DUHwelt DAS MAGAZIN DER DEUTSCHEN UMWELTHILFE
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2007
DUH welt 1/2007
DUH-Umwelt-Medienpreis Laufzeit neuer Kohlekraftwerke befristen Fokus Natur – Messe für Naturbeobachtung am Bodensee Deutsche Autobauer hintertreiben Klimaschutz 1
Auf ein Wort...
Inhalt DUH AKTUELL
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Laufzeit neuer Kohlekraftwerke befristen Feuchtwälder retten
IM BLICKPUNKT
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DUH-Umwelt-Medienpreis Die Saga vom Vogel in der Hand
LEBENDIGE ELBE
Liebe Leserinnen und Leser, das Jahr ist noch nicht alt, doch es ist schon so viel geschehen in dieser kurzen Zeit. Beim Thema Klimaschutz überschlagen sich schier die Ereignisse. Die jahrelang von den Regierungen stiefmütterlich behandelte Aufgabe steht plötzlich ganz vorn auf den Prioritätenlisten. Das freut uns und es macht uns auch ein wenig stolz. Aber jetzt gilt es, das Eisen zu schmieden, solange es heiß ist. Wir sind ganz vorn dabei, wenn es um schärfere CO2 -Grenzwerte für PKW geht, um bessere Regeln für den Emissionshandel oder den Kampf gegen neue Kohlekraftwerke. Auch in Sachen Naturschutz haben wir Erfreuliches zu berichten. An der Sude und im Wulfener Bruch entsteht neues Leben. In den zwei Projektgebieten gelingt es – auch dank Ihrer Spenden – wertvolle Feuchtwiesen zu erhalten, sie durch Beweidung offen zu halten und damit für den Naturschutz zu sichern. In diesem Jahr gibt es ein Jubiläum zu feiern. Zehn Jahre Partnerschaft für die Lebendige Elbe verbinden die Deutsche Umwelthilfe und das Verlagshaus Gruner + Jahr. Wir sagen Dank für viele großartige Projekte und Ereignisse, die in dieser Parterschaft möglich wurden. Im Januar haben wir in festlichem Rahmen den Umweltmedienpreis der Deutschen Umwelthilfe an verschiedene Preisträger verliehen. Ein Sonderpreis ging an Al Gore für seinen aufrüttelnden Klima-Film „Eine unbequeme Wahrheit.“ Zwei weitere Filmer wurden ebenfalls prämiert: Ernst Arendt und Hans Schweiger. Ihre Tierfilme sind überaus einfühlsam und frei von jeder Sentimentalität. Ich wünsche Ihnen in diesem Frühling viel Freude in unseren lebendigen Landschaften.
Ihr
Prof. Dr. Harald Kächele Bundesvorsitzender Deutsche Umwelthilfe e.V.
DUH welt 1/2007
Neues Leben an der Sude und im Wulfener Bruch 10 Jahre Patnerschaft für die Lebendige Elbe Treideln an der Elbe
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LEBENDIGE FLÜSSE
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30.000 Alt-Handys für Lebendige Flüsse Die Werra ist kein Entsorgungskanal
UMWELT ERLEBEN Fokus Natur – Messe am Bodensee
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DUH MARKT
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GLOBAL NATURE FUND Pantanal- Bedrohter See des Jahres 2007 Netzwerk Living Lakes Osteuropa-Deutschland
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NATURSCHUTZ
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Bundeshauptstadt im Naturschutz gesucht
„UNBEKANNTE“ TIERARTEN
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Die Wasseramsel: Tauchkünstlerin
DUH INTERN
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Interview mit Rainer Baake
KREISLAUFWIRTSCHAFT
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Glühlampen EU-weit verbieten
ENERGIE UND KLIMASCHUTZ Deutsche Autobauer unter Druck Interview mit Rastatts OB Klaus-Eckhard Walker Mehr als 200 Teilnehmer bei SolarLokal
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HAND IN HAND-FONDS
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10 Jahre HAND IN HAND-Fonds
MENSCHEN FÜR NATUR
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Frühling auf dem Friedhof IMPRESSUM
Zeitschrift für Mitglieder und Förderer der Deutschen Umwelthilfe e.V. Herausgeber: Deutsche Umwelthilfe e.V., Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell, Tel.: 07732/99 95-0, Fax: 07732/99 95-77 http://www.duh.de, E-Mail: info@duh.de V.i.S.d.P.: Rainer Baake, Jürgen Resch Redaktion: Melanie Reimer, Jutta Kochendörfer, Prof. Dr. Gerhard Thielcke, Michael Hadamczik Gestaltung: Claudia Kunitzsch Druck: Wachter GmbH, Bönnigheim Anzeigen: Michael Hadamczik; es gilt die Anzeigenpreisliste 2006 Verlag und Vertrieb: DUH Umweltschutz-Service GmbH, Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft Köln (BLZ 370 205 00) 8 190 002 Gedruckt auf 100 % Recycling-Papier Fotos: Titelseite: Wasseramsel, R. Groß/OKAPIA; S. 3: BUND Berlin; S. 4: pixelquelle.de; S. 5: O. Hahn (o), G. Bobrowicz (m), NABU Nordvorpommern (u); S. 6 bis 8: A. Busch, R. Kir chmann,Arendt/Schweiger; S. 10: J. Beisiegel; S. 11: O. Hahn (o,m); A. Wenk (u); S.12: O. Hahn, G. Thielcke, I. Wandmacher, F. Neuschulz; S. 13: D. Damschen; S. 14: wikipedia, N. Bock; S. 16: C.-P. Herrn, T-Mobile; S. 17: S. Gunkel; S. 18: BodenseeStiftung; S. 20/21: G. Ziesler; S. 22: NABU Kirgiatan (o), S. Kulagin (u); S. 23: Fundación Global Nature; S. 24: Project Isabela; S. 26: GEO (l), L. Domdey (m), pixelquelle.de (r); S. 27: G. Fischer/Naturfoto-Online; S. 28: Bugday; S. 29: O. Hahn (l), R. E. Kunz/Save (u); S. 30: R. Groß/OKAPIA (o), J. Balthasar/OKAPIA (u); S. 31: Dr. H. Brehm/OKAPIA; S. 32: axentis.de/Lopata; S. 33: DUH; S. 34: Lightcycle; S. 36: pixelquelle.de; S. 38: DUH, Rastatt; S. 39: O. Hahn; S. 39: Stadt Münster; S. 40: solarcomplex; S. 41: DUH, O. Hahn; S. 43: pixelquelle.de, privat; S. 44: : pixelquelle.de
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Heftpreis: € 1,50
April 2007
DUH AKTUELL
Laufzeit neuer Kohlekraftwerke befristen Die DUH wendet sich gegen die Praxis unbefristeter Betriebsgenehmigungen für neue Kohlekraftwerke in Zeiten des Klimawandels. Sonst können künftige Klimaschutzvereinbarungen und die Beschlüsse, die der Europäische Rat im März zum Klimaschutz gefasst hat, nicht dauerhaft eingehalten werden. ■ In den kommenden Jahren wollen inund ausländische Stromversorger in Deutschland 26 große Kohlekraftwerke mit einer Gesamtleistung von bis zu 26.000 Megawatt errichten. Diese Kraftwerksplanungen stehen jeder mittelund langfristig tragfähigen CO2-Minderungsstrategie diametral entgegen. Würden alle geplanten oder bereits beantragten Kraftwerksprojekte realisiert und dann über Jahrzehnte mit hohem Kohlendioxid-Ausstoß betrieben, könnte Deutschland seine angestrebten Minderungsziele nicht mehr verwirklichen.
Die Leistung der geplanten Kraftwerke entspricht etwa einem Fünftel der in Deutschland derzeit insgesamt installierten Kraftwerksleistung, ihre Kohlendioxid-Emissionen aber würden mehr als die Hälfte des allen Kraftwerken in Deutschland in den Jahren 2008 bis 2012 zugestanden Klimagasausstoßes in Anspruch nehmen. Der Europäische Rat hatte im März in Brüssel beschlossen, die CO2-Emissionen europaweit um mindestens 20, wenn andere Industrieländer mitziehen, sogar um 30 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. In Deutsch-
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land, das voraussichtlich sogar 40 Prozent schaffen muss, würde die unbefristete Genehmigung neuer Kohlekraftwerke dieses und mehr noch alle späteren Ziele untergraben.
Kein Freibrief für Klimakiller Neu errichtete Braun- und Steinkohlekraftwerke sollen daher nur noch eine befristete Betriebsgenehmigung für einen Zeitraum von zehn Jahren erhalten. Danach soll eine Verlängerung nur möglich sein, wenn zu diesem Zeitpunkt die dann besten verfügbaren Technologien zur Minderung der KohlendioxidEmissionen zum Einsatz kommen. „Es ist nicht länger hinnehmbar, dass Unternehmen für 50 Jahre und mehr einen Freibrief erhalten, Brennstoffe einzusetzen, bei deren Verstromung die doppelten bis dreifachen CO2-Frachten ausgestoßen werden als heute aus modernen Gaskraftwerken. Wir erwarten eine Lenkung der Investitionen in Richtung erneuerbare Energien und Erdgas“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake. Nach dem Konzept der Umwelthilfe soll die zehnjährige Befristung der Betriebs-
genehmigungen im Rahmen des geplanten Umweltgesetzbuchs eingeführt werden. Betroffen wären alle Kraftwerke, die mehr CO2 ausstoßen als mit der heute besten verfügbaren Technik notwendig wäre. Diesen Stand der Technik repräsentieren derzeit moderne Gaskraftwerke mit einem Wirkungsgrad um die 60 Prozent. Sie emittieren pro Kilowattstunde etwa 365 Gramm CO2 und würden nach dem DUH-Konzept wie bisher unbefristet genehmigt. Neue Steinkohlekraftwerke stoßen dagegen rund 750 Gramm aus, aktuell gebaute Braunkohlekraftwerke sogar 950 Gramm.
Stilllegungsgezerre vermeiden Ohne eine solche Regelung könnte der Einsatz von neuen Technologien nach der Genehmigung eines Kohlekraftwerks kaum mehr durchgesetzt werden. Das DUH-Konzept ist daher geeignet, die staatliche Handlungsfähigkeit in der Klimapolitik für die kommenden Jahrzehnte zu sichern. Cornelia Ziehm, Leiterin Verbraucherschutz und Recht bei der DUH, begründet den Paradigmenwechsel: „Unbefristete Genehmigungen für Klimakiller-Kraftwerke passen nicht mehr in die Zeit. Sie würden in zehn oder fünfzehn Jahren mit Sicherheit zu einem Stilllegungsgezerre um veraltete Kohlekraftwerke und milliardenschwere Schadensersatzforderungen führen, wie wir es seit bald einer Dekade von den Atomkraftwerken her kennen“. DUH welt 1/2007
DUH AKTUELL
Feuchtwälder retten ■ Artenreiche Feuchtwälder sind in
Deutschland seit Jahrzehnten auf dem Rückzug, weil ihnen Entwässerungen die Lebensgrundlage entziehen. Vor allem die im norddeutschen Raum konzentrierten Erlen-, Moorbirken- und Auwälder überleben vielfach nur noch als inselartige Relikte.
Kormoran: Opfer von Unvernunft.
Sachsen gibt Kormorane zum Abschuss frei ■ Auf Antrag des sächsischen Ministers Stanislaw Tillich hat das sächsische Kabinett eine Verordnung beschlossen, nach der Teichwirte sowie Inhaber und Pächter von Fischereirechten Kormorane schießen dürfen, und zwar von Mitte August bis Ende März. Als einer der Gründe für die Bejagung wird der Rückgang nach europäischem Recht geschützter Fischarten angegeben. Dagegen gibt es nach Angaben der Naturschützer für sächsische Fließgewässer keinen Nachweis eines erheblichen Rückgangs der Bestände gefährdeter Fischarten. Somit ist die Voraussetzung für eine Ausnahme des Verfolgungsverbots nach dem Bundesnaturschutzgesetz nicht gegeben. Völlig unakzeptabel sind Abschüsse in europäischen Vogelschutzgebieten. Denn die Schießerei wird sich auf viele gefährdete Vogelarten negativ auswirken.
Ziel der DUH-Initiative „Lebendige Feuchtwälder“ ist es, das vorhandene Know-how zur Wiedervernässung ehemaliger Feuchtwälder zusammenzutragen, Pilotvorhaben zu starten und das allgemeine Bewusstsein für die Bedeutung feuchter Wälder auch als Beitrag zum Klimaschutz zu entwickeln. Feuchtwäldern kommt neben ihrem hohen landschaftsästhetischen Reiz und der mit ihnen verbundenen Biodiversität auch im Zusammenhang mit der aktuellen Klima-Diskussion ein hoher Stellenwert zu. Laut Studien der Universität Greifswald binden zum Beispiel Erlenbruchwälder bis zu 30 Tonnen CO2 pro Hektar und Jahr. Sie funktionieren somit als Kohlenstoffsenke und können darüber hinaus bei guter Wasserversorgung zusätzlichen Kohlenstoff im Boden und im Holzvorrat binden. An vielen Orten haben Waldeigentümer, Förster, Wissenschaftler und Umweltverbände schon in der Vergangenheit versucht, dem Trend einer immer stärkeren Austrocknung dieser Wälder entgegenzuwirken. Oft genügt es schon, ehemalige Gräben wieder zu verschließen, um
den Grundwasserstand anzuheben und die Regeneration der Wälder einzuleiten. Die Erfahrungen dieser unterschiedlichen Initiativen sollen im Rahmen des DUH-Projektes zusammengetragen und schließlich in Form eines „Leitfadens“ den interessierten Flächeneigentümern, Forstbehörden und Umweltgruppen zur Verfügung gestellt werden – zur Nachahmung empfohlen. „ Obwohl es sich oft nur um kleine Flächen handelt, können mit einfachem Biotopmanagement erstaunliche Erfolge erzielt werden,“ sagte Frank Neuschulz, Leiter Naturschutz der Deutschen Umwelthilfe. Die DUH verfügt mit ihrem seit langem bestehenden Netzwerk „Lebendige Wälder“ über beste Voraussetzungen, bislang noch unerkannte „Perlen“ unter den Feuchtwäldern bundesweit aufzuspüren und einem breiten Publikum bekannt zu machen. Die weltweit agierende Alcoa Foundation unterstützt das Projekt finanziell.
Schwarzstörche suchen in feuchten Wäldern nach Nahrung.
Feuchter Laubwald in Nordvorpommern.
In Teichwirtschaften mit Karpfen ist die Schadwirkung des Kormorans belegt. Durch Verhinderung des Brütens, mit Vergrämungsabschüssen und mit Zahlungen in Härtefällen wurde bisher ein tragbarer Kompromiss zwischen den Belangen der Fischer und der Vogelschützer gefunden. Die Kormoranverordnung von Stanislaw Tillich ist deshalb so unnötig wie ein Kropf. DUH welt 1/2007
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IM BLICKPUNKT
Sendeplätze für unbequeme Wahrheiten Verleihung des DUH-Umwelt-Medienpreises ein voller Erfolg
Zum 11. Mal verlieh die Deutsche Umwelthilfe im Januar 2007 ihren DUH-Umwelt-Medienpreis. Diese Auszeichnung geht an Menschen, die sich als Journalisten, Redakteure, Dokumentarfilmer oder Hauptdarsteller in einem Film besonders verdient um den Natur- und Umweltschutz gemacht haben. „Die diesjährige Umwelt-MedienpreisVerleihung war phänomenal. Preisträger, Laudatoren, Moderatoren, Ambiente und Rahmenprogramm: alles stimmte und passte wunderbar. Es hat Mut gemacht, den schönen Reden über tolle journalistische Leistungen zuzuhören.“ Diese Zuschrift eines Teilnehmers an der Preisverleihung spricht für sich. Der historische Kassensaal der Kreditanstalt (KfW) für Wiederaufbau im Herzen Berlins war bei der festlichen Veranstaltung mit 240 Besuchern bis auf den letzten Platz besetzt.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel beglückwünscht die Preisträger im Beisein von Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer DUH (links), und Prof. Dr. Harald Kächele, Bundesvorsitzender DUH (rechts).
Bedeutung steigt Die Bedeutung des DUH-Umwelt-Medienpreises steigt für die Preisträger, Redaktionen und Sendeplätze von Jahr zu Jahr. Er ist unbestritten der wichtigste Preis seiner Art in Deutschland. Natur-
Der historische Kassensaal der KfW, bis auf den letzten Platz besetzt.
v.l.: Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer DUH, Bundesumweltminister Sigmar Gabriel und Joachim Horn, CTO T-Mobile International AG.
Urkunde des Sonderpreises an Al Gore für den Klimaschutz-Film „Eine unbequeme Wahrheit“
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v.l.n.r.: Prof. Dr. Harald Kächele, Pia Zimmermann und Laudator Prof. Dr. Manfred Niekisch.
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IM BLICKPUNKT und Umweltschutz als ständiges Thema in den Medien zu halten, ist zur Zeit besonders notwendig. Gerade heute, wo viele Politiker versuchen, die von amtlichen und privaten Naturschützern erstrittenen gesetzlichen Regelungen wieder abzubauen. Mit den Medienpreisen würdigen wir nicht allein die Preisträger, sondern stärken auch Redakteuren, Zeitungen, Zeitschriften und Sendern den Rücken, engagierten Beiträgen zum Thema Umweltschutz einen Platz einzuräumen.
Wir danken T-Mobile Deutschland für die kontinuierliche und zuverlässige Unterstützung.
