DUHwelt 3/2007

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DUHwelt DAS MAGAZIN DER DEUTSCHEN UMWELTHILFE

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Wir trauern um Prof. Dr. Gerhard Thielcke

2007

Neues WeiĂ&#x;storchprojekt in den Elbauen Nationales Seennetzwerk in Italien DUH vergibt Deutschen Klimaschutzpreis 1


visionäre gesucht Bundeswettbewerb Naturschutzgroßprojekte

und ländliche Entwicklung

Anzeige BfN

Infos und Bewerbungsunterlagen unter www.idee-natur.de separat Bewerbungsschluss: 31.PDF Januar 2008

Denken Sie groß. Entwickeln Sie die natürlichen und ökonomischen Potenziale Ihrer Region auf der Basis eines vom Bund geförderten Naturschutzgroßprojektes. Verknüpfen Sie vorhandene Initiativen zu neuen Ideen. Holen Sie sich Partner ins Boot. Nutzen Sie die einmalige Chance der Förderung durch zwei Bundesministerien. Die zehn überzeugendsten Ideenskizzen zu den Themenschwerpunkten „Wälder“, „Moore“ und „Urbane /industrielle Landschaften“ erhalten ein

Preisgeld von 10.000 Euro. Bis zu fünf Bewerber/innen können bereits ab Juni 2009 mit einer mehrjährigen Förderung rechnen.

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Auf ein Wort...

Inhalt DUH AKTUELL DUH unterstützt Genfrei Gehen Umweltverträgliche Klimaanlagen in Autos

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IM BLICKPUNKT 6

Gerhard Thielcke

LEBENDIGE ELBE 8 12

Weißstorchschutz im Dichtezentrum Elbe Sommerworkshop an der Elbe

LEBENDIGE FLÜSSE Liebe Leserin, lieber Leser Gerhard Thielcke, geistiger Vater und Mitgründer der Deutschen Umwelthilfe, ist tot. Er starb im Juli an den Folgen eines Unfalls in seinem Haus. Wir haben ihm an einem warmen, schönen Sommertag in Möggingen das letzte Geleit gegeben.

BIG JUMP 2007 Donau: die Schiffe dem Fluss anpassen Kleine Wasserkraftwerke: zusammen geht mehr

GLOBAL NATURE FUND 18 20

Living Lakes-Netzwerk Italien gegründet Hilfe für das Pantanal

Sie, liebe Leserinnen und Leser, kennen Gerhard Thielcke. Denn die DUHwelt ist sein „Kind“. Seine lakonisch-spröden Texte geben ihr einen ganz besonderen Ton. „Neues aus der Forschung“, die „Unbekannte Tierart“ – in dieser Ausgabe ist es der Wolf – und natürlich humorvolle und anschauliche Rückblicke auf das Leben an der Elbe prägen die DUHwelt. Sie wird von nun an eine andere sein. Niemand wird versuchen, Thielckes persönlichen Stil zu imitieren.

NATURSCHUTZ

Gerhard Thielcke hat rechtzeitig dafür gesorgt, dass die DUH auch ohne ihn zurecht kommt. Ein verjüngter Vorstand, zwei starke und kollegiale Geschäftsführer halten das Schiff namens Deutsche Umwelthilfe auf Kurs. Mit ihnen rücken neue Handlungsfelder wie Energiepolitik, Mehrwegschutz und sauberer Autoverkehr in den Vordergrund.

Deutscher Klimaschutzpreis 2007 Kommunaler Klimaschutz hat viele Gesichter Kohlekraftwerke zu Investitionsruinen?

Aber auch Gerhard Thielckes großes Thema, der Naturschutz, ist in guten Händen und entwickelt sich vielfältig weiter. Die Lebendigen Flüsse sind ein Markenzeichen der Deutschen Umwelthilfe geworden, das Netzwerk wächst und gedeiht. Nun steht die große internationale Biodiversitätskonferenz vor der Tür und die DUH ist mit einem eigenen Projekt in die Vorbereitung eingebunden. Die DUH ist also auf einem guten Weg, aber Gerhard Thielcke fehlt uns. Die Redaktion dieses Hefts ist eigentlich längst abgeschlossen, aber es ist gerade noch Zeit, mitzuteilen, dass Fokus Natur, die Internationalen Tage der Vogel- und Naturbeobachtung (14.-16. September in Radolfzell am Bodensee) ein voller Erfolg geworden ist. Das Konzept ist aufgegangen. Wir haben die Veranstaltung mit zahlreichen Exkursionen und illustrem Rahmenprogramm in diesem Jahr zum ersten Mal durchgeführt. Wir hoffen, damit eine Tradition begründet zu haben. In der nächsten Ausgabe der DUHwelt berichten wir ausführlich über diese Messe der besonderen Art.

Bis dahin Ihr

Prof. Dr. Harald Kächele Bundesvorsitzender Deutsche Umwelthilfe e.V.

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Sag mir, wo die Blüten sind! Spendenaktion für das Bollwinfließ

„UNBEKANNTE“ TIERARTEN Der Wolf kehrt zurück

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NEUES AUS DER FORSCHUNG

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ENERGIE UND KLIMASCHUTZ

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VERKEHR 38 40 42

Interview mit Jürgen Resch Kein Diesel ohne Filter Bürgermeister auf CO2-Sparkurs

KREISLAUFWIRTSCHAFT 43

Rückgabe leerer PU-Schaumdosen

HAND IN HAND-FONDS Growth Project in Kenia – Hilfe zur Selbsthilfe

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DUH INTERN

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MENSCHEN FÜR NATUR 46

Friedwald – Bestattung in der Natur

IMPRESSUM Zeitschrift für Mitglieder und Förderer der Deutschen Umwelthilfe e.V. Herausgeber: Deutsche Umwelthilfe e.V., Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell, Tel.: 07732/99 95-0, Fax: 07732/99 95-77 http://www.duh.de, E-Mail: info@duh.de V.i.S.d.P.: Rainer Baake, Jürgen Resch Redaktion: Melanie Reimer, Jutta Kochendörfer, Michael Hadamczik Gestaltung: Claudia Kunitzsch Druck: Wachter GmbH, Bönnigheim Anzeigen: Michael Hadamczik; es gilt die Anzeigenpreisliste 2007 Verlag und Vertrieb: DUH Umweltschutz-Service GmbH, Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft Köln (BLZ 370 205 00) 8 190 002 Gedruckt auf 100 % Recycling-Papier Fotos: Titelseite: Wolf, Naturfoto-Online/U. Walz; S. 3: BUND Berlin; S. 4: DUH-Nord, Rapunzel Naturkost AG; S. 5: T-Mobile, pixelio.de; S. 6/7: M. Erne, DUH, GNF; S. 8: O. Hahn; S.9: O. Hahn, F. Neuschulz (r.u); S. 11: dodoni/Wikipedia/Creative Commons; S. 12: SfLE; S. 13: M. Loch, M. Anders; S. 14: G. Nagel; S. 15: G. Nagel, pixelio.de (u); S. 16: Stadtwerke Hannover (o), Stadtwerke Karlsruhe (m), pixelio.de (u); S. 18: GNF; S. 19: GNF, R. Eckhoff (u); S. 20/21: M. Sutor (o), G. Ziesler; S. 22: GNF; S. 24: oekolandbau.de/ Copyright BLE/T. Stephan (o), oekolandbau.de/Copyright BLE/D. Menzler (u), O. Hahn (m) ; S. 25: Dr. P. Wernicke (Kranich, Biber, Milan), M. Succow (Moor), NaturfotoOnline/G. Schulz (Otter); S.26: O. Hahn (Luchs, Bär), US Fish and Wildlife Service/ Wikipedia/Creative Commons; S. 27: L. Domdey; S. 28: Naturfoto-Online/U. Walz (o,u)/R. Erl (m); S. 29: Naturfoto-Online/S. Ernst; S. 30: O. Hahn (u), pixelio.de; S. 32: C. Kisorsy; S. 33: Esslingen (o.l), SWM (o.m), Stadtwerke Sigmaringen/Marofke (o.r), DUH; S. 34: G. Broer; S. 36: Vattenfall; S. 37: pixelio.de; S. 38: R. Schall; S. 40: GTÜ; S. 41: DUH (o), BMU/R. Oberhäuser (u); S. 42: pixelio.de; S. 43: PDR (o), Neues Handeln GmbH (u), S. 44: Hand in Hand-Fonds; S. 45: privat; S. 46: pixelio.de (o), DUH; S. 47: pixelio.de (m), Friedwald GmbH; S. 48: pixelio.de Dieser Ausgabe liegt eine Broschüre der UmweltBank AG bei. Heftpreis: € 1,50

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September 2007


DUH AKTUELL

GENFREI GEHEN DUH unterstützt die Rapunzel-Aktion ■ Einmal längs durch Deutschland, von Lübeck bis nach Lindau, verläuft die Wegstrecke, auf welcher Biopionier und Rapunzel-Vorstand Joseph Wilhelm seit dem 27. Juli bis Mitte September wanderte. Damit setzt er ein Zeichen gegen Gentechnik und zeigt ihren Befürwortern deutlich die rote Karte – denn er ist nicht allein: Über 2.500 Menschen begleiteten ihn schon auf den bisherigen Etappen seines Weges, viele Engagierte organisierten Aktionen entlang der Strecke, nahmen an den Rahmenveranstaltungen teil und trugen sich in die Unterschriftenlisten für eine gentechnikfreie und lebenswerte Zukunft ein. Aktuelle Infos gibt es unter: www .genfrei-gehen.de www.genfrei-gehen.de

Rapunzel-Vorstand Joseph Wilhelm interessierte sich an der NaturKostBar für die leckeren Kostproben des DUH-Nord Projekts Mc Möhre

Unter dem Motto „Wanderers Häppchen“ boten Kevin Schulz und Wiebke Wahl einen Einblick in die abwechslungsreiche, bunte Küche der NaturKostBar: Mit „Gute-Laune-Häppchen“, „Sportler-Schnitten“ und „Frischen Schuhsohlen“ – alles natürlich 100 Prozent bio! – zeigten sie, mit welch einfachen Mitteln sich schnelle und vollwertige Köstlichkeiten zaubern lassen und verköstigten rund 150 Wanderer. Und Frank Neuschulz, DUH-Leiter Naturschutz, wanderte am 4. August die Etappe von Clenze nach Varbitz mit und berichtete begeistert von zwei kreisenden Wespenbussarden.

Bei der Abendveranstaltung am 14. August am Etappenziel Göttingen präsentierte sich die DUH-Nord mit ihrem erfolgreichen Projekt „Mc Möhre – Die NaturKostBar an Schulen“, ein Projekt zur Förderung von gesunder Ernährung und ökologischem Landbau. Die DUHNord berät dabei Schulen bei der Einrichtung, Ausstattung und dem Betrieb einer NaturKostBar. Ziel ist es, Schülerinnen und Schüler eine attraktive, gesunde und umweltgerechte Alternative zum „Fast Food“ anzubieten. Besonders bevorzugt werden biologisch angebaute, saisonale Produkte aus der Region.

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zur Stärkung mit auf den Weg in Richtung Bodensee erhielten die Wandernden noch ein kleines Töpfchen „Mc Möhre-Butter“. (In der DUHwelt 4/2007 werden wir über die Schlussveranstaltung in Lindau am Bodensee berichten.)

Der langjährige DUH-Partner Patuca e.V./ Asociación Patuca erhielt den honduranischen Umweltpreis 2007 ■ Nach einem Besuch der Jury in der Regenwaldgemeinde Matamoros wurde die Asociación Patuca als Preisträger ausgewählt, womit deren Verdienste für den Erhalt des Nationalparks Patuca offiziell anerkannt sind. Präsident Mel Zelaya, Vizepräsident Elvin Santos und die Umweltministerin des Landes Mayra Majia überreichten dem Patuca-Team den Cup und das Preisgeld in Höhe von 5.000 US-Dollar am 25. Juni 2007 in Tegucigalpa. Seit 1997 arbeitet der Patuca e.V. mit Sitz in Konstanz in den Bereichen Grundschulaufbau, Umweltbildung, Regenwaldschutz, Wiederaufforstung, ärztliche Versorgung und Kleinprojekte zur Existenzsicherung. Im Jahr 2004 gründete der Verein die in Honduras ansässige Asociación Patuca. Sie ist allein verantwortlich für die Aktivitäten und die Umsetzung des Parkmanagementplanes im 3.700 Quadratkilometer großen Nationalpark Patuca in Honduras.

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DUH AKTUELL

Umweltverträgliche Klimaanlagen in Autos

DUH und T-Mobile präsentierten beim Corporate Responsibility Day 2007 der Deutschen Telekom ihre gemeinsamen Projekte im Natur- und Klimaschutz.

