Mediziner im Wettbewerb von RA Stefan Engels (mBF14_05)

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Medizinrecht · Wettbewerb

Bei der Information über die eigene Leistung bewegen sich Mediziner stets im Spannungsfeld zwischen „zulässig“ und „berufswidrig“. Die neuere Rechtsprechung hat das ärztliche Werberecht gelockert – zugunsten des Informationsbedürfnisses der Patienten

Mediziner im Wettbewerb

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ie Abgrenzung zwischen zulässiger Information und berufswidriger Werbung stellt Ärzte schon seit Jahren vor eine immer wiederkehrende, fast tägliche Herausforderung. Das Spannungsfeld lässt sich juristisch so auf den Punkt bringen: Einschränkungen der „ärztlichen Werbung“ bedeuten grundsätzlich einen Eingriff in Artikel 12 des Grundgesetzes, der die Berufsausübungsfreiheit regelt. Ein solcher Eingriff ist nur dann gerechtfertigt, wenn diesem so genannte Gemeinwohlbelange – sinnbildlich quasi als Schranken – gegenüberstehen. Ein solcher Gemein-

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wohlbelang ist zum Beispiel der Schutz des Patienten. Gleichzeitig ist aber auch dem Interesse des Patienten an Information Rechnung zu tragen, was den vorgenannten Schranken wiederum Schranken setzt. In der neueren Rechtsprechung wird dabei dem Informationsbedürfnis des Patienten zunehmend breiterer Raum eingeräumt.

Dreistufiges Prüfsystem Die komplexe Bedeutung im konkreten Einzelfall wird klar, wenn man auf das dreistufige Prüfsystem blickt, in dem die Wer-

bung des Arztes ihre „Feuertaufe“ bestehen muss. I Stufe 1: Die Werbemaßnahme des Arztes darf ganz grundsätzlich das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (kurz: UWG) nicht verletzen. Das betrifft im Übrigen die Werbung jedes anderen Werbetreibenden auch. I Stufe 2: Sie muss weiterhin die Bestimmungen des Heilmittelwerbegesetzes (kurz: HWG) beachten. I Stufe 3: Schließlich und endlich muss die Werbemaßnahme auch noch der Überprüfung der (insoweit speziellen) Ein-

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Werbung ja – zum Wohl des Patienten


Wettbewerb · Medizinrecht

haltung der Berufsordnung der jeweiligen Landesärztekammer standhalten. Die Berufsordnungen sind wiederum an die Musterberufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte der Bundesärztekammer (kurz: MBO-Ä) angelehnt, auf welche hier aus Gründen der Vereinfachung zurückgegriffen werden soll. Da die juristischen Poren hierbei von Stufe zu Stufe feiner werden können, ist wahrscheinlich auch jedem Leser sofort klar, dass bei einigen Maßnahmen am Ende – metaphorisch gesprochen – nur noch „ganz dünner Kaffee“ übrig bleibt. Ein praktisches Beispiel zum besseren Verständnis sei die Werbung mit dem Slogan „Bei uns geht’s ohne Operation“: Während nach § 6 Absatz 2 UWG nur die unlautere vergleichende Werbung wettbewerbswidrig ist, ist vergleichende Werbung nach § 27 Absatz 3, Satz 2 MBO-Ä gänzlich verboten, da berufswidrig.

Verbote aus dem Heilmittelwerbegesetz Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) findet für Ärzte über den Verweis in § 27 Absatz 3, Satz 3 MBO-Ä („Werbeverbote aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen bleiben unberührt“) Anwendung und bedeutet: Ein explizites Werbeverbot nach diesen bundesrechtlichen Bestimmungen gilt gleichzeitig auch immer für Ärzte. Darüber hinaus umfasst das HWG in § 1 Absatz 1 ein sehr großes, sachliches Anwendungsfeld, zu dem unter anderem Arzneimittel, Medizinprodukte sowie medizinisch nicht indizierte plastisch-chirurgische Eingriffe gehören. Darüber hinaus wird auch Werbung für kosmetische Mittel (Definition im HWG siehe nebenstehender Kasten) reglementiert, soweit sich die Werbeaussage auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden beim Menschen bezieht.