■ Manfred Kriener wurde in der Kategorie Printmedien ausgezeichnet. Er ist ein Ausnahme-Journalist, der mit seinen fachkundigen Texten in vielen großen Zeitungen und Zeitschriften vertreten ist. Unter anderem war er elf Jahre taz-Redakteur für Ökologie. Als Kolumnist schreibt er die älteste Umweltglosse im deutschen Blätterwald: der „Hammer des Monats“ fällt in der Zeitschrift natur+kosmos. Kriener über sich selbst: „Ich schreibe gerne über Plutonium, Dioxin, Acrylamid, über Waldsterben, Bevölkerungsexplosionen und andere multiple Nekrosen. Am liebsten schreibe ich Glossen und Kommentare.“
■ Al Gore, Vizepräsident der USA unter Bill Clinton und engagierter Umweltschützer, erhielt einen Sonderpreis für den Film „Eine unbequeme Wahrheit“, der 2006 weltweit in die Kinos kam. Al Gore führt als Hauptdarsteller durch das Werk und informiert auf ebenso unterhaltsame wie informative Weise die US-amerikanische Bevölkerung und die Zuschauer in aller Welt über Treibhausgase und den damit verbundenen Klimawandel. Er schafft es dabei, ein Massenpublikum für den Klimaschutz zu interessieren. Bei jungen Leuten kommt dieser wichtige Umweltfilm besonders gut an.
Die Preisträger ■ Pia Zimmermann erhielt die Auszeichnung in der Kategorie Hörfunk. Beim Hessischen Rundfunk ist sie als Redakteurin verantwortlich für die Planung, Produktion und Präsentation der Schwerpunktsendung „Umwelt & Entwicklung“. Frau Zimmermann verfasst außerdem hochwertige Radiobeiträge zu natur- und umweltbezogenen Themen. Mit der Preisverleihung würdigt die Deutsche Umwelthilfe auch die Tatsache, dass beim Hessischen Rundfunk Umweltthemen, durch Fachkompetenz geführt, ihren Platz auch im aktuellen Programm von „hr-info“ haben.
Preisträgerin Pia Zimmermann bei ihrer Dankesrede.
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■ Beatrice Sonhüter erhielt unsere Auszeichnung in der Kategorie Fernsehen. Mit ihren Reportagen, Dokumentationen und Features gelingt es ihr in hervorragender Weise, komplexe Umweltthemen für ein breites Publikum darzustellen. Ihre Informationen sind verständlich und auf inhaltlich hohem Niveau zugleich. In der ARD wurden zum Beispiel ihre packenden Berichte „Brot für die Welt – Fleisch für die Müllverbrennung“ und „Cadmium in Düngemitteln“ ausgestrahlt. In ihren Beiträgen wagt sie sich auch an die kritische Bewertung ethischer Gesichtspunkte bei Biotechnologien.
Manfred Kriener und Laudator Dr. Gerd Rosenkranz
Der Film von Al Gore „Eine unbequeme Wahrheit“ läuft bundesweit in Kinos und in Schulen.
Beatrice Sonhüter freut sich über ihre Auszeichnung.
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IM BLICKPUNKT
Mit einer Videobotschaft dankt Al Gore für die Auszeichnung. Die Urkunde nimmt stellvertretend Karola Schmitt, Publicity Manager Universal Pictures International, entgegen. Laudator Sigmar Gabriel betonte die große Bedeutung des Films für die weltweite Klima-Debatte.
Die Saga vom Vogel in der Hand
■ Ernst Arendt und Hans Schweiger, Tier- und Naturfilmer, ehrten wir für ihr Lebenswerk. Die Beiden wurden durch die ARD-Sendereihe „Tiere vor der Kamera“ bekannt. In ihren Filmen beschreiben sie mit großer Geduld und Einfühlungsvermögen Tiere in ihrem Lebensraum. Die Beiträge von Arendt und Schweiger heben sich erfreulich von den billigen Zoo-Serien ab, die in den vergangenen Jahren den traditionell guten Tier- und Naturfilm weitgehend verdrängt haben.
Hans Schweiger (links) und Ernst Arendt (rechts) umrahmen ihren Laudator Prof. Dr. Gerhard Thielcke.
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■ Der neueste Film unserer Medienpreisträger Ernst Arendt und Hans Schweiger trägt den Titel „Die Saga vom Vogel in der Hand“. Die Anregung dafür lieferte das vor 100 Jahren erschienene Buch „Mein Freund der Regenpfeifer“ des schwedischen Schriftstellers und Tierfotografen Bengt Berg. Der Film erzählt die Geschichte des Mornellregenpfeifers in Nordschweden. Die Einwohner Lapplands nennen diesen Vogel Lahol. Sie sagen: „Lahols Nest, das kannst Du nicht suchen – das liegt, so Gott will, eines Tages auf des Wanderers Weg.“ Und eines Tages lag es vor den Füßen der überraschten Naturfilmer. Zwei Wochen später erfüllte sich die Hoffnung der Beiden. Behutsam legten sie die Eier des Mornells in Ernst Arendts Hände, und der kleine Vogel brütete dort. Sie schrieben dazu: „Es ist ein bewegender Moment, wie die Begegnung mit dem Paradies, die Versöhnung von Mensch und Natur.“
Beatrice Sonhüter mit ihrem Laudator Prof. Dr. Michael Braungart.
Renate Künast, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen, mit Erika Blank, DUH, federführende Organisatorin der Preisverleihung.
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LEBENDIGE ELBE
Neue Lebensräume an der Sude und im Wulfener Bruch
Östlich der Elbe fließt die Sude von
Wildgänsen. Seit 2001 hat die Stork Foundation zehn Bodensenken – sogenannte Blänken – ausbaggern lassen. Hier leben viele kleine Tiere. Sie sind die Nahrung für Weißstorch, Kranich, Bekassine und andere Watvögel. Nach der Ansiedlung von Wasserpflanzen entwickeln sich die Blänken zu Brutplätzen für Teichrohrsänger und Enten.
Mecklenburg kommend nach etwa 70 Kilometern bei Boizenburg in Niedersachsen in die Elbe. In der wildromantischen Niederung des Flusses ist auf 1.000 Hektar Fläche ein Naturparadies entstanden.
2006 ist das Naturparadies in der Sudeniederung 350 Hektar größer geworden. Der Besitzer ließ diese Fläche einzäunen und mit Blänken attraktiv für Amphibien und Vögel machen. In diesem Gebiet weiden ebenfalls Heckrinder.
■ Großräumig wurden Weideflächen
durch kilometerlange stabile Weidezäune eingegrenzt. Hier halten dem Auerochsen nachgezüchtete Rinder und Konikpferde die Landschaft offen. Weißstörche, Kraniche, Wachtelkönige und Bekassine danken es ihnen, denn die von Feuchtwiesen geprägte Landschaft bietet ideale Brut- und Rastplätze. Nasse Wiesen werden von März bis Juni nicht beweidet. Das soll verhindern, dass Nester von Wiesenvögeln zertreten werden. Im Winterhalbjahr rasten auf diesen Flächen große Scharen von
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Heckrind in der Sudeniederung.
In den Sudewiesen gibt es nicht nur Feuchtgebiete, sondern auch trockene Flächen mit blütenreichen Wiesen, extensiv bewirtschafteten Äckern, auf denen Wachteln brüten und Viehweiden mit Neuntötern und Braunkehlchen. Im Sudegebiet arbeiten zusammen: The Stork Foundation – Störche für unsere DUH welt 1/2007
LEBENDIGE ELBE Kinder, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, die Deutsche Umwelthilfe und das Staatliche Amt für Umwelt und Natur in Boizenburg.
Beweidung im Wulfener Bruch Das Wulfener Bruch mit seinen mehr als 800 Hektar Fläche liegt westlich der Stadt Dessau (Landkreis Köthen, Sachsen-Anhalt) im Biosphärenreservat „Flusslandschaft Elbe”. Vor 1856 lag das Bruch im Überschwemmungsraum von Elbe und Saale. Aufgrund des hohen Grundwasserspiegels konnte kein Ackerbau, sondern nur extensive Grünlandnutzung betrieben werden. 1971 brüteten hier noch 175 Paar Kiebitze, 19 Paar Brachvögel und 20 Paar Bekassinen. In den folgenden Jahren wurde das Gebiet großflächig entwässert, und die Bestände nahmen stark ab. Seit 1983 steht ein Teil des Wulfener Bruchs unter Naturschutz. 1990 wurde das Naturschutzgebiet auf 430 Hektar erweitert. Im Schutzgebiet darf nicht gedüngt und vor dem 15. Juni nicht gemäht werden. Trotz dieser Regelungen gibt es genug Arbeit für Naturschützer. Mit einem Beweidungsprojekt will der Kreisverband Köthen des NABU (Naturschutzbund) den alten Kulturzustand des Gebietes als eine offene artenreiche Feuchtwiesenlandschaft wiederherstellen. Seit 1994 hat der NABU hierfür 150 Hektar im Naturschutzgebiet gekauft. Dies konnte mit Unterstützung der Deutschen Umwelthilfe und mehrerer anderer Verbände, vor allem des Vogelschutz-Komitees und der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt, realisiert werden. Ziele sind, das zweigeteilte Schutzgebiet mit einem Korridor zu verbinden und Ackerflächen in Feuchtwiesen zurück zu verwandeln.
Graugänse in der Sudeniederung.
Dass der NABU mit seinem Beweidungsprojekt einen richtigen Weg beschreitet, lässt sich mittlerweile in der Landschaft ablesen: Auf den beweideten Flächen brüten Kiebitze, Wachteln, Feldlerchen, Schafstelzen, Braunkehlchen und Neuntöter. Auf einer Dauerweide fand ein Botaniker seit Beginn der Beweidung 18 Pflanzenarten der Roten Liste SachsenAnhalts.
Neuntöter brüten im Wulfener Bruch und in der Sudeniederung.
Erfolge für die Artenvielfalt Dem NABU-Kreisverband stehen seit 1999 Heckrinder als Landschaftspfleger zur Seite. Seit 2000 weiden zusätzlich Wildpferde, so genannte PrzewalskiPferde, im Wulfener Bruch. 2001 wurde das erste Przewalski-Fohlen geboren. Die Weidetiere fressen die Flächen ungleichmäßig ab. Dadurch entsteht die gewünschte Mosaikstruktur. DUH welt 1/2007
Selma, geboren im November 2006, ist das sechste Przewalski-Fohlen, das im Wulfener Bruch zur Welt gekommen ist. In dem von der DUH unterstützten Projekt werden auf etwa 100 Hektar Wildpferde und Heckrinder erfolgreich zur Landschaftspflege eingesetzt.
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LEBENDIGE ELBE
Jubiläum
10 Jahre Partnerschaft für die Lebendige Elbe
■ Mit Stolz blicken wir auf ein Jahrzehnt voller Ereignisse zurück. Eine gewaltige Palette unterschiedlicher Projekte konnten wir gemeinsam in dieser Zeit fördern und umsetzen.
Unter dem Motto „10 Jahre Leben-
Sie reicht von Vorhaben des Natur- und Artenschutzes über vielfältige Maßnahmen der Umweltbildung bis hin zur politischen Lobbyarbeit gegen den Flussausbau. Nicht zu vergessen die Elbebadetage, die Tausende von Menschen an die Elbe lockten. Sie erlebten die besonderen Qualitäten dieses Flusses auch als Erholungs- und Freizeitraum. Regelmäßige Reisen mit Journalisten an ausgewählte Elbabschnitte von der Quelle bis zur Mündung trugen dazu bei, das Thema in die Öffentlichkeit zu
ner + Jahr am 26. April 2007 das
dige Elbe: Rückschau – Erfolge – Visionen“ feiern die Deutsche Umwelthilfe und das Verlagshaus Gru10-jährige Bestehen des Projektes „Lebendige Elbe“.
tragen. Die Schönheit der Natur und der Reichtum an Kulturschätzen der Elbelandschaften begeistern nicht nur die Menschen, die an der Elbe leben, sondern tragen auch zur nachhaltigen Entwicklung des Tourismus bei. Bei der Festveranstaltung im Auditorium des Verlagshauses Gruner + Jahr in Hamburg werden „Meilensteine“ der Kampagne, Persönlichkeiten, die das Projekt langjährig begleitet haben, aber auch Elbe-Literatur, Unterhaltsames und ein Blick in die Zukunft präsentiert. Über die Jubiläumsfeier werden wir ausführlich in der nächsten Ausgabe der DUHwelt berichten. Rückfragen bei Agnes Sauter, Tel.: 07732/9995-11 und Dr. Frank Neuschulz, Tel.: 0160/8950556.
Deichrückverlegung in Lenzen Von den rund sieben Kilometern neu-
Auwald gepflanzt. Die Burg Lenzen
Deutsche Umwelthilfe e.V.
er Deichbautrasse sind rund ein Drittel fertig. Schon viele neue Flachgewäs-
(Auenökologisches Zentrum des BUND, Bild rechts) erstrahlt in neuem Glanz und
Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell Tel.: 07732-9995-0, Fax: 07732-9995-77
ser sind im künftigen Vorland der Elbe (425 Hektar neuer Überflutungsraum)
nimmt auch schon die ersten Gäste auf. Jeder, der sich mit Fragen des Hochwas-
info@duh.de
entstanden. Hier sammeln sich schon hunderte von Gänsen und auch die
serschutzes beschäftigt, sollte sich diese bundesweit einzigartige Baustelle nicht
ersten Kraniche zur Übernachtung. Im Herbst wurden ca. 20 Hektar neuer
entgehen lassen. Infos zur Übernachtung und zur Baustelle:
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Das Projekt „Lebendige Elbe“ wird unterstützt von:
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LEBENDIGE ELBE
Auwaldrodung im Biosphärenreservat Elbe
Was Minister Sander unter Naturschutz versteht An der unteren Mittelelbe, im niedersächsischen Teil des UNESCOBiosphärenreservats Flusslandschaft Elbe, griff Landesumweltminister Heinrich Sander (FDP) im November 2006 eigenhändig zur Kettensäge (DUHwelt berichtete). Zudem sind anscheinend weitere Abholzungen auf der Grundlage eines Erlasses von Minister Sander geplant.
■ Der fragliche Elbabschnitt liegt jedoch nicht nur im Biosphärenreservat, sondern zugleich auch im Schutzgebiet „Elbniederung zwischen Schnackenburg und Lauenburg“ nach der EU-FaunaFlora-Habitat-Richtlinie (kurz FFH-Richtlinie) sowie im EU-Vogelschutzgebiet „Niedersächsiche Mittelelbe“. Das heißt, vor Eingriffen in besonders geschützte Lebensraumtypen und Arten wären so genannte FFH-Verträglichkeitsprüfungen durchzuführen gewesen. Nach Recherchen der DUH sind diese jedoch bis heute unterblieben. Die DUH reichte daher im Dezember vergangenen Jahres Beschwerde bei der EU-Kommission ein.
In Brüssel reagierte man prompt. Bereits 17 Tage später erging an die Bundesrepublik Deutschland ein so genannter Botschafterbrief mit der Aufforderung, binnen einer Frist von vier Wochen zu dem Vorfall Stellung zu beziehen. Die – mit Verspätung – bei der EU-Kommission eingegangene Antwort entkräftet die Vorwürfe der rechtswidrigen Unterlassung zwingend erforderlicher FFH-Verträglichkeitsprüfungen nicht. Im Gegenteil. Zudem hat die DUH zwischenzeitlich weitere Unterlagen erhalten, die die Missachtung geltenden Rechts belegen. Es bleibt nunmehr abzuwarten, ob und wann die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen des Umweltkrimis an der Elbe einleiten wird. DUH welt 1/2007
Umweltminister Heinrich Sander beim Amoklauf gegen Bäume an der Elbe.
Europäisches und nationales Naturschutzrecht gilt auch für Umweltminister Sander. Mit der persönlichen Kahlschlagaktion des Ministers im November vergangenen Jahres mitten in einem gemeldeten FFH-und Vogelschutzgebiet und ohne Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung wurde jedoch ein weiterer Höhepunkt bei der Missachtung zwingenden Rechts erreicht. Und an Maßnahmen für einen tatsächlich effektiven und vorsorgenden Hochwasserschutz fehlt es weiterhin.
Unmut wächst Inzwischen wächst auch der Unmut vor Ort. Denn hier wird munter weitergemacht. Erst kürzlich hat die untere Wasserbehörde erneut zahlreichen Grundstückseigentümern Briefe mit der Aufforderung zum Roden geschickt. Viele Eigentümer stellen den Behörden jedoch nun Fragen nach der Notwendigkeit dieser vermeintlichen „Hochwasserschutzmaßnahme“ und deren Vereinbarkeit mit dem geltenden Recht.
Umweltverbände protestieren gegen Kettensäger Sander.
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LEBENDIGE ELBE
„Dass man sieht, wie er zieht...“
Treideln an der Elbe – Hip-Hop einmal anders Gehen als Stütze diente. Der erfahrendste und älteste Treidler einer Gruppe ging immer voran. Er wurde König genannt. Er hatte den Tritt zu bestimmen und den Trecklohn mit dem Schiffsmann auszuhandeln, da die Treidler in der Regel weder zählen noch rechnen konnten. Nach dem Treidelkönig hatten sich alle zu richten. Während des Schiffziehens ging nach dem König der Büttel, gefolgt von den Zugknechten und den Treidelknechten. Der letzte in der Reihe war der Leinenwächter. Er hatte mit einer hölzernen Gabel das Treckseil über Gestrüpp am Ufer zu heben. Anfeuerrufe wie „heia hebei“ oder „hip-po hop pei“ halfen den Treidlern, nicht aus dem
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Sie keuchten. Unter den speckigen Hemdkragen lagen die
Halsadern gleich dicken Hanfsträngen. Die Nacken gebeugt, stapften sie den Stieren gleich. Unter der Haut fehlt jede Spur von Fett. Nur Stränge von Muskeln. Harte Fußsohlen, von der Ferse bis zur Zehe: rissiges, horniges Gewächs, denn kein Schuh passte. Sie schwitzten, das Wasser lief ihnen unter dem wilden Haupthaar hervor, tropfte von den Nasen. Der Schweiß floß wie ein Bach zwischen den Schulterblättern hinunter. Er fraß die Hemden kaputt wie ein Nagetier. Hummjo, rammjo brummte es unter den Flicken an den Kitteln, an den Hosen und den Hemden.“ ■ So beschrieb der Schriftsteller Erwin Lampe die Treidler an der Elbe. Das Wort Treideln kommt vom spätlateinischen Tragulare, das Schleppen oder Ziehen bedeutet. Die Treidler haben die Schiffe gegen die Strömung des Flusses mit Hilfe von Leinen, Trossen oder Tauen gezogen. Dieses Verfahren wurde vermutlich schon zu Beginn der Römerzeit und bis zum Ende des 19. Jahrhunderts angewandt, vereinzelt bis zum Ende des ersten Weltkriegs.