■ Die im Verband der Automobilindustrie (VDA) organisierten Fahrzeughersteller haben Anfang September bekannt gegeben, dass sie in Autoklimaanlagen künftig nur noch das klimafreundliche Kältemittel R744 (natürliches Kohlendioxid) einsetzen werden. Damit erfüllen sie eine Forderung, die die DUH den Autoherstellern immer wieder gestellt hatte. Die DUH feierte diesen Erfolg, den sie dank der Projektförderung durch Umweltbundesamt (UBA) und Bundesumweltministerium (BMU) erringen konnte. Dem neuen VDA-Präsidenten Matthias Wissmann gratulierte DUH-Bundes-

Bundeswettbewerb

Naturschutzgroßprojekte und ländliche Entwicklung

Deutsche befürworten Umweltund Naturschutz

Rund 95 Prozent der Befragten halten den Verlust an biologischer Vielfalt für ein sehr großes Problem, und 92 Prozent sehen hier dringenden Handlungsbedarf des Staates.

Im Mittelpunkt des Wettbewerbs stehen „Wälder“ und „Moore“, die im Förderprogramm bisher unterrepräsentiert sind sowie erstmals auch „urbane/industrielle Landschaften“.

rung der bewilligten Wettbewerbs-Projekte wird das Bundesumweltministerium (BMU) Fördermittel im Umfang von mehreren Hunderttausend Euro pro Region und Jahr bereitstellen. Hinzu kommen weitere Fördermittel des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), die für Vorhaben der ländlichen/regionalen Entwicklung und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze im ländlichen Raum bereitgestellt werden.

Die besten Ideen sollen anschließend rasch umgesetzt werden. Für die Förde-

Weitere Informationen: .idee-natur .de www.idee-natur .idee-natur.de www

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Das bislang gängige Klimakiller-Kältemittel R 134a besitzt ein Treibhauspotenzial, das um den Faktor 1.420 schädlicher ist als Kohlendioxid. Die Entscheidung der deutschen Autohersteller könnte Signalwirkung über Europa hinaus haben und so zu einem langfristig erheblichen Klimaschutzeffekt führen. Nach Angaben der Hersteller der neuen Kühltechnik kann mit der Massenproduktion der CO2-Klimaanlagen binnen Monaten begonnen werden.

■ Zwei Drittel der Bevölkerung wünschen sich eine Vorreiterrolle Deutschlands in der Klimapolitik. Als vorrangige Ziele werden genannt: Ausbau erneuerbarer Energien, Senkung des Energieverbrauchs und bessere Energieeffizienz.

■ Das Bundesumweltministerium und das Bundesamt für Naturschutz veranstalten in Kooperation mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium einen Ideenwettbewerb zum Thema „Naturschutzgroßprojekte und ländliche Entwicklung“. Der Wettbewerb startet am 19. September 2007 mit einer Auftaktveranstaltung und wird mit der öffentlichen Prämierung im Juni 2009 enden. Den zehn besten Projektskizzen in der ersten Stufe des Wettbewerbs winkt ein Preisgeld von jeweils circa 10.000 Euro. In einer zweiten Wettbewerbsstufe sollen bis zu fünf ausgearbeitete Konzepte innerhalb von 12 Monaten eine Förderzusage erhalten können.

geschäftsführer Jürgen Resch zu seinem wichtigen „ersten Schritt zur Wiederherstellung der klimapolitischen Glaubwürdigkeit“ der deutschen Autoindustrie.

Das Interesse an einem ehrenamtlichen Engagement für den Umweltund Naturschutz hat stark zugenommen. 45 Prozent der Befragten können sich vorstellen, aktiv zu werden. Quelle: Umweltbundesamt .umweltbewusstsein.de www.umweltbewusstsein.de www

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IM BLICKPUNKT

Gerhard Thielcke – ein Leben für den Naturschutz

Wenn sich die Radolfzeller Belegschaft von DUH und GNF am Donnerstagmorgen zur regelmäßigen Besprechung versammelt, ist da ein leerer Platz. Gerhard Thielcke, Mitgründer und geistiger Vater der DUH, ist am 22. Juli an den Folgen eines tragischen Unfalls gestorben. Es fällt schwer, sich die DUH ohne ihn vorzustellen. In diesem Blickpunkt erinnern wir an den langjährigen Ehrenvorsitzenden der Deutschen Umwelthilfe. Auch mit zwei kurzen Skizzen von der Radolfzeller Aach und vom Wulfener Bruch, beides Orte die ihm besonders am Herzen lagen. Sie zeigen, dass er in seinen Projekten weiterlebt.

Wulfener Bruch – Landkäufe als Schlüssel zum Erfolg ■ Das Feuchtgebiet Wulfener Bruch liegt im Norden des Landkreises Köthen (Sachsen-Anhalt). In den siebziger Jahren nahmen nach großflächigen Entwässerungen und der Umwandlung von Wiesen in Äcker viele Wiesenvögel und -pflanzen dramatisch ab. Sogar das 1983 ausgewiesene Naturschutzgebiet wurde zunächst landwirtschaftlich derart intensiv genutzt, dass die ehemaligen Feuchtgebietsbewohner keine Chance zur Rückkehr hatten. Gerhard Thielcke erkannte, dass der Schlüssel zum Erfolg im Flächenkauf liegt. 1994 konnte dann – auch mit Hilfe von Zuschüssen der DUH – der erste Grund erworben werden. Mittlerweile ist der NABU-Kreisverband Köthen Eigentümer von rund 150 Hektar im Naturschutzgebiet und beweidet sie mit Heckrindern und Przewalksi-Pferden. Auf den extensiven Weideflächen brüten nun Kiebitze, Wachteln, Feldlerchen und weitere ornithologische Raritäten. Zahlreiche Rote Liste-Pflanzenarten sind in das Gebiet zurückgekehrt.

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Der plötzliche Tod von Professor Dr.

Gerhard Thielcke ist ein schmerzlicher und völlig unerwarteter Verlust für die Umweltverbände in Deutschland. Wir verlieren einen lieben Menschen, einen guten Freund und Mentor und eine ebenso beeindruckende wie bescheidene Leitfigur. Wir werden den Visionär mit Bodenhaftung nie vergessen, der mit gleicher Leidenschaft für einen kleinen Zufluss des Bodensees kämpfte wie für den Schutz der Seen und Flüsse der Welt. Wir vermissen durch den tödlichen Unfall in seinem geliebten Haus und Garten den Mann, der uns in seiner einzigartigen Weise mit unerschöpflicher Energie, leisem Humor und weiser Ironie jede Woche neu motivierte, für den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen einzutreten. Gerhard Thielcke hat umfassende wissenschaftliche Kenntnis der Natur und

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IM BLICKPUNKT

Gerhard Thielcke

Radolfzeller Aach – Dammbruch an Ostern ■ Es war zu Ostern 1988. Da brach an der Radolfzeller Aach, die über weite Strecken kanalartig ausgebaut war, ein Damm. Gerhard Thielcke schrieb an das Wasserwirtschaftsamt Konstanz: „Dass das an Ostern geschehen ist, ist ein Fingerzeig Gottes. Sie als christliche Verwaltung sind dazu verpflichtet, dem Willen der Natur Rechnung zu tragen.“ Nun tut sie es: wo immer es möglich ist, wird der gesamte Fluss renaturiert und wieder durchgängig gemacht. Die Wässerwiesen an der Aach sind wieder Rastplätze für Bekassine, Bruchwasserläufer und Zwergschnepfe geworden. Auf dem Fluss überwintern Pfeifenten. Die Radolfzeller Aach entspringt Deutschlands größter Karstquelle, die von Donauwasser gespeist wird. Sie mündet nach 35 Kilometern bei Radolfzell in den Bodensee. Gerhard Thielcke liebte diesen Lebendigen Fluss in seiner Wahlheimat.

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Ab 1970 wirkte sein Naturschutzengagement auch in privaten Organisationen. Gerhard Thielcke war Mitgründer zahlreicher Verbände: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Stiftung Europäisches Naturerbe (EURONATUR), Deutsche Umwelthilfe, Karl Kaus Stiftung für Tier und Natur, Stiftung Ciconia, Global Nature Fund. Er arbeitete aktiv als Vorsitzender oder stellvertretender Vorsitzender in diesen Verbänden mit. Als Autor/Mitautor zahlreicher Buchveröffentlichungen, z. B. Rettet die Vögel, Rettet die Frösche, Naturschutz in der Gemeinde, Rettet die Vogelwelt, Lebendige Elbe, Lebendige Seen, wurde er einem breiten Publikum bekannt.

ihrer Arten und Lebensräume mit politischem Gespür für ihren Schutz verbunden. Seine aufrüttelnden Bücher und Vorträge, seine unzähligen Führungen und Aufsätze haben viele Menschen dazu bewegt, die Natur zu schützen. Er war eine Ikone für ehrenamtliche Naturschützer in ganz Deutschland. Hunderttausende haben gespendet, weil Gerhard Thielcke sie für den Schutz der Umwelt begeistert hat. Gerhard Thielcke hatte den Mut, unbequem, furchtlos und hartnäckig zu sein. Legendär sind seine kurzen und treffenden Briefe, die den Finger in die Wunde bauwütiger Politiker und Bürgermeister legten, als der Naturschutz noch kaum gesellschaftlichen Stellenwert hatte. Sein Vorrat an Ideen für Projekte, Aktionen und Schutzgebiete schien unerschöpflich. Er war auch mit 76 Jahren noch einer der kreativsten Köpfe im Naturschutz.

Gerhard Thielcke wurde 1931 in Köthen (Sachsen-Anhalt) geboren. Nach dem Abitur und einer Gärtnerlehre studierte er von 1954 bis 1959 Zoologie, Botanik und Geologie an den Universitäten Freiburg und Tübingen. In den Jahren 1962 bis 1991 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Vogelwarte Radolfzell, Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie. 1970 habilitierte er an der Universität Konstanz im Fachbereich Biologie und übernahm 1985 dort eine Professur.

Als Ehrenpräsident des Global Nature Fund war Gerhard Thielcke weltweit aktiv, hier bei einer Living LakesKonferenz am Baikalsee.

Wir werden den Menschen und Naturschützer Gerhard Thielcke nie vergessen und sein Andenken bewahren. Wir werden oft an ihn denken und ihn vermissen, wenn wir unsere Arbeit in seinem Sinne fortsetzen.

Über zehn Jahre war Prof. Dr. Gerhard Thielcke Vorsitzender der Deutschen Umwelthilfe. Als er 1999 dieses Amt verließ, wurde er zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Seit dem Erscheinen der DUHwelt im Jahr 1996 wirkte er als Herausgeber der Zeitschrift . Gerhard Thielcke lebte seit 1962 in Möggingen bei Radolfzell am Bodensee. Er starb am 22. Juli 2007 und hinterließ seine Frau Helga, drei Töchter und zwei Enkelkinder.

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LEBENDIGE ELBE

Weißstorchschutz im „Dichtezentrum Elbe“

Storchenhof Loburg und DUH starten neues Projekt An der mittleren Elbe leben mehr als 500 Brutpaare des Weißstorchs. Damit besteht hier die höchste Storchendichte in Deutschland. Rund 30 Paare sind es auf 100 Quadratkilometern. Doch trotzdem ist es nötig, die Nahrungsbasis für die Großvögel zu verbessern. Stärker als bisher können dann von hier aus ehemalige Brutareale in anderen Teilen des Landes besiedelt werden.

im näheren Umfeld des Storchenhorstes führt zu größeren Bruterfolgen. Feuchte Grünlandflächen, in denen Amphibien laichen, sind jedoch vielerorts durch Entwässerungsmaßnahmen, Nutzungsintensivierung und Umbruch von Grünland zu Ackerflächen verloren gegangen. Ein gemeinsames bundesländerübergreifenden Projekt der Vogelschutzwarte Storchenhof Loburg und der DUH zielt darauf ab, die Nahrungsbasis für die Störche dort zu verbessern, wo heute die „Wachstumskerne“ für den bundesdeutschen Storchbestand liegen. Wenn es gelingt, entlang der mittleren Elbe die Rate ausgeflogener Jungvögel weiter zu erhöhen, könnten von hier aus andere ehemalige Brutareale besiedelt werden.

Neue Partner – neue Konzepte

A

nfang der 90er Jahre erlebte Deutschland ein Bestandstief mit nur 3.000 Paaren. Mittlerweile klappern wieder etwa 4.000 Weißstorchpaare auf bundesdeutschen Dächern. Dies wirkt auf den ersten Blick wie eine verbesserte Situation in den Brutgebieten. Doch Experten führen die höhere Anzahl vor allem auf günstigere Bedingungen in den Überwinterungsquartieren rund um das Mittelmeer zurück. Sie

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gehen davon aus, dass die Bestandserholung nicht von Dauer sein wird. Denn statistisch reichen die Bruterfolge in Deutschland bei weitem nicht aus, um die Bestände langfristig zu sichern. So wird nur in den wenigsten Gebieten – wie zum Beispiel entlang der Elbe – der dafür notwendige Durchschnittswert von 2,0 Jungvögeln pro Paar erreicht.

