DAS MAGAZIN DER DEUTSCHEN UMWELTHILFE
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Der weite Weg des Ökostroms Neues Kältemittel für Autoklimaanlagen ist brandgefährlich Living Lakes: Konferenz der Seenschützer aus aller Welt Wie kommt Grün in die Stadt?
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Auf ein Wort...
Prof. Dr. Harald Kächele Bundesvorsitzender Deutsche Umwelthilfe e.V.
Liebe Leserin, lieber Leser, auf den neuen Hoffnungsträger der CSU ist Verlass. Die Medien berichteten von einem Schreiben des frisch gekürten bayerischen Ministerpräsidenten an die Bundeskanzlerin, in dem er eine Abschwächung der auf EU-Ebene in jenen Tagen verhandelten Klimaschutzziele für Pkw ins Gespräch brachte. Das ist auch eine Form, die Krise als Chance nutzen, aber sicher nicht als Chance für einen Neubeginn. Im Gegenteil, eher als Chance, den Neubeginn noch einmal herauszuzögern.
Eisige Zeiten für Autoindustrie & Co: Klima und Natur dürfen nicht unter staatlichen Hilfsmaßnahmen leiden.
Die Episode markiert genau den Punkt, an dem wir heute stehen. Wie reagieren wir auf die globale Finanz- und Wirtschaftskrise? Müssen Arten- und Klimaschutz erst einmal zurückstehen, bis der Schornstein wieder raucht und die Autos wieder von den Bändern rollen? Die Rufe nach Entlastungen von Unternehmen und Verbrauchern werden noch lauter ertönen. Ökosteuer, CO2-Grenzwerte, Naturschutzauflagen, das alles werden Ministerpräsidenten im Standortwettbewerb und Wahlkämpfer im Rausch des Populismus in Frage stellen. Verbände wie die Deutsche Umwelthilfe haben in diesen Zeiten in ganz besonderem Maße die Aufgabe, die Dinge zurechtzurücken und daran zu erinnern, dass Klimawandel und Artensterben lebensfeindliche Megatrends sind, denen wir uns – auch und gerade jetzt – mit Vorrang zu stellen haben. Im Vergleich dazu ist auch die gravierende Finanzkrise nicht mehr als ein momentaner Betriebsunfall einer wachstumsverwöhnten Weltwirtschaft. Kein klimazerstörendes Kohlekraftwerk darf im Windschatten der Krisenrhetorik zur Genehmigung durchgewunken werden, kein Naturschutzgebiet für Gewerbeparks geopfert werden. Nachhaltig Wirtschaften heißt die Lehre, die aus dem Finanzdesaster zu ziehen ist, nicht nur für die Finanzindustrie sondern für die gesamte Wirtschaft. Ich wünsche Ihnen ein nachdenkliches und fröhliches Weihnachtsfest und einen guten Start ins neue Jahr. Ihr
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Inhalt
Mit Bio-Kraftstoffen auf dem Holzweg
DUH aktuell
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Landschaftswandel gefährdet Vogelarten
n Der Anbau von Energiepflanzen ist auf dem Vormarsch. Welchen Wandel bringen uns die nachwachsenden Energieträger in der Landschaft und deren Arteninventar? Und: Ist ihr Anbau wirklich CO2-neutral?
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C&A-Verkaufsgebäude erreicht CO2-Neutralität
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Mehrweglook bei Lidl-Einwegflaschen
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Die Verbraucher Initiative e.V. zeichnet Althandy- Sammlung der DUH aus
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LKW-Maut wird ökologisiert
Im Blickpunkt
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Mit Biokraftstoffen auf dem Holzweg
Lebendige Flüsse
12 Wasserautobahn bedroht Naturparadiese an Havel und Spree
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13 Naturschützer an der Lebendigen Nahe senden Impulse in die gesamte Region
Überlebenshilfe für den Wald
13 Nahrung für den Weißstorch
n Die Lisei ist ein romantisch anmutender Bauernwald im Naturpark Elbufer Drawehn, geprägt von vielen verschiedenen Laubbäumen. Je älter die Bäume werden, desto höher steigt auch ihr ökologischer Wert. Damit ausgewählte Einzelbäume trotz steigender Holzpreise vor dem Einschalg gerettet werden können, hat die DUH ein Schutzprogramm ins Leben gerufen. Machen Sie mit bei unserer Rettungsaktion für die Methusalembäume!
14 Ökologie, Naturschutz und Wasserbau 16 Vom Wissen zum nachhaltigen Handeln
Naturschutz
17 Aufenthaltsgenehmigung für den König des Waldes
Wisente sollen im Rothaargebirge ausgewildert werden.
18 Überlebenshilfe für den Wald 19 Grün in der Stadt – Projekte präsentieren sich von ihrer besten Seite
KOMMUNALEr umweltschutz
20 Die Zeichen der Zeit erkannt
Die Deutsche Umwelthilfe vergibt den kommunalen Nachhaltigkeitspreis „Zeitzeiche(N)_Ideen 2008“
21 Mehr soziale Gerechtigkeit durch Umweltschutz
Global Nature Fund
22 Hilfe für Bevölkerung an der Pulicat-Lagune 23 Naturschutz live und in Farbe: Die Nature Summer Camps 2008 in Indien und Südafrika 24 Living Lakes-Konferenz in Italien verbindet Kultur und Naturschutz 25 Delfine als Botschafter zwischen den Kontinenten
Seite 18
Wirtschaftsboom gefährdet Mensch und Natur n Am Pulicat-See, einer Brackwasserlagune in Ostindien, boomen Industrie und Bauwirtschaft. Darunter leiden jedoch die in Armut lebenden Menschen am See und die atemberaubend schöne Natur. Umweltschützer haben Projekte auf den Weg gebracht, die die Lebensbedingungen der einheimischen Bevölkerung verbessern und gleichzeitig der Umwelt helfen.
26 Viertes Treffen der Living Lakes-Freunde im Jahr 2008
27 Neues Weltnaturerbe Tengiz-See
„Unbekannte“ Tierarten
28 Die Rückkehr der sanften Riesen
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Elche wandern aus Polen zu uns nach Deutschland.
Seite 22 welt 4/2008
Inhalt DUH-Umwelt-Medienpreis
30 Gemeinsam können wir es schaffen
Umwelt Erleben
32 Fokus Natur – Höhepunkt für Naturbeobachter und -fotografen 33 Filmtipp: Sharkwater
DUH-Umwelt-Medienpreis 2008 n Sie versorgen uns mit Neuigkeiten, Fakten und Mei-
nungen. Sie motivieren und helfen uns, genau hinzuschauen und bewusst zu entscheiden. Umweltjournalisten und -redakteure übernehmen eine unersetzliche Rolle. Bei der Verleihung des DUH-Umwelt-Medienpreises stehen sie einmal selbst im Mittelpunkt.
Seite 30
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WorldChanging – Handbuch der Ideen für eine bessere Zukunft
hand in Hand-Fonds 34 „Eine Welt“ traf sich beim Rapunzel-Festival in Legau
DUH Intern
35 Hermut Ruland: 33 Jahre aktiv für die DUH
Kreislaufwirtschaft
36 Energiesparlampen – Eine gute Wahl für Umwelt und Geldbeutel 36 Mehrweg lebt! Die zweite europäische Mehrwegkonferenz 37 Innovationen gesucht! Mehrweginnovationspreis zum dritten Mal ausgeschrieben 37 Film ab für den Mehrweg!
Der weite Weg des Ökostroms
n Mit der Erzeugung von Strom aus regenerativen
Quellen allein ist es nicht getan: Der Ökostrom muss auch zu den Verbrauchern kommen. Doch darauf sind unsere Stromnetze noch nicht ausgelegt. Das ist weit mehr als nur ein technisches Problem.
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Energie und Klima
38 Deutscher Klimaschutzpreis 2008:
Die DUH zeichnete die juwi-Unternehmensgruppe für ihr umfassendes Engagement für den Klimaschutz aus.
39 SolarLokal prämiert coole Sonnensprüche 40 Arbeiten am Flaschenhals der Energiewende
Die DUH startet ihr neues Projekt „Allianz Netzintegration Erneuerbare Energien“. Dr. Peter Ahmels kommt als Projektleiter.
42 Grüne Informationstechnik
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DUH-MARKT
Verkehr
44 Umweltzonen in Deutschland
Neues Kältemittel für Autoklimaanlagen ist brandgefährlich n Dicke Versprechen kann die deutsche Autoindustrie mindestens ebenso gut abgeben, wie große Autos bauen. Diesmal geht es um den Inhalt zukünftiger Fahrzeugklimaanlagen. Die DUH hat ein Kältemittel getestet und brisante Ergebnisse veröffentlicht. welt 4/2008
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Gefragt sind schärfere Regelungen, großflächige Umweltzonen und die Nachrüstung von Rußfiltern.
46 Kalter Wind für Kältemittel
Menschen für Natur
47 Starker Einsatz für den Regenwald: Schüler des Otto-Hahn-Gymnasiums in Nagold 47 Impressum
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DUH AKTUELL
Landschaftswandel gefährdet heimische Vogelarten n Im November wurde in Bonn der neue
Statusbericht „Vögel in Deutschland 2008“ vorgestellt, der vom Dachverband Deutscher Avifaunisten (DDA) in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) und der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten erarbeitet wurde. Er basiert vorwiegend auf ehrenamtlichen Felderhebungen. Die Autoren des Berichts sind sich einig: Es besteht dringender Handlungsbedarf, um den Auswirkungen des vielerorts gravierenden Landschaftswandels zu begegnen.
In monotonen Agrarlandschaften werden Feldvögel wie der Kampfläufer, aber auch Stare, an den Rand gedrängt. Bunte Wiesen, notwendiger Lebensraum für Bodenbrüter, sind immer seltener zu sehen.
Jede dritte häufige Vogelart nahm zwischen 1990 und 2006 im Bestand ab. Als alarmierend bezeichnen die Herausgeber, dass selbst viele bislang häufige Arten wie Kiebitz, Bluthänfling und Star rückläufig sind. Die schlechten Bedingungen, die bodenbrütende Feldvögel vorfinden, werden sich ohne ein entschiedenes Gegensteuern in der Agrarpolitik weiter verschärfen, so das BfN, denn artenreiche Brachflächen und wenig rentable Standorte würden derzeit großflächig in Monokulturen umgewandelt. Ein entschlossenes Handeln sei auch bei Vogelarten der Feuchtgebiete dringend erforderlich, um ein Aussterben weiterer Arten, insbesondere Alpenstrandläufer und Kampfläufer, zu verhindern.
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C&A-Verkaufsgebäude erreicht CO2-Neutralität n Nach einer umfassenden energetischen Sanierung wurde im Oktober in Mainz die Filiale des Modehauses C&A wiedereröffnet. Im Zuge der Umbaumaßnahmen erhielten Außenfassade und Dach eine Dämmung und sämtliche Fensterflächen wurden isolierverglast. Damit verbraucht das Gebäude nun rund 70 Prozent weniger Heizenergie. Die Wärmeversorgung des Hauses erfolgt mit umweltschonend erzeugter Fernwärme.
Lüftungstechnik und Beleuchtungssystem des 6500 Quadratmeter großen
Verkaufsraumes wurden komplett erneuert. So konnte der Stromverbrauch um 50 Prozent gesenkt werden. Der verbleibende Bedarf wird ausschließlich durch Strom aus Wasserkraft gedeckt. Zusätzlich werden mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach und an der Fassade rund 97.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugt. C&A beabsichtigt, das für Mainz entwickelte Energiekonzept für weitere Filialen in Deutschland zu nutzen. Das Unternehmen fördert seit 1998 das DUH-Netzwerk „Lebendige Flüsse“. welt 4/2008
DUH AKTUELL
Mehrweglook bei Lidl-Einwegflaschen
n Am 7. November haben die Ver-
n Der Discounter Lidl hat in den ver-
gangenen Monaten fast wöchentlich neue Biere, Biermischgetränke und Erfrischungsgetränke in Einwegglasflaschen auf den Markt gebracht. Das Problem dabei: Alle Einwegflaschen sahen von Farbe und Form sowie vom Etikett her fast identisch wie die üblichen Mehrwegflaschen aus. Bei DUH-Testrückgaben im Getränke- und Lebensmittelhandel wurden die Lidl-Einwegflaschen – sowohl am Automaten als auch durch das Rückgabepersonal – in 62 von 63 Fällen fälschlich als „Mehrweg“ erkannt. Das Ergebnis: Der Verbraucher hat für die Einwegflaschen 25 Cent Pfand bezahlt, bekommt bei der Rückgabe allerdings nur 8 Cent Mehrwegpfand zurück. Mit jeder falsch zurückgegebenen Lidl-Einwegflasche – nach der DUH vorliegenden Informationen bis zu 25 Prozent der verkauften Einwegflaschen – verdienen Lidl und die beteiligten Großbrauereien wie zum Beispiel die Spaten-Franziskaner-Bräu zusätzliche 25 Cent. Denn das zurückbezahlte Mehrwegpfand wird von den Trägern der deutschen Mehrwegsysteme bezahlt.
LKW-Maut wird ökologisiert kehrsminister der Länder im Bundesrat eine Mautspreizung beschlossen. Am 1. Januar 2009 tritt die Neuregelung in Kraft.
Zum Verwechseln ähnlich: Dasselbe Bier – abgefüllt in Mehrweg (links) und in Einweg (rechts).
Nachdem die DUH im Oktober rechtliche Schritte gegen Lidl wegen Verbrauchertäuschung eingeleitet hatte, wird der Discounter Markenbiere und die Limonade Bioness nicht mehr in Einweg-Glasflaschen verkaufen, die Mehrwegflaschen zum Verwechseln ähnlich sehen. Lidl hat sich verpflichtet, den Verkauf der genannten Einweggetränke im Mehrweglook bundesweit einzustellen, „um Irritationen und Verwechslungen bei Kunden und im mehrwegorientierten Getränkehandel zu vermeiden“.
Die Deutsche Umwelthilfe begrüßt den emissionsabhängigen LKWMaut-Satz. Für schlechte Schadstoffklassen wird nach dem neuen Modell der Maut-Satz stärker angehoben. Die Regelung stellt einen nachhaltigen Anreiz zur Nachrüstung von Nutzfahrzeugen dar, denn mit dem Einbau eines Partikelminderungssystems können die Fahrzeuge die jeweils besseren Euro-Norm-Stufen erreichen. Nun will die DUH die Bundesregierung davon überzeugen, dass als nächster Schritt gezielte Förderungen zur Nachrüstung von Euro III LKW bereitgestellt werden müssen. Die neu beschlossenen Werte pro Kilometer: EURO V: 15,5 Cent (bisher: 11,0 Cent) EURO IV: 16,9 Cent (bisher: 12,0 Cent) EURO III: 19,1 Cent (bisher: 12,0 Cent) EURO II - 0: 27,4 Cent (bisher: 14,5 Cent)
Die Verbraucher Initiative e.V. zeichnet Althandy-Sammlung der DUH aus n Jeden Monat stellt der Bundesverband
Verbraucher Initiative e.V. im InternetPortal www.oeko-fair.de Initiativen und Kampagnen vor, die sich für fairen und umweltgerechten Handel und Konsum einsetzen. Im Oktober wurde die Althandy-Sammelaktion von T-Mobile und Deutsche Umwelthilfe als Initiative des Monats ausgewählt. Die Verbraucherschutzorganisation lobt, dass die DUH „die Handyabgabe bequem gestaltet: Im Internet unter www.duh.de können sich Verbraucher, die ihr altes Handy loswerden möchten, eine portofreie Verwelt 4/2008
sandtasche bestellen. Das ausgediente Mobiltelefon wird darin eingetütet und mit der Gewissheit abgeschickt, dass es nun einen sinnvollen Zweck erfüllt: Funktionierende Handys werden – soweit möglich – weiterverwendet. Der Rest wird recycelt und liefert wertvolle Rohstoffe. Schadstoffe wie Schwermetalle werden zuverlässig von der Umwelt ferngehalten.
turschutzprojekte durchführen, werden von der DUH mit 1,50 Euro pro Handy an den Spendenerlösen beteiligt.
Die Erlöse aus der Verwertung der Geräte kommen als Spende der Deutschen Umwelthilfe zugute. Vereine, die im Rahmen der Initiative lokale Sammlungen zugunsten eigener Umwelt- und Na-
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IM BlickPUNKT
Mit Biokraftstoffen auf dem Holzweg Biomasse aus grünen Abfällen, Gülle und organischen Industrieresten kann einen kleinen Teil der Energieversorgung ersetzen, sind sich Fachleute einig. Von Biotreibstoff für die automobile Zukunft halten sie jedoch nichts: Kraftstoffe vom Acker sind zu teuer, verschlechtern die Klimabilanz und Arbeitsplätze bringen sie auch nicht. n
n Die Energie aus der Natur ist die vor-
erst letzte Hoffnung. Seitdem der Klimawandel die Führungsetagen von Politik und Wirtschaft mental erreicht hat, gelten Bioenergieträger als Retter in den Verhandlungen über CO2-Minderungen. Ob aus Mais, Raps, Soja oder Weizen, Chinaschilfgras, Pappeln, Palmen oder der Purgiernuss – mit Biokraftstoffen wollen die Industriestaaten ihre Verpflichtungen zur CO2-Einsparung einhalten und den Klimawandel begrenzen. Da rein rechnerisch pflanzliche Energieträger bei der Verbrennung nur die Menge CO2 abgeben, die sie während des Wachstums gebunden haben, sind Biokraftstoffe theoretisch CO2-neutral. Die
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von Ulrike Fokken
Klimabilanz ist vom Acker bis zum Tank jedoch nicht ungetrübt, denn schon die Zerstörung von Wäldern und Mooren für den Anbau kehrt die Geschichte von der CO2-Neutralität um, hält doch ein Hektar Torfboden bis zu 30 Tonnen CO2. Doch auch die Herstellung von Treibstoffen wie Bio-Diesel verbraucht Energie, so dass Biokraftstoffe vielleicht nicht einmal zur Begrenzung der sinkenden Rohölvorkommen beitragen. Denn Biokraftstoffe sollen – geht es nach EU-Kommission, Bundesregierung und Mineralöl- und Autoindustrie – auch die schwindenden und teuren fossilen Treibstoffe ergänzen. Und weil die Hoffnung groß ist, gelten Biokraftstoffe auch als
Energiespritzen für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze.
