Ungeschminkte Wahrheit von RA Stefan Engels (BF 08-2014)

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EDITION D | 08/2014

HER MIT DER PFLEGE Perfekt für jede Kundin: Gesichtsmasken ab Seite 12

WEG MIT DEM FLECK Hilfe bei Pigmentstörungen ab Seite 30

Dossier:

Hand & Nagel Profi-Maniküre im Institut ab Seite 59

Anzeige/Titelpromotion:

Lassen Sie sich faszinieren! Seite 33 und 35


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Was genau ist eigentlich bei der Werbung für

Kosmetika und apparative Anwendungen erlaubt? Rechtsanwalt Stefan Engels erklärt, in welchen Fällen Abmahnungen drohen

Werbeaussagen in der Kosmetik

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rundsätzlich dürfen keine Wirkaussagen getroffen werden, die wissenschaftlich nicht hinreichend belegt oder sogar unzutreffend sind. Denn sonst liegt ein klassischer Fall der Irreführung vor – sowohl bei Produkten als auch bei apparativen Anwendungen. So dürfen Aussagen wie „Anti-Falten“, „hautverjüngend“, „glättet“ und „schützt“ nur dann getroffen werden, wenn man dies entsprechend belegen kann. Gleiches gilt bei apparativen Anwendungen. Nur wenn ein wissenschaftlicher Nachweis darüber vorliegt, darf man beispielsweise die Formulierung „reduziert die Fettzellen per Ultra-

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WISSENSCHAFTLICH NACHGEWIESEN? Wann ein wissenschaftlicher Beleg juristisch sicher ist, lesen Sie im Themenportal unter dem Stichwort „Wissenschaftlicher Nachweis“.

schall“ verwenden. Eine Creme ist übrigens auch dann als kosmetisches Mittel einzuordnen, wenn sie durch ein Gerät (physikalisches Verfahren wie Strom oder Ultraschall) in die Haut eingebracht werden soll1. 1 So im Berufungsverfahren des OLG Hamm, Urteil vom 18.11.2010, Az. I-4 U 148/10. Vgl. aktuell auch BGH, GRUR 2013/649

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UNGESCHMINKTE WAHRHEIT


Tipp: Mit einem kleinen „Kunstgriff“ können aus möglicherweise unsicheren Formulierungen legale Bezeichnungen werden. Dafür bedient man sich einfach anderer gebräuchlicher Sprachen wie Englisch oder Französisch und deutscht Begriffe ein. So wird etwa aus der „Entfernung von Pigmentflecken“ ein „Super Spot Remover“ oder der „Spot Corrector“, was zwar etwas weniger gut verständlich für die breite Masse ist, aber bislang noch nicht als irreführend eingestuft wurde. Doch auch hier ist Vorsicht geboten: Denn je gebräuchlicher die Formulierung ist, umso größer ist das Risiko, dass sie bereits gerichtlich als irreführend eingestuft wurde.

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Verurteilt? Aktuelle Rechtsprechungen verschiedener Gerichte zeigen, zu welchen Diskussionen und Abmahnungen Werbeaussagen führen können. Davon bleiben weder kleinere Institute noch große Hersteller und Vertriebsfirmen verschont. Allerdings sind diese Urteile nicht allgemeingültig. Sie beziehen sich nur auf die jeweiligen Fälle und Formulierungen. Hier sind ein paar Beispiele, welche Aussagen von den Gerichten als nicht zulässig eingestuft wurden: s Die Bezeichnung „pure & natural“ für eine Kosmetikserie mit chemischen Zusatzstoffen (LG Hamburg, Urteil vom 21.12.2012, Az. 321 O 96/12). s Die Behauptung der „busenhebenden Wirkung“ einer Lotion (LG Dortmund, Urteil vom 24.08.2012, Az. 25 O 178/12). s Begriffe wie „Selbstmedikation“, „pharmakologische Wirkung“, „(schneller) Wirkungseintritt“, „Nebenwirkungen“ bringt der Verbraucher typischerweise mit Arzneimitteln in Verbindung. Werden Kosmetika mit derlei Begriffen beworben, wird der irreführende Eindruck eines Arzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG erweckt. Dasselbe gilt, wenn ein Kosmetikum unerläutert mit bekannten Arzneimitteln gleichgestellt wird (LG Hamburg, Urteil vom 08.03.2012, Az. 327 O 587/11). s Apparative Kosmetik zum Thema Mesoporation: Die Bewerbung von Wirkaussagen (konkret: „... 10 Jahre jünger wirken“, „... ohne Skalpell – ohne Nadel ...“, „ein straffes Hautbild“, „ein paar Falten weniger ...“, „endlich eine Alternative zur Faltenunterspritzung“), die der angesprochenen Zielgruppe suggerieren, dass durch die Behandlung die gleichen dauerhaften Resultate der Haut- und Muskelstraffung und Faltenbeseitigung erzielt werden können, wie sie ansonsten nur