Auch in den Elbauen verfüttern die Störche an ihre Jungen am liebsten Amphibien. Daher sind die Verbesserung und Ausweitung der Laichhabitate die wichtigsten Projektziele. Bisher wurden hierfür bevorzugt zusätzliche, kostenintensive Flachgewässer gebaut. Doch sie helfen den Amphibien nur punktuell. Das neue Konzept will verstärkt „in die Fläche“ gehen. In dem Pilot-Projekt werden erstmals die spezifischen Gegebenheiten der ostdeutschen Land- und Wasserwirtschaft berücksichtigt und genutzt. Kennzeichnend für die Grünlandnutzung in der DDR war nämlich ein ausgeklügeltes Grabensystem unter Einsatz vielfältiger Anstaumöglichkeiten. Dieses

Das Projekt „Lebendige Elbe“ wird unterstützt von:

Was den Störchen fehlt, ist ein sicheres Nahrungsangebot. Amphibienreichtum

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LEBENDIGE ELBE

Ursprünglich war der Weißstorch in ganz Europa zuhause.

dezentrale System ist noch weitflächig vorhanden. Es könnte in idealer Weise durch eine entsprechende Stauhaltung und die Abkoppelung einzelner Gewässerläufe bessere Laichplätze für Amphibien schaffen. Wichtigste Projektpartner hierfür sind die regional tätigen Wasser- und Bodenverbände. Neben ihnen begleitet das Vorhaben ein Projektbeirat aus Vertretern der Naturschutz- und Wasserbehörden sowie lokal tätigen Weißstorchbetreuern. Die Projektförderung von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und der Lotto-Toto GmbH/SachsenAnhalt macht die Pilotphase möglich.

Ermutigende Startphase Die angesprochenen Wasser- und Bodenverbände in den elbnahen Regionen der vier Bundesländer SachsenAnhalt, Brandenburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern wollen das Projekt gerne unterstützen. Der große Konsens wird durch die Erkenntnis gefördert, dass angesichts der zu erwartenden klimatischen Veränderungen eine stärkere Wasserrückhaltung in der Landschaft ohnehin notwendig ist. Sie dient dem Klimaschutz, hilft Artenvielfalt und Biotope zu erhalten und entspricht genau den Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie. Im Rahmen der Pi-

lotstudie werden nun konkrete Orte ermittelt, die zum Anstau geeignet sind. Im anschließenden Hauptprojekt, das zeitnah geplant ist, soll an diesen Orten dann der Wasserstand wieder angehoben werden.

Solche Stauwehre sollen für hohe Wasserstände im Frühjahr sorgen.

■ Das Weißstorchprojekt wurde gerade erst begonnen und ist noch wenig bekannt. Um so mehr freuen wir uns über eine Spende für einen konkreten Projektbaustein, der die Nahrungssituation der Elbstörche verbessern wird. Herzlichen Dank unserem Spender! Interessierte Einzelspender können weiterhin – quasi aus einem Maßnahmen-„Katalog“ – auswählen und dem Weißstorch im „Dichtezentrum Elbe“ gezielt helfen. Nähere Informationen: DUH-Projektbüro Köthen Tel. 0 34 96 – 21 00 09 lebendigeelbe@duh.de

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DUHmarkt

Über ihre DUH Umweltschutz-Service GmbH vertreibt die DUH Bücher und Broschüren zur Umweltbildung. Eine kleine Auswahl stellen wir Ihnen hier vor. Das komplette Angebot – mit Postkarten, Informationsblättern und einzelnen Produkten aus unseren Kooperationsprojekten – erhalten Sie kostenlos bei der DUH Umweltschutz-Service GmbH, Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell. Die Versandkostenpauschale für die hier angebotenen Produkte beträgt € 3,50 (Kalender: € 5,00).

Ihre Bestellung direkt per Telefon: 07732 999518 neu

Schon jetzt an Weihnachten denken! Auch 2008 begleiten Sie wieder Kunstdruck-Kalender mit wunderschönen Bildern von Pflanzen und Tieren durch das ganze Jahr.

Palazzi-Kalender 2008 – REGENWALD Die Schönheit der Tier- und Pflanzenwelt des Regenwaldes in atemberaubenden Bildern. Von jedem verkauften Kalender fließen € 3,00 als Spende an die DUH für Tropenwaldprojekte.

Herausforderung Klimawandel Prof. Dr. Mojib Latif, Heyne Verlag, 2007, Taschenbuch, 160 Seiten, Eine bündige Darstellung der wissenschaftlichen Grundlagen der Klimaforschung und der Prognosen für die Entwicklung des Klimas sowie Handlungsmöglichkeiten. € 7,95 Bestell-Nr: 2046

Format: 60 x 50 cm € 39,80 zzgl. € 5,00 Versandkosten Bestell-Nr: 7153 Informationsblätter: Die sechsseitigen Informationsblätter behandeln die wichtigsten Themen des Natur- und Umweltschutzes. Stückpreis 0,50 Euro, bei größeren Abnahmemengen Rabatt auf Anfrage. Erschienen sind unter anderem: ● ● ●

Dieter Damschen – Naturbilder aus der Elbtalaue 2008

Faszinierende Aufnahmen vermitteln Impressionen der Tier- und Pflanzenwelt an der Mittleren Elbe.

Format: 49 x 34 cm € 19,90 zzgl. € 5,00 Versandkosten Bestell-Nr: 7177

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Energiesparlampen neu Treibhaus Erde Die Geburt des Plopp (4-seitig) Amphibien Erfolge und Defizite im Vogelschutz Biber Eulen und Käuze Hornissen Spinnen Libellen Fledermäuse Rettet die Wale Soziale Faltenwespen Kleinwale in Nord- und Ostsee Grundwasser Aktion Biberschutz Lebendiger Neckar Lebendige Elbe Energie aus lebendigen Wäldern Lebendige Werra Lebendige Radolfzeller Aach Lebendige Donau DUH welt 3/2007 Lebendige Weser


LEBENDIGE ELBE

Kleine Hufeisennasen als Glücksbringer Eine vom Aussterben bedrohte Fledermausart namens „Kleine Hufeisennase“ schaffte in Dresden jüngst, was Bürgerinitiativen, Demonstranten und Politikern nach jahrelangen Bemühungen verwehrt geblieben war: Sie erwirkte einen Baustopp für den geplanten Verkehrszug „Waldschlösschenbrücke“. ■ Seit Jahren ringt Dresden um die zusätz-

liche Elbquerung. Nachdem das „Ja“ des Bürgerentscheids zur Brücke von einem Gericht für bindend erklärt worden war, schienen alle juristischen Möglichkeiten, das Vorhaben zu stoppen, erschöpft. Die UNESCO setzte das Dresdner Elbtal daraufhin auf die Rote Liste des bedrohten Welterbes und forderte Dresden auf, eine Alternativ-Lösung vorzustellen. Sachsens Ministerpräsident Milbradt gab sich davon jedoch unbeeindruckt und schloss jegliche Alternativen, wie beispielsweise die einer Tunnellösung, kategorisch aus.

Naturreiseführer aus dem Naturerbe Verlag Jürgen Resch: Elbtalaue, Landschaft am großen Strom

F. Neuschulz, W. Plinz, H. Wilkens Naturreiseführer, Überarbeitete Auflage Naturerbe Verlag Jürgen Resch, 2002, 154 Seiten, zahlreiche farbige Abb. € 12,00 Bestell-Nr: 2031 Wolga-Delta Naturoase zwischen Meer und Halbwüste

Norbert Hölzel, German Russanow, Stefan Schleuning 160 Seiten, zahlreiche farbige Abb.,1996, € 12,00 Bestell-Nr: 2036 Lanzarote, Kragentrappen, blinde Krebse und V ulkane Vulkane Horst Wilkens, 144 Seiten, zahlreiche farbige Abb.,1999, € 12,00 DUH welt 3/2007 Bestell-Nr: 2020

Der Brückenbau gemäß der ursprünglichen Planung hätte in jedem Fall den Verlust des Weltkulturerbetitels Dresdner Elbtal zur Folge gehabt. Aufgrund des Nachweises der Kleinen Hufeisennase gab das Dresdner Verwaltungsgericht überraschend einen Antrag von NABU, BUND und Grüner Liga statt. Das Gericht forderte strengere naturschutzrechtluche Maßstäbe im Planungsfeststellungsvorhaben des geplanten Baus. Trotz des Gerichtsurteils ist eines sicher: Eine Elbquerung am Waldschlösschen wird es geben. Durch den vorläufigen Baustopp ist jedoch jetzt die Möglich-

Fledermäuse – Eine Bilderreise in die Nacht Dietmar Nill, Björn Siemers, BLV Verlag, 2001, 160 Seiten, Bildband, € 39,90 Bestell-Nr: 2003

Die Kleine Hufeisennase ist in Deutschland vom Aussterben bedroht. In Sachsen gibt es noch etwa 650 Tiere.

keit gegeben, sich intensiv um eine Lösung zu bemühen, die den Weltkulturerbetitel zu erhalten vermag.

CDs:

CD Musikverlag Edition Ample, Heimische Vögel, 26 Fotos und ausführliche Vogelbeschreibungen, € 9,90 Bestell-Nr: 4050 Ein Jahr in der Natur

CD Musikverlag Edition Ample, Pavel Pelz, Ein akustischer Spaziergang in der Natur von Januar bis Dezember, € 9,90 Bestell-Nr: 4052

Faszinierende Bildbände Lebendige Elbe Prof. Dr. G.Thielcke, Stadler Verlag, 1999, Bildband, 192 Seiten, 180 spektakuläre Farbfotos, € 26,80 Bestell-Nr: 2204

Wattenmeer – im Wechsel der Gezeiten Armin Maywald, Tecklenborg Verlag, 1999, 150 Seiten, Bildband, € 39,80 Bestell-Nr: 2048

Vogelstimmen in Feld und Flur

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An die DUH Umweltschutz-Service GmbH Fritz-Reichle-Ring 4, 78315 Radolfzell, Fax 07732/99 95 77


LEBENDIGE ELBE

Unterricht einmal anders –

Sommerworkshop auf der Elbe Im zehnten Jahr des Projektes „Schulen für eine Lebendige Elbe“ fand in diesem Jahr das Elbe-SchülerCamp als „bewegter“ Sommerworkshop statt.

Bilder Ines folgen

Bei unserem Workshop reichte das Angebot von Feldforschung in Flora und Fauna über praktische Landschaftspflege bis hin zum Sport und Spaß auf der Elbe.

Z wanzig

Schülerinnen und Schüler aus der Sekundarschule Parey und dem Burggymnasium Wettin an der Saale im Alter von 12 bis 17 Jahren begaben sich Mitte Juli auf Entdeckungstour: Zwischen Magdeburg und Parey in Sachsen-Anhalt haben sie die Elbe mit dem Kanu erkundet und neue Einblicke in den Fluss als Lebens- und Erholungsraum erhalten. Neben Gewässeruntersuchungen, einer Fotoexkursion und einer Nachtwanderung stand ein praktischer Arbeitseinsatz mit Unterstützung des NABU Kreisverband Jerichower Land am Schulbach in Parey auf dem Programm. Diesen Elbarm haben die Pareyer Schüler bereits in der Vergangenheit wieder naturnah gestaltetet. Beim Baden in der Elbe konnten sich die Jugendlichen erholen und während der Pausen an den naturna-

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hen Sandbuchten die typische Flora und Fauna der Elbe hautnah erleben. Für die Teilnehmer von der Saale war es das erste Bad in der Elbe und für einen Teil der Pareyer Schüler war es mit dem Ende ihrer Schulzeit das letzte Elbe-Camp. Dieser Sommerworkshop wurde finanziell unterstützt von der Stiftung Umwelt, Natur- und Klimaschutz Sachsen-Anhalt und der Hanseatischen Natur- und Umweltinitiative.

Offenbarungseid an der Unterelbe ■ Hamburg hat auf vorgezogene Teilmaßnahmen für die Vertiefung der Unterelbe verzichtet. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht darin einen Offenbarungseid. Der Verzicht belege die skandalöse Vorbereitung und Qualität der Planung. Die erneute Elbvertiefung soll 350 Mio. Euro kosten. Sie verstößt – so der BUND – gleich gegen fünf Richtlinien der Europäischen Union.

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LEBENDIGE FLÜSSE

BIG JUMP 2007 Was 2002 als Pilotprojekt an der Elbe begann, fand dieses Jahr erneut international und mit großem Erfolg statt: Der Big Jump, das Bad in den europäischen Flüssen. Dank der Organisation durch das European Rivers Network (ERN) hat sich der Aktionstag in ganz Europa und darüber hinaus ausgebreitet.

