik «Panorama» eine vielseitige Auswahl in Kurzform. So erfahren Sie, wie Ihre Spende eingesetzt wird. Informationen zu weiteren Projekten finden Sie auf www.berghilfe.ch

Stans / NW: Auf den Hufspuren der Sbrinz-Händler «Ihren» Weg kennen Sepp Scheuber und Werner Grossniklaus vom Förderverein Sbrinz-Route in- und auswendig. «Die Sbrinz-Route war im Mittelalter das, was die Gotthardachse heute ist», erklärt Vereinspräsident Grossniklaus, «und die Säumer, die zwischen dem Vierwaldstättersee und Domodossola in Italien pendelten, waren so etwas wie die heutigen ‹Lastwägeler›». Der lang haltbare Sbrinz war ein Exportschlager und sein Transport auf Pferderücken über die schmalste Stelle des Alpenkamms bis ins 19. Jahrhundert ein gefährliches, aber lohnendes Abenteuer. Die Faszination hält bis heute an. «2003 fand in Giswil das erste Säumerfest statt», erzählt Sepp Scheuber, der Initiant des Vereins. «Seither ist das Interesse immer mehr gewachsen.» Heute müssen sich Besucher nicht mehr aufs Zuschauen beschränken: Im gemächlichen Rhythmus der Pferde können sie die vielfältige Alpenwelt auf der geschichtsträchtigen Wanderroute hautnah erleben, am Stück oder in Etappen, Übernachtungsmöglichkeiten und ein Gepäcktransport inklusive.

Situationsplan zu den Projekten

Stans

Zweisimmen Isérables

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Unterwegs Richtung Süden leben vergangene Säumer-Zeiten wieder auf.

Funke der Begeisterung springt Die Etappenorte der Wanderer von heute sind die gleichen wie die der Säumer von damals. Und auch hier lebt die Geschichte weiter: In Wiler bei Innertkirchen etwa führt eine Familie schon seit Jahrhunderten die dortige Herberge! Gastronomie, Hotellerie, Gewerbe und Landwirtschaft im Berggebiet sollen entlang der Route verstärkt von den durchreisenden und übernachtenden Gästen profitieren. Deshalb hat die Schweizer Berghilfe beschlossen, das naturnahe Tourismusprojekt, das mit viel Freiwilligen­arbeit seitens des Fördervereins aufgebaut wurde, für die weitere Bekanntmachung unter der Dachmarke «Kulturwege Schweiz» zu unterstützen. Die Anstrengungen der Initianten gehen weiter. «Wir sind in ständigem Kontakt mit den Gemeinden, durch deren Gebiet die Sbrinz-Route verläuft»,

erklärt Sepp Scheuber. «Während unserer jährlichen Säumerwoche engagieren sich diese zum Beispiel im Rahmen von Volksfesten und machen damit nachhaltig auf sich aufmerksam. So springt der Funke der Begeisterung weiter.» (mk)

Drei-Tage-Wanderungen inkl. Gepäckbeförderung auf einem Abschnitt der Sbrinz-Route auf Anfrage. Gruppen ab 10 Personen können sich von Pferden begleiten lassen. Geführte Wanderwochen auf der Gesamtlänge der Sbrinz-Route: 4. bis 11. Juli, 5. bis 12. September und 3. bis 10. Oktober 2010. www.sbrinz-route.ch www.kulturwege-schweiz.ch


Isérables / VS: Innovative Schottenverwertung schont die Umwelt Seit 55 Jahren ist die Käserei im Bergdorf Isérables in Betrieb. Sie liegt auf über 1100 m ü. M. in steilem Gelände «und ist die letzte Bergkäserei im Bezirk Martigny», wie Käsereipräsident Gérard-Philippe Fort erklärt. 20 Produzenten liefern hier täglich ihre Milch ab. Dunkle Wolken zogen über der Käserei auf, als nicht länger erlaubt war, die Schotte ins Abwasser zu leiten. Rasch musste eine Alternative her, um die drohende Schliessung abzuwenden: Der Abtransport der Schotte per Lastwagen ins Tal kam wegen der hohen Kosten nicht in Frage. Da die Schotte als Nahrung für Schweine dient, erwog man, einen Schweinestall zu bauen, was aber wegen der Gülle ein neues Problem für den Gewässerschutz geschaffen hätte. In einem Zeitungsartikel stiess Gérard-Philippe Fort auf die Lösung. Zwei Betriebe im Kanton Waadt hatten erfolgreich ein ebenso innova-

tives wie umweltfreundliches System eingerichtet: Bakterien in einem gedeckten Kompostbeet bauen die anfallende Schotte ökologisch ab. Die Milchproduzenten von Isérables beschlossen, auf dieses umweltfreundliche und kostengünstige Modell zu setzen. Doch es überstieg ihre finanziellen Möglichkeiten. Dank der Unterstützung der Schweizer Berghilfe konnte die pionierhafte Schottenverwertung schliesslich installiert werden. Nicht nur die Käserei hat damit eine neue Perspektive, sondern auch die Kuhhaltung. Und dank der Beweidung verganden die steilen Bergflanken nicht, und die Kulturlandschaft, die für den naturnahen Tourismus grosse Bedeutung hat, bleibt intakt. (kab) Die zurückbleibende Schotte wird unterhalb der Käserei in einer separaten Hütte von Bakterien abgebaut.

Zweisimmen / BE: «Endlich ist das Wasserproblem gelöst!»