Teilweise aufgehoben, teilweise neu geregelt Durch das Zweite Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vor-

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HWG: Kosmetische Mittel Das Heilmittelwerbegesetz (HWG) versteht kosmetische Mittel in § 1, Absatz 2, Satz 1 als „andere Mittel“ und definiert sie als „Stoffe und Gemische aus Stoffen, die ausschließlich oder überwiegend dazu bestimmt sind, äußerlich am Körper des Menschen oder in seiner Mundhöhle zur Reinigung, zum Schutz, zur Erhaltung eines guten Zustandes, zur Parfümierung, zur Veränderung des Aussehens oder dazu angewendet zu werden, den Körpergeruch zu beeinflussen“.

schriften vom 19. Oktober 2012 erfuhr insbesondere § 11 HWG, der die Werbung außerhalb von Fachkreisen (die sogenannte Publikumswerbung) regelt, jüngst die gravierendsten Änderungen. Nachfolgend die wichtigsten Änderungen in § 11 HWG für den eiligen Leser. Ersatzlos gestrichen wurden: I Nr. 1 a.F. (alte Fassung): Verbot der Werbung „mit Gutachten, Zeugnissen, wissenschaftlichen oder fachlichen Veröffentlichungen sowie mit Hinweisen darauf“. I Nr. 4 a.F.: Werbung „mit der bildlichen Darstellung von Personen in der Berufsbekleidung oder bei der Ausübung der Tätigkeit von Angehörigen der Heilberufe, des Heilgewerbes oder des Arzneimittelhandels“ (das sogenannte Weißkittelverbot). I Nr. 6 a.F.: Werbung „mit fremd- oder fachsprachlichen Bezeichnungen, soweit sie nicht in den allgemeinen deutschen Sprachgebrauch eingegangen sind“.

I Nr. 10 a.F.: Werbung „mit Veröffentlichungen, die dazu anleiten, bestimmte Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden beim Menschen selbst zu erkennen und mit den in der Werbung bezeichneten Arzneimitteln, Gegenständen, Verfahren, Behandlungen oder anderen Mitteln zu behandeln, sowie mit entsprechenden Anleitungen in audiovisuellen Medien“. Abgeändert wurden folgende Regelungen in §11 HWG: I Nr. 2: Verbot der empfehlenden Werbung mit Prominenten, und zwar (nur) dann, wenn gerade die Bekanntheit der Person den Verbrauch der Arzneimittel anregen kann. I Nr. 3: Verkleinerung des Anwendungsbereichs bei der Werbung mit Krankengeschichten durch den Zusatz: „wenn diese in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgt oder durch eine

Das sagt der Experte zu den Änderungen im HWG Stefan Engels, Rechtsanwalt und Autor dieses Beitrags, beurteilt die Änderungen im Heilmittelwerbegesetz folgendermaßen:

Stefan Engels

„Durch die Gesetzesänderung wurden viele wertende Begriffe eingeführt, bei denen auch in Zukunft im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit von Werbemaßnahmen eine konkrete Betrachtung sämtlicher Umstände des Einzelfalls erforderlich ist. Als erste Bilanz lässt sich festhalten, dass die Neuerungen im HWG die werberechtlichen Vorschriften stark liberalisiert haben. Soweit die gute Nachricht.

Insbesondere für Ärzte, die zusätzlich noch durch ihre ärztliche Berufsordnung beschränkt werden, bedeutet diese Novellierung nicht unbedingt gleichzeitig auch eine Lockerung der in der Regel restriktiveren berufsrechtlichen Vorschriften. Das Spannungsfeld ist spürbar, denn die Eröffnung und Beschreitung neuer Wege im Marketing wird wesentlich von der Beurteilung durch die Standeskreise abhängen, insbesondere durch die jeweiligen Ärztekammern, die sich in der Hauptsache aus Ärzten und eben nicht aus Juristen zusammensetzen. Wie sich diese Beurteilung genau darstellen und ob sie von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ausfallen wird, bleibt abzuwarten. Auf jeden Fall empfehle ich, sich in dieser Findungsphase ohne einheitliche Linie der Kammern fachkundigen Rechtsrat zur Seite zu stellen, sollte eine Ahndung im Raume stehen.“

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Medizinrecht · Wettbewerb

ausführliche Beschreibung oder Darstellung zu einer falschen Selbstdiagnose verleiten kann“. I Nr. 5: Ähnlich wie in Nr. 3 wurde auch hier bei der Werbung mit bildlichen Vorher-nachher-Darstellungen der vormalige Anwendungsbereich stark gelockert, was für die Praxis heißt, dass nunmehr – mit

Anpreisende Werbung Was die Musterberufsordnung der Bundesärztekammer (MBO-Ä) bei der sogenannten anpreisenden Werbung von Ärzten erlaubt oder als berufswidrig verbietet (gemäß § 27 Absatz 3, Satz 2): Erlaubt: I Hinweise auf Ortstafeln, in kostenlos verteilten Stadtplänen und über Bürgerinformationsstellen, I Wiedereinbestellungen auf Wunsch des Patienten, I Tag der offenen Tür, I Kultur-, Sport- und Sozialsponsoring, I Geburtstagsglückwünsche an eigene Patienten ohne Hinweise auf das eigene Leistungsspektrum, I Hinweis auf Zertifizierung der Praxis, I nicht aufdringliches (Praxis-)Logo, I sachliche Informationen in Medien.