„Alle zwölf Sekunden verschwindet in Indonesien Torfregenwald in der Größe eines Fußballfeldes.“ Solche Wunder schafft selbst die Natur nicht. Im Gegenteil. Seit dem Boom der Biokraftstoffe leidet die biologische Vielfalt in der Tier- und Pflanzenwelt unter dem Ausbau der Agrarrohstoffe – weltweit. „Alle zwölf Sekunden verschwindet durch Brandrodung in Indonesien welt 4/2008
IM BLICKPUNKT
Braunkehlchen, Rebhuhn und Stieglitz haben in der modernen Biokraftstofflandwirtschaft keinen Platz.
Torfregenwald in der Größe eines Fußballfeldes“, sagt Tobias Münchmeyer, Energieexperte bei Greenpeace. Kein Land der Welt zerstört seinen Regenwald damit schneller als Indonesien, dem Weltmarktführer für Palmöl. Denn Palmöl ist seit Jahren der Schmierstoff für die Chemie- und Nahrungsmittelindustrie, die daraus vom Waschmittel bis zum Müsliriegel allerlei Produkte fertigt. Seitdem Palmöl jedoch als Biodiesel auch Autos antreibt, ist der Markt für das rote Pflanzenfett explodiert. In den vergangenen fünf Jahren hat Indonesien die Produktion um 66 Prozent gesteigert, so dass im Erntejahr 2007/08 das Land 17,1 Millionen Tonnen Palmöl auf früheren Waldböden produziert hat. Indonesien liegt mit 44 Prozent an der Weltpalmölproduktion nur knapp vor Malaysia, das auf 43 Prozent Marktanteil kommt. Nationale und internationale Naturschutzorganisationen warnen daher, dass die Palmölplantagen den Lebensraum der letzten in Freiheit lebenden Orang-Utans zerstören und das Überleben der Primaten bedroht ist.
„Grünlandumbruch ist schlecht für den Klimaschutz und den Naturschutz.“ Der Flächenverbrauch für den Anbau von Biokraftstoffen ist aber auch in Deutschland immens. Mehr als 300.000 Hektar ehemals stillgelegte landwirtschaftliche Flächen sind seit November 2007 wieder beackert worden. Fünfzehn
Jahre hatten die Flächen in Folge der EUAgrarreformen brach gelegen, bis die europäischen Landwirtschaftsminister sie im vergangenen Jahr inmitten der Biodiesel-Hochstimmung wieder zum Anbau freigaben. Die brachliegenden Felder und Äcker waren jedoch in den Jahren der Stilllegung zum Lebensraum für eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten geworden, darunter bedrohte Vögel wie Feldlerche, Braunkehlchen, Grauammer, Rebhuhn und Heidelerche. Der erneute Anbau auf den alten Brachen hat ein
Brandrodungen für die Pflanzung von Palmölplantagen zerstören den indonesischen Regenwald und damit den Lebensraum der bedrohten Orang-Utans.
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IM BlickPUNKT Artensterben ausgelöst und mindestens 120.000 Feldlerchenpaare das Leben gekostet, schätzen DUH-Naturschützer (siehe DUHwelt 3/2008). „Der in den kommenden Jahren zunehmende Anbau nachwachsender Rohstoffe wird die Situation für Feldlerche, Grauammer und Stieglitz weiter verschärfen“, fürchtet Stefan Fischer, Vorsitzender des Dachverband Deutscher Avifaunisten. Da die Weltmarktpreise für Ackerfrüchte steigen, brechen Landwirte jedoch nicht nur brachliegende Felder um, sondern roden auch Wald und Wiese für den Anbau. „Wir beobachten seit einigen Jahren einen vermehrten Umbruch von Grünland“, sagt Florian Schöne, Energiereferent beim Naturschutzbund Deutschland (NABU). Auf feuchten und stark humosen Flächen steht dann Mais, den Schöne auch schon mal als die „Syphilis der deutschen Landschaft“ bezeichnet. Allein in Norddeutschland seien in den vergangenen Jahren acht Prozent des Grünlandes in Ackerland umgewandelt worden. „Der Grünlandumbruch ist schlecht für den Naturschutz und für den Klimaschutz“, sagt Schöne. Mit jedem Hektar beackertem Hektar Feuchtgebiet geht ein Hektar natürlicher Kohlendioxidspeicher verloren, jeder Hektar Maisfeld ist für den Erhalt der biologischen Vielfalt verloren.
„Zehn bis zwölf Prozent des Primärenergiebedarfs kann hierzulande mit Biomasse gedeckt werden.“
Energiepflanzen: Mais, Soja und Raps. Monokulturen und aufgeräumte Landschaften lassen der Artenvielfalt keinen Raum.
Nach den Plänen von Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) soll der Anteil der Biokraftstoffe an der Energieversorgung auf zwölf Prozent steigen. Noch trägt die Biomasse zu knapp fünf Prozent zur Energieversorgung hierzulande bei, wobei die nachwachsenden Rohstoffe nicht alle vom Acker stammen, sondern auch Holzabfälle, Reste aus der Lebensmittelindustrie, Tierkadaver und grüne Reste aus Land- und Forstwirtschaft energetisch aufbereitet schließlich in Heizkesseln und Tanks landen. Fachleute auf der ersten DUH- BiokraftstoffKonferenz im Oktober waren sich zwar einig, dass der Anteil der Biomasse zur Energieversorgung steigen kann, da zum Beispiel überschüssige Biomasse wie
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IM BLICKPUNKT Gülle bislang nur zu 15 Prozent genutzt wird. Auch die energetische Verwertung von grünen Abfällen aus dem Wald und vom Acker ist noch ausbaufähig, ebenso wie die Nutzung von organischen Industrieabfällen. „Zehn bis zwölf Prozent des Primärenergiebedarfs kann hierzulande mit Biomasse gedeckt werden“, sagte Christian Hey, Generalsekretär des Sachverständigenrats für Umweltfragen, der die Bundesregierung berät. „Es bleibt also die Frage: Was machen wir mit den 90 Prozent?“
„Die Kosten der EU Biokraftstoffpläne übersteigen den Nutzen.“ „Die Effizienz der Fahrzeuge ist der beste Biokraftstoff,“ sagt Energieexperte Uwe Fritsche vom Öko-Institut. Dass nachwachsende Rohstoffe nicht in den Autotank gehören, hat auch der Think Tank der Europäischen Kommission in Brüssel errechnet. Die Wissenschaftler des Joint Research Centers haben die Klimarelevanz von Biotreibstoffen, den nötigen Landverbrauch, die Kosten, die mutmaßlichen Arbeitsplatzeffekte und den Beitrag der Biokraftstoffe zum Wirtschaftswachstum untersucht und kommen zu dem nüchternen Ergebnis: „Die Kosten der EU Biokraftstoffpläne übersteigen den Nutzen.“ Da Biomasse und Geld in der EU „begrenzte Ressourcen sind, sollten sie so genutzt werden, dass sie die größten Auswirkungen haben“, schreiben die Wissenschaftler. Sie empfehlen, Biomasse in stationären Anlagen wie zum Beispiel kleinen Blockheizkraftwerken oder Biogasanlagen zur Erzeugung von Wärme und Strom zu nutzen. Denn Biomasse zu verheizen und zu verstromen ist wesentlich effizienter, als aus Ackerfrüchten Diesel oder Gas herzustellen, sind sich die EU-Berater mit den Wissenschaftlern im Sachverständigenrat der Bundesregierung einig. Und in noch einem Punkt treffen sich die europäischen Wissenschaftler: Den Anbau von Bioenergiepflanzen auf weiteren Flächen können sich die Länder aus ökologischen Gründen nicht leisten.
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Datum, Unterschrift
11 Datum, Unterschrift DUHwelt 4/2008
LEBENDIGE Flüsse
Wasserautobahn bedroht Naturparadiese an Havel und Spree Umweltverbände klagen gegen den Ausbau des Sacrow-Paretzer Kanals bei Potsdam. Eine neue Studie belegt, dass es für den völlig überdimensionierten und teuren Ausbau gar keinen Bedarf gibt.
n Die malerischen Ufer der Unteren Havel säumen noch Röhrichtbestände, wertvolle Auen und Feuchtgebiete; hier leben Biber, Fischotter und viele weitere selten gewordene Tier- und Pflanzenarten. Und auch Unesco-Welterbestätten liegen hier: weltberühmte Landschaftsgärten von Peter Josef Lenné, etwa der Sacrower Park mit der Heilandskirche direkt am Ufer des Sacrow-Paretzer Kanals.
Doch zwischen Magdeburg und Berlin will das Bundesverkehrsministerium Havel und Spree zu einer gigantischen „Wasserautobahn“ ausbauen – 185 Meter lange so genannte Großschubverbände sollen sich auf der gesamten Strecke begegnen können. Die Flüsse würden auf vier Meter vertieft, Gewässerkurven müssten über weite Strecken begradigt werden, Uferböschungen würden abgegraben und ihre Gehölze beseitigt – allein am Sacrow-Paretzer-Kanal sollen 900 Bäume der Motorsäge zum Opfer fallen. Auch der Welterbe-Titel könnte aberkannt werden.
Das milliardenschwere Ausbauprojekt bedroht diese Flusslandschaft.
Die Idee stammt noch aus der Wendezeit. Die Planer rechneten damals mit über vier Millionen Menschen in Berlin und blühenden Industrielandschaften. Eine Reihe ehrgeiziger Infrastrukturprojekte (Verkehrsprojekt Deutsche Einheit) sollten die damals „neuen Bundesländer“ und Berlin mit Milliardenaufwand fit für den Westen machen. Nur noch Teile des einzigen Wasserstraßenprojektes stehen aus. Das Planfeststellungsverfahren für den 13 Kilometer langen Sacrow-Paretzer Kanal, dem nördlichen Durchstich der Havel bei Potsdam, wurde trotz vehementer Proteste von Umweltverbänden, anliegenden Gemeinden und vielen Politikern aus allen Parteien abgeschlossen. Nach dem Willen des Verkehrsministeriums sollten noch in diesem Jahr die Bagger anrücken. Das Projekt ist nicht nur eine Katastrophe für streng geschützte Biotope und den Wasserhaushalt, sondern auch völlig überflüssig. Für das Jahr 2010 erwarteten die Planer einst 14 Millionen Tonnen Fracht. Doch Ende der Neunziger war der Boom vorbei. Nur 3,6 Millionen Tonnen werden hier jährlich mit Binnenschiffen transportiert. 2006 waren das in Berlin 53 Prozent weniger als 1996, wie eine aktuelle Studie zeigt. Oft fahren nur zwei oder drei Schiffe am Tag. Das Verkehrsministerium aber hält
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Der Biber ist auf intakte Auen angewiesen.
unbeirrt an seinem Plan fest. Über eine Milliarde Euro sollen noch verschwendet werden. Der BUND hat jetzt mit Unterstützung vieler Umweltverbände wie der DUH Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht eingereicht. „Wir vertrauen auf den gesunden Menschenverstand der Richter und sind deshalb vom Erfolg unserer Klage überzeugt“, so Tilmann Heuser, Landesgeschäftsführer des BUND in Berlin. Bis zur Entscheidung ruhen nun die Bagger.
Förderer des Netzwerks „Lebendige Flüsse“:
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LEBENDIGE Flüsse
Naturschützer an der Lebendigen Nahe senden Impulse in die gesamte Region n Linksrheinisch durchfließt die Nahe ein von mildem Klima geprägtes Tal im Saarland und in Rheinland-Pfalz. Im Süden begrenzt sie den Naturpark Soonwald-Nahe. 2007 wurde sie ins DUH-Netzwerk der Lebendigen Flüsse aufgenommen. Mittlerweile wurden etliche konkrete Projekte umgesetzt, unter anderem aus einer DUH-Spendenaktion. Partner vor Ort ist das Regionalbündnis Soonwald-Nahe in Zusammenarbeit mit weiteren Naturschutzverbänden.
Die Naturstation Lebendige Nahe (www. naturstation.org) mit ihrer naturkundlichen Ausstellung, die lebende Reptilien, Amphibien und Insekten der Region zeigt, war die Keimzelle des Projekts. Die Tiere entstammen der Zucht oder wurden zur Genesung nach Unfällen aufgenommen. Über 6000 Besucher bestaunten sie in der ersten, jetzt auslaufenden Saison! In Odernheim und Bad Sobernheim an der mittleren Nahe warten von Schülern und Kindergruppen gefertigte Storchennester mitsamt Masten auf den Storchenzug des nächsten Frühjahrs. Ufernahe Wiesenteiche und neue Streuobstanlagen am Waldrand sollen die Vielfalt der Flora und Fauna fördern, die für Storch, Eisvogel und Graureiher lebensnotwendig sind.
Wirtschaften mit der Natur Das Regionalbündnis Soonwald-Nahe zielt mit seiner Naturschutzarbeit auf die Gesamtentwicklung der wunderschönen, großteils vom Weinbau geprägten Landschaft mit ihren Steillagen und Tro-
ckenmauern und ihrer seltenen geologischen Vielfalt auf kleinstem Raum. Im Oktober stellte das Bündnis mit Partnern aus Landwirtschaft, Bäckereien, Metzgereien und Gastronomie die neue Regionalmarke „SooNahe – Gutes von Nahe und Hunsrück“ der Öffentlichkeit vor. Mit ihr können nun Heimische wie Gäste die hochwertigen Produkte der Kulturlandschaft genießen (www. soonahe.de).
Das Nahetal beheimatet zahlreiche wärmeliebende Tiere und Pflanzen.
Nahrung für den Weißstorch n In der Elbtalaue haben sich der Storchenhof Lohburg und die Deutsche Um-
welthilfe das Ziel gesetzt, konkrete Projekte zur Verbesserung des Nahrungsraums der Störche anzustoßen. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt förderte unsere gemeinsame Studie „Aktionsplan Weißstorch“. Als ein Pilotprojekt wurden im September 2008 mit Hilfe von drei Staubrettern mehrere Hektar Fläche bei Wahrenberg wiedervernässt. So finden Amphibien in Kleingewässern und Senken auf der Wiese optimale Laichbedingungen. Davon werden wiederum die 15 Weißstorchpaare in der nahen Alandniederung, einem Nebenfluss der Elbe, profitieren. Die Durchführung der Staumaßnahme wurde durch eine Spende des Explorers Club ermöglicht.
Unverwechselbar: Der Eisvogel.
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LEBENDIGE Flüsse
Ökologie, Naturschutz und Wasserbau zusammenführen Forschung und Entwicklung: Dokumentation überregional bedeutsamer Vorhaben zum naturverträglichen Hochwasserschutz, zur ökologisch optimierten Wasserkraftnutzung und zum Auenschutz
n Durch den Verbau der Flüsse und der
Auen und unterschiedliche Nutzungsansprüche verschwanden viele spezialisierte Lebensräume und mit ihnen deren angepasste Tier- und Pflanzenarten. Heute existieren in Deutschland nur noch ungefähr 20 Prozent der natürlichen Überflutungsflächen. Gleichzeitig zwingen immer häufiger auftretende „Jahrhunderthochwässer“ zum Handeln. Deshalb bedarf es verstärkter Anstrengungen, um die Struktur unserer Fließgewässer wieder zu verbessern. Dies kann nur in interdisziplinärer Zusammenarbeit von Ökologie, Naturschutz und Wasserbau erfolgreich funktionieren. Hier setzt ein neues ForschungsProjekt an, das die DUH gemeinsam mit Experten der Universität Karlsruhe in den nächsten beiden Jahren im Auftrag des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) durchführt. Das Team sucht überregional bedeutsame Beispiele für naturverträglichen Hochwasserschutz, für ökologisch optimierte Wasserkraft und zum Auenschutz in ganz Mitteleuropa.
In der Elbtalaue bei Lenzen wird ökologischer Hochwasserschutz wahr.
Der Hirschkäfer ist der imposanteste Käfer Mitteleuropas.
Gelbe Schwertlilien gedeihen auf wechselnassen Standorten.
Für die Darstellung umgesetzter Maßnahmen und die Auswahl von Positivbeispielen soll das Fachwissen aus allen drei Bereichen Ökologie, Wasserbau und Naturschutz zusammengetragen und verbunden werden, um innovative und richtungweisende Lösungswege aufzuzeigen, wie Verbesserungen für das Ökosystem von Fluss und Aue mit den verschiedenen Nutzungen verknüpft werden können. Geplant ist ferner, Aussagen zu Nutzen-KostenRelationen der Projekte zu treffen und die volkswirtschaftlichen Auswirkun-
gen zu beleuchten. Zur Ergänzung der umgesetzten Maßnahmen werden zusätzlich Vorhaben dokumentiert, deren Umsetzung begonnen hat oder deren Umsetzung in der Projektlaufzeit beginnen soll.