Ueli Zeller zeigt auf das mit Wasser versorgte Gebiet. Selbst im Wasserschloss Schweiz ist genügend und einwandfreies Wasser keine Selbstverständlichkeit, wie die Einzelhof-Siedlung Reichenstein-Riedli in Zweisimmen/BE deutlich macht. 16 Häuser, davon 13 Bauernhöfe, leiden seit Jahren unter einer prekären Wasserknappheit. «Jeder Hof wurde seit Generationen aus eigenen Quellen ver-

sorgt. Besonders nach den warmen Sommermonaten reichte dieses Wasser für die Versorgung von Mensch und Tier aber nicht aus», erzählt Ueli Zeller, Präsident des Vereins Wasserversorgung Reichenstein. Und Zeller, der Lehrer ist und mit seiner Frau einen Hof mit Kühen, Pferden und Geissen führt, weiss, wovon er spricht. Einige der Anwohner hatten jeweils im Herbst plötzlich kaum mehr Trinkwasser. Deshalb musste das kostbare Nass für mehrere Höfe sogar in einem Wassertankfahrzeug vor Ort geschafft werden. Die Situation war untragbar. «Ohne genügend Wasser kann man keinen Hof führen. Dann droht, dass Bauern ihre Betriebe aufgeben müssen», erklärt Zeller. Fazit: Die Siedlungen mussten dringend an eine zuverlässige Wasserversorgung angeschlossen werden. Das Projekt

drohte jedoch an den hohen Kosten zu scheitern. Erst die Unterstützung der Schweizer Berghilfe machte es möglich, dass ein Reservoir gebaut und die Häuser und Höfe mit einem über vier Kilometer langen Leitungsnetz verbunden werden konnten. «Dafür sind wir sehr dankbar», sagt Ueli Zeller und ergänzt glücklich: «Endlich ist das Wasserproblem gelöst!» (ch)

Knappes Wasser ist zum Glück Vergangenheit.

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Panorama Sörenberg / LU: Der frische Alpweiher belebt Gäste und Region

Die Kneippanlage ist in die wunder­schöne Landschaft beim Schwandalpweiher eingebettet.

Im Sommer entwickelt sich die Kneippanlage zum neuen Publikumsmagnet, der in der Bergregion wichtige Einnahmen ermöglicht. Das UNO-Jahr des Wassers brachte 2003 in Flühli-Sörenberg einiges in Fluss: «Wir wollten eine neue Möglichkeit zum Erleben des Elements Wasser schaffen», erklärt Carolina Rüegg, Direktorin von Sörenberg Flühli Tourismus. 300 Menschen aus der Region gründeten eine Genossenschaft und beschlossen, im Gebiet oberhalb von Flühli beim malerischen Schwandalpweiher eine naturverträgliche Kneippanlage einzurichten. Ziel der visionären Genossenschaft: Mit einem nachhaltigen Angebot Mehreinnahmen im Tourismus-Bereich zu erwirtschaften und so die Wertschöpfung in der Bergregion zu fördern. Das erfrischende Angebot ist gefragt, wie Carolina Rüegg berichtet: «Rund 10 000 Leute kommen pro Jahr hierher, um die Kneippanlage zu besuchen.» Davon profitieren

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lokale Läden, die Gastronomie und Hotellerie sowie die Landwirtschaft. «Verschiedene Bauern verkaufen den Touristen ihre Produkte, als Spezialität etwa selbstgemachten Entlebucher Kräutertee», sagt Carolina Rüegg. Nach den ersten sechs Betriebsjahren musste die Kneippanlage nun saniert

werden. Die Anlage benötigte eine eigene Wasserversorgung für das Armbad und die Guss-Station, um die Anlage auch bei regenarmer Saison betreiben zu können. Zusätzlich musste das Holz für Wege und Böden erneuert werden, wofür Eichenholz aus der Region gewählt wurde. «Die Unterstützung durch die Schweizer Berghilfe war für uns ganz zentral. Ohne diese Hilfe wäre die umfassende Sanierung nicht möglich gewesen», sagt Franz Lötscher, Präsident der Genossenschaft. Im Mai konnte die Kneippanlage rechtzeitig für die neue Saison geöffnet werden. «Für unsere Region ist dieses Angebot bedeutend. Im Winter ist Sörenberg für den Skitourismus bekannt, im Sommer entwickelt sich die Kneippanlage zum neuen Publikumsmagnet, der wichtige Einnahmen ermöglicht», sagt Carolina Rüegg. (ch)

Kneippen unter freiem Himmel Das Kneippen ist eine nach Sebastian Kneipp (1821–1897) benannte Wasser-Anwendung, der eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben wird. Die Kneippanlage in Flühli umfasst eine Wassertretanlage, eine Gussstation, einen Barfusspfad, ein Armbad und eine Ruhezone. Die Anlage ist von Mai bis Oktober täglich von 6 bis 22 Uhr geöffnet. Nebst Einzeleintritten können auch Führungen für Gruppen, Firmen und Vereine reserviert werden. Das Angebot in der Region wird durch verschiedene Exkursionsmöglichkeiten abgerundet. Weitere Infos: Tourismusbüro Sörenberg, Tel. 041 488 11 85, www.fluehli-wasser.ch


Vicosoprano / GR: Moderne Weiterbildung im abgelegenen Bergtal «Erwachsenenbildung ist für die Entwicklung unserer Region ganz entscheidend», sagt Maurizio Michael. Dazu gehören auch Computer-Kenntnisse. Um diese zu fördern, wurde 2003 im Bergell der Verein Centro Informatico Bregaglia (CIB) gegründet. Seit letztem Jahr befindet sich das CIB im neuen, modernen Gewerbe­zentrum in Vicosoprano/GR, wo in zwei Unterrichtszimmern eine unterdessen breite Palette an Weiterbildungskursen an­geboten wird. Maurizio Michael, Koordinator und Geschäftsführer des Zentrums, ist begeistert vom Interesse: «Das Angebot nutzen pro Jahr rund 100 Personen aus unserer Bergregion.» Damit das CIB auch in Zukunft zeitgemäss unterrichten kann, hat die Schweizer Berghilfe einen entscheidenden Beitrag geleistet. Mit finanzieller Unterstützung konnte der Verein eine moderne PC-Infrastruktur einrichten. «Ohne diese Hilfe hätten wir die Geräte, die für die Weiterbildungskurse unverzichtbar sind, nicht kaufen können», erklärt Michael. Viele Bewohner des abgelegenen Bergtals belegen Informatik-Kurse, um sich damit beruflich weiterzubilden. «Wir planen auch einen Kurs für Bergbauern, der ganz auf deren Computer-Bedürfnisse ausgerichtet ist», so die Zukunftsausichten von Maurizio Michael. Eine weitere Spezi­ alität des CIB: Bergeller Lehrlinge können interaktiv am Unterricht der Berufsschule im Nachbartal teilnehmen. Er wird via Video-Übertragung von Poschiavo nach Vicosoprano über­ mittelt. «Gut ausgebildeter Nachwuchs hilft uns, die lokale Wirtschaft zu stärken», sagt Michael. Das Bildungszentrum stellt die Infrastruktur auch weiteren Interessierten zur Verfügung, wie Michael erzählt: «Weil wir unsere PCs erneuern konnten, werden unsere Räume für den Informatik-Unterricht auch von Schulklassen aus der Region belegt. Zudem nutzen Vereine und