Getreidelt wurde an den meisten Flüssen zum Beispiel in Deutschland (an der Lippe, Elbe, Ruhr, Weser, Havel und am Rhein), in Russland (an der Wolga), in Frankreich (an der Marne), in England (an der Themse) und in Holland (an den Kanälen). Die Wege, auf denen die
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Treideln an der Wolga.
Schiffe getreidelt wurden, nannte man Leinpfad, abgeleitet von den zum Ziehen verwendeten Leinen. Warum verwendete man zum Ziehen von Schiffen nicht Pferde? Erwin Lampe hat diese Frage beantwortet: Die Treidler kosteten am wenigsten. Sie waren billiger als Zugochsen. Sie brachten sogar das eigene Zuggeschirr mit. Die Vergütung der Treidler war sehr gering. Oft reichte es nicht einmal für’s Essen. Aber für die Menschen aus kleinen Dörfern an der Elbe wie Merschwitz, Parey und Loschnitz war das Schiffsziehen die einzige Möglichkeit, überhaupt Geld zu verdienen.
Tritt zu kommen. Mit der ersten Silbe gingen der rechte Fuß und der Treidelstock vor, mit der zweiten Silbe wurde der linke nachgezogen. Aus diesen Rufen hatte sich ein monotoner Gesang entwickelt:
Das Treckzeug der Treidler bestand aus einem Leibriemen, einem langen Strick, der am Treckseil des Kahnes befestigt war, und einem Treckstock, der beim
„Heia hebei, hebei heia! Schifflein fahre sanft und wahre Uns vor nassem, kühlem Bade.
„Huo, hopp, bis an Knopp, Dass man sieht, wie er zieht, Huo, hopp, bis an Knopp.“ Die Schiffe wurden bei Kälte, Regen und Sommerhitze gezogen. Große Elbkähne, die bis zu fünftausend Zentner fassten, konnten die Treidler mitunter ins Wasser reißen. So sangen die Treidler:
Natalia Bock
DUH welt 1/2007
LEBENDIGE FLÜSSE
Deutsche Umwelthilfe und T-Mobile:
30.000 Alt-Handys für „Lebendige Flüsse“ Die Deutsche Umwelthilfe und T-Mobile Deutschland führten zusammen mit der Deutschen Post eine Sammelaktion von Alt-Handys durch. Mit einem tollen Ergebnis: Es kamen mehr als 30.000 Alt-Handys zusammen. Diese Geräte werden nun von einem Entsorgungsunternehmen fachgerecht recycelt oder repariert und weiter genutzt.
■ Die Deutsche Umwelthilfe erhält aus dieser Aktion rund 80.000 Euro von T-Mobile. Damit werden Projekte an den Flüssen Neckar, Rhein, Donau, Elbe, Weser und Radolfzeller Aach finanziert. Darüber hinaus profitieren von der Handy-Aktion auch die DUH-Initiative „Lebendige Wälder“ und das Netzwerk „Lebendige Seen“ des Global Nature Fund.
Handys helfen dem Neckar Zum Jahresanfang hat die Deutsche Umwelthilfe eine groß angelegte Althandy-Recyclingaktion in Baden-Württemberg gestartet. Rund 2 Millionen Sammeltüten wurden durch eine Postwurfsendung an Haushalte im Postleitzahlbereich „7“ verteilt. Hatten auch Sie solch ein Tütchen im Briefkasten? Dann können Sie Ihr ausrangiertes Mobiltelefon kostenlos an T-Mobile schicken. Sie können nicht nur sicher sein, dass Ihr Altgerät korrekt verwertet wird, sondern unterstützen außerdem die Naturschutzprojekte der DUH, denn T-Mobile spendet uns für jedes eingesandte Alt-Handy den Reinerlös. Damit können wir die wichtige Arbeit unserer Partner finanzieren, wie zum Beispiel das Büro am Fluss in Plochingen mit seinen Renaturierungen für einen „Lebendigen Neckar“. Das Flussbüro hat auch Umwelterlebnisangebote in seinem Programm. Bei Bürgern in den Städten und Gemeinden
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Umwelthilfe nach. Naturschutzverbände und Jugendgruppen können unser Fifty-Fifty-Angebot nutzen und eine örtliche Althandy-Sammlung organisieren. Den Sammelgruppen verbleibt dann die Hälfte des Handy-Erlöses für eigene Naturschutzprojekte. Infos finden Sie unter www.duh.de.
Versandtüte für nicht mehr gebrauchte Handys.
entlang des Neckars wirbt das Flussbüro auf diese Weise um Sympathie für den Fluss und informiert zugleich über Naturschutzthemen. Von der Handy-Sammelaktion profitiert die Natur gleich mehrfach: Alte Handys sind eine wichtige Rohstoffressource. Die enthaltenen Metalle und Kunststoffe werden deshalb wiedergewonnen. Gleichzeitig werden Schadstoffe sachgerecht entsorgt, so dass keine Gefahr für Umwelt und Gesundheit entsteht. Fast zwei Drittel aller ausrangierten Handys sind sogar noch funktionsfähig und können weiterverwendet werden. Voraussetzung dafür ist, die Handys getrennt von anderen Elektroaltgeräten zu sammeln. Wenn Sie mitmachen möchten und eine Sammeltüte brauchen, fragen Sie im T-Punkt oder direkt bei der Deutschen
Macht neue Fischart im Rhein Probleme? Im Oktober 2006 haben Elektrobefischungen ergeben: Die Kessler-Grundel hat den Rhein erobert. Dieser maximal 20 Zentimeter große Fisch ist unauffällig. Er lebt am Grund des Stroms. Ursprünglich kam die Kessler-Grundel in Küstengewässern und Flussmündungen im Schwarzen und Kaspischen Meer vor. 1994 tauchte dieser Fisch in der österreichischen Donau auf. Dorthin gelangte er vermutlich mit Ballastwasser von Frachtschiffen. Inzwischen hat er sich an naturfernen Ufern und in Industriehäfen so stark vermehrt, dass negative Auswirkungen auf heimische Fischbestände befürchtet werden. Möglicherweise wird die Kessler-Grundel auch für heimische Fische im Rhein ein Problem.
DUH welt 1/2007
LEBENDIGE FLÜSSE
Erhöhte Salzkonzentration:
Die Werra ist kein Entsorgungskanal! In Thüringen ist die „Lebendige
Preisträger an der Lebendigen Werra gesucht
Werra“ bereits Wirklichkeit geworden. Die erfolgreichen Renaturierungen der vergangenen Jahre haben die Werra auf einer Strecke von
Die Ausschreibung für den im vergangenen Jahr erstmals vergebenen
rund 10 Kilometern wieder zu einem naturnahen Fluss werden las-
Sonnenuntergang an der Werra.
„Werra-Schutz-Preis“ läuft! Mit großem Erfolg und breiter öffentlicher Resonanz wurde die von der DUH gestiftete Werra-Nixe aus Eichenholz
sen. In der Auenlandschaft finden Weißstörche, Gelbbauchunken und Bekassinen, aber auch der Eisvogel
2006 an eine herausragende Initiative zum Schutz der Werra überreicht.
oder die Rohrweihe wieder ein Zu-
Auch im Jahr 2007 können sich wie-
hause. Unsere Projektpartner wol-
der Gemeinden, Schulen oder Vereine bewerben. Einsendeschluss ist
len solche Erfolge nun auch auf die
der 1. Mai 2007, Preisverleihung ist am 26. Mai zum Werratal-Tag in Bad
hessischen Seite der Werra tragen. Kiebitze fühlen sich an der Werra wieder heimisch.
www .lebendige-werra.de www.lebendige-werra.de
■ Doch die Versalzung der Werra stellt
eine enorme Belastung für das sensible Ökosystem dar. Dafür verantwortlich ist die Kaliindustrie. Das Salz entsteht als Abfallprodukt beim Kaliabbau. Es wird auf Halde gelagert. Die Kasseler Düngemittelfirma Kali & Salz (K&S) missbraucht die Werra als Entsorgungskanal und leitet jährlich 7 Millionen Kubikmeter salzhaltige Abwässer in Werra und Ulster ein, die somit auch in die Weser gelangen. Die gleiche Menge wird in den Untergrund verpresst. Beim Kaliwerk Neuhof in der Nähe von Fulda fallen überwiegend von der Halde 700.000 Kubikmeter Salzabwässer im Jahr an. Bisher wurden diese Abwässer verpresst, doch entgegen der Ankündigung im Jahr 2000 reichen die Kapazitäten im Untergrund nicht mehr aus. Deshalb plant die Firma nun eine 65 Kilometer lange Pipeline, um eine halbe Million Kubikmeter Abwasser in die Ulster zu leiten, die kurz hinter der thüringischen Landesgrenze in die Werra fließt. Umweltschützer schlagen deshalb Alarm. Bereits jetzt ist die Salzkonzentration in der Werra deutlich zu hoch, was sich aus dem Rückgang von Tierarten ableDUH welt 1/2007
Sooden-Allendorf. Informationen und Bewerbung unter:
So darf ein Fluss nicht behandelt werden.
sen lässt. Waren hier ehemals bis zu 30 Fischarten heimisch, werden gegenwärtig nur noch drei regelmäßig gesichtet. Schuld ist ein Grenzwert aus Kriegszeiten, der heute noch Gültigkeit besitzt. Die Genehmigungen für die Einleitungen liegen bis 2012 vor. Mit dem Bau der Pipeline (geschätztes Investitionsvolumen 30 Millionen Euro) werden aber bis weit über 2012 hinaus Fakten geschaffen. Um die derzeit bei Neuhof lagernde Salzmenge abzubauen, müsste die Pipeline noch einige Jahrhunderte betrieben werden. Der Kaliabbau wird hier aber nur noch etwa 3050 Jahre möglich sein. Was danach mit der Halde und den Abwässern passiert, ist unklar.
Die Europäische Wasserrahmenrichtline schreibt ein Verbesserungsgebot und ein Verschlechterungsverbot für den Zustand von Gewässern vor. Sie wurde inzwischen in deutsches Recht umgesetzt. Aus unserer Sicht stellt die weitere Erhöhung der Salzkonzentration in Weser und Werra sehr wohl eine Verschlechterung dar. Die zuständigen Umweltminister Hans-Heinrich Sander (Niedersachsen) und Wilhelm Dietzel (Hessen) bekräftigen beide, dass trotz zusätzlicher Salzeinleitungen die Salzkonzentration beider Gewässer nicht ansteigen soll. Die Umweltschützer wollen aufmerksam beobachten, wie die Umweltminister dieses Versprechen umsetzen werden.
Die Initiative „Lebendige Flüsse“ wird unterstützt durch:
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UMWELT ERLEBEN
Fokus Natur Internationale Tage der Vogel- und Naturbeobachtung am Bodensee Was in anderen Ländern für Naturliebhaber längst etabliert ist, wird nun auch in Deutschland Wirklichkeit. Vom 14. bis 16. September 2007 findet in Radolfzell am Bodensee im Dreiländereck mit „Fokus Natur“ eine Veranstaltung zum faszinierenden Thema der Vogel- und Naturbeobachtung statt.
gen Produkte dabei nicht in der Vitrine bewundert, sondern dem Praxistest unterzogen werden. „Jeder Interessierte kann Ferngläser und Spektive (Fernrohre) verschiedener Hersteller im direkten Vergleich ausgiebig begutachten“, beschreibt Dürr-Pucher die Möglichkeiten.
Angebote für Jung und Alt ■ Die Umweltverbände rund um den
Praxistest für Fernrohre
Auch das Rahmenprogramm bietet für alle Besucher vom naturinteressierten Einsteiger bis zum fortgeschrittenen Vogelbeobachter interessante Attraktionen. Es gibt Informationen und Vorführungen zum neuen Thema „Digiscoping“, dem Fotografieren durch ein Spektiv. Die Umweltverbände bieten Ausflüge an Bord der Solarfähre Helio an. Vorträge und Exkursionen in nahe gelegene Naturschutzgebiete zu den Themen Vogelbeobachtung und -bestimmung, Insekten und Pflanzen ergänzen das Angebot. Ein spezielles Kinderprogramm spricht auch die jüngsten Naturforscher an.
Veranstaltungsort ist ein direkt am Radolfzeller Seeufer gelegenes naturbelassenes Freigelände, auf dem Aussteller aus den Bereichen Fernoptik, Naturerlebnis, Tourismus und Verlagswesen ihre Sortimente präsentieren werden. Wie Jörg Dürr-Pucher, Präsident der Bodensee-Stiftung, betont, sollen die jeweili-
Wichtig sind den Veranstaltern auch die umweltfreundlichen Rahmenbedingungen für die Messe. So ist der Veranstaltungsort nur 10 Minuten vom Bahnhof Radolfzell entfernt und aus allen Richtungen mit dem öffentlichen Nahverkehr gut erreichbar. Zu ferneren Exkursionszielen werden Busse bereitgestellt und
Bodensee, koordiniert von der Bodensee-Stiftung, der Deutschen Umwelthilfe sowie dem Global Nature Fund, wollen den Besuchern ein unvergessliches Naturerlebnis bieten. Die Schirmherrschaft für die Veranstaltung hat Hubert Weinzierl, Präsident des Deutschen Naturschutzrings, übernommen. Fokus Natur wird aus einer Messe mit umfangreichem Rahmenprogramm bestehen und stößt bereits im Vorfeld auf reges Interesse bei potentiellen Ausstellern und Besuchern.
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für die Verpflegung werden Lebensmittel aus regionalem und biologischem Anbau verwendet. Der Reinerlös der Veranstaltung kommt einem Umweltschutzprojekt am Bodensee zugute. Fokus Natur ist die erste Veranstaltung dieser Art im gesamten deutschsprachigen Raum und ein Muss für Naturliebhaber und solche, die es werden wollen. Fokus Natur wird aus Mitteln des Programms Interreg IIIA gefördert.
Weitere Informationen: Bodensee-Stiftung Simone Naumann Fritz-Reichle-Ring 4 D-78315 Radolfzell Tel. 0049-(0)7732-9995-43, Fax: 0049-(0)7732-999549, fokusnatur@bodensee-stiftung.org www.fokusnatur.com
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CH A DUH welt 1/2007
DUH-Markt
LEBENDIGE FLÜSSE LEBENDIGE SEEN
Über ihre DUH Umweltschutz-Service GmbH vertreibt die DUH Bücher und Broschüren zur Umweltbildung. Eine kleine Auswahl stellen wir Ihnen hier vor. Das komplette Angebot – mit Postkarten, Informationsblättern und einzelnen Produkten aus unseren Kooperationsprojekten – erhalten Sie kostenlos bei der DUH Umweltschutz-Service GmbH, Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell. Die Versandkostenpauschale für die hier angebotenen Produkte beträgt € 3,50.
Ihre Bestellung direkt per Telefon: 07732 999518
Klima Prof. Dr. Mojib Latif, Fischer Verlag, 2004, Sachbuch, 130 Seiten, Eine bündige Darstellung der wissenschaftlichen Grundlagen der Klimaforschung und der Prognosen für die Entwicklung des Klimas im 21. Jahrhundert. € 8,95 Bestell-Nr: 2045
Lebendige Elbe Prof. Dr. G.Thielcke, Stadler Verlag, 1999, Bildband, 192 Seiten, 180 spektakuläre Farbfotos, € 26,80 Bestell-Nr: 2204 Naturreiseführer aus dem Naturerbe Verlag Jürgen Resch: Elbtalaue, Landschaft am großen Strom
F. Neuschulz, W. Plinz, H. Wilkens Naturreiseführer, Überarbeitete Auflage Naturerbe Verlag Jürgen Resch, 2002, 154 Seiten, zahlreiche farbige Abb. € 12,00 Bestell-Nr: 2031
Fledermäuse – Eine Bilderreise in die Nacht Dietmar Nill, Björn Siemers BLV Verlag, 2001, 160 Seiten, faszinierende Farbfotos, € 39,90 Bestell-Nr: 2003
CDs:
Vogelstimmen in Feld und Flur
CD Musikverlag Edition Ample. Heimische Vögel mit 26 Farbfotos (Vogelübersicht) und ausführlichen Vogelbeschreibungen € 9,90 Bestell-Nr: 4050
Lanzarote, Kragentrappen, blinde Krebse und Vulkane
Horst Wilkens, 144 Seiten, zahlreiche farbige Abb.,1999, € 12,00 Bestell-Nr: 2020
Informationsblätter: Die sechsseitigen Informationsblätter behandeln die wichtigsten Themen des Natur- und Umweltschutzes. Stückpreis 50 Cent, bei größeren Abnahmemengen Rabatt auf Anfrage. Erschienen sind unter anderem: ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●
Wolga-Delta Naturoase zwischen Meer und Halbwüste
Norbert Hölzel, German Russanow, Stefan Schleuning 160 Seiten, zahlreiche farbige Abb.,1996, € 12,00 Bestell-Nr: 2036
Energiesparlampen (4-seitig) neu Treibhaus Erde neu Die Geburt des Plopp (4-seitig) Amphibien Erfolge und Defizite im Vogelschutz Biber Eulen und Käuze Hornissen Spinnen Libellen Fledermäuse Rettet die Wale Soziale Faltenwespen Kleinwale in Nord- und Ostsee Grundwasser Aktion Biberschutz Lebendiger Neckar Lebendige Elbe Energie aus lebendigen Wäldern Lebendige Werra Lebendige Radolfzeller Aach Lebendige Donau Lebendige Weser
Ich bestelle folgende Artikel: Bestell-Nr.
Stückzahl
Ein Jahr in der Natur
CD Musikverlag Edition Ample. Heimische Vögel mit 26 Farbfotos (Vogelübersicht) und ausführlichen Vogelbeschreibungen € 9,90 Bestell-Nr: 4052 DUH welt 1/2007
Bodensee, Naturreichtum am Alpenrand
A. Bernauer/H. Jacoby, 126 Seiten, zahlreiche farbige Abb.,1994, € 12,00 Bestell-Nr: 2026
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Datum/Unterschrift
An die DUH Umweltschutz-Service GmbH Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell, Fax 07732/99 95 77
GLOBAL NATURE FUND
Südamerikanisches Feuchtgebiet Pantanal ist
„Bedrohter See des Jahres 2007“ Wegen seiner überbordenden Tierund Pflanzenvielfalt nennen die Brasilianer das größte Binnenfeuchtgebiet der Welt den südamerikanischen „Garten Eden“. Doch das Pantanal ist bedroht vom Flächenfraß der agrar-industriellen Soja- und Ethanolproduktion. Die Naturschutzorganisationen ECOTROPICA und Global Nature Fund fordern deshalb einen sofortigen Genehmigungsstopp für neue Ethanolfabriken im Pantanal-Einzugsgebiet. ■ Die internationale Umweltstiftung
Global Nature Fund (GNF) hat das südamerikanische Pantanal-Feuchtgebiet zum „Bedrohten See des Jahres 2007“ gekürt. Anlässlich des Welttages der Feuchtgebiete am 2. Februar wies der GNF auf die fortschreitende Zerstörung des größten Binnenfeuchtgebietes der Welt hin. Großflächige Abholzung, Monokulturen, intensive Viehwirtschaft
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sowie Gold- und Diamantenminen bedrohen schon heute das einzigartige, von Savannen, Tropenwäldern, Flüssen, Sümpfen und Seen geprägte Gebiet. Mit dem Bau neuer Ethanolfabriken verschärft sich die Situation weiter. Bis zum Jahr 2050, befürchten Naturschützer, könnte das Pantanal ganz verschwinden. Das Pantanal ist mit seinen Anrainern Brasilien, Paraguay und Bolivien und einer Gesamtfläche von 140.000 km2 etwa doppelt so groß wie Bayern. „Im Einzugsgebiet des Pantanals werden immer mehr Soja und Pflanzen zur Ethanolgewinnung für die Märkte in Europa und Nordamerika produziert – auf Kosten unserer einzigartigen Naturlandschaft“, beklagt Adalberto Eberhard, der Gründer der brasilianischen Naturschutzorganisation ECOTROPICA, die zunehmend prekäre Situation. „Abholzung, Erosion und Vergiftung der Flüsse und Seen im Pantanal sind direkte Konsequenzen der weiter wachsenden Anbauflächen für Soja und Zuckerrohr. Mit einer kürzlich erteilten Genehmigung zur Errichtung weiterer Ethanolfabriken könnte die Regierung des Bundesstaates Mato Grosso do Sul einst als Toten-
gräber des Pantanals in die Geschichte eingehen“, so Eberhard.
Zuckerrohr für Biotreibstoff Trotz massiver Proteste von Umweltschützern hat die Regierung von Mato Grosso do Sul erst kürzlich den Bau neuer Ethanol-Destillerien im Einzugsbereich des Pantanals genehmigt. Schon jetzt ist sicher, dass nach einer Umsetzung der Pläne ungeklärte Abwässer in das weit verzweigte Flusssystem des Feuchtgebietes gelangen werden. Zudem sollen Lebensräume seltener und vom Aussterben bedrohter Arten riesigen Zuckerrohrplantagen weichen. ECOTROPICA und GNF fordern wegen der zu erwartenden, dramatischen Auswirkungen auf das sensible Ökosystem des Pantanals eine rasche Rücknahme der Entscheidung. Auch die rasant wachsende Nachfrage nach Biotreibstoffen in den USA und Europa wirft ihre Schatten voraus. Brasilien will seine auf Zuckerrohr basierende Ethanolproduktion von gegenwärtig jährlichen 21 Milliarden Liter schon bis 2010 auf 30 Milliarden Liter im Jahr 2010 ausbauen. Darüber hinaus soll DUH DUH welt welt 1/2007 4/2006
LEBENDIGE SEEN auch der Anbau von Soja erheblich ausgeweitet werden, weil erwartet wird, dass es neben der traditionellen Verwendung als Futtermittel auch als Nutzpflanze für Biotreibstoffe eingesetzt wird. Brasilien ist mit 50 Millionen Tonnen pro Jahr der zweitgrößte Sojaproduzent der Welt. Bereits heute erstrecken sich riesige Sojaund Zuckerrohrfelder über ursprünglich bewaldete, höchst artenreiche Savannenlandschaften, den so genannten Cerrado. Ein intakter Hochland-Cerrado steuert jedoch ganz wesentlich den natürlichen Wasserhaushalt des tiefer gelegenen Pantanal-Überschwemmungslandes. Rodung und Bodenverdichtung beim Einsatz schwerer Landmaschinen führen zu Erosion und Veränderungen im gesamten Wasserregime. Zudem werden die eingesetzten Kunstdünger und Pestizide ausgeschwemmt und verschlechtern die Wasserqualität der Zuflüsse des Pantanals.
Kleinbauern als Verlierer Kleinbauern zählen nach den Erfahrungen der Vergangenheit eindeutig zu den wirtschaftlichen Verlierern. Gegen den von Konzernen und Großgrundbesitzern betriebenen, kapitalintensiven, großflächigen und industrialisierten Soja- und Zuckerrohranbau können sie nicht konkurrieren. „Großflächige Erzeugung von Soja und Ethanol haben im Einzugsbereich des Pantanals nichts zu suchen“, sagt GNF-Präsidentin Marion Hammerl. „Der enorme Energieeinsatz, verbunden mit weiter fortschreitender Brandrodung macht Soja und Ethanol von vornherein zu einem Scheinausweg aus den Energieproblemen in Europa oder den USA.“
Garten Eden Die Landschaft des Pantanals ist geprägt von unzähligen Seen, Flüssen und Tümpeln, die sich zwischen immergrünem Regenwald, Trockenwäldern und Savannen erstrecken. Die Flüsse Paraguay, Cuiabá und Taquari bilden die Hauptschlagadern des Überschwemmungsgebietes. Rund 90 Prozent der Fläche gehören zu den brasilianischen Bundesstaaten Mato Grosso und Mato Grosso do Sul. 665 verschiedene Vogel-, 265 Fisch-, 123 Säugetier- und über 1700 Pflanzenarten haben Naturschützer und Wissenschaftler im Pantanal gezählt. Sie sind es, die die Brasilianer von ihrem „Garten Eden“ schwärmen lassen. Zu den prominentesten Pantanal-Bewohnern aus der Tierwelt zählen Jaguar, Ozelot und Brillenkaiman, der riesige Jabiru-Storch und der vom Aussterben bedrohte HyazinthAra. ECOTROPICA ist Partner im internationalen Seenschutz-Netzwerk Living Lakes, das vom GNF koordiniert wird. ECOTROPICA besitzt im Pantanal das größte von einem Umweltverband verwaltete Naturschutzgebiet Südamerikas. Das Gebiet erhielt gemeinsam mit dem Hyazinth-Aras sind hoch bedroht.
Pantanal Nationalpark von der UNESCO den Weltnaturerbe-Status. Neben dem Pantanal gehören dem Living-Lakes-Netzwerk 44 weitere Seen und Feuchtgebiete in aller Welt an darunter auch der Bodensee. Im Rahmen des Miles-To-Help-Programms der Lufthansa können Vielflieger Meilen für den Erhalt des Pantanals spenden. Mehr darüber unter: www.miles-and-more.com/milestohelp
Faszinierender Bildband: Pantanal – Das Herz Südamerikas Die beiden Autoren dieses neuen Bildbandes, Angelika Hofer und Günter Ziesler, verbindet mit dem Pantanal in Brasilien eine langjährige Erfahrung. Sie haben bemerkenswerte Aufnahmen der reichhaltigen Tierund Pflanzenwelt während vieler Aufenthalte in der Region gesammelt und kommentiert. Günter Ziesler, einer der weltbesten Wildnisfotografen, hat die pulsierende Natur des Pantanals in großartigen Tierund Landschaftsaufnahmen eingefangen. Er bringt uns diese einzigartige Welt ein Stückchen näher. Dieser Bildband zeigt die Schönheiten des Pantanals auf einer Reise durch
Living Lakes-Förderer:
die vielfältigen Lebensräume dieser Landschaft. Bestellung ab April 2007 im Buchhandel oder wenden Sie sich an den Global Nature Fund: Tel.: 07732 9995-0 Angelika Hofer & Günter Ziesler Pantanal - Das Herz Südamerikas 140 Seiten; 136 Bilder Gebunden 30 x 24 cm Euro 38,50; sFr 66,10 ISBN 13: 978-3-939172-15-4
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GLOBAL NATURE FUND
Kids for BirdsHandbuch
Seennetzwerk Living Lakes: Riesiger Gebirgssee in Kirgisistan
Weshalb fliegen die Vögel im Herbst in den Süden und in welche Länder fliegen sie eigentlich? Warum hat das Blässhuhn keine Schwimmflossen und schwimmt doch so gut wie eine Ente? Warum jagt der Haubentaucher unter Wasser? Das sind Fragen, die Kindern mit dem Handbuch für Lehrer und Jugendgruppenleiter anschaulich beantwortet werden können. Darüber hinaus bieten die Arbeitsblätter Beschreibungen für die Durchführung von Projekttagen und Exkursionen zu verschiedenen Jahreszeiten sowie Spielanleitungen und zahlreiche Illustrationen.
Die illegale Jagd am Gebirgssee Issyk-Kul (oben) gefährdet den Sakerfalken (unten).
Die Veröffentlichung des GNF ent-
■ Im Zentrum der Hochgebirgsregion
stand im Rahmen des Projektes „Kids for Birds – Jugend aktiv für Vogel-
„Zentraler Tien-Shan“ liegt der größte See Kirgisistans – der Issyk-Kul. Mit seinen 6.236 Quadratkilometern Größe ist er der zweitgrößte Gebirgssee der Welt. Sein geringer Salzgehalt und warme Quellen verhindern ein Zufrieren im Winter. Steppenwiesen, blumenreiche Hochebenen und die weltweit längsten Gletscher außerhalb der Polarregion bieten optimale Lebensbedingungen für viele Tier- und Pflanzenarten.
schutz“ mit Unterstützung der Stiftung Naturschutzfonds BadenWürttemberg und der Aktion Mensch 5000xZukunft. Die Broschüre kann direkt beim GNF gegen Portorückerstattung bestellt werden unter info@globalnature.org oder als PDF-Datei im Internet heruntergeladen werden: www.globalnature.org/ kids-for-birds.
Bedrohte Tierwelt Hier wachsen rund 4.000 verschiedene Pflanzenarten, von denen 1.400 Arten nur in dieser Region vorkommen. Im Gebirge in der Nähe des Sees leben ungefähr 70 Schneeleoparden, deren Bestand hochbedroht ist. Der Fischreichtum des Sees lockt außerdem viele Zugvögel an. Auf dem Issyk-Kul überwintern 50.000 bis 90.000 Wasservögel. Am See brüten unter anderen 130 Paar Schwarzstörche und 2.000 Paar Rostgänse. In der Umgebung des Sees wurden über 1.000 Paar Steinadler, 1.000 Paar Bartgeier und mehr als 300 Paar Schneegeier gezählt. Der NABU Kirgisistan ist Living LakesPartner des GNF am Issyk-Kul. Er arbeitet eng mit dem Naturschutzbund Deutschland (NABU) zusammen. Der See ist ein Biosphärenreservat der UNESCO und ein Ramsar-Gebiet. Trotz der unberührten Landschaft ist der See
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und die Tierwelt bedroht. Aus dem See wird zuviel Wasser entnommen, er ist überfischt und bei der Regulierung werden Fehler gemacht.
Schutzgebiete ausweiten Der Global Nature Fund wird das Projekt vor Ort unterstützen. Es sollen Flächen für die Anlage eines privaten Schutzgebiets am Issyk-Kul gekauft werden. Eine effektivere Kontrolle der illegalen Jagd und des Tierhandels kann nur durch die Einstellung weiterer Wildhüter erfolgen. Gerade die Entnahme von Sakerfalken und Schneeleoparden aus der freien Natur gefährdet deren Bestände massiv. Die Erstellung eines Managementkonzepts für das Reservat und die Aufklärung der Bevölkerung sind genauso wichtig. Falls auch Sie helfen möchten: Global Nature Fund, Spendenkonto Nr. 8040 416000 bei der GLSGemeinschaftsbank (BLZ 430 609 67). DUH welt 1/2007
GLOBAL NATURE FUND
Maurische Landschildkröte: Erfolge und Rückschläge in Südostspanien
Broschüre zum Netzwerk Living Lakes Osteuropa – Deutschland Die Erweiterung der EU ist auch im Umweltbereich eine große Herausforderung. So ist es nötig, die Menschen in den neuen und alten EULändern auf die Bedeutung einer intakten Umwelt hinzuweisen. Um einen intensiven Austausch von Kenntnissen zu gewährleisten, hat der GNF das Netzwerk Living Lakes Osteuropa - Deutschland initiiert. Das Hauptziel des Projektes ist es, eine Zusammenarbeit von Umweltorganisatio-
Maurische Landschildkröte. ■ Die Sierra de Carasquilla in Murcia gehört zu den Steppengebieten Spaniens. Hier engagiert sich die Fundación Global Nature seit 1991 unter anderem für den Schutz der Maurischen Landschildkröte. Mit Unterstützung der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt kaufte die Fundación ein Landgut (Finca), um dort eine Biologische Station einzurichten. Von hier werden die Schutzbemühungen koordiniert. Seit vielen Jahren unterstützen die Gemeinde Lorca, die Herpetologische Gesellschaft Deutschland und die Schildkröten-Interessengemeinschaft Schweiz das Projekt.
Fincas als Schutzzonen Der Projektleiter Juan Luis Castanedo überzeugte Fincabesitzer in der Sierra de Carasquilla, ihre Landgüter als Biologische Reservate für die Maurische Landschildkröte zur Verfügung zu stellen. Sechs Fincas wurden schon als jagdfreie Zonen registriert. Alle Landwirte unterschrieben einen Vertrag, in dem sie sich verpflichten, ihre Landgüter extensiv zu bewirtschaften, Maßnahmen zur Verbesserung des Lebensraums der Schildkröten umzusetzen und gefährdete Tier- und Pflanzenarten zu schützen.
nen und Gemeinden im Bereich des Seenschutzes und der nachhaltigen
werk privater Schutzgebiete in Spanien. 96 Fincabesitzer mit einer Gesamtfläche von über 6.500 Hektar haben bei der Umweltbehörde von Murcia den Antrag gestellt, ihre Landgüter als Natura 2000Gebiet auszuweisen. Dies ist ein einmaliger Vorschlag, denn in der Regel protestieren Landbesitzer, wenn ihre Flächen Natura 2000-Gebiete werden sollen. Leider wurde der Antrag abgelehnt, weil die Flächen nicht zusammenhängen.
Lebensräume wiederherstellen Bei einem Waldbrand wurden vor einigen Jahren 300 Hektar Lebensraum der Maurischen Landschildkröte zerstört. Es kamen ungefähr 2.400 erwachsene Schildkröten ums Leben. Seit dem Winter 2005 pflanzen Mitarbeiter der Fundación auf den verbrannten Flächen Bäume und an den Hängen Feigenkakteen, Algarven und Büsche zur Verhinderung der Erosion und um den Landschildkröten neue Lebensbereiche zu schaffen.
Entwicklung von Seenregionen zu fördern. Im Rahmen des Projektes hat der GNF eine Broschüre in englischer Sprache herausgegeben, die detaillierte Beschreibungen der beteiligten Seenregionen enthält: Bodensee (Deutschland), Võrtsjärv und Peipsi See (Estland), Militscher Teiche (Polen), Plattensee (Ungarn), Regionalpark Labanoras (Litauen). Das Projekt wird von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) unterstützt. Die Broschüre kann direkt beim GNF gegen Portorückerstattung bestellt werden (info@globalnature.org) oder als PDF-Datei im Internet heruntergeladen werden: www.globalnature.org (Netzwerk Osteuropa/Publikationen).
Juan Luis hilft den Landwirten beim Beantragen von Subventionen und lädt die Landbesitzer einmal im Jahr zu einem großen Fest mit Wildschweinbraten und gutem Wein ein. Inzwischen sind die „Reservas Biologicas“ das größte NetzDUH welt 1/2007
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NATURSCHUTZ
Auf den Galápagos Inseln:
Das Unmögliche wurde möglich gemacht Seit Jahrhunderten gefährdeten einZiegen auf dem Vulkan Alcedo. Für die Schildkröten blieb nur noch Staub zum Fressen.
geschleppte Arten die einzigartige Tier- und Pflanzenwelt der Galápagos-Inseln. Erstmals ist es nun dem Nationalpark und der Charles Darwin Stiftung gelungen, zwei große Inseln von eingeführten Tierarten zu befreien und so die ursprüngliche Biodiversität wieder herzustellen. ■ Im Rahmen der Feierlichkeiten zum 47-jährigen Bestehen des GalápagosNationalparks konnte Felipe Cruz, Projektleiter, Glückwünsche zum erfolgreichen Abschluss des „Project Isabela“ entgegennehmen. Zusammen mit Victor Carrion und einem 32-köpfigen Team ist es Felipe Cruz nach achtjähriger harter Arbeit gelungen, die Inseln Isabela (Fläche 4.588 Quadratkilometer) und Santiago (585 Quadratkilometer) von eingeführten Ziegen, Eseln und Schweinen zu befreien. Das Isabela Projekt ist weltweit das größte jemals durchgeführte Projekt zur Eliminierung von eingeführten Säugetieren. Nordisabela ist das biologisch wertvollste Gebiet des Nationalparks, da es mehr als die Hälfte der Landfläche von Galápagos ausmacht und 66% aller endemischen Pflanzenarten, 40% aller endemischen Wirbeltiere und über 50% der Schildkrötenpopulation beherbergt. Die Ziegen hatten sich in den letzten Jahren auf den vier riesigen Schildvulkanen Nordisabelas rasch vermehrt und die Scalesia Nebelwälder in Grasland verwandelt. Verwilderte Schweine kamen nur auf Santiago vor und diese sind dort mit Hilfe von Hunden und einer intensiven Jagdkampagne vor zwei Jahren erfolgreich beseitigt worden. Neben den Ziegen konnten weitere eingeführte Arten aus dem fragilen Ökosystem auf Galápagos entfernt werden. Esel, Schweine und diverse Pflanzen wurden vor Jahrhunderten als Nahrungsquelle für Piraten, Walfänger oder
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frühe Kolonisten auf den Galápagos-Inseln angesiedelt. Diese exotischen Arten passten sich der neuen Umgebung rasch an, ernährten sich von einheimischen Pflanzen und zogen in großen Herden umher. Mangels natürlicher Feinde vermehrten sie sich ständig, vernichteten die Pflanzen, verdrängten die einheimischen Tiere aus ihren Lebensräumen und bildeten so eine zunehmende Gefahr für die einmalige Biodiversität der Galápagos-Inseln. 19 endemische Pflanzenarten auf Galápagos waren stark gefährdet oder standen kurz vor dem Aussterben. Dies konnte mit dieser Aktion verhindert werden.
Ziel erreicht Das Isabela Projekt ist ein fundamentaler Schritt in Richtung der ökologischen
Wiederherstellung. Bereits jetzt kann festgestellt werden, dass sich die Vegetation auf diesen Inseln erholt. Das Ziel des Projektes, die Erhaltung der ursprünglichen Pflanzengemeinschaften auf Santiago und Isabela, die Renaturierung der Inseln und die Erhaltung der Biodiversität, ist somit erreicht. Die ecuadorianische Regierung, die Global Environment Facility, das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen und die Organisationen der Freunde der Galápagos-Inseln, sowie unzählige private Spender haben das notwendige Geld für dieses Projekt bereitgestellt. Die Initiatoren des Projektes, die Charles Darwin Foundation (CDF) und der Galápagos Nationalpark, wollen die Erfahrungen aus dem Isabela-Project für weitere Programme zur Eliminierung von eingeführten Arten nutzen. Dr. Hendrik Hoeck
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NATURSCHUTZ
Wer wird die Bundeshauptstadt im Naturschutz? Bundesumweltminister Sigmar Gabriel startet als Schirmherr den Wettbewerb
■ Am 1. März 2007 fiel der Startschuss. Seit dem besteht für die Kommunen die Möglichkeit, in einem Fragebogen ihre bisherige Arbeit in Sachen Naturschutz vorzustellen und bewerten zu lassen. Das Spektrum der Fragen ist bewusst breit angelegt. So wird nach freiwilligen Maßnahmen der Kommunen im Rahmen der Bauleitplanung, nach der ökologischen Pflege eigener Grünflächen und Schutzgebiete, der Renaturierung von Gewässern oder nach dem Einsatz im Artenschutz gefragt. Es geht aber auch darum, inwieweit die Bürger in die Arbeit für den Naturschutz eingebunden werden. Durch Bildungsangebote, Bürgerbeteiligungen und die Heranführung von Kindern an die Natur gelingt es am besten, bei den Bürgern die Begeisterung für die Natur zu wecken. Als besonders wirksam haben sich Naturschutzmaßnahmen erwiesen, bei denen weitere Kooperationspartner aber auch die gewählten Räte eingebunden werden. Auch dies wird im Wettbewerb belohnt.
Trotz häufig prekärer Kassenlage widmen sich zahlreiche Städte und Gemeinden mit viel Engagement und Phantasie dem Naturschutz. Unter der Schirmherrschaft von Bundesumweltminister Gabriel erhalten Städte und Gemeinden die Möglichkeit, bei dem Wettbewerb „Bundeshauptstadt im Naturschutz“ eigene herausragende Leistungen im Naturschutz zu präsentieren.
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Bis zum 30. Juni 2007 können die Teilnehmer-Kommunen ihr NaturschutzProfil bei der DUH einreichen. Nach Abschluss des Wettbewerbs werden vorbildliche Konzepte in einer Broschüre dokumentiert und bekannt gemacht, um andere zur Nachahmung zu motivieren. Neben dem Bundesamt für Naturschutz und dem Bundesumweltministerium unterstützen diesen Wettbewerb acht weitere Organisationen: Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, CONTUREC – Competence NeTwork Urban Ecology, der Deutsche Naturschutzring, der Deutsche Städtetag, der Deutsche Städte- und Gemeindebund, EUROPARC Deutschland, die Grüne Liga und der Naturschutzbund Deutschland. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Internetseite: www.naturschutzkommune.de
Einsendeschluss: 30. Juni 2007 Die Antworten der Teilnehmer-Kommunen werden mit einer festgelegten Punktzahl bewertet. Die Kommune, die die meisten Punkte er zielt, wird mit dem Titel „Bundeshauptstadt im Naturschutz“ ausgezeichnet. Darüber hinaus werden jeweils die besten drei Städte und Gemeinden in vier Einwohner-Kategorien
geehrt. Die Grenzen der Teilnehmerklassen liegen bei 10.000, 30.000 und 100.000 Einwohnern. Erreicht eine Kommune die erforderliche Punktzahl, so wird sie mit dem Titel Naturschutzkommune ausgezeichnet.
Wir bieten den Fragebogen in gedruckter und digitaler Form an. Bestellen Sie Ihre Wettbewerbsunterlagen bitte per E-Mail unter spreter@duh.de oder telefonisch unter 07732 9995-30.
Das Projekt wird gefördert durch:
DUH welt 1/2007
NATURSCHUTZ
Nisthilfen für Trauerseeschwalben ■ Die Trauerseeschwalbe ist in Deutschland vom Aussterben bedroht. Der Ausbau von Flüssen zu Kanälen, Entwässerungen und intensive Landwirtschaft haben diesen traurigen Status herbei geführt. Schwerpunkte der letzten Verbreitungsgebiete in Deutschland liegen entlang von Elbe und Oder. Damit die Trauerseeschwalben hier erfolgreich brüten können, verankerten Naturschützer in den Nebengewässern der Flüsse Brutflöße. Die Deutsche Umwelthilfe kooperiert dabei mit BUND und NABU.
Grüner Wall im Westen ■ Der BUND will die Reste des Westwalls, der früheren deutschen Verteidigungslinie an der Grenze zu Frankreich, dauerhaft sichern. Der Westwall reichte von Kleve bis Basel. Er bestand unter anderem aus 17.000 betonierten Kampfständen. Nach dem Zweiten Weltkrieg sprengten die Alliierten 90 Prozent der Wehranlagen, und die Bundesregierung ließ viele Ruinen zerkleinern oder mit Erde überschütten, um die Anlagen verkehrssicher zu machen.
cherheit sollten sich in Zukunft auf die Beseitigung von Gefahrenquellen beschränken. Bund und Land werden aufgefordert, die Gesamtheit des Westwalls für den Natur- und Denkmalschutz zu erhalten. Mehr zum Thema: www.gruenerwallimwesten.de
Hoffnung für Brasiliens Regenwald ■ Seit 1960 schrumpfte der AmazonasWald um die Fläche Frankreichs. Aber der Wald bedeckt noch immer ein Gebiet, das so groß ist wie die gesamte Europäische Union. Das sind 83 Prozent seiner ursprünglichen Fläche. Dort geht es dem Wald überraschend gut. Von dem Trockenstress der Jahre 2004 und 2005 hat er sich gut erholt. Seitenarme des Amazonas, die sich 2005 in tote Rinnsale verwandelt hatten, sind heute wieder voller Fische. Manche hatten sich in tieferes Wasser verzogen, andere überlebten im Schlamm.
Inzwischen erkennen die Brasilianer: Eine umsichtige Nutzung des Waldes ist
wirtschaftlich sinnvoller als seine Abholzung. Bisher sah die brasilianische Regierung in der Forderung, den Regenwald zu schützen, eine nicht akzeptable Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten. Inzwischen nimmt sie Entwicklungszahlungen im Tausch gegen das Eindämmen der Rodungen an. Fachleute sagen: Ökonomische Anreize sind der beste Schutz für den Regenwald. Drei gute Gründe für den Erhalt des Waldes: ●
Nirgends sonst ist die Biodiversität größer.
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Im Amazonas fließt mehr Süßwasser als in den sechs nächst größten Flüssen der Welt zusammen. Entsprechend groß ist die globale Bedeutung seines Wasserkreislaufs.
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In der Biomasse des brasilianischen Regenwalds steckt so viel Kohlenstoff, wie weltweit in zehn Jahren mit der Verbrennung fossiler Ener gien freigesetzt wird.
Brasilien hat ein Gebiet von der Größe Frankreichs unter Schutz gestellt. Es steht teilweise unter der Aufsicht der indianischen Bevölkerung. Die Indios haben bisher am erfolgreichsten illegale Entwaldungen verhindert.
Im Bereich des ehemaligen Westwalls gibt es inzwischen auf engstem Raum kleine trockene und feuchte Höhlen, schattige Spalten und schräge sonnige Wände sowie kleine mit Wasser gefüllte Vertiefungen. Es ist also kein Wunder, wenn hier zahlreiche Fledermausarten die Anlagen nutzen, zum Beispiel das Große Mausohr, die Wimperfledermaus und die Mopsfledermaus. Aber auch Geburtshelferkröte, Uhu und Wildkatze leben hier. 2005 erwirkte der BUND in Abstimmung mit dem staatlichen Natur- und Denkmalschutz ein zweijähriges Abriss-Moratorium. Aufgrund ihres hohen Naturschutzwertes sollten alle noch erkennbaren Bunker ohne intensive Nutzung für seltene Pflanzen und Tiere optimiert werden. Maßnahmen zur VerkehrssiDUH welt 1/2007
83 Prozent des brasilianischen Regenwaldes sind noch zu retten. Sie sind in erfreulich gutem Zustand.
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NATURSCHUTZ
Nachhaltiges Leben und ökologische Landwirtschaft Der Bugday-Verein arbeitet für ökologischen Wandel in der Türkei
Seit über 16 Jahren setzt sich der demokratisch organisierte und gemeinnützige Verein Bugday für ein nachhaltiges Leben in der Türkei ein. Bugday bedeutet Weizen und symbolisiert das noch weit verbreitete ursprüngliche Leben in Anatolien. Von Istanbul aus koordiniert Bugday die vielen aktiven Mitglieder im ganzen Land.
Bugday informiert über umweltfreundliches Reisen und gesunde Lebensmittel.
■ Bugday ist davon überzeugt, dass kulturelle und ökologische Werte eine Einheit bilden und dass deren Beachtung die Grundvoraussetzung für ein zukunftsfähiges Leben darstellt. Der Verein möchte mit seiner Arbeit positive Beispiele geben und die zahlreichen Bemühungen vieler engagierter Menschen unterstützen. Mit Hilfe eines wachsenden Netzwerks sollen Wissen und Erfahrungen weitergegeben werden. Bugday verbindet damit die tägliche Arbeit vor Ort mit den globalen Visionen einer gerechten Welt.
ministeriums sowie anderer Umweltorganisationen und verschiedener Forschungseinrichtungen.
Die Schwerpunkte liegen in den folgenden Bereichen: Mit einer breit angelegten Öffentlichkeitsarbeit sollen die Menschen motiviert werden, sich für eine bessere Welt einzusetzen. Seit über neun Jahren informiert zum Beispiel das alle zwei Wochen erscheinende Bugday-Magazin über zahlreiche Projekte und gute Beispiele. Daneben gibt es viele weitere Informationen und eine sehr engagierte Medienarbeit. Bugday ist auch wesentlich am Aufbau des türkischen Programms zur ökologischen Landwirtschaft beteiligt und koordiniert dabei die Arbeiten des Türkischen Umwelt- und des Landwirtschafts-
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Darüber hinaus hat Bugday das TaTuTa-Markenzeichen entwickelt und unterstützt und organisiert auf diese Weise umweltverträglichen Urlaub und die freiwillige Mitarbeit auf Bauernhöfen in der Türkei. Derzeit gibt es bereits über 72 TaTuTa-Höfe, die sowohl türkische als auch Gäste aus vielen anderen Ländern willkommen heißen (www.tatuta.org). Bugday hat den ersten Markt für ökologische Lebensmittel in Istanbul aufgebaut. Der Verein organisiert den gesamten Ablauf und sorgt mit entsprechender Öffentlichkeitsarbeit für einen anhaltenden Erfolg. Für die Zukunft sind weitere Märkte in anderen Regionen geplant.
Da die Türkei geprägt ist durch eine große Biodiversität, eine vielfältige, natürliche Landschaft und eine überwiegend ländliche Bevölkerung, bietet sie ein großes Potenzial für die Produktion von ökologischen Lebensmitteln. Vor 20 Jahren begann die Türkei, für die große Nachfrage in Deutschland Bioprodukte zu produzieren. Seitdem stieg auch bei den Türken das Interesse an diesen Produkten. Mittlerweile produziert die Türkei zunehmend auch Bio-Lebensmittel für den Weltmarkt. Dank der Arbeit von engagierten Gruppen wie dem Bugday-Verein nimmt in der Türkei die Bedeutung von ökologischen Themen immer weiter zu. Auf diese Weise gelingt es nicht nur, die eigene Bevölkerung für gesunde Lebensmittel zu sensibilisieren, sondern auch für den Schutz des Naturerbes der Türkei.
Im Hinblick auf die türkischen EU-Beitrittsverhandlungen arbeitet Bugday daran, dass auch die globale Bedeutung der natürlichen Ressourcen erkannt wird. DUH welt 1/2007
NATURSCHUTZ
Richtigstellung Den Wettbewerb für Fotos und Videos zu den Tümmlern haben wir in einer Bildunterschrift fälschlich der Gesellschaft zur Rettung der Delfine zugeschrieben (DUHwelt 4/2006, Seite 37). Tatsächlich war es die Gesellschaft zum Schutz der Meeressäuger, die den Wettbewerb durchgeführt hat. Wir bedauern das Versehen. Hier noch einmal das Siegerfoto von Ulrik Ramsing.
Laubbäume reagieren auf den Klimawandel. Sie werden früher grün und verlieren ihr Laub später.
Jährliche Kontrolle des Waldzustands ist unverzichtbar ■ Der für den Waldzustandsbericht zuständige Bundesminister Horst Seehofer will diesen Bericht nur noch alle vier Jahre erarbeiten lassen.
Dem hat Professor Hartmut Vogtmann, Präsident des Bundesamtes für Naturschutz, energisch widersprochen: „Die Situation in diesem Jahr macht es wieder ganz deutlich: Wir brauchen die Jahresreihen, um mittel- und langfristige Entwicklungen verfolgen zu können. ... In Zeiten des Klimawandels mit immer häufigeren Stürmen, Hochwasser und Dürren ist eine jährliche Dokumentation unerlässlich.“ Der Wald reagiert auf Klimawandel. Laubbäume werden aufgrund der Klimaerwärmung früher grün und verlieren ihr Laub später. Im trockenen Wallis in der Schweiz wechseln die Baumarten. Anstelle von Waldföhren wachsen neuerdings Flaumeichen. In den Alpen und im Ural verschiebt sich die Baumgrenze nach oben.
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Wiedervernässung eines Sumpfgebietes im Irak ■ Das Sumpfgebiet zwischen Euphrat
und Tigris war etwa so groß wie Hessen. Hier lebten 1993 etwa 600.000 Menschen, 200.000 davon waren so genannte Marscharaber, die sich dem Leben im Wasser vollkommen angepasst hatten. Sie lebten vom Fischfang und vom Reisanbau. Ihre Häuser erbauten sie auf Inseln aus Schilf, und Fische fingen sie mit Speeren. Oppositionelle entzogen sich in den Sümpfen der irakischen Staatsmacht. Deshalb ließ der Diktator Saddam Hussein das Sumpfgebiet trockenlegen.
Heiliger Ibis.
Inzwischen wurden 60 Prozent des Gebietes wieder unter Wasser gesetzt. Sowohl die Siedler als auch Wasservögel wie der Heilige Ibis kehren nun in dieses Gebiet zurück.