Intakte Auwälder sind in Deutschland selten geworden.
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Das Projekt wird gefördert von:
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03.03.2008
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LEBENDIGE Flüsse
Vom Wissen zum nachhaltigen Handeln
Die Organisatoren gratulieren den Wettbewerbssiegern. n Mit seinem jährlich ausgerufenen BundesUmweltWettbewerb fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung Umweltwissen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Im eigenen Erfahrungsbereich sollen sie ökologische Probleme aufspüren und kreative, handlungsbezogene Lösungen entwickeln. Die DUH beteiligt sich als Förderer und stiftet jedes Jahr im Rahmen ihrer Initiative „Schulen für Lebendige Flüsse“ zwei Sonderpreise in Höhe von je 500 Euro.
Johannes Funk und Valentin Walther, Schüler der Bischof-Neumann-Schule in Königstein, untersuchten die Auswirkungen von Einleitungen eines Klärwerks in den Urselbach im Taunus. Dabei konnten sie Störungen des Hormonhaushalts von Gewässerlebewesen nachweisen. In ihrem Praxisteil zeigten die jungen Forscher den Behörden auf, dass derzeit keine ausreichenden Methoden zur Eliminierung verfügbar sind. Für ihre klare wissenschaftliche Aufbereitung erhielten sie einen der DUH-Sonderpreise. Mit Krebstieren in der Kleinen Aller, einem Nebenflüsschen der Weser, beschäftigte sich Sonja Lehnert, Gymnasiastin in Wolfsburg und zweite Preisträgerin. Damit ergänzte sie eine systematische Untersuchung von Gewässerflora und -fauna dieses Flusses. Mit ihrer sorgfältigen Bestandsaufnahme konnte sie belegen, dass sich Renaturierungsmaßnahmen aus dem vergangenen Jahrzehnt positiv auf die Artenanzahl
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auswirkten. In einem Maßnahmenkatalog macht die Schülerin praxisnahe Vorschläge zur weiteren ökologischen Aufwertung der Kleinen Aller. Die nächste Wettbewerbsrunde läuft! Einsendeschluss ist der 15. März 2009. Weitere Infos: www.buw-home.de
n Auf der Wasserwoche in Ronney konnten Schüler drei Tage lang die Elbe
und das globale Thema Wasser in Theorie und Praxis kennenlernen. Die Exkursionen, Vorträge und Aktionen wurden gemeinsam vom Umweltzentrum Ronney und dem DUH-Projekt Lebendige Elbe organisiert und durchgeführt.
Für die Förderung danken wir der Stiftung Umwelt, Natur- und Klimaschutz des Landes Sachsen-Anhalt und der Lotto Toto GmbH Sachsen-Anhalt.
welt 4/2008
Naturschutz
Wisente leben in Herden und sind sehr standorttreu.
Aufenthaltsgenehmigung für den n Juristisch gesehen, ist der Lebensraum für den Wisent in Deutschland zur Zeit noch kleiner als in freier Wildbahn. Im Privatwald von Richard Prinz zu SaynWittgenstein-Berleburg im Rothaargebirge hätte der Wisent 4.300 Hektar Wald und Wiesen für sich. Wenn der europäische Bison eine Aufenthaltsgenehmigung bekäme. Da er jedoch seit über 100 Jahren in Deutschland ausgestorben ist, hat das Tier seine gesetzliche Lebensgrundlage verwirkt: Der Wisent gilt hierzulande nicht als einheimische Tierart. Und ohne Genehmigung darf er auch im privaten Wald derer zu Wittgenstein nicht grasen.
Das Fürstenhaus, der Landkreispräsident und die Naturschutz- und Tourismusverbände der Region haben Anträge gestellt, Genehmigungen eingeholt, eine Machbarkeitsstudie erstellt, mit dem Bundesamt für Naturschutz zusammengearbeitet. Jetzt muss noch das Bundesumweltministerium zustimmen. Die Freunde des Wisents hoffen nun, dass das einmalige Projekt im Frühjahr starten kann. Eigentlich sollten die ersten Wisente schon im Oktober in das Rothaargebirge kommen. Zehn bis 15 Tiere aus europäischen Zoos sollten sich einige Monate in einem Auswilderungsgehege an die Freiheit gewöhnen und den Menschen vergessen. Im Laufe des Jahres 2009 wären sie dann in das Rothaargebirge entlassen worden, wo sie frei umherwelt 4/2008
König des Waldes Wisente sollen im Rothaargebirge ausgewildert werden. Die Gruppe von rund 15 Tieren wäre die erste Wisentpopulation in Westeuropa, nachdem der europäische Bison zu Beginn des 20. Jahrhunderts fast ausgerottet wurde.
ziehen und nach Belieben fressen und sich vermehren können. Auf 20 bis 25 Tiere soll die Wisentpopulation steigen, die übrigens die erste in Westeuropa sein wird. Wisente leben in freier Wildbahn nur noch in Polen, Litauen, Weißrussland und anderen osteuropäischen Staaten.
Der Wisent trägt zur biologischen Vielfalt bei Große Pflanzenfresser wie der Elch und der Wisent haben auch in Deutschland einen Platz in der Natur, ist Dr. Margret Bunzel-Drüke von der Arbeitgemeinschaft Biologischer Umweltschutz im Kreis Soest überzeugt. Seit bald zehn Jahren bereitet Bunzel-Drüke mit dem Verein Taurus Naturentwicklung die Wiederansiedlung der Wisente im Rothaargebirge vor. Denn seitdem der Mensch die großen Pflanzenfresser Auerochsen, Wisent und Elch in den vergangenen Jahrhunderten ausgerottet hat, klafft hierzulande eine ökologische Lücke. „Jeder Pflanzenfresser pflegt die
Nahrung, die er braucht“, sagt Biologin Bunzel-Drüke, die in Wisentgebieten in Polen zwar beobachtet, dass sich der Wald verändert, aber mitnichten kahl gefressen ist, wie Kritiker fürchten. Der Wisent trägt durch seine Nahrungswahl, durch Verbiss, Tritt und Dung beim Herumstreifen durch den Wald dazu bei, dass offene Landschaften entstehen. Die sind wiederum Freiraum für neues Leben von Tieren und Pflanzen. Das Rothaargebirge liegt im südöstlichen Nordrhein-Westfalen. Seine ausgedehnten Wälder und ruhigen Täler sind ideal für das Wisent-Projekt.
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Naturschutz
Überlebenshilfe für den Wald Man nennt sie Methusalembäume, nicht ganz zutreffend, denn eigentlich sollen sie erst noch uralt werden. In einem alten Bauernwald im Naturpark Elbufer Drawehn verfolgt die Deutsche Umwelthilfe derzeit einen vielversprechenden Ansatz, den Lebensraum Wald nachhaltig zu schützen.
Auf Wunsch erhalten Spender, die einen Betrag ab 50 Euro beisteuern, diese repräsentative Urkunde sowie Plakettennummer und geografische Daten des von ihnen (mit-)finanzierten Baumes.
n Das Prinzip ist einfach: Die für den Naturschutz wertvollsten alten Bäume werden mit Hilfe von Spendengeldern den Waldbesitzern abgekauft und dauerhaft unter Schutz gestellt. Sie können noch viele Jahrzehnte leben und selbst, wenn sie eines Tages absterben, bleiben sie an ihrem Standort und werden dort ihrem natürlichen Zerfallsprozess überlassen.
Schützen durch Kaufen
Höhlenbäume und Mergelgruben
Deshalb heißt es jetzt: Schützen durch Kaufen. Vor dem Kauf werden die einzelnen Bäume vermessen und taxiert, mit ihrem genauen Standort in eine Bestandsliste aufgenommen. Die gekauften Bäume werden vertraglich unter Schutz gestellt und mit Metallplaketten markiert, so dass Spender „ihren“ Baum problemlos aufsuchen können.
Die Lisei, ein alter Bauernwald von rund dreißig Hektar, ist für das Vorhaben ideal geeignet. Elf Laubbaumarten kommen in diesem Eichen-Buchenwald vor, der in enger Nachbarschaft zu ausgedehnten Feuchtgebieten liegt. Die Lisei weist ein geradezu abenteuerlich durchlöchertes Bodenrelief auf. Im Frühjahr stehen zahllose im Laufe der Jahre entstandene Lehmgruben unter Wasser und dienen Kammmolchen, Teichmolchen und Grasfröschen als Laichgewässer.
In der Lisei werden zum Schutz des Waldbodens Rückepferde für die Forstarbeit eingesetzt.
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Pirol, Rotmilan und Kolkrabe brüten in den Baumkronen. Neben anderen Singvögeln kommen hier bemerkenswert viele Spechtarten vor. Ohne ihre Zimmermannsarbeit hätten viele Tierarten große Schwierigkeiten, geeignete Nischen zum Brüten, zur Jungenaufzucht oder zum Überwintern zu finden. Kleiber, Eulen, Hornissen, Wildbienen – sie alle beziehen verlassene Spechthöhlen. Auch Fledermäuse finden in dem alten Wald reichlich Nahrung. Vielfalt auch am Boden: über 300 Pilzarten sind in der Lisei nachgewiesen.
Jahrzehntelang blieb die Lisei nahezu unangetastet. Doch jetzt werden die Wälder wieder rentabel, denn die Holzpreise sind rasant gestiegen! Alte Eichen und Buchen erzielen gute Preise und werden vermehrt und früher eingeschlagen. Damit fehlen immer mehr alte Bäume im Wald, die natürlich absterben und im Wald verrotten können.
Um das Schutzprogramm zu verwirklichen, benötigen wir Ihre Hilfe! Indem wir die wichtigsten Rotbuchen, Eichen, Kiefern und Hainbuchen aus dem Wald herauskaufen, schützen wir die Artenvielfalt des ganzen Lebensraums für viele Jahrzehnte. Mit Ihrer Spende sollen besonders Bäume erworben werden, die schon Spechthöhlen und Risse aufweisen oder sich in wenigen Metern Höhe zu einem Doppelbaum verzweigen (Zwiesel). Sie sollen uralt werden und vielen Vögeln, Fledermäusen, Insekten und Säugetieren als Unterschlupf dienen. Spenden erbitten wir auf das Konto 8 190 002 bei der Bank für Sozialwirtschaft Köln (BLZ 370 205 00), Stichwort Lisei
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Naturschutz
Grün in der Stadt – Projekte präsentieren sich von ihrer besten Seite Zur Nacha hmung empfohle n!
Seit Januar zeichnet die DUH Städte und Gemeinden für vorbildliche Projekte im ökologischen Grünflächenmanagement aus. Die zahlreich eingegangenen Bewerbungen zeigen das Engagement der Kommunen für den Naturschutz. n Gleichzeitig gibt es in vielen Kommunen immer noch offene Fragen. Was kann im Stadtgebiet für die Natur getan werden? Wie geht man solch ein Projekt an? Wie kann man die Öffentlichkeit einbinden? Welche Fördermöglichkeiten gibt es? Auf diese und zahlreiche weitere Fragen gibt es in den eingereichten Projekten ausführliche und kreative Antworten. Sie wurden in vier Workshops in Münster, Tübingen, Offenbach und Apolda einem breiten Publikum vorgestellt. Mehr als hundert Vertreter aus Umwelt-, Garten- und Bauämtern, sowie Bürgermeister, Aktive aus Agendagruppen und lokale Vertreter von Naturschutzverbänden nahmen teil.
Die auf den Workshops gezeigten Präsentationen können von der Internetseite www.stadtgruen.de heruntergeladen werden.
welt 4/2008
Naturschutz-Schaugarten in Wachtberg Wissenstransfer zwischen den Kommunen ist notwendig, doch manche Gemeinden gehen sogar noch weiter. Die Gemeinde Wachtberg, südlich von Bonn gelegen, regt ihre Bürgerinnen und Bürger dazu an, Naturschutz im eigenen Garten zu betreiben. Direkt vor dem Rathaus, wo ehemals eine eintönige Rasenfläche den Parkplatz einsäumte, erfreuen heute verschiedene Staudenbeete an sonnigem, schattigem und sandigem Standort das Auge von Gärtnerinnen und Gärtnern. Wildbienen nutzen die Nisthilfen, und eine Wildblumenwiese, Wildstrauch-Hecken, Trockenmauern und eine Kräuterspirale runden das Bild ab. Auf 600 Quadratmetern vermittelt das „Projekt des Monats September Grün in
Ein Genuss für blütenbesuchende Insekten.
der Stadt“, wie auf einer kleinen Fläche mit einheimischen Pflanzen und naturnaher Gestaltung wichtige Naturinseln entstehen können, die Lebensraum und reichlich Nahrung für Insekten, Vögel und Säugetiere bieten. Sobald die Anwuchspflege bewältigt ist, entfallen in solch einem Garten fast alle Pflegearbeiten. Initiiert und gestaltet wurde der Schaugarten von der lokalen Agenda 21-Gruppe. Um seine Ideen und sein Wissen auch über die Grenzen der Gemeinde hinaus zu verbreiten, hat der Arbeitskreis die 40-seitige Broschüre „Der naturnahe Schaugarten in Wachtberg“ mit umfangreichen Tipps für die naturnahe Gartengestaltung erstellt, die bei der Gemeinde Wachtberg (hannelore. vogel@wachtberg.de) bestellt werden kann.
Gefördert durch:
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KOMMUNALER UMWELTSCHUTZ
Die Zeichen der Zeit erkannt Die Deutsche Umwelthilfe vergibt den kommunalen Nachhaltigkeitspreis „Zeitzeiche(N)_Ideen 2008“
n Die UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro betonte neben zwischenstaatlichen Abkommen zum Schutz der Umwelt ganz besonders die Rolle der Kommunen: Die Kommunalverwaltungen wurden aufgerufen, gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern Lösungen für eine nachhaltige Entwicklung und den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen zu erarbeiten. So lautete eine der wesentlichen Aussagen des umfangreichen Abschlussdokuments – der Agenda 21. Vor mehr als zehn Jahren starteten viele deutsche Kommunen mit Leuchtturmprojekten die Umsetzung einer lokalen Agenda 21. Nach teilweise zähem Ringen mit den etablierten Positionen und Personen vor Ort benötigt nachhaltige Kommunalentwicklung neue Impulse und frische Ideen. Aus diesem Grund hat die DUH mit der Ausschreibung des Wettbewerbs „Zeitzeiche(N)_Ideen 2008“ Kommunen, Initiativen, Einzelpersonen und Unternehmen aufgefordert, zukunftsfähige Konzepte einzureichen.
Wegweisende Projektideen ausgezeichnet Im September 2008 wurden die von einer Jury aus Fachleuten für nachhal-
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tige Entwicklung ausgewählten Ideen und die Menschen, die dahinter stehen, ausgezeichnet. Die Prämierung fand im Rahmen des Netzwerk21-Kongresses in Leipzig statt. Der Kongress wird von der Grünen Liga Berlin und anderen Organisationen durchgeführt und stärkt die Netzwerkwerkbildung unter den lokalen Nachhaltigkeitsinitiativen in Deutschland. Nicht allein abgeschlossene Projekte, sondern auch mutige Zukunftskonzepte sind wertvoll. Deshalb prämierte die DUH im Rahmen des Zeitzeiche(N)-Preises Ideen, die kurz vor der Umsetzung stehen. Die für den Kongress verantwortliche Arbeitsgemeinschaft hat den Zeitzeiche(N)-Preis bereits im letzten Jahr an durchgeführte Projekte vergeben. Die DUH ergänzte die Preisvergabe 2008 durch den Ideenpreis.
Haushalt entlasten, der zum Teil für die privaten Energiekosten dieses Personenkreises aufkommen muss. Menschen, die sich in ähnlicher sozialer Lage befinden, werden zu Energieberatern weitergebildet. Sie können besonders gut auf die Belange der betroffenen Haushalte eingehen.
Kinder für Nachhaltigkeit begeistern
Betriebskosten senken – Energiearmut entgegenwirken
Die Kinderumweltzeitung, kurz KUZ, ist die prämierte Idee in der Kategorie Bildung für Nachhaltigkeit. Die KUZ möchte Kindern im Grundschulalter Umweltthemen nahebringen. Sie bezieht die Schüler konkret in die Erstellung des Blattes mit ein. Professionelle Redakteure und Grafiker gestalten einen Mantelteil, der durch einen von Kindern unter Anleitung verfassten Innenteil ergänzt wird. Der Innenteil wird Umweltthemen mit Ortsbezug behandeln.