Mit den neuen Laptops kann das CIB auch künftig zeitgemässe Weiterbildungskurse anbieten.

Auf dem Weg zum nächsten Kurs: Mittels Video-Übertragung können Kursteilnehmer Referaten oder Lehrgängen aus anderen Regionen der Schweiz live beiwohnen. insbe­sondere Firmen die Einrichtungen für Präsentationen, Workshops oder Video-Konferenzen.»

Grenzen überwinden mit Video-Übertragung Sein Weiterbildungsangebot rundet das Centro Informatico Bregaglia mit Sprachkursen und Kursen mit Themenschwerpunkten aus Kultur und Wirtschaft ab. Video-Übertragungen spielen dabei ebenfalls eine wichtige Rolle. «Drei- bis viermal pro Jahr übertragen wir live interessante Referate von Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Gesellschaft», berichtet Maurizio Michael. «So können unsere Teilnehmer trotz der Abgeschiedenheit unseres Tals Anlässen beiwohnen, die beispielsweise in Lugano, Zürich, im Puschlav oder im

Ausland stattfinden. So hatten wir auch schon Gelegenheit, ein Gespräch mit dem ehemaligen Bundesrat Joseph Deiss per Video-Übertragung mitzuverfolgen und konnten ihm sogar Fragen stellen.» (ch) www.infocib.ch www.puntobregaglia.ch

Situationsplan zu den Projekten

Sörenberg

Vicosoprano

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Porträt

«Positiv denken – bei allem, was man tut» Die vierköpfige Familie Hallenbarter lebt und arbeitet in Obergesteln/VS auf einem Bergbauernbetrieb, der auf Mutterkuhhaltung ausgelegt ist. Einen Teil ihrer Produkte verkauft Tania Hallenbarter im eigenen Hofladen, der mit Unterstützung der Schweizer Berghilfe vergrössert werden konnte und für wichtige Zusatzeinnahmen sorgt. Tania Hallenbarter erzählt von ihrem strengen Alltag als Bäuerin, Mutter – und Unternehmerin.

Tania Hallenbarter arbeitet im Hofladen und hilft ihrem Mann beim Abpacken der eigenen Fleischprodukte.

Um 7 Uhr starte ich in den neuen Tag. Mein Mann Florian ist zu dieser Zeit schon unterwegs. Jetzt im Sommer steht er regelmässig um 6 Uhr auf und geht dann in den Stall, der sich rund 1,5 Kilometer von unserer Wohnung entfernt, etwas ausserhalb von Obergesteln befindet. Wir haben 35 Galloway-Kühe und zusätzlich Rinder, Kälber und Ochsen. Die Galloway-Kühe passen gut ins raue Berggebiet. Sie sind robust, pflegeleicht und genügsam. Ich habe diese zottigen Tiere gern. Hier im Oberwallis fühle ich mich heimisch. Ursprünglich stamme ich aus dem Elsass. Mit 24 Jahren wollte ich mich neu orientieren. Per Zufall sah ich in der Zeitung eine ausgeschriebene Stelle als Serviertochter in Obergesteln. So arbeitete ich ab Dezember 1997 für drei Saisons im Restaurant Lärch. Es gefiel mir dort auf Anhieb und ich schloss Land und Leute schnell ins Herz – besonders Florian, der auffällig häufig im Lärch erschien. Für uns war es Liebe auf den ersten Blick. Im Frühling 1999 heirateten wir.

«Ich verkaufe auch Eierlikör» Noch bevor ich morgens die Kinder wecke, gehe ich zuerst in unseren Hofladen, der sich nur zwei Minuten von unserer Wohnung mitten im Dorf befindet. Dort nehme ich das Brot in Empfang, das der Bäcker aus Reckingen liefert, und stelle es

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ins Verkaufsregal. Dann gehe ich in unsere Wohnung zurück, mache für unsere beiden Kinder Frühstück und bereite ihre «Znini-Täschli» vor. Nach acht Uhr verlassen sie das Haus. Der achtjährige Noah geht in die hiesige Primarschule, die sechsjährige Nimoé besucht noch den Kindergarten und kommt im Herbst in die erste Klasse. Für mich heisst es nun wieder «ab in den Laden», den ich von 8.30 bis 10 Uhr geöffnet habe. Eigentlich planten wir nicht, einen Hofladen zu führen. Das ergab sich Ende der 1990er-Jahre als wir von Milchwirtschaft auf Mutterkuhhaltung umstellten. Damals benötigten wir einen Raum, in dem wir in drei grossen Tiefkühltruhen Fleisch lagern konnten. In unserer Wohnung hatten wir keinen Platz. Wir bewohnen ein für die Region typisches Walliser Haus mit zwei Wohnungen, das Florians Onkel gehört. Er vermietet uns den oberen Stock. Im Dorf konnten wir schliesslich einen leerstehenden Raum im Erdgeschoss mieten. Da ich dazumal bereits eigenen Eierlikör herstellte, klebte ich eine Notiz ans Fenster: «Ich verkaufe auch Eierlikör.» Zu meiner eigenen Überraschung war die Nachfrage gross. Mit der Zeit entstand die Idee zum Hofladen – weil wir die Chance sahen, so einen Teil unseres Fleisches direkt zu verkaufen und dadurch die Einnahmen zu steigern. Das funktioniert. Seit rund fünf Jahren führe ich neben meiner Arbeit auf dem Betrieb


