Wenn die Pleite droht

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Recht · Insolvenz

Die wichtigsten Schritte, um Ihr Institut zu schützen

Wenn die Pleite droht

Foto: Andrey_Popov/Shutterstock.com

Zwar sprechen die aktuellen Zahlen gegen einen befürchteten Anstieg von Insolvenzen, aber in Zeiten von Corona besteht auch bei Kosmetikerinnen die Sorge um eine mögliche Pleite. Dass das nicht unbedingt das Ende Ihrer Selbstständigkeit bedeutet, erklärt Stefan Engels. Der Rechtsanwalt gibt Ihnen Tipps, wie Sie eine Insolvenz sogar für Ihr Business nutzen können.

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Insolvenz · Recht

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anz gleichgültig, welche Wirtschaftsnachrichten einen dieser Tage auch erreichen: Irgendein Branchenverband meldet sich zu Wort und prophezeit für das verbliebene zweite Halbjahr 2020, spätestens jedoch im vierten Quartal, eine noch nie dagewesene, ganz große „Insolvenzwelle“. Bislang ist diese Insolvenzwelle jedoch noch ausgeblieben! Ein Lagebild, das übrigens auch Insolvenzgerichte auf Nachfrage bislang so bestätigen.

Soforthilfen, Kredite und Co. Geschuldet ist dies nicht zuletzt den zahlreichen und unterstützenden Maßnahmen unserer Regierung – etwa durch Soforthilfen, Hilfskredite, Zuschüsse und dem Instrument der Kurzarbeit – mit deren Hilfe Liquiditätsengpässe bei Einzelunternehmern und kleinen Unternehmen entweder abgefedert oder im Idealfall ganz vermieden werden konnten. Das hat vor allen Dingen geholfen, Zeit zu gewinnen sowie den unmittelbar zu spürenden momentanen Leidensdruck deutlich zu mindern.

Antragspflicht ausgesetzt Hinzu kommt, dass die Bundesregierung die Insolvenzantragspflicht bis vorerst zum 30. September 2020 ausgesetzt hat, übrigens rückwirkend zum 1. März. Zur Begründung wird Ministerin Lambrecht auf der Homepage des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) wie folgt zitiert: „Die Aussetzung der Insolvenzantragspflichten gibt in Bedrängnis geratenen Unternehmen die nötige Luft, um staatliche Hilfen zu beantragen und Sanierungsbemühungen voranzutreiben ...“ Mit anderen Worten: Sie sollten im Rahmen dieser „Schonfrist“ unbedingt tätig werden, um das Kernproblem – die drohende Zahlungsunfähigkeit Ihres Unternehmens – möglichst zu beseitigen! Und was, wenn sie nun doch käme, die Insolvenzwelle? Würde dies gleich das unweigerliche Ende Ihrer Selbstständigkeit oder Ihres Instituts bedeuten? Die Antwort lautet: Nicht unbedingt, wenn Sie entsprechend vorbereitet sind. Sie könnte

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ganz im Gegenteil von Ihnen als Chance genutzt werden.

Rechtsform entscheidend Maßgeblich ist hier zunächst einmal die Rechtsform, mit der Sie am Markt auftreten, also entweder als Einzelunternehmer oder als Kapitalgesellschaft (z. B. die AG oder GmbH). Im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften sind Soloselbstständige und Einzelunternehmer (e.K.) nach dem Gesetz nicht verpflichtet, bei (drohender) Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung Insolvenz innerhalb einer bestimmten Frist – regulär: drei Wochen gemäß § 15a Insolvenzordnung (InsO) – anzumelden.

Bitte beachten Auch wenn Sie als Einzelunternehmer einfach Ihren Geschäftsbetrieb abmelden können, ohne sich wegen Insolvenzverschleppung gemäß § 15a Abs. 4 InsO strafbar zu machen, so können Ihnen ganz andere Bereiche schnell zum Verhängnis werden. Dazu zählen etwa Fehler bei Bestellungen, der Buchhaltung, den Steuern und der Sozialversicherung, siehe Fall „Schlecker“ (e.K.)!

Vorteile der Insolvenzordnung Demgegenüber bietet unsere Insolvenzordnung in Not geratenen Unternehmen mit dem Schutzschirmverfahren, der Eigenverwaltung (auch „kleiner Schutzschirm“ genannt) oder einer Kombination aus beidem effektive Werkzeuge an, bei der die Geschäftsführung auch weiterhin die Kontrolle über das Unternehmen behält (vgl. § 270 Abs. 2 InsO). Die großen Vorteile etwa bei der Eigenverwaltung sind folgende: | Kaum Imageverlust, da die bisherigen Ansprechpartner die Firma nach innen und außen auch weiterhin repräsentieren gegenüber Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten. | Durch etwa die Hinzunahme eines (externen) Sanierungsberaters kann das bisherige Geschäftsmodell überprüft und entsprechend nachjustiert werden, damit es wieder profi-