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durch eine medizinische Behandlung wie das operative „Facelifting“ oder eine Faltenunterspritzung erreicht werden können (OLG München, Urteil vom 16.02.2012, Az. 6 U 2199/11).

Hintergrundwissen Der Zweck eines Kosmetikums ist die (rein äußerliche) Körper- und Schönheitspflege. Dementsprechend sollte sich auch die Werbung für das Produkt daran orientieren und messen lassen können. Es gibt unzählige Abmahnungen und eine Flut an Urteilen jedes Jahr – Tendenz steigend. Dies liegt unter anderem daran, dass es keinen abschließenden Positiv- oder Negativkatalog von Werbeaussagen gibt, der erlaubte oder verbotene Aussagen verbindlich festlegt. In der Regel kontrollieren sich die verschiedenen Unternehmen beziehungsweise Marktteilnehmer gegenseitig, indem sie auf die Werbeaussagen ihrer Mitbewerber achten und gegebenenfalls Abmahnungen verfassen (lassen). Tatsächlich ist das Thema der unerlaubten Werbeaussagen sehr weitreichend. Daher können hier nur Einzelfälle exemplarisch dargestellt werden. Grundlage einer jeden Einschränkung und eines jeden Urteils sind in diesem Bereich das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), das Heilmittelwerbegesetz (HWG) sowie die EU-Verordnung Nr. 1223/2009 vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (EU-KVO).

Kleiner Paragrafendschungel Das UWG soll die Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen schützen und den unver-

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WEITERE INFOS ONLINE Unter folgenden Suchbegriffen finden Sie detaillierte Informationen zu den jeweiligen Gesetzen bzw. Verordnungen: UWG = Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb HWG = Heilmittelwerbegesetz EU-KVO = EU-Kosmetikverordnung www.beauty-forum.com/themenportal

fälschten Wettbewerb sichern. Im Bereich der Kosmetik betreffen die Regelungen des UWG vor allem Preisangaben. Welche Aussagen zur Wirkungsweise von kosmetischen Mitteln oder (apparativen) Anwendungen zulässig sind, regelt das Heilmittelwerbegesetz. Das HWG gibt den rechtlichen Rahmen für Werbung im deutschen Gesundheitswesen vor. Es bezieht sich konkret auf Werbung für Arzneimittel, Medizinprodukte und andere Mittel, Verfahren, Behandlungen und Gegenstände sowie auf plastisch-chirurgische Eingriffe, die den Körper ohne medizinische Notwendigkeit verändern (z.B. Schönheitsoperationen). Zu den genannten „anderen Mitteln und Gegenständen“ zählen auch Gegenstände zur Körperpflege. Wichtig zu wissen ist dabei, dass das Gesetz nur bei Werbeaussagen greift, die sich auf die Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden beziehen. Wird dagegen von der Vorbeugung von Krankheiten gesprochen, greift das HWG nicht mehr. Dann ergeben sich Werbebeschränkungen nur aus dem LFGB (Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch) sowie dem UWG. Einen Katalog an Aussagen, Inhalten und Maßnahmen, die in der Werbung für Arzneimittel, Verfahren, Behandlungen, Gegenstände oder andere Mittel außerhalb der Fachkreise generell untersagt sind, enthält § 11 HWG. Den größten Einfluss auf die Werbung von Kosmetikinstituten hat die EU-Kosmetikverordnung Nr. 1223/2009 vom 30. November 2009 (EU-KVO). Sie ist seit dem 11. Juli 2013 gültig und hebt seither die bisherige EG-Kosmetikrichtlinie (76/768/EWG) auf. Außerdem löst sie die auf kosmetische Mittel bezogenen Regelungen des LFGB sowie die deutsche Kosmetikverordnung