zusätzlich den Hofladen. Den Grossteil unserer Fleischprodukte verkaufen wir an Private und an zwei Restaurants. Etwa zehn Prozent verkaufe ich im Laden. Als im letzten Jahr das einzige Lebensmittelgeschäft in Obergesteln schliessen musste, entschloss ich mich, das Sortiment etwas auszubauen und zusätzlich Grundnahrungsmittel und Milchprodukte zu verkaufen. Dafür mussten wir den bisherigen sehr kleinen Laden vergrössern. Und wir benötigten zwei Kühlvitrinen, was allerdings unsere finanziellen Möglichkeiten bei Weitem sprengte. Wir waren überglücklich, dass die Schweizer Berghilfe das Vorhaben unterstütze. Ende letzten Jahres konnten wir den «neuen» Laden einweihen, den ich jeweils am Morgen oder Nachmittag für rund zwei Stunden öffne. Bei etwa 60 Prozent der Artikel handelt es sich um unsere eigenen Produkte: zum Beispiel Trockenwurst, Trockenfleisch, unsere Spezialität Edelweiss-Bratwurst sowie Frischwaren von Hackfleisch bis Filet. Dazu kommen gekochte Haxe und Galloway-Pfeffer, die von einem lokalen Restaurant zubereitet und in Fertigbeutel abgepackt werden. Diese Produkte sind besonders bei Feriengästen sehr beliebt, die den Hauptteil unserer Stammkundschaft ausmachen.

«Beim Heuen bin ich immer dabei» Nach 10 Uhr steht bei mir der Haushalt auf dem Programm: waschen, putzen – und kochen. Es ist mir wichtig, dass wir gesund essen. Darum kommen immer Salat oder Gemüse auf den Teller. Fleisch gibt es nicht jeden Tag. Das Mittagessen ist unsere wichtigste Mahlzeit, dann sitzt die ganze Familie am Tisch. Beim Nachtessen ist Florian oftmals nicht dabei. Meistens ist er noch im Stall oder er nimmt als Gemeinderat an Sitzungen teil. Am Nachmittag helfe ich regelmässig auf dem Hof. Besonders jetzt in den Sommermonaten gibt es viel Arbeit, und beim Heuen bin ich immer dabei. Auch bei der Verarbeitung des Fleisches gehe ich Florian zur Hand und helfe ihm beim Abpacken. Damit unser Betrieb für die Zukunft gerüstet ist, mussten wichtige Anpassungen gemacht werden: Für das Jungvieh brauchten wir mehr Platz. Zudem stand die Einrichtung eines eigenen Fleischverarbeitungsraums an. Wenn wir unser Fleisch selber verarbeiten,

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können wir die Wertschöpfung erhöhen, und die Kunden sehen, woher das Fleisch stammt. Das schafft zusätzliches Vertrauen. Die Berghilfe hat uns auch für diesen notwendigen Zukunftsschritt unter die Arme gegriffen. Ohne diese entscheidende Hilfe wäre es nicht gegangen. Nun können wir zuversichtlicher nach vorne schauen. Falls die Zeit am Nachmittag noch reicht, kümmere ich mich um die Vorräte für den Hofladen. In den strengen Sommermonaten hat jedoch die Arbeit auf dem Hof oberste Priorität. Darum ist der Laden von Juli bis September nur am Freitag- und Samstagmorgen geöffnet.

«Bestellungen auch per Internet» Zwischen 18.30 und 19 Uhr esse ich mit den Kindern «Z’nacht». Da gibt es entweder Resten vom Mittag oder einfach Wurst, Brot und Käse. Anschliessend helfe ich Noah bei den Hausaufgaben. Bevor die Kinder um 20.30 Uhr ins Bett gehen, spielen sie noch zusammen oder wir sehen uns gelegentlich einen Film im Fernsehen an. Dann habe ich etwas Zeit, Anfragen für Fleischbestellungen per E-Mail zu beantworten oder die Homepage für den Hofladen zu aktualisieren. Das ist mir wichtig. Mehr und mehr erhalten wir auch Bestellungen per Internet. Florian möchte den Direktverkauf künftig noch stärker ausbauen. Er hat die Idee, dass wir uns mit anderen Anbietern auf einem Marktportal zusammenschliessen könnten. Das braucht allerdings noch Zeit. Aber wir glauben daran – und ich denke immer positiv. Das ist eine der wichtigsten Voraussetzungen bei allem, was man tut. (ch) Galloway-Hofladen Hallenbarter, Tel. 079 337 37 86, www.galloway-hofladen.ch

1 Die Bergbauernfamilie Hallenbarter hat zottige Galloway-Kühe im Stall. 2 In der Küche ihrer Wohnung trifft sich die ganze Familie zum Mittagessen. 3 Tania Hallenbarter hilft Noah bei den Hausaufgaben.

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Über den Berg

«Ich lebe vom, im und auf dem Berg» Berge sind Lebensraum, Arbeitsort und Naherholungsgebiet. Was aber bedeutet die Bergwelt dem Einzelnen? In der Rubrik «Über den Berg» kommen Menschen zu Wort, die in einer besonderen Beziehung zur Bergwelt stehen. In dieser Ausgabe erzählt Geologe und Strahler Peter Amacher über seinen spannenden und abenteuer­ lichen Beruf in den Bergen.