Der Flussbadetag zog in diesem Jahr wieder zahlreiche Menschen in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Kroatien, den Niederlanden, Portugal, der Schweiz und Spanien an und in „ihren“ Fluss. Außerdem gab es einen Big Jump ins Mittelmeer, an dem sich zahlreiche Badebegeisterte in Anrainerstaaten, so auch Jordanien, Ägypten, Israel und Marokko, beteiligten. Zehntausende Menschen haben allein an der Elbe und ihren Nebenflüssen die Chance genutzt, sich bei sommerlichen Temperaturen in die Fluten zu stürzen. Die Deutsche Umwelthilfe war mit Schülerinnen und Schülern auf einer dreitägigen Sommerworkshop-Kanutour auf der Elbe in Sachsen-Anhalt unterwegs. An der Weser wurde der dortige Badetag zum Protest gegen die hessische Kali und Salz AG genutzt, die durch weitere Salzeinleitungen die Wasserqualität der Weser verschlechtern wird. Nach Öpfingen an der Donau kamen zahlreiche Besucher, um auf einem Floß den Fluss zu erleben. Den ganzen Tag über konnte man auch mit Kajaks und Kanus die Donau erkunden. An der Ilmenau standen Kinder im Mittelpunkt der Aktionen: Ausgerüstet mit Keschern durften sie das Gewässer untersuchen und an Wasserspielen teilnehmen. Die „Lokale Agenda 21“ in Efringen-Kirchen veranstaltete am südlichen Oberrhein eine Kanufahrt auf dem „Alten Rhein“, die die Beteiligten zusammen mit dem Arbeitskreis Wasser spontan zur „BigJump-Aktion“ erklärten. Der große Erfolg auch des diesjährigen Flussbadetags und die Beteiligung von immer mehr Flüssen an der Aktion bestärkt die Veranstalter, nicht nur die „großen“ Big Jumps 2005, 2010 und 2015, sondern jedes Jahr solch einen Tag zu begehen.

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Wasserpflanzen Be-Greifen in der Ilmenau (links). Das schöne Wetter lud an Havel (oben) und Donau (unten) zum Wasserspaß ein.

Das Motto Big Jump – zu deutsch: großer Sprung – wurde an der Donau wörtlich genommen.

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LEBENDIGE FLÜSSE

Donauschifffahrt in Bayern:

Die Schiffe dem Fluss anpassen Verkehrsminister Tiefensee beantragte bei der EU-Kommission im Juli Fördergelder für die Planungsarbeiten zum Donau-Ausbau

schifffahrt einen Engpass darstellt. Die Verwirklichung der Ausbaupläne ist seit Jahren umstritten.

Staustufenbau bedroht die Donau. Naturschützer fordern innovative Ideen: Angepasste Schiffe und eine angepasste Logistik von Schiff und Bahn können zu einer naturschonenden Lösung führen, die insbesondere bei Niedrigwasser praktikabel sein muss.

Vom Schwarzwald zum Schwarzen

Meer: Auf mehr als 2.800 Kilometern tangiert beziehungsweise durchfließt die Donau zehn europäische Staaten. An der Strecke liegen zahlreiche Nationalparks, Naturschutzgebiete, Naturparks und Biosphärenreservate – allesamt Refugien für seltene, teils bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Dennoch gehört die Donau gemäß eines Vergleichs des WWF zu den zehn weltweit am stärksten bedrohten Flüssen.

Amazonas“ soll laut einem Beschluss der Europäischen Union aus dem Jahr 2001 ausgebaut werden, da er aufgrund der geringen Wassertiefe für die Binnen-

Doch kürzlich lenkte Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee auf Druck der Schifffahrtslobby ein. Er reichte bei der EU-Kommission einen Zuschussantrag für die Planungsarbeiten für den Donauausbau im Rahmen von TEN (Vorhaben von gemeinsamem Interesse im Bereich der transeuropäischen Netze) ein. In solch einem Antrag muss noch keine Ausbauvariante genannt werden.

Alternative Ausbauvariante Neben der üblichen Schiffbarmachung mittels Staustufen gibt es durchaus auch flussbaulich sanfte Lösungen. Mit Leitwerken kann Wasser angestaut werden, so dass der Fließcharakter und damit die

Zwischen Straubing und Vilshofen ist die Donau schon sehr breit. Für die weitere Kanalisierung soll die Wasserstrasse nach den Plänen der bayerischen Staatsregierung noch erheblich breiter und tiefer gemacht werden.

Auf ihrem deutschen Abschnitt sind bereits zwei Drittel des Flusses anhand von Stauhaltungen zur „Bundeswasserstraße“ ausgebaut. In diesen Bereichen ist die Anbindung an die Aue zerstört, die Fließgeschwindigkeit stark verringert, der Flusslauf begradigt. Mit verschlechterter Wasserqualität und fehlender Struktur geht ein Rückgang der Artenvielfalt einher. Zwischen Straubing und Vilshofen hingegen ist noch Leben im Fluss, fließt er frei, nutzt bei Hochwasser seine Aue, schlägt Mäander. Dieser „bayerische

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LEBENDIGE FLÜSSE

Aale im Bestand bedroht ■ Der Handel mit Aalen soll streng kontrolliert werden. Das hat die Weltartenschutzkonferenz CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) beschlossen. Staustufe Straubing.

Lebendigkeit des Flusses erhalten bleibt. Gutachter haben ermittelt, dass solch eine Lösung nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch sinnvoll wäre. Für die Schifffahrt wäre sie ausreichend und zudem finanziell um ein Vielfaches günstiger. So ließen sich sowohl die Forderungen der EU für Hauptbinnenwasserstraßen als auch die der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) weitgehend miteinander vereinbaren.

Schifffahrts-Lobby hält an Staustufen fest Nach einem Bundestagsbeschluss von 2002 wurde mit den Stimmen der rotgrünen Mehrheit ein Staustufenbau an der bayerischen Donau vorerst verhindert. Die bayerische Landesregierung und die Schifffahrts-Lobby halten jedoch unbeirrt daran fest. Sie wollen die Donau ganzjährig befahrbar machen. Ihr Argument, die Binnenschifffahrt könne Lkws von der Straße holen, entbehrt jedoch jeder Grundlage. Im Gegensatz zur Schiene sind Binnenschiffe keine ernsthafte Alternative zur Straße. Unter dem Eindruck drohender Staustufen auch in anderen Donau-Staaten haben Umweltverbände am „Danube Day“ im Juni dieses Jahres eine erste internationale Unterschriften-Aktion gestartet. Ihr Motto: „Passt die Schiffe dem Fluss an, nicht den Fluss an die Schiffe.“

Die Initiative „Lebendige Flüsse“ wird unterstützt durch:

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Ursache der Bedrohung ist die Beliebtheit des Aals als Speisefisch. Während Aale in Europa vor allem geräuchert gegessen werden, sind in Asien die Jungaale, auch Glasaale genannt, sehr beliebt. Für sie werden bis zu tausend Euro pro Kilogramm gezahlt. Zwischen 1980 und 1999 haben die Aalbestände in 19 Flüssen zwölf verschiedener europäischer Länder um 95 bis 99 Prozent abgenommen. Zur Anhebung der Bestände in der Elbe hat die DUH im vergangenen Jahr 6.000 Euro bereitgestellt. Im Frühjahr wurden Jungaale in die Elbe eingesetzt. Die Bestandsentwicklung wird durch eine Begleituntersuchung kontrolliert. Quelle: Naturschutz und Landschaftsplanung

Taxis für die Lachse im Rhein? ■ Über die Rückkehr der Lachse in den Rhein freuen sich Bürger, Angler, Politiker und Naturschützer. Doch noch gibt es ein, ja mehrere Probleme für den „königlichen“ Fernwanderer der Fische. Viele unüberwindbare Staustufen versperren nämlich weiterhin den Weg zu den Geburtsorten in den klaren Nebenflüssen des Oberrheins.

tieren. Quasi ein „Taxitransport für den König der Fische“. Im Oktober wollen nun die der IKSR (Internationale Kommission zum Schutz des Rheins) angehörenden Minister in Bonn darüber beraten. Hoffentlich auch darüber, wie man grundsätzlich bessere Wanderbedingungen für Lachse und die vielen anderen Fischarten schaffen könnte.

Der Stör kommt in die Oder zurück ■ Mitte Juni wurden 2.000 Jungstöre bei Hohensaaten nordöstlich von Berlin in die Oder gesetzt. Dieses Projekt zur Wiederansiedlung wird von Polen und Deutschland gemeinsam durchgeführt. Die polnischen Partner haben schon im Mai in einem Oderzufluss Jungtiere ausgesetzt. Diese Maßnahmen sind Teil eines Vorhabens zum Aufbau von Störpopulationen, damit diese eines Tages nicht mehr auf menschliche Hilfe angewiesen sind. Die Bestände heimischer Störarten wurden durch intensive Fischerei, Gewässerverbauung und Verschmutzung der Flüsse ausgerottet. Das Untere Odertal mit seinem Nationalpark und dem polnischen Landschaftsschutzpark ist die letzte große Überflutungsaue Mitteleuropas. Sie soll die Kinderstube für die jungen Störe werden. Maßnahmen zum Schutz der Störe werden auch anderen wandernden Fischarten zugute kommen, die weniger prominent sind. Junger Stör.

Die Umweltverbände appellieren deshalb seit langem an die Umweltminister der Rheinanliegerländer, vom Wasserkraftbetreiber Electricité de France (EdF) endlich den Bau von Aufstiegshilfen zu fordern. Das ist teuer. Die EdF hat deswegen nun vorgeschlagen, die aufsteigenden Lachse auf eigene Kosten zu fangen, in Lkws zu verladen und um die Staustufen herum zu transpor-

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LEBENDIGE FLÜSSE

Betreiberzusammenschlüsse können mehr! In einem Pilotprojekt am Neckar schaffen Wasserkraftbetreiber gemeinsam bessere Lebensbedingungen für Tiere und Pflanzen an „ihrem“ Fluss. Das Interesse der Wasserkraftbetreiber im Modellgebiet an Bühler, Kocher und Fichtenberger Rot (Landkreis Schwäbisch Hall) ist gewaltig. Über 50 Betreiber kamen Mitte Juli zu einer ersten Informationsveranstaltung in Obersontheim zusammen. Jetzt geht es darum, die ökologischen Verbesserungen zu planen. Die Ergebnisse des Pilotprojekts werden in die anstehende Novellierung des EEG einfließen. Dann sollen Betreiberzusammenschlüsse zur ökologischen Verbesserung „ihrer“ Flüsse in ganz Deutschland möglich gemacht werden. Wasserkraftwerke erzeugen klimaneutral Strom – ihre Wehre behindern jedoch die Wanderungen von Fischen.

Seit Jahrhunderten nutzen Menschen die Kraft der Flüsse und Bäche zur Energiegewinnung. Unerschöpflich, sich immer wieder erneuernd, ohne Ausstoß von Treibhaushausgasen scheint die Stromerzeugung durch Wasserkraft jene Form von neuer Energie zu sein, die sich alle Umweltschützer wünschen. Auf der anderen Seite behindern viele Wasserkraftwerke die Wanderungen von Fischen und den notwendigen Transport von Geschiebe. Viele Tiere werden zudem von Turbinen verletzt oder getötet. Seit Jahren wird deshalb über die Nutzung von Wasserkraft diskutiert. Insbesondere die über 7.000 kleinen Anlagen (kleiner als ein Megawatt Leistung) stehen dabei im Mittelpunkt. Die europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) schreibt vor, dass bei sämtlichen Fließgewässern ein „guter ökologischer Zustand“ erreicht oder erhalten werden muss. Eine ökologische Verbesserung bestehender Anlagen ist vielfach möglich, erfordert aber Investitionen, die viele Betreiber nicht leisten können. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) sieht eine Erhöhung der Einspeisevergütung für kleine Altanlagen um zwei Cent je erzeugter Kilowattstunde auf 9,67 Cent/Kilowattstunde vor, wenn Maßnah-

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men durchgeführt werden, die zu einer wesentlichen Verbesserung des ökologischen Zustands im Gewässer führen. Besonders bei sehr kleinen Anlagen reichen allerdings die so zu erzielenden Mehreinnahmen zur Finanzierung der notwendigen Verbesserungen nicht aus. Auch nützt es wenig, wenn nur an einer einzelnen Anlage die Durchgängigkeit für Fische verbessert wird, oberhalb und unterhalb jedoch Wasserkraftanlagen die Durchwanderbarkeit unmöglich machen.

