DUHwelt DAS MAGAZIN DER DEUTSCHEN UMWELTHILFE
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2006
DUH welt 1/2006
Totes Meer: Bedrohter See des Jahres Neue Insel in der Elbe Bundeshauptstadt im Klimaschutz gesucht 1
INTERN Liebe Leserinnen und Leser, es gäbe dieser Tage viel, worüber sich in diesem Editorial zu schreiben lohnte. 20 Jahre nach Tschernobyl wird in Niedersachsen das erste atomare Endlager in Deutschland genehmigt. Oder die sogenannte „Föderalismusdebatte“, in der Deutschland sowohl in der Bildungs- als auch in der Umweltpolitik in die Kleinstaaterei des 19. Jahrhunderts zurückzufallen droht. Und dennoch möchte ich all diese Themen für einen Augenblick in den Hintergrund schieben, weil es heute einen Protagonisten der Deutschen Umwelt- und Naturschutzverbände zu ehren gilt, ohne dessen Weitblick und Engagement viele von uns gar nicht in der Lage wären, den Umwelt- und Naturschutz in dem Maße aktiv mitzugestalten, wie es heute möglich ist. Dieses Editorial widme ich deshalb Prof. Dr. Gerhard Thielcke, der vor wenigen Tagen seinen 75. Geburtstag begangen hat. Es gibt wenige Menschen in Deutschland, die auf ein solches Lebenswerk wie er zurückblicken können. Vor 30 Jahren hat er zusammen mit einigen der wichtigsten Größen des deutschen Umwelt- und Naturschutzes die Gründung des BUND Bundesverbandes vorangetrieben. Keine zwei Wochen, nachdem der BUND Bundesverband aus der Taufe gehoben wurde, hat Prof. Thielcke zusammen mit seiner Frau als aktives Gründungsmitglied die Deutsche Umwelthilfe (DUH) geschaffen. Von Anfang an wollte man mit dieser im Vergleich zum BUND weitaus kleineren Organisation versuchen, zusätzliche Finanzmittel für den Naturschutz zu erschließen und den Schulterschluss mit fortschrittlichen Wirtschaftsunternehmen für einen nachhaltigen Umbau unserer Gesellschaft suchen. Mit diesem, für die damalige Zeit fast schon revolutionären Konzept wurde der Grundstein für den heutigen Erfolg der DUH gelegt. Doch der nationale Natur- und Umweltschutz war Prof. Thielcke bald zu eng. Ihm wurde schnell klar, dass nur ein international abgestimmtes Vorgehen dauerhaften Erfolg versprechen würde. Als Ornithologe hatte er die Millionen von Zugvögeln vor Augen, die jedes Frühjahr und jeden Herbst über ganz Europa, nach Asien und Afrika ziehen. Mit diesem sehr eindrücklichen Bild konnte er Mitstreiter zunächst für den europaweit agierenden Verband Euronatur gewinnen. Und es war dann nur noch eine Frage der Zeit, die Thematik auch im globalen Maßstab anzugehen. Der Global Nature Fund (GNF) nennt als einen seiner Gründungsstifter Prof. Dr. Gerhard Thielke. Was Gerhard Thielcke bei all seinen Aktivitäten auszeichnet, ist – trotz oder gerade wegen seines weiten internationalen Blicks – die enge Verbundenheit mit der Bodenseeregion. Er hat lange vor der Subsidiaritätsdebatte in der EU verstanden, dass gute internationale Arbeit eine solide Heimat benötigt, und dass Internationalisierung und Globalisierung im Naturschutz nur als Netzwerk zwischen starken, authentischen Regionen möglich ist, die dabei ihre Eigentümlichkeit und ihren eigenen Charakter bewahren können. Ich gratuliere Gerhard Thielcke an dieser Stelle im Namen der gesamten DUH ganz herzlich zu seinem Geburtstag und danke ihm dafür, was er mit seinem Lebenswerk geschaffen hat. Die DUH wird auch in Zukunft seinen Wahlspruch beherzigen: Es kommt darauf an, was für die Natur herauskommt. Mit vielen Grüßen Ihr
Prof. Dr. Harald Kächele Bundesvorsitzender Deutsche Umwelthilfe e.V. DUH welt 1/2006
INHALT IM BLICKPUNKT Die Kollateralschäden des Billigwahns
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LEBENDIGE FLÜSSE Klima setzt Elbeschifffahrt auf Grund Eine neue Insel in der Elbe „Lebendige Ilmenau“ soll durchgängig werden Renaturierung an der Dumme
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LEBENDIGE SEEN Totes Meer: Bedrohter See des Jahres 2006 Bartschtal in Polen: Naturparadies in Gefahr Uferrenaturierungen am Bodensee Tsunami-Projekt in Sri Lanka SolarSchiff-Netzwerk auf der boot 2006
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„UNBEKANNTE“ TIERARTEN Programmhinweis: Superstar der Vogelsänger Das Steppenmurmeltier
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NATURSCHUTZ Ein grüner Korridor für die Wildkatze 75 Jahre Professor Dr. Gerhard Thielcke Mehr Wildnis in Städten und Gemeinden
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NEUES AUS DER FORSCHUNG
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KLIMASCHUTZ Wer wird Bundeshauptstadt im Klimaschutz? SolarLokal: Dessau macht mit! Der Wettenberger Energiebeirat Herbstmeisterschaft in der Solarbundesliga
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DUH-UMWELT-MEDIENPREIS
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DUH AKTIV
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30 Jahre Deutsche Umwelthilfe e.V. Neue DUH-Internetseite
VERBRAUCHERSCHUTZ
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Elektro-Gesetz ab 24. März 2006 Einheitliche Stromkennzeichnung
UMWELT UND WIRTSCHAFT 20 Jahre Tschernobyl HAND IN HAND-Fonds
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MENSCHEN FÜR NATUR
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IMPRESSUM Zeitschrift für Mitglieder und Förderer der Deutschen Umwelthilfe e.V. Herausgeber: Deutsche Umwelthilfe e.V., Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell, Tel.: 07732/99 95-0, Fax: 07732/99 95-77 http://www.duh.de, E-Mail: info@duh.de V.i.S.d.P.: Jörg Dürr-Pucher, Jürgen Resch Redaktion: Prof. Dr. Gerhard Thielcke, Thomas Giesinger Gestaltung: Claudia Kunitzsch Druck: Wachter GmbH, Bönnigheim Anzeigen: Jörg Dürr-Pucher; es gilt die Anzeigenpreisliste 2004 Verlag und Vertrieb: DUH Umweltschutz-Service GmbH, Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft Köln (BLZ 370 205 00) 8 190 002 Gedruckt auf 100 % Recycling-Papier Fotos: Titelseite Steppenmurmeltier: T. Mennle; S. 3: BUND Berlin; S. 4/5: pixelquelle.de; S. 6: F. Neuschulz (o), R. Kindl (u); S. 7: O. Hahn (o), K. Wernicke/Naturfoto-Online (m), F. Neuschulz (u); S. 8: G. Schulz/Naturfoto-Online (o), F. Neuschulz (u); S. 9: O. Hahn (o), H. Filoda (m), DUH (u); S.10: FoEME; S. 11: Amigos del Lago (o), GNF (u); S. 12: R. Guziak/Pro Natura (o), A. Kepel/ PTOP Salamandra (m), O. Hahn (u); S. 13: A. Hafen (o,u), O. Hahn (m); S. 14/15: GNF; S. 16: GNF (o), A. Hafen (u); S. 17: Arendt/Schweiger; S. 18/19: T. Mennle; S. 20: BUND Thüringen/ T. Stephan (o,m); S. 22/23: DUH, EPO, A. Hafen, O. Hahn, A. Lüling, F. Neuschulz, Zeichnungen: D. Szulc-Guziak; S. 24: Kulturlandschaftsverein Hausen v.d.H., L. Domdey, B. Reyher; S. 25: S. Sander/M.E.E.R. e.V. (o), O. Hahn (u); S. 26: GNF (o), pixelquelle.de (u); S. 28: Markt Großostheim (o); I. Schmidt/Rostock (u); S. 29: CO2NTRA; S. 30: H. Neuhaus, Umweltamt Dessau; S. 31: Gemeinde Wettenberg; S. 32: Fraunhofer ISE (o); S. 34/35: A. Busch; S. 36: DUH; S. 40/41: pixelquelle.de; S. 42: Stiftung Solarenergie e.V.; S. 43: DUH, pixelquelle.de Heftpreis: € 1,50 März 2006
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IM BLICKPUNKT
Die Kollateralschäden des Billigwahns Die Marktschreier der Generation
Lecker und gesund sollen unsere Säfte sein, ITX hat nichts darin zu suchen.
„Geiz-ist-geil“ wollen vergessen machen, dass ihre Parolen die Geldbeutel der Verbraucher und Verbraucherinnen allenfalls kurzfristig entlasten. Langfristig fällt die Bilanz negativ aus - bei den Kunden, in der Volkswirtschaft und der Umwelt. Wie die Deutsche Umwelthilfe versucht, einen Modetrend zu entzaubern. Frage: Was hat der Gammelfleisch-Skandal, der Ende 2005 die Republik erschreckte, zu tun mit der Druckchemikalie ITX in Fruchtsaftkartons, die die Deutsche Umwelthilfe seit Ende Januar 2006 aufdeckt? Und was das trommelnde Geiz-ist-geil-Geschrei großer Elektrogeräte-Ketten mit dem Treibhauseffekt?
Die Deutsche Umwelthilfe versucht seit Ende vergangenen Jahres, die Kollateralschäden des in Deutschland grassierenden Billigwahns ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu rücken.
Dabei ist den Initiatoren der Kampagne durchaus bewusst, dass der Zwang zum Sparen in Zeiten sinkender RealeinkomAntwort: In allen Fällen wird ebenso men der Konsumenten ebenso wächst aggressiv wie kurzsichtig wie bei den Unternehgespart, wahlweise auf men in Zeiten globaliEinkommensstarke Kosten der Umwelt oder sierter Märkte. „Würde leben in Deutschland der Gesundheit der Vernicht an der Qualität braucher und Verbraugespart“, sagt DUHim Durchschnitt neun cherinnen. Konkret heißt Bundesgeschäftsführer Jahre länger als Eindas, wer ein Pfund „friJürgen Resch, „wäre kommensschwache. sches“ Putenfleisch für gegen kostengünstige 99 Cents einkauft, darf Produktionsverfahren sich nicht wundern, wenn es aus dubio- oder kostenbewusstes Einkaufen nichts sen Quellen stammt - und die dafür einst einzuwenden.“ gemästeten Puten zu Lebzeiten bemitleidenswerte Kreaturen waren. Wer gesunden Saft aus der „falschen“ Verpackung trinkt, muss damit rechnen, dass der dann so gesund nicht ist, wie die bunten Bildchen auf dem Karton glauben machen. Und wer beim Backofen- oder Wäschetrockner-Kauf einem etwas teureren Markenartikel ein „Schnäppchen“ vorzieht, muss wissen, dass er – und das Weltklima – wegen der hohen Stromkosten auf die Lebenszeit des Geräts gerechnet, kräftig draufzahlen.
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starke leben in Deutschland im Durchschnitt neun Jahre länger als Einkommensschwache. Wer beim Kauf von Elektrogeräten nur auf den Anschaffungspreis achte, spiele zwar nicht gleich mit seinem Leben, aber er erlebe unter Umständen sein blaues Wunder beim Stromverbrauch, der dann über Jahre das persönliche Budget belaste und noch dazu den Klimaeffekt anheize.
DUH für korrekte Verbraucherinformation
Die Elektroketten Saturn und Media Markt, beide im Besitz der Metro-Gruppe, reagierten Ende des vergangenen Jahres ziemlich hektisch auf zwei Musterklagen und ein Ultimatum der Deutschen Umwelthilfe wegen systematischer Verstöße gegen die korrekte Energieverbrauchskennzeichnung von Haushaltsgeräten. Schon nach wenigen Sparen mit Sinn und Verstand Tagen verhielten sich die meisten Filialen gesetzeskonform. Auch die AusweiLeider jedoch gehe die Gleichung nur sung der letzten schwarzen Schafe unselten auf. Wer heute bei den Lebenster den Elektromärkten mitteln spare, zahle in einer „DUHspäter mit seiner GeGeringerer TreibstoffSchmuddelliste“ im Insundheit. Wie sich minverbrauch wird mehr ternet tat Wirkung. Die derwertige Ernährung Kunden sind seither in im Detail auf die Leund mehr zum der Lage anhand der benserwartung ausVerkaufsargument. bekannten farbigen Etiwirkt ist nicht bekannt. ketten, Stromfresser von Aber der Effekt ist messbesonders effizienten Waschmaschibar, wie Vergleichsuntersuchungen in nen, Kühlschränken oder Backöfen zu wohlhabenden und sozial problematiunterscheiden. Der zweite Schritt allerschen Quartieren erst jüngst erneut bedings, die von der DUH geforderte Wendrückend bestätigt haben. EinkommensDUH welt 1/2006
IM BLICKPUNKT ihn das alles nichts an, verzichtete Verde von einer reinen Preisknüller-Straterationelle Psychologie in Stuttgart hatbraucherschutzminister Horst Seehofer gie hin zu einem Qualitäts-Marketing, ten in einer Studie für die Markenbraue(CSU) weitgehend auf eigene Aktivitädas Energieeffizienz und Umweltschutz rei C. & A. Veltins über den Einfluss der ten. Sein Argument: in den Mittelpunkt der Werbung stellt, Verpackung beim TrinDie Gefährlichkeit der steht noch aus. Eine solche Neuausrichken klar festgestellt: Glas statt Plaste steigert Druckchemikalie sei tung der Marktführer Saturn und Media Glas statt Plaste steigert den Trinkgenuss. nicht erwiesen. Das Markt würde weit über das Elektrogeräden Trinkgenuss. Die war zwar richtig. te-Segment hinausweisen. Zum Beispiel Probanden, insbeAllerdings liegt das daran, dass die Gifauf den Automarkt, der ebenfalls erst sondere junge Frauen, genossen Bier tigkeit bis heute niemand systematisch sehr zögerlich auf die rasant steigenden oder Fruchtsäfte aus Glasflaschen um untersucht hat, jedenfalls nicht für die Energie- und in diesem Fall Spritpreise 20 Prozent mehr und aus Dosen, GeÖffentlichkeit. Und während der Hanreagiert. Geringerer Treibstoffverbrauch tränkekartons oder PET-Flaschen um 20 del die von der DUH als belastet erkannwird mehr und mehr zum VerkaufsarProzent weniger, verglichen mit Getränten Kartonsäfte immerhin regelmäßig aus gument. Das hat auch der neue Umweltken aus einem „neutralen“ Gefäß. Einden Regalen verbannte und die betrofminister Sigmar Gabriel erkannt. Anlässweg-Pappe und Blech verlieren gerade fenen Verpackungslich einer Grundsatzrebei jungen Leuten gegen den Traditionshersteller Tetra Pak und de an der Berliner Humwerkstoff Glas. Eva Leonhardt, ProjektSo als gehe ihn Elopak den künftigen boldt-Universität mahnleiterin Kreislaufwirtschaft bei der DUH, das alles nichts an, Verzicht auf ITX beim te der Sozialdemokrat wünscht sich nach diesen eindeutigen Druck der Kartons verdie Autohersteller, sie Erkenntnissen nur eins – eine Gesundverzichtete Verbrausprachen, erschöpfte würden mittelfristig mit heitsministerin, die rät: „Achten Sie beim cherschutzminister sich die Aktivität des wachsenden AbsatzGetränkekauf und bei der VerpackungsHorst Seehofer (CSU) Seehofer-Ministeriums problemen zu kämpfen wahl auch auf Ihren Genuss.“ Für Leonvor allem darin, den haben, wenn sie weiter hardt ist ohnehin klar: „Nicht Geiz, Quaweitgehend auf eigene weiteren „Abverkauf“ Spritschlucker auf die lität ist geil.“ Gerd Rosenkranz Aktivitäten. der ITX-belasteten BeStraße brächten, die stände bis etwa Ende zwar bei Tempo 250 des Jahres 2006 nicht zu behindern. km/h elektronisch abgeregelt werden, Resch: „Die Sache ist ganz einfach: die sich in Zukunft aber nur noch WohlDruckchemie gehört nicht in Gesundhabende leisten könnten. heitssäfte, Horst Seehofer betreibt mit seiner Untätigkeit die Entsorgung von ITX Keine Druckchemie durch Kinderkehlen. Vorsorgender Verin Kartonsäften braucherschutz sieht anders aus.“ Der Zwang zur Billig-Produktion dagegen führte dazu, dass erst in Italien und Flaschenbier schmeckt besser Kroatien, dann in Deutschland massenDass Qualität nicht zwangsläufig teuer haft mit der Druckchemikalie Isoprosein muss, war kürzlich Gegenstand ei- Eine korrekte Verbrauchskennzeichnung pylthioxanthon (ITX) belastete Lebensner weiteren Öffentlichkeitsaktion der mittel in Kartonverpackungen auftauchist notwenig, damit es nach dem Kauf DUH. Wissenschaftler des Instituts für kein böses Erwachen gibt. ten. Der „Katalysator“ zur rascheren Trocknung der Außenbeschriftung der Kartons geriet in Frucht- und Gemüsesäfte, weil beim Massendruck der Rohkartonagen die Außenseite systematisch mit der Innenseite in Berührung kommt – ein Phänomen, das die Verfahrenstechniker „Abklatsch“ nennen und das Verpackungsindustrie, Fruchtsaftabfüller und Handel schon seit Monaten in Atem hält. Allerdings reagierten sie erst, nachdem die DUH von einem staatlich anerkannten Prüflabor in Berlin eigene, stichprobenartige Messungen hatte durchführen lassen und binnen eines Monats bis Ende Februar insgesamt 15 Getränke mit ITX-Belastungen von mehr als 50 und bis zu 447 Mikrogramm pro Kilogramm Saft entdeckt wurden. So als gehe DUH welt 1/2006
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DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte
LEBENDIGE FLÜSSE
Klima setzt Elbeschifffahrt auf Grund Der Klimawandel führt die Pläne der Bundeswasserstraßenverwaltung für Ausbau und Unterhaltung der Elbe in eine Sackgasse. Das geht aus einer Studie des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung hervor. Mitarbeiter des Instituts haben die Pegelstände zwischen Dresden und Magdeburg während des vorangegangenen Jahrhunderts unter die Lupe genommen. Die Wissenschaftler fanden heraus: In den vergangenen beiden Jahrzehnten wurden Niedrigwasserzeiten häufiger. In den Jahren 1991, 1992, 2000 und 2003 wurden die Fahrrinnentiefen von 1,60 Meter zwischen Dresden und Geesthacht und 1,50 Meter zwischen Dresden und Schmilka an vier bis sechs Monaten unterschritten. Damit war eine wirtschaftliche Güterschifffahrt unmöglich. Diese Situation dürfte sich noch verschärfen. Die neue Studie zeigt, dass die Sommerniederschläge von 1981 bis 2005 im Vergleich zu 1951 bis 1980 stark abgenommen haben. Gleichzeitig stiegen die mittleren Jahrestemperaturen in den vergangenen 50 Jahren um
Die Elbe bei niedrigem Wasserstand.
etwa ein Grad an. „Wenn diese Trends andauern, müssen wir mit häufigerem und extremerem Niedrigwasser an der Mittleren Elbe rechnen“, erklärte Dr. Frank Wechsung vom Potsdamer Institut für Klimaforschung: „Die Elbe würde in Niedrigwasserzeiten weniger Wasser führen. Sie wäre daher noch schlechter schiffbar.“
Bekämpfung der Erosion und die Zurückverlegung von Deichen. Das Potsdamer Institut und die drei Verbände haben bei einer Pressekonferenz in Berlin über die Ergebnisse berichtet. Verschreckt bat die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung-Ost die Verbände um ein fachliches Gespräch. Als Ort des Treffens wurde die Geschäftsstelle der DUH in Berlin akzeptiert. Fachleute sollten hinzugezogen werden. Doch zu dem Dialog kam es nicht. Wenige Tage vor dem Treffen sagte die Verwaltung aus „terminlichen Gründen“ ab.