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Stahlstock, Meissel, Fäustel und Rucksack – manchmal brauchts auch eine Brechstange und einen Spaltkeil. Diese Werkzeuge gehören zu Peter Amachers Berufsausstattung. Der 55-Jährige aus Amsteg/UR ist Strahler und Geologe. Nichts für schwache Nerven. «Mein Beruf ist zwar unglaublich faszinierend, die Arbeit in den Bergen kann aber auch gefährlich sein», erzählt der Urner, der als Geologe seit 30 Jahren Gesteine analysiert und als Strahler seit 40 Jahren Mineralien und Kristalle sucht, ausstellt und auch verkauft. Unwetter, Steinschlag und Lawinen sind Gefahren, denen Amacher aus-

Peter Amacher Der 55-jährige Peter Amacher ist in Altdorf aufgewachsen und lebt heute mit seiner Frau, einem Hund und einer Katze in Amsteg. Dort ist auch seine Firma Geo Uri GmbH beheimatet. In seinem Haus unterhält der Geologe und Strahler einen Kristallkeller, der aus seiner jahrzehntelangen Tätigkeit Kristalle von 25 verschiedenen Mineralarten umfasst. In acht Vitrinen sind 250 Ausstellungsstücke aus den Sedimentalpen, aus dem Aar- und dem Gotthardmassiv sowie aus den nördlichen Tessiner Bergen ausgestellt. Der Kristallkeller steht auf Anfrage allen interessierten Personen zur Besichtigung offen. Infos: Tel. 041 883 19 45, www.geo-uri.ch

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gesetzt ist. «Damit kann ich aber gut umgehen», sagt er. «In den Bergen bin ich aufgewachsen. Heikle Situationen kann ich gut abschätzen und entsprechend handeln.» Von Kindesbeinen an war Amacher mit seiner Familie in den Bergen. Oft begleitete er seinen Vater, der über ein Dutzend Jahre lang Berghüttenwart war. Eine wichtige Rolle spielte Onkel Hans: «Er war Strahler und ich durfte ihm gelegentlich bei seiner Arbeit behilflich sein.» Amacher war damals 13 Jahre alt – und die Steine sollten fortan zu seinem Lebensinhalt werden. Er entschloss sich, in Zürich Erdwissenschaft zu studieren.

Mineralienverantwortlicher für die NEAT Strahler und Geologe ist Peter Amacher etwa zu gleichen Hälften. Bis 2009 war er während zehn Jahren teilzeitlich für die neue Eisenbahn-Alpentransversale NEAT am Gotthard tätig. «Während des Tunnelbaus musste ich für den Kanton die Mineralien sicherstellen und registrierte die Funde, die dann in Zusammenarbeit mit der Uni Basel wissenschaftlich ausgewertet wurden», erzählt der Geologe. «Diese Aufgabe war sehr spannend. Gelegentlich kam es sogar vor, dass ich nachts aufgeboten wurde. Wenn die Arbeiter einen neuen Hohlraum öffneten, musste ich die Baustelle unverzüglich begutachten und die Mineralien bergen.» Wie Peter Amacher erzählt, gehören die gefundenen «NEAT-Mineralien» dem Kanton. Die schönsten Funde sind im Schloss A Pro in Seedorf/ UR ausgestellt. Immer wieder kommt es auch vor, dass Ama-


cher im Berggebiet nach Steinschlägen, Erdrutschen und Verschüttungen als Experte zum Einsatz kommt. In solchen Krisensituationen muss er die Sicherheit in der Umgebung einschätzen und mit den Behörden geeignete Massnahmen evaluieren. «Die Aufträge als Geologe sind für mich sehr wichtig», führt Amacher aus. «Diese Aufgaben sichern mir mein Einkommen.» Anders ist es, wenn er als selbstständig erwerbender Strahler unterwegs ist. «Wenn ich am Morgen los­ ziehe, weiss ich nie, ob ich etwas finde», sagt Amacher.

Auch Mineralien sind Kristalle An 50 bis 100 Tagen pro Jahr ist der Urner zwischen Altdorf und Airolo als Strahler unterwegs. Seine Leidenschaft gilt den Mineralien. Und warum sucht er nicht nach Kristallen? Peter Amacher lacht: «Ich strahle beides. Viele wissen nicht, dass Mineralien auch Kristalle sein können. Mineralien mit geordneten Atomgittern sind auch Kristalle. Solche Kristalle wie Brookit, Eisenrose und Titanit sind sogar wertvoller als die bekannten Bergkristalle, weil sie seltener sind», erklärt der Experte. Den letzten guten Fund machte er 2009, als er in der Furka auf Titanit stiess. Die Kristalle sammelt er für seinen privaten Kristallkeller zu Hause in Amsteg. Die Fundstücke verwendet er auch als Anschauungsmaterial für seine Vorträge im In- und Ausland und bringt sie mit in Schulen, wenn er Kindern von seiner Tätigkeit erzählt. Einen Teil davon verkauft er an private Kundschaft. «Obwohl viele Kristalle sehr wertvoll sind, bin ich noch nicht zum Krösus geworden», schmunzelt der Strahler.

«Es ist wichtig, dass die Bergregionen bewirtschaftet werden» Seine Tätigkeit bringt Amacher häufig mit Bergbauern zusammen. «Oft besuche ich auf meinen Touren Älpler, rede mit ihnen und kaufe dann meistens auch frischen Alpkäse», erzählt er. In seiner Wohngemeinde Amsteg leben noch ein halbes Dutzend Bauern. «Regelmässig treffe ich den einen

