2 minute read

Auf einmal waren wir ein Risiko für die Menschen

Next Article
Menschen begegnen

Menschen begegnen

Weltzeit 3 | 2021 69

Die Covid-19-Pandemie hat Auswirkungen auf die Arbeit von Medienschaffenden weltweit. Der Investigativjournalist Andrés Bermúdez Liévano spricht über die Lage in Kolumbien.

Advertisement

Fragen Alexander Matschke, DW Akademie

Alexander Matschke: Was bedeutet die Pandemie für die unabhängigen Medien und die Meinungsfreiheit in Kolumbien?

Andrés Bermúdez Liévano: Die Pandemie hat vor allem die unabhängigen, kleineren Medienbetriebe daran gehindert, von vor Ort zu berichten. Kolumbien hatte einen der härtesten Lockdowns der Welt. Reiseverbindungen wurden teurer oder waren gesperrt.

Durch einen Erlass der Regierung zu Beginn der Pandemie wurden einzelne Gesetze zur Informationsfreiheit praktisch unwirksam: Weil staatliche Einrichtungen weniger Personal hatten, durften sie sich mehr Zeit bei der Beantwortung von Medienanfragen lassen. Jetzt dauert es teils mehr als zwei Monate, bis man Informationen von öffentlichen Stellen erhält.

Die Pandemie brachte uns zudem in die schwierigste wirtschaftliche Situation seit Ende der 1990er-Jahre. Das hat auch die Medien überaus hart getroffen.

Alexander Matschke: Welche Rolle spielte Desinformation in Kolumbien?

Andrés Bermúdez Liévano: Desinformation gab es zu allen möglichen Themen: von der öffentlichen Gesundheit über Covid-19 bis hin zur Politik. Es entstand geradezu ein Markt für Falschnachrichten, damit wuchs aber auch der Bedarf an Faktenprüfung.

Eine Besonderheit in Kolumbien: Ein Teil der Desinformation betrifft unseren Friedensprozess – den Friedensvertrag, die juristische Aufarbeitung von Straftaten im bewaffneten Konflikt und die Versöhnung.

Alexander Matschke: Was brauchen Medien, um für künftige Krisen gewappnet zu sein?

Andrés Bermúdez Liévano: Dem Wissenschaftsjournalismus sollte in Lateinamerika viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dies ist eine Chance für Institutionen, die Journalistinnen und Journalisten aus- und weiterbilden. Zweitens hat uns die Pandemie gezeigt, wie wichtig psychische und emotionale Gesundheit ist – zum einen als Gegenstand der Berichterstattung, zum anderen für Journalistinnen und Journalisten selbst. Drittens brauchen wir mehr grenzüberschreitende journalistische Zusammenarbeit in der Region, auch wenn hier in den vergangenen Jahren schon viel passiert ist.

Das Interview wurde im Rahmen der Studie „Coronavirus-Pandemie: Auswirkungen auf die Medienfreiheit in globaler Perspektive“ geführt.

Studie: Pandemie beeinträchtigt Medienfreiheit

Medien- und Desinformationskrise, digitale Kluft, Repression: Die Corona-Pandemie hat sich in weiten Teilen der Welt negativ auf die Meinungs- und Medienfreiheit ausgewirkt. Das verdeutlicht die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) in Auftrag gegebene Studie „Coronavirus-Pandemie: Auswirkungen auf die Medienfreiheit in globaler Perspektive“ der DW Akademie.

Andrés Bermúdez Liévano

ist Investigativjournalist aus Kolumbien und Koordinator des Centro Latinoamericano de Investigación Periodística (Lateinamerikanisches Zentrum für investigativen Journalismus, CLIP). Er beschäftigt sich unter anderem mit Umwelt themen und Übergangs justiz in Kolumbien. Bermúdez Liévano arbeitet im Datenjournalismus-Projekt der DW Akademie Tierra de Resistentes.

@BermudezLievano

This article is from: