DUHwelt 4/2011

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4/2011 Das Magazin der Deutschen Umwelthilfe und des Global Nature Fund

welt www.duh.de; www.globalnature.org

Der Gänsesäger kommt im Winter Stadtwerke – Vorreiter der Energiewende? Nashorn-Wilderern auf der Spur

Was wird aus dem Wald? welt 4/2011

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schwecke.mueller

Felicidad Gonzales, eine der Bäuerinnen der Kleinbauernkooperative ANAPQUI: „Es ist erfreulich, wie sich der QuinoaAnbau in den letzten Jahren entwickelt hat. Das haben wir vor allem dem Bio-Anbau und dem Fairen Handel zu verdanken. Viele Familien sind aufgrund dieser guten Perspektiven wieder hierher zurückgekommen.“

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Wir machen Bio aus Liebe.


Auf ein Wort

Prof. Dr. Harald Kächele Bundesvorsitzender Deutsche Umwelthilfe e.V.

Liebe Leserin, lieber Leser, ein Jahr voller Ereignisse geht zu Ende. Auf die Kernschmelze in Japan folgte der Atomausstieg in Deutschland – auf der anderen Seite der Erdkugel. Die Welt staunt und beobachtet gespannt, ob das Projekt Energiewende in Deutschland ein tragfähiges Modell liefert, dem andere Länder folgen können. Wir tun alles dafür, dass dies gelingt.

Die öffentliche Auseinandersetzung um Stuttgart 21 erreichte mit einem öffentlichen Moderationsverfahren als Medienereignis eine neue Stufe und kulminierte in der Entscheidung der Bürger für den Weiterbau des weitreichenden Infrastrukturprojekts. Der Bahnhof konnte zwar nicht verhindert werden, aber jetzt haben wir eine Blaupause, wie wir es künftig besser machen können. Dies wiederum wird für die Energiewende von allergrößter Bedeutung sein.

Und dann gibt es noch das Thema Wald. Unter dem Eindruck der Schuldenkrise versucht die Bundesregierung, aus unseren Wäldern herauszuholen, was möglich ist. Erhaltung der Biodiversität war gestern, jetzt geht es ihr vorrangig darum, die Wirtschaft in Schwung zu halten.

Die Krise von Euro und Europa macht vor der Umwelt nicht halt. Dass die Anpassungsprogramme in den europäischen Schuldenstaaten zu Lasten von Natur- und Umweltschutz gehen werden, ist heute schon abzusehen. Sparen auf Kosten der Zukunft fällt eben leichter als Verzicht in der Gegenwart. Darunter leidet auch der Wald.

Die Zeiten sind turbulent und das Thema Umwelt steht nicht überall ganz oben auf der Prioritätenliste. Ich danke daher allen, die mitgeholfen haben beim Schutz von Natur und Umwelt und wünsche Ihnen einen guten Start ins neue Jahr 2012.

Ihr

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Inhalt Wie viel Waldnatur darf sein?

schauplatz

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Winterimpressionen

aktuell

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Thüringer Abfallfirma beeinträchtigt Nachbarschaft

Z

ielmarken für den Schutz des deutschen Waldes gibt es längst. Die Politik hat sie konkret und sogar einstimmig verankert. Aber sie hält sich selbst nicht daran. Die Waldstrategie der Bundesregierung spricht eine andere Sprache.

8 Hessen muss Luftschadstoffe minimieren 8

Impressum

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Nachrüstung mit Partikelfilter wird wieder gefördert

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Kohlekraftwerk Brunsbüttel vor dem Aus

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DUH stoppt irreführende Werbekampagne von Danone

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EU-Subventionen für nachhaltige Fischerei

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10 Erfolg im Misserfolg

Standpunkt zum Stuttgart 21-Bürgervotum

10 Tschechien rodet geschützte Wälder 10 Neue Energie-Label für Fernseher und Pkw

Emotionen erwünscht Kinofilm „Taste the Waste“ macht die globale D erLebensmittelverschwendung zum Thema. Eigentlich

themen

erstaunlich, dass das erst jetzt geschieht. Mit dem UmweltMedienpreis zeichnet die DUH den Regisseur des Films und weitere herausragende Persönlichkeiten aus.

12 Schweigen im Walde 14 Der Soonwald ist des Schutzes würdig 14 Natürliche Dynamik dank Nationalpark 16 UmweltMedienpreis 2011: Kurs halten in schwieriger Zeit 17 Die Träger des UmweltMedienpreises 2011 18 Essen wegschmeißen – niemand findet es gut, viele tun es

Interview mit dem „Taste the Waste“-Regisseur Valentin Thurn

20 Mit Hightech gegen Wilderei

Nashorn-Schutz in Südafrika

magazin

Illegal und blutig

n naturschutz

n energie

von Nashörnern ist auf dem Schwarzmarkt nach D aswieHorn vor gefragt und erzielt deshalb lukrative Preise. Die

n Verkehr

n kreislaufwirtschaft und mehrwegschutz

n nachhaltige entwicklung

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Nashorn-Wilderei in Südafrika erreicht traurige Rekordzahlen. Um die letzten Tiere vor dem Tod zu bewahren, greifen Naturschützer in die Trickkiste.

22 n Schätze unter dem Weihnachtsbaum

Handys enthalten kostbare Rohstoffe.

23 n Elektroaltgeräte-Rücknahme ist mangelhaft 24 n Mit neuen Flaschen zum Erfolg 24 n Stadtwerke – Vorreiter der Energiewende?

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Inhalt

25 n Transparenz und Dialog – Pumpspeicher am Rhein 26 n Neues Internetportal: Erneuerbare Energien in den Bundesländern 26 n Naturparadiese aus zweiter Hand 27 n Bunte Vielfalt vor der Firmentür

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28 n Schüler pflanzen Eichen im Gartenreich 28 n Eine Auenlandschaft kehrt zurück

Gold und Silber lieb ich sehr

Das Naturschutzgroßprojekt an der Elbe ist erfolgreich abgeschlossen.

I

29 n Jugendliche als Botschafter der Elbe

n jedem Handy schlummern wertvolle Rohstoffe. Doch der treue Begleiter wird häufig schon dann ersetzt, wenn er noch funktioniert. Wohin mit dem kostbaren Schatz?

30 n Ein Auenwald für die Weser 30 n Aktiv für Klima und Biodiversität 30 n Hundert Bäume zum hundertsten Geburtstag 32 n Keine verflossenen Versprechen mehr 32 n Der Jordan verbindet Religionen 33 n Naturschutz im Labor Der GNF setzt sich für bessere Wasserqualität des Atitlán-Sees ein. 33 n Wie nachhaltig ist Europas Seentourismus? 34 n Nachmachen erwünscht Umweltschützer vom Baikalsee besuchten den Bodensee. 35 DUH-Markt 36 n Die wilde Nuss und ihre Ernte 36 n Natur vor der Haustür – in jedem Stadtteil

39 Schlechter als ihr Ruf

S

eit es Katalysatoren und schwefelfreies Benzin gibt, gelten Benzinmotoren als relativ sauber. Doch ausgerechnet die modernen Benziner tragen massiv zu Umweltproblemen bei.

37 n Umweltbewusst und sozial – geht das? DUH-Mitarbeiterin Elke Jumpertz erklärt Hintergründe von Umweltgerechtigkeit. 38 n Neue DUH-Publikationen im Themenfeld Kommunaler Umweltschutz 38 n Ein Bündnis für mehr Grün in der Stadt 39 n Nicht ganz sauber Moderne Benzinmotoren emittieren feine Partikel. 39 n Deutsche Bischöfe und ihre Limousinen 39 n Mobil mit solarer Stromerzeugung

„Unbekannte“ Tierart

40 Fänger des frischen Fischs Der Gänsesäger ist ein Entenvogel.

menschen für natur

42 Mit Herz und Hand für Natur und Tierwelt

40 Gastland für den Gänsesäger Gänsesäger lebt vom Fischfang und braucht D erfolglich offene Gewässer. Im Winter findet er sie

42 DUH-Naturreisen

duh intern 43 Jahresrückblick

bei uns. Manch ein Beobachter freut sich über den Gast, denn der Säger ist eine seltene Art. Aber nicht überall ist er willkommen. welt 4/2011

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SCHAUPLATZ

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SCHAUPLATZ

Eisnacht

Wie in Seide ein Königskind schläft die Erde in lauter Schnee, blauer Mondscheinzauber spinnt schimmernd über der See. Aus den Wassern der Raureif steigt, Büsche und Bäume atmen kaum: durch die Nacht, die erschauernd schweigt, schreitet ein glitzernder Traum.

Clara Müller-Jahnke (1860-1905)

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AKTUELL Es staubt und stinkt

Thüringer Abfallfirma beeinträchtigt Nachbarschaft n Auf der Abfallbehandlungsanlage der RCO RecyclingCentrum GmbH (RCO) im thüringischen Bad Klosterlausnitz wird seit Monaten gegen geltendes Recht verstoßen, ohne dass die zuständigen Aufsichtsbehörden dagegen einschreiten. Seit April 2011 gehen von der Anlage heftige Gas-, Faser-, Staub- und Geruchsemissionen aus. Mitarbeiter des Abfallunternehmens wurden in unzulässiger Weise krebserregenden Substanzen ausgesetzt, Abwässer mit Che-

DUH-Erfolg

Hessen muss Luftschadstoffe minimieren n Die jahrelange Weigerung der hessischen Landesregierung, gegen die hohe Luftschadstoffbelastung in der Landeshauptstadt Wiesbaden vorzugehen, war rechtswidrig. Das hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden im Oktober in einem Grundsatzurteil entschieden. Das Gericht verurteilte das Land zur schnellen Aufstellung eines Luftreinhalteplans, der unter anderem die Einhaltung des NO2-Grenzwertes sichern soll.

Nach Einschätzung der DUH wird damit an der Einführung

in den vergangenen Jahren regelmäßig überschritten.

einer Umweltzone in Wiesbaden kein Weg vorbeiführen. Der EU-weit geltende Grenzwert für NO2, ein Luftschadstoff, der vor allem aus Dieselmotoren ohne entsprechende Abgasreinigung stammt, wurde in der Wiesbadener Innenstadt

mikalien verunreinigt, Abfälle unsachgemäß gelagert und illegal miteinander vermischt. Das für die Überwachung zuständige Landratsamt SaaleHolzland-Kreis verharmlost systematisch Hinweise beeinträchtigter Anwohner und ignoriert Aufforderungen der DUH, gegen diese Verstöße vorzugehen. Laut der Betriebsgenehmigung zur Herstellung von Ersatzbrennstoffen darf die Annahme und Aufbereitung gefährlicher sowie zum Stauben neigender Materialien nur in einer geschlossenen Halle erfolgen. Da das Unternehmen bis heute keine entsprechende Halle gebaut hat und die Verarbeitung von Abfällen im Freien zu erheblichen Emissionen führt, fordert die DUH die Einstellung des Betriebes. (tf) o

Dessen ungeachtet ergriff die zuständige hessische Landesregierung keine geeigneten Maßnahmen, um die Dauermisere zu beenden oder wenigstens zu entschärfen. Insbesondere weigerte sich das CDU-geführte Umweltministerium – auch unter Hinweis auf den Widerstand des von der FDP gestellten Verkehrsministers –, in der Landeshauptstadt eine Umweltzone nach dem Vorbild von knapp fünfzig Städten im Bundesgebiet einzurichten. (ds) o

IMPRESSUM Zeitschrift für Mitglieder und Förderer der Deutschen Umwelthilfe e.V. und des Global Nature Fund ■ Herausgeber: Deutsche Umwelthilfe e.V., Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell, Tel.: 07732 9995-0, Fax: 07732 999577, www.duh.de, E-Mail: info@duh.de ■ V.i.S.d.P.: Rainer Baake, Jürgen Resch ■ Redaktion: Michael Hadamczik (mha), Jutta Kochendörfer (jk), Melanie Fessler (mf), Christine Göcke (cg) ■ Autoren: Annette Bernauer (ab), Jörg Dürr-Pucher (jdp), Daniel Eckold (de), Oliver Finus (of), Thomas Fischer (tf), Udo Gattenlöhner (ug), Marion Hammerl (mh), Tobias Herbst (th), Steffen Holzmann (sh), Patrick Huth (ph), Silvia Jablonski (sj), Elke Jumpertz (ej), Robert Mathias (rm), Franziska Müller (fm), Amrei Münster (am), Jürgen Quentin (jq), Dorothee Saar (ds), Ulrich Stöcker (ust), Katja Tolkachyova (kt), Patrick Trötschler (pt), Ines Wittig (iw), Nina Wolff (nw), Albert Wotke (aw) ■ Gestaltung: Claudia Kunitzsch ■ Druck: Wachter GmbH & Co. KG, Bönnigheim ■ Anzeigen: Michael Hadamczik; es gilt die Anzeigenpreisliste 2011 ■ Verlag und Vetrieb: DUH Umweltschutz-Service GmbH, Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell ■ Gedruckt auf 100 % Recycling-Papier ■ Heftpreis: 1,50 Euro ■ Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft Köln (BLZ 370 205 00) 8 190 002 Deutsche Umwelthilfe und Global Nature Fund werden von zahlreichen Förderern finanziell unterstützt. Die Artikel der DUHwelt geben nicht in jedem Fall die Meinung der Förderer wieder.

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Aktuell Rußfrei fahren

Keine Perspektive

Nachrüstung mit Partikelfilter wird wieder gefördert

Kohlekraftwerk Brunsbüttel vor dem Aus

n Im Jahr 2012 wird das Nachrüsten eines DieselPartikelfilters für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht erneut mit einem Zuschuss in Höhe von 330 Euro pro Fahrzeug gefördert. Die DUH hatte in zahlreichen Gesprächen und Presseaktivitäten auf die Notwendigkeit der Förderung hingewiesen und begrüßt diese Entscheidung der Bundesregierung. Allerdings mahnt die DUH die Filterförderung für andere Fahrzeuggruppen an, wie Baumaschinen, Schiffsmotoren und insbesondere

Busse. Besonders wichtig ist die Nachrüst-Förderung, weil im kommenden Jahr in vielen Umweltzonen weitere Verschärfungen vorgesehen sind, so dass nur noch Fahrzeuge mit grüner Plakette einfahren dürfen. (ds) o Welcher Filter für welches Fahrzeug verfügbar ist, kann zum Beispiel auf folgenden Internetseiten eingesehen werden: www.feinstaubplakette.de

n Tübingens Oberbürgermeis-

www.partikelfilternachruesten.de

ter Boris Palmer (Grüne) rückt von dem geplanten Steinkohlekraftwerk an der Unterelbe

Nicht umweltfreundlicher

DUH stoppt irreführende Danone-Kampagne n Im Rechtsstreit zwischen der

DUH und der Danone GmbH hat der Umwelt- und Verbraucherschutzverband in vollem Umfang gewonnen. Die Danone GmbH wird Becher der Marke Activia aus dem maisbasierten Biokunststoff Polylactid (PLA) nicht länger irreführend als „umweltfreundlicher“ im Vergleich zum Vorgänger aus Rohöl bewerben. Dem stimm-

te das Unternehmen durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zu und gesteht damit eine monatelang andauernde Täuschung von Verbrauchern ein. Seit April 2011 bewarb Danone seine im Handel erhältlichen Joghurtbecher aus PLA als „umweltfreundlicher“ beziehungsweise „umweltfreundlicherer“.

Weil eine von Danone selbst in Auftrag gegebene Studie belegte, dass die neuen Joghurtbecher aus PLA in der Gesamtbetrachtung nicht umweltfreundlicher sind als Verpackungen aus Rohöl, hatte die DUH am 19. August 2011 Klage wegen irreführender Werbung beim Landgericht München eingereicht. (tf) o

ab. Palmer hatte das Vorhaben als Aufsichtsratsvorsitzender der an dem Großprojekt beteiligten Stadtwerke Tübingen jahrelang verteidigt. Ende November erklärte er gegenüber dem Brancheninformationsdienst Dow Jones Energy, der Bau neuer Kohlekraftwerke habe in Deutschland absolut keine Perspektive mehr, das gelte auch für das Vorhaben von SüdWestStrom (SWS) in Brunsbüttel. Damit hat Palmer nach Einschätzung der DUH das faktische Aus für das Kraftwerk verkündet. „Offensichtlich stehen selbst nach Überzeugung maßgeblicher Projektbetreiber energiewirtschaftliche und klimapolitische Gründe der Realisierung des Milliardenprojekts entgegen. Weitere Genehmigungen darf es deshalb nicht mehr geben“, erklärte Jürgen Quentin, der Leiter der Anti-KohlekraftKampagne der DUH. In einem Schreiben an den Landrat des Kreises Dithmarschen, Jörn Klimant, fordert die DUH, eine von der Wasserbehörde des Landkreises für Anfang Dezember angekündigte wasserrechtliche Erlaubnis nicht mehr zu erteilen. (jk) o

Gegensteuern

EU-Subventionen sollen nachhaltige Fischerei stärken n Die DUH fordert die Bundesregierung und die Mitglieder des Europäischen Parlaments auf, Förderstrukturen so zu gestalten, dass sie zur Beendigung der Überfischung und zum Abbau von Flottenüberkapazitäten beitragen. Dies erklärte Nina Wolff, Fischerei-Expertin der DUH, anlässlich des Vorschlags der EU-Kommission

vom 2. Dezember zu einem neuen Förderinstrument für den Fischereisektor. Nach Meinung der DUH und anderer Umweltverbände der OCEAN2012Allianz ist die wahllose und kontraproduktive Vergabe von EU-Fischereisubventionen nicht länger tolerierbar. „Die deutsche Bundesregierung muss sicherstellen, dass zu-

künftig alle Fördermittel dafür genutzt werden, die Gesundheit des Meeresraums wiederherzustellen und den Übergang zu einer nachhaltigen Fischerei zu erleichtern“, sagte Wolff. Der Kommissionsvorschlag bildet den abschließenden Teil eines Reformpakets für die Gemeinsame Fischereipolitik, die

nach Vorstellung der EU-Kommission ab 2012 nachhaltiger und effizienter werden soll. Mit der Reform sollen strukturelle Schwächen beseitigt werden, die sich in den vergangenen 40 Jahren innerhalb der europäischen Fischereipolitik angehäuft haben. (de) o Internet: www.ocean2012.eu welt 4/2011

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AKTUELL Standpunkt

Fadenscheinig

Das Volk hatte das Wort. Nach der mehrheitlichen Entscheidung der Baden-Württemberger pro Stuttgart 21 stellt sich die Frage, ob Instrumente der direkten Demokratie geeignet sind, Umweltinteressen durchzusetzen.