Alternatives Fördermodell für kleine Wasserkraftanlagen In einem Pilotprojekt, das vom Umweltbundesamt und vom Umweltministerium Baden-Württemberg gefördert wird, entwickelt und erprobt das Büro am Fluss in Plochingen (Neckar) gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe ein alternatives Fördermodell für einen Verbund mehrerer Betreiber kleiner Wasserkraftanlagen. Dabei sollen mehrere Betreiber in den Genuss einer erhöhten Einspeisevergütung kommen können, auch wenn die Maßnahmen nicht an allen Anlagen durchgeführt werden, sondern sich an den effizientesten Standorten für ökologische Maßnahmen konzentrieren.

Fischaufstiege machen ein Wehr für Wasserlebewesen wie die Forelle (unten) passierbar – kosten aber oft mehr Geld, als die Betreiber sich leisten können.

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GLOBAL NATURE FUND

Living Lakes-Netzwerk Italien gegründet Seit Juni gibt es das „Living Lakes-Netzwerk“ Italien. Fünf Seen sind von Anfang an dabei: Lago Trasimeno, Lago di Garda, Lago Maggiore, Lago di Bolsena und Lago Piediluco.

Gemeinsam wollen die Mitgliedsorga-

nisationen des Living Lakes-Netzwerkes Italien Projekte in den Bereichen erneuerbare Energien und nachhaltiger Tourismus durchführen. Eine Sport-UmweltKonferenz am Trasimeno See in der Provinz Perugia im Juni dieses Jahres bot den Rahmen für die feierliche Gründung. Das Netzwerk wird von den Partnern des Global Nature Fund in Perugia koordiniert. In Deutschland gibt es ebenfalls Überlegungen, ein nationales Seennetzwerk einzurichten. Die Gründungsmitglieder des neuen Netzwerks Living Lakes Italien. Bildmitte: Marion Hammerl, Präsidentin des GNF

Von einer Plattform aus lässt sich die Vogelwelt am Trasimeno See ungestört beobachten. Bild oben: Blick auf den Trasimeno See.

Naturschutzverbände, die im Seenschutz in Deutschland tätig sind, können sich bei Interesse an den Global Nature Fund wenden. Italien wird das Gastgeberland der 12. Living Lakes-Konferenz sein, die im kommenden Jahr vom 22. bis 27. Sep-

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tember am Trasimeno See stattfinden wird. Die Veranstaltung wird unter einem ganz besonderen Motto stehen, denn im Jahr 2008 feiert die internationale Seenpartnerschaft Living Lakes ihr 10-jähriges Jubiläum .

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GLOBAL NATURE FUND

Die Partnerseen des neuen „Living Lakes-Netzwerks Italien“: Lago di Trasimeno Der viertgrößte See Italiens hat eine Oberfläche von 126 Quadratkilometern. Der flache See mit einer Tiefe von nur sechs Metern liegt in Umbrien, nordwestlich der Stadt Perugia. Da er keine natürlichen Zu- und Abflüsse hat, wird er allein über Regenwasser gespeist. Viele Zugvögel nutzen den Trasimeno See als Rastplatz. So leben in dem Gebiet um den See Rallenreiher, Purpurreiher, Zwergreiher, Eisvogel, Rohrdommel, Pfeifente, Stockente, Reiherente, Moorente und Haubentaucher. Schlangenadler, Fischadler und Uhu sind hier als Greifvögel vertreten.

gen die Behörden eine weitere Bebauung der Uferzonen. Das Seeufer ist deshalb fast überall frei zugänglich. Der Lago di Bolsena gilt als gutes Beispiel für die Entwicklung und Umsetzung eines sanften Tourismus in Italien.

gen wachsen Aleppo-Pinien. Verschiedene Arten von Wasservögeln, wie zum Beispiel der Zwergtaucher, sind am See anzutreffen. Der See zeichnet sich auch durch einen reichen Fischbestand aus.

Lago Piediluco

Der Lago Maggiore: steile Bergen im Norden, flache Hügel im Süden.

Der im Süden der Provinz Umbrien gelegene Piediluco See mit einer Größe von lediglich 1,5 Quadratkilometern gleicht mit seinem zerklüfteten Uferbereich sowie den steilen Hängen einem Alpensee. Das Ufergebiet ist von Schilfgebieten eingerahmt; Weiden und Pappeln sind charakteristisch für die Ebenen rund um den See. An den Steilhän-

Lago di Garda Mit einer Größe von 370 Quadratkilometern ist er der größte See in Italien. Er entstand in der vergangenen Eiszeit durch das Abschmelzen eines Gletschers. Mediterrane Vegetationsformen wie Zypressen, Oleander, Zedern, Olivenbäume und auch Palmen prägen das Erscheinungsbild an seinen Ufern. Das Gebiet um den See ist landwirtschaftlich genuzt. Im Norden wird hauptsächlich Wein angebaut, im Osten und Süden werden Olivenbäume und Zitrusfrüchte kultiviert.

Lago Maggiore 212 Quadratkilometer misst der Lago Maggiore, der mit 80 Prozent seiner Fläche zu den italienischen Provinzen Piemont und Lombardei und mit 20 Prozent zum Schweizer Kanton Tessin gehört. Er ist der zweitgrößte See Italiens. Hauptzufluss und einziger Abfluss des Sees ist der Fluss Tessin. Dessen Mündungsgebiet in den See, die Bolle di Magadino, ist ein artenreiches Naturschutzgebiet. Im Lago Maggiore werden jährlich 150 Tonnen Fisch gefangen.

Lago di Bolsena Im Verwaltungsbezirk Viterbo, ungefähr 90 Kilometer nördlich von Rom, liegt dieser fast kreisrunde See mit einer Fläche von 114 Quadratkilometern. Er entstand als Krater eines ehemaligen Vulkans. Seit den 1990er Jahren untersa-

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Carlos Peña schwimmt durch und für die Seen der Welt ■ Anlässlich der Gründung des italienischen Seennetzwerks durchschwamm der baskische Athlet Carlos Peña im Juni dieses Jahres den Trasimeno See. Nach sieben Stunden war es geschafft. Peña schwimmt nicht für Goldmedaillen, sondern für den Umweltschutz. Auf diese Weise will der in der Gegend von Bilbao beheimatete Schwimmer auf den notwendigen Schutz von Flüssen und Seen hinweisen. Für diese Mission ist er auf dem Rücken schwimmend im Neoprenanzug über Hunderte von Kilometern bei oftmals hohem Wellengang und niedrigen Temperaturen unterwegs. Angefangen hat alles 1989, als Carlos Peña 200 Kilometer im spanischen Fluss Ebro von Logroño nach Zaragoza zurücklegte. Seitdem schwamm er weltweit durch Seen, Flüsse und Meerengen. Er bezwang bereits Loch Ness, den Gardasee, die Meerenge von Gibraltar, die Magellanstraße und zahlreiche spanische und südamerikanische Gewässer. Im Jahr 2004 schlugen die mexikanischen Living Lakes-Partner Amigos del Lago dem Athleten vor, als Zeichen des Protestes gegen die Verschmutzung des Chapala Sees durch den See zu schwimmen. So war der Kontakt zu Living Lakes geschaffen und er durchquerte 2005 den Plattensee in Ungarn und im Jahr darauf das Mar Chiquita in Argentinien. Im September kam Carlos Peña zu Fokus Natur, den internationalen Tagen der Vogel- und Naturbeobachtung, an den Bodensee. Er durchschwamm binnen drei Tagen den Bodensee von Lindau nach Radolfzell.

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GLOBAL NATURE FUND

Hilfe für das Pantanal

Savannen, Tropenwälder, Flüsse und Seen und eine atemberaubende Artenvielfalt – so präsentiert sich das Pantanal im Herzen Südamerikas. Doch dieser Reichtum droht zu verschwinden. Rodungen, Gold- und Diamantenminen, riesige Monokulturen und intensive Viehwirtschaft bedrohen die einzigartige Natur des Pantanal. In der DUHwelt 1/2007 haben wir das Pantanal als Bedrohten See des Jahres 2007 vorgestellt. Hier berichten wir über ein konkretes Projekt zum Schutz des größten Süßwasserfeuchtgebiets auf der Erde. Das Pantanal ist Heimat für Tausende Tier- und Pflanzenarten. Hier sind der flugunfähige Nandu, der Riesentukan und der blaue Hyazinth-Ara zu Hause.

Jaguar, Ozelot und Flachlandtapir sind von den Säugetieren zu nennen. Brillenkaiman und Gelbe Anakonda ergänzen den Reigen der einzigartigen Tierarten im Pantanal. Seit 1989 engagiert sich die Umweltstiftung Ecotrópica für den Erhalt des Feuchtgebiets. Es gelang bereits 1995, 60.000 Hektar Land zu kaufen und zu renaturieren. Im Jahr 2000 erhielt das

Seltene Tierarten wie der Hyazinth-Ara (Mitte) und der Brasilianische Riesenotter drohen aus dem Pantanal-Feuchtgebiet zu verschwinden.

Foto: Fabrik?

Gebiet gemeinsam mit dem Nationalpark Matogrossense von der UNESCO den Weltnaturerbe-Status.

Zerstörung wertvoller Lebensräume stoppen Doch der Artenschwund macht auch hier nicht halt. Die größte Papageienart der Welt, der Hyazinth-Ara, wurde jahrzehntelang durch illegalen Tierhandel an den Rand des Aussterbens gebracht. Der Ozelot wird immer noch gewildert, weil sein Pelz den Händlern viel Geld einbringt. Die exportorientierte Wirt-

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GLOBAL NATURE FUND Die Arbeit engagierter Naturschützer ist deshalb mehr denn je gefragt. Um das private Naturschutzgebiet der Umweltstiftung Ecotrópica zu erhalten und zu überwachen ist viel Geld nötig. Auch Schutzmaßnahmen und Forschungen über die Hyazinth-Aras sowie über Jaguar und Ozelot müssen weitergeführt werden. Zusätzliche Landkäufe können Flächen für den Naturschutz sichern. Doch Land wird immer teurer, denn die Landbesitzer haben längst erkannt, dass weitere Schlüsselflächen bei den Naturschützern begehrt sind. Der GNF will seinem Living Lakes-Partner Ecotrópica bei seinem ambitionierten Kampf für die Natur helfen. Das Netzwerk Living Lakes hat daher das Pantanal-Feuchtgebiet zum „Bedrohten See des Jahres 2007“ ausgerufen. Der GNF und Ecotropica setzen sich dafür ein, den Lebensraum für den Jaguar und viele andere Tier- und Pflanzenarten zu erhalten.

schaftspolitik der brasilianischen Regierung bringt neue Gefahren mit sich. Auf riesigen Zuckerrohrplantagen entsteht der Grundstoff für die Produktion von Ethanol für Biodiesel. Die Abwässer der Ethanolfabriken gelangen oftmals ungeklärt in das Flusssystem des Feuchtgebietes. Am Rande des Pantanal breiten sich Soja-Monokulturen aus. Sojaschrot dient seit dem Tiermehlverbot als Futtermittel für die Fleischproduktion in Europa und Nordamerika. Mit der Ausdehnung der Sojaplantagen ist die Versorgung vieler Kleinbauern nicht mehr gesichert. Wo früher Nahrungsmittel für den Eigenbedarf angebaut wurden, verdichten heute schwere Landmaschinen das Erdreich und begünstigen die Erosion. Kunstdüngerund Pestizideintrag in das Feuchtgebiet sind weitere Folgen. Eine Studie der Umweltorganisation Conservation International do Brasil kommt zu dem Schluss, dass die natürliche Pflanzenwelt schon im Jahr 2050 komplett ausgelöscht sein könnte, wenn die Zerstörung im gleichen Tempo weiter geht wie bisher.

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Erste Erfolge machen Mut Eine Bedrohung der letzten Jahre wurde dank der Naturschützer abgewendet. Der Bau eines 3.400 Kilometer langen Kanals quer durch das Pantanal bis zum Atlantik – die Hidrovia – wurde vorläufig aufgegeben. Dieser Erfolg macht Mut für den weiteren Weg. Neben dem Aufbau eines Managements für das Schutzgebiet stehen Flächenkäufe, Artenschutzmaßnahmen und wissenschaftliche Forschung über bedrohte Arten wie Ozelot und Hyazinth-Ara im Mittelpunkt. Ecotrópica wird seine Aktivitäten auch in der Umweltbildung ausbauen und verstärkt die Öffentlichkeit über die Bedrohung der grünen Lunge Südamerikas informieren. Spendenkonto: 804041 6000, BLZ 430 609 67 bei der GLS-Gemeinschaftsbank, Stichwort: Pantanal.

Foto: Ozelot oder Schleichkatze oder Hyazinth-Ara, Brillenkaiman, Riesenotter

Living Lakes-Förderer:

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GLOBAL NATURE FUND

Trainingskurs für ökologisches Seenmanagement Konferenz am Peipsi See Vom 20.2. bis 23.2.2008 findet am Peipsi See in Estland die Abschlusskonferenz des Projekts „Living Lakes Netzwerk Osteuropa – Deutschland“ statt. Schwerpunkt der Veranstaltung werden die Themen Tourismus und Fischerei in osteuropäischen Ländern sein. Hierbei stehen nicht nur Vorträge auf dem Konferenzprogramm, sondern auch Exkursionen in die Region, die den theoretischen Teil mit anschaulichen, praktischen Beispielen ergänzen.