Der WWF, der BUND und die Deutsche Umwelthilfe fordern die Bundesregierung auf, die derzeitigen Unterhalts- und Ausbaupläne an der Elbe aufzugeben. Dringend erforderlich sind dagegen die
DUH-Förderprojekte
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Fischsterben in der Elbe In der Elbe (tschechisch Labe) ist es im Bereich von Podebrady zu einem Fischsterben gekommen, und zwar durch das Gift Cyanid. Die Stadt von Podebrady hat ihre Einwohner und die der Umgebung gewarnt, Fische in der Elbe zu angeln oder gar zu verzehren. Die tschechische Umweltinspektion sucht den möglichen Verursacher der Wasservergiftung unter Industrieunternehmen in Elbnähe zwischen Kolin und Nymburk. Sehr unzufrieden war das Sächsische Umweltministerium über die Behörden in Tschechien. Als die Sachsen endlich informiert wurden, floss die giftige Fracht – wenn auch verdünnt – schon durch Sachsen.
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Die Elbe (Labe) bei Decín (Tschechien).
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Eine neue Insel in der Elbe neben weiten Flussschleifen und Altarmen viele Inseln ins Auge. Die Mäander sind dem Strom bis heute geblieben, auch viele seiner Altwässer, nur die Inseln sind verschwunden. Die Ursachen hierfür sind vielfältig.
Das „Beispiel Parchau“ ist ein mutiger und zukunftsträchtiger Schritt zur Verbesserung der Uferlebensräume entlang der Elbe. Es ist eine Chance, Erfahrungen zu sammeln – Erfahrungen und Ideen für weitere Projekte dieser Art.
Der seltene Zwergsäger war hier als Wintergast zu beobachten.
Bei Parchau entstand ein durchströmter Seitenarm der Elbe. Links im Bild die neue Insel.
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Noch vor wenigen Jahren gab es hier zwischen dem Hochwasserdeich und
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Die Bereisung für diesen Bericht machten wir im Januar 2006. Vor der Kulisse der Ortschaft Kehnert auf der Niederterrasse der anderen Uferseite sitzen im kahlen Wipfel einer großen Baumweide zwei alte Seeadler. Nicht ohne Grund haben sie sich gerade an dieser Stelle niedergelassen, denn unweit ihres Ansitzes mäandriert seit Herbst 2004 wieder ein neuer Seitenarm durch das ansonsten strukturarme Elbvorland. Jetzt im Winter rasten an seinen Ufern Pfeifenten und im Tiefwasser tauchen Kormorane, Gänsesäger und sogar mehrere Paare des seltenen Zwergsägers. Fische und Wasservögel gehören im Winterhalbjahr an der Elbe zu den bevorzugten Beutetieren der Adler.
Es wurden vormals steile Ufer abgeflacht und beide Seiten des parallel zur Elbe liegenden Gewässers wieder mit dem Fluß verbunden. „Oberstrom“, also am flussaufwärts gelegenen Ende, schoben Raupen eine neue Furt mit einer Breite von gut 20 Metern und einer Tiefe von 1 Meter unter dem mittleren Niedrigwas-
Durch die beidseitige Anbindung an den Fluß entstand ein neuer, gut durchströmter Seitenarm, der für Fische als Rückzugsraum im Winter, aber auch als Laichplatz zur Verfügung steht. Viele Kleinstrukturen konnten sich seitdem bilden: flache Sandbänke im Mündungsbereich der Zuflüsse, Steilufer, aber auch kiesige Partien.
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Neues Vogelparadies
Als im Zuge der Verbreiterung des ElbeHavel-Kanals nach geeigneten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen gesucht wurde, entstand die Idee, das Baggerloch zu renaturieren und beidseitig an die Elbe anzuschließen. Die Eigentumsverhältnisse waren für das Vorhaben sehr günstig, handelte es sich doch um Flächen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Zum erforderlichen Planfeststellungsbeschluß kam es im September 2002, und im Oktober 2004 begannen die Baumaßnahmen.
DUH will weitere Elbe-Inseln
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Durch die Anforderungen an eine Bundeswasserstraße sind die Möglichkeiten für die Schaffung solcher typischen Flusselemente in der Elbe begrenzt. Ein hervorragendes Beispiel dafür, wie es dennoch möglich ist, läßt sich im Vorland von Parchau, westlich der anhaltinischen Stadt Burg anschauen (Elb-Kilometer 358,5–359,3). Geplant und umgesetzt wurde dieses richtungsweisende Vorhaben vom Wasserstraßenneubauamt Magdeburg in Zusammenarbeit mit dem Außenbezirk Tangermünde des zuständigen Wasser- und Schifffahrtsamtes Magdeburg.
dem Elbufer nur ein großes und tiefes Baggerloch. Es entstand durch Auskiesung in den 30er Jahren. Es wurde in der Folgezeit durch zwei mächtige Panzertrassen zerteilt, als das Gebiet Übungsgelände des russischen Militärs war.
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Der Deichbau verengte im Laufe der Jahrhunderte den ehemals breiten Überflutungsraum, und durch den Ausbau der Elbe zur Wasserstraße erhöhte sich die Fließgeschwindigkeit im weitgehend festgelegten Stromschlauch. Flache Inseln und viele durchströmte Seitenarme verschwanden nach und nach.
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Schaut man auf alte Karten der deutschen Elbe, fallen
ser. Die „unterstromige“ Anbindung erfolgte auf einer Breite von 10–15 Metern in einer Höhenlage des Mittelwasserspiegels. Die schwer befestigten Panzerdurchfahrten, die als Querriegel störten, verschwanden komplett. Den Bodenaushub nutzte man überwiegend für den Bau eines Biberrettungshügels. „Bei hochauflaufendem Hochwasser können sich nun die großen elbetypischen Nagetiere sicher zurückziehen“, so Thorsten Wenig, Leiter des Außenbezirks Tangermünde vom Wasser- und Schifffahrtsamt Magdeburg.
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LEBENDIGE FLÜSSE
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Naturathlon 2006 – Ideen rund um die naturverträgliche Freizeit In diesem Jahr steht das Thema „Freizeit am Fluss“ im Mittelpunkt des Naturathlon. Die bundesweite Natursport-Initiative wird vom Bundesamt für Naturschutz mit Unterstützung des Bundesumweltministeriums veranstaltet und gefördert. Mit dem Ideenwettbewerb zum Naturathlon 2006 sollen Aktionsideen prämiert werden, bei denen spielerisch und sinnlich erlebt werden kann, wie wichtig unsere Flüsse und Seen sind: als Orte der Freizeit und des Sports, für die Erhaltung der Artenvielfalt, als Rückzugsraum für die verschiedensten Pflanzen- und Tierarten. Weitere Informationen unter: www.naturathlon.de.
Die „Lebendige Ilmenau“ soll durchgängig werden Die Ilmenau ist ein Nebenfluss der Elbe. Sie fließt durch die Lüneburger Heide. In bzw. an der Ilmenau leben Kleine Flussmuschel und Grüne Keiljungfer in großen Beständen. Auch für den Fischotter ist sie ein idealer Lebensraum mit ihren natürlichen Mäandern; ebenso für Groppe, Bitterling, Äsche und Lachs. Insgesamt leben in der Ilmenau 40 Fischarten. Kein Wunder also: Der Fluss und Bäche, die in die Ilmenau münden, sind NATURA 2000-Gebiete der Europäischen Union. Seit 2004 gibt es einen Gewässerentwicklungsplan für die Ilmenau. Danach ist die Ilmenau und ihre Aue von der Quelle bis zur Mündung in einen guten ökologischen Zustand zu versetzen, soweit sie das noch nicht ist. Knackpunkte, die entschärft werden müssen, sind zwei Stadtmühlen, deren Fischpässe nicht mehr funktionieren. Deshalb sollen neue anderswo erprobte Fischaufstiege gebaut werden. Das wird ungefähr 250.000 bis 300.000 Euro kosten. Bei diesem Projekt arbeiten die DUH, weitere Naturschutzverbände und viele andere Institutionen zusammen. In und an der Ilmenau leben viele Fischotter.
Elbe total Die große Sommerfahrradtour entlang der Elbe Das Radelereignis 2006 in Deutschland: Auf dem Elberadweg werden sich am 15. Juli von Norden (Stade) und von Süden (Pirna) aus zwei große Radlergruppen zu einer mehrtägigen Fahrt in Richtung Magdeburg aufmachen. Dort endet die Tour am 22. Juli nach einem gemeinsamen Rundkurs. Weitere Infos und Anmeldung unter: www.elbetotal.de Eine Fahrradtour entlang der Elbe ist immer ein wunderbares Erlebnis.
DUH-Förderprojekte
DUH-Förderprojekte
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LEBENDIGE FLÜSSE
Das Projekt „Lebendige Elbe“ wird unterstützt von:
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Renaturierung an der Dumme
Mitstreiter und Initiator für das Projekt war die Deutsche Umwelthilfe mit ihren guten Kontakten zur ALLIANZ Umweltstiftung in München. Die ALLIANZ Umweltstiftung fördert eine Reihe von Projekten, die sich mit der Renaturierung von Fließgewässern befassen.
Das Modehaus C&A und die Firma Kyocera Mita unterstützen die Initiative „Lebendige Flüsse“.
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Mit der Fördersumme wurden in einem über 800 Meter langen Abschnitt der Dumme Kies eingebracht und damit fehlende Strukturen des Bachbettes wieder hergestellt. Die Kiesbänke und Seitenpackungen werden die Gewässerdynamik neu anregen. Findlinge als „Störsteine“ und Totholz steigern die strömungslenkende Wirkung. Der Fluß schafft damit ganz von allein neue Lebensräume in seinem Gewässerbett.
Weiterhin wurden zwei abgeschnittene stark verschlammte Mäander wieder an den Fluss angeschlossen. Beim Ausbaggern des Schlamms wurde die frühere Bachsohle mit dem kiesigen Untergrund belassen. Kaum waren die Bagger abgerückt, eroberte ein Eisvogel mit lauten Rufen seinen erweiterten Lebensraum.
Fließgewässer-Projekt des Monats
Gerhard Thielcke überreicht die Urkunde an die Lörracher Oberbürgermeisterin Gudrun Heute-Bluhm (links) und an Gisela Talke von der Bürgerstiftung Lörrach.
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DUH-Förderprojekte
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DUH-Förderprojekte
Die Wiese ist ein Fluss, der im Schwarzwald entspringt, durch Lörrach fließt und in den Rhein mündet. Oberhalb von Lörrach befreite sich der Fluss vor ein paar Jahren aus seinem Korsett. Das zog eine für die Natur erfreuliche Kettenreaktion nach sich. Im Februar 2006 hat die DUH, die sich seit sechs Jahren für eine „Lebendige Wiese“ einsetzt, das Vorhaben zur Renaturierung der Wiese im Stadtgebiet von Lörrach als „Fließgewässerprojekt des Monats“ ausgezeichnet. Ein wichtiges Merkmal für diese Auszeichnung ist die Einbindung einer breiten Öffentlichkeit in die Entscheidungsprozesse bei der Planung und Ausführung des Vorhabens. Projektpartner sind die Bürgerstiftung Lörrach, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), der Soziale Arbeitskreis Lörrach und die Stadt Lörrach.
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In der Nähe der Dumme lebt der seltene Wachtelweizen-Scheckenfalter.
terstützer dieser Pläne waren auch die zuständige Gemeinde, der örtliche Angelverband und Anlieger. Diese gute Zusammenarbeit vor Ort wurde durch die Zuweisung von Fördermitteln der ALLIANZ Umweltstiftung in Höhe von 50.000 Euro belohnt. „Damit sind wir ein entscheidendes Stück weitergekommen“, freuen sich Projektleiter Eckart Krüger vom Büro Dummeniederung der Karl Kaus Stiftung und seine Kollegin Heide Filoda.
DUH-Förderprojekte
Seit einigen Jahren hat bei den örtlichen Unterhaltungsverbänden ein Umdenken eingesetzt. In einer Arbeitsgruppe wurde ein Gewässerentwicklungsplan für die Dumme erarbeitet. Er ist die Grundlage aller Renaturierungen. Un-
Nach den Baggerarbeiten stellte sich sofort ein Eisvogel ein.
DUH-Förderprojekte
Die Dumme – früher Grenzfluss zwischen den beiden deutschen Staaten – fließt im großflächigen Niederungsgebiet zwischen Wendland (Niedersachsen) und Altmark (Sachsen-Anhalt). Die ehemalige Grenzlage hat sie allerdings nicht vor massiven Ausbaumaßnahmen geschützt. Das ständige Ausbaggern und das Abschneiden von Mäandern sorgten für beschleunigten Wasserabfluss. Flachwasserstrecken und Kolke wurden beseitigt, Kies- und Sandbänke weggebaggert. So entstand ein trogförmiges Bachbett, das sich immer weiter vertiefte.
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LEBENDIGE FLÜSSE
LEBENDIGE SEEN
Totes Meer: Bedrohter See des Jahres 2006 Heilbäder, sommerliche Hitze, wüstenähnliche Landschaft und biblische Geschichte – dies und vieles andere verbindet man mit dem Toten Meer. Dass der See durch immer geringeren Wasserzufluss massiv bedroht ist und von der Landkarte zu verschwinden droht, ist jedoch nur wenigen Menschen bewusst. Die internationale Umweltstiftung Global Nature Fund hat deshalb das Tote Meer zum „Bedrohten See des Jahres 2006“ ernannt.
Anlässlich des Weltfeuchtgebietstages am 2. Februar machte der GNF auf den dramatischen Rückgang des Wasserspiegels und die fortschreitende Zerstörung natürlicher Lebensräume aufmerksam. Das Tote Meer mit einer Größe von rund 600 Quadratkilometern ist der salzigste See der Welt. Die Staaten Israel, Jordanien und Palästina grenzen an das abflusslose Gewässer. Das Tote Meer liegt 417 Meter unter dem Meeresspiegel am tiefsten Punkt der Erdoberfläche. Prognosen sagen bis zum Jahr 2020 einen Rückgang des Wasserstandes um 13 Meter auf minus 430 Meter voraus. In den letzten 35 Jahren ist die Oberfläche des Sees bereits um ein Drittel geschrumpft. Der natürliche Wasserzufluss in das Tote Meer wird durch Dämme, Reservoirs und Pumpstationen drastisch vermindert. Einen Großteil des Wassers in der trockenen Region wird für die hochsubventionierte und teilweise ineffiziente Landwirtschaft verbraucht, die Entnahme von Trinkwasser zur Versorgung der Anrainerstaaten lässt den Wasserspiegel zusätzlich sinken.
Kampagne durch, um das Tote Meer als Welterbe der UNESCO zu nominieren und die Wasserentnahme aus dem Jordanfluss zu verringern. Um die völlige Austrocknung des Toten Meeres zu verhindern, planen Israel und Jordanien den Bau eines 300 Kilometer langen Kanals vom Roten Meer zum Toten Meer. Umweltschützer sehen den Erfolg des fünf Milliarden Dollar teuren Vorhabens skeptisch. Die Korallenriffe am Golf von Aquaba, wo Wasser entnommen werden soll, sind durch den geplanten Kanal in großer Gefahr. Das Seewasser des Toten Meeres ist zehnmal salzhaltiger als das Meerwasser aus dem Roten Meer, eine Vermischung könnte zur großflächigen Gipsbildung im Toten Meer führen.
