Bewertungsportale · Recht
Rufschädigung im Internet
Foto: ra2studio/Shutterstock.com
„Klare Kante zeigen“ Was Sie über anonyme Bewertungen in Bewertungsportalen wissen müssen, erläutert Rechtsanwalt Stefan Engels
In jüngster Zeit tauchen auf Bewertungsportalen im Internet nicht nur schmeichelhafte Kritiken auf. Man kann sich als Arzt oder Hersteller von (apparativen) Kosmetika gegen unwahre Tatsachenbehauptungen allerdings zur Wehr setzen. Sind die in solchen Kommentaren aufgestellten Behauptungen falsch, besteht ein Unterlassungsanspruch gegen den Dienstanbieter des Portals. Dieser muss dann die falsche Tatsachenbehauptung zeitnah löschen. Eine generelle Pflicht, Nutzerbeiträge schon vor Veröffentlichung auf Rechtsverletzungen zu prüfen, gibt es aber nicht. Man läuft solchen Veröffentlichungen also ständig hinterher. Hinnehmen müssen Sie als Betroffener eine Rufschädigung im Netz jedoch nicht. Wird auf einer Plattform Falsches oder Rufschädigendes behauptet, kann man die entsprechenden Beiträge direkt beim Betreiber des Portals melden. Der muss die Vorwürfe prüfen und dann gegebenenfalls die Kommentare löschen. Achtung bei Ärzten: Der BGH hat in seinem Urteil vom 23.09.2014 (VI ZR 358/13) die Klage eines niedergelassenen Frauenarztes aus München zurückgewiesen, der die Löschung seines kompletten Profils im Online-Bewertungsportal Jameda verlangt hatte. Die Karlsruher Richter entschieden, dass der Persönlichkeitsschutz des Arztes und dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung hinter das Recht auf Kommunikationsfreiheit zurücktreten müssten. Begründet wurde dies damit, dass der Bereich der „Sozialsphäre“ betroffen sei, der allein das beruf-
WWW.MEDICAL-BEAUTYFORUM.COM
liche Wirken des Arztes betreffe. Darin stehe er im freien Wettbewerb. Zudem gebe es ein öffentliches Interesse an Bewertungsforen im Internet. Die Herausgabe des Namens anonym kommentierender Personen durch den Betreiber eines Portals ist vom Gesetzgeber explizit nicht gewollt, siehe Bundestagsdrucksache 13/7385, 23. In Deutschland zählt § 13 Abs. 6 Telemediengesetz (TMG) zu den Pflichten des Diensteanbieters: „Der Diensteanbieter hat die Nutzung von Telemedien und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist. Der Nutzer ist über diese Möglichkeit zu informieren.“ Der Nutzer soll ein Pseudonym verwenden dürfen, um zu verhindern, dass man auf seine wahre Identität schließen kann.
Auskunft verweigert Jetzt könnte man meinen, dass dieser Schutz dort aufhört, wo mögliche Persönlichkeitsrechte anderer betroffen sind. Das tut er aber nicht, im Gegenteil, wie wiederum der VI. Zivilsenat des BGH mit Grundsatzurteil vom 01.07.2014 (VI ZR 345/13) eindrucksvoll bestätigt hat: Geklagt hatte hier durch alle Instanzen ein Arzt aus Schwäbisch-Gmünd, über den auf dem Online-Bewertungsportal Sanego nachweislich falsche (!) Tatsachen verbreitet wurden. Er bekam die von ihm begehrte Auskunft über die Anmeldedaten des Nutzers von dem Betreiber des Internetportals nicht, da die Anonymität der Nutzer nach den Bestimmungen des TMG nur in
wenigen Ausnahmen aufgehoben werden dürfen. Diese Ausnahmen sind: Strafverfolgung, Gefahrenabwehr und die Durchsetzung von Urheberrechten. Der Schutz der Persönlichkeitsrechte ist ausdrücklich nicht genannt. Neben dem Unterlassungsanspruch gibt es freilich noch elegante Mittel, an die Anmeldedaten zu kommen, etwa eine Strafanzeige bei der Polizei. Ermittelt dann ein Staatsanwalt und erwirkt eine richterliche Anordnung, müssen Internet-Dienste den Behörden die Daten eines anonymen Nutzers vorlegen, da es dann um die anerkannte Ausnahme „Strafverfolgung“ geht. Es gibt Fälle, in denen es durchaus sinnvoll ist, den Klageweg zu beschreiten, um ein für alle Mal klare Kante zu zeigen, etwa bei Rufschädigung und dreisten Lügen. Bewährt hat sich eine sachlich ausgewogene Antwort auf die Online-Kritik. So zeigen betroffene Ärzte und Hersteller für alle Besucher des Internetportals sichtbar, dass sie nicht nur kritikfähig sind, sondern auch die Wünsche und Anregungen ihrer Patienten und Kunden ernst nehmen. Erfahrungsgemäß springen bei nicht gerechtfertigter Kritik dem Betroffenen auch einige Helfer virtuell zur Seite – eine besonders glaubwürdige Richtigstellung.
Stefan Engels ist Rechtsanwalt in Mönchberg. Sein Tätigkeitsschwerpunkt ist die Geschäftsfeldentwicklung und Internationalisierung von Unternehmen
57