tabel wird und durch eine entsprechende Liquiditätsplanung abgesichert ist. | Eröffnung neuer Handlungsspielräume, da das Unternehmen nun einfacher aus bestehenden Verträgen herauskommt, sich einfacher von Personal trennen kann – und Insolvenzgeld bekommt, dies momentan sogar in Kombination mit Kurzarbeitergeld, was den finanziellen Handlungsrahmen deutlich verbessert. Auch wenn im Gegensatz dazu bei einer Privatinsolvenz die Möglichkeit der Insolvenz in Eigenverwaltung nicht besteht (diese dient in erster Linie dem Zweck der eigenen Entschuldung), so handelt es sich für Unternehmen hierbei um weit mehr als „nur“ einen schriftlichen Antrag beim Insolvenzgericht. Denn letztlich muss der Schuldner hier das Insolvenzgericht davon überzeugen, dass sich die Eigenverwaltung auch wirklich lohnt und dass gute Chancen bestehen, die Markt- und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens wiederherzustellen.

Profi-Tipp Zögern Sie nicht, notwendige und auch schmerzhafte Restrukturierungen am besten gleich anzugehen, anstatt allein auf das „Prinzip Hoffnung“ zu setzen. Damit stellen Sie die Wettbewerbsfähigkeit Ihres Unternehmens und somit auch Ihr zukünftiges Einkommen dauerhaft sicher.

Erste Anlaufstellen bei Fragen in Ihrem konkreten Fall sind idealerweise Ihre örtlich ansässige IHK oder auch die „Anonymen Insolvenzler“. Es lohnt sich aber auch, das Gespräch mit einem Fachanwalt für Insolvenzrecht zu suchen – und zwar am besten, bevor es zu spät ist!

Chancen nutzen Welche Chancen das Insolvenzrecht bei der Sanierung bietet, erfahren Sie hier: | Verwerten ja – verstecken nein: Soloselbstständigen und Einzelunternehmern steht es frei, nach erfolgter Schließung ihres Geschäftsbetriebs dessen Einrichtung zu verkaufen, je nach Rest-

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Seien Sie vorbereitet und nutzen Sie die Insolvenz, falls sie eintritt, als Chance.

| Schutz vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen: Wie aus den beiden vorgenannten Punkten schon recht deutlich wird, ist das Unternehmen während des laufenden Insolvenzverfahrens zudem weitgehend vor Zwangsvollstreckungen und dem Zugriff einzelner Gläubiger geschützt. Dadurch gewinnt es Zeit, um sich neu aufzustellen. | Insolvenzgeld: Kurzfristig übernimmt die Bundesagentur für Arbeit mit dem Insolvenzgeld die Personalkosten für bis zu drei Monate, wenn ein Unternehmen in einem Insolvenzverfahren ist. Dadurch kann die Firma durch laufende Einnahmen frisches Geld ansammeln, ohne es gleich an seine Mitarbeiter weiterreichen zu müssen. Außerdem fällt in dem dreimonatigen Vorverfahren keine Lohnstsuer an. | Kündigungserleichterungen bei Arbeitsverhältnissen: Im Rahmen der Sanierung eines Unternehmens kann

Bitte beachten Es gibt Obergrenzen beim Gehalt und Unternehmer (z. B. Gesellschafter) haben keinen Anspruch!

es erforderlich sein, Personal abzubauen. § 113 InsO trägt dem insofern Rechnung, indem es ein beiderseitiges Kündigungsrecht begründet. Im eröffneten Insolvenzverfahren beträgt die maximale Kündigungsfrist drei Monate zum Monatsende und gilt für beide Parteien des Arbeitsvertrags. Das maximale Sozialplanvolumen ist auf 2,5 Monatsgehälter begrenzt (§ 123 InsO).

Stefan Engels, Rechtsanwalt in Mönchberg. Tätigkeitsschwerpunkt ist die Geschäftsfeldentwicklung und Internationalisierung von Unternehmen.

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Fotos: TierneyMJ/Shutterstock.com, Autor

wert auch zu sehr niedrigen Preisen. Gefährlich ist es demgegenüber, vor der Insolvenz noch schnell Geld bei Freunden oder Familienmitgliedern zu „verstecken“ (z. B. durch unberechtigte oder überhöhte Zahlungen) – denn Sie machen sich eventuell sogar strafbar! | Leichtere Lösung von bestehenden Verträgen: Unabhängig von der vereinbarten Vertragsdauer oder Kündigungsfristen können Miet- und Pachtverhältnisse mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden (§ 109 InsO). | Bei Finanzierungs- und Leasingverträgen von beispielsweise Apparaten besteht zudem ein Wahlrecht, ob diese im Interesse der Insolvenzmasse bestehenden Verträge weiterhin erfüllt werden oder nicht. Entscheidet sich der Eigen- oder Insolvenzverwalter dagegen, etwa bei Leasingverträgen, bleibt der Vertrag selbst zwar bestehen. Der Vertragspartner kann das von ihm bereits Geleistete auch nicht zurückverlangen. Ihm steht dann ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrags zu, den er entsprechend zur Insolvenztabelle anmelden kann.


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