der Spatz Nr. 1 / 2020

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Siegelsicherheit für mehr Klarheit und Transparenz

Grüner Knopf & Co. Wo Bio drauf steht, ist auch Bio drin. Wirklich? Wie bei den Lebensmitteln sollen auch bei Naturtextilien Siegel und Zertifikate eine nachhaltige Produktion und faire Arbeitsbedingungen nachweislich garantieren. Wie heißt es doch so schön: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Ein Newcomer ist der „Grüne Knopf“. // Katrin Speer Nachhaltige Vorzeige-Unternehmen unter den Naturtextilherstellern bemühen sich um erkennbare Abgrenzung gegenüber schwarzen Schafen der Branche. Grüne Siegel und Zertifikate sollen helfen, nachhaltige Mode beim Kleiderkauf eindeutig zu identifizieren und das Vertrauen der Verbraucher in Naturmode zu stärken.

Staatliche Initiative „Grüner Knopf“ Jüngstes „Baby“ in der Familie Naturmode-Zertifikate ist „Grüner Knopf“, Deutschlands erstes staatliches Nachhaltigkeitssiegel für ökologische und faire Bekleidung. Initiiert hat es Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller. Dieser hatte 2014 – als Reaktion auf den verheerenden Unfall in einer Textilfabrik in Bangladesh – bereits das Textilbündnis für mehr Nachhaltigkeit in der Mode weltweit gegründet. Der „Grüne Knopf“ soll ein weiterer Schritt sein.

Prüfung der gesamten Lieferkette Anders als bei bisherigen Nachhaltigkeitssiegeln will der „Grüne Knopf“ nicht nur einzelne Vorzeigeprodukte, sondern die gesamte Lieferkette von Unternehmen auf den Prüfstand stellen. Zum Start ist zunächst die Prüfung der Produktionsstufen „Zuschneiden und Nähen“ sowie „Bleichen und Färben“ vorgesehen. Die ökologischen und sozialen Herausforderungen seien hier besonders groß: 100 Milliarden Kleidungsstücke weltweit durchlaufen diese Prozesse. 75 Millionen Menschen sind in diesen Bereichen beschäftigt. Ab der nächsten Phase soll die Prüfung auf die Arbeitsschritte „Weben und Spinnen“ sowie anschließend auf die „Faserproduktion / Baumwollanbau“ ausgeweitet werden.

46 ökologische und soziale Kriterien Hersteller, die das Zertifikat „Grüner Knopf“ erwerben wollen, haben 46 anspruchsvolle Umwelt- und Sozialstandards zu erfüllen – von Abwassergrenzwerten bis zu Zwangsarbeitsverbot. 20 Kriterien betreffen das Unternehmen, 26 Kriterien beziehen sich auf das Produkt. Nur wenn beides stimmt, wird das Zertifikat vergeben. Prüfstellen wie der TÜV kontrollieren die Einhaltung der Standards. Die Unabhängigkeit der Kontrollen soll die staatliche Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) als „Prüfer der Prüfer“ sicherstellen.

27 Unternehmen am Start Unternehmen, die bereits gemäß der anerkannten Nachhaltigkeits-Siegeln zertifiziert sind, haben schon die erste Hürde für den „Grünen Knopf“ genommen. Anerkannte Siegel sind Fairtrade Textile Production, Global Organic Textile Standard, IVN NATURTEXTIL zertifiziert BEST, MADE IN GREEN by OEKO-TEX® sowie – in Kombination mit einem weiteren Siegel für Umwelt- bzw. Sozialstandards – auch Fair Wear, SA8000 der Organisation SAI, Blauer Engel, bluesign®PRODUCT und Cradle-to-Cradle Certified. Bei Einführung des Zertifikats waren

bereits 27 Unternehmen am Start, darunter renommierte nachhaltige Labels wie Alma & Lovis, Hess Natur und Trigema, aber auch Konzerne wie Lidl, Aldi und Tchibo. 26 weitere befanden sich im Prüfungsverfahren.

Kritik am „Grünen Knopf“ Vielen geht der „Grüne Knopf“ jedoch nicht weit genug. Wie der Beitritt zum Textilbündnis ist auch das staatliche Zertifikat freiwillig und nicht gesetzlich verankert. Die Kampagne für Saubere Kleidung (kurz: CCC für Clean Clothes Campaign) in einer Pressemitteilung bei der Einführung: „Leider weist es (Anm. das Metasiegel „Grüner Knopf“) erhebliche Schwächen auf und verfehlt so im Moment noch das Ziel, Konsument*innen eine verlässliche Orientierung zu bieten, dabei, Kleidung zu erkennen, die unter Wahrung der Arbeitsund Menschenrechte hergestellt wurde.“ Es gilt also noch zu beweisen, dass der „Grüne Knopf“ mehr leisten kann als die bereits etablierten Naturmodesiegel.

Nachhaltige Lieferketten bei Baumwolle Auch andernorts wird an der Entwicklung nachhaltiger Lieferketten in der Textilindustrie gearbeitet, zum Beispiel bei der Baumwolle. Naturfasern wie diese sind nicht nur bei Bekleidung sehr gefragt. Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) lag die Erzeugung von Naturfasern 2018 gemessen an der gesamten Weltfaserproduktion bei rund 30 Prozent. Davon entfallen über 80 Prozent auf Baumwolle. Ihre Herstellung ist jedoch angesichts des hohen Wasserverbrauchs und des Einsatzes großer Mengen an Düngemitteln und Pestiziden in mehrfacher Hinsicht als umweltkritisch zu betrachten. Eine Umstellung auf Bio-Baumwolle sei deshalb ratsam, so Dr. Maximilian Hempel, DBU-Abteilungsleiter Umweltforschung und Naturschutz in einer Pressemitteilung.

Verfahren zur Identifizierung von Bio-Baumwolle Bio-Baumwolle als solche eindeutig zu identifizieren, ist jedoch nicht einfach. Internationale Standards und Zertifizierungen sehen erst beim fertigen Textilprodukt eine Auszeichnung vor. Ergo: Fälschungen nicht ausgeschlossen. Um den Weg der Bio-Baumwolle nachzuweisen, hat das Unternehmen Tailorlux mit Unterstützung durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) ein Verfahren zur Kennzeichnung von BioBaumwolle entwickelt. Eine Markierfaser, wird mit einem Licht abgebenden Material angereichert und so sichtbar gemacht. Die Markierung erfolgt bereits in der Baumwollmühle und ermöglicht eine eindeutige Rückverfolgung. l

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