In der Kategorie Stadt- und Gemeindeentwicklung wurde der Zusammenschluss von Caritas Verband und Ökolöwe Umweltbund Leipzig ausgezeichnet. Er möchte eine Energieberatung für Menschen in schwierigen finanziellen Lebenslagen etablieren. Das Beratungsangebot soll auch den städtischen
Die Arbeitsgemeinschaft aus Umweltreferat der Stadt Gelsenkirchen, der lokalen Agenda und den Medienprofis cub&godau initiiert eine erste Lokalredaktion in der Ruhrgebietsstadt. Der Charme der Idee liegt in der Vernetzung von Lokalredaktionen, die in Schulen in ganz Deutschland entstehen sollen. welt 4/2008
KOMMUNALER UMWELTSCHUTZ
Vernetzte Kommunen bringen Klimaschutz voran Vernetzung ist auch Thema für den dritten Preisträger in der Kategorie Klimaschutz: Die AOVE Regionalentwicklungsgesellschaft (AOVE steht für Arbeitsgemeinschaft Obere Vils-Ehenbach) ist ein Zusammenschluss aus neun Gemeinden in Franken, die einen Energieentwicklungsplan aufstellen. Neben der Förderung erneuerbarer Energien mit Rückgriff auf heimische Rohstoffe soll der Energieplan auch ein Szenario für Energieeffizienz in den Kommunen sowie die breite Einbeziehung der Öffentlichkeit beinhalten. Die DUH gratuliert allen Preisträgerinnen und Preisträgern und wird sie bei der Umsetzung ihrer Konzepte begleiten. In Kürze wird eine Publikation mit näheren Informationen zu den Ideen erscheinen.
Die Zeitzeichen-Preisträger ermuntern mit ihren Initiativen zum nachhaltigen Handeln.
Die Projekte „Zeitzeichen(N)_Ideen 2008“ und „Umweltgerechtigkeit“ werden gefördert durch:
Mehr soziale Gerechtigkeit durch Umweltschutz n Überschwemmungen, Dürren und Erosion – die Lasten des globalen Klimawandels tragen häufig nicht die Länder, die viel CO2 in die Atmosphäre emittieren. Feinstäube, Stickoxide, Energiearmut – auch in Deutschland sind Menschen mit geringem Einkommen häufiger Umweltbelastungen ausgesetzt. Zum Beispiel wohnen Einkommensschwache eher an viel befahrenen Straßen und in schlecht gedämmten Häusern. Die Frage nach der sozialen Verteilung von Umweltbelastungen stellt sich also auch ganz konkret in unserer Gesellschaft.
zu mehr Umweltgerechtigkeit in Kommunen beitragen. Auf einem Kongress in Frankfurt am Main werden im Frühjahr 2009 solche Handlungsmöglichkeiten vorgestellt. Mehr Informationen zum Thema und über das aktuelle Projekt gibt es unter www.duh.de/umweltgerechtigkeit. html.
Gesunde Lebensumwelt? Wohnhäuser in der Nähe des Chemieparks Leverkusen.
Kommunen können durch ihre Politik die regionale Umwelt- und Lebensqualität steigern und zugleich zu mehr sozialer Gerechtigkeit beitragen. Umweltorientierte Politik führt oft zu mehr sozialer Gerechtigkeit, weil sie Umweltbelastungen reduziert und damit die Lebenssituation von Benachteiligten verbessert. Im Juli 2008 startete die Deutsche Umwelthilfe ihr neues Projekt Umweltgerechtigkeit. Darin ermittelt die DUH praxisorientierte Lösungsansätze, die
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Global Nature Fund
Hilfe für Bevölkerung an der
Pulicat-Lagune Süß- und Meerwasser vermischen sich im ostindischen Pulicat-See und bieten ideale Bedingungen für eine einzigartige Tier- und Pflanzenwelt.
n Die Brackwasserlagune im Südosten Indiens ist circa 60 Kilometer von der Viermillionen Stadt Chennai entfernt.
Über hundert Fischarten, viele Reptilien und sogar Meeresschildkröten kommen hier vor. Die weltweit vom Aussterben bedrohte Olive-Bastardschildkröte legt an den Stränden des Sees ihre Eier ab. Bis zu 15.000 Flamingos überwintern jedes Jahr in der Lagune. Schon immer war der See auch Nahrungsquelle und Trinkwasserspeicher für die Menschen der umliegenden Dörfer.
Wirtschaftsboom gefährdet Mensch und Natur Giftige Einleitungen und Bauprojekte bedrohen diese atemberaubende Natur und die Existenz der Menschen am See. Das Gewässer ist durch ungeklärte Abwässer, Pestizide und Chemikalien stark gefährdet. Mangrovenbäume werden abgeholzt und Viehweiden weichen neuen Siedlungen. So werden
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die Fischerträge immer geringer, und die Flächen für Landwirtschaft werden knapp.
Natur schützen mit Bildung Der erfahrene Living Lakes-Partner Center for Research on New International Economic Order (CReNIEO) unterrichtet regelmäßig die Bewohner in den Dörfern über aktuelle Umweltthemen. Für Kinder und Jugendliche, Frauen und Fischer sowie für Lehrer als Mulitplikatoren gibt es spezielle Lehreinheiten. Das Angebot einer Ausbildung im Umweltbereich, zum Beispiel zum Natur-Ranger, soll neue Einkommensmöglichkeiten erschließen. In neu gegründeten Baumschulen werden Mangroven herangezogen. Das Pflanzen von Mangroven schafft wiederum neue Lebensräume und schützt langfristig vor Flutwellen. Auch die Kontrolle der Fischbestände oder die Errichtung von Lehrpfaden helfen dabei, den Pulicat-See mit seinem Naturreichtum zu erhalten.
Lebensverhältnisse verbessern Die Ernährung und die hygienischen Verhältnisse in den Dörfern sind schlecht. Der GNF unterstützt CReNIEO dabei, die Trinkwasserversorgung zu verbessern und Pflanzenkläranlagen zu bauen. Ein weiteres Problem: Die armen Familien können ihre ein bis zwei Kühe nicht ausreichend füttern, sie geben deswegen zu wenig Milch. Durch ein ökologisches Milchkuhprojekt soll die Milchleistung erhöht werden, so dass jedes Kind mindestens zwei Gläser Milch am Tag bekommen kann. Unterstützen Sie dieses Projekt mit einer Spende! Spendenkonto 804041 6000 bei der GLS-Bank, BLZ 430 609 67
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Global nature Fund
Nature Summer Camps 2008 in Indien und Südafrika
Naturschutz live und in Farbe n Begeisternde und außergewöhnliche Erfahrungen sind jene, die uns ein Leben lang begleiten. Der Global Nature Fund ermöglicht in seinen Natur-Sommerlagern, den Nature Summer Camps, jedes Jahr gemeinsam mit den Unternehmen Lufthansa, Sika und Ziemann deren Mitarbeitern und Familien an einem solch unvergesslichen Erlebnis teilzuhaben.
Mangroven als Tsunami-Schutz Dieses Jahr fand zum ersten Mal ein Nature Summer Camp am indischen Pulicat-See statt und zog die begeisterten Teilnehmer in dessen Bann. 2004 wurden der See und seine Umgebung vom Tsunami heftig getroffen. Um einen effektiven Tsunami-Schutz zu schaffen und gleichzeitig CO2-Emissionen zu reduzieren, stand die Arbeit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer ganz im Zeichen des Mangrovenpflanzens. Das Nature Summer Camp in Indien legte den Fokus auf die Verknüpfung von nachhaltigem Natur-Management mit sozialen Komponenten. So wurden zum Beispiel lebensnotwendige Wasserkanäle von den Verunreinigungen der Vergangenheit befreit, eine Sickergrube erstellt, um Abwässer von Trinkwasser zu trennen und dadurch der Bevölkerung den Zugang zu sauberem Wasser zu ermöglichen.
Hilfe für das älteste Schutzgebiet Südafrikas
Zebras, Affen, Gnus und Flusspferde den Weg der Camp-Teilnehmer kreuzen, gehört hier zur Tagesordnung. Von den Zulus und Mitarbeitern der Partnerorganisation Wildlands Conservation Trust lernten die Deutschen viel über die afrikanische Natur, Tiere und deren nachhaltigen Schutz. Die Teilnehmer unterstützten die Ranger insbesondere bei der Bestandsaufnahme bedrohter Wildtiere. Zudem halfen die Teilnehmer bei Pflanzarbeiten im Rahmen des „Miles to Help“-Projekts, in dem gesammelte Meilen bei der Lufthansa gespendet werden. Der Erlös fließt in diverse Naturschutzvorhaben und soziale Hilfen, darunter das Projekt „Trees for Life“ (Bäume für Leben) in Südafrika: Hier werden mit Hilfe der Spendengelder nicht nur Bäume aufgezogen und gepflanzt , sondern auch arbeitslose Jugendliche und Erwachsene ausgebildet. Die Camp-Teilnehmer in Indien und Südafrika berichteten von einer sehr persönlichen und außergewöhnlichen Bereicherung. Sie waren eine wertvolle Unterstützung für die Menschen und die Natur vor Ort. Stefanie Lampert, die Koordinatorin des Projektes beim GNF, freut sich über die Unterstützung aus der Wirtschaft: „Die Organisation der Nature Summer Camps wäre ohne den Einsatz der Unternehmen Lufthansa, Sika und Ziemann nicht möglich.“
In Südafrika wird das Nature Summer Camp seit 2003 erfolgreich durchgeführt. Das Zielgebiet, der St. Lucia See im Nordosten Südafrikas, liegt im 2.550 Quadratkilometer großen Greater St. Lucia Wetland Park. Das älteste Schutzgebiet Afrikas beheimatet einen großen Schatz an Biodiversität. Dass Giraffen,
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Global Nature Fund
Living Lakes-Konferenz in Italien verbindet
Kultur und Naturschutz
Wasser als Ursprung des Lebens ist ein wertvolles kulturelles Gut. In vielen spirituellen und religiösen Praktiken ist es tief verankert. Die Frage nach Strategien, die die kulturelle Bedeutung des Wassers mit dem Naturschutz an Seen verbinden, stand im Mittelpunkt der 12. Living Lakes-Konferenz.
n Über 200 Seenschützer aus 30 Nationen trafen sich vom 22. bis 26. September am Trasimeno-See in Italien. Zur Eröffnung der Konferenz betonte Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, dass 50 Prozent aller Feuchtgebiete in Europa durch zunehmenden Wasserverbrauch bedroht seien. Eine dramatische Tatsache, denn im vergangenen Jahrhundert wurden hier bereits zwei Drittel aller Feuchtgebiete zerstört.
Trasimeno-Erklärung Als Ergebnis der Konferenz verfassten die Teilnehmer folgende Erklärung (hier in gekürzter Fassung): „Seen, ihre Feuchtgebiete und Einzugsgebiete gestalten historische, spirituelle und ästhetische Landschaften, die eine große Artenvielfalt hervorbringen und zum Wohlbefinden der Menschen und allen Lebens beitragen. Dennoch werden Seen zerstört und verschwinden in einer beispiellosen Geschwindigkeit. In den vergangenen Jahrzehnten wurden keine nachhaltigen Managementsysteme für Seen eingeführt
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und der Zustand vieler Seen hat sich dramatisch verschlechtert. Es ist die Verantwortung aller Menschen, zusammen zu arbeiten und Interessenkonflikte auszugleichen, damit Seen weiterhin als lebendige Kulturlandschaften und Ökosysteme funktionieren können.“ Der volle Wortlaut der Trasimeno-Erklärung findet sich auf: www.globalnature. org/12LL-Konferenz.
Neuer Partner aus Uruguay Mit der Laguna de Rocha wurde das 55. Mitglied in das Living Lakes-Netzwerk aufgenommen. Der 7.200 Hektar große See in Uruguay ist ein wichtiges Vogelschutzgebiet. Der relativ flache See leidet vor allem unter Wassermangel wegen der hohen Entnahme von Trinkwasser, Verschmutzung und Überdüngung.
Living Lakes-Seenakademie Auf der Konferenz wurde die Initiative zur Gründung einer Living LakesSeenakademie der Öffentlichkeit vorge-
stellt – ein Projekt der vier italienischen Living Lakes-Partner am Trasimeno-See in Zusammenarbeit mit dem GNF. Die Akademie wird einen Schnittpunkt zwischen Wissenschaft und praktischem Seenschutz bilden.
Gerhard ThielckeNaturschutzpreis Für besondere Verdienste im Natur- und Seenschutz wurden im Rahmen der Konferenz fünf Preisträger mit dem Gerhard Thielcke-Conservation Award (bisher: Best Practice Conservation Award) ausgezeichnet. Ehefrau Helga Thielcke dankte den Preisträgern persönlich für ihr Engagement. Zeitgleich wurde die Realschule in Radolfzell am Bodensee auf den Namen „Gerhard-ThielckeRealschule“ getauft. Eine schöne Ehre, die die Radolfzeller dem verstorbenen Gründer und Ehrenvorsitzenden des Global Nature Fund, Professor Dr. Gerhard Thielcke, erweisen. Näheres auf unserer Webseite unter www.globalnature.org/Gerhard_Thielcke.
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Global nature Fund
Delfine üben auf Menschen eine starke Anziehung aus. Die eleganten Tiere werden in einem vom Global Nature Fund und der Überlinger Constantin-Vanotti-Schule initiierten Umweltbildungsprojekt zum Botschafter zwischen Indonesien und Deutschland.
Delfine n Das Mahakam-Feuchtgebiet im indonesischen Teil der Insel Borneo wurde 2008 vom GNF zum „Bedrohten See des Jahres“ ausgerufen. Exemplarisch für den Zusammenhang zwischen den menschlichen Eingriffen in dieser sensiblen Region und deren Folgen für die Biodiversität, steht der stark bedrohte Irrawaddy-Delfin (Bild). Der Schutz dieser endemischen Delfinart ist ein Arbeitsschwerpunkt von YK-RASI (YK steht für Yayasan Konservasi und RASI für Rare Aquatic Species of Indonesia), die Partnerorganisation in Indonesien, die auch Umweltbildungsmaßnahmen für Kinder und Jugendliche durchführt.
Um den Bezug zu Deutschland herzustellen, hat der GNF mit Unterstützung der Stiftung Ursula Merz ein Umweltbildungsprogramm für deutsche Schulen erstellt, das den Delfin, seinen Lebensraum, sowie seine Bedeutung in einer globalisierten Welt darstellt und aus verschiedenen wirtschaftlichen, ökologischen und sozialen Gesichtspunkten untersucht. Den Schülern soll die besondere Möglichkeit geboten werden, sich aktiv am Schutz des stupsnasigen Süßwasser-Irrawaddy-Delfins im Mahakam-Feuchtgebiet in Indonesien zu beteiligen. Im September 2008 besuchten Danielle Kreb, wissenschaftliche ProgrammBeraterin und Budiono, Direktor der Nichtregierungsorganisation YK-RASI welt 4/2008
als Botschafter zwischen den Kontinenten die Jahrgangsstufe 2 der Überlinger Constantin-Vanotti-Schule. Im Fach „Global Studies“ (Globales Lernen) zeigten sich die 32 Schüler im Alter von 18 Jahren begeistert und wissbegierig während der Vorträge der indonesischen Delegation. Bis Januar 2009 werden die Schüler in Kooperation mit dem GNF und YK-RASI verschiedene Projekte in Arbeitsgruppen eigenverantwortlich durchführen. Geplant sind zum Beispiel die Erstellung von Schulbüchern für indonesische Schüler zu den Themen Energie und Umwelt sowie zur Biodiversität. Der Schwerpunkt liegt dabei auf dem Vergleich der BodenseeÜberlingen am Bodensee: Schülerinnen und Schüler lernen ökologische Probleme ihrer Heimat und in Indonesien kennen.
Das GNF-Umweltbildungsprojekt verbindet Jugendliche verschiedener Erdteile.
region mit dem Mahakam-Gebiet. Des weiteren ist die Produktion eines Filmes geplant, der die Bodensee-Region mit ihrer ökologischen Situation und Problematik präsentiert. Zeitgleich erstellen indonesische Schüler einen Film über die Herausforderungen ihrer Region. Damit sowohl deutsche wie auch indonesische Schüler sich darüber hinaus interkulturell austauschen können und der Wissenstransfer sichergestellt ist, wird von den Überlinger Schülern eine Internetseite aufgebaut.
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Global Nature Fund
Viertes Treffen der Living Lakes-Freunde
Im September 2008 begrüßte der GNF zehn Spender und Förderer zu einem dreitägigen Besuch in Radolfzell. Wie jedes Jahr wurde den Gästen ein abwechslungsreiches Programm geboten.
n In der Nachbarstadt Singen besichtig-
te die Gruppe auf der „Musikinsel“ ein kleines Wasserkraftwerk für dezentrale Energieversorgung, das vor einigen Jahren wieder in Betrieb genommen wurde. Damit wurde die ökologische Situation an diesem Flussabschnitt der Radolfzeller Aach deutlich verbessert. Eine Fischtreppe und eine Raue Rampe machen den Fluss in beide Richtungen wieder durchgängig. Das Wasserkraftwerk erzeugt ca. 650.000 Kilowattstunden pro Jahr und versorgt eine angrenzende Altenwohnanlage mit Strom. Die Firma Solarcomplex ist Mitinvestor und Betreiber dieses Projekts und begeisterte die Gäste mit ihrem Konzept. Abends konnten sich die Besucher während einer Fahrt auf der Helio, der größten Solarfähre am Bodensee, bei gutem Essen und Wein entspannen.
Seit 1998 betreibt Both ökologische Schaf- und Ziegenhaltung und hilft so, die einzigartige Flora und Fauna am Hohentwiel zu erhalten: Knabenkraut und Ysop wachsen auf den sonnenexpo-
Eine „Raue Rampe“ – hier am Wasserkraftwerk in Singen – ist eine mit Steinen besetzte und somit buchstäblich raue Fläche, deren Neigung natürliche Steilstrecken des Flusses nachbildet und für Fische passierbar ist.
In Radolfzell besichtigte die Gruppe das 140 Hektar große Naturschutzgebiet Mettnau unter Führung des NABU. Die herbstlichen Streuwiesen zeigten sich mit leuchtend blauen Lungenenzianen. In dichtem Schilf wanderte man bis zur Spitze der Mettnau, die als Halbinsel in den Untersee ragt.