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„UNBEKANNTE“ TIERARTEN
Die Wasseramsel: Tauchkünstlerin Es ist für uns selbstverständlich, dass Tauchenten tauchen, doch von einem Singvogel erwartet man das nicht. Die Wasseramsel tut es. Zwei Stunden täglich befindet sie sich unter Wasser, wo sie nach Nahrung sucht. Dabei guckt sie
Der Nachteil der guten Wärmeisolierung mit Luftpolstern im Gefieder ist der große Auftrieb. Die Wasseramsel kommt damit zurecht, indem sie sich von der Strömung der Gewässer nach unten drücken lässt.
Steine von allen Seiten an. Sie verschiebt kleine Steine, dreht sie, schleudert sie fort oder wendet sie, um Insekten
Vielfältige Nahrung
und deren Larven zu erbeuten.
Wasseramseln verzehren ausschließlich Tiere: Würmer, Gliederfüßler, Weichtiere, kleine Fische und Amphibien. Zur Vorzugsnahrung gehören die Larven von Wasserinsekten, vor allem von Köcherfliegen, Eintagsfliegen und Steinfliegen. Im Winter und bei Hochwasser erbeuten sie Bachflohkrebse, Wasserkäfer, Wasserasseln, Flussnapfschnecken und Blutegel. Aber auch Landtiere stehen auf dem Speisezettel der Wasseramsel, zum Beispiel Würmer, Tausendfüßler, Heuschrecken, Schmetterlinge Ohrwürmer und Ameisen. Im Winter kann die Nahrung nur aus Wassertieren bestehen, im Sommer dagegen bis zu 60 Prozent aus in der Luft gefangenen Tieren.
Gut ausgestattet für’s Tauchen Die Wasseramsel hat ein dichtes pelzdaunenreiches Gefieder und eine besonders große Bürzeldrüse. Das Daunengefieder schützt sie vor Wärmeverlusten, und mit dem Fett der Bürzeldrüse imprägniert sie ihr Gefieder, damit Wasser nicht an ihre Haut gelangt. Wie von einer Taucherbrille sind ihre Augen unter Wasser von transparenten Häuten geschützt. Ihre schlitzförmigen Nasenöffnungen kann sie mit einer Membran verschließen.
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„UNBEKANNTE“ TIERARTEN Mooskugeln als Nester Wasseramseln bauen ihre Nester über, am oder hinter abstürzendem Wasser. Gerne nutzen sie an Gebäuden angebrachte Nistkästen. Bevorzugt werden halbdunkle Stellen. Das Nest besteht aus drei Teilen: einer Mooskugel, dem Napf aus weichen Grasrippen und aufeinandergelegten Blättern in der Mulde. Seitlich befindet sich ein halbkreis- oder kreisförmiges Nest. Dieses Außennest wird so solide gebaut, dass es 8.000 Anflüge von Baubeginn bis zum Ausfliegen der Jungen fast schadlos überdauert.
Steckbrief Wasseramsel Verwandtschaft: Weltweit gibt es fünf Arten der Familie Wasseramseln. Aussehen: Schwärzlich mit weißer Brust, unten rostbraun begrenzt. Gewicht: 60 Gramm, starengroß. Gesang: Rasche Folge von Lauten. Erinnert an Teichrohrsänger. Verbr eitung: Große Teile Europas, Teile Asiens. Lebensraum: Schnell fließende Bäche und Flüsse. In Tibet bewohnt sie Bäche in 4.000 bis 5.300 Meter Höhe. Wanderungen: Wandern gar nicht oder wenig. Nahrung: Würmer, Gliederfüßler, Weichtiere, kleine Fische, die überwiegend unter Wasser, am Ufer oder im Fluge erbeutet werden. Gefährdung: Keine.
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DUH INTERN
Sachkompetenz und Kampagnenfähigkeit sind die Schlüsselworte Interview mit DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake
einer nachhaltigen Entwicklung. Wir müssen unbedingt verhindern, dass die aufstrebenden Schwellen- und Entwicklungsländer all die Fehler der Industrieländer beim Ressourcen- und Landschaftsverbrauch, bei der Energieerzeugung und bei den Emissionen wiederholen. Sonst sieht es auf diesem Planeten bald ziemlich düster aus.
Rainer Baake ist seit September 2006 einer von zwei Bundesgeschäftsführern der Deutschen Umwelthilfe. Die DUHwelt wollte erfahren, wie sich der frühere Staatssekretär im Bundesumweltministerium bei der DUH eingelebt hat.
Sie pendeln zwischen den Bundesgeschäftsstellen in Berlin und Radolfzell hin und her. Das sind recht unterschiedliche Welten. Worin liegt die Gemeinsamkeit, wo schlägt das Herz der DUH?
DUHwelt: Ist es ein großer Sprung vom Spitzenbeamten eines Bundesministeriums zur Leitung eines Umweltverbandes wie der Deutschen Umwelthilfe? Sind Sie gut angekommen? Baake: Aber ja, natürlich ist die Perspektive eines Umweltverbandes eine andere als die einer Regierung. Trotz aller Unterschiede gibt es eine Gemeinsamkeit: es geht nicht um Partikularinteressen, sondern ums Gemeinwohl. Die Deutsche Umwelthilfe gibt mir die Möglichkeit, weiter an den Themen zu arbeiten, die nach meiner festen Überzeugung für unsere Zukunft von zentraler Bedeutung sind: Klimaschutz, Energiewende und die Erhaltung der Biodiversität. EU-Umweltkommissar Stavros Dimas sagte im Gespräch mit der DUHwelt: „Die Biodiversität zu erhalten ist mindestens so wichtig wie der Kampf gegen den Klimawandel.“ Wäre das auch ein Motto für Ihre Arbeit bei der Deutschen Umwelthilfe? Absolut! Klima und Biodiversität sind durch massive menschliche Eingriffe bedroht. In beiden Fällen reden wir von Problemen, die globale Ausmaße haben und die letztlich auch nur durch internationale Kooperation gelöst werden können. Die konkreten Veränderungen müssen aber vor Ort geschehen. Wenn wir in Deutschland die Energiewende
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„Die Deutsche Umwelthilfe gibt mir die Möglichkeit, weiter an den Themen zu arbeiten, die nach meiner festen Überzeugung für unsere Zukunft von zentraler Bedeutung sind: Klimaschutz, Energiewende und die Erhaltung der Biodiversität.“
vorantreiben oder in unserem dicht besiedelten Industrieland über Netzwerke von Flussgebieten demonstrieren, wie Natur geschützt werden kann, dann erreichen wir damit zweierlei: Wir leisten unseren Beitrag zur Problemlösung und wir zeigen anderen Ländern Wege zu
Ich will nichts schönreden. Es sind zwei Teams mit zur Zeit noch unterschiedlichem Selbstverständnis. Ich sehe es als eine meiner wichtigen Aufgaben an, sie weiter zusammenzuführen. Wir brauchen gerade wegen der großen räumlichen Distanz zielgerichtete und verbindliche Kommunikation. Regelmäßige Dienstbesprechungen, gemeinsame Leitungsrunden und der Aufbau eines an allen Standorten nutzbaren Intranets werden uns dabei helfen. Wenn ich von „allen“ Standorten rede, dann gehört natürlich Hannover auch dazu. Die DUH hat nicht viele Mitglieder, kein Kapital im Rücken und ist doch sehr wirksam in ihrer Arbeit für den Umwelt- und Naturschutz. Was ist das Geheimnis dieses Erfolges? Sachkompetenz und Kampagnenfähigkeit sind die beiden Schlüsselworte. Wir haben exzellente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren umweltpolitisches Wissen geschätzt wird, und wir haben gelernt, wie man sich im gesellschaftlichen Diskurs Gehör verschafft. Dabei spielen Kooperationen – auch mit fortschrittlichen Teilen der Wirtschaft – eine zentrale Rolle.
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DUH INTERN det sich neuen Herausforderungen in China zu. In der chinesischen Hauptstadt leitet er künftig das Programm zur umweltpolitischen Beratung der chinesischen Regierung, das bei der Deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) angesiedelt ist.
Carla Vollmer geht nach Dessau ■ Nach fast sechs Jahren intensiver und sehr erfolgreicher Arbeit für den kommunalen Umwelt- und Naturschutz verlässt Carla Vollmer die Deutsche Umwelthilfe. Der begeisterten Freiburgerin war schon die Distanz zwischen dem Bodensee und ihrer Heimatstadt zu lang. Nun wechselt die gelernte Diplom-Geographin nach Dessau ins Umweltbundesamt. Dort wird sie als Fachgebietsleiterin Erneuerbare Energien in neuer Funktion und aus veränderter Perspektive an vertrauten Themen weiterarbeiten. Mit anscheinend unerschöpflicher Energie und Zielstrebigkeit hat sie in den vergangenen Jahren den Bereich Kommunaler Umweltschutz zu einem zentralen Handlungsfeld der DUH ausgebaut. Gradlinig, sachorientiert und wenn nötig auch konfliktbereit, konnte Carla Vollmer im Kreis der DUH-Kollegen große Achtung und Sympathie gewinnen. Der Schnellsprecherin gelang es, gemeinsam mit ihrem Team dem Namen der DUH als Ansprechpartner für Städte und Gemeinden einen guten Klang zu verleihen.
Bundscherer ist der Deutschen Umwelthilfe seit vielen Jahren eng verbunden. Als ehrenamtlicher Vorstand gab er dem Verband jahrelang wichtige Impulse und Ideen für seine weitere Entwicklung. Bedeutsame Projekte wie z.B. „Kein Diesel ohne Filter“ wurden von Bundscherer in dieser Zeit maßgeblich mit angestoßen. Vor zwei Jahren wechselte er vom BUND Berlin, wo er zwölf Jahre Geschäftsführer war, hauptamtlich zur DUH Umweltschutz Service GmbH. Hier gelang es ihm, eine ganze Reihe von innovativen Projekten gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft zu entwickeln und umzusetzen, deren Ziel immer eine deutliche ökologische Verbesserung war. Herausragend sind hier die Entwicklung eines Markenzeichens für klimafreundliche Transportkühlfahrzeuge oder die Gründung des „Netzwerks Bioenergie“.
Isabelle Franzen-Reuter ist neue Leiterin Kommunaler Umweltschutz
Stefan Bundscherer geht nach Peking ■ Nach zwei Jahren als Geschäftsführer verlässt Stefan Bundscherer die DUH Umweltschutz-Service GmbH und wenDUH welt 1/2007
■ An dieser Stelle möchten wir ganz herzlich Dr. Isabelle Franzen-Reuter bei der Deutschen Umwelthilfe begrüßen. Sie wird ab Mai die erfolgreiche Arbeit ihrer Vorgängerin Carla Vollmer fortsetzen und sich zukünftig gemeinsam mit Robert Spreter von Radolfzell aus für die Umsetzung der Umwelt- und Naturschutzziele bei den Städten und Gemeinden einsetzen.
Europa braucht Umwelt Umwelt braucht Europa Umfassende Informationen zur EU-Umweltpolitik inklusive Extras zur deutschen Ratspräsidentschaft 2007 bietet die DNR EU-Koordination Berlin: EU-Tagespolitik, Hintergründe, Stellungnahmen, Termine und Ansprechpartner inklusive Extras zur deutschen Ratspräsidentschaft 2007 Bestellen Sie unsere Publikationen: · E-Newsletter · Monatliches EU-Rundschreiben · Thematischer Infoservice Tel.: 030 - 44 33 91 81
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Isabelle Franzen-Reuter ist promovierte Diplom-Biologin, sie arbeitete bis zu ihrem Start bei der Deutschen Umwelthilfe als Referentin im nordrhein-westfälischen Umweltministerium. Dort war sie maßgeblich an der Planung und Umsetzung des Aktionsprogramms Umwelt und Gesundheit beteiligt. Dieses ressortund fachübergreifendem Programm der Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, Verbraucher, aber auch die Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung für die Zusammenhänge zwischen Umweltbelastungen und Gesundheit zu sensibilisieren. Die Zusammenarbeit mit Städten und Gemeinden, Unternehmen und Verbänden, ein Schwerpunkt ihrer zukünftigen Arbeit bei der DUH, kennt sie daher schon seit vielen Jahren. Auch das Thema Naturschutz ist der 31jährigen Stipendiatin der Deutschen Bundesstiftung Umwelt vertraut. Sie forschte und promovierte über die Wirkungen von Luftverunreinigungen auf niedere Pflanzen und ist Mitglied der Kommission Reinhaltung der Luft im VDI Verein Deutscher Ingenieure. Daneben arbeitete sie am botanischen Institut der Universität sowie in den Botanischen Gärten in Bonn.
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KREISLAUFWIRTSCHAFT
DUH: Glühbirnen EU-weit verbieten Die Deutsche Umwelthilfe fordert
wie wir sie zum Beispiel schon bei Kühlschränken kennen, eingeläutet werden“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Die DUH hat Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, der ebenfalls ein Glühlampenverbot will, aufgefordert, noch während der deutschen Ratspräsidentschaft zu handeln.
ab 2010 ein Verbot der konventionellen Glühlampen, die nur etwa fünf Prozent der eingesetzten Energie in Helligkeit umwandeln. Von da an sollen nur noch Lampen der Energie-Effizienzklassen A, B und C zugelassen werden. ■ „Es ist Zeit, Nägel mit Köpfen zu machen. Ein EU-weites Glühlampenverbot ist das geeignete Signal für praktischen Klimaschutz in jedem Haushalt. Das Ende der heißen Glühlampe kann mit einer relativ einfachen gesetzlichen Regelung über Mindesteffizienzstandards,
Energiesparlampen gibt es mittlerweile in allen gängigen Formen.
Energiesparlampen nutzen den eingesetzten Strom bei gleicher Leuchtkraft fünfmal effizienter als herkömmliche Glühlampen. Mit einem vollständigen Verbot der Energiefresser ließen sich zwei große Steinkohlekraftwerke einsparen. Da Energiesparlampen sechsmal länger halten als traditionelle Glühlampen, rechnet sich der höhere Preis der Sparlampen sehr bald.
Neue Broschüre über Energiesparlampen und deren Recycling Energiesparlampen sind effiziente
normale Hausmülltonne. Sie sind sogenannte Gasentladungslampen, die aufgrund ihrer technischen Bauart geringe Mengen Quecksilber enthalten.
Dauerbrenner. Wer seine herkömmlichen Glühbirnen durch moderne Energiesparlampen ersetzt, kann
Zu wertvoll für den Müll
mit nur wenigen Handgriffen dafür sorgen, dass der eigene Energieverbrauch rasant zurückgeht.
Wertvoll für den Klimaschutz ■ Ein durchschnittlicher Zweipersonenhaushalt kann so zum Beispiel seine jährlichen Stromkosten für die Beleuchtung von etwa 60 Euro auf 16 Euro senken. Qualitätseinbußen muss man dafür heute nicht mehr in Kauf nehmen. Energiesparlampen gibt es mittlerweile in allen gängigen Formen und sie liefern längst nicht mehr das kalte Licht, für das sie lange Zeit berüchtigt waren.
Durch die wesentlich längere Lebenszeit der Energiesparlampen (bis zu 15.000 Stunden) entlasten sie aber nicht nur Energieeinsatz, Klima und Portemonnaie, sondern sparen dazu noch
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Unser Infoblatt, 4 Seiten, DIN A4, finden Sie, zusammen mit vielen weiteren Informationen zum Thema, unter www.duh.de oder Sie können es per Fax (07732 9995-77) bestellen. Einzelpreis 0,50 €, Mengenrabatt auf Anfrage.
eine Menge Müll ein. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist aber: Ausrangierte Energiesparlampen und Leuchtstoffröhren gehören nicht in die
Daher müssen sie separat gesammelt und bei einer lokalen Sammelstelle für Elektroaltgeräte oder beim Schadstoffmobil entsorgt werden. So kann das Quecksilber in geeigneten Recyclinganlagen kontrolliert entnommen werden. Ebenso wie die anderen Materialien kann es nahezu vollständig wieder in der Lampenproduktion oder anderen technischen Bereichen eingesetzt werden. Noch ist der Anteil der zurückgegebenen Energiesparlampen jedoch bedenklich niedrig. Nur etwa 10 Prozent der in den privaten Haushalten anfallenden Energiesparlampen werden richtig entsorgt! Um hier die große Informationslücke zu schließen, hat die DUH ein Infoblatt erstellt, das die wichtigsten Aspekte zur Energiesparlampe und deren Entsorgung zusammenfasst. DUH welt 1/2007
ENERGIE UND KLIMASCHUTZ
Deutsche Autobauer unter Druck Der globale Klimawandel ist endlich angekommen, wo er hingehört: Auf den Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs und den Titelseiten der Zeitungen. Besonders die Autobranche zahlt jetzt mit Imageverlusten für ihre strategische Ignoranz gegenüber Umweltproblemen. Die Deutsche Umwelthilfe fordert seit Jahren eine Neuorientierung bei den Themen Energieeffizienz, Klimagasausstoß und Feinstaub. ■ Der Kohlendioxidausstoß des Straßenverkehrs in Europa hat sich seit 1990 dramatisch erhöht: 26 Prozent mehr CO2 kommt heute aus den Auspuffrohren, bei einer insgesamt sinkenden Treibhausgasbelastung der EU.