Hintergrund: Friends of the Earth Middle East (FoEME) ist Partner im internationalen Seenschutznetzwerk Lebendige Seen, das vom Global Nature Fund koordiniert wird. Im Jahr 2004 ernannte der GNF den Chapala See in Mexiko zum „Bedrohten See des Jahres“, im Jahr 2005 war dies der afrikanische Viktoriasee. Living Lakes wird unterstützt von Unilever, Deutsche Lufthansa, T-Mobile, DaimlerChrysler, Kärcher, SIKA und Ziemann. Weitere Informationen unter: .globalnature.org oder www.globalnature.org www www.foeme.org www .foeme.org
Die Dorkasgazellen leben in den angrenzenden Bergen des Toten Meeres.
Gleich Jahresringen zeigt sich der Rückgang des Wasserspiegels.
Seespiegel sinkt um einen Meter pro Jahr „Trotz seiner weltweiten Einzigartigkeit trocknet das Tote Meer in schnellem Tempo aus“, sagt Munqeth Mehyar, jordanischer Direktor der Living LakesPartnerorganisation Friends of the Earth Middle East. „Der Wasserpegel sinkt jährlich um einen Meter, weil das Wasser aus dem größten Zufluss, dem Jordan, abgeleitet wird.“ Friends of the Earth Middle East und der GNF führen eine
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LEBENDIGE SEEN diniert das Projekt in Zusammenarbeit mit dem BUND, Ortsgruppe Ravensburg, dem BUND Naturschutzzentrum Möggingen sowie den beiden Naturschutzorganisationen Estonian Fund for Nature und Pro Natura Polen.
Auch im Chapala See badende Kinder sind durch das Herbizid Glyphosat gefährdet.
Erfolg: Einsatz von Glyphosat am Chapala See gestoppt
20.000 Euro hinterlegen – zu viel für den Fischer. Der Global Nature Fund hat hierzu einen Beitrag geleistet.
Die mexikanischen Living Lakes-Partnerorganisationen am Chapala See haben erste Erfolge im Kampf gegen die Anwendung des Herbizids Glyphosat erzielt. Die Fundación Cuenca Lerma und die Amigos del Lago haben eine richterliche Verfügung gegen den Einsatz von Glyphosat im Lago Chapala erwirkt. Das Gericht erkennt die Gefahr gesundheitlicher Schäden für die Bevölkerung im Gegensatz zu den Ergebnissen der Umweltverträglichkeitsprüfung der mexikanischen Umweltbehörde SERMANAT. Bei einer Zuwiderhandlung gegen das Verbot hat das Gericht angedroht, die Trinkwasserversorgung aus dem Lago Chapala unverzüglich zu stoppen. Trinkwasser aus dem Lago Chapala dient unter anderem der Versorgung der Millionenmetropole Guadalajara.
Jugend aktiv für Vogelschutz
Die Direktorin des Umweltinstituts IDEA, Raquel Gutierrez Nájera, kooperiert mit beiden Living Lakes-Partnern. Sie erarbeitete einen Bericht über die Auswirkungen von glyphosathaltigen Herbiziden. Der Bericht stützt sich unter anderem auf die Erfahrungen, die an anderen betroffenen Living Lakes Regionen, zum Beispiel der Laguna de Fúquene in Kolumbien, bereits gemacht wurden. Auf Grundlage dieser Untersuchung erstattete der Fischer Reinaldo Loza González Strafanzeige gegen die mexikanische Umweltbehörde. Dafür musste González eine Kaution in Höhe von ca.
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Der Global Nature Fund startet ein Projekt zum Schutz der heimischen Vogelwelt. Er lädt Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 6 und 15 Jahren ein, aktiv daran mitzuwirken, um die Bedeutung einer intakten Natur kennenzulernen. Mit dem Projekt Kids for Birds werden Anregungen gegeben zur Unterrichtsgestaltung für Lehrer und Jugendgruppenleiter. Durchgeführt wird die Initiative in Radolfzell und Ravensburg sowie parallel dazu in den Lebendigen Seenregionen der EU-Staaten Estland (Võrtsjärv See) und Polen (Militscher Teiche). Der Global Nature Fund koor-
Im Rahmen des Projekts beobachten und bestimmen die Kinder heimische Vogelarten zu verschiedenen Jahreszeiten. „Die Kinder lernen dabei die Vielseitigkeit der Natur ihrer Heimat kennen und werden auf spielerische Weise über die vielfältigen Anpassungen der Tiere an ihren Lebensraum unterrichtet,“ so Bettina Jahn, die Leiterin des Projektes. Die jungen Naturerforscher können sich an einem Vogelwettbewerb beteiligen durch Malen, Basteln, Fotografieren und Schreiben. Ein Vogel-Sommerfest wird das Umweltbildungsprojekt abrunden. Mit den jungen Vogelschützern in den Partnerländern tauschen sich die Kinder anschließend aus. Dadurch lernen die Schüler auch andere Kulturen und Bräuche kennen und sie erfahren, welche Vogelarten es im eigenen Gebiet gibt und ob die auch in der Landschaft ihrer Projektpartner vorkommen. Das Projekt wird von der Stiftung Naturschutzfonds, aus zweckgebundenen Erträgen der Glücksspirale und der Initiative Aktion Mensch 5000xZukunft gefördert.
Foto: Boris Reyher
Eltern und Kinder beobachten Vögel am Bodensee.
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Bartschtal in Polen:
Naturparadies im Herzen Europas bedroht Mitten im Herzen Europas, nahe der Oder im westpolnischen Bartschtal, liegt die reich strukturierte Landschaft der Militscher Teiche. Einst durch Mönche für die Fischzucht angelegt, bieten die angrenzenden Wiesen und Feuchtgebiete heute für seltene und spezialisierte Arten einen Lebensraum. Hier brüten seltene Wiesenvögel wie Kiebitz, Wachtelkönig und Uferschnepfe. Die zahlreichen Amphibien machen diese Landschaft zu einem wahren Paradies für den Weißstorch. Der Baumfalke jagt hier nach Libellen und der Schwarzstorch brütet in den Auwäldern des Bartschtals. Doch der besondere Artenreichtum dieser Landschaft wird zunehmend durch intensive Landwirtschaft gefährdet. Im Zuge des EU-Beitritts Polens werden viele extensiv bewirtschaftete Wiesen in artenarme Akkerflächen verwandelt. Flurbereinigung, Massenviehhaltung und erhöhter Einsatz von Dünger und Pestiziden gefährden die Gesundheit von Mensch und Tier.
Das Bartschtal ist ein Paradies für Störche.
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Ziesel sollen im Bartschtal wieder angesiedelt werden.
Der Global Nature Fund initiiert daher gemeinsam mit dem polnischen Living Lakes-Partner Pro Natura ein Modellprojekt zur Erhaltung des einzigartigen Naturparadieses. Bereits 205 Hektar hat Pro Natura seit 1996 gekauft und 15 kleine Feuchtgebiete angelegt. In den letzten Jahren waren die staatlichen Stellen jedoch nicht bereit, weitere Wiesen zu verkaufen, und die Bauern warteten auf EU-Subventionen. Pro Natura entwikkelte ein angepasstes Managementkonzept für die Nutzung und Pflege der Wiesen durch Beweidung, Mahd und Renaturierung. Jetzt bietet sich die einmalige Chance, bis zu 50 kleinere Feuchtgebiete zu übernehmen und sie mit den übrigen Flächen zu vernetzen. Die wertvollen Lebensräume können so dauerhaft unter Schutz gestellt werden.
Ein Opfer der intensiven Landwirtschaft ist das Europäische Ziesel. Es wurde in ganz Europa fast ausgerottet. Für ein Wiederansiedlungsprojekt in Polen fehlten bisher die geeigneten Flächen. Pro Natura schlägt vor, Tiere im Schutzgebiet der Militscher Teiche auszuwildern. Dort sind neben Feuchtwiesen auch genügend trockene Standorte vorhanden, so dass die Ziesel eine reale Chance haben, einen stabilen Bestand aufzubauen. Wenn auch Sie uns dabei helfen möchten, den Kauf und die Pflege von weiteren Flächen für den Naturschutz in Polen zu ermöglichen, spenden Sie bitte auf das Spenden-Konto 804041 6000 bei der GLS-Gemeinschaftsbank, BLZ 430 609 67.
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Uferrenaturierungen am Bodensee verbaut, am bayerischen Ufer sogar 76 Prozent. 300 Hektar gingen durch Auffüllungen verloren.
Auswirkungen auf Pflanzen und Tiere
Am Bodensee haben die Anwohner die Ufer- und Flachwasserzone in großem Umfang beeinträchtigt. Sie bauten Häuser am See und kleine Häfen. Im Bereich der Niedrigwasserlinie wurden mächtige Mauern errichtet und landseitig gelegene Uferzonen aufgefüllt. Das ging zu Lasten der natürlichen Ufervegetation und der Kontaktzone zwischen Wasser und Land. In die gleiche Richtung wirkten Ansiedlungen von Industrie, Uferpromenaden, Parkanlagen, Strandbäder, Häfen und Campingplätze. Auf diese Weise wurden am ganzen Bodensee über 47 Prozent des Ufers
Die negativen Folgen der Uferverbauungen sind vielfältig. Laichplätze für Fische und Brutplätze für Vögel gingen verloren. Wellen laufen an hart verbauten Ufern nicht aus. Stattdessen werden sie von den Mauern in vorgelagerte Flachwasserzonen zurückgeworfen. Dort strömt das Wasser drei- bis viermal schneller als an einem natürlichen Ufer. Damit wird auch angrenzendes natürliches Ufer durch Erosion und Ablagerung von Sedimenten verändert.
sind, so weit wie möglich rückgängig gemacht werden. Maßnahmen zur Uferrenaturierung müssen Strukturen schaffen, die möglichst naturnah sind. Dabei sind alle ökologischen Aspekte zu berücksichtigen. Erosion und Sedimentation muss in ein Gleichgewicht zurückgeführt werden.“
Bisherige Maßnahmen Inzwischen wurden seeweit 30 Kilometer Uferzone renaturiert. Die sind am deutschen Ufer auf 50 Flächen verteilt, am schweizerischen Ufer auf sechs und am österreichischen auf fünf. Wo Fachleute vor und nach der Renaturierung die Situation überprüft haben, waren die Erfolge eindrucksvoll nachweisbar.
Renaturierung DUH und Bodensee-Stiftung fordern seit vielen Jahren mit Unterstützung ihres Wirtschaftspartners Unilever Uferrenaturierung. Die Spezialisten Berthold Siessegger und Petra Teiber-Siessegger vom Institut für Seenforschung in Langenargen schreiben dazu: „Um das Seeufer als funktionierendes Ökosystem nachhaltig zu schützen, müssen die Schäden, die durch frühere Eingriffe entstanden
Wasservögel wie das Teichhuhn (oben) benötigen Brutplätze in solchen natürlichen Uferzonen mit Schilfgürtel.
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Tsunami-Projekt in Sri Lanka GNF und EU unterstützen Wiederaufbau und Mangrovenschutz Seit der schrecklichen Flutwelle in Südostasien ist über ein Jahr vergangen. Für viele Menschen in Sri Lanka wird Weihnachten immer mit diesen schlimmen Erinnerungen verbunden bleiben, besonders wenn sie in der TsunamiKatastrophe am 26. Dezember 2004 Angehörige und Freunde verloren haben. „Häuser wurden wie Pappkartons weggespült“, erklärt uns Lal Emmanuel von der Living Lakes-Partnerorganisation in Ambalangoda, „viele Boote und Fischernetze – die Lebensgrundlage vieler Fischerfamilien – wurden zerstört. Deshalb haben wir vor allem hier angesetzt, um den Menschen schnelle HilNeue Baumschule in Pathamulla (Maduganga).
fe zu bieten“. Der Global Nature Fund hat gleich nach der Katastrophe mit Hilfe seiner zwei Partnerorganisationen in Sri Lanka begonnen, den Menschen vor Ort neue Perspektiven zu bieten. Nachdem im Jahr 2005 erste Kleinprojekte mit Spenden, unter anderem des schweizerischen Unternehmens Sika, realisiert wurden, hat der GNF im Dezember 2005 über 660.000 Euro Zuschuss von der Europäischen Union erhalten, um in Sri Lanka ein umfangreiches Aufbauprojekt durchzuführen. Im Mittelpunkt des dreijährigen Projektes steht der Schutz der bedrohten Mangrovenwälder in den Regionen Bolgoda, Maduganga und Madampe. Mangroven sind bis zu 30 Meter hohe Bäume und Sträucher, die in besonderer Weise an die Lebensbedingungen brakkiger Flussmündungen und salziger Küstenzonen angepasst sind. Die Mangrovenlebensräume sind einzigartig auf der Welt. Nirgendwo sonst teilen sich Süßwasser- und Salzwasserarten, Meeres- und Landorganismen in solcher Vielfalt und Fülle den gleichen Lebensraum. Allein in Sri Lanka existieren über 25 verschiedene Mangrovenarten. Alle haben ein sehr ausgedehntes Wurzelsystem, das die Gezeitenströmung bremst und die Ablagerung von Schlamm und Sedimenten fördert.
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Bereits nach wenigen Wochen zeigt das Projekt in Sri Lanka sichtbare Erfolge. In Pathamulla am Maduganga See wurde im Rahmen des Projektes eine neue Baumschule für Mangroven eingerichtet. 19 Familien sind in das Projekt eingebunden. Sie haben schon über 2.000 Mangrovenbäume angepflanzt. Weitere 3.000 Bäume wachsen derzeit in der Baumschule. Die Bäume werden in Gebiete gepflanzt, in denen die Mangrovenwälder durch Abholzung teilweise zerstört wurden. Durch diese Maßnahmen werden sowohl neue Schutzwälder für die Menschen in der Region errichtet als auch Lebensraum für bedrohte Tierarten geschaffen. Gleichzeitig wird
die Bevölkerung mit einer breit angelegten Kampagne über die Bedeutung der Mangrovenwälder als natürlichem Schutzgürtel gegen Stürme und Flutwellen (Tsunamis) informiert. Mangroven zählen neben Korallenriffen und tropischen Regenwäldern zu den produktivsten und artenreichsten, aber auch zu den am stärksten gefährdeten Ökosystemen der Erde. Etwa 50 Prozent der ursprünglich vorhandenen Mangrovenwälder sind weltweit zerstört. Vor allem die großflächige Trockenlegung und Umwandlung in Bauland, in Reis- und Kokosplantagen oder in Zuchtfarmen für Garnelen haben den Bestand dramatisch reduziert.
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LEBENDIGE SEEN tenlöhner: „In den intakten Mangrovenzonen von Maduganga und Madampe sind kaum Schäden sichtbar. In der nur wenige 100 Meter entfernten kleinen Ortschaft Ambalangoda hat der Tsunami jedoch dramatische Verwüstungen hinterlassen und viele Menschen getötet“. Im Rahmen des Projektes wurden bereits neue Boote und Netze an betroffene Fischerfamilien in der Region um Madampe ausgegeben. Eine Voraussetzung dafür ist die aktive Mitarbeit in Arbeitsgruppen, in denen die Grundlagen nachhaltiger Nutzung der Mangrovengebiete und ihrer Fischgründe ausgearbeitet werden. Der GNF führt gemeinsam mit seinen beiden Partnerorganisationen in Sri Lanka ein EU-Projekt zum Schutz der Mangrovenwälder und zum Wiederaufbau zerstörter Gebiete durch.
In einem weiteren Schritt werden im Rahmen des Projektes solarbetriebene Lampen für den Fischfang bei Nacht eingesetzt, um die umweltschädlichen Kerosinlampen zu ersetzen. Außerdem werden 28 Modellhäuser und eine Pflanzenkläranlage gebaut, zwei ökologische Modellbauernhöfe aufgebaut und zwei Umweltbildungszentren errichtet. Das langfristig angelegte Projekt bietet den Menschen neue Arbeitsplätze und Lebensperspektiven und bewahrt gleichzeitig die einzigartige Umwelt und Natur in der Region. Die Ergebnisse des Modellvorhabens lassen sich gut auf andere Regionen und Länder in Südostasien wie Thailand oder Indonesien übertragen.
Auch die Mangrovengebiete Maduganga und Madampe im Süden Sri Lankas wurden damals vom Tsunami überschwemmt. In dieser betroffenen Zone wohnen etwa 25.000 Menschen. Obwohl auch hier Schäden auftraten, wurden die Menschen vor den schlimmsten Zerstörungen und Todesfällen bewahrt. An unbewaldeten Stellen konnte die Monsterwelle ungehindert ins Landesinnere eindringen und dabei alles zerstören, was im Weg war. Ein intakter Mangrovenwald hätte die Ausmaße der Flutkatastrophe deutlich verringern können.
Übergabe der Netze an die Fischer in Madampe (oben). Mangroven mit Luftwurzeln (S. 14 unten).