Die GNF-Gäste lassen sich die Flora und Fauna des Hohentwiels erklären.
Die Fokus Natur, Messe für Naturbeobachtung, war am Samstag die letzte Station der Besucher. Filmvorführungen, Buchstände und Informationen von Naturschutzgruppen sowie die Optik-Aussteller mit ihren Spektiven und Ferngläsern luden trotz Regens zum Verweilen auf der Messe ein. Das Treffen der Living Lakes-Freunde war auch 2008 eine gelungene Veranstaltung, an der Gäste und Organisatoren ihre Freude hatten.
Unterwegs mit Naturkundlern Mit Dr. Hubertus Both, Pächter der Landesdomäne Hohentwiel, ging es am zweiten Tage auf Wanderung rund um den Hohentwiel. Dabei wurde den Gästen der Zusammenhang von Landwirtschaft und Naturschutz anhand sehr anschaulicher Beispiele erläutert.
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nierten Böden des Singener Hausbergs. Die Schönschrecke, eine in Deutschland stark gefährdete Heuschreckenart, besiedelt hier Flächen mit schütterer Vegetation. Rund 600 Schafe, darunter auch die robusten Waldschafe, und 60 Ziegen bieten lichthungrigen und konkurrenzschwachen Pflanzen eine Nische zum Überleben, indem sie Trittpfade schaffen und Flächen von Bewuchs freihalten.
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Global nature Fund
Russischer Living LakesPartner GRAN ausgezeichnet n Die burjatische Organisation “Bai-
kal Information Center GRAN” befindet sich unter den hundert besten ökologischen Organisationen Russlands. Die Organisatoren und die Jury des Wettbewerbs erwähnten besonders die zehnjährigen fruchtbaren Aktivitäten von GRAN in der Umweltbildung. GRAN führte zahlreiche innovative Programme und Projekte am Baikalsee durch, die sich an Kinder und Erwachsene in Schulen, Weiterbildungseinrichtungen und öffentlichen Organisationen richteten. Damit gelang es der LivingLakesPartnerorganisation, interkulturelle Kommunikation zu ermöglichen und eine verantwortliche Haltung gegenüber der Umwelt zu stärken. Der Wettbewerb “Die hundert besten Organisationen Russlands, Ökologie und Öko-Management” wurde unter der Schirmherrschaft des Föderationsrates und des ökologischen Komitees der Staatsduma abgehalten.
en und Palästina ausgezeichnet. Seit 1994 setzt sich der Living Lakes-Partner FoEME insbesondere für einen sorgsamen und gerechten Umgang mit der knappen Ressource Wasser ein. Die Rettung des Toten Meers vor dem Austrocknen und die Renaturierung des Jordans stehen dabei im Mittelpunkt.
Neues Weltnaturerbe Tengiz-See n In Kasachstan wurden die zwei Na-
turschutzgebiete Tengiz-Korgalzhyn und Naurzum zum UNESCO-Weltnaturerbe der Menschheit erklärt und stehen damit in einer Reihe mit herausragenden Naturlandschaften wie dem Yellowstone-Nationalpark und den Galapagos-Inseln. Der GNF gratuliert seinem Living Lakes-Partner am Tengiz-See – dem NABU Deutschland
– der zusammen mit kasachischen und internationalen Behörden und Organisationen den Nominierungsprozess im Jahr 2000 startete. Die Gebiete sind wichtiger Rastplatz für Millionen von Zugvögeln wie Zwerggans, Rothalsgans und Sibirischer Schneekranich. Saiga-Antilope und das Steppenmurmeltier sind hier zu Hause. Vor allem das TengizKorgalzhyn-Gebiet ist in Gefahr. Kasachstans Hauptstadt Astana wächst schnell und damit auch der Durst nach Trinkwasser. Zudem gab es Pläne, ungeklärte Abwässer in die Seen einzuleiten. Die Nominierung zum Weltnaturerbe wird helfen, diese herausragenden Gebiete zu schützen. Die kasachische Regierung garantiert eine ausreichende Menge Wasser im Tengiz-Korgalzhyn-Gebiet. Beide Schutzgebiete wurden vergrößert und werden auch in Zukunft noch an Fläche zunehmen.
Seen und Feuchtgebiete unter dem Reglement der Wasserrahmenrichtlinie
TIME Magazine ehrt Nahostpartner n Das renommierte TIME Magazine
hat die drei Geschäftsführer von Friends of the Earth Middle East (FoEME) zu Heroes of the Environment („Umwelthelden“) ernannt. Gidon Bromberg, Nader Al-Khateeb und Munqeth Mehyar werden für ihr gemeinsames Engagement für Frieden und Umwelt in Israel, Jordani-
n Ein Seminar unter diesem Titel findet am 19. und 20. Januar 2009 im
Radolfzeller Innovations- und Technologiezentrum (RIZ) statt, gefolgt von einer Exkursion ins Schutzgebiet Wollmatinger Ried. Es richtet sich an Umweltschutzorganisationen, wissenschaftliche Institutionen und Interessenvertreter in den Wassereinzugsgebieten von Seen und Feuchtgebieten. Veranstalter ist die Grüne Liga in Zusammenarbeit mit dem Global Nature Fund und der Bodensee-Stiftung. Infos unter: www.globalnature.org
Living Lakes-Förderer:
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„UNBEKANNTE“ TIERARTEN
Die Rückkehr der
sanften Riesen
Immer wieder wandern Elche aus Polen zu uns nach Deutschland. In Brandenburg sind sie sogar schon wieder heimisch geworden. n
von Albert Wotke
n Unendliche, fast menschenleere
nordische Wälder mit klaren Seen und wollgrasüberzogenen Mooren. Und wie aus dem Nichts steht er plötzlich da: ein über zwei Meter großer, imposanter Elchbulle und sieht einen mit etwas traurigen und doch stolzen Augen an. Kurz darauf verschwindet er im aufkommenden Nebel… Elche gelten für viele Mitteleuropäer als Inbegriff von Freiheit und selbstbestimmtem Leben in und mit der Natur. So erklärt sich die große Faszination, die diese Tiere auf uns ausüben. Der beliebteste Radiosender im Süden der Republik hat den „Schwarzwaldelch“ zu seinem Maskottchen erhoben, der Elchtest machte Karriere und schwedische Elchwarnschilder schmücken jeden zweiten Wagen der Skandinavienurlauber.
Lebensnotwendige Leckereien Die erwachsenen Tiere leben überwiegend als Einzelgänger, bewohnen keine festen Reviere und streifen auf der Nahrungssuche sehr weit umher. Ungefähr zwei Drittel des Tages verbringen die Wiederkäuer mit Fressen. Da die Winter in den nördlichen Breiten kalt und karg sind, müssen sie sich in den kurzen Sommermonaten so viel wie möglich anfuttern. Dabei suchen sie sich gezielt besonders nähr-
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stoffreiche Kost aus – Knospen, Blätter und Rinde von Sträuchern und jungen Bäumen oder Wasserpflanzen. Wollen sie jedoch vom Boden äsen, so müssen sie sich auf die Vorderläufe knien oder zumindest breitbeinig dastehen. Die langen Beine machen sie zu sehr schnellen und äußerst ausdauernden Läufern – buchstäblich über Stock und Stein. Sie werden dabei bis zu 50 Stundenkilometer schnell. Elche sind ausgezeichnete Schwimmer und paddeln mit bis zu zehn Stundenkilometern schneller als jeder Kanusportler. Elche tauchen bis zu sechs Meter tief und können minutenlang unter Wasser bleiben.
Nur im Herbst treffen sich Bullen und Kühe Im September beginnt die Brunftzeit und der Kampf der Elchbullen. Dabei genügt oft ein martialisches, lautes Schlagen mit den Schaufeln ins Weidengebüsch, um den Schwächeren zu vertreiben. Kommt es zum Kampf, knallen die Schaufeln aufeinander und die Bullen versuchen sich gegenseitig vom Platz zu schieben. Der Sieger gewinnt die Kühe für sich. Elche können mühelos mehrere Kilometer schwimmen.
welt 4/2008
„UNBEKANNTE“ TIERARTEN
Steckbrief: Elch (Alces alces) Verwandtschaft: Der Elch ist der größte lebende Hirsch der Welt. Aussehen: Charakteristisch sind die lange, nach unten hängende Nase und überhängende Oberlippen, das große schaufelförmigen Geweih des Männchens (bis zu 2 Meter breit und bis 25 Kilogramm schwer!) und lange, staksige Beine. Das Sommerfell variiert zwischen schwarzbraun und rotbraun, das Winterfell ist eher graubraun. Elchkälber können bereits 15 Minuten nach ihrer Geburt der Mutter folgen.
Nach acht Monaten Tragzeit wird zwischen April und Juni meist nur ein Kalb geboren. Die Mutter ist allein für die Aufzucht verantwortlich. Sie zeigt ihrem Kind die besten Futterpflanzen und verteidigt ihren Nachwuchs so vehement gegen Feinde wie kaum ein anderes Säugetier. Wenn das nächste Kalb geboren wird, verstößt die Mutter den jugendlichen Elch, der von nun an allein in den Wäldern umher zieht.
Seine Rückkehr nach Deutschland ist vielen Menschen unbekannt Immer wieder und immer mehr Elche kommen aus dem Osten zu uns nach Deutschland. Bereits seit den Fünfzigern gab es in der DDR, in den heutigen Bundesländern Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern, immer wieder Beobachtungen von wandernden Elchen, die aus Polen über die Oder kamen. Da sie sich auch in der dortigen Kulturlandschaft mit Misch- und Nadelwäldern, Seen und Mooren gut zurechtfinden, wäre eine Ansiedelung sogar damals schon möglich gewesen, wurde aber bis zur Wende durch Abschuss verhindert. Inzwischen mehren sich die Begegnungen von Elch und Mensch im Osten Deutschlands. Östlich von Berlin gilt er schon wieder als Standwild, wie das Fachblatt „Unsere Jagd“ in seiner Oktoberausgabe titelt. Für Elche besteht allerdings eine ganzjährige Schonfrist. Und in Bayern, wohin immer wieder Elche aus Tschechien einwandern, gibt es jetzt sogar einen eigenen „Elchplan“. welt 4/2008
Gewicht und Größe: Je nach Lebensraum und Unterart stark variierend. Körperlänge bis zu 3 Meter, Schulterhöhe bis zu 2,30 Meter. Bis zu 800 Kilogramm Körpergewicht. Laute: Elche gelten als eher stille Tiere. Trotzdem recht großes Repertoire an Lautäußerungen, von Wiehern, Jammern und Glucksen bis zum markerschütternden Röhren des brünstigen Elchbullen. Sinne: Gut ausgeprägter Geruchssinn, mit dem die Elche Richtung und Entfernung bestimmen. Ihre Ohren sind ebenfalls besonders empfindlich. Verbreitung: Auf der gesamten Nordhalbkugel in etlichen Unterarten verbreitet. Der Europäische Elch kommt in Skandinavien und in Osteuropa (baltische Staaten, Weißrussland, Russland, Polen) vor. Wandert zunehmend auch nach Deutschland ein. Nahrung: Liebt eiweiß-, energie- und faserreiche Pflanzenkost, knabbert gerne an Knospen und Zweigen von Sträuchern. Er äst gern am oder im Wasser. Lebensraum: Vorwiegend weichholz reiche Mischwälder mit Seen und Mooren. Lebensweise: Elche sind überwiegend Einzelgänger. Elchkühe führen ihre Kälber ein Jahr lang. Natürliche Feinde: Erwachsene, gesunde Elche haben außer Bären keine natürlichen Feinde. Wölfe und Pumas (in Nordamerika) erbeuten fast nur alte und schwache Tiere sowie Kälber. Gefährdung und Schutz: In ihrem überwiegenden Verbreitungsgebiet sind Elche nicht selten.
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DUH-Umwelt-Medienpreis
Die große Gruppe der diesjährigen Preisträger zusammen mit Prof. Dr. Harald Kächele (o.l.), Rainer Baake, Günther Ottendorfer, Jürgen Resch (oben v.r.n.l.) und Michael Müller, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium (unten 2.v.r.).
Gemeinsam können wir es schaffen Anstrengungen für den Klima- und Umweltschutz lohnen sich. Diese Botschaft verbreiten die Medienschaffenden, deren Beiträge mit der Verleihung des DUH-Umwelt-Medienpreises 2008 öffentlich gewürdigt wurden. Mit dem Preis fördert die DUH Menschen, die sich mit ihrem Wissen und ihrer Arbeit für die Erhaltung unserer Lebensgrundlagen einsetzen.
n Gut gemachte Berichterstattung über
Natur-, Umwelt- und Klimaschutz darf ihr Publikum auch zu persönlichen Konsequenzen auffordern. Dieses Selbstbewusstsein strahlen die Preisträger des 13. DUH-Umwelt-Medienpreises aus. Der Preis hat sich zu einer bundesweit anerkannten Auszeichnung für das Wirken von Umweltjournalisten entwickelt. Er findet große Medienresonanz und unterstützt damit die Arbeit engagierter Verlage und Redaktionen. Mit hervorragend recherchierten und verständlich aufbereiteten Beiträgen gelingt es Umweltjournalisten immer wieder, ihren Zielgruppen komplexe Zusammenhänge nahe zu bringen. Am Ende steht oft die Erkenntnis, dass das
Handeln jedes Einzelnen tatsächlich umweltrelevant ist. Die Begrüßung zur feierlichen Preisverleihung erfolgte durch den Hausherrn Dr. Ulrich Schröder, Vorstandsvorsitzender der KfW Bankengruppe und den DUH-Bundesvorsitzenden Prof. Dr. Harald Kächele. Der Geschäftsführer Technik T-Mobile Deutschland, Günther Ottendorfer, betonte in seinem Grußwort die nunmehr sechsjährige Förderung des Preises durch T-Mobile. Die Ehrungen nahmen die Preisträger im Historischen Kassensaal der KfW Bankengruppe in Berlin von Prof. Dr. Harald Kächele entgegen. Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer der DUH, moderierte die Festveranstaltung und
betonte die große Bedeutung von Medien bei der Aufklärung über Umweltgefahren. „Ohne eine informierte und engagierte Bevölkerung werden wir die globale Bedrohung durch Klimawandel, Biodiversitätsverlust und Ressourcenverknappung nicht meistern können. Ein engagierter und kritischer Journalismus ist hierfür unverzichtbar“, sagte Michael Müller, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, in seinem Grußwort. Zahlreiche Gäste aus Wissenschaft und Medien, Vertreter der Bundesministerien und von Verbänden sowie Preisträger aus vergangenen Jahren feierten mit. Wir danken für die freundliche Unterstützung:
Drei glückliche Preisträgerinnen der Kategorie Hörfunk: Antonia Rötger, Nadine Querfurth, Lydia Heller (v.l.)
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Die Festgesellschaft wurde mit musikalischen Intermezzi von Folker Uphoff, Trompete und Sam Baker, Klavier verwöhnt.
Nick Reimer (Mitte links) und welt Toralf Staud, 4/2008 Preisträger Neue Medien, mit Rainer Baake und Harald Kächele.
DUH-Umwelt-Medienpreis sie Verhaltenstipps für jeden Einzelnen. Auf www.klimaluegendetektor.de dokumentieren Reimer und Staud mit Unterstützung der Internet-Gemeinde irreführende Aussagen zu ökologischen Sachverhalten in Medien oder in der Werbung. Eine unterhaltsame und professionelle Auswahl und Darstellung von kleinen und großen Betrügereien! Laudatio: Toralf Staud und Nick Reimer (gegenseitige Laudatio)
n Lydia Heller, Antonia Rötger und Nadine Querfurth erhalten als Autorinnen der Kindersendung „Kakadu“ im Deutschlandradio Kultur den Preis in der Kategorie Hörfunk. In ihrer Reihe „Energie ohne Ende – Wie Wasser und Wind, Sonne und Erde uns Strom liefern“ inszeniert Heller komplexe technische Fragestellungen so, dass die Neugier von Kindern geweckt wird. Rötger konkretisiert mit ihrem Beitrag „Zu große Füße für einen kleinen Planeten“, wie Lebensstil und Verantwortung für die Welt zusammenhängen. „Affentheater auf Borneo – Naturschutz mit Marionetten“ von Querfurth ist eine kindgerechte Reportage über gefährdete Urwälder. Laudatio: Monika Wellershaus, Preisträgerin 1999 Hörfunk, Deutschlandradio Kultur
n Nick Reimer und Toralf Staud sind als Initiatoren und Redakteure zweier Webseiten die Preisträger in der Kategorie Neue Medien: Auf der Domain www. wir-klimaretter.de informieren sie tagesaktuell zum Klimaschutz in Politik, Forschung, und Wirtschaft. Daneben bieten
Laudatio: Prof. Dr. Andreas Troge, Präsident des Umweltbundesamtes
n Sarah Zierul, Johannes Höflich und Klaus Martens würdigen wir in der Kategorie Fernsehen für ihre Dokumentationsreihe „die story“ im Westdeutschen Rundfunk. Sie scheuen sich nicht, in ihren Filmen Skandale aufzudecken und radikale Verhaltensänderungen einzufordern. In den letzten Monaten veröffentlichten sie Hintergründe zu Unfällen in deutschen Atomkraftwerken („Der Störfall“, Martens), zur Plünderung von Korallenriffen durch deutsche Tauchtouristen („Letzte Tage im Paradies“, Höflich) und zur Gefährdung der Meere („Wem gehört das Meer?“, Zierul). Laudatio: Jürgen Trittin, Mitglied des Deutschen Bundestags, Bundesumweltminister a.D.
n Tim Bartels wird als Chefredakteur der Fachzeitschrift „UmweltBriefe – Der Kommunale Infodienst“ in der Kategorie Printmedien ausgezeichnet. Zweimal im Monat berichten Bartels und sein Team fundiert und kompakt über alles Wissenswerte im kommunalen Natur- und Umweltschutz. Die UmweltBriefe sorgen dafür, dass sich Umwelt-Pionierleistungen in Rathäusern, Landratsämtern und Gemeinderäten rasch herumsprechen. Ihre bürgernahen Hintergrundinformationen bilden die Grundlage für Veröffentlichungen in zahlreichen kommunalen Mitteilungsblättern. Laudatio: Andreas Schlumberger, ehemaliger Chefredakteur „UmweltBriefe“
Redaktionsleiter „die story“ Mathias Werth, die Autoren Johannes Höflich, Klaus Martens, Sarah Zierul mit Laudator Jürgen Trittin, MdB.
welt 4/2008
n Wolfgang Roth wird in diesem Jahr für sein Lebenswerk geehrt. Er ist Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung (Mitglied der Redaktion „Streiflicht“) und einer der profiliertesten deutschen Journalisten im Bereich Innenpolitik mit den Schwerpunkten Umwelt und Verkehr. Leser der Süddeutschen schätzen sowohl seine aktuellen umweltbezogenen Berichte über das Tagesgeschehen als auch seine kommentierenden und fundierten Reportagen. Roth betont öffentlich die Notwendigkeit und Wirksamkeit eines kritischen Umweltjournalismus. Die Rolle der Umweltverbände würdigt er ebenso lobend wie kritisch.