oder anderen morgens im Restaurant Hirschen zum Kaffee. Häufig ergeben sich interessante Gespräche über den strengen Alltag im Berggebiet.» Amacher ist sich der Bedeutung einer intakten Bergwelt bewusst. «Es ist sehr wichtig, dass die Bergregionen bewirtschaftet werden, damit sie nicht verganden. Die Schweizer Berghilfe nimmt diesbezüglich eine wichtige Aufgabe wahr.» Für Amacher selbst bedeuten die Berge alles. «Ich könnte nie im Unterland leben», stellt er klar. «Dort fühle ich mich nicht wohl. Seit Jahrzehnten lebe ich vom, auf, im und mit dem Berg. Das ist mein Leben.» Dazu gehören «seine» Mineralien. «Viele Leute sehen in den Steinen besondere Kräfte und Symbole», erzählt er und erinnert sich: «Eine Frau kaufte mir einen Kristall ab, den sie in der Küche verwendet. Wenn sie für die Familie Teigwaren zubereitet, kocht sie den Bergkristall mit, weil er ihrer Familie dadurch Kraft verleihe. In einem anderen Fall legt eine Kundin abends einen Kristall in ein mit Wasser gefülltes Glas, um dieses jeden Morgen zu trinken.» Ob es hilft, vermag Peter Amacher nicht zu beurteilen. «Es lässt sich nicht immer alles beweisen. Manchmal muss man einfach daran glauben...» Für den Strahler steht indes fest: Steine und Mineralien sind keine toten Materien, aber man muss das Gestein verstehen und lesen können. Dann wirds interessant. «Jeder Stein erzählt mir unglaublich viel, etwa über die Entstehung der Alpen.» Amacher sinniert: «Das macht die Faszination meines Berufes aus. Auch wenn ich an vielen Tagen keine Kristalle finde, komme ich abends doch immer reich nach Hause – reich an Erfahrungen und Erlebnissen in der Natur.» (ch) 1 Peter Amacher mit seinem Hund Caesar am Fusse des Piz Lucendro. 2 Nach einem Eisenrosen-Fund macht sich Peter Amacher an den Abstieg Richtung Lucendropass. 3 In der Nähe des Furkapasses hat Peter Amacher einen Berg­kristall gefunden.

So entstanden Mineralien und Kristalle Unsere Mineralien und Kristalle sind vor 14 bis 15 Millionen Jahren in neun bis zwölf Kilometern Tiefe im Erdinnern gewachsen. Sie entstanden unter grossem Druck der Gesteinsmassen und – im Fall von Bergkristallen – bei einer Hitze von ca. 360 Grad. Im Verlauf der Jahrtausenden wurden die Mineralien und Kristalle mit dem Aufsteigen der Alpen nahe an die Bergoberfläche befördert. Bergkristalle erkennt man übrigens an ihrer bekannten Form: sechs Flächen münden in einen Spitz. Bei abweichenden Formen handelt es sich um Kristalle aus Mineralien wie Eisenrose, Brookit oder Titanit. 3

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Forum Hinweis

Die Schweizer Berghilfe im Fernsehen Das Fernsehformat «Vielfalt TV» berichtet regelmässig über die vielseitige und wichtige Unterstützungstätigkeit der Schweizer Berghilfe. Die Beiträge werden von Tele Basel, Tele Bärn, Tele Züri und Tele M1 ausgestrahlt. Aktuell berichtet «Vielfalt TV» über die engagierte Bündner Bergbauernfamilie Bossi – und wie mit Unterstützung der Schweizer Berghilfe der Generationenwechsel auf dem Hof möglich wurde: Kurz nachdem der Vater nach 40 Jahren den Betrieb an seinen Sohn weitergegeben hatte, wurde der bisherige Pachtstall unerwartet gekün­ digt, eine geeignete Alternative liess sich innert nützlicher Frist nicht finden. Plötzlich stand der junge Bauer vor der Frage «Aufgeben oder weiter­ fahren?» Als überzeugter Bauer sah er seinen Platz weiterhin in der Landwirtschaft. Die Schweizer Berghilfe unterstützte ihn auf seinem zukunftsgerichteten Weg. – Der «Vielfalt TV»Bericht schliesst mit einem Beratungsteil, in welchem eine Fachperson Fragen zum Thema Erbschaft beantwortet. Die Fernsehbeiträge sind auch auf www.berghilfe.ch abrufbar.

Generationenwechsel auf dem Hof von Bossis.

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«Der Wandel findet täglich statt» Nach sieben Jahren bei der Schweizer Berghilfe – wovon vier Jahre als Geschäftsführer – tritt Hugo Höhn Anfang Juli in den Ruhestand. Im Kurzinterview blickt er zurück – und nach vorn.

Welches persönliche Erlebnis im Berggebiet ist Ihnen speziell in Erinnerung? «Immer wieder beeindruckt mich, wie sich die meisten Bergbewohner permanent zwischen Tradition und Moderne bewegen: Da steigt man Stunden ungesichert in steilstem Gelände empor, um weit oben mit der Sense wertvolles Gras zu mähen – und später wird das fertige Wildheu mit dem Heli zu Tal geflogen. Die Selbstverständlichkeit, mit welcher dieser Spagat gelingt, zeigt die pragmatische Kraft und das Selbstbewusstsein der Bergbevölkerung bei der Gestaltung ihrer Zukunft.»

Wie hat sich die Schweizer Berghilfe als Organisation auf den Wandel im Berggebiet eingestellt? «Wir haben erkannt, dass die Verzahnung im Berggebiet ausgeprägter ist als im Unterland. Die gegenseitige Abhängigkeit von Berglandwirtschaft und Tourismus ist augenfällig. Fast immer findet das Erwerbsleben des Einzelnen in mehreren Bereichen gleichzeitig statt: Der Teilzeit-Bergbauer etwa muss im Sommer noch auf dem Bau und im Winter beim Skilift einen Teil seines Einkommens erarbeiten. Nur wenn die Schweizer Berghilfe als Organisation diese Mechanismen kennt und entsprechend würdigt, können wir sinn-

Als Nachfolger von Hugo Höhn hat der Stiftungsrat der Schweizer Berghilfe Daniel Krähenbühl, lic.rer.pol, 44, zum neuen Geschäftsführer gewählt. Krähenbühl war zuletzt Mitglied des Konzernkaders der Schweizerischen Post.

volle und wirkungsvolle Unterstützung leisten. Und: Wir müssen finanziell gewappnet sein, damit wir die Hilfe immer dann, wenn sie gefordert ist, leisten können.»