Dennoch baut die Automobilindustrie mit ihren übermotorisierten und immer spritdurstigeren Neufahrzeugen stetig neue „Klimakiller“ und wehrt beharrlich jegliche Begrenzung des Klimagases CO2 ab. Derzeit erfüllt kaum ein Audi, BMW, Mercedes oder VW den anvisierten CO2-Grenzwert von 130 Gramm pro Kilometer. So arbeitet die Autoindustrie gegen sich selbst, denn langfristig werden sich deutsche Fahrzeughersteller auf dem internationalen Markt nur behaupten können, wenn sie emissionsarme Autos produzieren. Dass effiziente Pkw technisch möglich sind, beweisen ausländische Hersteller – vor allem die Japaner. Toyota und Honda brachten schon vor Jahren Hybridlimousinen mit einer Kombination aus Verbrennungs- und Elektromotor auf die Straße. Der Toyota Prius mit Hybridantrieb kommt mit 4,3 Litern Benzin und nur 104 g CO2-Emission pro 100 Kilometer aus. Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert die deutschen Hersteller regelmäßig für ihre verfehlte Modellpolitik und ihre Ignoranz gegenüber dem Klimawandel, aber auch gegenüber den Gesundheitsgefährdungen aufgrund gefährlicher Abgasbelastungen. Seit Jahren schon schmiedet die DUH Allianzen, um Länder, Kommunen und Autohersteller zum Handeln zu veranlassen. Als einziger Umweltverband macht sich die DUH auch für Verbraucherrechte stark und kontrolliert die Ein-
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Die deutschen Autobauer haben die Umwelt leider selten im Blick.
haltung der gesetzlichen Kennzeichnungspflicht des Spritverbrauchs und des Kohlendioxid (CO2)-Ausstoßes bei Pkw. Mit Erfolg – am Jahresanfang hat das Landgericht Stuttgart einer Klage der DUH gegen den Autokonzern DaimlerChrysler stattgegeben. Der Konzern warb mit der leistungsstarken Motorisierung, vermied es aber, die Verbraucher über den enormen Spritverbrauch von innerorts 18,1 bzw. 21,1 Liter auf 100 Kilometer aufzuklären. Und auch im März rief der Konzern wieder nach negativen Schlagzeilen: Nochmals fiel er mit Anzeigenwerbung auf, in der die Verbrauchsangaben fehlen. Und zwar ausgerechnet beim Spritfresser SLR, der mit 348 Gramm CO2 pro Kilometer zu den Top-Klimakillern unter den Neuwagen zählt. Leider ist das nur ein Beispiel – immer wieder versuchen Autohersteller in ihrer Werbung, die Verbraucher zu täuschen. Doch jeder Autokäufer hat das gesetzlich verankerte Recht, sich darüber zu informieren, wie er mit seiner Kaufentscheidung das Klima belastet. Ebenfalls im Januar hat die DUH auf einer Pressekonferenz ein Sofortpro-
gramm zur Minderung der KlimagasEmissionen von Pkw vorgestellt. Die wichtigsten Eckpunkte, die die DUH von der Bundesregierung fordert, sind die Einführung verbindlicher CO2-Grenzwerte ab 2008, die Abschaffung des Steuerprivilegs für verbrauchsstarke Dienstwagen, die Einführung einer CO2abhängigen Kfz-Steuer für Pkw sowie eine kundenfreundliche und einheitliche Kennzeichnung des Spritverbrauchs bei Neuwagen. Hinzu kommt das leidige Thema Geschwindigkeitsbegenzung auf deutschen Autobahnen. Fast kein „zivilisiertes Land“ der Welt verzichtet darauf und erstmals spricht sich laut Umfrage eine Mehrheit auch hierzulande dafür aus. Der vollständige Forderungskatalog ist unter: www.duh.de einsehbar.
Rabatt für die Automobilindustrie Der Ankündigung von Kanzlerin Angela Merkel, den Klimaschutz zum Schwerpunkt ihrer EU-Ratspräsidentschaft zu machen, folgten im Hinblick auf die Pkw-Grenzwerte leider noch keine Taten. Im Gegenteil: Die EU-Kommission hat ihre ursprünglichen CO2-Vorgaben auf Druck der Kanzlerin und der deutschen Automobilindustrie abgeschwächt. Damit belohnt die Kommission die Automobilindustrie für die Nichteinhaltung ihrer freiwilligen Selbstverpflichtung. Ursprünglich hatte sich die Branche vorgenommen, im ersten Schritt bis 2008 den durchschnittlichen CO2-Ausstoß auf 140 Gramm je Kilometer zu senken. Danach wollte sich die Automobilindustrie vier Jahre Zeit lassen, um den Ausstoß in einem zweiten Schritt auf 120 Gramm je Kilometer zu reduzieren. Die Europäische KommisDUH welt 1/2007
ENERGIE UND KLIMASCHUTZ sion hat jetzt das Ziel von 130 Gramm CO2 je Kilometer bis zum Jahr 2012 festgelegt. „Das bedeutet 10 Gramm Rabatt für die Automobilindustrie“, fasst DUHBundesgeschäftsführer Jürgen Resch das Ergebnis zusammen.
Öffentliches Schaufahren gegen Klimaschutz Aufregung löste eine von der DUH veröffentlichte Liste zum Spritverbrauch und CO2-Ausstoß der Dienstwagen von Regierungsmitgliedern aus. „In Zeiten des Klimawandels“, mahnte Resch, „brauchen wir neue Vorbilder auch in der Politik. Doch davon sind wir weit entfernt.“ Mit einem innerstädtischen Verbrauch von über 17 Litern und einem Kohlendioxidausstoß von 286 Gramm je Kilometer geht Gesundheitsministerin Ulla Schmidt bei ihrer Dienstwagenauswahl mit schlechtem Beispiel voran. Die Autoindustrie lockt die Ministerien mit bis zu 60 Prozent Preisnachlass für ihre hochmotorisierten Dienstfahrzeuge. Während EU-Umweltkommissar Stavros Dimas auf den Toyota Prius mit nur 104 Gramm CO2-Ausstoß pro Kilometer umsteigt, will die Bundesregierung auch in Zukunft bei den übergewichtigen Spritfressern bleiben. Der CO2-Ausstoß soll mit rund 5.000 Euro pro Jahr und Ministerium als symbolische Bußzahlung kompensiert werden, mit der Klimaschutzprojekte finanziert werden sollen. Das war’s dann.
Die Deutsche Umwelthilfe hat die Bundesregierung aufgefordert, ihr von der Automobilindustrie gesponsertes „öffentliches Schaufahren gegen den Klimaschutz“ zu beenden. Schreiben Sie in diesem Sinne an die Bundeskanzlerin: Frau Angela Merkel, Willy-Brandt-Straße 1, 10557 Berlin, E-Mail: internetpost@bundeskanzlerin.de
Wege zu umweltfreundlicher Mobilität Gerade beim Auto, der Deutschen liebstem Kind, fallen Einschnitte schwer. Dabei gibt es viele Wege, um umweltfreundlich mobil zu sein und gleichzeitig Geld zu sparen. Derzeit wird über einen Umbau der Kraftfahrzeugsteuer nachgedacht. Wahrscheinlich wird zukünftig die Besteuerung von Fahrzeugen nach dem Ausstoß von CO2 bemessen werden und nach Vorschlägen des Verkehrsclub Deutschland (VCD) und der DUH bei „Klimakillern“ überproportional ansteigen. Es lohnt sich also schon heute, beim Kauf eines Neu- oder Gebrauchtwagens auf die Abgaswerte zu achten, langfristig können Besitzer von schadstoffarmen Pkw nämlich kräftig Steuern sparen. Jeder Autohändler ist per Gesetz verpflichtet, die Emissionswerte und den Spritverbrauch eines Fahrzeuges auszuweisen. Auf lange Sicht wird ein abgasarmes und spritsparendes Fahrzeug nicht nur das Klima schonen, sondern auch den Geldbeutel der Autofahrer weniger belasten.
Wer emittiert wie viel? PS, Spritverbrauch und CO2-Ausstoß aktueller Dienstwagen der Bundesminister bzw. ihrer Staatssekretäre
Zehn Dinge, die Sie selber tun können Wir haben für Sie zehn Vorschläge zusammengestellt. Wenn Sie danach handeln, leisten Sie einen Beitrag gegen die Klimaerwärmung, Sie sparen Geld und in einigen Fällen ist’s gut für Ihre Gesundheit. Sprechen Sie darüber auch mit Ihren Freunden und Bekannten.
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Wechseln Sie herkömmliche Glühbirnen gegen Energiesparlampen. Fahren Sie weniger mit dem Auto. Gehen Sie zu Fuß, fahren Sie mit dem Fahrrad, benutzen Sie öffentliche Verkehrsmittel.
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Stellen Sie an Verkehrsampeln, die auf Rot stehen, ihren Motor aus. Das lohnt sich schon bei sieben Sekunden Wartezeit.
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Wenn Sie ein Auto kaufen, wählen Sie eins mit sehr niedrigem Spritverbrauch.
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Schalten Sie Ihre Elektrogeräte richtig aus, auch den StandbySchalter Schalter..
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Verbrauchen Sie weniger warmes Wasser asser.. Tauschen Sie Ihren Duschkopf gegen ein Wasser-SparModell und waschen Sie Ihre Wäsche bei niedrigen Temperaturen.
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Stellen Sie Ihren Heizthermostat im Winter um zwei Grad niedriger. Kaufen Sie keine Produkte mit überflüssiger Verpackung. Ziehen Sie nach dem Aufladen Ihres Handys das Ladegerät aus der Steckdose Steckdose, denn es verbraucht auch Strom, wenn das Handy nicht am Ladegerät hängt.
10 (Quelle DUH-Recherche vom 6. bis 12. Februar 2007; Folgende Häuser wollten weder zu den Dienstwagen ihrer Minister noch zu denen ihrer Staatssekretäre Angaben machen: Verteidigungsministerium und Bundeskanzleramt bzgl. des Staatsministers im Kanzleramt. Gepanzerte Pkw wurden nicht aufgenommen.)
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Lassen Sie auf dem Dach Ihres Hauses eine Solaranlage bauen oder kaufen Sie Anteile von Solaranlagen in Ihrer Gemeinde und dämmen Sie Ihr Haus gegen Wärmeverlust.
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ENERGIE UND KLIMASCHUTZ
Sechs Dinge, die die EU jetzt tun muss Damit der deutsche Vorsitz in der EU nach holprigem Start doch noch zu einem klimapolitischen Erfolg wird, muss Europa jetzt handeln. Dies sind die Forderungen der Umwelt-, Verbraucherschutz- und Verkehrsverbände:
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Europa zum V orreiter bei den Vorreiter Klima-Verhandlungen machen Die EU muss sich bei den anstehenden UN-Klimaverhandlungen selbst verpflichten, ihren Ausstoß an Treibhausgasen bis 2020 um 30 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren.
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Europas Autohersteller zum Klimaschutz verpflichten Europa muss verbindliche Grenzwerte für den Ausstoß von CO 2 bei Neuwagen beschließen und damit den Durchschnittsverbrauch in Europa drastisch senken. Deutschland darf hier nicht blockieren.
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Erneuerbare Energien konsequent ausbauen Die EU muss den Anteil Erneuerbarer Energien am Gesamtenergiebedarf bis 2020 auf 25 Prozent steigern.
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Energieeffizienz umsetzen Die EU muss feste Ziele und Instrumente für den Ausbau der KraftWärme-Kopplung und für Energieeinsparungen bei Gebäuden vereinbaren und umsetzen.
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Monopolmacht der Energiekonzerne beenden Eine europäische Wettbewerbsbehörde muss die Stromnetze für neue Anbieter Erneuerbarer Energien öffnen.
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E uropas Fluggesellschaften sollen für ihren CO2-Ausstoß zahlen Fluggesellschaften müssen in den Emissionshandel einbezogen werden und dürfen nicht länger durch Steuererleichterungen bevorteilt werden. Ihr CO2Ausstoß muss bis 2020 um 30 Prozent vermindert werden.
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„Wir müssen Vorreiter sein“ Interview mit Klaus-Eckhard Walker, Oberbürgermeister von Rastatt ■ Die Stadt Rastatt ist seit vielen Jahren im Klimaschutz aktiv. Aus dem Wettbewerb „Bundeshauptstadt im Klimaschutz“ der Deutschen Umwelthilfe (DUH) in der Teilnehmerklasse der Städte zwischen 20.001 und 100.000 Einwohnern ging sie 2006 als Siegerin hervor.
DUHwelt: Was hat Rastatt alles für den Klimaschutz getan? Walker: Zunächst haben wir als Gemein- in Zeiten schwieriger Kassen etwas für de positive Zeichen gesetzt, indem wir den Klimaschutz zu tun. unsere gesamte Verwaltung in Richtung Umwelt- und Klimaschutz umgestellt ha- Wie kann Ihre Kommune das alles fiben und eine ökologische Stadtplanung nanzieren? betreiben. Im öffentlichen Nahverkehr setzen wir erdgasbetriebene Fahrzeuge Wir haben in den letzten fünf Jahren ein, und es wurde ein Radwegekonzept eine Millionen Euro weniger ausgegefür die Gemeinde erarbeitet. Unsere städ- ben, weil wir Energiesparmaßnahmen tischen Liegenschaften durchgeführt haben. haben wir wärmegeDamit hat es sich auch Die Vorbildfunktion dämmt und vieles anwirtschaftlich rentiert, liegt insbesondere darin, in diese Umweltdere mehr getan, um auch Schülerinnen und zur Reduzierung des schutzprojekte zu inCO2-Gehaltes in der Schüler an dieses Thema vestieren. Und ich kann nur jedem empLuft beizutragen. Aber heranzuführen. fehlen, bei dem Wettauch die Bürgerinnen bewerb „Bundesund Bürger können ihren Beitrag leisten. Zum Beispiel mit ge- hauptstadt im Klimaschutz“ teilzunehmeinsam eingerichteten Solarparks. Die- men. Wir werden auch in Zukunft ses Jahr wird bereits der vierte in unserer wieder dabei sein. Wir haben 2005 als Energiesparkommune schon einen ersStadt eingeweiht. ten Preis bei der Deutschen UmwelthilWarum liegt es Ihnen so sehr am Her- fe gewonnen. Im letzten Jahr sind wir als zen, als Stadt ein Vorbild in Sachen Klimaschutz zu sein? Die Vorbildfunktion liegt insbesondere darin, auch Schülerinnen und Schüler an dieses Thema heran zu führen. Wir haben ein Fifty-fifty-Programm eingeführt, um durch Energiesparen auch etwas für die Schulkasse zu tun, denn die Hälfte der eingesparten Energiekosten geht direkt an die Schule zurück. Und die Schule kann sich dafür kleine Wünsche erfüllen, für die sonst im städtischen Haushalt kein Geld vorhanden ist. So. mit ist es ein lohnendes Konzept, auch
Strahlender Sieger: Klaus-Eckhard Walker, Bürgermeister von Rastatt (Bild oben). Im öffentlichen Nahverkehr setzt Rastatt auf erdgasbetriebene Fahrzeuge (unten).
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Siegerin im Klimaschutz in unserer Teilnehmerklasse ausgezeichnet worden, und in diesem Jahr wollen wir uns auch als „Bundeshauptstadt im Naturschutz“ bewerben. Es muss eine Ehre und eine Herausforderung für jede Stadt sein, bei solchen Ausschreibungen mitzumachen. Wir müssen Vorreiter sein – wenn nicht wir, wer denn dann?
inter
solar
2007
E u ro p a s größte Fachmesse
Otto Hahn: Pionier der Sonnennutzung
für Solartechnik F re i b u r g i . B r.
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21.–23. Juni 2007
■ Otto Hahn erhielt 1998 den Sonderpreis Film des Umwelt-Medienpreises der DUH. Wer auf die Bildautoren in der DUHwelt achtet, wird immer wieder auf seinen Namen stoßen. Otto Hahn ist aber nicht nur ein hervorragender Filmer und Fotograf, sondern auch ein Pionier der Sonnennutzung. Schon 1969 hat er beim Patentamt in München eine Dacheindeckungsplatte beliebiger Form und Größe mit integrierten Solarzellen zum Patent angemeldet, das ihm später erteilt wurde.
Er war damit seiner Zeit weit voraus, denn im damaligen Forschungsministerium wusste man nicht, was Fotovoltaik ist. Im Jahr 1978 entschloss sich Otto Hahn, die Filmerei aufzugeben und diese Fotovoltaik-Dachplatten zu produzieren. Er stellte beim Forschungsministerium den Antrag auf Förderung.
Photovoltaik Solarthermie S o l a re s B a u e n
mit 3. Europäischer SolarthermieKonferenz estec2007 und 3. PV Industry Forum
Otto Hahn schrieb uns kürzlich: „Man hat mich damals in mehreren Schreiben gefragt, wie ich mit der Fotovoltaik, im Gegensatz zu anderen Produkten, Energie einsparen würde. Irgendwann ging mir das auf die Nerven. Ich schrieb zurück, dass ich mit Idioten nicht mehr länger über Fotovoltaik korrespondieren möchte.“ Er gab seine Firma auf. DUH welt 1/2007
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ENERGIE UND KLIMASCHUTZ
Grüne Energie in Städten und Gemeinden Bioenergiedorf Mauenheim
Österreichische Kleinstadt ist energieautark
■ Mauenheim bei Immendingen ist das erste Dorf in Baden-Württemberg, das sich vollständig aus heimischen erneuerbaren Energien versorgt. Die Deutsche Umwelthilfe begleitet das „Bioenergiedorf Mauenheim“ seit Beginn dieses Projekts.
Die Mauenheimer haben ein Nahwärmenetz von acht Kilometern Länge, eine Biogasanlage und einen Heizkessel für Holzhackschnitzel installiert. Von den 100 Haushalten in Mauenheim haben sich 67 für einen Anschluss an das Wärmenetz entschieden. Diese hohe Akzeptanz war ausschlaggebend für den Erfolg. Das Bioenergiedorf Mauenheim kann sich theoretisch zu 100 Prozent mit Wärme selbst versorgen. Schon heute produziert es das Vierfache seines eigenen Strombedarfs. Mauenheim wird also zum Stromexporteur. Die beteiligten Unternehmen KCH Biogas und Solarcomplex sowie Clean Energy haben hier insgesamt 2,3 Millionen Euro investiert. Das Fremdkapital wurde von
Bioenergie in Mauenheim.