Erfolg im Misserfolg

Es mag abgedroschen klingen,

aber deshalb ist es nicht weniger wahr. Das Ergebnis des Volksentscheids über Stuttgart 21 ist tatsächlich ein großer Erfolg für die Demokratie. Für die direkte Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an durchaus anspruchsvollen

Michael Hadamczik ist Chefredakteur der DUHwelt.

Sachentscheidungen hat das Plebiszit im Südwesten die Tür weit aufgestoßen.

In der Frage von Kopf- oder Tiefbahnhof hat sich die Deutsche Umwelthilfe nicht verstärkt engagiert und braucht also keine Zeit, die Enttäuschung über den Misserfolg in der Sache zu verdauen. Versuchen wir also, aus dem Ergebnis etwas für die Zukunft zu lernen. Wenn das Thema stimmt und wenn es geeignet ist, die Welt in Befürworter und Gegner zu gruppieren, können Volksbegehren und Volksentscheide auch hierzulande zu erfolgreichen Mitteln direkter Demokratie werden. Und wenn dazu auch noch Emotionen ins Spiel und Machtfragen hinzukommen – das ist eine Lehre aus dem 27. November – dann ist eine hohe Beteiligung der Bürger und mithin eine große Legitimität der Entscheidungen möglich. An Niederlagen wächst man, heißt es. Das ist tröstlich, und die Umweltbewegung muss sich – auch heute noch – darauf einstellen, bei vielen Plebisziten über umweltrelevante Fragen auf der Verliererseite zu landen, wenn ausgezählt wird. Aber das ist nicht tragisch. Denn häufig finden Argumente und Einwendungen der Umweltseite Eingang in die zunächst kritisierten und mit viel Herzblut bekämpften Projekte. Es ist zu hoffen, dass das bei Stuttgart 21 am Ende auch der Fall sein wird.

Tschechien rodet geschützte Wälder n Im tschechischen National-

park Sumava (Böhmerwald), der direkt an den Nationalpark Bayerischer Wald grenzt, werden derzeit quer durch das Schutzgebiet Bäume gefällt. Sogar uralte Bergwälder, bis dato mit absolutem Eingriffsverbot belegt, sind davon betroffen. In der Gebirgsurwald-Region Smrcina an der österreichischen Grenze plant die südböhmische Regionalregierung nach Informationen des bayerischen Bund Naturschutz einen Skilift und -pisten. Auch hier soll gerodet werden. Offiziell will man mit den Rodungen der Ausbreitung des Borkenkäfers entgegenwirken. In der Tat sind viele Bäume befallen. Doch deutsche und tschechische Naturschützer

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Der Bayerische Wald und der Sumava-Wald bilden gemeinsam eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete Europas. Da die Umsetzung von Nationalpark-Zielen große Flächen erfordert, ist der Zustand des Waldes beidseits der Staatsgrenze von Bedeutung. (jk)

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Unterstützen Sie den Protest gegen die Abholzung! http://bund-naturschutz.de/ sumava-protest.html

Grün kaufen

Neue Energie-Label für Fernseher und Pkw n Seit 30. November 2011 müssen Fernseher im Handel ein Energieeffizienzetikett tragen, das Verbrauchern die Wahl eines Strom sparenden Gerätes erleichtert. Das von Kühlschränken und Waschmaschinen bekannte EU-Label stuft TV-Geräte unter Berücksichtigung ihrer Bildfläche in eine Effizienzklasse von A (geringer Stromverbrauch, grüner Farbbalken) bis G (hoher Stromverbrauch, roter Farbbalken) ein.

Das Label informiert zudem über den Stromverbrauch im laufenden Betrieb, den Jahresstromverbrauch und das Vorhandensein eines echten Ausschalters. Der Vergleich lohnt sich: Bei gleicher Bild-

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vermuten, dass dies für Nationalparkleiter Jan Strasky und das tschechische Umweltministerium vor allem ein willkommener Vorwand sein könnte, um Holzeinschlag im Nationalpark zu bewilligen und die touristische Entwicklung zu ermöglichen.

schirmgröße kann sich der Energiehunger verschiedener Modelle um bis zu 50 Prozent unterscheiden. Neue Pkw müssen beim Verkauf oder Leasing seit 1. Dezember 2011 mit einem CO2Label gekennzeichnet werden. Es weist Neuwagen abhängig von ihrem CO2-Ausstoß und Gewicht auf einer Farbskala einer Effizienzklasse von A+ (effizient) bis G (ineffizient) zu. Da bei gleichen Emissionen schwere Autos besser eingestuft werden als leichte, sollten Kunden vor allem den Kraftstoffverbrauch und die auf dem Label angegebenen jährlichen Kosten für Kraftstoff und Kfz-Steuer vergleichen. (rm) o


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themen

Schweigen

im Walde

Das „Internationale Jahr der Wälder 2011“ geht zu Ende. Die Bundesregierung hat jüngst eine Waldstrategie verabschiedet. Was bringt das dem deutschen Wald? n von Albert Wotke

D

as Brandenburger Tor im Herzen Berlins, weltberühmtes Wahrzeichen der Einheit Deutschlands, erstrahlte an den Oktoberabenden in ganz neuem Licht. Blassblaue, türkise und lila Regenbogen-Schlieren zogen sich über Säulen und Attika und schufen ein ganz neues Seherlebnis. Plötzlich erschien am Relief, direkt unter der Quadriga, eine zitternde, weiße Lichtschrift: „Ohne ihn, da sitz‘ ich hier, ganz ohne Klopapier“.

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Gemeint war der deutsche Wald. Das Landwirtschaftsministerium von Ilse Aigner (CSU) hatte sich diese und viele, viele andere „Events“ mit Steuermitteln ausdenken lassen, um das deutsche Volk für die Bedeutung unseres Waldes zu sensibilisieren. Da gab es die „Nationalmannschaft der Zimmerleute“, den „Original-Erlebnis-Hochsitz“ am Tag der Offenen Tür im Ministerium oder eine kleine Exkursion mit dem Bundespräsi-

denten in den dunklen Tann. Insofern ist allerhand passiert in diesem „Internationalen Jahr der Wälder 2011“.

Die Waldstrategie ignoriert die nationale Biodiversitäts- strategie

Wenn wir allerdings hinter die Kulissen wohlfeiler Marketing-Sprüche blicken, so zeigt sich der alte, überholt geglaubte


themen ökologische Kollateralschäden inklusive. Um sich den Anschein der Dialogbereitschaft zu geben, lud man im Vorfeld alle „Stakeholder“, wie es neudeutsch heißt, also Waldbesitzer, Sägewerksbetreiber, landeseigene Forstbetriebe, Landwirte und Naturschützer zu Konferenzen ein, um hernach fast keine der WaldschützerForderungen in den Ministeriumsentwurf aufzunehmen. Erst nach dem vehementen Protest von Umweltverbänden, darunter der DUH, des Bundesumweltministeriums und des Sachverständigenrats für Umweltfragen, fügte man schließlich einige unverbindliche Formulierungen zum Naturschutz ein. Die Steigerung des Holzeinschlags steht in der dann im September von der gesamten Bundesregierung verabschiedeten „Waldstrategie 2020“ jedoch nach wie vor im Vordergrund. Als solche soll sie eine Richtschnur für das Handeln der gesamten Regierung in den kommenden Jahren bilden. Sollte das Realität werden, gewinnt die Ökonomie.

eingeschlagen werden, das entspricht einer Erhöhung um mehr als 60 Prozent gegenüber den durchschnittlichen Erntemengen der vergangenen Jahre. Damit verschärft sich die Situation insbesondere für hoch spezialisierte und sehr selten gewordene Tier-, Pilzund Pflanzenarten, die auf strukturreiche Waldökosysteme, Vorhandensein alter oder abgestorbener Bäume oder auf große unzerschnittene Waldgebiete angewiesen sind.

Der Wald wird zum Rohstoff- lieferanten degradiert

Der Wald wird so vom CO2-Speicher zum Kohlenstoffemittenten. Statt dem Klimawandel entgegenzuwirken, beschleunigt ihn die Waldstrategie sogar noch. Das Ziel der von der Bundesregierung beschlossenen Nationalen Biodiversitätsstrategie, fünf Prozent der Waldfläche einer natürlichen Entwicklung zu überlassen, wird ebenso wenig genannt wie die besondere Verpflichtung Deutschlands zum Schutz alter, naturnaher Buchenwälder.

In ihrem Kern enthält die Waldstrategie einen unauflösbaren Widerspruch: Die geplante Holzeinschlagmenge geht nicht mit den Naturschutzzielen einher. Bis zu 100 Millionen Kubikmeter Holz sollen fortan in unseren Wäldern Jahr für Jahr

Unterdessen setzt die Ministerial-Kampagne zum großen Countdown an. Mit der neuen „Wald-App“, der „ersten Applikation eines Ressorts der Bundesregierung“, können die Nutzer des Computerprogramms per iPhone oder iPad Spannen-

s

Konflikt „Ökonomie versus Ökologie“ mit großer Schärfe. Im Zentrum stand in diesem Jahr die Auseinandersetzung um eine „Waldstrategie 2020“. Das AignerMinisterium hat die nationale Waldstrategie als rein sektorale Strategie für die Steigerung des Holzabsatzes initiiert –

Von den 14.000 Tier-, Pflanzen- und Pilzarten unserer Wälder ist ein Drittel auf Totholz angewiesen. (Oben: Hirschkäfer) Auch der Tannenhäher liebt Weihnachtsbäume. Er nistet bevorzugt auf alten Fichten. welt 4/2011

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themen des und Wissenswertes über den Wald erfahren. Sogar der „Bundesverband der Weihnachtsbaum- und Schnittguterzeuger“ konnte als Partner fürs „Waldkulturerbe“ gewonnen werden. Denn „ohne ihn... wäre Weihnachten nur halb so schön!“

Neue Nationalparks, aber wo? Mancherorts gibt es im Jahr der Wälder aber auch Hoffnungsschimmer. Sie gehen von den seit 2011 amtierenden grünroten und rot-grünen Landesregierungen in Baden-Württemberg und RheinlandPfalz aus. Hier sollen die landeseigenen Wälder nach dem ökologisch besonders anspruchsvollen FSC-Standard zertifiziert werden. Zudem soll es im Südwesten Deutschlands demnächst zwei neue National-

parks in waldreichen Gebieten geben. Das haben beide Bundesländer für die laufende Legislaturperiode angekündigt. Während Baden-Württemberg den Nordschwarzwald favorisiert, benennt das Umweltministerium RheinlandPfalz gleich fünf geeignete Regionen: Saargau-Hochwald, Hochwald-Idarwald, Soonwald, Pfälzerwald und Baumholder. Nationalparks sind als Großschutzgebiete und weitgehend nutzungsfreie Wildnisräume unverzichtbar für die biologische Vielfalt. Gleichzeitig schaffen die Nationalparks einmalige Naturerlebnisräume und sichern notwendige Erfahrungsräume für Umweltbildung und Forschung. Darüber hinaus erhöhen die Nationalparks die Attraktivität ihrer Region und tragen mit zu ihrer wirtschaftlichen Entwicklung bei. Trotzdem bringt die Errichtung neuer Nationalparks des Öfteren Konflikte mit sich, dauert in der Regel mehrere Jahre und ist häufig von Bedenken der Bevölkerung wegen Bewirtschaftungsverboten oder Arbeitsplatzverlusten begleitet. Für die bestehenden Parks stellt sich die Frage nach deren Qualität. Keiner der deutschen Nationalparks genügt den internationalen Standards, was die Kernzonenregelung angeht. Sie verlangt, dass 75 Prozent der Parkfläche der Natur komplett überlassen werden. In manchen deutschen Parks ist sogar forstwirtschaftliche Nutzung erlaubt. o

Große Wälder, Moore und eiszeitliche Seen – der Nordschwarzwald ist reich an einzigartigen Lebensräumen und wird deshalb als Nationalpark-Standort diskutiert. Der Sankenbachsee, ein eiszeitlicher Karsee, liegt im nordöstlichen Schwarzwald, nahe Baiersbronn.

Der Soonwald ist des Das Land Rheinland-Pfalz will einen Nationalpark ausweisen und diskutiert derzeit fünf mögliche Standorte. Der Soonwald ist einer der Kandidaten.

M

it ausgedehnten HainsimsenBuchenwäldern sowie Feuchtwäldern ist der Laubholzanteil im Soonwald höher als an anderen möglichen Nationalparkstandorten des Landes Rheinland-Pfalz. Besonders interessant ist die Flora auf den Pseudogleyböden und den vielen, teils feuchten Waldwiesen, wo Orchideen und andere seltene Pflanzen zu finden sind. Inklusive Durchzügler wurden 133 Vogelarten nachgewiesen, unter anderem Wasseramsel, Eisvogel, Schwarzstorch und Uhu sowie neun Amphibien- und sechs Reptilienarten. Der Soonwald ist kaum durch Verkehrstrassen zerschnitten. Etwa 9.000 Hektar Staatswald liegen zusammenhängend in guter Ausformung. Ein Problem, das im Vorfeld diskutiert und gelöst werden muss, ist die bisherige Forstphilosophie, die den Soonwald zu einem – wenn auch naturnahen – Waldwirtschaftsgebiet umgewandelt hat. Die Holznutzung würde in Zukunft wegfallen, so dass die Förster andere Aufgaben übernehmen müssten. Stand bisher die Bewirtschaftung des Waldes im Vordergrund, wird nun die Steuerung der natürlichen Prozesse der Waldentwicklung Schwerpunkt sein. Auch den umliegenden Dörfern, die die Bio-

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themen

Natürliche Dynamik dank Nationalpark n Nationalparks sind Landschaften, in denen die Natur weitgehend sich selbst überlassen bleibt, damit Rückzugsräume für wildlebende Pflanzen und Tiere erhalten werden bzw. entstehen. Die meisten deutschen Nationalparks sind derzeit noch „Entwicklungs-Nationalparks“, denn sie erfüllen erst in Teilen die Kriterien für eine großflächige, ungestörte Naturentwicklung. In diesem Stadium sollen Eingriffe – wie beispielsweise das Entfernen von eingeschleppten Arten – die Artenvielfalt maximieren oder seltene Arten begünstigen.

Schutzes würdig masse des Waldes als Brennholz nutzen, müssen Ausweichmöglichkeiten angeboten werden. Die DUH wünscht sich zudem eine landesweite Standortsuche für Windkraftanlagen in Rheinland-Pfalz und ein klares Bekenntnis zum Vorrang des Naturschutzes im Soonwald.

Wacholderheiden sind ein Kulturlandschaftselement im Soonwald. In den reinen Waldgebieten kommt unter anderem der Uhu (unten) vor.