Living Lakes-Förderer:
GNF Geschäftsführer Udo Gattenlöhner besuchte die Region im Januar 2006, um die Maßnahmen vor Ort abzustimmen. „Die Schutzfunktion der Mangroven ist beeindruckend“, berichtet Gat-
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SolarSchiff-Netzwerk auf der boot 2006 Die größte Bootsaustellung der Welt, die boot 2006 in Düsseldorf, bot eine gute Gelegenheit, um einem breiten Publikum die Vorteile und die Anwendungsmöglichkeiten von Solarschiffen vorzustellen. Rund 300.000 Gäste haben die 37. Wassersportmesse besucht. Das vom Global Nature Fund koordinierte SolarSchiff-Netzwerk hat sich auf einem Gemeinschaftsstand mit einem Mitglied des Netzwerkes präsentiert. Der Prototyp eines Solarwanderbootes der Firma Yacht Concept aus Singen lockte viele Interessenten an den Messestand – eine gute Gelegenheit, um über bestehende Angebote an Solarschiffen in Deutschland zu informieren. In zahlreichen Gesprächen verdeutlichte der Global Nature Fund den Wassersportlern die umweltfreundlichen Alternativen zu herkömmlichen Booten mit Verbrennungsmotoren. Dass sich durch Solarboote mit Elektromotoren ein fast geräusch- und abgasloser Naturgenuss bietet, stieß bei den Besuchern auf großes Interesse. Das vom GNF entwickelte Informationsblatt zu den SolarschiffAngeboten in Deutschland mit zusätzlichen Angaben zum SolarSchiff-Netzwerk bot weitere Informationsquellen.
Mitglied im SolarSchiff-Netzwerk: Die Firma Yacht-Concept präsentiert ihr neues Solarwanderboot.
Das SolarSchiff-Netzwerk ist seit rund eineinhalb Jahren aktiv. Mit dem vom Bundesumweltministerium und vom Umweltbundesamt geförderten Projekt wurde den Aktiven der Solarschiffbranche bei einem Arbeitstreffen ein Forum zum Austausch und zur Diskussion geboten. Das Netzwerk hat zur Zeit rund 20 aktive Mitglieder. Es wird auch nach Projektende bestehen bleiben mit dem Ziel, gemeinsame Aktionen durchzuführen. Der Global Nature Fund wird die Erfahrungen mit den Solarschiffen in Deutschland an andere europäische
Seeregionen weitergeben. Deutsche Solarschiffkonstrukteure beteiligen sich deshalb an der im September 2006 auf der Interboot in Friedrichshafen stattfindenden Konferenz zum Einsatz von Erneuerbaren Energien in Seeregionen, die vom GNF ausgerichtet wird. Erfahrungen mit touristischen Angeboten mit Solarbooten können ebenfalls ausgetauscht werden. Das SolarSchiff-Netzwerk bildet die Basis für eine erfolgreiche Kooperation zwischen den Living Lakes-Partnern und den Experten im Bereich alternative Antriebe.
„Solar Lakes-Konferenz – Einsatz erneuerbarer Energien in Seeregionen Europas“ So lautet der Titel der viertägigen Veranstaltung, die der Global Nature Fund vom 24. bis 27. September 2006 in Friedrichshafen auf der INTERBOOT organisiert. In Vorträgen, Diskussionen und Exkursionen werden erfolgreiche Beispiele für den Einsatz erneuerbarer Energien in Seeregionen aus Deutschland und Europa präsentiert. Living Lakes-Partner aus Europa und andere Experten werden aus ihrem reichen Erfahrungsschatz berichten und Potenziale für die Übertragbarkeit dieser Modelle und Projekte auf ihre Seeregionen diskutieren. Ebenso werden Möglichkeiten zur wirksamen Öffentlichkeits- und Kampagnenarbeit sowie Finanzierungsmöglichkeiten für erneuerbare Energien vorgestellt. Rund 50 europäische Fachleute werden zu dieser KonUnterstützt durch ferenz erwartet. Anmeldung demnächst .globalnature.org möglich. unter www www.globalnature.org
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Messe Friedrichshafen
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„UNBEKANNTE“ TIERARTEN
Deutschland sucht den
Superstar der Vogelsänger
Von der Südspitze Spaniens bis zum Nordkap suchten die Filmemacher Ernst Arendt und Hans Schweiger nach den besten Sängern unter den Vögeln. In ihrem neusten Film haben sie dafür 27 Vogelarten gefilmt und ihren Gesang synchron aufgenommen. Über die Blaumerle erzählt Ernst Arendt: „Mit ihrem abgehobenen Gehabe macht sie es uns nicht leicht: Still halten und brav ins Mikrophon singen ist nicht ihr Ding. Menschliche Stars würden sich vor die Kamera drängen, um einen Auftritt zu reißen. Anders bei uns. Unser Vogel verdrückt sich hinter den Fels. Dann eben anders, mit versteckter Kamera. Wenn die sensible öffentlichkeitsscheue Künstlerin uns nicht sieht, nicht einmal ahnt, dann hoffen wir, wird sie vor uns auf dem Felsen singen. Tatsächlich, das lohnt sich, die Blaumerle auf den BildWer singt schöner – Blaumerle (oben), Rotsterniges Blaukehlchen (links) oder der Star?
schirm zu holen. Was für ein Bild, ganz in Blau, dazu diese Stimme. Eine extravagante Erscheinung und einmalig in Europa.“
Die bekannte Stimme aus Liedern, Uhren, Handy-Klingeltönen und aus der Natur: Der Kuckuck geht ins Ohr, wird gerne nachgeahmt.“
„Das Blaukehlchen weiß, dass es gut „Natürlich wissen wir genau, warum die aussieht. Deshalb setzt es sich ganz Vögel singen. Sie locken Partnerinnen oben auf einen Ast, singt an, grenzen Reviere ab, 16. April 2006 nach rechts und nach links beschimpfen auch mal ihre (Ostersonntag) und lässt den roten KehlNachbarn. Auf dieser Reium 19:15 Uhr, ARD fleck im Rhythmus zum Lied se wollen wir die Biologie blinken. Es geizt nicht mit bei Seite lassen und den seinen optischen Reizen. Gekonnt doGesang der Vögel danach beurteilen, siert das Blaukehlchen seinen Vortrag. wie er auf uns wirkt, so wie wir Musiker Nach jeder Strophe lauscht es ins Publiund Sänger, Popstars und Nachwuchskum, ob sein Gesang auch ankommt.“ künstler bewerten.“
Ernst Arendt und Hans Schweiger.
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„Seinen Auftritt zelebriert er. Schillerndes Kostüm mit modischen Pailletten besetzt, gekonnt präsentiert. Der Star weiß sich in Szene zu setzen, kennt den Geschmack des Publikums, weiß was ankommt...
Die Wahl des Superstars überlassen Arendt und Schweiger den Fernsehzuschauern: Wenn Sie neugierig geworden sind, schalten Sie am 16. April 2006 (Ostersonntag) um 19:15 Uhr das ARDProgramm ein.
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„UNBEKANNTE“ TIERARTEN
Das Steppenmurmeltier: Neun Monate im Untergrund Alpenmurmeltiere kennt jeder, der im Sommer in die Alpen reist. Ein naher Verwandter dieser Art ist das Steppenmurmeltier, dessen Verbreitungsgebiet früher bis nach Mitteleuropa reichte. Da in Europa während der letzten hundert Jahre alle Steppen in landwirtschaftlich genutzte Flächen umgewandelt wurden, ist es hier verschwunden. Heute lebt es nur noch in Westasien, so auch am Tengis See in Kasachstan, der zum Netzwerk Lebendige Seen des Global Nature Fund gehört und wo sie von Tobias Mennle so eindrucksvoll fotografiert wurden. Wiege in Nordamerika Murmeltiere entwickelten sich in Nordamerika aus großen erdhörnchenähnlichen Arten. Von dort wanderten Murmeltiere vor etwa fünf Millionen Jahren über die Beringsche Landbrücke nach Asien und von dort bis Mitteleuropa. In Nordamerika leben heute sechs Murmeltierarten, und in Europa und Asien haben sie sich in ungefähr acht Arten aufgespalten.
Langschläfer Steppenmurmeltiere schlafen im Winter neun Monate in ihren Bauen unter der Erde. Diese lange Zeit ist notwendig, weil in ihrem Lebensraum nur drei Monate genügend Nahrung vorhanden ist. Während des Winters zehren die Murmeltiere von ihrem Speck. Doch der reichte nicht, die lange Winterzeit zu überdauern. Damit dies gelingt, kuscheln sich die Mitglieder einer Familie dicht aneinander und senken ihre Körpertemperatur von 37 Grad bis fast auf die Umgebungstemperatur. Die Tiere atmen in dieser Zeit nur ein- bis dreimal pro Minute, und ihr Herz schlägt fünfmal in der Minute. In diesem Zustand verbrauchen sie 90 Prozent weniger Energie. Ab und zu unterbrechen die Murmeltiere ihren Winterschlaf, um sich zu entleeren. Danach putzen sie sich und bauen ein neues Nest. Im Gegensatz zu vielen anderen Winterschläfern sammeln sie keine Vorräte. Ihre Strategie ist: im Sommer so viel zu fressen wie möglich. Sie werden dabei so schwer, dass sie kaum noch laufen können.
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Vater und Sohn
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„UNBEKANNTE“ TIERARTEN Enge Familienbande Steppenmurmeltiere sind wie alle Murmeltiere sehr sozial. Auf dem Titelbild dieses Heftes begrüßen sich Mutter und Kind. Steppenmurmeltiere leben in Gruppen zusammen auf Flächen bis zu 5.000 Quadratmetern. Beim Graben ihrer bis zu drei Meter tiefen Baue entstehen vor den Eingängen große Hügel, auf denen sie gerne sitzen, weil sie von dort einen guten Überblick haben. So können sie Feinde wie wildernde Hunde oder Steppenadler rechtzeitig erkennen und ihre Familienmitglieder mit gellenden Rufen warnen. Sippenmitglieder sind freundlich zueinander. Bei Begegnungen berühren sie sich immer wieder mit ihren Nasen oder pflegen das Fell des anderen.
Von Saigas abhängig Saigas sind eine Antilopenart. Sie lebten früher in den Steppen Kasachstans in riesigen Herden. Seit sie dramatisch weniger geworden sind, nehmen auch Steppenmurmeltiere und Ziesel im Bestand ab. Denn wenn die Saigas die Pflanzen nicht abweiden, haben Steppenmurmeltiere und Perlziesel weniger freie Sicht um ihre Behausungen. So werden sie leichter Beute ihrer Feinde. Werden Ziesel und Steppenmurmeltiere seltener, verlieren Steppenadler ihre wichtigsten Beutetiere. Das zeigt, wie kompliziert die Wechselwirkungen in dem Ökosystem Steppe sind. Die Zoologische Gesellschaft in Frankfurt bemüht sich zusammen mit anderen Naturschutzinstitutionen intensiv um die Förderung der Saiga-Bestände, damit die Lebensgemeinschaften der Steppe wieder ins Lot kommen.
Wildtulpen in der Steppe.
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Steppenmurmeltiere am Bau.
Steckbrief: Steppenmurmeltier Verwandtschaft: Familie der Hörnchen. Nah verwandt mit Alpenmurmeltier und Ziesel. Aussehen:
Gedrungener Körper, kräftige Beine. Strohfarben mit dunkelbraunen Haarspitzen. Lange Grannenhaare und gekräuselte Wollhaare.
Größe:
Körperlänge 50 bis 60 Zentimeter.
Verbreitung:
Früher auch in Steppen Osteuropas, heute nur noch in Steppen Asiens.
Lebensraum:
Gras bedeckte Steppen.
Nahrung:
Hafer, Weißklee, Wegwarte, Ackerwinde sowie Wurzeln und Knollen, Samen, Körner und Nüsse.
Feinde:
Steppenadler, Kaiseradler, Steinadler, Füchse und streunende Hunde.
Kräftemessen in einem Ringkampf.
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DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte
NATURSCHUTZ
Lebendige Wälder für Deutschland
Ein grüner Korridor für die Wildkatze Es gibt viel zu tun …
Alte Wälder mit viel Unterholz sind der Lebensraum der Wildkatze.
Wildkatzen, die verborgenen Jäger in lebendigen Wäldern, brauchen unseren Schutz. Die Deutsche Umwelthilfe fördert ein besonders ehrgeiziges Projekt in Thüringen. Rücksichtslose Verfolgung und der Umbau vieler Wälder zu monotonen Nadelholzforsten haben den Wildkatzen zugesetzt. Auch ausgeräumte Landschaften ohne Deckung sowie die Zerschneidung der Landschaft mit immer mehr verkehrsreichen Straßen machen ihnen das Leben schwer. In vielen Teilen Deutschlands sind Wildkatzen daher selten geworden. Einigermaßen stabile Bestände gibt es in abgelegenen Waldgebieten wie dem Soonwald, dem nordhessischen Bergland oder dem Buchenwald-Nationalpark Hainich.
Ein Rettungsnetz für die Wildkatze
Die Idee klingt einfach, doch viele Einzelarbeiten über einen langen Zeitraum sind nötig. Für die Projektverantwortlichen vom BUND in Thüringen und ihre Partner gibt es also eine Menge zu tun: Der Kauf der entscheidenden SchlüsselGrundstücke ist die Voraussetzung, um die notwendigen Biotope anlegen zu können. Bei Verfahren der Flurneuordnung treten die Naturschutz-Fachleute als Berater auf: Geeignete Flächen werden so umgelegt und gestaltet, dass sie den grünen Korridor auf sinnvolle Weise erweitern. Damit sich Wildkatzen-Bestände stabilisieren oder vergrößern können, brauchen die Tiere zusammenhängende oder miteinander vernetzte Waldgebiete. Der Plan der Thüringer Naturschützer: Zwischen den lebendigen Waldgebieten des Nationalparks Hainich und des Thüringer Waldes, wo es noch etliche Wildkatzen gibt, soll ein grüner Korridor aus deckungsreichen Lebensräumen entstehen. Die Hecken, Feldgehölze und Waldwiesen laden die Tiere zum gefahrlosen Seitenwechsel ein. So wächst ein riesiges zusammenhängendes Paradies für Wildkatzen – mitten in Deutschland. Und durch die neuen Lebensräume des grünen Korridors bekommen auch Igel, Waldohreule und Feldhase eine neue Chance.
Dank sorgfältiger wissenschaftlicher Beobachtung der Tiere wählen die Fachleute des BUND Thüringen geeignete Flächen aus. Sie können damit auch nach Anlage einzelner Korridor-Strecken Verbesserungen vorschlagen. Die Naturschutzfachleute setzen sich dafür ein, dass beim Bau von Straßen Grünbrücken oder Unterführungen entstehen. Schließlich gilt es, Grundstückseigentümer, Landwirte und Bevölkerung für die Aktionen zu gewinnen. Denn hier wie überall kann Naturschutz nur mit den Menschen gemacht werden und nicht gegen sie.
Waldränder sind bei Wildkatzen besonders beliebt, weil hier viele Mäuse leben.
Naturschutz-Fachleute vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Thüringen erforschen seit Jahren gemeinsam mit Förstern und Behörden das weitgehend unbekannte Leben dieser Tiere. Dabei rüsten sie Wildkatzen mit Sendern aus, um ihre Wege mitverfolgen zu können. Die Fachleute in Thüringen haben herausgefunden, dass Wildkatzen offene Landschaften meiden, zum Beispiel Äcker oder kurz geschnittene Wiesen.
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NATURSCHUTZ
75 Jahre Gerhard Thielcke - Ideengeber und Gestalter DUH und GNF sagen Danke! Professor Dr. Gerhard Thielcke, langjähriger Vorsitzender der Deutschen Umwelthilfe und heute Ehrenvorsitzender, feierte im Februar 2006 seinen 75. Geburtstag. Mitte März durften wir ihn mit mehr als 100 Freunden in Möggingen ehren. Vorstände, Präsidiumsmitglieder, Geschäftsführung und Belegschaft von DUH, Global Nature Fund, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Bodensee-Stiftung gratulieren ihm auch auf diesem Weg herzlich.
Damit verknüpft ist ein zusätzlicher, besonderer Dank des DUHwelt-Teams: Seit zehn Jahren hat Gerhard Thielcke die Rolle des Chefredakteurs. Er schreibt zahlreiche Beiträge, vor allem zu den Naturschutzthemen, prüft und redigiert eingehende Artikel, leitet die Fotoauswahl und steuert auch selbst etliche Fotos bei. In Zusammenarbeit mit seiner Frau übernimmt er seit einiger Zeit auch die Korrekturen in der Phase der Schlussredaktion.
1970er Jahren betreut der Landesverband Baden-Württemberg des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) auf Initiative von Professor Thielcke das 400 Hektar große Natur-
schutzgebiet Mindelsee im Auftrag des Regierungspräsidiums Freiburg. Es hat sich in seiner Obhut prächtig entwickelt und gehört heute zu den wichtigsten Wiesengebieten des Landes.
Hier ist Gerhard Thielcke zu Hause: Naturschutzgebiet Mindelsee.
Wir wollen ihn würdigen, indem wir in Wort und Bild einige Projekte beschreiben, die er in besonderer Weise vorangebracht hat und die ihm am Herzen liegen.
Naturschutzgebiet Mindelsee Der Blick aus Gerhard Thielckes Wohnhaus in Radolfzell-Möggingen fällt auf die großen Wiesen und die schilfbestandenen Ufer des Mindelsees. Seit den
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NATURSCHUTZ
Radolfzeller Aach Wussten Sie, dass die Donau ein Nebenfluss des Rheins ist? Gerhard Thielckes Lieblingsfluss machts möglich: Aus Deutschlands größter Karstquelle sprudelt Wasser heraus, das von der DonauVersickerung bei Tuttlingen stammt. Es speist das Flüsschen Aach, das nach 35 Kilometer bei Radolfzell in den Bodensee mündet. Und der wird bald darauf zum Rhein. An Ostern 1988 brach an der über weite Strecken kanalartig ausgebauten Aach ein Damm. Gerhard Thielcke schrieb an die Behörden: „Dass das an Ostern geschehen ist, ist ein Fingerzeig Gottes. Sie als christliche Behörde sind dazu verpflichtet, dem Willen der Natur Rechnung zu tragen.“ Dieser Brief war der Start zu einem großen Fluss-Renaturierungsprojekt, das zum bundesweiten Vorbild wurde und den Beginn der DUH-Aktion „Lebendige Flüsse“ bildete.