Tim Bartels (r.) freut sich mit seinem Laudator Andreas Schlumberger über die Auszeichnung in der Kategorie Print.
Günther Ottendorfer, Geschäftsführer Technik T-Mobile Deutschland, mit Wolfgang Roth (m.) und seiner Ehefrau Marie-Jeanne Chamel.
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Umwelt erleben
Höhepunkt für Naturbeobachter und -fotografen
Der Haubentaucher brütet und überwintert am Bodensee.
Die Fokus Natur vom 12. bis 14. September 2008 empfing ihre Besucher mit reichhaltigen Ausstellungen und Informationen, Vorträgen und einem Begleitprogramm, das naturkundliche Höhepunkte der Region hautnah erlebbar machte.
n Die zweite Fokus Natur-Zeltmesse auf dem Radolfzeller Herzenglände war wieder ein voller Erfolg. Rund 1.200 Besucher aus dem gesamten Bundesgebiet und der nahen Schweiz nahmen die internationalen Tage der Vogel- und Naturbeobachtung zum Anlass, an den Bodensee zu reisen.
Neu waren in diesem Jahr Einführungen für Einsteiger in die Hobby-Ornithologie: Ein Mitarbeiter der Vogelwarte Radolfzell-Möggingen erklärte ihnen die Grundlagen der Vogelbestimmung. Bei Ausfahrten mit dem Solarboot Helio konnte das Erkennen von Wasservögeln eingeübt werden. Auch für erste Schritte in der Naturfotografie gab die Fokus Natur mit einem Praxisseminar Hilfestellung. Der Einführungskurs in die Makrofotografie, die Kleines ganz groß ablichtet, wurde von den Einsteigern ebenfalls gern besucht. Von Regen und herbstlich kaltem Wetter ließen sich weder langjährige noch neue Vogelfreunde davon abhalten, die Führungen durch die Naturschutzgebiete zu besuchen und sich über gelungene
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Beobachtungen zu freuen. Den Gästen zeigten fachkundige Mitarbeiter der Umweltverbände die Naturschutz- und Beobachtungshöhepunkte der Region im Wollmatinger Ried, rund um den Mindelsee, im Radolfzeller Aachried und auf der Halbinsel Mettnau.
Informationsmesse mit großem Begleitprogramm In den Zelten standen die Aussteller Rede und Antwort. Sie gaben Auskunft über die neuesten Entwicklungen auf dem Optikmarkt, machten die Besucher mit ihren Angeboten an ornithologischen Studienreisen vertraut oder diskutierten Umweltfragen. Neben den kommerziellen Ausstellern präsentierten sich die beteiligten Naturschutzorganisationen. Die Deutsche Umwelthilfe stellte ihr Magazin zeo2 vor und informierte über diverse Projekte zu den Themen Biodiversität und Klimaschutz. Ein umfangreiches Vortragsprogramm bereicherte die Informationsmesse. Der Natur- und Reisefotograf Sven Achtermann machte seine Zuhörer in einem
humorvollen Vortrag mit „Der Welt der Birder“ vertraut. Alarmierende Informationen lieferte der Imker Josef Schipp, der über das große Bienensterben des Jahres 2008 sprach. Der Vogelkenner Viktor Wember trug Wissenwertes über die Herkunft der Namen der Vögel Europas vor. Selbstverständlich war auch für die kleinsten Naturbeobachter gesorgt: Der Verein Orni-Schule gestaltete ein vielseitiges Programm für Kinder mit Malwettbewerb, speziell auf Kinder abgestimmten Führungen und Vogel-Rätseln.
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Umwelt erleben
Kleines Handbuch für Klimaretter auf Achse
umfassenden Überblick. Ein wahrhaft inspirierendes Buch, das Mut macht und zu neuem Denken und Handeln motiviert!
n Verkehrserziehung ist Umwelter-
Knesebeck Verlag, München 2008, gebundene Ausgabe, 471 Seiten, Euro 39.95, ISBN: 978-3-89660-599-3
ziehung – deshalb gibt das Unabhängige Institut für Umweltfragen e.V. (UfU) dieses Handbuch mit Materialien für Lehrkräfte heraus. Die Themen Mobilität, Transportmittel, Kraftstoffe und Klimawandel werden abseits von physikalischen Fachbegriffen kindgerecht und verständlich erklärt. Anhand einfacher Fragen können Schüler CO2-Bilanzen errechnen und eigene konkrete Klimaschutzbeiträge erarbeiten. Das Handbuch enthält einen Lehrerleitfaden, Kopiervorlagen, Experimentieranleitungen und mehr als 60 Arbeitsblätter für den Sachunterricht in Klasse 4 und für den naturwissenschaftlichen Unterricht in Klasse 5 bis 7. Es umfasst 72 Seiten im A4-Format, enthält zahlreiche Grafiken und Tabellen und kann gegen eine Schutzgebühr von 12 Euro im UfU-Onlineshop (www.ufu.de) oder unter 030/ 42 84 99 30 bestellt werden. ISBN: 978-3-935563-18-5
schichte. Die Mischung aus Dokumentation und Abenteuerfilm zeigt einerseits die Schönheit des Meeres und betreibt andererseits Aufklärungsarbeit über Wesen und Natur der Haie als scheue und vollkommen friedliche Tiere. Der grandios bebilderte Film zeigt aber auch, wie Haie zunehmend in ihrem Lebensraum eingeschränkt werden und auf welch grausame Art und Weise die Fischerei-Industrie zahlloser Länder stets auf der Jagd nach ihnen ist. Der Film läuft seit 10. April im Kino und ist im Polyband Filmverleih erhältlich.
Sharkwater n Mit dem Film Sharkwater gelang
Regisseur Rob Stewart, Fotograf, Taucher und passionierter Hai-Kenner eine spannende und bewegende Ge-
WorldChanging – Das Handbuch der Ideen für eine bessere Zukunft n Überall auf dem Globus arbeiten Menschen an den drängenden Problemen dieser Erde. In 471 Beiträgen von 53 internationalen Autoren und einem Vorwort von Al Gore vereint Ales Steffen als Herausgeber von WorldChanging diese Individuen und präsentiert die interessantesten Ideen, Projekte und Initiativen für die Gestaltung einer besseren Zukunft. Die sieben Themenschwerpunkte Konsum, Wohnen, Städte, Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und unser Planet schaffen einen
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Naturschutztage am Bodensee vom 3. bis 6. Januar 2009 n BUND und NABU laden Naturschutzaktive aus ganz Deutschland ein
zu Vorträgen, Workshops, Exkursionen und einem kulturellen Begleitprogramm. Artenvielfalt, Klima und Energie, nachhaltiges Wirtschaften sowie Internationales sind die Themen. Einer der prominentesten Referenten bei den Naturschutztagen in Radolfzell ist Professor Dr. Michael Succow, Träger des alternativen Nobelpreises. Die Deutsche Umwelthilfe präsentiert ihre Naturschutz-Netzwerke und Umwelt- und Verbraucherschutzprojekte. Das detaillierte Tagungsprogramm finden Sie unter www. naturschutztage.de.
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HAND IN HAND-FONDS
„Eine Welt“ traf sich beim Rapunzel-Festival in Legau Im September 2008 feierte Rapunzel Naturkost drei Tage lang gemeinsam mit 15.000 Besuchern und Gästen aus aller Welt ein großes, internationales Festival.
n Im Mittelpunkt standen
Hand in Hand-Lieferanten aus mehr als 30 Ländern. Sie stellten ihre Arbeit und ihre Erzeugnisse auf der Biomesse vor. Wer als Verbraucher zu Hand in Hand-Produkten greift, trifft eine gute Wahl: Das Siegel garantiert die Einhaltung internationaler Bio-Richtlinien und gemäß Fair Trade-Kriterien menschenwürdige Arbeitsbedingungen und die soziale Absicherung der Mitarbeiter.
Aus Tansania reiste Schwester Esther Buwerba mit Elvira, einer Schülerin, an (v. l. die DUH-Mitarbeiterinnen Simone Naumann, Erika Blank und Barbara Altmann von Rapunzel).
Die DUH verwaltet den Hand in Hand-Fonds, der von der Rapunzel Naturkost AG mit Spenden finanziert wird. Der Fonds fördert soziale und ökologische Projekte in Mittel- und Südamerika sowie in Asien und Afrika. Ein Gremium von Fachleuten von Rapunzel und DUH wählt die Förderprojekte aus. Für die Deutsche Umwelthilfe ist die Projektbetreuung und -vermittlung in den vergangenen zwölf Jahren ein wichtiger Baustein ihrer internationalen Arbeit geworden.
ther Buberwa am DUH-Stand. Sie leitet die Hekima Mädchenschule in Tansania, die seit 2003 Hand in HandFördermittel in Höhe von etwa 22.000 Euro erhielt. Sie berichtete von ihrem fast übermenschlichen Einsatz, mit dem sie seit 18 Jahren für das Wohl von mittlerweile 380 Schülerinnen sorgt, darunter 20 Prozent Waisen. „Unsere Schule ist eine der wenigen Möglichkeiten für Mädchen in den armen Regionen Tan-
sanias, überhaupt zur Schule gehen zu können“, so Schwester Esther. „Dieses Recht wird eigentlich nur den Jungen eingeräumt. Aber wenn Afrika ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Erfolg und Zukunft haben soll, dann sind gut ausgebildete Frauen wichtig.“ Sie beschrieb die Fortschritte beim Aufbau der Schule und erzählte, dass sie neue sanitäre Anlagen plane, damit sich die Schülerinnen nicht mehr im Freien waschen müssen.
Vor diesem Hintergrund erfreute es den Rapunzel-Firmenchef Joseph Wilhelm besonders, Schwester Esther am letzten Abend des Festivals einen Scheck in Höhe von 24.000 Euro überreichen zu können. Die Summe kam zusammen, weil ein Großteil der 220 RapunzelMitarbeiter auf die Vergütung seiner Arbeitszeit während des „Eine Welt Festivals“ verzichtete und an die MädchenSchule in Tansania spendete.
Ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Erfolg hängen eng zusammen Die DUH präsentierte beim Festival in Legau Infos zu aktuellen Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutzthemen. Vor Ort trafen wir diverse Projektpartner, die aus dem Hand in Hand-Fonds unterstützt werden: den Kakaoproduzenten El Ceibo aus Bolivien, der mit Kostproben von Schokolade die Besucher in Scharen anzog sowie Mitarbeiter der Kagera Kooperative aus Tansania, die seit 1999 biologischen Kaffee produziert. Besonders gefreut haben wir uns über den Besuch der Direktorin Schwester Es-
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Klassenzimmer der Hekima Mädchenschule in Tansania, für deren Förderung die Rapunzel-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter spendeten.
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DUH INTERN
Hermut Ruland: 33 Jahre aktiv fĂźr die DUH gelang es der DUH, neue Themenfelder anzubinden.
n Der GrĂźnder der DUH, Hermut Ru-
land, feierte am 14. November seinen 90. Geburtstag. Nach vielen aktiven Jahren in der Vorstandsarbeit begleitete er die DUH als Ehrenvorsitzender. Von diesem Amt zieht er sich nun aus AltersgrĂźnden zurĂźck.
Im 300-Seelen-Dorf Kattenhorn am westlichen Ende des Bodensees erinnert eine Gedenktafel an die GrĂźndungsgeschichte der DUH: „Was in Kattenhorn seinen Anfang nahm, wirkt heute hinaus in alle Welt.“
Gemeinsam mit Professor Dr. Gerhard Thielcke, dessen Ehefrau Helga Thielcke, Bodo Manstein, Rudolf L. Schreiber, Freiherr Wilderich von und zu Bodman grßndeten Hermut und Margit Ruland im August 1975 die Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH). Der Sitz der ersten DUH-Geschäftsstelle lag bis 1988 in der Gemeinde Öhningen am Bodensee im Schloss Kattenhorn, das Familie Ruland bewohnte.
nimmt dabei organisatorische Aufgaben und schafft den rechtlichen Rahmen.
Mit der GrĂźndung war die Idee verbunden, neue Geldquellen fĂźr Naturschutzprojekte zu erschlieĂ&#x;en: Ruland erfand die DUH-Haus- und StraĂ&#x;ensammlungen. Bis heute werden sie von Ehrenamtlichen durchgefĂźhrt. Die DUH Ăźber-
Eine weitere Idee der Grßnder, nämlich die Wirtschaft konstruktiv und kritisch zu begleiten, mßndete 1990 in die Beratungstätigkeit der DUH fßr Unternehmen. Mit der Anerkennung als Verbraucherschutzverband im Jahr 2004
In den Räumen der DUH Geschäftsstelle Berlin verabschiedete sich Hermut Ruland (links) offiziell von der DUH. Freunde, Wegbegleiter und DUH-Mitarbeiter feierten mit ihm den 90. Geburtstag.
Bei der Enthßllung der Gedenktafel in Kattenhorn, August 2005, anlässlich des 30jährigen Bestehens der DUH. Vlnr: H. Ruland, G. Thielcke und Gäste.
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Pflanz einen Baum und trink aus ihm. Öl wächst nicht nach – ein Baum schon: Getränkekartons werden ßberwiegend aus dem Rohstoff Holz hergestellt! Und etwa 70 Prozent der Energie, die bei der Produktion des Kartons verbraucht wird, stammen aus Biomasse. Getränkekartons sind genial konstruiert und erfßllen ihren Zweck optimal. Nach Gebrauch
werden sie recycelt. Dies erspart dem Klima jedes Jahr ßber 50.000 Tonnen CO . Das Umweltbundesamt empfiehlt den Kauf von Ükologisch vorteilhaften Getränkekartons und Mehrwegflaschen. Nachhaltiger geht’s nicht: Holz wächst nach!
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02.09.2008 18:41:08 Uhr
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KREISLAUFWIRTSCHAFT
Energiesparlampen – Eine gute Wahl für Umwelt und Geldbeutel n Zehn Prozent des deutschen Energieverbrauches gehen auf das Konto der Beleuchtung. Ein Schlüssel zur energieeffizienten Beleuchtung ist die hochwertige Energiesparlampe. Durch den Austausch einer herkömmlichen 60 Watt Glühbirne durch eine gleich helle 11 Watt Energiesparlampe kann man über die durchschnittliche Lebensdauer von 10.000 Stunden durch den niedrigeren Energieverbrauch 100 Euro sparen.
Die DUH hat eine Materialsammlung zum Thema Energiesparlampen erarbeitet. Kommunen können damit Verbraucherinnen und Verbraucher über den umweltverträglichen Umgang mit alten Gasentladungslampen und die ökologischen Vorteile der getrennten Sammlung und hochwertigen Verwertung von
dem Praxistest unterzogen. Die Besucher konnten alte Glühbirnen gegen neue Energiesparlampen tauschen und wurden über die Wichtigkeit der getrennten Sammlung informiert. Energiesparlampen und Leuchtstoffröhren enthalten geringe Mengen Quecksilber, sind aber im Gebrauch völlig ungiftig. Zur sicheren Entsorgung müssen gebrauchte Lampen und Röhren beim Wertstoffhof oder bei einem Schadstoffmobil abgegeben werden. Altlampen informieren. Die Sammlung enthält Ratgeber in deutscher und türkischer Sprache, Broschüren, Aufkleber, Unterrichtsmittel und Plakate, um Bürgerinnen und Bürger über die Sammlung von Altlampen zu informieren und motivieren. Im August und September wurden die DUH-Informationsmaterialien in Mönchengladbach und Ludwigsburg
Mehrweg lebt! Die zweite europäische Mehrwegkonferenz n Nicht nur in Deutschland gibt es sie
– die umweltfreundlichen Mehrwegsysteme – sondern europa- und weltweit. Einige von ihnen wurden im Oktober 2008 auf der von der Deutschen Umwelthilfe und dem Europäischen Verband für Bier- und Getränkegroßhandel (CEGROBB) organisierten zweiten Europäischen Mehrwegkonferenz in Brüssel vorgestellt. Darunter war auch der diesjährige Gewinner des Mehrweginnovationspreises, die Schlör Bodensee Fruchtsaft AG. Als Schirmherrin für die Konferenz betonte die Europaabgeordnete Dorette Corbey die Notwendigkeit, den Weg von der Wegwerfgesellschaft zu regionalen Produktions- und Konsumkreisläufen zu finden. Sie drückte ihr Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit von Mehrwegflaschen aus und sicherte ihre Unterstützung für die Förderung von Mehrwegsystemen zu.