Das Bundesnaturschutzgesetz charakterisiert Nationalparks als Gebiete, die „großräumig, weitgehend unzerschnitten und von besonderer Eigenart sind“. Wirtschaftliche Nutzungen der natürlichen Ressourcen durch Land-, Forst-, Wasserwirtschaft, Jagd oder Fischerei sind weitgehend ausgeschlossen oder aber strikt geregelt. Die Schutzgebietskategorie Nationalpark wird von den Ländern ausgewiesen. Nationalparks dienen auch als Vergleichsfläche zur wissenschaftlichen Beobachtung natürlicher Entwicklungen. Sie tragen nachweislich zum Tourismusaufkommen bei und dienen der Umweltbildung und dem schonenden Naturerleben. Nach internationalen Kriterien sollen 75 Prozent der Parkfläche einem weitgehend naturnahen Zustand entsprechen. Für Nationalparks in Deutschland empfehlen Fachleute eine Mindestgröße von 10.000 Hektar. Dichte Besiedlung und Beeinträchtigungen durch Küstenschutz, Fischerei, Forstwirtschaft, Jagd, Freizeitnutzung, Verkehr und Landwirtschaft erschweren es hierzulande, eine Fläche dieser Größe gemäß Nationalparkstandards zu schützen. Die Gesamtfläche der 14 deutschen Nationalparks, inklusive marine Flächen in Nord- und Ostsee, umfasst 1.029.496 Hektar. An Land bedecken die Nationalparkgebiete 194.362 Hektar (0,54 Prozent des Bundesgebietes). Die größten sind unsere Nationalparks im Wattenmeer. Waldökosysteme profitieren in den Regionen Berchtesgaden, Bayerischer Wald, Hainich, Kellerwald-Edersee, Eifel, Harz, Müritz, Sächsische Schweiz (Bild unten), Unteres Odertal, Vorpommersche Boddenlandschaft und Jasmund von der o Schutzkategorie Nationalpark.(jk)

Seit 1999 gehört der Soonwald zum Netzwerk Lebendige Wälder der DUH; im Kampf gegen fragwürdige Freizeitprojekte unterstützte die DUH das Regionalbündnis Soonwald-Nahe tatkräftig. Das Ergebnis des damaligen Prozesses war der Naturpark Soonwald-Nahe, der in gemeinsamer Arbeit der Landkreise und der Umweltverbände gegründet und zu einem attraktiven Entwicklungsinstrument und touristischen Ziel ausgebaut wurde. Schon damals war die Nationalparkwürdigkeit angeklungen. Das Regionalbündnis und die Initiative Soonwald begrüßen die neue Standortdiskussion und haben sich bereits der Herausforderung gestellt, durch fundierte Öffentlichkeitsarbeit die Bevölkerung für die Nationalparkidee zu gewinnen. (ust) o welt 4/2011

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themen

Kurs halten in schwieriger Zeit Umweltthemen klar und verständlich präsentieren – die DUH verleiht den UmweltMedienpreis 2011 an Udo Ernst Simonis, Dorothea Schuster, Sönke Gäthke und Valentin Thurn.

„W

ir leben in Zeiten vielfältiger Krisen. Die einen erschüttern im Moment ihres Geschehens, die anderen empfinden wir als sich langsam aufbauende Bedrohung“, eröffnete der DUH-Bundesvorsitzende Harald Kächele die festliche Veranstaltung in der Niedersächsischen Landesvertretung zwischen Brandenburger Tor und Potsdamer Platz. Wenn deutsche Politiker sich von der Kernschmelze in Fukushima überrascht zeigten, sei das angesichts der AntiAtom-Bewegung ein Armutszeugnis. Kächele: „Hier fühlen wir uns als DUH mit den Mahnern aus den Medien sehr verbunden. Auch für die Zukunft des Umweltjournalismus und der Umweltbewegung gilt es, Kurs zu halten, gerade in schwierigen Zeiten“. Krisen einordnen, ohne Angst und Schrecken zu verbreiten, aber auch ohne sie zu beschönigen, das zeichne die Preisträger aus, betonte Kächele.

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Jakob Augstein fesselte die Gäste mit seiner Rede über den „Journalismus in Zeiten der Krise“.

Das Organisationsteam der DUH freut sich über die gelungene Preisverleihung.

In seiner Eröffnungsrede forderte Jakob Augstein, der Verleger des „Freitag“, dazu auf, „ruhig mal kräftig zu emotionalisieren“. Ein Rat, der zwar nicht von allen Preisträgern gleichermaßen beherzigt wird: Aber sie schaffen es alle, Umweltund Naturschutzthemen so zu erklären, dass sie wahrgenommen und verstanden werden. „Damit gelingt es ihnen, Unbeteiligte zu Beteiligten zu machen“, sagte Fritz Lauer, der als Vertreter der Deutschen Telekom, des Sponsors der Veranstaltung, die Gäste begrüßte. Mit seinem Film „Taste the Waste“ hat Valentin Thurn das Thema Lebensmittelverschwendung ganz oben auf die Agenda gesetzt. Ein Thema, das wir auch beim anschließenden Büffet berücksichtig haben: Ziel war es, nichts übrig zu lassen, und anstelle von leeren Bäuchen, leere Schüsseln zu haben. Die frohen Gesichter zeugten schließlich vom Erfolg des festlichen Abends. o

Dr. Fritz Lauer betonte die Bedeutung des UmweltMedienpreises (unten).

Wir danken der Telekom Deutschland für die freundliche Unterstützung.


themen

Die Träger des UmweltMedienpreises 2011

n Einer der angesehensten Umweltwis-

senschaftler Deutschlands, Prof. Dr. Dr. h.c. Ernst Simonis, wird für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Der emeritierte Professor für Ökonomie an der Technischen Universität Berlin hatte die Forschungsprofessur für Umweltpolitik am Wissenschaftszentrum Berlin inne. Darüber hinaus war und ist er in einer Vielzahl wissenschaftlicher Gremien aktiv. Besonderen Wert legt er auf die gesellschaftliche Vermittlung umweltwissenschaftlicher Erkenntnisse. Professor Simonis ist Redakteur und Mitherausgeber des „Jahrbuch Ökologie“, hat das „ÖkoLexikon“ herausgegeben und schreibt regelmäßig für überregionale Zeitungen und Magazine. Laudatio: Prof. Dr. Dr. h.c. Hans Joachim Schellnhuber, CBE, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung

Prof. Schellnhuber würdigte in einer sehr persönlichen Laudatio das Lebenswerk von Prof. Simonis.

Prof. Simonis und seine Frau Heide Simonis, Bärbel Höhn und Sönke Gäthke (von l. nach r.).

n Dorothea Schuster ist Redakteurin und erhält den UmweltMedienpreis in der Kategorie Printmedien. Seit 1981 schreibt sie Artikel für die große Regionalzeitung Augsburger Allgemeine. Ihr besonderes Interesse gilt dabei dem Naturschutz und der nachhaltigen Forstwirtschaft. Sachlich und kompetent stellt sie die Konflikte zwischen Schutz und Nutzung von Naturräumen dar. So gelingt es Dorothea Schuster, einem breiten Publikum die komplexe Problematik des Biodiversitätsverlusts nahe zu bringen.

Laudatio: Josef Göppel, MdB, Obmann der CDU/CSU-Bundestagsfraktion im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Valentin Thurn erhält seine Urkunde von Harald Kächele und Bärbel Dieckmann.

Dorothea Schuster und ihr Mann Dr. Gerd Sturm im Gespräch mit Josef Göppel (rechts).

n Preisträger in der Kategorie Hörfunk ist der Wissenschaftsjournalist Sönke Gäthke. Seine Beiträge sind unter anderem im Deutschlandfunk, Sendereihe Forschung Aktuell und in der WDR 5 Sendereihe Leonardo zu hören. Der Journalist versteht es bestens, wissenschaftliche Zusammenhänge fundiert, zugleich spannend und unterhaltsam darzustellen. Ob es sich um die Entwicklung der deutschen Stromleitungsnetze handelt, die Zukunft der Kernkraft oder die Chancen der Elektromobilität – seine Beiträge regen zum Mitdenken an.

Laudatio: Bärbel Höhn, MdB, stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag

n Valentin Thurn erhält den Umwelt-

Medienpreis in der Kategorie Film. Der Regisseur greift in seinem Kinofilm „Taste the Waste – Die globale Lebensmittelverschwendung“ ein Thema auf, das jeden Zuschauer emotional berührt: Essen wegzuwerfen, findet niemand gut. Der Film klagt an, zeigt aber auch Alternativen, wie man sich ideenreich für einen bewussteren Umgang mit Lebensmitteln engagieren kann. Seit seinem Kinostart löst der Film bundesweit Debatten aus – mehr kann ein Dokumentarfilm kaum erreichen. Laudatio: Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Welthungerhilfe (sh, cg, eb) o welt 4/2011

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themen interview

Essen wegschmeißen – niemand findet es gut, viele tun es Mit seinem Dokumentarfilm „Taste the Waste“ hat der Regisseur Valentin Thurn eine deutschlandweite Debatte über die Vernichtung von Lebensmitteln ausgelöst. Über die Dreharbeiten zum Film berichtet der UmweltMedienpreisträger im Gespräch mit der DUHweltRedakteurin Christine Göcke. Valentin Thurn

Wie sind Sie auf Ihr Film-Thema gekommen, Herr Thurn?

sortiert?“ Das sind nämlich große Teile der Ernte – Obst und Gemüse, das der Handel nicht abnimmt, weil es nicht makellos aussieht, obwohl es geschmacklich völlig in Ordnung ist.

Meine Mutter hat im Krieg erlebt, was Hunger ist. Das hat natürlich meine Erziehung geprägt. Der eigentliche Auslöser war eine kleine Reportage für den WDR mit dem Titel „Gefundenes Sind bei den Dreharbeiten unvorherFressen.“ Dabei haben wir Mülltaugesehene Schwierigkeiten aufgetaucht? cher beim Plündern von Abfalltonnen von Supermärkten begleitet. Ich stellte Drehgenehmigungen von Hanfest: Da landen ja richtige Mengen gut delsunternehmen zu bekommen, war essbarer Lebensmittel in den Tonnen. durchaus schwer. Wir wollten gerne zeiIn Deutschland ist gen, wie sie Ware in die Vernichtung von Ich stellte fest: den Müll werfen. Das Lebensmitteln kein war nicht erwünscht, Da landen ja richtige Mengen Thema und das hat dann kamen Antworgut essbarer Lebensmittel mich als Journalist ten wie: „Wir werfen erst richtig angestain den Tonnen. gar nichts weg.“ Das chelt. Als ich sah, ging so weit, dass wir wie groß das Thema in anderen Ländern einen Supermarkt in Frankreich drehen diskutiert wird, bin ich noch neugieriger mussten und einen Brotberg in Östergeworden und habe beschlossen, in das reich. Projekt zu investieren.

Seit dem Kinostart Anfang September haben 75.000 Menschen den Film gesehen. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg? Mit meiner Produktionsfirma habe ich über den Kinostart hinaus orchestriert: Zuerst haben wir das Buch „Die Essensvernichter“ herausgegeben und mit verschiedenen Verbänden Kochaktionen in Fußgängerzonen in ganz vielen Städten organisiert. Dabei verteilten wir über 10.000 Essen, alle aus Lebensmitteln, die eigentlich zur Vernichtung bestimmt waren. Der holländische Kochkünstler Wam Katt hat uns durch die ganze Republik begleitet. Er geht zu den Bauern und fragt: „Was habt ihr an Obst und Gemüse aus-

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Diese Wissenschaftlerin untersucht weggeworfene Lebensmittel.

Was hat sich an Ihren Einkaufsgewohnheiten geändert? Ich kaufe weniger im Supermarkt ein und beziehe eine Kiste mit Biogemüse aus der Region. Auch esse ich viel weniger Fleisch – das hat nicht so viel mit dem Kopf zu tun – ich kümmere mich jetzt mehr um die Qualität meines Essens. Das Gemüse aus der Kiste ist vielleicht ein paar Prozent teurer. Allerdings kostet Fleisch gleich doppelt oder dreimal so viel wie das Fleisch aus dem Supermarkt, aber es lohnt sich, weil es besser schmeckt. (cg) o

Brot-Container in Österreich – für Deutschland gab es keine Drehgenehmigung.


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themen

Mit Hightech gegen Wilderei Die Zahlen der von Wilderern in Afrika getöteten Nashörner erreichen einen erschreckenden Höhepunkt. Im Kampf um das Überleben der Arten geht die südafrikanische Partnerorganisation des Global Nature Fund – der Wildlands Conservation Trust – nun mit modernen Technologien gegen die grausame Wilderei vor. n von Katja Tolkachyova

Die rote Sonne geht über den Hügeln der südafrikanischen Savanne auf. Es ist noch kühl, doch eine kleine Gruppe grasender Breitmaulnashörner zieht bereits ihre ersten Runden. In der Nacht war ein Rudel Löwen in der Gegend, die Überreste des Mahls liegen unweit der friedlich kauenden Frühaufsteher. Beunruhigt müssen die Nashörner durch die Präsenz der Raubkatzen nicht sein – mit durchschnittlich einer Tonne Lebendgewicht fallen Nashörner in kein Beutespektrum. Die grauen Kolosse haben seit Jahrzehnten ganz andere Sorgen. Die Wilderei treibt sie an den Rand des Aussterbens: Mit den Hörnern der Tiere kann leider viel Geld verdient werden. Bis zu 40.000 Euro werden derzeit für ein Kilo Horn aus Südafrika auf dem Schwarzmarkt gezahlt. Die Hörner werden als fragwürdige asiatische Potenzmittel oder als Statussymbole verkauft. Landesweit nahm die illegale Jagd in den letzten Jah-

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ren daher immer mehr zu, bis sie einen traurigen Höhepunkt erreichte. Allein in Südafrika wurden in den vergangenen zwei Jahren über 600 Nashörner gewildert. Weltweit wurden die Bestände dadurch in den letzten Jahrzehnten um 90 Prozent dezimiert. Von den insgesamt 30 Nashornarten, die einst unseren Planeten bevölkerten, haben bis heute nur fünf überlebt – und sie alle sind vom Aussterben bedroht. Für die beiden in Afrika noch existierenden Arten, das Spitz- und das Breitmaulnashorn, gibt die internationale Naturschutzorganisation IUCN Populationen von 4.000 bzw. 17.500 Tieren an. Besonders die Wilderei ist für den besorgniserregenden Rückgang der Bestände verantwortlich, aber auch der Verlust des Lebensraums und politische Unruhen mit einhergehender Naturzerstörung spielen eine Rolle.

Dieser kleine GPS-Sender wird in einer für das Nashorn vollkommen schmerzfreien Prozedur dauerhaft in das Horn der Tiere implantiert.


themen Erste Erfolge sichtbar Das Naturschutzgebiet Somkhanda Community Game Reserve liegt im KwaZulu Natal, einer Provinz im Osten Südafrikas. Der Wildlands Conservation Trust (WCT) hat hier im Jahr 2005 mehrere Paare der beiden Nashornarten angesiedelt. Heute leben in dem Gebiet wieder 12 Spitz- und 12 Breitmaulnashörner. WCT hat eine Gruppe von Rangern ausgebildet, die für den Schutz der Tiere verantwortlich ist. Während täglicher Patrouillen kontrollieren die Wildhüter die Tierbestände im Schutzgebiet. Doch trotz aller Vorsichtsmaßnahmen wurden auch im Somkhanda Community Game Reserve im November letzten Jahres innerhalb einer Woche zwei Tiere von Wilderern grausam getötet.

Dr. Roelie Kloppers, Nashornexperte bei WCT, griff nach diesen Vorfällen die Idee mit den GPS-Sendern auf, die er auf einer Artenschutzkonferenz kennen gelernt hatte. In das Horn implantiert ermöglicht der Sender eine lückenlose Kontrolle der Aufenthaltsorte eines jeden Tiers. Das Anbringen der Sender ist für die Tiere vollkommen schmerzfrei, da ihr Horn, ähnlich wie die menschlichen Haare oder Fingernägel, aus unempfindlichem Keratin besteht. Selbstverständlich sind die Tiere während der Prozedur betäubt.

selbst dann noch zu verfolgen, wenn sie ein Tier schon getötet und das Horn abgetrennt haben, sagt Kloppers weiter. Dies trägt dazu bei, die Wilderer zur Verantwortung zu ziehen und wirkt abschreckend.

Nur mit effektiven Maßnahmen gegen illegale Wilderei können Nashörner auch in Zukunft durch Afrikas Savannen ziehen.

„Anhand der Position und Bewegungsgeschwindigkeit eines Tieres können wir genau erkennen, ob es in Bedrängnis ist und Hilfe braucht“, so Kloppers. Diese Informationen ermöglichen den Rangern ein schnelles und effektives Eingreifen. Außerdem bestehe so die Chance, die Wilderer

Es gibt noch viel zu tun Nach der erfolgreichen Besenderung erwacht das Tier wieder aus seiner Narkose. Wildhüter können nun jeden seiner Schritte nachvollziehen.

Bislang konnten bereits acht der 24 Nashörner erfolgreich besendert werden. Auch das Leben der übrigen Tiere soll durch diese neue Methode effektiv geschützt werden. Unter dem Namen „Project Rhino“ verfolgt WCT auf lange Sicht ein hehres Ziel: Jedes einzelne Nashorn in Südafrika soll einen Sender bekommen, um die Wilderei dieser imposanten Tiere endgültig zu beenden. Der Vorgang ist allerdings teuer – für die Ausstattung eines einzelnen Tiers werden rund 2.000 Euro benötigt. Der Global Nature Fund unterstützt seine Partner bei diesem wichtigen Vorhaben und sammelt Spenden für den Schutz der letzten Nashörner. o

Bitte helfen auch Sie den Nashörnern im Somkhanda Community Game Reserve! Spendenkonto des GNF: 804041 6000 GLS-Bank Frankfurt/Main BLZ 430 609 67 Stichwort: Nashornschutz in Südafrika

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magazin n Althandys

Ihr Handy ist ein Schatz!

Schätze unter dem Weihnachtsbaum Wenn ein neues Handy unter dem Weihnachtsbaum liegt, stellt sich gleich die Frage: Wohin mit dem alten Mobiltelefon? Über die Internetseite www.handysfuerdieumwelt.de werden gebrauchte Handys angekauft, weitergegeben oder fachgerecht recycelt.