örtlichen Volksbanken und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bereitgestellt. Das Stuttgarter Ministerium für Ländlichen Raum förderte die Errichtung des Nahwärmenetzes. Die DUH sieht in dem Projekt ein Modell für andere ländliche Gegenden in Deutschland. Die regionale Wirtschaft profitiert ebenso von der Wertschöpfung vor Ort wie die gesamte Volkswirtschaft durch eine entsprechende Minderung der nationalen Ölrechnung. Zudem leisten Bioenergiedörfer mit der gemeinsamen Erzeugung von Strom und Wärme (Kraft-Wärme-Kopplung) einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz.
Gollhofen ist Herbstmeister in der
Die österreichische Stadt Güssing hat 27.380 Einwohner. Ihr ist die Energiewende bereits gelungen. Innerhalb von 16 Jahren wurden die Einwohner energieautark und haben davon auch richtig profitiert. Der Ingenieur Reinhard Koch erwirkte zu Beginn der 1990er Jahre bei der Stadtverwaltung den Ausstieg aus der fossilen Energieversorgung. Auf der Stadtgemarkung wachsen jährlich 100.000 Tonnen Holz nach. Die Stadt benötigt ein Fünftel davon, um alle Häuser der Stadt mit Wärme und Strom zu versorgen. Ursprünglich ging es dem Initiator des Projekts in erster Linie darum, die Abwanderung aus der Stadt zu stoppen und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Dieses Ziel wurde mehr als erreicht: Die Umstellung auf Holz lockte mehrere Betriebe nach Güssing. So auch eine Parkettfabrik. Insgesamt wurden 1.000 neue Arbeitsplätze geschaffen.
Solarbundesliga Solar
Freiburg: Sonne statt Fußball – 1000ste Kommune spielt jetzt mit ■ Während sich die Fußballstars ihre
Winterpause gönnten, wurden in der Solarbundesliga zum Jahreswechsel 2006/2007 die Herbstmeister ermittelt. In der Gesamtwertung gewann erneut die bayerische Gemeinde Gollhofen bei Würzburg. Sie konnte die Führung mit 723 Punkten sogar noch deutlich ausbauen und lag mit einem großen Vorsprung vor Rettenbach am Auerberg und Halsbach. Konnten die Freiburger in der Fußballbundesliga von besseren Zeiten nur träumen, legten sie doch in der Solarbundesliga deutlich zu. Mit 40 Punkten lag die Breisgaumetropole bei den Großstädten vorn. Ingolstadt folgte mit 37 Punkten vor Fürth mit 34 Punkten. Ulm,
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in den vergangenen Jahren häufig Kopfan-Kopf mit Freiburg, musste sich zur Herbstmeisterschaft mit dem vierten Platz begnügen. Kurz vor Jahresschluss erreichte die Solarbundesliga einen neuen Meilenstein. Mit Bad Homburg meldete sich die 1.000ste Kommune an. „An der Solarbundesliga können alle Städte und Gemeinden bundesweit teilnehmen“, so Rainer Baake, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. „Sie können jederzeit einsteigen. Melden kann jeder, der die Daten seiner Kommune glaubhaft machen kann.“
desliga. Und die spannende Frage in dieser Saison lautet: Schafft es Gollhofen, den Titel zu verteidigen?
Förderer und Fans der Solarbundesliga: Förderer:
Fans:
Am 1. Juni 2007 ist der Stichtag für die Deutsche Meisterschaft in der SolarbunDUH welt 1/2007
ENERGIE UND KLIMASCHUTZ
Mehr als 200 Teilnehmer bei SolarLokal Anfang dieses Jahres konnten die Stadt Wilhelmshaven und der Landkreis Friesland als 200. Teilnehmer bei SolarLokal begrüßt werden. Sie bekennen sich damit zu einer nachhaltigen und umweltschonenden
Diese werden durch das ErneuerbareEnergien-Gesetz (EEG) sogar für 20 Jahre garantiert. Angesichts steigender Energiepreise kann eine private Solarstromanlage eine lohnende Investition für vorausschauende Stromverbraucher sein. Gleichzeitig spricht SolarLokal auch das örtliche Handwerk an. Erfah-
Energiegewinnung. ■ Mit Thüringen ist seit Ende des Jahres
2006 das letzte Bundesland nun bei SolarLokal dabei. Der Ilmkreis wird SolarLokal ebenfalls unterstützen. Im vergangenen Jahr konnte die Stadt Radolfzell, Sitz der DUH-Bundesgeschäftsstelle, für SolarLokal gewonnen werden. Die Abhängigkeit von großen Energieversorgern und Atomstrom kann jeder einzelne Bürger durchbrechen, indem er sein eigener Stromproduzent wird. Die SolarLokal-Infoblätter sind eine tolle Möglichkeit, um möglichst viele Bürger auf diese Möglichkeit aufmerksam zu machen. SolarLokal informiert auch auf der Internetseite www.solarlokal.de über die attraktiven Vergütungsmöglichkeiten für privat produzierten Solarstrom.
rene Installateure von Solaranlagen können sich beim SolarLokal-Infotelefon registrieren lassen. Sie werden an interessierte Bürger aus der Region vermittelt. Der regionale Kreislauf erhält mit SolarLokal zusätzlichen Schwung. Vom 21. bis 23. Juni 2007 wird sich SolarLokal auf der Intersolar in Freiburg präsentieren. Besuchen Sie Europas größte Fachmesse für Solartechnik mit über 500 erwarteten Ausstellern und informieren Sie sich über unsere Kampagne. Näheres zur Messe erfahren Sie unter www.intersolar.de. SolarLokal ist auch bei der Woche der Sonne vom 28. April bis 6. Mai 2007 aktiv. In dieser Woche ruft der Bundesverband Solarwirtschaft alle Solarengagierten in Deutschland auf, mit kreativen Veranstaltungen positiv auf die Solarenergie aufmerksam zu machen. Weitere Informationen unter: www.woche-der-sonne.de
Startschuss für SolarLokal in Radolfzell.
Vögel singen früher Blaumeise
Der Kernbeißer sang schon im Februar. ■ In der Umgebung des Mindelsees (bei
Radolfzell) begannen im Herbst und Winter 2006/07 mehrere Vogelarten viel früher zu singen als in anderen Jahren. Das hängt sicher mit dem für die Jahreszeit zu warmen Wetter zusammen. Hier sind unsere Beobachtungen, wann wir die Vögel zum ersten Mal singend festgestellt haben: DUH welt 1/2007
23.12.
Kohlmeise
3.10.
Buchfink
4. 2.
Misteldrossel
4. 2.
Buntspecht
25.11.*
Sumpfmeise
10.11.
Goldammer
8. 2.
Tannenmeise
15.11.
Treibhaus Erde
Kernbeißer
4. 2.
Waldkauz
29.11.
Neues DUH-Infoblatt
30.12.
von Professor Dr. Mojib Latif, 6 Seiten, DIN A 4,
Kleinspecht
* Erstes Trommeln Wir bitten Sie als Leser unserer Zeitschrift, uns mitzuteilen, ob Sie im Herbst und Winter ebenfalls früheres Singen festgestellt haben.
Einzelpreis 0,50 Euro, Mengenrabatt auf Anfrage. Bestellungen über das Internet www.duh.de oder per Fax: 07732 9995-77
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HAND IN HAND-FONDS
10 Jahre HAND IN HAND-Fonds Die RAPUNZEL Naturkost AG und die Deutsche Umwelthilfe stellten im Februar auf der BioFach in Nürnberg ihre druckfrische Dokumentation „10 Jahre HAND IN HAND-Fonds“ vor. ■ Schon wenige Minuten nach der Eröffnung der Messe war der RapunzelStand in Halle 6 stark frequentiert. Es zeigte sich schnell: Für unseren langjährigen Partner wird die BioFach ein großer Erfolg. Die weltweit größte Naturkostmesse bot aber auch den geeigneten Rahmen, Bilanz zu ziehen über zehn Jahre ökologisches und soziales Engagement.
Im zehnten Jahr hilft mittlerweile der HAND IN HAND-Fonds weltweit ambitionierten, ökologischen und sozialen Projekten. Zehn von ihnen aus zehn verschiedenen Ländern werden in der neuen Dokumentation vorgestellt. Die dauerhafte und vertrauensvolle Partnerschaft zwischen der Rapunzel Naturkost AG und der Deutschen Umwelthilfe ist die Basis für die nachhaltige Wirkung eines beispielhaften Förderkonzeptes. In der Partnerschaft zwischen dem Unternehmen Rapunzel Naturkost AG und dem Umweltverband Deutsche Umwelthilfe bündeln die Partner ihre Kompetenz zum Nutzen von Mensch und Natur: im Bioanbau, im fairen Handel, in der Gestaltung sozialer Beziehungen, im Umwelt- und Naturschutz sowie in der Auswahl und Betreuung geeigneter Projekte. Für die Deutsche Umwelthilfe ist der HAND IN HAND-Fonds eine ideale Erweiterung ihrer Handlungsmöglichkeiten. Er hat es ermöglicht, die weltweiten Aktivitäten der DUH zur Rettung des Tropenwaldes, zum Klimaschutz und zum Schutz der Wale zu verstärken und zu ergänzen.
Öko-Pionier setzt auf Partnerschaft Seit über 30 Jahren arbeitet die Firma Rapunzel im Bereich des Bioanbaus, der Verarbeitung und Verteilung von Biolebensmitteln. Mit ihren Anbaupartnern verbindet die Legauer Firma die gemeinsame Verpflichtung auf fairen Handel,
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15 Jahre zurück. Es wurde immer deutlicher, dass die Nachhaltigkeit des Bioanbaus in diesen Ländern nur dauerhaft sein kann, wenn sich auch die sozialen Bedingungen positiv weiter entwickeln würden. Solche Erfahrungen und Erlebnisse führten dann vor etwa zehn Jahren zur formellen Gründung des HAND IN HAND-Fonds.
Im Sinne der Lokalen Agenda 21
Das modernisierte HAND IN HANDLogo ziert an zentraler Stelle die Dokumentation. „Die Wärme des menschlichen Miteinanders, die Partnerschaft mit unseren Lieferanten zeigen wir jetzt mit einem Händedruck, der freundlich und anpackend ist“, so Heike Kirsten, Marketing-Leiterin von Rapunzel zum neuen Fair Trade-Siegel.
ökologischen Anbau und anspruchsvolle soziale Standards. Das sind die Grundpfeiler einer HAND IN HANDPartnerschaft. Der HAND IN HANDFonds erweitert sie um ein ökologisches und soziales Förderinstrument, das übrigens nicht nur Rapunzel-Partnern zugute kommt, sondern grundsätzlich allen Antragstellern aus Entwicklungsländern offensteht. „Sehr früh schon“, so Firmengründer Joseph Wilhelm, „haben wir in der Zusammenarbeit mit unseren Partnern in den Entwicklungsländern Umstellprojekte auf Biolandwirtschaft durchgeführt. Dabei wurden wir immer wieder auch mit den sozialen Problemen im Umfeld konfrontiert.“ Aus der Kooperation mit den ersten Partnern im Rohstoffbereich ergaben sich erste soziale Aktivitäten. Dies liegt nun
Der HAND IN HAND-Fonds wird seit seiner Gründung von der DUH verwaltet. Der Fonds unterstützt den Aufbau von Infrastruktur, Bildung, sozialer Versorgung und von ökologischen Projekten in Ländern des Südens. Die Förderprojekte agieren im Sinne der Lokalen Agenda 21. Die Rapunzel Naturkost AG führt jährlich etwa ein Prozent des Einkaufswerts ihrer HAND IN HAND-Produkte an den Fonds ab. So kommt ein Betrag von jährlich um die 35.000 Euro zusammen. Rapunzel übernimmt damit Verantwortung für nachhaltiges umweltverträgliches Wirtschaften in den Ländern, in denen Rohstoffe für die Rapunzel-Produkte angebaut beziehungsweise produziert werden. Die Verbindung von ökologischen Zielsetzungen und fairem Handel gelingt hier vorbildlich. Die Mittel werden jedes Jahr international ausgeschrieben und vom HAND IN HAND-Komitee an Projekte in den Partnerländern vergeben. Die DUH übernimmt dabei die Projektkontrolle und -koordination. Zusätzlich werden die Projektpartner von Rapunzel-Mitarbeitern besucht. So werden die Ergebnisse nachvollziehbar dokumentiert. Die Dokumentation „10 Jahre HAND IN HAND-Fonds“ kann gegen Einsendung von 1,45 € Porto bei der DUH-Umweltschutz-Service GmbH, Fritz-ReichleRing 4, 78315 Radolfzell, angefordert werden. DUH welt 1/2007
MENSCHEN FÜR NATUR nien. Streng ausgelegte Friedhofssatzungen verhindern allzu oft individuelles Naturschutzengagement und naturnahe Gestaltung. Dass der immergrüne Buchs als Symbol der Ausdauer und Treue gilt, die Eibe als Abwehr gegen böse Einflüsse und der Efeu als Zeichen der Verbundenheit und Auferstehung – dieses Wissen droht verloren zu gehen.
Naturnahe Grabpflege
Frühling auf dem Friedhof Der Menschen letzte Ruhestätte kann ein wertvolles Refugium der Natur sein Paragraphen kontra Naturschutz Unter den rund 25.000 Friedhöfen in Deutschland, zusammengenommen immerhin 3.000 Quadratkilometer, sind leider nicht nur Naturparadiese anzutreffen. Selbst auf liebevoll gepflegten Gräbern dominieren heute „WegwerfPflanzen“ wie Erika, Primeln und Bego■ Alte Friedhöfe sind oft grüne Oasen, die eine wichtige Funktion für die Luftqualität haben. Zudem sind sie ein Ort der Begegnung und Kommunikation für viele Menschen. Bei naturnaher Gestaltung entwickeln sie sich sogar zu einem wichtigen Refugium für viele Tier- und Pflanzenarten. Nicht nur Allerweltsvögel wie Amseln und Kohlmeisen, auch Kernbeißer und Bluthänfling finden hier Nahrungs- und Brutbiotope. Eulen überwintern gern in parkähnlichen Anlagen. Hier wird man ab Anfang April auch Nachtigallen hören können. Im Volksglauben gelten sie als Vogel der Erlösung. Baumhöhlen, Gruften und alte Gemäuer sind begehrte Wohnlagen für Siebenschläfer und Fledermäuse. Bruchsteinmauern in der Nähe feuchter Wiesen und offener Wasserstellen schaffen Biotope für die seltene Geburtshelferkröte, für Blindschleichen und Eidechsen.
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Für naturnahe Grabgestaltung eignen sich viele einheimische Pflanzen. Standortgerecht verwendet gedeihen sie sehr gut. Eine Düngung des Bodens ist nicht notwendig. Auch die Verwendung von Torf trägt nicht zur Bodenverbesserung bei, sie führt eher zu Übersäuerung. Rindenhumus und Gehölzhäcksel zur Abdeckung sind sehr viel besser geeignet. Bodendecker wie Immergrün, Waldsteinie oder der blühfreudige Frauenmantel sind pflegeleicht. Blühende Dauerstauden wie Fetthenne, Lavendel und Diptam locken Wildbienen und Schmetterlinge an. Polierte Grabsteine aus Industriefertigung mögen pflegeleicht sein. Mehr Charakter haben Natursteine aus der Region, auf denen sich im Laufe der Zeit ein Flechten- oder Moosbewuchs einstellt. Eine Pflanzenliste und Tipps für die naturnahe Grabgestaltung können Sie kostenlos bei der DUH anfordern.
Spende statt Geschenke! Ingrid und Burkhard Heemeyer aus Kirchlengern nutzten ihren 70. Geburtstag, um für eine gute Sache zu werben. „Wir sind schon seit vielen Jahren als Naturfreunde Spender für Organisationen wie die Ihrige, weil wir erkannt haben, wie wichtig der Erhalt und die Bewahrung der Natur für die Menschheit ist. Zu besonderen Anlässen in unserer
Ingrid und Burkhard Heemeyer.
Familie, verbunden mit größeren, aber auch kleineren Feiern, bitten wir unsere Freunde und Verwandten gerne um Geldspenden, die wir dann an gemeinnützige Organisationen übergeben.“ Freunde und Bekannte nahmen die Idee dankbar auf und so kamen anlässlich des 70. Geburtstages 2.180 Euro zusammen. Neben humanitären Organisationen wurde die Umwelthilfe mit einer Spende bedacht. Dafür ganz herzlichen Dank! Wir unterstützen Sie gerne mit Material und Beratung für Ihre eigene private Spendenaktion. Kontakt: Annette Bernauer, Tel. 07732-9995-60
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Lebendige Erinnerung Mit einem Legat für die Natur in Ihrem Testament setzen Sie Ihrem Leben ein Denkmal. Ihr Vermächtnis hilft der Deutschen Umwelthilfe für den Schutz und die Erhaltung natürlicher Lebensgrundlagen tätig zu sein.
Informationen zum Thema Legat für die Natur und Testamentsgestaltung finden Sie in unserer 16-seitigen Broschüre, die Sie kostenlos erhalten. Name Straße PLZ, Ort Telefon
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Ihre Ansprechpartnerin: Annette Bernauer Tel. 07732-9995-60 E-Mail: bernauer@duh.de
Deutsche Umwelthilfe e.V. Fritz-Reichle-Ring 4 78315 Radolfzell DUH welt 1/2007 Fax: 07732-9995-77