PAULSKIRCHE
Frankfurter Architektur und Geschichte
Publikationen der Frankfurter Bürgerstiftung und der Cronstett- und Hynspergischen evangelischen Stiftung, herausgegeben von Clemens Greve und Franziska Vorhagen
Jean Nicolas Ventadour, Ansicht der Paulskirche, 1848Die Zeit des Nationalsozialismus und die Paulskirche
Der Nationalsozialismus betrieb bewusst die Tilgung jeglicher Erinnerung an die Revolution von 1848. Die Entfernung von Scheibes Plastik 1933 mag dafür als Symbol gesehen werden.
Dessen ungeachtet konnten dort weiterhin Gottesdienste bis 1944 stattfinden. Auch am 12. März 1944 wurde noch ein Sonntagsgottesdienst abgehalten. Es sollte der letzte sein. Sechs Tage später, am 18. März 1944, durchschlugen Phosphorbomben das steile Dach.
Pfarrer Georg Heinrich Stuckmeier war Zeuge der Vernichtung:
»Die noch brennenden Teile des Daches stürzen in die Kirche, schlagen die Empore mit über 1.200 Sitzplätzen herunter. Wie in einem ungeheuren Kessel kracht und platzt es. Die Paulskirche stirbt. Ihr leuchtendes Goldkreuz, neben dem Dom Wahrzeichen der Stadt, hängt rauchgeschwärzt kopfüber an dem ausgeglühten Turm herunter.« Von der Kirche blieben nur die Außenmauern und der ausgebrannte Glockenturm.
WIEDERAUFBAU DER PAULSKIRCHE AB 1946
Christian WelzbacherAm 11. April 1946, knapp ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, gab der damalige Frankfurter Oberbürgermeister Kurt Blaum den Wiederaufbau der zerstörten Paulskirche bekannt. Allein die Ankündigung, aus dem Trümmerfeld der Frankfurter Altstadt just dieses Gebäude neu errichten zu wollen, war eine symbolische Handlung ersten Ranges. Sie kündete unmissverständlich vom Willen zum demokratischen Neuanfang: Die wiederhergestellte Paulskirche sollte als gebautes Bekenntnis zur bürgerlichen Ordnung verstanden werden. Durch seine Geschichte war der Bau dazu gleich in doppelter Weise geeignet. Einerseits als Tagungsort der Nationalversammlung 1848/49, an die bereits die Weimarer Republik angeknüpft hatte. Andererseits – und das mochte Balsam für den Frankfurter Lokalpatriotismus sein – weil die Paulskirche immer ein Bau des Bürgertums gewesen war und damit als sakral überhöhtes Sinnbild des prosperierenden Handels-, Wirtschafts- und Bankenwesens verstanden werden konnte. An diese Bedeutung anzuschließen, sie im Sinne einer demokratisch-bürgerlichen Erneuerung weiterzuführen und mit den Mitteln der Moderne zu ergänzen –dieses Bestreben sollte die gesamte Frankfurter Stadtentwicklung von 1945 bis heute prägen. Die Wiederherstellung der Paulskirche legte hierfür den Grundstein. Da die Stadtverwaltung zu dieser Zeit nicht autonom arbeitete, sondern von der amerikanischen Besatzungsmacht abhängig war, musste die symbolträchtige Entscheidung und das weitere Vorgehen mit den Alliierten abgestimmt sein. Der zweite, auf die Wiederaufbauankündigung folgende, Schritt festigte den Demokratiegedanken in Form eines Wettbewerbs. Im Juni 1946 schrieb der Magistrat eine öffentliche Konkurrenz unter Architekten aus ganz Hessen aus. 109 Entwürfe wurden eingesandt, eine beeindruckende Zahl, die dokumentiert, wie prestigeträchtig das Vorhaben erschien, trotz aller Not und Entbehrungen, unter denen die Teilnehmer litten. Die Vorschläge verhandelten nicht allein den Umgang mit dem ausgebrannten Oval, sondern auch mit seiner