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in neues Handy ersetzt fast immer ein altes Gerät. Und kaum einer ahnt: Unter der schicken Schale verbirgt sich ein kostbares Innenleben. Rohstoffschätze wie Kupfer, Gold und Platin oder Iridium und Tantal erwecken die kleinen Alleskönner zum Leben.

Ein Handy enthält nur wenige Gramm der kostbaren Rohstoffe, der reine Materialwert der Metalle liegt bei unter einem Euro. Doch diese Bodenschätze gibt es

auf der Erde nur in begrenztem Umfang. Noch dazu sind sie – ähnlich wie fossile Brennstoffe – ungleich auf der Welt verteilt.

Seltene und teure Rohstoffe Coltanerz, aus dem Tantal gewonnen wird, findet man beispielsweise hauptsächlich in der Demokratischen Republik Kongo, einer der konfliktreichsten Regionen Zentralafrikas. Der Bergbau findet inmitten des Bürgerkrieges statt, um Waffen für die Kämpfe zu finanzieren. In den Abbaugebieten gehen riesige, intakte Landschaften verloren, zerklüftete Gruben bleiben zurück. Mit hohem Wasserund Energieverbrauch entreißt man der Erde ihre wertvollen Mineralien. Die Abbaubedingungen der knappen Mineralien sind auch andernorts häufig belastend für die Natur und die Bergbauarbeiter. Bei der Gewinnung von Seltenen Erden in China gelangt radioaktive Strahlung in die Umwelt. Australiens Kupferminen verschmutzen Meeresstrände und andere Landschaften mit ihren Abfallprodukten.

Benutzen Sie Ihr Handy möglichst lange oder geben Sie es an andere weiter! Wer sein Altgerät am Ende in einen Kreislauf gibt, in dem ein möglichst großer Teil der Rohstoffe zurückgewonnen und wieder verwendet wird, trägt zum Schutz der Ressourcen bei. Deshalb sammelt die DUH gemeinsam mit der Telekom seit nunmehr acht Jahren alte Handys. Im Internet bietet die DUH ein Portal an, das Wiederverwendung und Recycling ideal vereint. Hier können Sie Ihr altes Gerät umweltfreundlich „loswerden“. Ein funktionierendes Gebrauchtgerät können Sie sogar gewinnbringend verkaufen oder den Erlös spenden. Ältere oder defekte Geräte gehen direkt ins Recycling. So können Gold, Silber, Kupfer und Palladium für den Rohstoffkreislauf zurückgewonnen werden. Denken auch Sie daran, wenn es klingelt unter dem Weihnachtsbaum… (sh) o Internet: www.handysfuerdieumwelt.de

n kreislaufwirtschaft

Elektroaltgeräte – Rücknahme ist mangelhaft Die DUH hat bei der EU Beschwerde gegen Deutschland eingereicht, weil hierzulande die Sammlung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten nicht verbraucherfreundlich funktioniert. Die Anforderungen einer EU-weit gültigen Richtlinie setzt Deutschland demnach nicht um.

H Panorama der weltweit größten Kupfermine in Chuquicamata, Chile. Beim Abbau entstehen giftige Abwässer und Gesundheit gefährdender Feinstaub.

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intergrund sind die seit Jahren von der DUH kritisierten geringen Sammelmengen von Gasentladungslampen, stellvertretend für alle alten Elektrokleingeräte aus Haushalten. 2010 wurden nur etwa 37 Prozent der ausgedienten Energiesparlampen und Leuchtstoffröhren ge-


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Nach der oben erwähnten EU-Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Systeme eingerichtet sind, die Elektro- und Elektronik-Altgeräte vom Hausmüll getrennt erfassen. Die Richtlinie zielt darauf ab, dass die Rückgabe für Verbraucher komfortabel und kostenfrei ist, um eine möglichst hohe Sammelquote zu erreichen. Der Handel ist zur Rücknahme verpflichtet, falls kein entsprechend verbraucherfreundliches Rückgabesystem, zum Beispiel durch die Kommunen, angeboten wird. Die Händler müssen dann zumindest beim Neukauf eines Gerätes ein gleichwertiges Altgerät kostenlos zurücknehmen. Doch in Deutschland gibt es noch keine verbraucherfreundliche und flächendeckende Lösung in allen Kommunen, wie Recherchen der DUH ergeben haben. (fm)

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trennt gesammelt und damit ordnungsgemäß entsorgt. Die Sammelmenge aus privaten Haushalten liegt nach Schätzungen der DUH noch wesentlich niedriger, bei nur etwa zehn Prozent. Somit entgehen einerseits Wertstoffe dem Recycling und andererseits gelangen Schadstoffe in die Umwelt.

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Datum, Unterschrift DUHwelt 4/2011


magazin

Stadtwerke wollen mehr in erneuerbare Energien investieren.

n kreislaufwirtschaft

Mit neuen Flaschen zum Erfolg Die DUH und die Stiftung Initiative Mehrweg (SIM) haben zum vierten Mal den Mehrweg-Innovationspreis für Weiterentwicklungen rund um Mehrweg-Getränkeverpackungen verliehen.

D

ank ihrer besonders umweltfreundlichen Abfülltechniken und neuartigen Mehrwegflaschen erlangten in diesem Jahr drei Unternehmen eine Auszeichnung: die Friedrich Lütvogt GmbH mit Sitz in Wagenfeld (Niedersachsen), die Gerolsteiner Brunnen GmbH (Vulkaneifel, Rheinland-Pfalz) und die Kondrauer Mineral- und Heilbrunnen GmbH (Waldsassen, Bayern).

Die neue Abfüllung ist umweltfreundlich und preiswürdig Die Friedrich Lütvogt GmbH & Co. KG setzt mit einer in Deutschland bisher einmaligen Abfüllanlage für GlasMehrwegflaschen neue Standards beim Umweltschutz. Wichtigste Komponente der Anlage ist eine neu konzipierte Flaschenreinigungsmaschine, die nur noch ein Viertel des Wassers im Vergleich zu einer alten Anlage benötigt. Ein Großteil des Stromes gewinnt das Unternehmen aus Solar-Panels auf den Dächern der Produktionshallen. Durchgängig eingebaute Energiesparantriebe der Flaschenund Kastentransportbänder senken den Energieverbrauch um 20 Prozent. Das Produktportfolio ist so konzipiert, dass auch Fremdflaschen wiederbefüllt werden können, wodurch der Flaschenaustausch zwischen Abfüllern verringert wird. Einsparungen an Strom, Wärme, Wasser und Abwasser entlasten nicht nur die Umwelt, sondern machen hochwertige Mehrwegprodukte auch preislich konkurrenzfähiger.

Marc Diegelmann und Ulrich Rust (Gerolsteiner Brunnen GmbH, Mitte) nehmen die Auszeichnung von Clemens Stroetmann (Geschäftsführer der Stiftung Initiative Mehrweg, li.) und Maria Elander (DUH, re.) entgegen. Rechts: die prämierten Flaschen der Kondrauer Mineralbrunnen GmbH.

Die drei prämierten Innovationen sind beispielgebend, weil Mehrwegflaschen durch sie noch umweltfreundlicher werden. Anders ausgedrückt: Der Vorsprung des Mehrwegkonzepts gegenüber dem Ex und Hopp Einwegsystem wächst. Die Preisträger senken den Energie- und Ressourcenverbrauch bei der Verpackung von Getränken weiter ab. Damit wächst der Beitrag von Mehrwegflaschen zu einem effektiven Klimaschutz. Verbraucher werden mit ihrer Kaufentscheidung für Mehrwegflaschen immer stärker zu Klimaschützern.

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Reduziertes Flaschengewicht Einer der wesentlichen Umweltfaktoren bei der Beurteilung von Mehrwegflaschen ist deren Gewicht. Durch Gewichtsoptimierungen sparen die prämierten GlasMehrwegflaschen der Gerolsteiner Brunnen GmbH und der Kondrauer Mineralbrunnen GmbH Rohstoffe und Energie bei Herstellung und Transport. (tf) o

n energiewende

Stadtwerke unter Strom Stadt- und Gemeindewerke, die konsequent auf den Ausbau erneuerbarer Energien setzen, können die Energiewende in Deutschland weiter bringen. Eine eigene dezentrale Energieerzeugung bietet dabei neue ökologische und ökonomische Perspektiven für Kommunen.

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erzeit beherrschen die „großen Vier“ den deutschen Strommarkt: Die Energiekonzerne E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall teilen sich diesen Markt weitestgehend auf. Die kommunalen Unternehmen kommen lediglich auf einen Anteil von knapp zehn Prozent an der Stromerzeugung in Deutschland. Dies soll sich jedoch mittelfristig ändern: Der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) strebt bis 2020 eine Verdopplung des momentanen Anteils auf 20 Prozent an. Diese selbstbewusste Zielvorgabe formulieren die Stadtwerke angesichts der politischen Beschlüsse nach der Atomkatastrophe von Fukushima. Noch zu Jahresbeginn 2011 stellte sich die Situation für die kommunalen Energieversorger grundlegend anders dar: Die Investition in neue Anlagen auf Basis erneuerbarer Energien erschien angesichts der Laufzeitverlängerung deutscher Atommeiler unwirtschaftlich.

Dezentrale Energieerzeugung in eigener Hand Unter den nun veränderten Bedingungen möchten die Stadtwerke in neue Anlagen


magazin n energiewende

Transparenz und Dialog – Pumpspeicher am Rhein Die Stadtwerke Mainz planen in einem naturschutzfachlich sensiblen und landschaftlich bedeutsamen Gebiet am Mittelrhein (Rheinland-Pfalz) ein Pumpspeicherkraftwerk. Die DUH moderiert einen Dialog zwischen den Stadtwerken, Bürgern und Naturschützern.

D investieren. Sie wollen erneuerbare Energieträger nutzen und effiziente Kraft-Wärme-Kopplung einsetzen. Dieser Prozess nährt die Hoffnung, dass die überkommenen Strukturen der Stromerzeugung – Stromproduktion in wenigen Großkraftwerken – veränderbar sind. Stadtwerke setzen darüber hinaus verstärkt auf eine klimafreundliche Wärmeversorgung vor Ort. Eine dezentrale Energieerzeugung ermöglicht den Kommunen die Energieträger mitzubestimmen und stärkt die lokale Wertschöpfung. In den vergangenen Jahren erkennen Kommunen zusehends die Vorteile einer eigenen Energieversorgung und eines eigenen Energienetzes. Das zeigen beispielsweise die 40 Neugründungen von Stadtwerken seit 2007.

Mit einem neuen Wettbewerb möchte die DUH die Vorreiter der Energiewende unter den kommunalen Energieunternehmen küren. Welches Stadtwerk gibt schon heute erneuerbaren Energien den Vorrang? Welches Unternehmen hat eine langfristige Strategie zur klimafreundlichen Energieversorgung? Welche Kooperationen werden gesucht? Wie fördern Stadtwerke den Ausbau von Speichern und Netzinfrastruktur? Diese und weitere Aspekte werden die Stadtwerke der Zukunft charakterisieren.

Bei einem Überangebot an Strom soll Rheinwasser in den künstlichen Speichersee hochgepumpt werden. In Zeiten von erhöhtem Strombedarf wird das Wasser abgelassen, treibt die Turbinen im Kraftwerk an und wird danach in den Fluss zurückgeführt. Die Planungen zur Speicherleistung und damit zur Größe des Oberbeckens und zur maximalen Wasserentnahme aus dem Rhein befinden sich in einem sehr frühen Stadium. Auch die technische Ausgestaltung der Anlage ist im Detail noch offen.

Transparente Planung ist gefragt Die Stadtwerke Mainz wollen Anwohner- und Naturschutzinteressen möglichst

frühzeitig in den Planungsprozess einbeziehen und baten deshalb die DUH, einen Dialogprozess zu organisieren. Der Prozess zielt darauf ab, kritische Aspekte der Standortwahl noch vor den erforderlichen Zulassungsverfahren zu analysieren und die Anregungen von Verbänden und Bürgerschaft frühzeitig in die Planung des Speicherkraftwerks einzubringen. Die DUH befürwortet Pumpspeicherkraftwerke grundsätzlich: Sie sind derzeit die einzig großtechnisch eingeführte und wirtschaftliche rentable Form der Energiespeicherung. Um unser Energiesystem hin zu einer Vollversorgung mit erneuerbaren Energien zu transformieren, sind sie ein zentraler und unverzichtbarer Baustein. Aber: Der Bau von Speicherbecken und Kavernen ist mit einem erheblichen Eingriff in die Natur und Landschaft verbunden, daher muss jeder Einzelfall erst abgewogen und dann entschieden werden.

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Neuer Wettbewerb als Anreiz

as Oberbecken des Pumpspeicherkraftwerks soll 500 Meter über dem Rheintal auf dem so genannten Franzosenkopf entstehen – innerhalb des FFHGebiets Binger Wald.

Im Bereich des so genannten „Franzosenkopfes“ soll ein Oberbecken angelegt werden, das die für Rheinland-Pfalz außergewöhnliche Fallhöhe von ca. 500 Metern bis zum Rhein nutzt.

(of) o Im Januar 2012 werden erste Ergebnisse des Wettbewerbs vorliegen. Wettbewerbsunterlagen erhalten Sie bei Oliver Finus unter: finus@duh.de Das Projekt wird gefördert von First Solar

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magazin

Forstliche Rekultivierungsabschnitte und Rohstoffgewinnung im Stadtwald Radolfzell.

Die Moderatorenrolle der DUH Die DUH hat die Moderation unter der Voraussetzung übernommen, dass der Dialogprozess ergebnisoffen verläuft. Als Moderatorin wird sie den Sachverstand, die Anregungen und Bedenken der Interessenverbände und betroffenen Anwohner frühzeitig in den Planungsprozess einfließen lassen. Bei einem ersten Meinungsaustausch forderten lokale Vertreter aus Umweltverbänden und Bürgerinitiativen eine plausible Begründung für die Standortwahl des geplanten Pumpspeicherkraftwerks. Auch sollten die Stadtwerke Mainz während des Dialogprozesses kein Genehmigungsverfahren einleiten und damit Fakten schaffen. Die Stadtwerke haben zugesagt, beiden Forderungen zu entsprechen. (jq) o Internet: www.psw-heimbach.de

n Unternehmen und Biodiversität

Naturparadiese aus zweiter Hand Die Rohstoffgewinnung reißt oft tiefe Wunden in unsere Landschaft, mit negativen Auswirkungen auf die biologische Vielfalt. Einige Unternehmen der Branche suchen die Kooperation mit Naturschützern, um Biotope zu erhalten oder neu zu schaffen.

n Solarlokal

Neues Internetportal: Erneuerbare Energien in den Bundesländern

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elches Bundesland investiert wie viel in Erneuerbare Energien? Das und noch viel mehr wollte die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) wissen. In dem neuen Online-Portal www.foederal-erneuerbar.de veröffentlicht sie ihre umfangreichen Ergebnisse. Mit mehr als 100 Datensätzen zu Windund Sonnenenergie, Biomasse, Wasserkraft und Geothermie kann man sich informieren, was im eigenen Bundesland in Sachen Erneuerbare Energien unternommen wird. Interaktive Grafiken und Tabellen oder aktuelle Nachrichten zu einzelnen Bundesländern geben einen guten Überblick über die Entwicklung der Erneuerbaren Energien. Das Portal lädt auch zum Vergleichen ein: Wo werden welche Energieträger bevorzugt eingesetzt? (cg) o

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Ein Stück Wildnis in Kiesgruben im Stadtwald von Radolfzell? Was zunächst wie ein Widerspruch klingt wird trotz – oder wegen – des seit vielen Jahrzehnten hier stattfindenden Kiesabbaus möglich. Neben noch im Abbau befindlichen Bereichen sind bereits rekultivierte oder renaturierte Flächen vorhanden. Ehemalige Abbaustandorte bleiben nach einer groben Oberflächengestaltung zunächst ohne Bepflanzung und werden der natürlichen Sukzession, dem Einwandern standortangepasster Pflanzen und Tiere, überlassen. Kleingewässer, Gesteinshügel oder Wurzelstöcke bilden über die Jahre vielseitige Lebensräume. Bedrohte Arten wie Laubfrosch, Bergmolch, Neuntöter und Dorngrasmücke finden hier wertvolle Rückzugsgebiete. Die Entwicklung auf ehemaligen Kiesabbauflächen im Stadtwald Radolfzell zeigt, welche Vielfalt sich entwickeln kann, wenn Rohstoffunternehmen, der private Naturschutz und Behörden an einem Strang ziehen. In Radolfzell arbeiten der Naturschutzbund Deutschland (NABU) – Bezirksverband Donau-Bodensee und das Unternehmen Meichle & Mohr seit mehr als zehn Jahren zusammen. Durch ein umsichtiges Management der Gruben und den Ausschluss von Störungen durch Besucher oder Freizeitaktivitäten können abwechslungsreiche Lebensräume entstehen, wie sie nur noch selten in unseren

dicht besiedelten Regionen vorkommen. So bleibt nach dem Abbau von Kies, Sand und Steinen die Artenvielfalt langfristig nicht auf der Strecke.