Was braucht es, damit die Bergbevölkerung weiterhin eine Existenzgrundlage hat? «Die Bergbevölkerung ist – wie wir alle – mit rasantem Wandel konfrontiert. Sie ist bestrebt, mit Initiative und Leistungswille neue Chancen zu erkennen und diese zu nutzen. Jedoch können notwendige Investitionen im Berggebiet selten aus eigener Kraft finanziert werden. Hier ist die Unterstützung durch die Schweizer Berghilfe entscheidend. Die Spenden an unsere Organisation zeugen von grosser Solidarität. Und sie bewirken, dass unsere belebte Bergwelt auch weiterhin einzigartige Erlebnisse und Qualitätsprodukte bieten kann.»


Dank an die Spenderinnen und Spender Täglich treffen bei der Schweizer Berghilfe Briefe ein, in denen Familien oder Einzelpersonen den Spenderinnen und Spendern für die wertvolle Unterstützung danken. Diesen Dank leiten wir gerne an Sie weiter. ist eine riesige Erleichterung für uns, alle Tiere an einem Standort zu haben, vor allem da mein Mann im Winter mit einer Schafherde unterwegs ist. Wir hatten schon viel Glück im neuen Stall, schon viele Lämmer sind geboren. Nochmals herzlichen Dank und viele liebe Grüsse! Familie C., Kanton Uri Zum Projekt Ziegenkäserei, Berghilf-Ziitig Nr. 66, Winter 2009

Jeden Tag sein Bestes geben Für die Unterstützung beim Bau unserer Ziegenkäserei möchten wir uns herzlich bedanken. Seit dem Start sind bereits ein paar Monate vergangen. Mit viel Freude und Elan versuchen wir, tagtäglich unser Bestes zu geben. Nebst herkömmlichen Produkten gelang es uns bereits, das Sortiment zu erweitern. Nochmals herzlichen Dank! Familie Koni und Monika Schuppli, Kanton Zürich

Grosse Freude über die positive Nachricht Wir möchten uns ganz herzlich für den Unterstützungsbeitrag bedanken. Das Geld hilft uns sehr weiter und es hat uns deshalb sehr gefreut, diese positive Nachricht zu bekommen. Familie G., Kanton Graubünden

Ganz grossen Dank für die Hilfe bei der Finanzierung unseres neuen Stalls. Es

Retter in der Not Wir möchten uns herzlich bedanken für die grosszügige Spende. Es war für uns alle wie ein Retter in der Not! Familie S., Kanton Bern

Renovation dank Spende

Wichtige Grundlage für die Bewirtschaftung

Glück im neuen Stall

realisieren und die Kosten in einem tragbaren Rahmen zu halten. Wegbaugenossenschaft RämsenbergKessel-Grossberg, Kanton Uri

Wir danken Ihnen für die Spende, die uns erlaubt, die Renovationsarbeiten am Haus auf unserem Landwirtschaftsbetrieb auszuführen. Ihre Grosszügigkeit hat uns sehr berührt, und wir drücken Ihnen unseren herzlichen Dank aus. Familie S., Kanton Neuenburg

Wir möchten uns ganz herzlich für den finanziellen Beitrag an die Erschliessungsstrasse unserer Liegenschaften bedanken, die für uns eine wichtige Bewirtschaftungsgrundlage ist. Dank Ihrer Spende ist es uns Bergbauernfamilien möglich, die Erschliessungsstrasse zu

Impressum Herausgeber: Schweizer Berghilfe, Soodstr. 55, 8134 Adliswil, Tel. 044 712 60 60, www.berghilfe.ch Leitung Kaspar Abplanalp (kab) Gesamtherstellung Redaktion und Gestaltung: Denon Publizistik AG, 8640 Rapperswil SG, www.denon.ch Redaktion Christoph Hämmig (ch), Martin Kamber (mk) Korrektorat Irène Fasel Fotografie Yannick Andrea Bildrechte Thomas Schüpbach, Ipsbach (S. 14, 15) Druck gdz, Zürich Erscheinungsweise Die «Berghilf-Ziitig» erscheint 4 × jährlich in deutscher und französischer Sprache Gesamtauflage 130 000 Exemplare Schreibweise Für die bessere Lesbarkeit wird in den Texten mehrheitlich die männliche Form benutzt. Sie schliesst selbstverständlich die weibliche Form stets mit ein. Titelbild Aufbruchstimmung in der Surselva.

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Spenden

So können Sie spenden Allgemeine Spenden Sie unterstützen die Schweizer Berghilfe mit einem Geldbetrag. Hier entscheidet die Schweizer Berghilfe, welches Projekt mit Ihrer Spende unterstützt wird. Projektspenden Sie spenden für ein konkretes Projekt. Sie finden eine Auswahl auf www.berghilfe.ch oder auf Wunsch steht eine Lis­te mit weiteren Projekten zur Verfügung. Das Spendenminimum beträgt Fr. 1000.–. Ereignisspenden Ein runder Geburtstag, eine Hochzeit, ein Jubiläum oder ein anderes freudiges Ereignis sind immer auch ein guter Anlass, an Menschen zu denken, die der Unterstützung bedürfen. Trauerspenden Bei einem Trauerfall kann auf Wunsch des Verstorbenen oder seiner Hinterbliebenen auf Kränze und Blumen verzichtet und dafür der Schweizer Berghilfe gedacht werden. Erbschaften und Legate Sie möchten der Schweizer Berghilfe eine Erbschaft oder ein Legat ver­machen? Martin Schellenbaum berät Sie gerne, Tel. 044 712 60 56. Wertvolle Tipps erhalten Sie auch im Testament-Ratgeber «Über das Leben hinaus Gutes tun». Zahlungsmöglichkeiten Post Konto 80-32443-2 IBAN CH44 0900 0000 8003 2443 2 WIR Konto 264641-38-0000 Oder benützen Sie einfach den diesem Heft beigefügten Einzahlungsschein. Wir danken Ihnen herzlich für Ihre Spende! Weitere Informationen unter www.berghilfe.ch

Die Bündner Bergbauernfamilie Meier heisst Besucher willkommen.