Solitäreichen an der Mittleren Elbe.
Lebendige Elbe Gerhard Thielcke wurde in Köthen an der Elbe, Sachsen-Anhalt, geboren und wuchs dort auf. Kein Wunder, dass er sich bei der Deutschen Umwelthilfe für ein Elbe-Projekt stark machte, zumal nach Öffnung der innerdeutschen Grenze. Unter seiner Leitung begann unser Verband gemeinsam mit dem Verlagshaus Gruner+Jahr eine große Sympathiekampagne für den einstmals so verschmutzten Fluss. Die Elbebadetage in den Sommern 2002 und 2005, mit jeweils 100.000 Teilnehmern bildeten den Höhepunkt dabei. Gerhard Thielcke sorgte aber auch immer dafür, dass die Deutsche Umwelthilfe Mittel für den praktischen Naturschutz an der Elbe bereitstellte. Über 300 Projekte örtlicher Naturschutz-Gruppen und Schulen im Elbegebiet hat unser Verband seit 1990 gefördert.
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Der Bodensee – Mitglied im Seennetzwerk Living Lakes.
Bremer Becken
Lebendige Seen
Seit den 1980er Jahren gilt der Naturschutz im Stadtstaat Bremen als vorbildlich unter den alten Bundesländern. Gerhard Thielcke setzte sich dafür ein, dass die professionelle Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit der Bremer Naturschützer über Jahre hinweg gute Unterstützung bekam. Das Geld war gut angelegt: Große Wiesengebiete an Weser, Geeste und Ochtum blieben für die Natur bewahrt, naturnahe, mäandrierende Flussläufe ebenso. Uferschnepfe und Eisvogel sagen Dankeschön. Nach Bremen lockt es Gerhard Thielcke ab und zu auch aus persönlichen Gründen: Zwei seiner Töchter und eine Enkelin wohnen dort.
Bereits Anfang der 1980er Jahre brachte Gerhard Thielcke, damals als stellvertretender Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), internationale NaturschutzProjekte auf den Weg. Die Idee, eine internationale Tochter der Deutschen Umwelthilfe zu gründen, entwickelte er von Anfang an engagiert mit. Er wurde einer der Stifter des Global Nature Fund und ist bis heute Mitglied im Präsidium des GNF, für dessen wichtigstes Projekt Lebendige Seen – Living Lakes er auch wichtige fachliche Beiträge leistet.
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NATURSCHUTZ
Mut zu mehr Wildnis in Städten und Gemeinden Zum Abschluss des GEOTages der Artenvielfalt im Jahr 2005 fand in Berlin am 29. November letzten Jahres ein Symposium mit über 100 Experten aus ganz Deutschland statt. Dort verabschiedeten die Naturschützer 21 Handlungsthesen, um mehr „Natur in der Stadt“ bei Entscheidungsträgern in Politik und Verwaltung zu fordern. Sechs Monate nach dem bundesweiten Aktionstag „GEO-Tag der Artenvielfalt“ im Juni 2005 hatten die beiden Veranstalter – Deutsche Umwelthilfe und das Magazin GEO – zu einem Symposium eingeladen. Ziel war es, beispielhaft die Ergebnisse der Artenerhebungen im Berliner Tiergarten, im Vorderen Tiergarten in Dessau und im Flussgebiet des Bronx Rivers in der New Yorker Bronx sowie im angrenzenden Landbezirk Westchester Country vorzustellen. Hier wurden, wie an über 370 anderen Orten, unter unterschiedlichen Voraussetzungen Artenerhebungen durchgeführt. Dabei wurde deutlich, dass sich Spaß und Interesse am Artenschutz wunderbar ergänzen können.
Mehr Natur in der Stadt Zudem stellten Referenten vorbildliche Naturschutz-Ansätze in Städten vor, die intensiv diskutiert wurden. Die Integration von Naturflächen in städtischen Gebieten wurde am Beispiel der IsarRenaturierung gezeigt. Wie Anwohner bei der Planung und Gestaltung von Grünflächen beteiligt werden können, wurde anhand der Erfahrungen der Bürgerinitiative Natur-Park Südgelände intensiv diskutiert. Der Vortrag zum Thema „Naturschutz und Denkmalschutz – Kontrahenten oder Partner“ zeigte, dass hier die Meinungen mitunter sehr unterschiedlich sein können.
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Ein konkretes Ergebnis des Symposiums waren die Handlungsthesen für mehr Natur in der Stadt. Auch in Zeiten knapper öffentlicher Kassen gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, für mehr Natur in der Stadt zu sorgen. Die Symposiumsteilnehmer fordern unter anderem die Ächtung von Pflanzenschutzmitteln, die Nutzung einheimischer Wildpflanzen auf städtischen Grünflächen und die Förderung von Naturerlebnis in der Stadt. „Vor allem sollten Städte mehr Mut zur Wildnis zeigen“, fordert Dr. Frank Neuschulz, Leiter Naturschutz der DUH, „denn Naturschutz in der Stadt macht die Lebensräume der Menschen wieder attraktiver und beugt der Abwanderung ins Umland und dessen Zersiedelung vor.“ So könnten in Wäldern, Friedhöfen und Parks leicht einige Bereiche aus Nutzung und Pflege herausgenommen und sich selbst überlassen werden. Die Handlungsthesen können auf der Internetseite http://www.duh.de/downlib/ dg/Handlung.pdf heruntergeladen werden.
Aufruf zum 8. GEO-Tag der Artenvielfalt
cken. Gesucht werden kann überall – am Flussufer, im Schulgarten, am Stadtrand, im Feldgehölz, in der Kiesgrube. Das diesjährige Motto ist „Artenvielfalt an Küsten, Ufern und im Wasser“. Wer möchte, kann sein Projekt an einem Gewässer durchführen. Aber auch jeder andere Lebensraum kann im Mittelpunkt des nächsten GEO-Tages stehen. In diesem Jahr werden die GEO-Reporterteams gemeinsam mit dem AlfredWegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) zwischen Bremerhaven und Helgoland die Nordsee unter die Lupe nehmen. Die Hauptveranstaltung wird am 10. Juni 2006 mit ca. 100 geladenen Experten an mehren Orten an der Nordsee und an der Küste stattfinden. Unterstützt wird die Aktion 2006 auch von der Deutschen Wildtierstiftung, die sich vor allem beim Schülerwettbewerb engagiert. Weitere Informationen hierzu finden Sie unter www.geo.de/artenvielfalt Große und kleine Forscher erkundeten am GEO-Tag der Artenvielfalt ihre unmittelbare Umgebung.
Am 10. Juni 2006 sind wieder alle Naturfreunde in Deutschland und den Nachbarländern aufgerufen, innerhalb von 24 Stunden in einem selbst festgelegten Gebiet möglichst viele verschiedene Tier- und Pflanzenarten zu entde-
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Wie organisiere ich einen GEO-Tag der Artenvielfalt?
Auf den Strecken zwischen Teneriffa, La Palma und La Gomera wird das größte Fährschiff der Welt eingesetzt. Dieses Schiff ist 118 Meter lang. Es bietet Platz für 1.290 Passagiere und 280 Autos und fährt bis zu 75 Kilometer pro Stunde. Solch pfeilschnelle Ozeanriesen wie dieser räumen alles aus dem Weg, was ihnen in die Quere kommt. Sie sind eine große Gefahr für Meeressäuger der Kanarischen Inseln. Zusammen mit dem Verein M.E.E.R. setzt sich die Deutsche Umwelthilfe deshalb für eine Geschwindigkeitsbegrenzung ein.
DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte
15 gute Naturschutzbeispiele aus Deutschland
Kopfweiden
Bisher mussten die Bewohner der Altstädte von Neuburg und Ingoldstadt bei jedem Hochwasser der Donau fürchten, dass Wasser in ihre Keller läuft. Das wird sich bald ändern. Denn zurzeit werden breite Rinnen gebaut, in denen Hochwasser auf einem Flussabschnitt von 70 Kilometern in den Auenwald fließen kann. Das wird sich auch auf viele an Überschwemmungen angepasste Pflanzen- und Tierarten positiv auswirken.
Kopfweiden gehören zum Lebensraum vieler Tierarten. Fledermäuse haben in ihren Hohlräumen Sommerquartiere. Steinkauz, 0Feldsperling und Gartenrotschwanz brüten in Höhlen von Kopfweiden. Im Totholz bauen Ameisen ihre Nester, und viele Arten von Käfern leben im Mulm der Höhlen und im Holz. Aus diesen Gründen sollten Kopfweiden wo immer möglich erhalten, neu gepflanzt und gepflegt werden.
natur & kosmos
Der Ortsverein Laatzen des NABU hat im Leinetal südlich von Hannover 500 Kopfweiden kartiert. Ehrenamtliche Mitarbeiter des Vereins pflegen diesen Bestand. Sie werden dabei von der Deutschen Umwelthilfe in diesem und im letzten Jahr finanziell unterstützt.
Feldsperlinge brüten gerne in Kopfweiden.
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DUH-Förderprojekte
Förderer und Partner des GEO-Tags der Artenvielfalt:
DUH-Förderprojekte
DUH-Umweltschutz Service GmbH, Christel Löffel, Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell, Tel: 07732 9995-18, Fax: 07732 9995-77, E-Mail: loeffel@duh.de
Wald unter Wasser
DUH-Förderprojekte
Wo wachsen schöne Wildpflanzen auf Verkehrsinseln? Wie gestalte ich einen Schaugarten mit Wildkräutern? Wie kann ich einen ehemaligen Weinberg renaturieren? Welche Möglichkeiten einer naturnahen Flussrenaturierung gibt es? Antworten auf diese Fragen finden sich in unserer neuen Broschüre „Städte und Gemeinden aktiv für den Naturschutz – 15 gute Beispiele“. In dieser stellen wir 15 vorbildliche Naturschutzprojekte aus ganz Deutschland vor. Interessierte können sich die Broschüre (10 Euro inklusive Versandkosten) bei folgender Adresse bestellen:
DUH-Förderprojekte
Wer an Anregungen und Hilfestellungen für die Planung und Durchführung eines GEO-Tages der Artenvielfalt vor Ort interessiert ist, kann bei der DUH Umweltschutz-Service GmbH gegen Erstattung der Versandkosten (1,45 Euro) einen Leitfaden für Städte und Gemeinden bestellen. Darin ist kurz und knapp beschrieben, was bei der Organisation eines solchen Tages beachtet werden sollte. Zudem enthält der Leitfaden wichtige Tipps, gute Beispiele aus Städten und Gemeinden und hilfreiche Adressen von GEO, potentiellen Partnern und weiteren Organisationen. Bestelladresse siehe unten.
Rasende Schiffe töten Wale und Delfine
DUH-Förderprojekte
NATURSCHUTZ
NEUES AUS DER FORSCHUNG
Ökologischer Landbau gut gegen Hochwasser In Böden von Biobetrieben leben siebenmal so viele Regenwürmer wie in konventionell bewirtschafteten Böden. Kein Wunder, dass ein solch humusreicher, gut strukturierter Boden erheblich mehr Wasser aufnehmen kann. Dadurch können Schäden aufgrund von Hochwasser gemildert werden. Dieses Beispiel zeigt: Öko-Landbau darf nicht als „interessante kleine Marktnische“ abgetan werden. „Seine Ausweitung liegt im Interesse der gesamten Gesellschaft“, denn die Kosten von Hochwasserkatastrophen sind viel höher als der Aufwand zur Ökologisierung der Landwirtschaft. Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft
Felder von Biobauern können viel Wasser aufnehmen.
Intelligente Gradschnabelkrähen
Organschrumpfung beim Winterschlaf
„Winterschlaf“ ist weit verbreitet
Gradschnabelkrähen leben auf Inseln im Südwestpazifik. Sie stellen Werkzeuge her, um durch vorhandene Löcher an Larven von Bockkäfern zu gelangen, die in Baumstämmen leben. Die Werkzeuge sind zum Beispiel leicht gebogene Zweige, die so hergerichtet werden, dass am Ende der Zweige ein Haken stehen bleibt. Eine handaufgezogene Gradschnabelkrähe bog ein gerades Stück Draht zu einem hakenförmigen Werkzeug. Mit dem zog sie aus einem Plexiglaszylinder einen kleinen Behälter an dessen Henkel heraus. Ohne dieses Werkzeug wäre sie nicht an den Lekkerbissen gelangt.
Murmeltiere halten sieben Monate Winterschlaf. In dieser Zeit verkleinern sich ihre Organe. Im Frühjahr vermindern sie ihren Grundumsatz um 20 Prozent. Der Grund dafür: Die Fortpflanzung erzwingt im Frühjahr das Ende des Winterschlafs, die Nahrung ist aber zu dieser Zeit noch knapp. Gewebe mit wichtigen Funktionen während der immer wieder nötigen Aufwärmphasen bleiben unverändert, auch solche, die für Bewegung und Nahrungssuche wichtig sind. Dazu zählen Herz, Gehirn, Lungen und Skelettmuskulatur. Um rund 30 Prozent verkleinert werden dagegen Leber und Nieren.
Nicht nur Säugetiere, sondern auch Vögel machen Winterschlaf, zum Beispiel die knapp 50 Gramm schwere Winternachtschwalbe, die in den Wüsten Kaliforniens und Arizonas lebt. „Winterschlaf“ ist weit verbreitet und keineswegs auf den Winter und auf Säugetiere beschränkt. Viele „Winterschläfer“ vermindern ihre Körpertemperatur bei Nahrungsmangel, während der Trockenzeit oder im heißen Sommer. Sogar Rehe, Hirsche und Przewalski-Pferde können ihren Stoffwechsel zurückfahren. Damit sinkt deren Energieverbrauch in hohem Maße. Vielleicht ist eine konstante Körpertemperatur bei Säugetieren und Vögeln viel seltener, als man bisher glaubte.
3sat
Zeitschrift „Der Falke“
Spiegel
Möwen verdummen Fette Fische fördern die Intelligenz der Klippenmöwen, die in Alaska brüten. Weil das Meer vor Alaska aufgrund des Klimawandels wärmer geworden ist, finden die Eltern der jungen Möwen immer seltener fette Fische. Das hat bei ihren Jungen schlimme Folgen: Sie können sich zum Beispiel Futterplätze schlecht merken. natur & kosmos
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Hausmäuse gefährden Wanderalbatros Auf der Gough-Insel im Südatlantik bedrohen Hausmäuse den Albatrosbestand. Die Nager greifen die bis zu 200mal so großen Albatrosküken an und beißen so lange auf die gleichen Stellen, bis die jungen Vögel verbluten. Nur jedes fünfte Junge überlebte. Die Hausmäuse gelangten unbeabsichtigt auf die Insel. Ziel ist es, die Insel von Mäusen zu befreien.
Hausmaus.
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DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte
KLIMASCHUTZ
Schirmherr Sigmar Gabriel ruft Kommunen zur Teilnahme auf
Wer wird „Bundeshauptstadt im Klimaschutz“? Städte und Gemeinden können mit ressourcenschonenden und energieeffizienten Projekten, Planungen und Maßnahmen den Klimaschutz entscheidend voranbringen. Der diesjährige Wettbewerb „Bundeshauptstadt im Klimaschutz“ der Deutschen Umwelthilfe will ihnen deshalb ab Mai 2006 ein Forum bieten, ihre vorbildlichen Konzepte und Strategien vorzustellen und andere Kommunen zum Nachahmen zu motivieren. Die Zeit drängt, denn die Folgen der globalen Erwärmung bekommen wir auch in Mitteleuropa immer deutlicher zu spüren. Hauptursache für die globale Erwärmung ist die Zunahme von Treibhausgasen in der Atmosphäre, die bei der Verbrennung fossiler Rohstoffe wie Öl oder Gas freigesetzt werden. Kommunale Gestaltungsmöglichkeiten Viele deutsche Städte und Gemeinden gehen verschiedene Wege beim kommunalen Klimaschutz. Sie wirtschaften in ihren Liegenschaften effizient mit Energie. Sie setzen beim Ausbau der örtlichen Energieversorgung auf Biomasse, Wind-, Solar- sowie Wasserenergie und achten bei der Ausweisung von Baugebieten auf Klimaschutzkriterien. Klimaschonende Verkehrskonzepte zugunsten von Rad-, Bus- und Bahnverkehr werden vor Ort verwirklicht. Städte und Gemeinden sind deshalb als Vorreiter beim kommunalen Klimaschutz von großer Bedeutung, da sie hier Maßstäbe setzen und Vorbild für ihre Bürger sowie Unternehmen sein können.
Inhalte des Wettbewerbs Um dieses freiwillige kommunale Engagement gerade in Zeiten knapper Kassen zu würdigen, initiierte die Deutsche Umwelthilfe den Wettbewerb „Bundeshauptstadt im Klimaschutz“. Gesucht werden aktive Städte und Gemeinden mit ■ erfolgreichen Energiesparmaß-
nahmen in Gebäuden, ■ einer regenerativen
Energieversorgung, ■ kreativen Ideen zur
Öffentlichkeitsarbeit,
Blick auf die große solarthermische Anlage der Großostheimer Dreifeldsporthalle.
■ einer klimagerechten
Verkehrsplanung und ■ einer Stadtplanung, die den Zielen
des Klimaschutzes dient.
Straßenbahnen mit dichtem Taktverkehr wie in Rostock sind ein wichtiger Beitrag für den Klimaschutz.