Verantwortung erkannt Ähnliche Kooperationen wie in Radolfzell gibt es auch zwischen dem NABU Niedersachsen und dem Verband der Baustoff- und Rohstoffindustrie (vero) oder zwischen dem Industrieverband Steine & Erden Baden-Württemberg (ISTE) und der Bodensee-Stiftung. Immer mehr Rohstoffunternehmen wollen und müssen die biologische Vielfalt in ihren Abbaustätten schützen. Für die 600 Unternehmen der ISTE erstellen die Bodensee-Stiftung und der NABU derzeit einen Leitfaden mit Schutzmaßnahmen. Darin wird zum Beispiel empfohlen, so genannte „Wanderbiotope“ für die Gelbbauchunke oder die Uferschwalbe einzurichten oder natürliche Sukzession auf Flächen zu fördern, die aus dem Abbau genommen werden. Auf Initiative des Bundesumweltministeriums und des Bundesamts für Naturschutz fand im Oktober 2011 in Fulda das Dialogforum „Biodiversität und Unternehmen“ statt. Daran beteiligt waren unter anderem der Bundesdeutsche Arbeitskreis für Umweltbewusstes Management B.A.U.M. e.V. und der Global Nature Fund (GNF). „Schon bei der Planung der


magazin Rohstoffausbeute müssen die Weichen für ein Biodiversitätsmanagement gestellt werden“, fasst Thomas Körner, Mitarbeiter der Business & Biodiversity Kampagne, die Herausforderungen zusammen. „Die Mitarbeiter müssen geschult und in die Planungen einbezogen werden. Nur so können die Naturschutzmaßnahmen erfolgreich sein. Mit einem langfristigen Monitoring können die Unternehmen ihre Maßnahmen überprüfen und gegebenenfalls anpassen.“ Der ISTE stellt seinen Betrieben dafür zum Beispiel eine umfangreiche Datenbank zur Verfügung, mit der die Entwicklung von Schlüsselarten dokumentiert und ausgewertet wird.

Dorngrasmücke (oben), renaturierter Baggersee nahe der Wurmlinger Kapelle im Kreis Tübingen.

n Unternehmen und Biodiversität

Bunte Vielfalt vor der Firmentür Die naturnahe Gestaltung von Firmenarealen ist ein erster Schritt zum betrieblichen Biodiversitätsmanagement. Die Bodensee-Stiftung begleitet Unternehmen am Bodensee dabei.

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n der Schweiz sind naturnahe Firmenareale keine Seltenheit mehr, die Stiftung Natur & Wirtschaft hat in den vergangenen fünfzehn Jahren bereits rund 300 Flächen zertifziert. Mit dem Projekt „Unternehmen und Biologische Vielfalt am Bodensee“ greift die Bodensee-Stiftung die Erfahrungen der Schweizer auf und will bis Ende 2013 das Konzept der naturnahen Gestaltung mit anschließender Zertifizierung von Firmenarealen am Bodensee etablieren. Erste Unternehmen am Bodensee haben bereits mit der Planung begonnen. Im kommenden Frühjahr wird die Bodensee-Stiftung interessierten Unternehmern Umsetzungsbeispiele vor Ort präsentieren können.

Rückzugsgebiete für seltene Tiere und Pflanzen

Mehr Natur zulassen Noch vor Jahrzehnten erstellten die Unternehmen Rekultivierungspläne mit dem Ziel, nach dem Abbau die frühere Nutzung, etwa Forstwirtschaft, wieder herzustellen. Heute untersucht man das Potenzial solcher Flächen und entscheidet, ob man gezielt an einzelnen Stellen renaturiert oder eher natürliche Sukzession zulässt, um damit einen Gewinn für die Artenvielfalt zu schaffen. Von diesem Vorgehen müssen allerdings die Eigentümer der Flächen, die Naturschutz-, die Wasser- und Forstbehörden überzeugt werden und ihre Zustimmung geben. Das Dialogforum war ein erster wichtiger Schritt dahin. (mh) o

Die biologische Vielfalt ist eine der wichtigsten Grundlagen für erfolgreiches Wirtschaften. Doch vielerorts sind Einheitsgrün und Asphaltgrau die prägenden Farbtöne auf Industriearealen und in Gewerbegebieten. Unternehmen haben viele Möglichkeiten, um diese Farbpalette zu erweitern und ihre Fläche in ein kleines Naturparadies zu verwandeln. Bis zu 900 Tier- und Pflanzenarten leben in naturnahen Firmenarealen. Geeignete Biotope sind relativ einfach anzulegen: Statt kurzem Rasen können attraktive Blühstreifen und Blumenwiesen eingesät

werden. Feuchtbiotope oder Hecken und Sträucher mit einheimischen Gehölzen bieten Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Dachbegrünung, Verzicht auf Biozide und Entsiegelung von Parkplätzen sind weitere Schritte zu mehr Naturnähe.

Unternehmen schaffen Naturparadiese und sparen dabei Auf diese Weise werden Firmenflächen und Gewerbegebiete zu wichtigen Trittsteinen im Biotopverbund. Langfristig reduzieren die Firmen ihre Pflegekosten um bis zu 50 Prozent, vor allem dann, wenn natürliche Dynamik erwünscht ist. Darüber hinaus bieten solche Areale einen hohen Wohlfühlfaktor für Mitarbeiter. Und sie sind eine grüne Visitenkarte für die Firma: Eine vielfältige belebte Umgebung vermittelt eine innovative und nachhaltige Firmenphilosophie nach außen und wirkt positiv auf die innere Unternehmenskultur. (pt) o

Förderer:

Förderer:

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magazin n lebendige elbe

Schüler pflanzen Eichen im Gartenreich Im Biosphärenreservat Mittlere Elbe engagiert sich die DUH für die Verjüngung des Solitäreichen-Bestands. Die „Schulen für eine Lebendige Elbe“ werden in das Projekt einbezogen. Biosphärenreservat „Mittelelbe“ e.V. lud die Kinder anschließend zu einem Picknick aus regionalen Produkten ein. Im Mittelalter nutzten die Bauern die Wald- und Wiesenlandschaft entlang des Stromes zur Schweinemast mit Eicheln. Als die Beweidung im 19. Jahrhundert an Bedeutung verlor, fällten sie zahlreiche Eichen. Doch einige Jahrzehnte später pflanzte man aus ästhetischen Gründen erneut einzeln stehende Eichen. Sie sind heute Teil des Gartenreichs. Käfern,

Schmetterlingen und Vögeln dienen die Eichen als Brutplätze und Nahrungsgrundlage. Seeadler halten von den Bäumen aus Ausschau auf mögliche Beutetiere. Doch mehr als die Hälfte der Solitäreichen ist überaltert und geschädigt. Zur kontinuierlichen Verjüngung des Bestandes müssen etwa 80 bis 100 Bäume pro Jahr nachgepflanzt werden. Die Pflanzaktion war der Startpunkt eines mehrjährigen Projekts, in dem die Deutsche Umwelthilfe gemeinsam mit anderen Partnern neue Eichen längs der Elbe pflanzen wird. Das Projekt „Neue Eichen für das Biosphärenreservat Mittlere Elbe“ wird gefördert von der ALCOA-Foundation und der Naturschutzorganisation American Forests. Die beiden Organisationen haben sich das Ziel gesetzt, weltweit bis 2020 insgesamt zehn Millionen Bäume zu pflanzen. (iw) o Förderer:

U

ralte Solitäreichen prägen die Landschaft an der Mittleren Elbe. Im Gartenreich Dessau-Wörlitz mit seinen Schlössern, Parks und Alleen stellen die Baumriesen eine harmonische Verbindung von Kultur- und natürlicher Auenlandschaft dar. Auf den Elbwiesen nahe ihres Heimatortes haben im November Wörlitzer Schülerinnen und Schüler 40 junge Eichen gepflanzt, die in so genannten Eichenquartieren zu prächtigen Bäumen heranwachsen sollen. Der Förder- und Landschaftspflegeverein

Das Pflanzteam aus Wörlitz hat für seine Arbeiten einen sonnigen Novembertag ausgewählt.

n renaturierung

Eine Auenlandschaft kehrt zurück Das bisher größte Renaturierungsprojekt in Europa ist abgeschlossen: In der Elbtalaue bei Lenzen erhält die Natur mehrere Hundert Hektar zurück.

E Liebenthaler Wildlinge

Rasenmäher“. welt 4/2011 28als „natürliche

ntstanden sind 420 Hektar Überflutungsflächen, 170 Hektar Auwald wurden gepflanzt, ein 6.000 Meter langer, landeinwärts zurückverlegter Neudeich wurde gebaut und der Altdeich an sechs Stellen geschlitzt. Der neu geschaffene Überflu-


magazin n lebendige Elbe

Jugendliche als Botschafter der Elbe Neue Freundschaften über die deutsch-tschechische Grenze hinweg sind der Motor des DUH-Jugendaustausch-Projektes. Sie entstanden bei gemeinsamen Aktivitäten rund um Schutz und Nutzung der Elbe.

Aufmerksame Naturbeobachter können den Silberreiher in der kalten Jahreszeit an der Elbe entdecken.

tungsraum wird 15 Millionen Kubikmeter Wasser zusätzlich speichern können. Im Frühjahr bietet sich hier das Bild einer weiten, zeitweise flach überschwemmten Aue mit Tausenden von Vögeln. Löffel-, Spieß-, Krick- und Knäkenten sowie Kraniche, Störche, Grau- und Silberreiher suchen dann nach Nahrung. Rotbauchunken kommen in die Flachwasserzonen, um zu laichen. Wissenschaftler wollen das Projektgebiet untersuchen und die Entwicklungen evaluieren. In einem „Labor in der Wirklichkeit“ können Jugendliche Einblick in die wissenschaftliche Arbeit nehmen. Der Beharrlichkeit von Dr. Frank Neuschulz, von 2005 bis 2008 Leiter Naturschutz der DUH, und von Horst Möhring, Geschäftsführer der Landschaftspflege GmbH Lenzen, ist es zu verdanken, dass heute an diesem Stromabschnitt Natur- und Hochwasserschutz zusammengehen. Nach mehrjähriger Vorarbeit starteten die Planungen für das Naturschutzgroßprojekt Lenzener Elbtalaue 2002, im September 2005 kam es zum ersten Spatenstich und im November 2011 feierte man den erfolgreichen Projektabschluss. Der Trägerverbund Burg Lenzen leitete das Projekt federführend, das Land Brandenburg und der Bund finanzierten große Teile. Als Mitglied des Trägerverbands hat auch die DUH an dem Projekt mitgewirkt und finanzielle Mittel beigesteuert. Allen Spendern und den Naturschutzaktiven vor Ort danken wir ganz herzlich! (iw) o

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reizehn Schulen aus dem Elbeeinzugsgebiet auf deutscher und tschechischer Seite haben in den vergangenen drei Jahren Jugendliche in Workshops, Camps und Wettbewerbe entsandt. Immer standen die Elbe und ihre Auen im Mittelpunkt. Die rund 200 Jugendlichen im Alter von 12 bis 18 Jahren kamen nicht klassenweise, sondern konnten sich individuell für die Teilnahme bewerben. Bei den mehrtägigen Camps in Deutschland und Tschechien im Einzugsgebiet der Elbe hatten die jungen Teilnehmer Gelegenheit, naturnahe Fließgewässer, Hochwasserschutz, Tourismusentwicklung oder Wasserkraftgewinnung quasi aus erster Hand zu erleben. Exkursionen, Landschaftspflegeeinsätze und der Kontakt mit Fachleuten aus Kultur, Naturschutz, Wasserbau oder Wissenschaft boten die Gelegenheit zum Mitmachen und Diskutieren. Jeder brachte sich mit seinen Stärken ein: Kreative beim T-Shirtoder beim Fotowettbewerb, Computerbegabte beim Einrichten der Webseite www.youth-4-elbe.org, Sprachgenies als eifrige Dolmetscher ins Englische.

Jugendliche geben ihre Wünsche einem Boot mit auf die Reise.

Einen Fotokalender (A4) zum Elbe-Jugendprojekt mit Landschaftsbildern können Sie gegen Einsendung von 2,- E in Briefmarken bestellen bei: Deutsche Umwelthilfe e.V. Poststr. 7, 06366 Köthen Tel. 03496 210009 E-Mail: lebendigeelbe@duh.de

Schüler und Lehrer sind sich einig „Wir haben wertvolle Impulse erhalten und sind jetzt auch mit Umweltbildungsprojekten an den Gewässern nahe unserer Schule unterwegs!“, resümiert Kathrin Hoeft von der Gesamtschule Rathenow in Brandenburg, eine der Lehrerinnen, die am Youth-4-ElbeProjekt mitgewirkt haben. Sie lobt den Fächer verbindenden Ansatz und hat von den Lehrerfortbildungen profitiert. Die Kontakte zu Schulen nach Tschechien möchte sie weiterpflegen. Bei der Abschlussveranstaltung in Hamburg im November hatten die Jugendlichen Gelegenheit, mit Politikern und Vertretern von Wirtschaft und Umweltverbänden zu diskutieren. Dabei bestätigte sich einmal mehr, dass die Herausforderungen an die Elbe als Landschaftsraum vielfältig und widersprüchlich sind. Gerade deshalb wollen die ehemaligen Teilnehmer – Schüler wie Lehrer – ihre Projekte und den Austausch untereinander fortführen. „Bis wir uns wiedersehen, bleiben wir über das Internet in Kontakt“, versprechen sich zwei Vierzehnjährige von diesseits und jenseits der Grenze. (iw) o Förderer:

Förderer des Netzwerks „Lebendige Flüsse“:

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magazin n lebendige Flüsse

Aktiv für Klima und Biodiversität

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m November hat der Nahrungs- und Reinigungsmittelhersteller Unilever zu einem Klimatag nach Hamburg eingeladen. Dabei stellte das Unternehmen Mitarbeitern, Naturschutzfachleuten und Ehrenamtlichen seine Beiträge zum Klimaschutz vor: Sie reichen von energetischer Gebäudesanierung der Betriebsgebäude bis hin zum Engagement für Projekte von Umweltverbänden.

n lebendige weser

Ein Auenwald für die Weser Schüler pflanzten an der Weser selbstgezogene Auenbäumchen, um einen seltenen Lebensraum neu entstehen zu lassen.

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uenwälder sind an der Weser sehr selten geworden. Besonders rar sind die artenreichen Hartholzauen mit mächtigen Bäumen. Auf einer Fläche im Landkreis Holzminden (Niedersachsen) wurde nun der Grundstein für einen solchen „Auenlebensraum“ gelegt. „Mindestens einhundert Jahre wird es dauern, bis sich ein Lebensraum mit mehrschichtigen und mosaikreichen Strukturen entwickeln kann“, erklärt Christian Schneider, Projektleiter des Vereins „Lebendige Weser“. „Deshalb ist es wichtig, heute neue Wälder zu initiieren.“ Schülerinnen und Schüler aus den Kreisen Höxter (Nordrhein-Westfalen) und Holzminden haben in den letzten Monaten Gewässer erkundet, Gehölze bestimmt und aus Steckhölzern und Samen neue Auenbäume im Schulgarten herangezogen. Die kalte Jahreszeit ist eine günstige Zeit, die vorgezogenen Bäume in die Natur zu entlassen. Am Pflanztag hatten 40

n lebendige Flüsse

Hundert Bäume zum Geburtstag

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u seinem hundertsten Geburtstag beschenkt das Modehaus C&A die Umwelt und sich selbst: Das Unternehmen hat hundert Auwald-Bäume gespen-

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junge Menschen Spaten und Bäume im Gepäck und gruben Pflanzlöcher für ihre Pfleglinge. „Hier soll mein Bäumchen groß werden“, freut sich eine Zehnjährige über den neuen Lebensraum für ihre Eiche. „Die Gehölze müssen Überflutung durch Hochwasser, Überlagerungen mit Sediment, aber auch längere Trockenperioden im Sommer überdauern“, erklärt Schneider die Auswahl der Baumarten.

Die DUH stellte auf dem Klimatag ihre Naturschutznetzwerke, etwa die „Lebendigen Flüsse“, vor. Das Motto: Naturschutz ist häufig auch Klimaschutz. Denn intakte Auen, Wälder und Moore fungieren als Kohlenstoffsenken und tragen so zum Klimaschutz bei. Unilever hat diese Netzwerkprojekte langjährig unterstützt. Zukünftig will das Unternehmen den Biodiversitäts- und Klimaschutz in seiner gesamten Produktions- und Lieferkette besser integrieren und sich hierbei auch der Diskussion mit der DUH stellen. Zudem gab es einen Anlass zum Feiern: Seit mittlerweile zwanzig Jahren unterstützt Unilever die Naturschutzarbeit der Umwelthilfe. (jk) o

Einig sind sich alle, das Projekt hat Spaß gemacht und sie werden „ihre“ Bäume wieder besuchen. (mf) o Internet: www.lebendige-weser.de Förderer: Das „Auenwaldprojekt Weser“ wird durch den Naturschutzfonds Lebendige Wälder von Telekom Deutschland und Deutscher Umwelthilfe gefördert.

det, für die Deutsche Umwelthilfe und Global Nature Fund Pflanzaktionen an Neckar, Nahe, Lippe, Weser, Elbe und an der Radolfzeller Aach. Die C&A-Belegschaft hat das Jubiläum auf einem Binnenschiff gefeiert und so eine Verbindung zu den Lebendigen Flüssen hergestellt. Denn Menschen, die gerne auf den Lebensadern der Landschaft unterwegs sind, wissen intakte Flüsse und

Der ehemalige Bundesumweltminister Klaus Töpfer im Gespräch mit der Nachwuchspresse. Töpfer war ein Hauptredner auf dem Klimatag.