Im Rahmen des Netzwerkes „Living Lakes Osteuropa Deutschland“ fand im Mai 2007 ein fünftägiger Trainingskurs für Experten am Bodensee statt. ■ 22 Umwelt- und Seenschutzexperten aus Estland, Polen, Ungarn und Deutschland erwartete ein abwechslungsreiches Programm. Mit Exkursionen in das Wollmatinger Ried, zum Seenforschungsinstitut Langenargen, auf die Inseln Mainau und Reichenau sowie verschiedenen Workshops konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Bereichen nachhaltiger Tourismus oder fachmännisches Seenmanagement Eindrücke sammeln und Erfahrungen austauschen. Für die direkte Übertragung vieler Maßnahmen, wie zum Beispiel Uferrenaturierungen, ist vor allem der ungarische Plattensee geeignet. Er ist dem Bodensee in Bezug auf Bevölkerungsdichte, Klima oder touristische Struktur sehr ähnlich. Doch auch Teilnehmer aus klimatisch entfernteren Regionen, wie etwa Estland, fanden während des Trainingskurses interessante Ansätze. Vor allem im Bereich erneuerbare Energien zeigte sich ein reges Interesse. Der Besuch eines ECOCAMPING-Platzes fand bei den polnischen Experten großen Anklang, da Camping in Polen, dem bevölkerungsreichsten Land unter den zwölf neuen EU-Mitgliedern, immer populärer wird. Für umweltfreundliche Campingplätze besteht dort ein steigender Bedarf.

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Das von der DBU geförderte Projekt findet mit der Konferenz seinen Abschluss, die Zusammenarbeit im Netzwerk geht natürlich weiter!

Klima-Allianz gegründet

Bei der Exkursion im Wollmatinger Ried konnten die Teilnehmer des Trainingskurses praktisches Schutzgebietsmanagement in der Bodenseeregion direkt vor Ort erleben.

■ „Die Zeit wird knapp – Politik und Wirtschaft müssen endlich die Energiewende einleiten.“ Um diese Forderung gegenüber kurzfristigen politischen und wirtschaftlichen Interessen zu vertreten, haben Kirchen, Umweltverbände und Entwicklungshilfeorganisationen am 24. April 2007 einen Aufruf für eine entschlossenere Klimapolitik veröffentlicht und eine Klima-Allianz gegründet.

Die Resonanz der Teilnehmer auf den Trainingskurs war überaus positiv, und es zeigte sich einmal mehr, dass der direkte Austausch vor Ort der erfolgversprechendste Weg für effektive Zusammenarbeit und gegenseitiges Lernen ist.

Der GNF ist Mitbegründer dieser Aktionsgruppe, an der sich bereits über 40 Organisationen, Initiativen und Unternehmen beteiligen. Ziel der Klima-Allianz ist es, eine nachhaltige und langfristige Klimapolitik durchzusetzen.

Das Netzwerk „Living Lakes Osteuropa – Deutschland“ wurde vor zwei Jahren von der Bodensee-Stiftung und dem Global Nature Fund gestartet. Eine Informationsbroschüre über das Netzwerk können Sie direkt beim GNF (gegen Portorückerstattung) bestellen oder als PDFDatei unter www. globalnature.org herunterladen.

So spricht sie nicht nur die internationale Politik an, sondern auch Firmen, Konzerne und Bürger direkt. Die gesetzten Ziele umfassen globale, nationale, lokale und entwicklungsfördernde Maßnahmen, um dem Klimawandel Einhalt zu gebieten. Weitere Infos: www.die-klima-allianz.de.

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Verantwortung übernehmen: Lufthansa fördert biologische Vielfalt.

Anzeige Lufthansa

Vom 19. bis 30. Mai 2008 ist Deutschland Gastgeber der UN-Naturschutzkonferenz. Lufthansa ist Mitglied der „Naturallianz“ und unterstützt die Kampagne zur biologischen Vielfalt des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. www.naturallianz.de

Lufthansa fördert bereits seit vielen Jahren die Arbeit deutscher und internationaler Umwelt- und Naturschutzorganisationen. Ziel dieses Engagements ist es, biologische Vielfalt sowie einzigartige Naturlandschaften zu bewahren. Einen Schwerpunkt hierbei bilden die Artenschutzaktivitäten des Konzerns, wobei dem Schutz bedrohter Kranicharten und ihrer Lebensräume das besondere Interesse gilt. Balance zu halten ist für uns Unternehmensverpflichtung. Mehr dazu in der Broschüre „Umweltförderung“ und im Lufthansa-Nachhaltigkeitsbericht „Balance“, abzurufen unter http://verantwortung.lufthansa.com

www.lufthansa.com DUH welt 3/2007

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NATURSCHUTZ

Sag mir, wo die Blüten sind! Projekt am Bodensee soll Bestäubungsleistung der Bienen fördern – Kommunen sind wichtige Partner striche sind durch die ständige Intensivierung der Landwirtschaft, zuletzt durch den Biomasse-Boom, praktisch blütenlos geworden. Bienen finden dort keine Nahrung mehr. Bisher nehmen noch viel zu wenige Landwirte den Schutz der Bienen ernst, indem sie Mähund Spritzzeitpunkte bienenfreundlich wählen oder blütenreiche Randstreifen oder Zwischenbegrünungen anbauen. Und in Zukunft droht dem einzigartigen Landschaftsprodukt Honig auch noch die Verunreinigung mit Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen. Bienenbestäubung bewirkt bei Raps eine Ertragssteigerung von bis zu 50 Prozent.

K aum zu glauben, aber Honigbienen

sind in Deutschland die drittwichtigsten landwirtschaftlichen Nutztiere nach Rindern und Schweinen. Volkswirtschaftlich bedeutend ist weniger die Honigproduktion, sondern vor allem die Bestäubungsleistung der Bienen. Allein in Deutschland erbringt sie in der Landwirtschaft geschätzte zwei Milliarden Euro pro Jahr an Mehrerträgen. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen Ertragssteigerungen zwischen 50 Prozent (Raps) und 90 Prozent (Obst) durch Bienenbestäubung. Speziell im Obstbau sind deutliche Verbesserungen bei Qualitätsmerkmalen wie Größe, Zucker-

Ohne blühende Wild- und Kulturpflanzen fehlt den Bienen die Nahrungsgrundlage.

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Zusammen mit lokalen Imkervereinen hat die Bodensee-Stiftung im Sommer das Projekt „Bestäubungsdienst Westlicher Bodensee“ gestartet, das von PLENUM Westlicher Bodensee gefördert wird.

Bestäubungsdienst am Bodensee

Ganze Landstriche praktisch blütenlos

Ziel ist es, die Bienenbestäubung von Wild- und Kulturpflanzen zu fördern und das öffentliche Bewusstsein für die Bedeutung der Bienen zu stärken. Dazu wollen die Imker einen Bestäubungsdienst aufbauen, den bienenfreundlich wirtschaftende Landwirte in Anspruch nehmen können. Zur besseren Pollenversorgung im Jahresablauf zählen die Imker auf kooperative Landwirte und engagierte Kommunen. Modellhaft sollen bienenfreundliche Bepflanzungspläne in Zusammenarbeit mit den Gemeinden entwickelt und umgesetzt werden. Damit wäre nicht nur den Bienen geholfen, auch das Ortsbild würde verschönert und der Pflegeaufwand für die Grünflächen verringert. Dritter Schwerpunkt ist die vereinsübergreifende Nachwuchsarbeit. Gezielt sollen durch Imkeraktionstage und Öffentlichkeitsarbeit neue Jung-Imker gefunden und ausgebildet werden.

Trotz dieser beeindruckenden Fakten steht die Imkerei auch in Deutschland vor massiven Problemen. Ganze Land-

Weitere Informationen: Bodensee-Stiftung, Patrick Trötschler, p.troetschler@bodensee-stiftung.org

Bienen sind die häufigsten blütenbesuchenden Insekten.

Säure-Gehalt oder Lagerfähigkeit durch die Bienenbestäubung nachgewiesen. Insgesamt 80 Prozent der heimischen Blütenpflanzen sind auf die Bestäubung durch Honig- und Wildbienen angewiesen. Dabei sind besonders viele Wildpflanzen evolutionär an die Bienenbestäubung angepasst, so dass ohne Bienenbesuch kaum oder keine Samenbildung stattfindet.

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NATURSCHUTZ

Moore binden Kohlendioxid und speichern große Mengen Wasser.

Spendenaktion für das Bollwinfließ B

ei Templin in der Uckermark hinterließen Eiszeit-Gletscher ein Tal, in dem ein mäandrierender Bach mit dem Namen Bollwinfließ verläuft. In dem Tal gibt es kleine Seen, ausgedehnte Wälder und von Grundwasser durchströmte Moore. Schon vor Jahrzehnten wurde die landwirtschaftliche Nutzung aufgegeben. Aber immer noch entziehen Entwässerungsgräben dem Moor das Grundwasser. Zwar haben Biber die Entwässerungsgräben an einigen Stellen aufgestaut, aber das genügt nicht. Die ehemals öffentlichen Flächen wurden von der Michael Succow Stiftung gekauft, mit der die Deutsche Umwelthilfe eng zusammenarbeitet. Für ein ganzheitliches Naturschutzkonzept müssen zusätzlich private Flächen gekauft werden. Nur so ist die Renaturie-

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rung des ganzen Fließtales möglich. In dem Fließtal nisteten 2007 mindestens fünf Kranichpaare. Seeadler, Roter und Schwarzer Milan und Baumfalken nutzen dieses Gebiet als Nahrungsraum. Bekassine und Eisvogel brüten hier. Biber hinterlassen ihre Spuren, und Fischotter sind ebenfalls in ihrem Element. Zu den dort wachsenden Pflanzen gehören Steifblättriges und Breitblättriges Knabenkraut, Sumpfsitter und Großes Zweiblatt.

Durch die Renaturierung des Bollwinfließes entstehen attraktive Lebensräume für Kraniche (oben links), Fischotter (mitte) und Biber (unten).

Für dieses Projekt haben wir im Sommer eine Spendenaktion durchgeführt. Weitere Spenden werden dringend benötigt. Mit jeder Spende kann der Projektträger ein Mehrfaches an Fördergeldern einwerben. Spenden Sie bitte mit dem Stichwort „Bollwinfließ“ auf unser Konto Nr. 8190002 bei der Bank für Sozialwirtschaft Köln, BLZ 370 205 00. Herzlichen Dank!

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NATURSCHUTZ

Der Stumme Frühling Dies ist der Titel eines Buches, das die Amerikanerin Rachel Carson im Jahr 1962, vor 45 Jahren also, veröffentlichte. Nach jahrelangen sorgfältigen Recherchen berichtet sie darin über die bedrohliche Naivität beim Einsatz von Chemie gegen schädliche Insekten. banal geläufige Begriffe – Nahrungskette, Ökologie – zum ersten Mal einem breiten Publikum.“ Außerdem beschreibt sie, wie gefährlich DDT für Menschen werden kann, wenn es sich in der Muttermilch konzentriert oder Krebs auslöst. Sie erkennt bereits damals, dass Insekten gegen DDT resistent werden können und regt an, über sinnvolle Alternativen zur Chemie nachzudenken.

Biologische Vielfalt in Rumänien und Bulgarien ■ Die beiden Länder sind für die biologische Vielfalt in der Europäischen Union ein großer Gewinn. Fast die Hälfte der Fläche Rumäniens besteht aus natürlichen Lebensräumen. Hier gibt es die größten unberührten Waldgebiete Europas und mit dem Donau-Delta das größte europäische Feuchtgebiet. Auch in Bulgarien ist die Biodiversität groß, besonders in den Bergund Küstenregionen. In beiden Ländern gibt es gute Bestände von Braunbär, Luchs und Wolf, die in anderen Ländern ausgerottet wurden. Rund 40 Prozent der in der EU vorkommenden Wölfe und 60 Prozent der Braunbären leben in Rumänien. Luchs (oben) und Braunbär finden in den rumänischen und bulgarischen Wäldern noch eine Heimat.