Verboten:

I Verbreiten von Flugblättern, Postwurfsendungen, Mailingaktionen,

I Plakatierung, z.B. in Supermärkten, I Trikotwerbung, Bandenwerbung, I Werbung auf Fahrzeugen, I unaufgeforderte Wiedereinbestellungen ohne medizinische Indikation,

I Angabe von Referenzen, I bildliche Darstellung in Berufskleidung bei der Berufsausübung, wenn ein medizinisches Verfahren oder eine ärztliche Behandlungsmaßnahme beworben wird.

Weitere Infos und Auslegungsgrundsätze der Berufsordnungsgremien der Bundesärztekammer unter www.bundesärztekammer.de

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schen Eingriffe nicht mit der Wirkung einer solchen Behandlung durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach dem Eingriff geworben werden“.

Berufsrechtliche Vorgaben Aufgrund zahlreicher höchstrichterlicher Entscheidungen hielt es etwa im Jahre 2002 schon der 105. Deutsche Ärztetag für erforderlich, eine Neufassung der §§ 27 ff. der MBO-Ä zu verabschieden. Bei dieser Neufassung der Außendarstellung von Ärzten sind insgesamt sieben der durch das Bundesverfassungsgericht in den Jahren 2001 bis 2002 getroffenen verfassungsrechtlichen Bewertungen für die sogenannten freien Berufe – hierzu zählen übrigens auch Anwälte – mit eingeflossen. Das Bundesverfassungsgericht hat das in seinem Beschluss vom 23.07.2001 (Az.:BvR 873/00) so auf den Punkt gebracht: „Das Werbeverbot für Ärzte soll dem Schutz der Bevölkerung dienen. Es soll das Vertrauen der Patienten darauf erhalten, dass der Arzt nicht aus Gewinnstreben bestimmte Untersuchungen vornimmt, Behandlungen vorsieht oder Medikamente verordnet. Die ärztliche Berufsausübung soll sich nicht an ökonomischen Erfolgskriterien, sondern an medizinischen Notwendigkeiten orientieren. Das Werbeverbot beugt einer gesundheitspolitisch unerwünschten Kommerzialisierung des Arztberufes vor. Werberechtliche Vorschriften in der ärztlichen Berufsordnung hat das Bundesverfassungsgericht daher mit der Maßgabe als verfassungsmäßig angesehen, dass nicht jede, sondern lediglich die berufswidrige Werbung verboten ist. ... Für interessengerechte und sachangemessene Informationen, die keinen Irrtum erregen, muss im rechtlichen und geschäftlichen Verkehr Raum bleiben.“

Stefan Engels, Rechtsanwalt in Mönchberg, Tätigkeitsschwerpunkte: Geschäftsfeldentwicklung und Internationalisierung von Unternehmen

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Foto: style-photography/Shutterstock.com

Die Medizin und ihr gutes Recht

Ausnahme von Schönheitsoperationen (siehe unten) – mit Vorher-nachher-Bildern geworben werden darf. I Nr. 7: Die Regelung, die ehemals ein Verbot für Werbeaussagen war, die geeignet sind „Angstgefühle hervorzurufen oder auszunutzen“, lautet nun: „mit Werbeaussagen, die nahelegen, dass die Gesundheit durch die Nichtverwendung eines Arzneimittels beeinträchtigt oder durch die Verwendung verbessert werden könnte“. I Nr. 11: Äußerungen Dritter sind nur noch dann verboten, „wenn diese in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgen“. I Nr. 13: Aufweichung des Verbotes von Gewinnspielen und Verlosungen, da ein Werbeverbot nur noch dann besteht, „sofern diese Maßnahmen oder Verfahren einer unzweckmäßigen oder übermäßigen Verwendung von Arzneimitteln Vorschub leisten“. I Nr. 14: War bisher nur die Werbung mit Mustern und Proben von Arzneimitteln untersagt, so stellt Nr. 14 in seiner neuen Fassung unmissverständlich klar, dass dies auch für Arzneimittel an sich gilt. I Neu ist die Ausnahmeregelung für Schönheitsoperationen: Nach § 11 Absatz 1, Satz 3 „darf für die in § 1 Nr. 2 genannten operativen plastisch-chirurgi-


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