Bäche zu schätzen. Seit 1998 unterstützt C&A das DUH-Netzwerk „Lebendige Flüsse“ und leistet so einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Flüssen und Seen in ganz Deutschland. Außerdem engagiert sich das Unternehmen mit eigener Öffentlichkeitsarbeit: Ausstellungen und Informationsstände machen Kunden auf die Umweltproblematik an Gewässern aufmerksam. (jdp) o


Lebensgrundlage biologische Vielfalt: Lufthansa engagiert sich.

Lufthansa fördert bereits seit vielen Jahren die Arbeit deutscher und internationaler Umwelt- und Naturschutzorganisationen. Ziel dieses Engagements ist es, biologische Vielfalt sowie einzigartige Naturlandschaften zu bewahren. Einen Schwerpunkt hierbei bilden die Artenschutzaktivitäten des Konzerns, wobei dem Schutz bedrohter Kranicharten und ihrer Lebensräume das besondere Interesse gilt. Balance zu halten ist für uns Unternehmensverpflichtung. Mehr dazu in der Broschüre „Umweltförderung“ und im Lufthansa-Nachhaltigkeitsbericht „Balance“, abzurufen unter http://verantwortung.lufthansa.com

www.lufthansa.com welt 4/2011

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magazin n MEERESschutz

n naturschutz & biodiversität

Keine verflossenen Versprechen mehr

Der Jordan verbindet Religionen

Der Raubbau an den europäischen Haien schreitet weiter voran. Vor knapp drei Jahren hat die EU einen Aktionsplan für die Erhaltung der Haibestände verabschiedet. Die DUH und die Shark Alliance kritisieren die schleppende Umsetzung. Immerhin hat die EU-Kommission jetzt einen Vorschlag zur Verhinderung des Finning vorgelegt.

Überfischung und Finning bedrohen den Blauhai.

D

ie DUH und die Shark Alliance fordern stärkere Schutzanstrengungen für die bedrohten Haie. Ein wichtiger Punkt dabei: Die Fanggrenzen sollen auf Grundlage wissenschaftlicher Empfehlungen und des Vorsorgeprinzips festgelegt werden. Für viele gefährdete Haiarten gibt es noch immer keine Schutzbestimmungen. Auf scharfe Kritik stößt die aktuelle EURegulierung des Finning – einer Praxis, bei der die Fischer die für den Handel kostbaren Haiflossen nach dem Fang an Bord abtrennen und den verstümmelten Hai im Meer entsorgen. Das Finning erfolgt meist weit entfernt der Küste und bleibt häufig unentdeckt und damit straflos. Die Weltnaturschutzunion IUCN schätzt, dass jährlich mehr als zehn Millionen Haie gefinnt werden. Die EU hat eine der schwächsten und unwirksamsten Finning-Regulierungen weltweit. Dabei ist sie einer der größten Exporteure von Haiflossen für den ostasiatischen Markt.

Druck für den Haischutz Am 21. November hat die EU-Kommission ihren Vorschlag für eine Änderung der Finning-Verordnung vorgelegt. Das Finning soll künftig verhindert werden, indem Haie nur noch mit am Körper belassenen Flossen angelandet werden dürfen. Die Kommission will die in einigen Mitgliedstaaten üblichen Sondergenehmigungen,

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die es Fischern gestatten, Haiflossen auf See abzutrennen und Körper und Flossen getrennt anzulanden, abschaffen. Das Finning-Verbot soll demnach bei sämtlichen von EU-Fischereifahrzeugen oder in EU-Gewässern gefangenen Haien greifen und das grausame Töten der Haie beenden. Die Anlandung ganzer Körper ermöglicht auch eine bessere Datenlage darüber, welche Arten und wie viele Haie getötet werden. Umweltschützer erhoffen sich, dass diese Dokumentation die Notwendigkeit von Fanggrenzen belegt. Die DUH begrüßt den Vorschlag und wird sich dafür einsetzen, dass die neue Regelung zügig vom Europäischen Parlament und vom EU-Ministerrat verabschiedet und mit Hilfe von Kontrollen an den Häfen durchgesetzt wird.

Europaweite Aktionswoche Als Mitglied der Shark Alliance hat die DUH in diesem Jahr wieder an der European Shark Week mitgewirkt. Die DUH und ihre Partnerorganisation DEEPWAVE e. V. organisierten Vorträge über das faszinierende Leben der Haie, ihre Gefährdung und die Möglichkeiten ihres Schutzes. Zugleich ging die von der DUH gestaltete Internetseite www.haiwoche.de online. Dort wirbt die DUH für einen besseren Schutz der für die Meeresökosysteme so wichtigen Haie und ein umfassendes Verbot des Finning. Noch bis Jahresende kann jeder im Internet die Petition der diesjährigen Haiwoche mit zeichnen. Mit Unterstützung der Öffentlichkeit wollen die Meeresschützer zeigen, dass viele Menschen in Europa für einen umfassenden Haischutz eintreten und von ihren Regierungen dasselbe erwarten. (nw) o Protestieren Sie im Internet gegen Finning: www.haiwoche.de Förderer:

Im September stellten der GNF und sein Partner Friends of the Earth Middle East (FoEME) die Ausstellung „Jordan Fluss“ in der katholischen Kirche St. Michael in Köln vor. Die schwarz-weiß Fotos von Eddie Gerald dokumentierendie Situation am Jordan. Der Jordan hat einen tragenden symbolischen Wert für das Christentum. Jedes Jahr kommen hunderttausende Pilger an die Ufer des Jordan, um sich taufen zu lassen oder um ihren Glauben durch die Wiederholung des Taufaktes zu bekräftigen. Auch das Judentum und den Islam verbinden eine jahrtausendelange Geschichte mit dem Jordan. Mit der Ausstellung, die in verschiedenen Städten Europas zu sehen sein wird, machen FoEME und der GNF auf das bedrohte Natur- und Kulturerbe des Jordan aufmerksam. Der Fluss benötigt dringend wieder mehr Süßwasser, sonst droht er vollständig auszutrocknen. Zuviel Süßwasser wird in der regenarmen Region für die Bewässerung von Tomaten und anderen wasserintensiven Kulturen eingesetzt. Die geringen verbliebenen Wassermengen im Fluss sind durch Abwasser, Düngemitteleinträge aus der Landwirtschaft und eingeleitetes Salzwasser stark verunreinigt. (sj) o Die Ausstellung wird unter anderem von der Stiftung Ursula Merz gefördert.


magazin n nachhaltige entwicklung

Wie nachhaltig ist Europas Seentourismus?

n naturschutz & biodiversität

Naturschutz im Labor Die Wasserqualität des Atitlán-Sees ist besorgniserregend schlecht. Kläranlagen gibt es am drittgrößten Süßwassersee in Guatemala fast keine. Umfangreiche Wasseruntersuchungen und neue Pflanzen- und Minikläranlagen sollen nun Abhilfe schaffen. Ernst blickt der Fischer José Zubeldia auf den vor ihm liegenden See. Knapp Dreiviertel der Wasseroberfläche sind von einem grünen Film überzogen. Selbst jetzt, kurz nach Sonnenaufgang, kann man die Verfärbung gut erkennen. An Fischen ist nicht zu denken.

Der GNF setzt sich seit 2010 für die Verbesserung der Wasserqualität des Atitlán-Sees ein. Gemeinsam mit der Umweltorganisation Vivamos Mejor soll das natürliche Gleichgewicht des Sees wieder hergestellt werden.

Minikläranlagen als Lösung In einer umfangreichen Studie werden zunächst die Wasserqualität und das Algenwachstum untersucht. Berücksichtigt werden Wassertemperatur, Artenvielfalt, pH-Wert und Sauerstoffgehalt, aber auch das Wetter sowie ziehende und brütende Wasservogelarten werden erfasst. Die

Für die Untersuchung der Wasserqualität nehmen Wissenschaftler Proben am Atitlán See.

Werte werden von den Experten von Vivamos Mejor langfristig aufgezeichnet. Als nächsten Schritt planen die Mitarbeiter von Vivamos Mejor den Bau von 50 als Biodigestoren bezeichnete Minikläranlagen. Neu gepflanzte Schilfgürtel werden das Wasser als aktive Pflanzenfilter zusätzlich reinigen.

Felix Weickmann ist einer von Millionen Touristen, die ein paar Tage ihres Jahresurlaubs am Bodensee verbringen. Im Sommer wurde Weickmann befragt, warum er den Bodensee als Reiseziel gewählt hat? Wie bewertet er die Anreise und den lokalen Nahverkehr? Welche Aktivitäten hat er am See unternommen und welche Umweltmaßnahmen sind ihm in seiner Unterkunft aufgefallen? Die Umfrage ist Teil des Projekts SLOWTOUR, welches vom GNF, dem italienischen Gemeindeverbund Trasimeno-Mittlerer Tiber, der Universität Perugia und der Fachhochschule Breda umgesetzt wird. Weickmanns Antworten waren klar. „Ausschlaggebend war die relativ kurze Anreise und natürlich der attraktive See. Wir sind mit Freunden und ihren Kindern hier. Für Familien ist der Bodensee als Urlaubsziel bestens geeignet. Wir können Rad fahren, schwimmen, Solarboot fahren und abends gibt es leckeren Fisch s

Dieses Bild liegt mittlerweile zwei Jahre zurück, doch wie José geht es noch immer vielen Fischern am Atitlán-See. Seit der Orkan Stan im Jahr 2006 die Kläranlage der Stadt Panajachel zerstörte, werden die Abwässer ungeklärt in den See geleitet. Dies begünstigt eine unnatürlich starke Vermehrung von Cyanobakterien, die für ein großflächig auftretendes Algenwachstum sorgen und die Wasseroberfläche grün färben.

Unkontrolliert wachsender Tourismus kann langfristige Schäden für Umwelt, Natur und insbesondere Gewässer nach sich ziehen. Deshalb setzen immer mehr Regionen auf nachhaltigen Tourismus.

Felix Weickmann, Urlauber am Bodensee, hat Fragen der SLOWTOUR-Experten beantwortet.

Zwar hat die Stadt Panajachel auch eine neue Abwasseranlage gebaut, es sind jedoch bisher nur wenige Haushalte an das neue Abwassersystem angeschlossen. Nach Ansicht des GNF ist es deshalb umso wichtiger, den Bau der Minikläranlagen für einzelne Haushalte voranzutreiben. (kat) o Das Projekt wird von der Stiftung Ursula Merz gefördert. welt 4/2011

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magazin aus dem Bodensee. Umweltmaßnahmen im Hotel sind mir nicht direkt aufgefallen, aber es gab regionales Essen. Das fand ich super!“ Weickmanns Erklärungen fließen in ein Modell ein, mit welchem die Wissenschaftler im Projekt die Nachhaltigkeit der Tourismusentwicklung am jeweiligen See bestimmen wollen.

Wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Region Der Bodensee ist eines von 13 europäischen Fallbeispielen im Projekt. Mit ca. 10 Millionen Übernachtungen pro Jahr setzt der Tourismus hier durchschnittlich 350 Millionen Euro im Jahr um. Auch andere Seenregionen Europas, beispielsweise der Balaton oder der Trasimeno See, verfügen über stark entwickelte Tourismus-Infrastrukturen. Doch Millionen von Gästen können ohne geeignete Lenkungs- und Umweltmaßnahmen erhebliche Schäden für das Ökosystem eines Sees nach sich ziehen. Das hat langfristig auch gravierende Folgen für den Tourismussektor, denn dieser hängt in hohem Maß von intakter Natur ab. Das HELIO-Solarboot ist eines der Besten Beispiele für nachhaltigen Tourismus.

Seen für zukünftige Generationen erhalten Vor diesem Hintergrund stellen die Experten von SLOWTOUR in einem Handbuch für Manager, Unternehmer und Behörden erfolgreiche Beispiele nachhaltiger Tourismusentwicklung an Seen zusammen. Der Bodensee wird unter anderem mit dem Solarboot HELIO vertreten sein. (sj) o Internet: www.slow-tour.eu Das Projekt wird vom EU-Rahmenprogramm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) und der Stiftung Ursula Merz gefördert.

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n nachhaltige entwicklung

Nachmachen erwünscht Am Bodensee gibt es mehrere Beispiele für erfolgreichen Ökotourismus. Eine Expertengruppe vom Baikalsee wünscht sich das auch für ihre Region und kam auf Ideensuche an den Bodensee. Neugierig schaut sich Tatyana Fedorova auf dem Gelände des Ökocampingplatzes in Allensbach am Bodensee um. Tatyana arbeitet als Projektleiterin bei der Umweltorganisation GRAN in der russischen Republik Burjatien am Baikalsee. Diesen September begleitete sie eine zehnköpfige Delegation mit Vertretern der lokalen Bürgerämter, staatlicher Medienagenturen und burjatischer Journalisten an den Bodensee. Eine Woche verbrachte die Gruppe in Deutschland und besuchte vorbildliche Einrichtungen und Projekte zum Thema Nachhaltigkeit im Tourismus. Die Messe „Gutes vom See“ in Konstanz und die Insel Mainau mit ihrem aktuellen Umweltmanagementkonzept standen auch auf dem Programm.

Burjatische Journalistin interviewt den ältesten Verkäufer auf dem Radolfzeller Wochenmarkt.

Finanzierung noch offen Als Ergebnis der Reise werden die Gäste aus Russland ihrer Regierung ein Konzept zu einer nachhaltigen Entwicklung des Tourismus am Baikalsee vorschlagen. „Zurzeit suchen wir nach Fördermitteln für den Bau des ersten Ökocampingplatzes in Burjatien“, berichtet Tatyana. Die Gelder werden bei burjatischen Ministerien und internationalen Stiftungen beantragt. Auf der Reise sammelte die Delegation zahlreiche praktische Ratschläge und entwickelte mit den Tourismusexperten des GNF Ideen für ökotouristische Reiseangebote in Burjatien. Diese wurden sogleich deutschen Veranstaltern für nachhaltiges Reisen vorgestellt. Nach deren Einschätzung hat die Baikalregion mit ihrer unberührten Natur hervorragende Aussichten sich im Naturtourismus zu etablieren. Nun wird an der Stärkung

der Infrastruktur und der Positionierung der Region auf dem touristischen Markt gearbeitet.

Die Weichen für die Zukunft stellen Der Baikalsee soll nach den Plänen der russischen Regierung intensiv touristisch erschlossen werden. Das größte Vorhaben ist das Hotelresort Baikalhafen. Marion Hammerl, Tourismusexpertin der Bodensee-Stiftung, mahnt, solch große Tourismuskomplexe nachhaltig zu gestalten. Noch gibt es vor Ort leider wenige Anzeichen dafür. Für Tatyana ist klar: „Ökotourismus ist unsere Hoffnung. So können wir unseren einzigartigen See schützen und gleichzeitig den Anwohnern Chancen für eine nachhaltige Zukunft bieten.“ (kt) o

Living Lakes-Förderer:


DUHmarkt

Über ihre DUH Umweltschutz-Service GmbH vertreibt die DUH Bücher, Broschüren und andere Materialien zur Umweltbildung. Eine kleine Auswahl stellen wir Ihnen hier vor.

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Widerrufsrecht: Die Bestellung kann innerhalb von 14 Tagen bei der Bestelladresse widerrufen werden. Es genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. Ich bestätige dies mit meiner zweiten Unterschrift.

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Datum/Unterschrift DUH Umweltschutz-Service GmbH Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell, Fax 07732 9995-77


magazin n hand in hand-fonds

Die wilde Nuss und ihre Ernte Paranüsse stammen von wildwachsenden Bäumen in den südamerikanischen Regenwäldern. Für den Plantagenanbau eignen sie sich nicht. In Brasilien arbeiteten zwei Indianerstämme, die Tenharim und Diahoi, mit dem Verein Arbeitsgemeinschaft Regenwald und Artenschutz (ARA) in einem Ernteprojekt zusammen.

Gut gerüstet

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Internet: www.rapunzel.de

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Zu Beginn der Regenzeit, im Oktober und November, fallen die etwa handballgroßen Kapselfrüchte von den über 40 Meter hohen Bäumen. Regenfälle weichen den Boden dann auf, so dass er unpassierbar wird. Deshalb beginnen die Indianer erst im Dezember oder Januar mit der Ernte. Vor Ort brechen Sebastião und sein Neffe die harte äußere Schale der großen Früchte auf, die bis zu 30 Paranüsse enthalten. In selbst gebauten Rucksäcken tragen die beiden Männer sie zum Lager. Dort wird das Erntegut auf Holzgestellen und unter Dächern aus Segeltuch oder Plastikfolien getrocknet, damit es frei von Schimmelpilzen bleibt.

turk ost

Weihnachtszeit ist Erntezeit

Der Hand in Hand-Fonds fördert soziale und ökologische Projekte in Entwicklungs- und Schwellenländern. Der Fonds ist eine gemeinsame Initiative des Naturkostherstellers Rapunzel Naturkost und der Deutschen Umwelthilfe.