Rachel Carson schließt ihr Buch mit den Sätzen: „Die Herrschaft über die Na-

Rachel Carson

E

„ s war einmal eine Stadt im Herzen Amerikas, in der alle Geschöpfe in Harmonie mit ihrer Umwelt zu leben schienen (...) Dann tauchte überall in der Gegend eine seltsam schleichende Seuche auf (...) Es herrschte eine ungewöhnliche Stille. Wohin waren die Vögel verschwunden? (...) Es war ein Frühling ohne Stimmen (...) Kein böser Zauber, kein feindlicher Überfall hatte in dieser verwüsteten Welt die Wiedergeburt neuen Lebens im Keim erstickt. Das hatten die Menschen selbst getan.“

tur ist ein Schlagwort, das man in anmaßendem Hochmut geprägt hat. Es stammt aus der ‚Neandertaler-Zeit’ der Biologie und Philosophie. Es ist ein beängstigendes Unglück für uns, dass sich eine so primitive Wissenschaft für ihren Kampf gegen die Insekten mit den modernsten und fürchterlichsten Waffen ausgerüstet und damit die ganze Welt gefährdet hat.“ Nach Meinung des Time Magazine gehört Rachel Carson zu einer der wichtigsten hundert Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Sie starb 1964 an Krebs. 2007 wäre sie 100 Jahre alt geworden. Die deutsche Ausgabe von „Der Stumme Frühling“ ist als Taschenbuch erhältlich im C.H. Beck Verlag München, 12.90 Euro.

DIE ZEIT schreibt zum 100. Geburtstag der Autorin: „Es ist eine Fleiß- und Knochenarbeit gewesen, die wissenschaftlichen Studien zum DDT so aufzuarbeiten, dass ein Laie alles versteht. Und es ist ein Meisterwerk geworden, indem es ihr gelingt, die Darstellung zugleich so spannend zu halten wie einen Krimi. Dabei erklärt sie heute beinahe schon

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NATURSCHUTZ

Wer wird Bundeshauptstadt im Naturschutz? Die Entscheidung fällt im Oktober ■ Um das Naturschutz-Engagement von Städten und Gemeinden zu würdigen und vorbildliche Projekte bekannt zu machen, hat die Deutsche Umwelthilfe den Wettbewerb „Bundeshauptstadt im Naturschutz“ ausgeschrieben. Bis zum 30. Juni konnten sich alle Städte und Gemeinden in Deutschland am Wettbewerb beteiligen und ihre Unterlagen einreichen. 115 Kommunen waren bereit, ihre vielfältigen Aktivitäten auf den Prüfstand zu stellen und ihr Engagement für den Naturschutz zu präsentieren. Nicht nur die Metropolen Berlin, Hamburg und München sind dabei, sondern auch viele kleine Gemeinden. Diese hohe Beteiligung macht deutlich, dass der Erhalt der biologischen Vielfalt vielerorts ein wichtiges Ziel der kommunalen Arbeit darstellt. Für uns sind daher auch alle Städte und Gemeinden, die sich am Wettbewerb beteiligt haben, Vorreiter im Naturschutz! Der Wettbewerb wird gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Gefördert durch:

Anzahl der Teilnehmerkommunen in den 16 Bundesländern: Baden-Württemberg (27), Bayern (24), Berlin (1), Brandenburg (6), Bremen (1), Hamburg (1), Hessen (6), MecklenburgVorpommern (5), Niedersachsen (5), Nordrhein-Westfalen (18), RheinlandPfalz (3), Saarland (2), Sachsen (4), Sachsen-Anhalt (3), Schleswig-Holstein (6), Thüringen (3)

Die Beteiligung in den Teilnehmerklassen: bis 10.000 Einwohner: 18 Teilnehmer von 10.001 bis 30.000 Einwohner: 40 Teilnehmer von 30.001 bis 100.000 Einwohner 25 Teilnehmer über 100.000 Einwohner: 32 Teilnehmer Am 29. Oktober werden die Sieger der Gesamtwertung sowie die Erst-, Zweitund Drittplatzierten in den vier Teilnehmerklassen bei einer Auszeichnungsfeier in Berlin gewürdigt. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Internetseite: www.naturschutzkommune.de

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Europäischer Gerichtshof rügt deutsches Pflanzenschutzrecht ■ Das seit 1986 gültige deutsche Pflanzenschutzrecht war europaweit lange vorbildlich. Vor kurzem hat der Europäische Gerichtshof jedoch festgestellt: Das deutsche Pflanzenschutzrecht berücksichtigt besonders geschützte Pflanzen und Tiere nicht ausreichend. Deshalb empfiehlt das Umweltbundesamt, den Erhalt der biologischen Vielfalt als wichtiges Ziel in das Pflanzenschutzgesetz aufzunehmen, denn die biologische Vielfalt nimmt besonders in der Agrarlandschaft ab. Während das deutsche Pflanzenschutzrecht nur die absichtliche Beeinträchtigung der nach EU-Recht geschützten Arten untersage, verbietet die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie jegliche Schädigung dieser Arten. Immerhin 35.000 Tonnen Pestizide werden in Deutschland jedes Jahr angewandt, vor allem auf Äckern sowie im Obst- und Gemüseanbau. In diesen Pestiziden sind über 253 Wirkstoffe enthalten.

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Der Wolf kehrt zurück Früher waren sie in ganz Europa verbreitet. Heute leben wieder zwei Rudel der scheuen Jäger in Deutschland. Im 18. und 19. Jahrhundert wurde der Wolf jedoch in weiten Teilen West- und Mitteleuropas ausgerottet. Den letzten in Deutschland traf 1904 eine Kugel. Heute leben kleine Populationen zum Beispiel in Portugal, Spanien, Italien und Griechenland sowie in Skandinavien und den Balkanländern. Seit den 1990er Jahren sind Wölfe von Polen her auch nach Deutschland eingewandert. Inzwischen leben wieder zwei Rudel mit jeweils zehn Tieren in der Lausitz. Ihre Reviere sind 200 bis 300 Quadratkilometer groß. Zum Vergleich: Der Bodensee misst 540 Quadratkilometer. Insgesamt gibt es in den EU-Staaten heute ungefähr 13.000 wildlebende Wölfe.

Früher gehasst, heute Touristenattraktion Früher hassten die meisten Menschen den Wolf, weil er Rehe und Hirsche jagte und weil er häufig Rinder, Schafe und Ziegen tötete. Dazu kamen abenteuerliche Geschichten, für die unter anderem das Märchen vom Rotkäppchen der Gebrüder Grimm Pate gestanden hat.

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in der Schweiz berichtet. Sie werden dort in einigen Landesteilen immer noch illegal verfolgt. Alte Ängste schwinden langsam. Moser zitiert eine Zuschrift aus dem Wallis: „Sie machen wunderschöne Sendungen – doch einen wie Sie hätte man früher auf dem Scheiterhaufen verbrannt.“ Im Frühjahr 2002 haben Wölfe in Sachsen einige Schafe getötet. Seitdem zäunen die Schäfer ihre Schafe nachts so ein, dass Wölfe nicht an sie herankommen können. Werden tags Schafe geris-

Wölfe kommunizieren durch ihr Heulen.

Auch heute noch sind die Vorurteile gegenüber Wölfen groß. Aber die Fakten sehen anders aus. Noch nie wurde ein Urlauber in Spanien, Italien oder Griechenland von Wölfen belästigt. Der Schweizer Andreas Moser – unter dem Titel „Netz Natur“ macht er hervorragende Filme über Natur und Naturschutz – hat in einem Film über Wölfe

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„UNBEKANNTE“ TIERARTEN sen, bekommen die Schäfer Ausgleichszahlungen. In Spanien gibt es eine besondere Hunderasse. Diese Hunde beschützen die Schafe bei Nacht vor Wölfen. Inzwischen gehört der Wolf in Deutschland zu den medienwirksamsten Tierarten. Viele Naturtouristen besuchen die Lausitz, weil dort Wölfe leben.

Wölfe taktieren bei der Jagd Für die Jagd haben die Wölfe ausgeklügelte Taktiken. So wurde beobachtet, wie sich zwei Wölfe einem Schafspferch auffällig offen näherten. Die Schutzhunde, die die Schafe bewachten, stürzten sich sofort auf die Wölfe. Die vermieden jedoch einen offenen Kampf. Stattdessen lockten die Wölfe die Hunde immer weiter von der Herde fort. Inzwischen überfielen die übrigen Wölfe des Rudels die schutzlosen Schafe. Wenn die Wölfe Hirsche jagen, verteilen sich die Jäger so, dass kein Fluchtweg offen bleibt. Allerdings ist die Jagd auf gesunde Hirsche gefährlich, denn mit ihren Hufen können sie kräftig auskeilen und den jagenden Wölfen schwere Verletzungen zufügen. Deshalb halten sich die Wölfe an kranke, schwache oder unerfahrene Tiere. Keine Probleme haben die Wölfe dagegen bei der Jagd auf Rehe. Kann ein angepeiltes Beutetier dem ersten direkten Angriff ausweichen, verfolgen die Wölfe ihr Opfer. Elche werden meistens nach einem direkten Angriff getötet, während Rentiere oft nach einer Hetzjagd erlegt werden. Wie Kolkraben mit Wölfen zusammenarbeiten, wird auf Seite 30 dieses Heftes beschrieben.

Steckbrief Wolf Verwandtschaft:

Größter Vertreter der Hundeartigen.

Aussehen:

Ähnlich Schäferhund.

Gewicht:

Mehrjährige 30 bis 38 Kilogramm.

Laute:

Heult zur akustischen Markierung des Reviers und zur Kontaktaufnahme mit anderen Wölfen.

Sinne:

Sieht auch nachts sehr gut. Hört viel besser als der Mensch. Riecht Beutetiere und andere Wölfe auf eine Entfernung bis zwei Kilometer.

Verbreitung:

Früher nördlich des 15. Breitengrades auf der ganzen Nord-Halbkugel.

Lebensraum:

Alle klimatischen Zonen außer Hochgebirge.

Rudel:

Zwei bis zehn Tiere (Eltern, Welpen, Jährlinge).

Nahrung:

Rehe, Rothirsche, Wildschweine, Hasen, Kleinsäuger

Gefährdung:

Abschuss, Tod auf Straßen, Hybridisierung mit Haushunden.

Schutz:

In der EU geschützt.

Situation in Deutschland: 1904 wurde in Deutschland der letzte Wolf geschossen. Mitte der 1990er Jahre in Sachsen aus Polen eingewandert. In Sachsen leben zwei Rudel mit jeweils zehn Tieren.

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NEUES AUS DER FORSCHUNG

Kolkraben taktieren, betrügen, treiben Schabernack und kooperieren mit Wölfen und Menschen Kolkraben folgen den Blicken von Artgenossen und schätzen ein, ob der andere etwas im Blickfeld hat, was sie selbst nicht sehen können. Sie fliegen sogar auf Hindernisse und sehen nach, was der andere entdeckt haben könnte. Sind dominante Artgenossen in der Nähe, suchen Niederrangige ihr verstecktes Futter am falschen Ort, um die Mächtigen in die Irre zu führen. Manchmal legen die Kolkraben leere Scheinverstecke an, um etwaige Beobachter zu verwirren. Außerdem merken sie sich, wer wann was versteckt hat und wer außer ihnen das Versteck kennt. Ein Kolkrabe muss sich in sein Gegenüber hineinversetzen und überlegen, welche Pläne er hat, um seine eigene Taktik zu wählen. Das ist eine intellektuelle Höchstleistung. Mehrfach wurde beobachtet, dass sich Kolkraben neben Kadavern tot stellen, wenn sich ein Artgenosse nähert. Der soll meinen, dass das Fleisch verdorben sei. Junge Raben bilden Banden. Sie fressen zusammen, flirten, schlafen auf demselben Schlafbaum und treiben Schabernack, indem sie vorbei fliegende Adler

ärgern und Hirschen in den Hintern picken. Sie rodeln auf dem Rücken verschneite Hänge hinunter und lassen aus der Luft Schneebälle auf Kollegen fallen, die auf dem Boden sitzen. In den USA hat man Kolkraben beobachtet, die Hirschknochen auf Eisenbahnschienen legen. Nach Durchfahrt eines Zuges kamen sie zurück und fraßen das Knochenmark. Im Yellowstone-Nationalpark zeigen Kolkraben Wölfen aus der Luft, wo es schwache Säugetiere gibt. Dafür dürfen sie anschließend mitfressen. In Grönland gehen Kolkraben gemeinsam mit Eisbären auf Robbenjagd. Im Norden Kanadas lassen sich Eskimos von Kolkraben zu Karibuherden führen. Zur Belohnung bekommen die Vögel Eingeweide. Quelle: Die ZEIT Nr. 26