Unterstützen, was Ihnen am Herzen liegt Mit einer Projektspende haben Sie die Möglichkeit, selber ein Unterstützungsprojekt auszuwählen und gezielt für dieses zu spenden. Sie bestimmen, wem Ihre Hilfe zugute kommt. Die Dankbarkeit ist gross, so auch auf dem Hof der Bündner Bergbauernfamilie Meier. Eine bunte Tier- und Menschenschar empfängt den Besucher auf dem «Chrüzhof» der sechsköpfigen Bergbauernfamilie Meier im bündnerischen Pany. Meiers bewirtschaften auf 1400 m ü. M. einen auf Braunviehzucht und Kälbermast ausgerichteten Hof. Um über die Runden zu kommen, ist ein Nebenerwerb unverzichtbar. Da der Betrieb an einem viel begangenen Sommer- und Winterwanderweg liegt, überlegten sich Meiers, agrotouristische Aktivitäten anzubieten und damit ein zweites Standbein aufzubauen. Dieses soll den Eltern auch genügend Einkünfte ermöglichen, wenn die junge Ge-

Ich berate Sie gerne! Haben Sie Fragen zum Thema Spenden? Rufen Sie mich an. Verena Wehrle, Tel. 044 712 60 64, verena.wehrle@berghilfe.ch

Besondere Familienmitglieder: Hühner und Schweine auf Meiers Hof.

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Sie bietet auf ihrem Hof zum Beispiel Übernachten im Stroh an. Möglich wurde das auch dank Projektspenden an die Schweizer Berghilfe.

neration sich in ein paar Jahren am Betrieb beteiligt. Nach dem Bau eines neuen Freilaufstalls vor vier Jahren entschlossen sich die tierliebenden Bauern, nebst ihren Kühen und Kälbern auch Esel, Laufenten, Zwerggeissen, Pfauen und weitere Tiere einzuquartieren. Das Interesse von Spaziergängern und Wanderern liess nicht lange auf sich warten. Dadurch ermutigt, begann die fleissige Familie, Führungen anzubieten und richtete einen Hofrundgang sowie eine «Besenbeiz» und einen kleinen Hofladen ein. «Immer wieder haben Leute, die länger bleiben wollten, nach einer Übernachtungsmöglichkeit gefragt», erzählt die vierfache Mutter Astrid Meier. «Das brachte uns auf die Idee, auch ‹Schlafen im Stroh› anzubieten.»

Existenzgrundlage für zwei Generationen Um dieses Vorhaben zu realisieren, mussten Meiers im alten Stall etliche bauliche Anpassungen an die Hand nehmen und nebst den Schlafgelegenheiten auch sanitäre Anlagen installieren. Die ganze Familie packte tatkräftig mit an. Da kam es mehr als gelegen, dass der älteste Sohn Rolf eine Ausbildung zum Zimmermann absolviert und der Familienvater Thomy im Nebenerwerb als Bauspengler arbeitet. Doch trotz ihrer grossen Eigenleistung sprengte das Projekt das Budget der Bauernfamilie. Nach Prüfung des Projekts leistete die Schweizer Berghilfe für die innovative Familie entscheidende finanzielle Unterstützung, damit das «Schlafen im Stroh» Tatsache werden konnte. Ebenfalls überzeugt von der Notwendigkeit des agrotouristischen Modells, das zwei Generationen auf dem «Chrüzhof» eine Existenzgrundlage bieten soll, entschloss sich eine grosszügige Spenderin zu einer Projektspende. «Für diese wichtige Unterstützung sind wir sehr dankbar», freut sich Astrid Meier. «Wir sind überzeugt, dass wir mit unserem Hof auch das Verständnis für die Berglandwirtschaft fördern können.» (kab) Informationen zu Projektspenden in der Spendenübersicht auf Seite 18.

«Ich weiss, wofür meine Spende eingesetzt wird» Joachim Blass aus dem Kanton Zürich spendet regelmässig für die Schweizer Berghilfe und hat sich für Projektspenden entschieden. «Ich erhalte jedes Jahr eine Flut an Einzahlungsscheinen von Organisationen, die um Spenden bitten. Ich habe deshalb bereits vor einigen Jahren beschlossen, mein Engagement zu konzentrieren. Bei der Berghilfe weiss ich, dass das Geld dort eingesetzt wird, wo es nötig ist. Ich habe selber einen persönlichen Bezug zum Berggebiet; ein Teil meiner verwandtschaftlichen Wurzeln liegt im Calancatal, wo ich mich auch heute regelmässig aufhalte. Ich kenne einige der dortigen Bergbauern und sehe mit eigenen Augen, welch grosse Herausforderung es ist, in einem abgelegenen Bergtal steile Hänge zu bewirtschaften. Ich bewundere, was sie leisten. Seit ich etwas grössere Beträge für die Berghilfe spende, ist für mich die Projektspende die passende Spendenart: Ich kann aus einer Liste mit Projektbeschreibungen diejenigen Vorhaben auswählen, die aus meiner Sicht die Hilfe am dringendsten benötigen. So weiss ich genau, wohin das Geld fliesst und wofür es eingesetzt wird. Meine Sympathie und mein Verständnis für die Probleme im Kanton Uri beruhen auf meinen Kontakten zu Urnern aus meiner Militärzeit. Ich unterstütze immer wieder Projekte in diesem Kanton, aber auch solche in Graubünden. Ich schätze es sehr, die grosse Dankbarkeit der Spendenempfänger zu erleben, die sich per Brief immer sehr nett für die Hilfe bedanken. In die Unterstützungstätigkeit der Berghilfe habe ich grosses Vertrauen. Besonders hervorheben möchte ich die Arbeit der ehrenamtlichen Berghilfe-Experten, welche die Unterstützungsgesuche aus dem Berggebiet unentgeltlich und kompetent vor Ort prüfen.»

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Hoch über dem Tal hat die Alpsaison begonnen. Für die Sennen und Hirten eine schöne, aber strenge Zeit. Dank Ihrer Hilfe können sie mit Kühen, Rindern, Geissen und Schafen unsere Alpen auch in Zukunft bewirtschaften. Mehr dazu in der nächsten «Berghilf-Ziitig».


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