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rst nach kilometerlangen und beschwerlichen Fußmärschen gelangen die Sammler zu den stattlichen Bäumen. Wo man die Paranüsse findet und wie man sie lagert, wird von Generation zu Generation überliefert. Jede Familie hat ihre eigenen Bäume. Am frühen Morgen machen sich Sebastião Diahoi und sein Neffe auf den weiten Weg durch das Unterholz des Waldes, um ihre Rucksäcke zu füllen.

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Mit der Hilfe von Spenden und durch eine Förderung des Hand in Hand-Fonds schaffte ARA gemeinsam mit den zwölf Diahoi-Familien Motorsensen und weitere Arbeitsgeräte an. Die Indianer verbreiterten die Wege zu den Sammelstellen, säuberten den Waldboden und können dank eines neuen Motorbootes schwer zugängliche Stellen am Fluss nun besser erreichen. Die Familien bauten ein Lagerhaus, in dem sie die Nüsse über längere Zeit trocken lagern können. Mit den verbesserten Lagerbedingungen steigt nun die Qualität der Ware. Im vergangenen Jahr verdiente jede Familie 1.000 Euro. Die Nutzung des Waldes geschieht schonend und liefert einen wichtigen Anteil des Familieneinkommens. (eb, cg) o

elthilfe & Rapunz

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Die Paranüsse werden sorgfältig getrocknet.

n nachhaltige entwicklung

Natur vor der Haustür – in jedem Stadtteil Als Ausgleich zu Hektik und Lärm in Großstädten gibt es Parks, Grünanlagen und Spielplätze. Doch sozial benachteiligten Menschen kommen diese Naturleistungen deutlich seltener zu Gute als dem Durchschnitt der Bevölkerung. Sie wohnen häufig in Stadtvierteln, die fern vom Stadtgrün liegen.

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nfang November fand in Berlin der Kongress „Umweltgerechtigkeit und biologische Vielfalt“ statt. Die DUH und andere Umwelt- und Sozialverbände forderten in einer gemeinsamen Erklärung mehr soziale und ökologische Chancengleichheit. Hintergrund

Eine grüne Oase mitten im Problemviertel: Der Naturspielplatz in MainzMombach.


magazin

Der „Natur auf der Spur“ im Feriencamp für Kinder mit Migrationshintergrund. Gelungene Stadtentwicklung im Leipziger Osten (li.).

des zweitägigen Treffens war die Sorge, dass Niedrigverdiener und Bewohner sozialer Brennpunkte in Städten weniger Möglichkeiten haben, Natur zu erfahren. Dies hat große Nachteile für die gesundheitliche und soziale Entwicklung der

Menschen und insbesondere von Kindern. Verschiedene Vorträge stellten den 100 Besuchern die Bedeutung von urbaner Natur für die Stadtentwicklung, aber auch für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen vor.

Die Vorträge zum Kongress und die DUHBroschüre zum Thema „Umweltgerechtigkeit und Biodiversität – Mehr Umweltgerechtigkeit durch urbane Biodiversität, neue Wege in der Stadtentwicklung und Umweltbildung“ findet man unter www.duh. de/umweltgerechtigkeit.html (ej) o Die Broschüre kann bestellt werden bei: Tobias Herbst, Deutsche Umwelthilfe Tel.: 07732 9995-55 E-Mail: herbst@duh.de Förderer:

n interview

Umweltbewusst und sozial – geht das? Elke Jumpertz ist Projektmanagerin im Bereich Kommunaler Umweltschutz. Im Gespräch mit der DUHwelt erläutert sie, was sich hinter dem Thema Umweltgerechtigkeit verbirgt. Wie sind Sie auf das Thema „Umweltgerechtigkeit und biologische Vielfalt“ gekommen? Es ist das Ergebnis aus dem Umweltgerechtigkeitsprojekt, das wir 2008/2009 bearbeitet haben. Uns hat die soziale Dimension von Umweltpolitik interessiert. Wir konnten drei Handlungsfelder identifizieren: Verkehrslärm, Klimaschutz und Stadt & Grün. Beim Thema Stadtentwicklung und biologische Vielfalt haben wir festgestellt, dass es noch viel zu tun gibt, denn der Zugang zu Grünflächen ist sozial unterschiedlich verteilt. Grünflächen können auch in den anderen Problembereichen positiv wirken: Sie haben sowohl Einfluss auf den Bereich Klimaschutz als auch auf den Bereich Verkehr. Dabei kühlen die Flächen Hitzeinseln in den Städten, mindern Lärm und verbessern die Luft.

kamen auch sehr viele Leute aus den Universitäten, was zeigt, dass über das Thema geforscht wird und dass dieser Transfer in die Praxis jetzt erst ansteht. Auf dem Kongress haben die Teilnehmer dies eifrig diskutiert. Wo liegen Ihrer Meinung nach die Herausforderungen beim Thema Umweltgerechtigkeit?

„...wir haben festgestellt, dass es noch viel zu tun gibt, denn der Zugang zu Grünflächen ist sozial

Die Schwierigkeit besteht natürlich darin, dass bauliche Substanz in Städten nicht so einfach veränderbar ist. Es ist eine langfristige Sache, Städte zu entwickeln und zu bedenken, mehr Grünflächen, mehr Parks, mehr Gärten in die Städte zu bringen.

unterschiedlich verteilt.“

Wie erklären Sie sich den Erfolg des Kongresses in Berlin? Ich glaube, wir sind da in eine richtige Lücke gestoßen, es ist in vielen Städten spürbar, dass das Defizit im Bereich Umweltgerechtigkeit existiert. Deshalb sind so viele Leute gekommen und haben sich für Handlungsmöglichkeiten interessiert. Es

Das heißt, die Planungen müssen auch strategisch angegangen werden und soziale Faktoren müssen einbezogen werden, eben ganz langfristig. Manches kann man aber auch ganz schnell verändern, wie zum Beispiel die Grünflächen in Schulen und Kindergärten umzugestalten, das kostet dann auch oftmals gar nicht so viel. Das Bewusstsein für Umweltgerechtigkeit zu wecken, ist die erste Hürde, die die DUH und alle, die sich für Umweltgerechtigkeit einsetzen, nehmen müssen. Der Kongress war dafür ein wichtiger Anstoß. o welt 4/2011

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magazin

Neue DUH-Publikationen Natur in Städten und Gemeinden n Über 70 vorbildliche Projekte werden in der 44-seitigen Dokumentation zum kommunalen Wettbewerb „Bundeshauptstadt der Biodiversität“ vorgestellt. Interessierten Lesern werden Projekte aus den Bereichen Natur in der Stadt, Naturerfahrung, Arten- und Biotopschutz, Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Gewässer sowie Kommunikation und Kooperation vorgestellt.

Hauptstädte der Biodiversität n Im Rahmen ei-

nes europäischen Projektes wurde der Wettbewerb 2010 und 2011 auch in Frankreich, Spanien, Ungarn und der Slowakei durchgeführt. Die Abschlussbroschüre mit vielen Projektbeispielen aus allen fünf Ländern und der Vorstellung der jeweiligen Hauptstädte der Biodiversität ist nun erhältlich. Beide Broschüren können bei der Deutschen Umwelthilfe kostenlos bezogen werden: Silke Wissel, Tel.: 07732 9995-65 E-Mail: wissel@duh.de

Argumentationshilfe Kommunaler Klimaschutz n Sie suchen stich-

haltige Argumente, um Skeptiker in Politik und Verwaltung von den Vorteilen des kommunalen Klimaschutzes zu überzeugen? Dann nutzen Sie die neue Argumentationshilfe, die die DUH im Rahmen des Projekts Coaching kommunaler Klimaschutz herausgegeben hat. Die Argumentationshilfe kann bei der Deutschen Umwelthilfe kostenlos bezogen werden: Oliver Finus, Tel.: 07732 9995-54 E-Mail: finus@duh.de

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welt 4/2011

Das „Stadtgärtnerei-Holz“ – Eine erste Modellfläche für Urbanen Wald in Leipzig.

n nachhaltige entwicklung

Ein Bündnis für mehr Grün in der Stadt Gemeinden, Städte und Landkreise aus ganz Deutschland wollen den Schutz der biologischen Vielfalt voranbringen. Am 1. Februar 2012 soll im Rahmen eines Fachkongresses in Frankfurt am Main das Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ gegründet werden.

I

n Parks, Biotopen, Stadtwäldern oder an naturnahen Flussläufen erholen, entspannen oder bewegen sich Stadtbewohner oder pflegen dort ihre sozialen Kontakte. Bäume und andere Gehölze spenden Schatten, speichern Feuchtigkeit und filtern die Luft. Dadurch verbessern sie das Stadtklima und die Luftqualität erheblich. Auch vielen Tierund Pflanzenarten bieten diese urbanen Grünflächen Lebensräume. Ein besonderer Arbeitsschwerpunkt des Bündnisses wird sich daher auf die Entwicklung und Pflege innerstädtischer Grün- und Freiflächen beziehen. Kommunen werden auf diese Weise dabei unterstützt, einzelne Quartiere und ganze Stadtviertel ökologisch und sozial aufzuwerten.

Zum Beispiel: Urbaner Wald in Leipzig Die Stadt Leipzig hat bereits zahlreiche Möglichkeiten untersucht, um die positiven Effekte von Grün- und Freiflächen zu nutzen. Experimentiert wurde und wird mit der Renaturierung und Offenlegung von Fließgewässern, Naturerlebnisräumen oder der temporären Nutzung von Brachflächen. Der erste ca. 3,8 Hektar große urbane Wald auf einer Brachfläche wurde im Juni 2010 zur Nutzung freigegeben. Auf dem Gelände der ehemaligen Stadtgärtnerei wachsen heute mitten in der Stadt heimische Waldbaumarten wie Eiche, Winterlinde, Vogelkirsche

und Wildapfel. Offene Flächen laden zu Spiel, Sport und Entspannung ein. Neben den positiven Effekten für die Lebensqualität, das Wohnumfeld und das Stadtklima verspricht sich die Stadt Leipzig durch diesen neuen Freiflächentyp auch eine günstige Alternative zu den herkömmlichen, pflege- und kostenintensiven Grünflächen.

Kommunen tauschen sich über Naturschutzarbeit aus Das Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ will solche positiven Praxisbeispiele bundesweit bekannt machen. Mit Workshops sollen Kommunalvertreter neue Impulse für die Naturschutzarbeit gewinnen und von den Erfahrungen anderer Kommunen profitieren. (th) o

Kommunen, die Interesse am Fachkongress „Biologische Vielfalt in Kommunen“ haben oder dem Bündnis beitreten möchten, können sich an die DUH wenden: Tobias Herbst: herbst@duh.de, Tel.: 07732 9995-55 Dieses Projekt wird vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gefördert:


magazin n verkehr

Nicht ganz sauber Moderne Benziner verbrauchen weniger Kraftstoff, sie bringen

mit Hilfe eines Partikelfilters lösen. „Die Kosten hierfür sind überschaubar. Die EU-Kommission schätzt sie auf 40 bis 120 Euro“, so DUH-Verkehrsexpertin Dorothee Saar. Wenig Geld für viel Gesundheitsschutz. (ph) o

jedoch ein anderes Umweltproblem mit sich, und zwar Feinstaub.

B

ei modernen Benzinern ist die Direkteinspritzung auf dem Vormarsch. Lange Zeit war diese Technologie auf Dieselmotoren beschränkt. Doch mittlerweile ist auf Deutschlands Straßen bereits eine halbe Million Benziner dieser Bauart unterwegs, Tendenz steigend. Wegen der erheblichen Spriteinsparung sind sie den Motoren mit klassischer Saugrohreinspritzung prinzipiell vorzuziehen. Allerdings taucht mit der Angleichung an die Dieseltechnologie ein Problem auf, das bisher bei Benzinern nicht vorhanden war: der Partikelausstoß.

Hohe Anzahl extrem feiner Partikel Für Diesel-Pkw existieren inzwischen sowohl für Partikelmasse als auch -anzahl strenge Grenzwerte – für Benziner hingegen keine. Von DUH und Verkehrsclub Deutschland gemeinsam beim ADAC in Auftrag gegebene Messungen haben ergeben: Direkteinspritzende Benziner stoßen bis zu 14 mal so viele Partikel aus, wie der derzeit gültige Grenzwert für Diesel-Pkw erlaubt. Bei ihnen ist insbesondere die hohe Anzahl an extrem kleinen Partikeln problematisch. Sie gelangen tief in die Lunge und schädigen das HerzKreislauf-System. Dies gilt unabhängig davon, ob sie aus einem Benzin- oder Dieselmotor stammen. Prof. Erich Wichmann, Leiter des Institutes für Epidemiologie des Helmholtz Zentrum München, formuliert daher einen klaren Auftrag an die Politik: „Wenn Benziner mit Direkteinspritzung die Emissionsgrenzwerte für Diesel-Pkw überschreiten, müssen sie aus gesundheitlicher Sicht genauso streng behandelt werden. Das ist nur logisch.“ Damit unterstützt der renommierte Forscher die Forderung der DUH: Bei der anstehenden Ergänzung der Abgasstufe Euro 6 muss für moderne Benziner bei der Partikelanzahl der gleiche Grenzwert wie für Dieselfahrzeuge gelten. Die entsprechende Technik für saubere Benziner mit Direkteinspritzung steht bereit. Wie beim Diesel lässt sich das Problem

n dienstwagen-emissionen

Deutsche Bischöfe und ihre Limousinen Wenn es um den Klimaschutz geht, predigen viele Kirchenvertreter Wasser und trinken Wein.

D

as ist das Ergebnis einer DUH-Anfrage nach den Dienstwagen des Spitzenpersonals der evangelischen und katholischen Kirche hinsichtlich Spritverbrauch und CO2-Emissionswerten. Damit knüpft die DUH an ihre früheren Abfragen an, bei denen die Dienstwagen der Bundes- und Landesminister und der großen börsennotierten Unternehmen untersucht wurden. Bei Politikern und kirchlichen Würdenträgern ist die Datenlage ähnlich: Der Klimawandel scheint erst bei wenigen voll im Bewusstsein angekommen zu sein. Unter den 49 befragten Landesbischöfen gibt es vier positive Ausnahmen: Brigitte Boehme, Präsidentin der Bremischen Evangelischen Kirche, Präses Dr. h.c. Alfred Buß der Evangelischen Kirche von Westfalen, Landesbischof Dr. Karl-Hinrich Manzke der Evangelischlutherischen Landeskirche SchaumburgLippe und Landesbischof Prof. Dr. FriedDer Freiburger Erzbischof Dr. Robert Zollitsch machte keine Angaben zu seinem Dienstwagen.

rich Weber der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig. Sie nutzen Dienstfahrzeuge, die den EU-Zielwert für 2008 von 140 Gramm CO2 pro Kilometer (g CO2/km) deutlich unterschreiten. An alle weiteren Befragten appelliert die DUH, sich aktiv für den Klimaschutz einzusetzen. 29 Bischöfe bewältigen ihre Dienstwege in Limousinen, deren Emissionswerte sogar entweder 20 bis 60 Prozent über dem EU-Zielwert für 2008 liegen oder sie verweigerten gleich ganz die Auskunft. Die größten Umweltsünder im DUH-Vergleich sind der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck und Hannovers Landesbischof Ralf Meister. Beide sind im VW Phaeton 3.0 unterwegs, der 224 g CO2/km ausstößt. (am) o

n elektrofahrzeuge

Mobil mit solarer Stromerzeugung Ende September hatten Journalisten die Gelegenheit, sich am Bodensee über Elektromobilität auch fernab des Autos zu informieren. Die DUH hat die Pressereise organisiert, um klimafreundliche Antriebsformen zu demonstrieren.

G

anz ohne Fördermillionen haben es Elektrozweiräder auf den Markt geschafft. Der Strom für sie wird über Solaranlagen stationär erzeugt und in Batterien eingespeist. Auch wasserseitig ist man umweltfreundlich mobil: Dank solarbetriebener Fähren entwickelt sich der Bodensee zu einer Modellregion für Ökoschifffahrt. Plexiglasdächer mit integrierten Photovoltaikzellen überspannen den Fahrgastraum und ermöglichen so die geräusch- und emissionsfreie Seeüberquerung. Solarmodule aus Plexiglas können auch als Autodach eingesetzt werden. Die Firma Evonik Industries AG entwickelte ein Solardach, welches eine erhebliche Reduktion des Gewichtes und darüber hinaus einen positiven Beitrag zum mobilen Energiemanagement erreicht. Bei hoher Sonneneinstrahlung kann Strom erzeugt werden, der Nebenaggregate – wie zum Beispiel die Scheibenwischer oder die Kühlung im Fahrzeug – versorgt. (am) o welt 4/2011

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Unbekannte Tierart

Fänger des

frischen Fischs

Der Gänsesäger ist eine ungewöhnliche Ente, die Fische jagt und in Baumhöhlen brütet. Obwohl als Wintergast recht häufig, steht er als Brutvogel auf der Roten Liste. n von Albert Wotke

Zunächst paddelt der Säger etwas herum und steckt hie und da den Kopf unter Wasser. Er hält Ausschau nach seiner Lieblingsspeise, kleinen bis zu zehn Zentimeter langen Fischchen. Hat er welche entdeckt, taucht er blitzschnell und jagt unter Wasser der Beute hinterher; dabei taucht er bis zu zehn Meter tief. Mit dem Sägeschnabel packt er kräftig zu. Mögen die Fische auch noch so zappeln, sie vermögen doch nicht zu entfliehen und werden gefressen.