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Literatur beim Autor

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ab. Sie regelt Sicherheitsanforderungen, Anforderungen an die Kennzeichnung, fasst die bisherigen EG-Richtlinien aus dem Bereich der Kosmetikherstellung sowie dem Vertrieb in einem Gesetz zusammen und definiert genau, was „kosmetische Mittel“ sind. Artikel 20 beschäftigt sich mit Werbeaussagen aus dem kosmetischen Bereich. So spricht Absatz 1 das Verbot der Irreführung aus: „Bei der Kennzeichnung, der Bereitstellung auf dem Markt und der Werbung für kosmetische Mittel dürfen keine Texte, Bezeichnungen, Warenzeichen, Abbildungen und andere bildhafte oder nicht bildhafte Zeichen verwendet werden, die Merkmale oder Funktionen vortäuschen, die die betreffenden Erzeugnisse nicht besitzen.“ Aktuell arbeitet die Europäische Kommission zusammen mit den Mitgliedstaaten an einem Aktionsplan zu verwendeten Werbeaussagen. Dabei will sie die Prioritäten für gemeinsame Kriterien festlegen, die die Verwendung einer Werbeaussage rechtfertigen. Der Bericht wird dem Europäischen Parlament bis zum 11. Juli 2016 vorgelegt. Allerdings sind wohl keine abschließenden Positivlisten über zulässige Werbeaussagen zu erwarten, wie es sie beispielsweise im Lebensmittelbereich gibt („Health Claims“). Stattdessen geht es vielmehr um die Vorgabe von allgemeinen Kriterien, die durch Beispiele konkretisiert werden sollen.

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Fazit Aus juristischer Sicht ist der Kampf um die Schönheit ziemlich hässlich. Wer also für Beauty und Wellness Werbung machen will, sollte sich bereits im Vorfeld sehr genau über die besondere Rechtslage zu diesem Thema informieren. Auch wenn Hersteller ihren Kunden und Geschäftspartnern Werbematerial zur Verfügung stellen, schadet es nicht, einen aufmerksamen Blick darauf zu werfen. Rückblickend kann sich der Einsatz von vorgefertigten Flyern, Anzeigen und Co. leider mehr als ärgerlich und mitunter auch geschäftsschädigend auswirken, wenn dem Herausgeber ein Fehler unterlaufen ist oder er sich der „Irreführung“ selbst nicht bewusst war. Denn auch Kosmetikerinnen und kleine Unternehmen können eine Abmahnung kassieren, wenn sie das fertige Werbematerial einsetzen. s STEFAN ENGELS Der Tätigkeitsschwerpunkt des seit 2002 zugelassenen Rechtsanwalts ist die Geschäftsfeldentwicklung und Internationalisierung von Unternehmen. In dieser Eigenschaft hat er auch beim Lizenzaufbau für Derma Eve beratend mitgewirkt. www.derma-eve.de

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Die EU-KVO selbst enthält keine Sanktionsvorschriften. Das bedeutet, dass sie bei Verstößen keine Strafen definiert. Allerdings haben Mitbewerber und andere Marktteilnehmer die Möglichkeit, hier regulierend vorzugehen: Abmahngefahr!

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