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Die Konferenz endete mit einer Premiere: Die Auszeichnung mit dem European Refillables Award. Der Preis ging an den Bielefelder Getränkemarkt Lösch Depot für seine konsequente Förderung von
regionalen Produkten und Mehrwegsystemen sowie an den belgischen Mineralwasserabfüller Spadel für die Gewichts- und Logistikoptimierung seiner Glasmehrwegflasche.
Die Preisträger des erstmals verliehenen „European Refillables Award“: Anna Hillebrand (3.v.l.), Lösch Depot und Stefan de Clercq (2.v.r.), Spadel.
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KREISLAUFWIRTSCHAFT
Innovationen gesucht! Mehrweginnovationspreis zum dritten Mal ausgeschrieben n Mehrwegsysteme stehen für Klimaschutz, intelligente Ressourcennutzung und regionale Wirtschaftskreisläufe. Insbesondere Mehrwegflaschen aus Glas schonen Klima und Umwelt, da der Werkstoff robust in der Wiederverwendung und einfach im Recycling ist. Aber auch ein umweltfreundliches, funktionierendes System wie das deutsche Mehrwegsystem bietet noch Optimierungspotentiale. Zum dritten Mal loben die Deutsche Umwelthilfe und
die Stiftung Initiative Mehrweg deshalb gemeinsam den Mehrweginnovationspreis aus. Es werden herausragende Leistungen und Initiativen gesucht, die zu kreativen und innovativen Weiterentwicklungen im Bereich der GlasMehrweg-Systeme beigetragen haben. Produktinnovationen können sowohl aus dem Bereich Verpackungsgestaltung (zum Beispiel Design, Etikettierung, Energieverbrauch bei der Herstellung, Materialreduktion) als auch aus den Be-
reichen Kommunikation und Förderung umweltfreundlichen Verhaltens sowie Logistik von Mehrweg-Glasflaschen (zum Beispiel neue Dienstleistungsprodukte, neue Distributions- und ReDistributionswege) eingereicht werden. Einsendeschluss ist der 31. März 2009. Der Mehrweg-Innovationspreis wird unterstützt von der Genossenschaft Deutscher Brunnen e.G.
Film ab für den Mehrweg! Die Deutsche Umwelthilfe und die Stiftung Initiative Mehrweg haben zum dritten Mal den Mehrweg-Filmpreis ausgeschrieben. Gesucht werden erneut kreative Kinospots, Kurzfilme und Video-Clips, die einen neuen Blick auf die Vielfalt, Vielseitigkeit und Zeitlosigkeit der Glas-Mehrweg-Systeme werfen. Die Beiträge können künstlerisch oder sachlich, computeranimiert, gezeichnet oder gespielt sein – auf jeden Fall sollen sie originell und unterhaltsam sein. Im Mittelpunkt der kurzen Filme stehen Verpackungen aus dem umweltfreundlichen Material Glas. Glas-Mehrwegflaschen für Saft, Mineralwasser, Bier und Limonade tragen entscheidend zum Schutz von Klima und natürlichen Rohstoffen bei. Mehrwegsysteme sind aktiver und täglicher Klimaschutz, Getränke in Glasflaschen zudem ein Genuss. Die mit dem Mehrweg-Filmpreis ausgezeichneten Spots werden öffentlich gezeigt und werben für das positive Image von Glas-Mehrweg-Systemen. Bewerbungsschluss für alle interessierten Filmemacherinnen und Filmemacher ist am 31. Dezember 2008. Die vollständigen Ausschreibungsunterlagen können im Internet unter www.duh.de/mehrweg-filmpreis. html heruntergeladen werden.
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ENERGIE UND KLIMA
Deutscher Klimaschutzpreis 2008
In diesem Jahr vergab die DUH zum zweiten Mal den Deutschen Klimaschutzpreis. Ausgezeichnet wurde die in Rheinland-Pfalz ansässige juwi-Unternehmensgruppe für ihr umfassendes und zukunftsweisendes Engagement für den Klimaschutz.
n Das 1996 als juwi-Windenergie GmbH
gegründete und international tätige Unternehmen ist heute einer der führenden Projektentwickler von Windenergie-, Solarstrom- und Biogasanlagen. Mittlerweile sind dort mehr als 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Hauptgrund der Ehrung mit dem Klimaschutzpreis 2008 ist der im vergangenen Juli eingeweihte Büroneubau für etwa 300 juwi-Mitarbeiter in Wörrstadt, welcher aktuellste nachhaltige Energiekonzepte effektiv umsetzt. Das Gebäude, das als Unternehmenszentrale dient, wurde von der GriffnerHaus AG in moderner Holzbauweise errichtet und ist das momentan energieeffizienteste Bürogebäude der Welt. So setzt das von der Jury als herausragend und außergewöhnlich bewertete Projekt modernste Klimaschutz- und Energieeffizienz-Konzepte konsequent um.
Ganzheitlicher Klimaschutzansatz wird gewürdigt Für den Preis hat sich das Unternehmen nicht allein wegen der von ihm projektierten klimaschonenden Anlagen auf Basis Erneuerbarer Energien qua-
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lifiziert. Vor allem der ganzheitliche Klimaschutzansatz, den juwi mit der Konzeption und Errichtung des Bürokomplexes verfolgt, wird mit dem Preis gewürdigt: juwi gelingt es, die Glaubwürdigkeit und Authentizität des eigenen Unternehmens zu untermauern und gleichzeitig ein wichtiges Signal an die gesamte junge Branche zu senden. Das betonte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake in seinem Grußwort bei der Preisverleihung. Bild oben: Mit Matthias Willenbacher (2.v.r.) freuen sich (vlnr) Laudatorin Ulla Gahn, Rainer Baake (DUH), Kuji Sudo (Toyota) und Harald Kächele (DUH). Unten: Festredner Prof. Dr. Stefan Rahmstorf (PIK).
„Wir brauchen Unternehmen wie juwi, die sich auch im ökonomischen Erfolg ihrer ökologischen Wurzeln erinnern.“ Nur so bestehe eine Chance, dass die derzeit boomende Branche der Erneuerbaren Energien weiterhin so populär bleibe. Dass im Bereich des Klimaschutzes noch viel geleistet werden muss und dass das rasch geschehen muss, wurde durch den Festvortrag von Professor Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) deutlich. Da das Klima sich zum Teil deutlicher als noch vor Jahren von der Wissenschaft erwartet, verändert „wird Klimaschutz immer mehr zu einem Wettlauf mit der Zeit.“
juwi sieht den Preis als Ansporn und Motivation Matthias Willenbacher ist neben Fred Jung, einer der beiden Gründer der juwi-Gruppe. Er nahm in Berlin den Preis entgegen. „Begeistert und sehr glücklich“, war er, so Willenbacher, als ihm die Auszeichnung von Harald Kächele, dem DUH- Bundesvorsitzenden, und Keji Sudo, Präsident von Toyota
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ENERGIE UND KLIMA Deutschland, übergeben wurde. „Den Deutschen Klimaschutzpreis 2008 nehmen wir als großen Ansporn, auf unserem Weg zu einer 100-prozentigen Versorgung mit Erneuerbaren Energien konsequent voranzugehen.“ Der Preis zeige, welch enorm hohen Stellenwert Energieeffizienz und Erneuerbare Energien bereits hätten – und auch haben müssten. „Zum Klimaschutz und zur Sicherung der Energieversorgung der Menschheit müssen wir mit der Energie, die uns zur Verfügung steht, wesentlich besser haushalten als bisher. Je mehr Energie wir sparen, desto schneller erreichen wir eine 100-prozentige Versorgung mit regenerativen und damit sauberen Energieträgern“, so Willenbacher. Mit dem Bau des Bürokomplexes hat juwi gezeigt, was mit gutem Willen, Kreativität und Motivation bereits möglich ist. Der Bau ist ein Signal im Kampf für
den Klimaschutz und setzt hoffentlich für die Zukunft maßgebliche Standards.
Anerkennung für Leistung der juwi-Gruppe auch von Ulla Gahn
Unternehmensgründer und Vorstandsvorsitzender Fred Jung (rechts) und Matthias Willenbacher.
2007 hatte Ulla Gahn für Konzept und Umsetzung ihrer Ökostrom-Wechselpartys den Klimaschutzpreis erhalten. Sie hielt die Laudatio auf die Gründer der juwi-Gruppe. Auch Gahn zeigte sich begeistert von der Idee, dem Mut und der Motivation der juwi-Gründer. „Sie werden deshalb vollkommen zu Recht mit dem Deutschen Klimaschutzpreis 2008 ausgezeichnet,“ so Gahn. Die festliche Preisverleihung fand am 15. September 2008 in den Räumen der Kreditanstalt für Wiederaufbau in Berlin statt.
Der Gebäudekomplex ist darauf angelegt, übers Jahr mehr Energie zu erzeugen, als er verbraucht.
Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert, er wird von Toyota Deutschland gefördert.
SolarLokal prämiert coole Sonnensprüche
n Nimm Solarzellen, spare Geld und rette die Eisbären und die Welt. So textete Henrik Preißler, Grundschüler in
Winnigstedt. Er machte mit beim Wettbewerb der coolen Sonnensprüche und ist nun einer von zehn glücklichen Preisträgern. SolarLokal hatte Schulen dazu aufgerufen, pfiffige Sprüche zu erfinden. Der Wettbewerb war ein Beitrag zur Woche der Sonne, die der Bundesverband Solarwirtschaft alljährlich im Mai organisiert. Aus über 800 Einsendungen wählte die Jury im September die zehn coolsten Sprüche aus. Jeder Gewinner erhält ein solares Handy-Ladegerät. Die vollständige Liste der coolsten Sonnensprüche finden Sie unter www.solarlokal.de. Bundesweit sind zahlreiche Schulen bereits seit langem mit Umwelt-AGs aktiv, haben schuleigene Photovoltaikanlagen installiert oder beteiligen sich an Klimaschutzaktionen. Beim Sonnensprüche-Wettbewerb wurden sie mit Begeisterung kreativ.
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ENERGIE UND KLIMA
Arbeiten am Flaschenhals der Energiewende Wenn der Umbau der Stromnetze nicht vorankommt, droht die Blockade der Energiewende. Deshalb startet die DUH das Projekt „Allianz Netzintegration Erneuerbare Energien“.
n In großflächigen Zeitungsanzeigen
verkündeten die großen deutschen Energiekonzerne 1993 scheinbar ewige Wahrheiten: „Regenerative Energien wie Sonne, Wasser oder Wind können auch langfristig nicht mehr als vier Prozent unseres Strombedarfs decken“. Sinn dieses offensichtlichen physikalischen Unsinns war es, den Atomkraftgegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Heute stammen mehr als 15 Prozent des deutschen Stroms aus eben diesen Quellen, in elf Jahren soll sich ihr Beitrag nach den Vorstellungen der Bundesregierung noch einmal auf rund 30 Prozent verdoppeln. Dennoch gibt es ein Problem: Weil die meisten erneuerbaren Energien dezentral und schwankend anfallen, muss das Stromnetz erheblich um- und mancherorts auch ausgebaut werden. Gegen neue Überlandleitungen wehren sich vielerorts Anwohner, Naturschützer und Kommunen, gegen die teilweise Verlegung in der Erde (Erdverkabelung) die Konzerne, weil sie Mehrkosten befürchten. Im Ergebnis geschieht oft jahrelang nichts. Der Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere die Errichtung großer Windparks in Nord-
n Dr. Peter Ahmels übernahm im Dezember 2008 die Leitung des neuen Bereichs „Erneuerbare Energien“. Auf dem Hof des promovierten Landwirts in Ostfriesland drehen sich schon seit 1991 zwei Windräder. Aus der Berufung des Windpioniers wurde schnell sein Beruf. Zehn Jahre lang war Ahmels Präsident des Bundesverbands Windenergie und erwarb sich weltweit Reputation als Windfachmann, der stets auch den Schutz der Natur im Auge hat. Zentrale Aufgabe ist es nun, für die DUH an einer naturverträglichen Überwindung von Engpässen bei der Integration von immer mehr Strom aus erneuerbaren Energien mitzuwirken.
deutschland und in Nord- und Ostsee (Offshore) könnte so schnell ins Stocken geraten. Die Bundesregierung versucht, über ein Beschleunigungsgesetz einen zügigeren Netzausbau auszulösen. Dass dies allein ausreicht, um die drohende Blockade zu beseitigen, ist jedoch eher unwahrscheinlich. In dieser Situation wird die Deutsche Umwelthilfe, unterstützt vom Bundesumweltministerium, in einem zunächst zweijährigen Projekt alle Kontrahenten an einen Tisch bringen, mit dem Ziel, zu einem Ausgleich aller Interessen und schließlich zu einem beschleunigten Netzumbau zu kommen.
Dr. Peter Ahmels kommt als Projektleiter ins DUH-Team Das Projekt unter dem Titel „Allianz Netzintegration Erneuerbare Energien“ startete im Dezember 2008. Dr. Peter Ahmels, der langjährige Präsident des Bundesverbands Windenergie (BWE), wird als hervorragender Kenner aller Akteure und neues Mitglied der DUHLeitung für das Projekt verantwortlich sein. „Wir arbeiten als quasi neutrale Instanz am derzeit wichtigsten Flaschenhals der Energiewende“, sagt Ahmels. Wenn der Umbau der Stromnetze mit der Ausbaudynamik der umweltfreundlichen Energien nicht Schritt halte, werde das am Ende dazu führen, dass überkommene klimaschädliche und risikoreiche Energiestrukturen länger als notwendig fortbestehen. „Deshalb sind wir uns unserer Verantwortung sehr bewusst und werden das Projekt mit Hochdruck vorantreiben“, so Ahmels. Man wisse allerdings, dass nur „ein Mindestmaß an gutem Willen auf allen Seiten“ die erste Voraussetzung für einen Erfolg sei. Gefördert durch:
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ENERGIE UND KLIMA
Grüne Informationstechnik als Vorreiter beim Klimaschutz
Die DUH hat auf der Messe Systems 2009 das Projekt ecoIT zur Förderung klimafreundlicher Informationstechnik (IT) gestartet. Ziel der Kampagne ist es, die Energie- und Ressourceneffizienz in diesem Bereich deutlich zu steigern.
n Bereits heute werden mehr als acht Prozent des Stromes in Deutschland für den IT-Sektor benötigt. Damit ist der CO2-Ausstoß von Computern, Internet und Telefon in Deutschland höher als der des Flugverkehrs. Das zeigt die Bedeutung der Branche für den Klimaschutz. Deshalb ruft die DUH die Hersteller zu weiteren Anstrengungen für Energieeffizienz und Ressourcenschutz auf.
Dies ist nur dann realistisch, wenn auch die Unternehmen der Informationstechnik eine Vorreiterrolle im Klimaschutz übernehmen, betont DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake.
Rechenzentren bieten ein großes Sparpotential
Innovative Technologien sollen die Energieeffizienz in Rechenzentren steigern.
Besonders große Stromverbraucher sind die Rechenzentren, die auf der ganzen Welt die Grundstruktur des Internet bilden und die Netze, die den heimischen PC mit ihnen verbinden. Eine einzige Google-Abfrage benötigt soviel Energie wie eine 11 Watt Sparlampe in einer ganzen Stunde. Dabei sind herkömmliche Rechner Glühbirnen nicht unähnlich bei beiden verpufft ein Großteil der verbrauchten Energie als Wärme. Die Bundesregierung will bis zum Jahr 2020 elf Prozent des Stromverbrauches gegenüber dem Jahr 2006 einsparen.
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Gerade die Rechenzentren und die Rechner in Büros und Firmen bieten ein enormes Sparpotential. Häufig ist den IT-Verantwortlichen der Stromverbrauch
ihres Bereichs jedoch unbekannt. Mit dem Projekt ecoIT will die DUH helfen, Entscheider in Unternehmen und Politik zu informieren und vom Nutzen der Energieeffizienz zu überzeugen. Denn ein auf Effizienz getrimmtes Rechenzentrum kann bei gleicher Leistung bis zu 90 Prozent Energie einsparen, am Arbeitsplatz sind häufig Einsparungen von 70 bis 80 Prozent möglich. Auf diese Potentiale wird die DUH verstärkt aufmerksam machen und am Beispiel einer Zukunftsbranche zeigen, dass Energiesparen nicht Verzicht heißen muss. Doch nicht alles, was Hersteller und Händler als Green IT Grüne Informationstechnik“ anpreisen, ist wirklich klimaschonend. Deshalb wird die DUH im Rahmen des Projekts im Jahr 2009 monatlich gute Beispiele für energieund ressourceneffiziente Technologie auszeichnen und diese Beispiele im Internet und in einer Broschüre kommunizieren. Bild oben: Virtuelle Konferenzsysteme helfen, Reisetätigkeiten zu verringern.