Anhand nachweisbarer Erfolge werden vorbildliche Wege der Städte und Gemeinden bundesweit gewürdigt und bekannt gemacht. „Wir wollen mit diesem Wettbewerb aufzeigen, welchen wichtigen Beitrag Städte und Gemeinden zur Verringerung von CO2-Emissionen leisten können. Bei diesem Wettbewerb können sie ihr Engagement für den Klimaschutz präsentieren“, so Projektleiterin Carla Vollmer.
Verlauf des Projekts Im Mai 2006 fällt der Startschuss für den Wettbewerb „Bundeshauptstadt im Klimaschutz“. Einsendeschluss ist der 15. September 2006. Im November 2006 werden die Bundeshauptstadt im Klimaschutz und die Sieger-Kommunen in drei Teilnehmerkategorien bei einer Aus-
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KLIMASCHUTZ zeichnungsfeier in Berlin gewürdigt. Nach Abschluss des Wettbewerbs werden vorbildliche Beispiele aus Städten und Gemeinden in einer Dokumentation und im Internet bekannt gemacht. Im Frühsommer 2007 lädt die Deutsche Umwelthilfe zu einem bundesweiten Workshop ein, bei dem Vertreter aus den ermittelten Vorreiterkommunen ihre Projekte und Konzepte kommunalen Praktikern und Experten vorstellen. Damit sollen zahlreiche Städte und Gemeinden motiviert werden, zu diesem Thema auch in Zeiten einer angespannten Haushaltslage aktiv zu werden bzw. weiterhin aktiv zu bleiben. Weitere Informationen: Deutsche Umwelthilfe, Carla Vollmer, Robert Spreter, Fritz-Reichle-Ring 4 78315 Radolfzell, Tel: 07732 9995-0, Fax: 07732 9995-77 E-Mail: info@duh.de
Förderer des Projektes:
Saint-Gobain Isover G+H AG kooperiert mit der DUH Für den Wettbewerb „Bundeshauptstadt im Klimaschutz“ ist es der Deutschen Umwelthilfe gelungen, einen Wirtschaftspartner zu finden. Dabei handelt es sich um Saint-Gobain Isover G+H AG mit der Klimaschutz-Initiative CO2NTRA. Diese Initiative entspricht der Philosophie des Ludwigshafener Unternehmens, da es seit seiner Firmengründung im Jahre 1878 Wärmedämmmaterialien produziert und damit einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Im September 2003 feierte das Unternehmen sein 125-jähriges Firmenjubiläum. Damit ist Saint-Gobain Isover G+H das weltweit älteste Dämmstoffunternehmen, das in Deutschland etwa 1.200 Mitarbeiter beschäftigt. Isover G+H und die Tochterunternehmen gehören zur Compagnie de Saint-Gobain, Paris. Isover ist Deutschlands bekannteste Dämmstoffmarke. Das Programm umfasst ca. 5.000 Dämm-Produkte und Systeme, die für Wärme-, Kälte-, Schall- und Brandschutz eingesetzt werden. Außer Dämmstoffen bietet Isover eine Vielzahl von Produkten rund ums Dämmen. Forschung und Entwicklung sorgen dafür, dass ein Wärmeschutz mit Isover sicher und gut ist. Isover setzt sich schon mit verschiedenen Aktivitäten und Initiativen seit Jahrzehnten für den Umweltschutz ein. Das Unternehmen hat zusammen mit der Heizungs- und Glasindustrie die Energiepass-Initiative Deutschland (EID) initiiert, um den Wärmeschutz im Gebäudebestand voranzutreiben. Dieses Ziel hat auch die DUH, denn jede eingesparte Kilowattstunde bei Strom und Wärme trägt dazu bei, den Ausstoß an Kohlendioxid zu verringern und somit das Klima zu schützen. Mit der seit Anfang 2005 ins Leben gerufenen Klimaschutz-Initiative CO2NTRA will das Unternehmen deutsche Klimaschutzprojekte finanziell unterstützen, die das Ziel verfolgen, den CO2-Ausstoß zu verringern. Der CO2NTRA-Beirat wählte unter den zahlreichen Bewerbungen vier Förderprojekte aus, unter anderem auch den DUH-Wettbewerb „Bundeshauptstadt im Klimaschutz“. Am 23. November 2005 nahmen unser Bundesvorsitzender Professor Dr. Harald Kächele und Stefan Bundscherer, Leiter Klimaschutz und Energie, die Förderurkunde bei einer Feier während einer Architektenveranstaltung in Heidelberg entgegen.
Eine Klimaschutzinitiative der SAINT-GOBAIN ISOVER G+H AG
„Mit der Klimaschutz-Initiative CO2NTRA engagieren wir uns über die positiven Eigenschaften unserer Dämmstoffe hinaus für den Klimaschutz. Die DUH leistet mit dem Wettbewerb „Bundeshauptstadt im Klimaschutz“ einen wesentlichen, zielführenden Beitrag. Daher freuen wir uns über die nun begonnene Zusammenarbeit mit der DUH“, so die CO2NTRA-Projektleiterin Ute Garrelts.
Prof. Dr. Harald Kächele (2. von links) und Stefan Bundscherer (3. von links) freuen sich über die Auszeichnung des Wettbewerbs „Bundeshauptstadt im Klimaschutz“ als Förderprojekt der Klimaschutzinitiative CO 2NTRA der Saint-Gobain Isover GmbH.
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DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte
KLIMASCHUTZ
SolarLokal: Dessau macht mit! Seit Ende 2005 ist auch die Stadt Dessau bei der Aktion SolarLokal dabei. Das Unternehmen Solarworld, die Deutsche Umwelthilfe und fast 150 Kommunen in ganz Deutschland bringen damit die
SolarLokal bekommt Schwester auf Teneriffa
DUH-Förderprojekte
DUH-Förderprojekte
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DUH-Förderprojekte
Sonnenergie voran. Auf Antrag der Fraktion „ Pro Dessau“ fasste der Rat der Stadt Dessau im März 2005 den Beschluss, die bundesweite Kampagne „SolarLokal – Strom aus der Sonne“ zu unterstützen. In den vergangenen Monaten intensivierte die Stadtverwaltung ihre Öffentlichkeitsarbeit zur Nutzung der Sonnenenergie. Sie stellt kommunale Dachflächen bereit und bringt bürgerfinanzierte Solarkraftwerke auf den Weg. Bereits im Energie- und Klimaschutzkonzept, 1998 von der Stadt Dessau erarbeitet und im Jahr 2000 präzisiert, hatte die Stadt der Förderung regenerativer Energie große Bedeutung beigemessen. Das in Dessau anfallende Deponie- und Klärgas wird seit 1998 energetisch genutzt. Im Januar 2005 konnte die erste städtische Photovoltaikanlage beim Neubau der Feuerwache eingeweiht werden. Auf dem erst kürzlich fertig gestellten Gebäude für das Energie- und Gründerzentrum nahmen die Stadtwerke eine weitere Photovoltaikanlage in Betrieb. Ende April 2005 nahm der Dessauer Bau- und Umweltdezernent Gröger die SolarLokal-Teilnehmerurkunde entge-
Im November 2005 wurden in Dessau alle vier Stadteinfahrten mit SolarLokal-Ortsschildern versehen.
gen. Ein symbolisches Ortsschild mit der Aufschrift „SolarLokal – Dessau – Strom aus der Sonne“ an allen vier Stadteinfahrten der Stadt Dessau weist öffentlich auf die Teilnahme hin, eine Aktion, die mit finanzieller Unterstützung der Fraktion Pro Dessau ermöglicht wurde. Damit ist Dessau die erste Stadt der sich inzwischen beteiligenden 135 Kommunen und Landkreise, die so ihre SolarLokal-Teilnahme präsentiert.
40 Solarstromanlagen am Netz Wie das Amt für Umwelt und Naturschutz der Stadt Dessau berichtet, entstehen auch auf privaten Dächern zahlreiche Photovoltaikanlagen. Aktuell sind 40 Anlagen am Netz. Der Energietisch Dessau e.V. und interessierte Bürger bereiten zurzeit die Gründung eines zweiten Bürgerkraftwerkes vor. Auf dem Dach der Sporthalle des Berufschulzentrums wird eine neue Anlage mit 250 Quadratmetern Modulen geplant. Die Finanzierung soll zu einem Drittel durch die Einlagen von engagierten Bürgern und Bürgerinnen erfolgen. Diese Photovoltaikanlage soll in den Unterricht der Berufsschüler einbezogen werden, damit sie praktische Erfahrungen bei der Nutzung von Solarenergie sammeln können.
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Nach dem Vorbild von SolarLokal wurde auf Teneriffa die Kampagne IslaSolar gestartet. Mit IslaSolar soll bei Bürgern der Insel die Bereitschaft geweckt werden, Photovoltaikanlagen zu bauen. Derzeit sind die Kanaren zu 98 Prozent von Erdölimporten abhängig. Marisa Tejedor, Industrieministerin der Regionalregierung, gab als Ziel der kanarischen Regierung an: Bis 2012 soll die Abhängigkeit von Erdöl auf 78 Prozent vermindert werden. Der viele Sonnenschein auf Teneriffa und die günstigen Einspeisevergütungen sind dafür gute Voraussetzungen.
Bundesweite Dachbörse Im Juli 2005 startete die bundesweite und kostenfreie „SolarLokalDachbörse“. Sie bietet eine attraktive Plattform, um die Nachfrage nach und das Angebot an Dächern zu ermitteln, die für die Solarnutzung geeignet sind. Zu finden ist sie unter der Rubrik „Dachbörse“ auf der Homepage www.solarlokal.de. Die Dachbörse wird bereits rege von Kommunen, Unternehmen und Bürgern genutzt.
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Beim Wettbewerb „Energiesparkommune“ kam die Vielfalt der Energiesparmöglichkeiten in Kommunen zu Tage. Durch intelligenten Energieeinsatz in ihren Liegenschaften können Großstädte bis hin zu kleinen Gemeinden bis zu 30 Prozent des Energieverbrauchs einsparen. Eine Auslese von Energiesparmaßnahmen veröffentlichten wir gemeinsam mit dem Deutschen Städte- und Gemeindebund in der Dokumentation „Intelligenter Energieeinsatz in Städten und Gemeinden“.
Wichtiger Partner für die Gemeinde „Wir als Gemeinde profitieren sehr von dieser Einrichtung“, so der Umweltbeauftragte Michael Krick. „Wir bekommen laufend wichtige Impulse und Anregungen, sei es beim kommunalen Energiemanagement, bei Baumaßnahmen,
Wer sich auch über die anderen Projekte der Dokumentation „Intelligenter Energieeinsatz in Städten und Gemeinden“ informieren möchte, kann gerne ein Exemplar kostenlos bei der DUH beziehen: Robert Spreter, Deutsche Umwelthilfe, Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell, Tel: 07732 9995-30, Fax: 07732 9995-77, E-Mail: spreter@duh.de
Förderer des Projekts:
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DUH-Förderprojekte
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Auf der Internetseite der Gemeinde finden interessierte Bürger Energiespartipps, Informationen zur aktuellen Energiesituation sowie viele Aktionen und Maßnahmen zum Thema Energiesparen. Mit über 80 Vor-Ort-Beratungen in Privathaushalten zu Fragen wie beispielsweise Wärmedämmung und Regelungstechnik in den Jahren 2000 bis 2003 kann der Energiebeirat auf eine erfolgreiche Arbeit verweisen. Für die Finanzierung der Beratungen legte die Gemeinde ein eigenes Programm auf. Sie übernimmt 60 Prozent der Beratungskosten.
DUH-Förderprojekte
Der Energiebeirat beschäftigt sich mit verschiedenen Aspekten rund um die Themen „Energieeinsparung“ und „Energieanwendung“. Er bietet Vor-Ort-Beratung für Alt- und Neubauten an und verleiht Strommessgeräte, um Stromfresser im Privathaushalt aufzuspüren. Daneben beteiligt er sich auch an Veranstaltungen der Gemeinde Wettenberg, prüft den kommunalen Energiebericht und schlägt Maßnahmen zur Energie-
einsparung in der Gemeinde vor. Im Amtsblatt der Gemeinde werden regelmäßig Informationen zum Energiesparen veröffentlicht.
Weitere Informationen zum W ettenWettenber ger Ener giebeirat: Gemeinde Wetberger Energiebeirat: tenberg, Michael Krick, Tel: 0641 80454, E-Mail: Umweltbeauftragter@wettenberg.de
DUH-Förderprojekte
Die in der Nähe von Gießen gelegene Großgemeinde Wettenberg (12.400 Einwohner, Hessen) wurde Bundessieger beim Wettbewerb „Energiesparkommune“ in der Teilnehmerklasse bis 20.000 Einwohner. In der Gemeinde gibt es eine besondere Form der Bürgerbeteiligung: den Energiebeirat. Dieser wurde im Jahr 2000 als ein Ergebnis des lokalen Agenda 21-Prozesses gegründet. Er setzt sich aus Architekten, einem Schornsteinfegermeister, fachkundigen Bürgerinnen und Bürgern sowie Vertretern von Energieversorgungsunternehmen, Planungsund Ingenieurbüros, des örtlichen Elektro- und Heizungshandwerks und der Gemeinde Wettenberg zusammen. Ziel des Energiebeirats ist es, bei den Bürgern und der Gemeindeverwaltung ein stärkeres Bewusstsein für den ressourcenschonenden Umgang mit Energie zu schaffen.
Mit einem eigenen Informationsstand informiert der Wettenberger Energiebeirat regelmäßig bei Veranstaltungen interessierte Besucher über Energiesparmöglichkeiten.
DUH-Förderprojekte
Der Energiebeirat und seine Aufgaben
Die Einrichtung eines solches Energiebeirats kann gerade für kleine Gemeinden von großer Bedeutung sein, die nicht über viele Energiefachleute in der eigenen Verwaltung verfügen. Mit einem solchen Gremium können Projekte angestoßen werden, die für die kommunalen Finanzen und für den Klimaschutz lohnend sind.
DUH-Förderprojekte
in der Siedlungsentwicklung und vor allem bei der Öffentlichkeitsarbeit.“
Die Projekte zeigen, dass nicht immer große Investitionen notwendig sind, um erfolgreich Energie einsparen zu können. Wie das folgende Beispiel deutlich macht, können auch bei Kooperationen zwischen Kommune und Bürgerschaft große Energiesparpotenziale erschlossen werden.
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Wettbewerb „Energiesparkommune“: Der Wettenberger Energiebeirat
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KLIMASCHUTZ
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KLIMASCHUTZ
Herbstmeisterschaft in der Solarbundesliga Solar Ulm schlägt Freiburg - Rettenbach am Auerberg wieder ganz vorn Während sich die Fußballstars ihre Winterpause gönnen, haben die Kommunen in der Solarbundesliga zum Jahreswechsel um die Herbstmeisterschaft gerungen. Diesmal ging die Stadt Ulm, die zuletzt im Juni 2002 Deutscher Meister war, nach einem spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen mit Freiburg bei den Großstädten in Führung. Mit 32 Punkten liegt die Kommune vorn. Freiburg bringt es auf 30 Punkte. Der Neueinsteiger Ingolstadt folgt den Freiburgern mit nur einem Punkt Abstand. In der Gesamtwertung führte zum Jahreswechsel zum fünften Mal in Folge die kleine bayerische Gemeinde Rettenbach am Auerberg. Sie baute die Führung in der Liga auf stolze 114 Punkte aus. Souverän gewann der Vorjahressieger die
Preis für Solarforscher Professor Dr. Joachim Luther erhielt einen der beiden diesjährigen Umweltpreise der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, die zusammen mit 500.000 Euro dotiert sind. Luther erhielt den Preis für seine Spitzenleistungen und Weltrekorde bei Wirkungsgraden von Solarzellen, neuen Material- und Systementwicklungen in der thermischen Wandlung und Speicherung von Energie sowie bei der Umsetzung neuer energiesparender Gebäudekonzepte. Gemeinsam mit der Industrie arbeitet Luther, der Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme in Freiburg ist, an einer weiteren Kostensenkung für Solarstrom. Die erreicht er durch dünnere Zellen mit höheren Wirkungsgraden. Ein weiteres Arbeitsgebiet ist die netzunabhängige Stromversorgung für ländliche Regionen. Dies ist ein großer Zukunftsmarkt in Schwellen- und Entwicklungsländern, wo zwei Milliarden Menschen keinen Zugang zum öffentlichen Stromnetz haben.
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Herbstmeisterschaft mit nunmehr 604 Punkten vor Halsbach (490 Punkte) und der neu eingestiegenen Gemeinde Heckhuscheid aus Rheinland-Pfalz (468 Punkte). Veranstalter des Wettbewerbs sind die Fachzeitschrift Solarthemen und die Deutsche Umwelthilfe. Ausgezeichnet werden die Kommunen mit der höchsten Dichte von Solarwärme- und Solarstromanlagen pro Kopf der Bevölkerung. „An der Solarbundesliga können sich alle Kommunen beteiligen“, so die Projektleiterin Carla Vollmer: „Sie können jederzeit einsteigen. Melden kann jeder – vom Solarverein bis zum Bürgermeister, der die Daten seiner Kommune glaubhaft machen kann.“ Die Daten werden im zweiwöchentlichen Turnus im Internet aktualisiert unter: www.solarbundesliga.de
Regionalstrom als Klammer zwischen Naturschützern und Landwirten Die Stromerzeugung durch die Vergärung von Gülle, Gras und Grünabfällen dient dem Klimaschutz, fördert die regionale Wirtschaft und gibt Landwirten ein zusätzliches Standbein. Außerdem erreicht man damit die naturverträgliche Nutzung landwirtschaftlicher Flächen und die Bewirtschaftung von Schutzgebieten, indem Naturschützer und Landwirte entsprechende Verträge abschließen. Der BUND Ravensburg-Weingarten hat ein solches Projekt initiiert. Er arbeitet dabei zusammen mit den Elektrizitätswerken Schönau sowie Biogas-Landwirten in den Landkreisen Ravensburg, Biberach, Sigmaringen und dem Bodenseekreis. Das Projekt läuft unter dem Namen „Regionalstrom Bodensee-Oberschwaben“. Inzwischen betreiben 33 Landwirte eine vom Regionalstrom geförderte Biogasanlage. Jährlich wird die Gülle von insgesamt 3.000 ausgewach-
Meldeschluss für die Meisterschaft der Saison 2005/2006 ist der 1. Juni 2006. Die Sommersaison verspricht spannend zu werden. Überholen die Ingolstädter Freiburg? Schaffen es die Freiburger in den kommenden sechs Monaten den Punktestand aufzuholen und die Ulmer zu überflügeln?