Hierzulande gefährdet

W

er im Winter, warm eingemummelt, einen Spaziergang hin zu Seen und Teichen unternimmt, um sich dort an der Vielfalt der rastenden, bunten Wasservogelschar zu erfreuen, der kann dort des Öfteren einen ziemlich seltsamen Vogel betrachten. Von Gestalt her eine Ente, wenn auch wesentlich größer als etwa die gemeinhin bekannte Stockente, so ist sein Schnabel doch lang, schmal und an der Spitze nach unten gebogen gleich einem Greifvogelschnabel – und auf dem Kopf sitzt eine Haube. Das ist der Gänsesäger. Den ulkigen Namen hat das Tier einerseits von seiner Größe, die zwischen Enten und Gänsen liegt, und andererseits von den feinen, sägeblattartigen Zähnen, welche sich an der Innenseite des Schnabels befinden.

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Über ein halbes Pfund Fisch vertilgt ein Tier Tag für Tag, was der Art bei Anglern und Fischern einen ähnlich schlimmen Ruf eintrug wie dem Kormoran und dem Graureiher. Der ökologische Mechanismus ist immer wieder derselbe: Dort wo es reiche Nahrungsgründe gibt, bleiben die Beutegreifer nicht fern.


Unbekannte Tierart Zehntausende von Tieren suchen im Winter, aus dem kalten Norden und Osten Europas kommend, die nicht zugefrorenen Stellen der größeren Seen in Deutschland auf. Nur einige Hundert davon brüten auch hier; sie stehen als „gefährdet“ auf der Roten Liste. Im Frühling ziehen die Tiere zu schnell fließenden Flüssen, auch Bächen, mit klarem Wasser und kiesigem Grund. Hier treffen sich Mann und Frau zur Ehe für einen Sommer. In der Nähe des Wassers müssen große, alte Bäume stehen, denn zum Schutz vor Füchsen und anderen Fressfeinden brüten Gänsesäger in Baumhöhlen, die in bis zu 20 Metern Höhe liegen können. Das Weibchen sucht in schnellem Flug an den Bäumen vorbei eine passende Höhle und legt – ohne das Nest weiter zu polstern – acht bis zwölf Eier. Über einen Monat lang werden sie bebrütet. Schon am ersten Lebenstag müssen Gänsesägerküken den Sprung aus der Bruthöhle wagen.

Steckbrief Gänsesäger (Mergus Merganser)

Verwandtschaft

Der Gänsesäger ist ein Entenvogel aus der Gattung der Säger. Er ist näher mit den Meerenten verwandt als mit Schwimm- und Tauchenten. Aussehen, Gewicht und Größe Der Gänsesäger wird ungefähr 60 Zentimeter groß, ist damit deutlich größer als eine Stockente und erreicht ein Gewicht zwischen ein und zwei Kilogramm. Kennzeichnend für die Säger ist der dünne, sehr schmale Schnabel. Die Schnabelspitze ist hakenförmig umgebogen, an den Rändern von Ober- und Unterschnabel finden sich scharfe, leicht zugespitzte Zähne. Im Ruhekleid sind beide Geschlechter fast gleich gefärbt. Im Brutkleid (Spätherbst bis Frühsommer) sind die überwiegend weißen Männchen an Hals und Kopf schwarzgrün gefärbt und die Schultern sind schwarz. Der Körper der Weibchen ist aschgrau. Männchen und Weibchen tragen eine Haube.

Sprung ins Leben Kaum sind die Jungen dem Ei entschlüpft und das flauschige Daunenkleid getrocknet, müssen sie sich noch am selben Tag zum ersten großen Abenteuer ihres Lebens aufmachen – dem waghalsigen Sprung aus der hoch gelegenen Baumhöhle. Die Mutter lockt von unten und eins nach dem andern spreizt die flaumigen Flügelchen und hüpft in die Tiefe. Die meisten verletzen sich dabei nicht. Schnellstens führt die Mutter die Kleinen zum Wasser, vorbei an Füchsen, Mardern und Habichten. Auch dort sind sie noch großen Gefahren ausgesetzt und schlüpfen des Öfteren auf den Rücken der Mutter. Nach ungefähr zwei Monaten werden die Jungen flügge und ziehen ihrer eigenen Wege.

Lebensraum und Lebensweise

Gänsesäger sind hauptsächlich Süßwasservögel und leben bevorzugt an klaren, oft schnell fließenden Flüssen mit Kiesgrund, auch an Seen und seltener an Küsten. Als Höhlenbrüter sind sie auf alte Bäume oder Felsspalten in der Nähe des Wassers angewiesen. Das Weibchen sucht im Frühjahr die Höhlen aus und legt 10 bis 12 Eier. Im Winter ziehen Gänsesäger zu größeren fischreichen Seen und Buchten. Nahrung Gänsesäger ernähren sich vor allem von Fischen. Mit ihrem „SägeSchnabel“ können sie hervorragend ihre Beute fassen.

Verbreitung, Gefährdung und Schutz

Das Verbreitungsgebiet umfasst weite Teile Europas, Asiens und Nordamerikas. Es werden drei Unterarten unterschieden. In Mitteleuropa ist der Gänsesäger ein verbreiteter, aber relativ seltener Brut- und Jahresvogel. In Deutschland haben sich die Gänsesägerbestände deutlich erholt, nachdem in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein Jagdverbot erlassen wurde. Es ist nicht belegt, wie viele Tiere illegal getötet werden. Der Gänsesäger steht nach wie vor auf der Roten Liste unter der Kategorie „gefährdet“. In Europa gibt es ca. 60.000 Brutpaare, davon allein in Finnland ca. 25.000. In Deutschland brüten nur 500 bis 600 Paare, vornehmlich in Bayern (ca. 250 bis 300) und in Ostdeutschland. Im Winter dagegen rasten in Deutschland 30.000 bis 45.000 Tiere. welt 4/2011 41


Menschen für Natur

Mit Herz und Hand

für

Natur und Tierwelt

Verlässlich und wirkungsvoll unterstützt Brigitte Hellwig seit über 20 Jahren verschiedene Arbeitsgebiete der DUH. Für ihr Vertrauen und Engagement dankt die DUH und zeichnet Brigitte Hellwig als Ehrenpatin aus.

A

nnette Bernauer hat die treue Spenderin und Patin zu Hause in Gauersheim (Kreis Kirchheimbolanden in Rheinland-Pfalz) besucht und ihr eine Ehrenurkunde persönlich überreicht. Besonders beeindruckt hat die DUH-Mitarbeiterin die Gastfreundschaft für Tiere: Haus und Garten der frisch gebackenen Ehrenpatin zeugen überall davon. Annette Bernauer berichtet von ihrem Besuch.

Efeubewachsene Mauern umgeben den großen Naturgarten um das Haus von Brigitte Hellwig in Gauersheim. Als Besucher tauche ich in eine grüne Welt ein, wo Wachsen und Gedeihen offensichtlich viel Raum haben dürfen. Geheimnisvolle Nischen und Kleinlebensräume zeugen vom Geschick und großen Arbeitseinsatz der unermüdlichen Gärtnerin und sind eine Einladung an die heimische Tierwelt. Igel, Meisen, Rotschwanz und Wildbienen machen davon Gebrauch und sind im Hause Hellwig willkommen. Die besondere Leidenschaft von Frau Hellwig gilt den Tieren. Zwei Zwergponys, Enten und Gänse und eine bunte Schar von charaktervollen Katzen sind die Gefährten, die sie jung und beweglich halten mit ihren über 70 Jahren. Selbst ein scheues wildes Kaninchen hat sich dieser Kolonie freiwillig angeschlossen. Jedes Tier findet seinen Platz und wird einfühlsam gepflegt. Frau Hellwig, die früher als Ärztin tätig war, ist ebenso wie ihre Schwester als Anlaufstation für unterernährte Igel und junge Vögel bekannt. Mit Interesse verfolgt Frau Hellwig Neuigkeiten aus der Naturschutzszene und Umweltpolitik. Die Arbeitsweise der DUH und deren Erfolge hat sie auch schon beim Besuch im Projektgebiet Soonwald-Nahe unter die Lupe genommen. Ihre verlässliche Unterstützung, die sie in mehreren Patenschaften zugesagt hat, bringt unsere Arbeit planbar und wirkungsvoll voran. Ihr Engagement ist für die DUH Rückhalt und Ansporn, nicht nachzulassen im Einsatz für Natur und Umwelt.

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Der weitläufige Naturgarten der DUH- Ehrenpatin Brigitte Hellwig bietet Wild-, Haustieren und Menschen Raum.

DUH Naturreise Im kommenden Jahr veranstaltet die DUH wieder ihre beliebten Naturrreisen:

Naturerlebnis Bergstraße, 02. bis 05.06.2012 Diese Exkursion erkundet die geschichtsträchtige und klimatisch begünstigte Kulturlandschaft rund um Bensheim, die sich durch schützenswerte Artenvielfalt auszeichnet. 425 Euro pro Person im DZ EZ-Zuschlag 95 Euro

Nationalparke der Ostsee, 29.09. bis 03.10.2012 Exkursionen in die Nationalparke der Vorpommerschen Boddenlandschaft und der Insel Rügen vermitteln Einblicke in die praktische Naturschutzarbeit vor Ort. Zu den Höhepunkten zählen Naturschauspiele wie der abendliche Kranicheinflug an den Schlafplätzen und die Kreidefelsen von Rügen. 320 Euro pro Person im DZ, EZ-Zuschlag 80 Euro Weitere Informationen und Detailprogramm: Annette Bernauer, Initiative „Menschen für Natur“, Deutsche Umwelthilfe e.V. Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell, Tel.: 07732 9995 60, E-Mail: bernauer@duh.de


DUH intern

Wachsam, streitbar, kompetent – die DUH im Jahr 2011 Wir kämpfen für die Energiewende, saubere Luft und schadstoffarme Fahrzeuge, für Ressourcenschutz und den Erhalt der biologischen Vielfalt. Die DUH setzt sich dafür ein, dass Umweltbelange bei allen Vorhaben berücksichtigt werden, macht Missstände in Politik und Wirtschaft öffentlich und schmiedet Allianzen für eine nachhaltige Zukunft.

D

ie DUH hat ihre Arbeit für den Klimaschutz und ein nachhaltiges Energiesystem im Jahr der FukushimaKernschmelze und des Atomausstiegs in Deutschland verstärkt. Gemeinsam haben die DUH und regionale Umweltschützer dazu beigetragen, dass es hierzulande keinen Baubeginn für neue Kohlemeiler gab. Vorschläge der DUH-Experten für Erneuerbare Energien finden sich in dem im Sommer verabschiedeten Netzausbaubeschleunigungsgesetz wieder. Nun gilt es, beim Um- und Ausbau der Stromnetze die frühzeitige Beteiligung von Bürgern in der Praxis durchzusetzen.

n Umweltrecht und Verbraucherschutz Viele Städte mit Umweltzonen kontrollieren Plakettenpflicht und Einfahrverbote kaum. Die DUH hat die untätigen Behörden öffentlich gemacht. Das Land Hessen muss dank einer erfolgreichen DUH-Klage einen Luftreinhalteplan aufstellen. Zahlreiche Umwelt- und Verbraucherschutzgesetze werden nur lasch auf ihre Einhaltung kontrolliert. Die DUH setzt sich deshalb für die korrekte Kennzeichnung der Energieverbräuche von Waschmaschinen, Geschirrspülern, Kühlschränken und Autos ein. Bei Gesetzgebungsverfahren geben wir Stellungnahmen ab und verfolgen mittels Akteneinsicht, wie Gesetze zustande kommen.

n Skandale und Verbrauchertäuschung Mehrwegflaschen aus Glas oder Kunststoff sind Einwegverpackungen deutlich überlegen. Das hat eine von der DUH initiierte Studie nachgewiesen. Biokunststoffe sind weit davon entfernt, umweltfreundlicher als herkömmliche zu sein. Da Danone seine Joghurtbecher aus Biokunststoff als umweltfreundlicher bewarb, ging die DUH dagegen vor und erwirkte die Einstellung der Werbekampagne.

Immer wieder decken unsere Abfallexperten in mühevoller Arbeit Müllskandale auf. In Sachsen erreichten sie die Schließung einer Firma, die jahrelang hochgiftige Abfälle unsachgemäß behandelte und auf ungeeigneten Deponien ablagert hat.

Elbe“. Das Projekt „Wer is(s)t fair“ des DUH-Regionalverbands Nord wurde sogar von der UNESCO ausgezeichnet. Die DUH begleitet die Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik kritisch, damit die Überfischung beendet wird und Meeresökosysteme dauerhaft geschützt werden. Davon profitieren neben anderen die heimischen Schweinswale und die Haie.

n Wildnis wagen

n Die DUH als Partner von Städten

Mit dem Naturschutzfonds Lebendige Wälder fördern wir ausgewählte Projekte: Lebensräume für Haselmaus, Hirschkäfer, Haselhuhn und Alpenbock konnten zurückgewonnen werden. Wir verknüpfen Naturschutz mit Umweltbildung, beispielsweise in dem deutsch-tschechischen Projekt „Schulen für Lebendige

Die DUH unterstützt Städte und Gemeinden mit Workshops, Informationsangeboten und Wettbewerben, damit sie ihre Beiträge zur Energiewende und zum Schutz der biologischen Vielfalt besser planen, dokumentieren und umsetzen können. In diesem Jahr haben wir den Grundstein für das Bündnis für Biodiversität gelegt, in dem sich Kommunen zukünftig engagieren werden. Der DUHKongress „Umweltgerechtigkeit und biologische Vielfalt“ gab Kommunen und Verbänden wichtige Impulse. (mf) o Ausführliche Informationen zu unseren Projekten finden Sie im Jahresbericht 2011, den wir Ihnen auf Anfrage gern zusenden. Im Internet steht er in Kürze unter www.duh.de zum Herunterladen bereit. Bestelladresse: Deutsche Umwelthilfe e.V. Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell info@duh.de

■ Bildnachweis: Titelseite: Gänsesäger/K. Wernicke/Naturfoto-Online; S. 3: A. Busch; S. 4: R. Sturm/Pixelio (o), T. Knoll (m), GNF-Archiv (u); S. 5: Deutsche Telekom (o), neon-tommy/wikimedia commons (m), L. Gerken/Naturfoto-Online (u.); S. 6: S. Ernst/Naturfoto-Online; S. 7: S. Ernst (o.l.), Dr. E. Nerger (3), beide Naturfoto-Online; S. 8: BI Bad Klosterlausnitz (RCO), Querido/wikipedia GFDL (m); S. 9: Klima-Allianz; S. 10: J. Zehnder/Pixelio; S. 12: T, Heinze/Naturfoto-Online; S. 13: O. Hahn/hahn-film (o), Dr. E. Nerger(m), P. Stähli (u), beide Naturfoto-Online; S. 14: S. Ernst/Naturfoto-Online (o,r.u.), R. Sturm/Pixelio (u.l.); S. 15: R. Lauf (o, m), R. Erl/Naturfoto-Online (u); S. 16: T. Knoll, R. Kirchmann (2. v. u.), C. Seidel/ Pixelio, Pitopia/E. Wodicka, Pitopia/bildbaendiger, R. Sturm/Pixelio, Pitopia/m-mausolf.de (u, v.l.n.r., 2010); S. 17: T. Knoll, R. Kirchmann (o); S. 18: W-Film; S. 20: GNF-Archiv; S. 21: GNF-Archiv, J. Black (o); S. 22: Deutsche Telekom (o), T. Niermann/wikimedia (u); S. 23. Lightcycle; S. 24: DUH-Archiv (o), Kondrauer GmbH (u); S. 25: Stadt Heidelberg (o), Stadtwerke Mainz (u), ; S. 26: ISTE; S. 27: Dr. E. Nerger/Naturfoto-Online (o), ISTE (m), Bodensee-Stiftung (u); S. 28: B. Krummhaar (o), Alcoa-Foundation (m), C. Damm (u) ; S. 29: V. N. Medvedev/Naturfoto-Online (o), I. Wittig (u); S. 30: C. Schneider (o), Unilever (u); S. 32: A. Murch (o,u), K. Leonard/Marine Photobank (m); S. 33: GNF-Archiv; S. 34: GNFArchiv; S. 36: Rapunzel Naturkost, L. Golgher/Wikimedia GNU; S. 37: Stadt Leipzig, Amt für Stadtgrün und Gewässer (o.l.), Umweltbildungszentrum, Museum am Schölerberg, Osnabrück (o.r.), B. Kleemann (m), Landeshauptstadt Mainz (u); S. 38: Stadt Leipzig, Stadtplanungsamt; S.39: Stabsstelle Kommunikation der Erzdiözese Freiburg; S. 40: H. Engler (o), K. Wernicke (m), S. Ernst (u), beide Naturfoto-Online; S. 41: K. Wernicke/Naturfoto-Online (o), Okapia/imagebroker/ Hannu Hautala/FLPA (m); S. 42: DUH-Archiv (o), L. Viatour/wikimedia (m), O. Hahn/hahn-film (u) welt 4/2011

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Foto: manja/Photocase.de

Vielfalt und natürliche Lebensräume.

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