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An die DUH Umweltschutz-Service GmbH Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell, Fax 07732/99 95 77
VERKEHR
Umweltzonen in Deutschland An immer mehr Fahrzeugen kleben bunte Plaketten, die den Feinstaubausstoß von Dieselmotoren kennzeichnen. Dank großzügigen Übergangsfristen dürfen in den meisten Städten noch alle Autos mit roter, gelber oder grüner Plakette in die neuen Umweltzonen einfahren. Damit bleibt die Feinstaubbelastung unverändert. Die Deutsche Umwelthilfe setzt auf schärfere Regelungen, großflächige Umweltzonen und Nachrüstung von Rußfiltern.
n Im Jahr 2008 wurden in Deutschland in 23 Städten Umweltzonen eingerichtet, im kommenden Jahr werden noch etliche hinzukommen. Seit der Einführung ist eine große Diskussion über den Sinn oder Unsinn von Umweltzonen entbrannt.
Die Deutsche Umwelthilfe befürwortet die Einrichtung grundsätzlich. Allerdings kann der beabsichtigte Effekt, nämlich saubere Luft in deutschen Städten, nur durch eine konsequente Umsetzung erzielt werden. Die Umweltzonen bringen dann nachhaltige Erfolge, wenn sie großflächig eingerichtet werden, so wie das beispielsweise im Ruhrgebiet
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der Fall ist. Im Moment laufen die Umweltzonen noch im „Spielbetrieb“. Das heißt, derzeit dürfen alle Fahrzeuge, die eine rote, grüne oder gelbe Feinstaubplakette besitzen, in die Umweltzone einfahren. Umweltzonen sind das effektivste Instrument zur Entlastung der Innenstädte von lebensbedrohlichem Feinstaub. Die Deutsche Umwelthilfe setzt sich deshalb dafür ein, dass alle Umweltzonen bereits ab Januar 2010 „scharf“ gestellt werden. Dann dürften nur noch Fahrzeuge mit grüner Plakette in die Umweltzone einfahren. Nur eine derartig strikte Regelung kann gleichzeitig zu
einem Ausbau des Personalverkehrs sowie zu einer Förderung des Radverkehrs führen. Ins Rollen gebracht wurde die Einrichtung von Umweltzonen durch die in Brüssel bereits 1996 erlassene Luftqualitätsrahmenrichtlinie. Als Grenzwert erlaubt sie 50 Milligramm Feinstaubpartikel pro Kubikmeter Luft. Dieser Wert darf nicht öfter als an 35 Tagen im Jahr überschritten werden. Andernfalls müssen Aktions- und Luftreinhaltepläne von den Kommunen erarbeitet und umgesetzt werden.
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VERKEHR
Was ist Feinstaub? Als Feinstaub oder PM10 werden Partikel bezeichnet, deren Durchmesser weniger als zehn Tausendstel-Millimeter beträgt. Ein Sechstel des Feinstaubs ist Ruß, der im Verdacht steht, Krebs zu erzeugen. Er entsteht durch den mechanischen Abrieb von Reifen und Straßenbelag. Auch Baustellen, Industrieanlagen und Hausbrand produzieren große Mengen Ruß. Aufgrund ihrer geringen Größe können die Staubpartikel tief in die Lunge eindringen und so in die Blutbahnen gelangen. Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehen von jährlich 75.000 vorzeitigen Todesfällen in Deutschland aufgrund der PM10Belastung aus.
Beim Nachrüsten auf die Filterqualität achten! Wer mit seinem Dieselfahrzeug weiterhin in die Umweltzonen einfahren möchte, muss dafür sorgen, dass dessen Abgase sauber werden. Das kann nur durch die Nachrüstung mit einem Dieselrußpartikelfilter geschehen. Natürlich muss solch ein Filter den Feinstaubausstoß tatsächlich reduzieren! Leider besteht hier ein Problem: Deutschlandweit wurden nicht funktionierende Filter in etwa 40.000 Autos montiert. Die Deutsche Umwelthilfe hat diesen Skandal aufgedeckt und bemüht sich seitdem intensiv, eine für die betroffenen Autohalter gerechte Lösung zu erzielen, nämlich den kostenlosen Ersatz durch ein wirksames System.
zu verpflichten, einen Aktionsplan zur Feinstaubbekämpfung für das Stadtgebiet München aufzustellen. In diesem Aktionsplan sollten verbindliche Maßnahmen benannt werden, die geeignet sind, den Feinstaubgrenzwert einzuhalten. Nachdem das Bundesverwaltungsgericht die Klage abschlägig beschieden hatte, ging es vor den Europäischen Gerichtshof. Von dort bekam jeder Bürger Europas das Recht zugesprochen, von den Behörden Aktionspläne für saubere Luft einzuklagen. Heute lebt Janecek in der am ersten Oktober in München eingeführten Umweltzone. Sie umfasst den gesamten Stadtkern. Dieser wird durch die stark befahrene Straße Mittlerer Ring begrenzt. Leider gehört der Mittlere Ring selbst nicht zur Umweltzone. Eine großflächige Ausweitung des Fahrverbots für Dieselfahrzeuge ohne Filter muss deshalb der nächste Schritt sein.
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Feinstaubkontrollen der Deutschen Umwelthilfe Bei der Einführung der Umweltzonen im Januar 2008 in Köln, Berlin, Hannover, im März in acht Städten Baden-Württembergs und im Oktober in neun Städten im Ruhrgebiet sowie in München und Frankfurt am Main war die Deutsche Umwelthilfe vor Ort. DUH-Mitarbeiter prüften stichprobenartig, inwieweit die Plakettenpflicht eingehalten wird. Ergebnis: Die meisten Autofahrer haben sich auf die neue Regelung eingestellt. Doch großzügige Übergangsfristen in vielen Städten zögern die angestrebte Entlastung heraus. In den ersten drei Monaten nach Einführung der Umweltzone werden demnach bei Nichteinhaltung des Fahrverbots ohne Plakette weder ein Ordnungsgeld noch ein Punkt in der Flensburger Verkehrssünderkartei verhängt. Doch nur ernst gemeinte Umweltzonen können zu besserer Luft in unseren Städten beitragen.
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Die Plaketten
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Die grüne Plakette markiert Fahrzeuge der Schadstoffklasse 4 mit den geringsten Feinstaub-Emissionen. Es folgen die gelben (Schadstoffklasse 3) und die roten Plaketten (Schadstoffklasse 2). Die Plaketten gibt es gegen eine Gebühr von rund 6 Euro beim TÜV und den TÜV Service Centern, den Zulassungsbehörden, der Gesellschaft für technische Überwachung (GTÜ), anerkannten Abgasuntersuchungs-Kfz-Werkstätten und der DEKRA.
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Auch München hat seit Herbst 2008 seine Umweltzone. Die DUH war gleich am ersten Tag mit einem Feinstaubkontrollteam zur Stelle.
Das Recht auf saubere Luft In der Praxis war die Durchsetzung der Umweltzonen nicht einfach. Erst durch die Klage des Münchner Bürgers Dieter Janecek, unterstützt durch die Deutsche Umwelthilfe, wurde ein Präzedenzfall geschaffen. Janecek hat sich durch alle Instanzen bis zum Bundesverwaltungsgericht geklagt, um den Freistaat Bayern welt 4/2008
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VERKEHR
Kalter Wind für Kältemittel Dicke Versprechen kann die deutsche Autoindustrie mindestens ebenso gut abgeben, wie große Autos bauen. Diesmal geht es um den Inhalt zukünftiger Fahrzeugklimaanlagen. Die DUH hat ein Kältemittel getestet und brisante Ergebnisse veröffentlicht.
n Im September 2007 verkündete der Präsident des VDA (Verband der Automobilindustrie), Matthias Wissmann, zukünftig nur noch natürliche Kältemittel einzusetzen. Doch die Automobilindustrie forschte weiter mit Hochdruck an einer chemischen Lösung – alles nur aus Kostengründen.
Autoindustrie hofft auf billige Chemie Ab dem 1. Januar 2011 ist das momentan verwendete Kältemittel R134a in der EU für die Klimaanlagen in neuen Fahrzeugtypen verboten, da es extrem klimaschädlich ist. R134a hat ein Treibhauspotenzial von 1.300: Das heißt, ein Gramm der Chemikalie schädigt das Klima 1.300-mal stärker als ein Gramm Kohlendioxid. In der Branche wurde eine vermeintliche Alternative unter dem Namen 1234yf vorgestellt. Angaben über die genaue Zusammensetzung, das chemische Verhalten und insbesondere belastbare Aussagen zur Toxizität des Kältemittels waren anfangs nicht zu bekommen. Nachdem in der Branche die Brennbarkeit von 1234yf immer lauter diskutiert wurde, hat sich die DUH
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entschlossen, eigene Tests durchzuführen. Die Ergebnisse waren eindeutig: 1234yf ist schnell entzündlich, brennbar und setzt zudem im Brandfall große Mengen der hochgiftigen Flusssäure frei. Nach Veröffentlichung dieser Testergebnisse reagierte der VDA entsprechend hektisch und verkündete, dass nun Prüfprozesse mit der Chemikalie von den Autoherstellern endgültig abgeschlossen seien und 1234yf für die Mehrzahl der Mitgliedsunternehmen keine Option sei. Auch Hersteller wie BMW, Daimler und VW/Porsche verkündeten selbst, dass sie nicht weiter mit 1234yf arbeiten werden. Allerdings: ein klares Bekenntnis für das natürliche Kältemittel Kohlendioxid (CO2) mochte keiner abgeben. Die DUH fordert von deutschen Automobilherstellern nun klare Investitionsentscheidungen für das Kältemittel CO2 in Fahrzeugklimaanlagen und Nennung der Fahrzeugmodelle, die ab 2011 diese Technik erhalten.
müssten die Autohersteller die technischen Voraussetzungen für die Serienproduktion der neuen Autos längst geschaffen haben. Das ist nach DUHRecherchen nicht der Fall. In den verbleibenden zwei Jahren bis zum Verbot des Kältemittels R134a könne die Produktion nur noch mit großen Anstrengungen auf die Serienproduktion umgestellt werden, sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Das natürliche Kältemittel Kohlendioxid – in diesem Zusammenhang auch R744 genannt – ist die einzige klimafreundliche Alternative zu allen bekannten chemischen Kältemitteln. Und hat nur ein Treibhauspotenzial von eins. Ein Film über die Tests zu chemischen Kältemitteln in Fahrzeugklimaanlagen sowie Hintergrundinformationen sind unter www.duh.de/klimaanlage_film. html einsehbar.
Das natürliche Kältemittel CO2 ist eine echte Alternative Um die klimapolitischen Vorgaben der EU überhaupt einhalten zu können, welt 4/2008
MENSCHEN FÜR NATUR
Schüler des Otto-Hahn-Gymnasiums in Nagold:
Starker Einsatz für den Regenwald n Pro Minute wird tropischer Regenwald in der Größe von vierzig Fußballfeldern vernichtet. Mit Brandrodung und Motorsägen, so lernten die Siebtklässer des Otto-Hahn-Gymnasiums im Erdkundeunterricht, werden die „grünen Lungen unserer Erde“ der Profitgier der Holzkonzerne unterworfen. Bei dieser schockierenden Nachricht wollten es die Klasse 7 a nicht belassen. Die Schüler recherchierten und diskutierten über die differenzierten Zusammenhänge zwischen Weltklima und den komplexen Systemen der tropischen Regenwälder.
Aktive Umweltbildung Daraus entwickelte sich ein Projekt zum Schutz des Regenwaldes, an dem mit viel Fleiß und Engagement auch in der Freizeit gearbeitet wurde. Mit Bannern und Plakaten zogen die Schüler gegen Gleichgültigkeit und Unwissen zu Felde. Leider machten sie dabei auch die Erfahrung, dass viele Mitschüler sich nicht für die Problematik der weit entfernten Regenwälder interessierten. Sie ließen sich aber nicht entmutigen, auch als die Hälfte der Klasse schon abgesprungen war beim Projekt „grüne Lungen unserer Erde“.
Erfolgreiche Spendenaktion Die Teilnehmer des Regenwald-Projektes des Otto-Hahn-Gymnasiums ließen den welt 4/2008
Reden Taten folgen: 813 Euro brachte ihre Spendenaktion für den Naturschutz. Mit Unterstützung der Schulleitung und der Stadtverwaltung traten die Schüler mit einem Infostand an einem Samstag auf dem Nagolder Vorstadtplatz in Erscheinung. Zwischenzeitlich zu echten Regenwaldspezialisten herangereift, stellten die Schüler ihre Erkenntnisse aus Erdkundeunterricht und Recherchearbeit vor. Dies war eine sehr persönliche und überzeugende Methode, die Nagolder über die komplexe Thematik aufzuklären und für zwischenzeitlich
bedrohliche Situation des Tropenwaldsterbens zu sensibilisieren. Der Verkauf von Kaffee und Kuchen lud zum Verweilen und zum Gespräch ein. Der Erlös ging nun als Spende bei der Deutschen Umwelthilfe ein. Ganz herzlichen Dank an die Regenwaldfreunde der Klasse 7a!
IMPRESSUM Zeitschrift für Mitglieder und Förderer der Deutschen Umwelthilfe e.V. ■ Herausgeber: Deutsche Umwelthilfe e.V., Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell, Tel.: 07732 9995-0, Fax: 07732 9995-77, www.duh.de, E-Mail: info@duh.de ■ V.i.S.d.P.: Rainer Baake, Jürgen Resch ■ Redaktion: Jutta Kochendörfer, Eva Forstmeier, Melanie Reimer, Michael Hadamczik ■ Gestaltung: Claudia Kunitzsch ■ Druck: Wachter GmbH, Bönnigheim ■ Anzeigen: Michael Hadamczik; es gilt die Anzeigenpreisliste 2008 ■ Verlag und Vertrieb: DUH UmweltschutzSevice GmbH, Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell ■ Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft Köln (BLZ 370 205 00) 8 190 002 ■ Gedruckt auf 100 % Recycling-Papier ■ Bildnachweis: Titelseite: Elch, Bildermehr/ J. Schiersmann; S. 3: A. Busch (o), tutto62/Pixelio (m),
O. Hahn/hahnfilm.de (u); S. 4: Sarah C./Pixelio (o), H. Filoda (m), CReNIEO (u.r.), O. Hahn/hahn-film.de (u.l.); S. 5: Kisorsy/DUH (o), Cornerstone/Pixelio (m), eM-punkt (u), sharkwater.de (o.r.); S. 6: K. Bouda/ Pixelio (o.gr.), Verena N./Pixelio (u.gr.), D. Haugk/Pixelio (o.kl), O.Hahn/hahnfilm.de (u.kl); S. 7: DUH; S. 8: Hermann/Pixelio; S. 9: O. Hahn/hahnfilm.de (o), RASI (u), Montage: DUH; S. 10: K.P. König (o), F. Haindl (m.l.), Redisu (m.r.), H. Fila (u), alle Pixelio; S. 12: W. Lücking (l), Bildermehr/G. Schulz (r); S. 13: NABU Bad Sobernheim (o), O. Hahn/hahnfim.de (Vögel), Storchenhof Lohburg (u); S. 14: F. Neuschulz (o, u), O. Hahn (m.l.), pitopia (m.r.); S. 16: E. Gantz/BMU (o), I. Wittig, DUH; S. 17: U. Lindner; S. 18: D. Damschen (o), R. Knapp (u); S. 19: Gemeinde Wachtberg; S. 20: AOVE Gesellschaft für Regionalentwicklung mbH (l), M. Godau (m), C. Groß (r); S. 21: M. Nitzschke (o), Neu-Atzlenbacher/Pixelio (u); S. 22: CReNIEO, GNF; S. 23: U. Gattenlöhner, GNF, M. May (m.kl.); S. 24: GNF; S. 25: RASI (o), GNF (m), G. Giebener/Pixelio (u); S. 26: (GNF); S. 27: M. Uhde; S. 28: Bildermehr/R. Erl; S. 29: Bildermehr/J. Schiersmann (l), Bildermehr/R. Erl (r.o.); O. Hahn/hahnfilm.de (r.u.); S. 30: Kisorsy/DUH (o, u.m., u.r.), R. Kirchmann (u.l.), ganz links: klicker, Michael O., Lars, alle Pixelio; S. 31: klein oben: privat, Kisorsy/DUH (u.l., u.r.), R. Kirchmann (u.m.); S. 32: S. Schulz (o.l., u), S. Holzmann (o.r.); S. 33: sharkwater.de; S. 34: M. Hahn (o), Rapunzel Naturkost Heftpreis: 1,50 AG (u); S. 35; DUH (o), U. Fuchs (u); S. 36: DUH; S. 37: slicer (HG), u.w. (l), Meyhome (m)/alle Pixelio; DUH (u); S. 38: Kisorsy/DUH; S. 39: juwi (o), DUH (u); S. 40: S. Lang (o), S. Hofschläger/Pixelio (u); S. 42: essential media GmbH (o), Fink & Fuchs Public Relations AG/Cisco (u); S. 44; DUH (o) bms/Pixelio (u); S. 45: S. Bratek/Pixelio; S. 46: eM-punkt; S. 47; Otto-Hahn-Gymnasium Nagold (o), K. Bouda/Pixelio (u)
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Foto: Knipseline/Pixelio
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