Förderer und Wirtschaftspartner der Solarbundesliga: Förderer:
Fans:
senen Rindern verwertet. 12 Betriebe lassen zusätzlich Mähgut aus Streuwiesen vergären, davon sind neun Biobetriebe. Betriebe, die gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen, und Anlagen über 500 kW sind von der Förderung ausgeschlossen. Jeder Verbraucher in Deutschland mit einem eigenen Stromzähler kann Kunde bei den Elektrizitätswerken Schönau werden und damit Strom aus erneuerbarer Energie beziehen. Gleichzeitig fördert er damit den Naturschutz und kleine Landwirte. Unterlagen fordern Sie an beim: BUND-Naturschutzzentrum Ravensburg,Tel.: 0751/21451 E-Mail: bund.ravensburg@bund.net
Mähgut von Streuwiesen wird in Biogasanlagen vergoren.
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DUH-UMWELT-MEDIENPREIS
DUH-Umwelt-Medienpreis 2005 Umweltschonend dicke Bretter bohren Zum 10. Mal verlieh die Deutsche Umwelthilfe Ende Januar 2006 ihren DUH-Umwelt-Medienpreis. Der Preis dokumentiert die starke Präsenz von Natur- und Umweltthemen in unseren Medien. Er ist als Dankeschön an Ressortleiter und Redakteure, vor allem aber an die umwelt-engagierten Journalisten und Modera-
Hörfunk
Hörfunk
toren gedacht.
Unser Medienpreis will dazu beitragen, dass bei den Medien, bei Journalisten und in der Öffentlichkeit die Bedeutung der Umwelt-Berichterstattung für unsere Zukunft im Blick bleibt. Gerade in einer Zeit, da es starke Interessen gibt, den Umweltschutz in den Hintergrund zu rücken, ist es wichtig, Journalisten in den Redaktionen zu wissen, die diesem Thema mit Mut und guten Ideen Raum verschaffen.
Die Deutsche Umwelthilfe feierte 2005 ihren 30. Geburtstag. Wir freuen uns besonders, dass wir mit Peter Lustig und Professor Dr. Ernst Waldemar Bauer diesmal zwei Preisträger ehren konnten, deren Beiträge uns nun schon über Jahrzehnte bereichern und erfreuen. Die beiden anderen, Dieter Nürnberger und Eva Goris, stehen beispielhaft für einen Journalismus, der die nicht immer einfachen Zukunftsthemen des Natur- und Umweltschutzes verständlich und unterhaltsam präsentiert. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Astrid Klug, bezeichnete in ihrer Eröffnungsrede die Preisträger als Verbündete: „Denn Sie kämpfen genauso wie ich dafür, dass Umweltschutz in Politik und Medien mehr Beachtung findet und ein Querschnittsthema wird.“
Print Print
Der DUH-Umwelt-Medienpreis wird unterstützt von:
Die Preisträger freuen sich mit der Parlamentarischen Staatssekretärin Astrid Klug (Mitte) über ihre Auszeichnung: (v.l.) Prof. Dr. Ernst Waldemar Bauer, Dieter Nürnberger, Eva Goris und Peter Lustig.
Fernsehen Fernsehen
Oben: Von Julia Jäkel bekam Peter Lustig sein „Markenzeichen“ überreicht, eine in Harz gegossene Pusteblume.
Oben: Autogrammstunde am Rande der Veranstaltung – Peter Lustig und Erika Blank, federführende Organisatorin der DUH-Veranstaltung.
Links: Harald Kächele mit Peter Lustig und Laudator Prof. Dr. Mojib Latif.
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DUH-UMWELT-MEDIENPREIS
Hörfunk
die Natur in einen nationalen und internationalen Zusammenhang zu stellen. GEO leistet breite wissenschaftliche Basisarbeit für den Naturschutz. Viele – vor allem junge Menschen – hat GEO zur Beschäftigung mit der Natur motiviert. Der DUH-Bundesvorsitzende Prof. Dr. Harald Kächele überreicht den Preisträgern Urkunden und Blumen im Beisein ihrer Laudatoren.
Fernsehen
Laudatorin Dr. Sandra Altherr, Pro Wildlife (links), mit Preisträgerin Eva Goris und Harald Kächele.
Laudatio: Prof. Dr. Manfred Niekisch, Regional Councillor IUCN, Professor für PreisträgerinNaturschutz, UniversiInternationalen Printmedien tätSparte Greifswald. Eva Goris ist Ressortleiterin Umwelt bei der BILD am SONNTAG. Sie gestaltet Volker Angres, Leiter der 17-köpfigen den Fachbereich Umwelt bei ihrer ZeiZDF-Redaktion „Umwelt“, und das tung interessant und mit den entscheiTeam der Sendereihe ZDF.umwelt sind denden Themen. Goris motiviert Preisträger in der Eva Sparte Fernsehen. dadurch einen sehr breiten Leserkreis, Angres ist seit 1990 Redaktionsleiter. Er sich mit anspruchsvollen Umweltthemoderiert und verantwortet mit men zu befassen. Als Vermittlerin zwi„ZDF.umwelt“ die einzige wöchentliche schen „der Umweltszene“ und dem Sendung im deutschen Fernsehen zu größten Sonntagsblatt Deutschlands Natur- und Umweltthemen. Angres ist spielt sie bei der Platzierung der Umzudem Ideengeber und verantwortliweltpolitik in der Öffentlichkeit eine cher Redakteur für mehr als ein Dutzend entscheidende Rolle. zukunftsweisende Sendereihen wie „Kampfplatz Naturschutz“, „Akte E. – Die Zukunft unseres Planeten“ oder die Jugendumweltsendung „terranet c@fe“.
Preisträger Sparte Fernsehen und Film Prof. Dr. Ernst Waldemar Bauer ist Filmemacher und Fernsehjournalist. Bekannt ist er als Schöpfer und Moderator der ARD-Fernsehreihe „Wunder der Erde“ mit mehr als 200 Sendungen. Viele Beiträge dieser Serie hat er selbst gedreht. Andere ARD-Sendereihen Bauers waren „Album der Natur“ mit 40 Folgen und „Telekolleg Biologie“. Auch im ehrenamtlichen Naturschutz engagiert er sich stark: Bauer ist Schirmherr des BUND-Projekts „NaturTageBuch“ und unter anderem Mitglied in den Kuratorien der Alfred-Wegener-Stiftung sowie der Stiftung Europäisches Naturerbe.
Laudatio: Prof. Dr. h.c. Dieter Stolte, ehemaliger Intendant des ZDF, Herausgeber von DIE WELT und Berliner Morgenpost.
Laudatorin Birgit Homburger, MdB, stellvertretende Vorsitzende der FDPFraktion, mit Prof. Dr. Ernst Waldemar Bauer und Harald Kächele.
Hörfunk
Laudatorin Dr. Angelika Zahrnt, Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), mit Dieter Nürnberger und Harald Kächele.
Preisträger Sparte Hörfunk Dieter Nürnberger ist Journalist beim Deutschlandfunk (DLF) und bei Deutschlandradio Kultur. In der Sendung „Umwelt und Landwirtschaft“ (neu ab 2006 „Umwelt und Verbraucher“) informiert er fast jeden Tag als Reporter vor Ort über den Natur- und Umweltschutz. Der Preisträger hat entscheidend dazu beigetragen, dass diese Sendung für Fachleute und Laien als wichtige und aktuelle Informationsquelle für Natur- und Umweltthemen unverzichtbar wurde. Dieter Nürnberger versteht es, auch schwierige Sachverhalte verständlich auf den Punkt zu bringen.
Preisträger Sparte Lebenswerk Peter Lustig ehren wir für sein Lebenswerk. Seit 25 Jahren begeistert er mit der ZDF-Serie „Löwenzahn“ Kinder und Jugendliche für Natur und Umwelt. Seine anschaulichen Beispiele sorgen für Aha-Erlebnisse – bei kleinen Zuschauern genauso wie bei den mitsehenden Eltern. Peter Lustig ist eine Institution der Natur- und Umweltbildung im Fernsehen. Seine Sendungen wirken generationsübergreifend, weil manche junge Eltern selbst als Kinder die ersten Sendungen von Peter Lustig erleben durften.
Bildergalerie unter www.duh.de
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DUH AKTIV
30 Jahre Deutsche Umwelthilfe 2005 wurde die Deutsche Umwelthilfe 30 Jahre alt. Wir feierten dieses Jubiläum auf unterschiedliche Weise, im Sommer 2005 in Radolfzell am Bodensee und im Dezem-
30 ber mit einem Festakt in Berlin.
Am 1. Juli 2005 veranstalteten wir einen kleinen Festausflug mit den bisherigen Bundesvorsitzenden und Geschäftsführern sowie der Belegschaft. Beim Schloss Kattenhorn in Öhningen am Bodenseeufer, dem Gründungsort der DUH, enthüllten wir eine Gedenktafel. Sie macht auf die vielen guten Ideen aufmerksam, die von diesem Ort nach ganz Deutschland und in die Welt ausgingen. Am 1. Dezember 2005 fand in unserem Berliner Hauptstadtbüro am Hackeschen Markt ein Festakt im Beisein von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, zahlreichen Partnern der DUH aus Umweltverbänden, Politik, Verwaltung und Wirtschaft sowie vielen Journalisten statt. Rückblick und Dank, aber auch der Blick in die Zukunft der Deutschen Umwelthilfe und der Umweltpolitik in Deutschland standen dabei im Mittelpunkt. Die Bilder auf dieser Seite vermitteln Ihnen einige Eindrücke dieser fröhlichen und sehr gut besuchten Jubiläumsfeiern.
Ein Prosit auf 30 Jahre DUH! Ulrike Krüger und Gerd Rosenkranz (beide DUH), im Hintergrund weitere Gäste.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel bei einem seiner ersten öffentlichen Auftritte.
Der gute Kontakt zu Jürgen Trittin, hier im Gespräch mit Stefan Bundscherer (rechts), setzt sich auch nach seiner Amtszeit als Umweltminister fort. Ein gutes Fest braucht gutes Essen!
Die Deutsche Umwelthilfe hat sich neben ihren klassischen Aufgaben in den letzten Jahren auch bei der der Durchsetzung umweltfreundlicher Produkte und Standards einen Namen gemacht. Die Einführung schwefelfreier Kraftstoffe, der Schutz der Mehrwegsysteme und die vehement geführte Debatte um Feinstaub und Dieselrußfilter gehen wesentlich auf Initiativen der DUH zurück. Unser Verband bietet heute ein breites, modernes Spektrum, das vom klassischen Naturschutz über Bildung, kommunale Aktivitäten bis zum Verbraucherschutz reicht. Unsere Arbeit war und ist abhängig von den vielen Menschen, die uns über alle Jahre unterstützt haben. Dafür bedanken wir uns sehr herzlich!
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DUH-Bundesvorsitzender Harald Kächele enthüllt die Gedenktafel in Kattenhorn. Links: DUH-Gründer Hermut Ruland.
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DUH AKTIV
DUH-Internetseite
Ein neues Gesicht im Netz
www.duh.de
Moderner, frischer, aktueller – so präsentiert sich die Deutsche Umwelthilfe seit Februar 2006 im Internet. Mit großem Aufwand und viel Liebe zum Detail wurde eine der erfolgreichsten Internetseiten zum Natur- und Umweltschutz in Deutschland modernisiert, um Ihnen künftig noch mehr und noch aktuellere Informationen präsentieren zu können. Für die Arbeitsgruppe „Internet“ um Steffen Holzmann und Jutta Kochendörfer war der Start ins neue Jahr eine besonders arbeitsreiche Zeit. Bereits im Herbst 2005 stand der Entschluss fest – moderner und aktueller soll die Internetseite der Deutschen Umwelthilfe werden, und das ohne den laufenden Betrieb zu beeinträchtigen. Erklärtes Ziel war auch, die Fachkompetenz der Projektmitarbeiter stärker als bisher zu nutzen und die Reaktionszeiten zu verringern.
Schneller zum Ziel Mit über 1.300 Einzelseiten und zusätzlich über 300 Pressemitteilungen ist die Internetseite der DUH eines der umfassendsten elektronischen Angebote zum Thema Umwelt- und Naturschutz im deutschsprachigen Raum. Diese riesige Menge an Informationen zu strukturieren, ist keine leichte Aufgabe. Um Ihnen das Zurechtfinden auf unseren Seiten zu erleichtern, haben wir die Grundstruktur komplett überarbeitet. Die neue Startseite greift das aktuelle Geschehen rund um Umwelt und Umwelthilfe auf. Weitere Neuigkeiten, Ankündigungen und Nachrichten finden Sie in unserem Bereich „Aktuelles“. Neu ist auch die Aufteilung der Meldungen nach Themengebieten, die es unabhängig von den einzelnen Projektnamen ermöglicht, sich zu einem Thema umfassend zu informieren. Diese Themen-
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aufteilung findet sich auch unter „Projekte“ wieder und erleichtert den Überblick über die mehr als vierzig verschiedenen Einzelprojekte, die wir Ihnen auf unseren Seiten präsentieren. Eine Seitenübersicht und eine Suchfunktion vervollständigen die Möglichkeiten, sich auf der neuen Seite zurecht zu finden. „Viel übersichtlicher“, findet Jutta Kochendörfer, Redakteurin der DUH-Internetseite das neue Design. „Durch die neuen Gestaltungsmöglichkeiten werden unsere Seiten in Zukunft noch mehr an Attraktivität gewinnen.“
Schneller informiert Zudem erlaubt es das neue System, mit dem unsere Internetseite produziert wird, dass die Mitarbeiter viel stärker als bisher an der Gestaltung unserer Seiten mitarbeiten können. „Damit tragen wir dem veränderten Profil der Umwelthilfe Rechnung“, erklärt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, „künftig können wir noch schneller auf das aktuelle Geschehen in Politik und Gesellschaft reagieren.“ Auch die immer wichtigeren „Außenstellen“ der DUH können mit dem neuen System stärker an der Gestaltung der Internetseite beteiligt werden.
Ein starker Partner Um den Aufwand einer Neukonzeption neben dem alltäglichen Betrieb mög-
lich zu machen, war ein erfahrener Partner notwendig. „Mit der i-gelb GmbH haben wir eine flexible Agentur mit großem Erfahrungsschatz im Bereich der Non-Profit-Organisationen gefunden“, sagt Steffen Holzmann, Webmaster der Deutschen Umwelthilfe, „mit frischen Ideen und einer Menge technischem Know-how haben sie unsere großen Erwartungen noch übertroffen.“
Mehr Möglichkeiten Neben den Inhalten wurde auch der Service-Bereich stark ausgebaut. Künftig ist es mit wenigen Mausklicks möglich, die Arbeit der DUH mit einer Spende oder einer Patenschaft zu unterstützen. Das macht es für unsere Spender noch einfacher, uns zu unterstützen. Auch Bücher und Infoblätter der DUH können künftig einfach und bequem direkt im Internet bestellt werden.
Wichtiges Medium Wie wichtig das Medium Internet geworden ist, macht die immer größer werdende Zahl der Nutzer deutlich. „Im Januar 2006 konnten wir wieder einen neuen Rekord verbuchen: Über 25.000 Menschen haben sich auf unseren Seiten informiert“, freut sich Jörg Dürr-Pucher, Bundesgeschäftsführer der DUH. „Die neue Seite wird sicher dazu beitragen, diese Zahlen weiter zu steigern.“
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DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte
VERBRAUCHERSCHUTZ
Ab sofort:
Föhn und Energiesparlampe dürfen nicht in den Restmüll! Laut Elektro-Gesetz dürfen ab 24. März 2006 Elektrogeräte nicht mehr in den Restmüll. Hersteller zahlen jetzt für die Verwertung alter Elektrogeräte, Kommunen organisieren die Sammlung und informieren die Verbraucher. Die Deutsche Umwelthilfe hat Städte und Gemeinden mit Flyer-Vorlagen, Texten und Anzeigen bei dieser Pflicht unterstützt. Jetzt ist die Rückgabe alter Elektrogeräte überall kostenfrei.
Leuchtstoffröhren und Energiesparlampen haben es in sich! Beim Thema energiesparende Beleuchtung sind Leuchtstoffröhren und Energiesparlampen die erste Wahl. Diese so genannten Gasentladungslampen bringen mit wesentlich weniger Energie genauso viel Licht ins Dunkel wie die herkömmlichen Glühbirnen. Gleichzeitig sind sie wesentlich langlebiger und schonen so Umwelt und Geldbeutel.
ren und Energiesparlampen getrennt vom Hausmüll zu entsorgen. Die Städte und Gemeinden stellen Informationen bereit, wo und wie die Röhren und Lampen gesammelt werden. Die Hersteller sind dann für eine fachgerechte Entsorgung und Wiederverwendung verantwortlich.
Kontakt: Eva Leonhardt, Projektleiterin Kreislaufwirtschaft, Hackescher Markt 4, 10178 Berlin Tel.: (030) 258 986-12, Fax.: (030) 258 986-19, E-Mail: leonhardt@duh.de Weitere Informationen: www.green-electronics.info
Gegenüber den klassischen Glühbirnen verbrauchen Energiesparlampen bei gleicher Lichtstärke bis zu 80 % weniger Strom. Eine 11 Watt Lampe lässt es genauso hell leuchten wie eine 60 Watt Glühbirne. Mit einer Lebensdauer von 15.000 Stunden (das entspricht etwa 20 Monaten Dauerlicht!) halten sie zudem bis zu fünfzehnmal länger. Die Lampen enthalten jedoch Spuren von Quecksilber, deshalb gehören sie am Ende ihres Lebens nicht in die normale Mülltonne. Damit keine giftigen Dämpfe in die Umwelt gelangen, müssen die Altlampen unbedingt bruchsicher und getrennt von anderen Abfällen erfasst werden. Bei einer umweltgerechten Entsorgung wird das Quecksilber sicher entfernt und ebenso wie das Altröhrenglas und die vorhandenen Metallteile wieder verwertet. So bleibt nur ein geringer Rest, der als Sondermüll entsorgt wird. Ab dem 24. März 2006 sind Verbraucher dazu verpflichtet, Leuchtstoffröh-
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VERBRAUCHERSCHUTZ
Stromkunden brauchen klare Informationen, woher ihr Strom kommt Die Deutsche Umwelthilfe präsentierte einen eigenen Vorschlag, wie Stromkonzerne ihren Strommix kennzeichnen sollten. Darin sind die jeweiligen Stromanteile aus den fossilen Energieträgern Braunkohle, Steinkohle und Erdgas, aus Atomenergie und aus Erneuerbaren Energien – letztere aufgeschlüsselt nach
EEG-Strom und „eigenem“ Strom aus erneuerbaren Energien. Außerdem gibt es eine Kategorie für Strom aus unbekannter Herkunft. Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch forderte die Bundesregierung auf, eine am DUH-Vorschlag orientierte einheitliche Regelung verbindlich vorzuschreiben: „Es ist überhaupt nicht ein-
zusehen, warum der Energieverbrauch von Autos oder Kühlschränken nach klaren Regeln zu erfolgen hat, die Kennzeichnung von Strom aber nicht.“ Hintergründe zum Thema „Stromtransparenz ist kein Selbstläufer“ können im Internet unter www.duh.de abgerufen werden.
Rußfreie Dieselfahrzeuge sollen eigene Plakette bekommen Der Bundesrat hat beschlossen: Es wird eine eigene Plakette für rußfreie Dieselfahrzeuge geben. Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, sagte dazu: „Diese Entscheidung ist ein Segen für Umwelt und Gesundheit in unseren Städten und ein Sieg verantwortlicher Politik über den Raubtierlobbyismus von Teilen der Automobilindustrie.“ Besonders beteiligt waren daran DaimlerChrysler, BMW und MAN sowie der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Bernd Gottschalk. Sie wollten die Entscheidung im letzten Moment verhindern oder vertagen lassen. Gegen diese Verzögerungsstrategie haben sich Bundesländer, das Bundesverkehrs- und das Bundesumweltministerium erfolgreich zur Wehr gesetzt. Damit Städte und Gemeinden bei hohen Feinstaubbelastungen Fahrverbote für Dieselfahrzeuge erlassen können, müssen Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat nun schnell eine Kennzeichnungsverordnung verabschieden.
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Vorschlag der DUH zur Kennzeichnung von Dieselfahrzeugen.
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UMWELT UND WIRTSCHAFT
20 Jahre Tschernobyl
Das Restrisiko des Vergessens Die Diskussion über Laufzeitverlängerungen von Altreaktoren verdrängt die Lehren aus der größten Katastrophe der Technikgeschichte – und ignoriert die neuen Risiken. Unser Leiter Politik und Öffentlichkeitsarbeit Gerd Rosenkranz arbeitet die Geschehnisse seither auf. Der 26. April 1986 markiert das endgültige Ende der Technikgläubigkeit der Nachkriegszeit. Viel schlimmer: Das vom US-amerikanischen Präsidenten Dwight D. Eisenhower 1953 vor der Generalversammlung der UNO ausgerufene Programm „Atoms for Peace“ hatte sich mit der gewaltigen Explosion in Block vier der Atomzentrale von Tschernobyl endgültig als Irrweg erwiesen. Ihr eigentliches Ziel, die Verbreitung der Atombombe über den Globus zu verhindern, hatte sie verfehlt. Denn längst waren zu den offiziellen Atommächten neue hinzugekommen – in Indien, in Pakistan, in Israel. Und es sollten nicht die letzten Länder bleiben, die den Weg zur ultimativen Waffe fanden. Das Programm zur friedlichen Nutzung der Kernenergie hat aber nicht nur das Wissen über diese Hochrisikotechnologie über die Welt verbreitet, sondern auch die potenziellen Katastrophenherde. Tschernobyl – und zuvor schon im März 1979 die Kernschmelze im US-Reaktor Three Mile Island von Harrisburg – hat den Ausbau der Atomenergie im globalen Maßstab praktisch zum Erliegen gebracht und den Diskussionen über die „sanften“ Alternativen wie die Erneuerbaren Energien zum notwendigen Ernst verholfen. Die beiden Großunfälle waren nicht allein verantwortlich für das Ende des Booms. Aber die Atomwirtschaft hat sich nie von ihnen erholt.
dem Land mit den meisten Reaktoren, gab es seit 1973 keine Bestellung, die nicht später wieder storniert wurde. Von 28 Atomkraftwerken, die sich nach Angaben der Internationalen AtomenergieAgentur IAEA heute im Bau befinden, dümpeln fast die Hälfte seit 18 bis 30 Jahren als Bauruinen vor sich hin. Mit einer Ausnahme – dem Reaktorbau im finnischen Olkiluoto – befinden sich alle Baustellen mit Vollendungs-Perspektive in Asien. Nur als staatliche oder halbstaatliche Veranstaltung kann Kernenergie gegen andere Energiealternativen konkurrieren. Was wir erleben, ist nicht die Renaissance der Atomenergie, sondern die Renaissance der Ankündigungen. Trotzdem gibt es ein wachsendes „Restrisiko des Vergessens.“ Deutschland hat Tschernobyl das Bundesumweltministerium zu verdanken. „Wir müssen eine Energiezukunft ohne Kernenergie erfinden.“ Unter dieser Parole trat der zweite Amtsinhaber der Republik Ende der achtziger Jahre an. Er kam nicht von den Grünen, sondern von der CDU und hieß Klaus Töpfer. Damals wollte selbst die FDP Atomenergie nur noch für eine Übergangszeit akzeptieren. Die SPD beschloss beim Parteitag in Nürnberg im August 1986 nach Jahren quälender Diskussionen fast einstimmig den Atomausstieg.
Das waren die indirekten Folgen der Strahlenwolke, die aus Tschernobyl herüberwehte und die Umweltbewussten in Deutschland in Massen zu Aldi trieb, wo sie die Regale mit Dosengemüse leer fegten. Die Konsequenzen in den vormaligen Sowjetrepubliken sahen – und sehen – anders aus. Vor allem in Weißrußland (70 % des Fallouts), weniger in Russland oder der Ukraine (je 15 %). 400.000 umgesiedelte Menschen aus der verseuchten Zone, 600.000 bis 800.000 meist junge sowjetische Soldaten („Liquidatoren“), die jeweils nur für Stunden oder Tage in hochverseuchten Zonen am Rest des Reaktorblocks 4 für Aufräumarbeiten und den Bau des Sarkophags eingesetzt wurden. Und die verlogenste Zahl des Jahrhunderts, jene 32 Toten, die sowjetische Stellen und IAEA noch Jahre später bilanzierten. 2004 zählte man 10.000 Fälle von Schilddrüsenkrebs, ein Zuwachs um das 58-fache bei jungen Menschen (bis 18 Jahre) und um das 6-fache bei älteren, verdoppelte Brustkrebsrate bei jungen Frauen. Alle heute kolportierten Opferzahlen – auch die der Kernenergiekritiker – sind mit Vorsicht zu genießen, weil es unzweifelhafte Daten nicht gibt. Doch die Schätzungen über die Zahl der Tschernobyl-Toten reichen bis 50.000 oder 100.000.
Atomkraft: Keine Lösung für die Zukunft.
In Deutschland stammt die letzte Reaktorbestellung aus dem Jahr 1982, in Großbritannien die letzte Bauentscheidung aus dem Jahr 1979, in den USA,
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UMWELT UND WIRTSCHAFT Heute kommt zur „Altbewertung“ der Kernenergie eine notwendige „Neubewertung“ hinzu: Die Altbewertung lautet, ein Supergau kann sich jederzeit wiederholen. Eine Laufzeitverlängerung erhöht das Risiko überproportional, weil sicherheitsrelevante Komponenten trotz aller Nachrüst-Anstrengungen „altern“. Die „Neubewertung“ ist überfällig seit dem 11. September 2001. Seit diesem Tag ist der Absturz einer voll getankten Passagiermaschine auf ein Atomkraftwerk nicht mehr dem „Restrisiko“ zuzuordnen. Seine Wahrscheinlichkeit hat sich um mehrere Zehnerpotenzen erhöht, seit islamistische Extremisten Atomkraftwerke in ihre Zielplanung aufgenommen haben. Restrisiko? Das war einmal.
Terrorziel Atomkraftwerk?
Mythos Atomkraft – zum Weiterlesen Von unserem Leiter Politik und Öffentlichkeitsarbeit Gerd Rosenkranz gibt es zwei aktuelle Veröffentlichungen zu diesem Thema: Die 40 Seiten starke Broschüre „Mythos Atomkraft – über die Risiken und Aussichten der Atomenergie“ erhalten Sie kostenlos bei der Heinrich-BöllStiftung (Adresse siehe unten) oder zum Herunterladen unter: www .boell.de/downloads/oeko/mythos_atom_rosenkranz.pdf www.boell.de/downloads/oeko/mythos_atom_rosenkranz.pdf Das 380 Seiten starke Buch „Mythos Atomkraft – ein Wegweiser“, erschienen 2006, erhalten Sie für 6 Euro, ebenfalls bei der Heinrich-Böll-Stiftung. In einer Reihe von Beiträgen internationaler Experten präsentiert das Buch aktuelle Analysen und Informationen zu den großen Streitfragen Reaktorsicherheit, Brennstoffkreislauf, Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz.
Heinrich Böll Stiftung Rosenthaler Str. 40/41 10178 Berlin Telefon 030 / 28534-0 Telefax 030 / 28534-109 eMail: info@boell.de
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DUH-Förderprojekte DUH-Förderprojekte
UMWELT UND WIRTSCHAFT
Licht für Bauernhütten und Schulen – Solares Pilotprojekt Mida Stiftung Solarenergie bringt Photovoltaik nach Äthiopien In der Region Mida, 140 Kilometer nördlich von Addis Abeba, einer der ärmsten Regionen Afrikas, geht die Sonne bereits gegen 18 Uhr unter. Einzige Energiequelle ist oft eine Petroleumlampe,
DUH-Förderprojekte
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DUH-Förderprojekte
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DUH-Förderprojekte
die nur ein sehr schwaches Licht, aber sehr viel gesundheitsgefährdenden Rauch abgibt. Durch das fehlende Licht wird die Hausarbeit in den Tukulus (Bauernhütten) ebenso eingeschränkt wie der abendliche Schulunterricht der Primary School Kechemober. Das Dorf Meranya erhielt Ende 2004 eine netzgebundene Stromversorgung mittels Dieselgenerator, der für ca. drei Stunden pro Tag Strom liefern soll. Die abseits liegenden Weiler Kechemober und Diruamber konnten jedoch nicht angeschlossen werden, und so wurde hier die Installation von Solarsystemen beschlossen. Diese wurden von der Stiftung Solarenergie sorgfältig ausgewählt nach den Kriterien: Technisch sicher, einfach zu handhaben, automatisch und weitgehend wartungsfrei. In einem Modellprojekt wurde Ende März 2005 zunächst in 30 Hütten eine Sunbox installiert mit 2 Lampen, eine in der Haupthütte und eine in der daneben liegenden Küche. Bei allen Installationen war ein eigens instruierter Elektrotechniker aus dem Dorf dabei, der auch künftig für die Wartung der Solarsysteme verantwortlich ist. Die Projekte dienen daher auch als Starthilfe für das lokale Handwerk. In einer Dorfversammlung vor der Wohnung des Dorfpriesters wurde den Bewohnern die Funktionsweise erläutert: Die Menschen können das Solarsystem nutzen und zahlen statt für das Petroleum nun für den Solarstrom. Das Geld wird von der Dorfgemeinschaft verwaltet und für Wartung und Betrieb der Solaranlagen verwendet.
moduls die Möglichkeit erhalten soll, Abendkurse anzubieten. Viele Kinder müssen tagsüber ihren Eltern auf dem Feld helfen, um den Lebensunterhalt der Familie zu sichern. Eine Schulbildung können sie nur am Abend erhalten. Dies ist nun dank der installierten solaren Beleuchtung möglich. Ebenso wurden die Addis Alem Primary School und die Unterkünfte der Lehrkräfte mit Solarstrom ausgestattet, was die Arbeitsbedingungen deutlich verbessert hat und Schädigungen von Augen und Atemwegen durch die bisher genutzten Kerosinlampen verhindert.
Solarenergie. Der HAND IN HANDFonds hat als Solarpate das Projekt „Licht für Bildung“ ermöglicht. Und das Pilotprojekt hat positive Konsequenzen: Die Bewohner eines 30 km entfernt liegenden Dorfes haben sich nach der Besichtigung des Solardorfs Kechemober für die Nutzung der Solarenergie und gegen die Installation eines großen Dieselgenerators ausgesprochen. Nun werden auch dort durch die Stiftung Solarenergie im Herbst 2006 rund 1.200 Hütten mit Solarstrom ausgerüstet. www.stiftung-solarenergie.de
Mittlerweile berichten die Bewohner einstimmig sehr positiv über die neuen Möglichkeiten durch das abendliche und ausreichende Licht: “Es ist wie ein neues Leben“, so äußerte sich eine Frau gegenüber den Vertretern der Stiftung
Aufstellen des Solarmoduls vor der Dorfschule in Kechemober (oben). Familie Shferaw: glückliche Nutzer einer Solaranlage (unten).
Es war ausdrücklicher Wunsch der Dorfgemeinschaft von Kechemober, dass die Primary School Kechemober, in der 180 Kinder von 5 Lehrerinnen und Lehrern unterrichtet werden, mittels eines Solar-
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MENSCHEN FÜR NATUR
30 Jahre Naturschutz – die Gewinner stehen fest Mit einem Preisausschreiben unter den Katalog-Empfängern des Biber Professor Dr. Gerhard Thielcke und Agnes Sauter, Assistentin des Bundesgeschäftsführers, ermittelten in der DUH Bundesgeschäftsstelle die Gewinner des Preisausschreibens des Biber Versandes.
Versands erinnerte die Deutsche Umwelthilfe an ihren Geburtstag. Der Einsatz für die Erhaltung von Flüssen als Lebensadern unserer Landschaft war seit den Gründungs-
Fiete Beckmann mit seiner BiberTrophäe, die zu Hause einen Platz im Garten bekommen soll.
tagen der Deutschen Umwelthilfe ein wichtiger Arbeitsschwerpunkt. Daraus entwickelte sich das ProjektNetzwerk „Lebendige Flüsse“. Renaturierungen und Umweltbildungsinitiativen von der Elbe bis an die Donau und vom Rhein bis an die Oder schufen Allianzen für den Schutz dieser vielfältigen Lebensräume. Es hat sich gelohnt. Nutznießer sind nicht nur seltene Vögel wie Flussuferläufer und Eisvogel oder Menschen, die wieder in der Elbe baden können. Auch der Biber ist auf dem Vormarsch. Wo Raum für ihn ist und die Flüsse und Bäche ihre Dynamik entfalten können, hat er eine Chance. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war er nahezu ausgerottet in Deutschland. Die Biberpaten und Spender der Deutschen Umwelthilfe haben dazu beigetragen, dass heute fast 10.000 Biber wieder an Flüssen und Bächen heimisch sind.
Mit dem Preisausschreiben beim Biber Versand wurden neue Biberfreunde gewonnen. Zahlreiche Biberfans hatten sich gemeldet und für das Naturschutzprojekt Wrechow Polder an einem Zufluss der Elbe gespendet. Hier entstehen nicht nur Lebensräume für den Biber, sondern auch Rastgebiete für Zugvögel. Frau Sigrun Marqualt gewann den 1. Preis, eine Naturschutz-Exkursion ins „Biberland“ an der Elbe. Der neunjährige Fiete Beckmann freute sich über eine außergewöhnliche Natur-Skultpur: ein Fraßstück, von einem echten Biber geschaffen. Wir gratulieren den Gewinnern ganz herzlich!
Ein letzter Gruß: Spenden statt Kränze Teurer Grabschmuck verwelkt schon nach kurzer Zeit. Unsere langjährige Spenderin, Frau M. aus Frankfurt wünschte sich am Ende ihres Daseins ein Zeichen des Lebens. Sie bat ihre Angehörigen und Freunde darum, bei der Beerdigung auf Schnittblumen zu verzichten und statt dessen für die Deutsche Umwelthilfe zu spenden. Leider können wir uns bei ihr für diesen letzten Gruß nicht bedanken, aber wir danken den Angehörigen und Freunden, dass sie diesen Wunsch in die Tat umgesetzt haben. Die zahlreichen eingegangenen Spenden zeigen, wie “Menschen für Natur” über den Tod hinaus Gutes tun können.
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