Kanadakleiber entschlüsselt „ Fremdsprachen“ Kanadakleiber sind Abhörspezialisten. Sie analysieren Alarmrufe, mit denen Schwarzkopfmeisen Artgenossen auf Feinde aufmerksam machen. Mit kleinen Varianten des gleichen Rufs warnen die Meisen entweder vor einem großen oder einem kleinen Beutegreifer. Kleine Feinde wie der Gnomenkauz sind für Meisen und Kanadakleiber gefährlicher als der große Virginia-Uhu, weil kleinere Eulen wendiger sind als große. Auf das Signal „Achtung, kleiner Feind!“ scharen sich die Meisen zusammen und versuchen gemeinsam, ihn zu vertreiben. Meisenrufe mit der Bedeutung „Kleiner Feind“, die Kanadakleibern vom Tonband vorgespielt wurden, lockten die Kanadakleiber an. Sie flogen aufgeregt flügelschlagend auf den Lautsprecher zu. Auf Rufe des Virginia-Uhus reagierten die Kleiber viel weniger. Die Kleiber werden von den Meisen also nicht nur vor Gefahren gewarnt, sondern auch über den Ernst der Lage. Auf diese Weise können sie ihre Vertreibungsversuche auf die gefährlichsten Feinde beschränken. Quelle: Der Falke

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Spinnennetze geben Auskunft über Pflanzen der Umgebung Spinnennetze sind nicht nur Insektenfallen, sondern auch Pollenfänger. Wissenschaftler fanden in den Netzen Pollen von fast allen Pflanzen der Umgebung. Vermutlich nützen die Pollen auch den Spinnen, denn einige Spinnenarten verspeisen regelmäßig ihre ausgedienten Netze. Die Pflanzenpollen sind dann eine zusätzliche Nahrung. Quelle: Spiegel

40 Millionen Jahre ohne Sex Bdelloiden sind mikroskopisch kleine Rädertierchen, die sich seit 40 Millionen Jahren ungeschlechtlich fortpflanzen. Muttertiere legen Eier, die ihnen genetisch gleichen. Männer gibt es nicht. Bisher glaubte man, solche Tiere könnten keine Arten bilden. Doch die Bdelloiden halten sich nicht daran. Bis heute haben sich rund 400 richtige Arten entwickelt. Ein gutes Beispiel sind dafür zwei Arten, die als Nachbarn auf einer Wasserlaus leben, die eine auf den Beinen, die andere auf dem Rumpf. Sie haben verschiedene Kiefer und Körpergrößen. Offensichtlich können auch asexuelle Organismen durch Anpassung an ihren Lebensraum Arten ausbilden. Quelle: natur & kosmos

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ANZ. RAPUNZEL SEKEM

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ENERGIE UND KLIMASCHUTZ

„Weltverbesserung sofort und hausgemacht“ Deutscher Klimaschutzpreis 2007 Zum ersten Mal hat in diesem Jahr die DUH den Deutschen Klimaschutzpreis vergeben und damit eine neue Tradition begründet. Die erste Preisträgerin, Ulla Gahn, zeigt mit ihren Stromwechselpartys, dass man etwas tun kann gegen den Klimawandel. Die gelernte Tontechnikerin, freiberufliche Projektmanagerin und Wahl-Leipzigerin Ulla Gahn erhielt den erstmals am 21. August in Berlin vergebenen Preis für ihr Engagement zum Stromwechsel. Die von ihr ausgerichteten Ökostrom-Wechselpartys haben eine regelrechte Wechselstimmung ausgelöst. Hunderte Menschen besuchen mittlerweile ihre Partys, viele von ihnen wechseln sofort den Stromanbieter. Der Erfolg ihrer Partys hängt mit der Glaubwürdigkeit von Ulla Gahn zusammen. Anfang des Jahres wechselte sie selbst zu Ökostrom und wurde innerhalb weniger Monate zur Expertin in Sachen sauberer Strom aus Wind, Sonne, Wasser und Biomasse. Erst überzeugte sie ihre Freunde und Bekannten und mittlerweile motiviert sie Wechselwillige aus ganz Deutschland, selbst für den Klimaschutz aktiv zu werden.

Klimaschutz leisten“, erläuterte Prof. Dr. Harald Kächele, DUH-Bundesvorsitzender, in seiner Rede die Idee der Auszeichnung. Und Laudator Gerd Rosenkranz, Leiter Politik bei der DUH, stellte mit Erstaunen fest: „Die Preisträgerin erfüllt in so hohem Maße die für den Preis gesetzten Kriterien, dass die Vermutung nahe liegt, man habe erst die Preisträgerin ausgewählt und dann die Kriterien für den Preis definiert.“ Aber so sei es nicht gewesen. Ulla Gahn sieht den Preis als Zeichen, dass sich in Deutschland persönlicher Einsatz wieder lohnt.

Vom eigenen Erfolg überrascht

„wieso nicht weitermachen und viele Menschen dafür gewinnen?“ Dazu hat sie jetzt den Verein „Weltverbesserung sofort und hausgemacht“ gegründet. Sie hat erkannt, dass Klimaschutz nicht mit erhobenem Zeigefinger erzwungen werden kann. Es braucht Ehrlichkeit, Authentizität und gute Vorbilder, um eine Verhaltensumstellung bei den Menschen zu erwirken.

In ihrer Dankesrede bekennt Ulla Gahn, dass sie selbst vom Erfolg ihrer Idee überrascht war: „Doch wenn die Welt so einfach zu retten ist“, sagt sie selbstbewusst,

Der Deutsche Klimaschutzpreis will künftig jährlich Mutmacher auszeichnen, „die oft jenseits öffentlicher Aufmerksamkeit Herausragendes für den

Keiji Sudo, Präsident Toyota Deutschland, Prof. Dr. Harald Kächele und Gerd Rosenkranz gratulieren Ulla Gahn zu ihrem Erfolg.

Klimaschutz macht Spaß Moderatorin Bettina Böttinger wollte von DUH-Geschäftsführer Rainer Baake wissen, wie er das von der Bundesregierung präsentierte Klimaschutzprogramm bewerte. Seine Antwort: Es ist manch Richtiges drin, aber insgesamt springt die Regierung zu kurz. Um die selbst gesetzten Klimaziele zu erreichen muss die Regierung insbesondere bei den Kohlekraftwerken und beim Verkehr stärker eingreifen. Keiji Sudo, Toyota Deutschland, setzte in einer kurzen Ansprache die Anstrengungen zum Klimawandel mit dem japanischen Keizen, der schrittweisen Veränderung zum Besseren ins Verhältnis. Und Klimaforscher Mojib Latif proklamierte furchtlos: „Klimaschutz macht Spaß!“ Ulla Gahn ist das beste Beispiel dafür. Über mangelnde Aufmerksamkeit muss die junge Frau nicht mehr klagen, das Medienecho ist enorm. Mit Spannung erwartet Berlin die große ÖkostromWechselparty, die dort für Oktober geplant ist. Der Deutsche Klimaschutzpreis ist mit 10.000 Euro dotiert, er wird von Toyota Deutschland gefördert.

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ENERGIE UND KLIMASCHUTZ Photovoltaik auf dem Dach des Theodor-Heuss-Gymnasiums in Esslingen.

Geothermische Anlage der Stadtwerke München.

Stadtbus in Sigmaringen.

Kommunaler Klimaschutz hat viele Gesichter Über 100 Interessierte trafen sich Ende Mai in Frankfurt am Main zu einem Kongress, auf dem gute Beispiele aus dem DUH-Wettbewerb „Bundeshauptstadt im Klimaschutz“ vorgestellt wurden. Gastgeber war Lutz Sikorski, Grünen-Stadtrat und Frankfurter Verkehrsdezernent. Klimaschutz ist nicht allein großen Städten wie Münster vorbehalten. Auch kleinere Kommunen wie Sigmaringen beweisen, dass mit einem cleveren Stadtbuskonzept viel für den Klimaschutz getan werden kann. Frankfurt am Main setzt auf das kommunale Energiemanagement, das für die 174 Liegenschaften der Stadt den Energieverbrauch und die Energiekosten reduzieren soll. In der Hunsrück-Gemeinde Morbach entstand auf einer ehemaligen Militärfläche eine der größten Energielandschaften in Deutschland. Die Vielfalt der hier zum Einsatz kommenden Anlagen hat das Projekt selbst zur Attraktion und zu einem beliebten Ausflugsziel für den Tourismus der Region gemacht. In Heidelberg gelang es, eine gesamte Wohnanlage aus den 50er Jahren in ein Passivhaus umzuwandeln und so sinnvoll Energie einzusparen. Letztlich beweisen auch Großprojekte wie die Geothermieanlage in München (Bild oben Mitte), dass neue Wege der Strom- und Wärmeerzeugung in der täglichen Energieversorgung möglich sind. Der konsequente Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung in Frankfurt am Main zeigt, dass auch diese Technik in vielfacher Hinsicht eine sinnvolle und kostensparende Möglichkeit für Kommunen ist.

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Dr. Isabelle Franzen-Reuter (links), Leiterin Kommunaler Umweltschutz bei der DUH, in einer Diskussion über kommunale Klimaschutzkonzepte.

Perspektiven im kommunalen Klimaschutz Aktiv betriebener Klimaschutz rechnet sich langfristig. Das ist ein wichtiges Ergebnis der Veranstaltung. Auch für finanzschwache Kommunen gibt es vielfältige Möglichkeiten, gemeinsam mit Partnern Klimaschutzprojekte umzusetzen. Dr. Isabelle Franzen-Reuter, die Leiterin Kommunaler Umweltschutz bei der DUH, fasste den Kongress zusammen: „Es gibt die guten Vorbilder. Viele Städte und Gemeinden leisten heute schon sehr viel für den Klimaschutz. Aber wir müssen noch viel mehr tun.“

Broschüre und Internet Die vorbildlichen Projekte, die beim Kongress vorgestellt und durch den Wettbewerb ermittelt wurden, gibt es auch in Form einer Broschüre, die kostenlos bei der DUH bestellt werden kann (telefonisch: 07732-9995-57, per E-Mail: vedel@duh.de). Weiteres Informationsmaterial finden Sie unter: www.klimaschutzkommune.de

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ENERGIE UND KLIMASCHUTZ

Rekordbeteiligung bei der Solarbundesliga Rettenbach, Ulm, Neckarsulm und Kastl sind Deutsche Meister die Kommunen Trostberg (115 Punkte) und Rheinau (112 Punkte). Kastl liegt mit 561 Punkten bei den Kleinstädten (1.000 bis 9.999 Einwohner) vorn. Engelsberg (474 Punkte) und Feichten an der Alz (445 Punkte) belegen die Ränge 2 und 3.

Die Deutschen Meister 2007 der Solarbundesliga. ■ 1.074 Kommunen und zusätzlich 608 Dörfer sowie Ortsteile haben in dieser Saison um die Deutsche Meisterschaft in der Solarbundesliga mitgefiebert.

vom Bundesumweltministerium und einigen Fans aus dem Kreis der Solarwirtschaft und von Kommunen.

Die kleine Kommune Rettenbach am Auerberg konnte sich wieder einmal durchsetzen und wurde mit 729 Punkten knapp vor Gollhofen (725 Punkten) und Ingenried (633 Punkte) Deutscher Meister.

Nachdem Freiburg in den vergangenen Jahren ununterbrochen die Deutsche Meisterschaft unter den Großstädten für sich entscheiden konnte, wurde es in dieser Saison von Ulm (44 Punkte) überholt und teilt sich mit Ingolstadt den zweiten Platz (jeweils 41 Punkte).

Die Fachredaktion der Zeitschrift Solarthemen und die Deutsche Umwelthilfe organisieren seit sechs Jahren die Solarbundesliga. Gefördert wird das Projekt

Bei den Mittelstädten (10.000 bis 99.999 Einwohner) entschied Neckarsulm mit 118 Punkten das Rennen für sich. Es folgen auf den Siegerplätzen 2 und 3

Die nächste Saison der Solarbundesliga ist bereits in vollem Gang und neue Städte, Gemeinden, Dörfer und Ortsteile sind aufgerufen sich zu beteiligen. Die Anmeldung ist jederzeit möglich. Auf der Internetseite www.solarbundesliga.de sind alle Ergebnisse in der Solarbundesliga, einschließlich der Landes- und Kreiswertungen, aufgeführt. Förderer und Fans der Solarbundesliga: Förderer:

Fans:

Gemeinde Alpen 250. SolarLokal-Kommune ■ Die Kommune Alpen

(Kreis Wesel) in Nordrhein-Westfalen startete im August als 250. Teilnehmer die Kampagne SolarLokal. Neuenhagen bei Berlin belegt den 249. Platz und den 251. nimmt die Gemeinde Ebhausen im sonnenverwöhnten BadenWürttemberg ein. Das SolarLokal-Team ist seit drei Jahren bundesweit aktiv. In dieser Zeit hat sich eine wachsende Zahl von Teilnehmern der Kampagne angeschlossen.

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SolarLokal folgt dem Gedanken, dass Kreise, Städte und Gemeinden eine entscheidende Verantwortung für eine umweltgerechte Energiezukunft haben. Mit Fachinformationen, der Registrierung erfahrener lokaler Handwerksbetriebe oder einer Dachbörse hilft das Kampagnen-Team den TeilnehmerKommunen, bei ihren Bürgern und Bürgerinnen für umweltfreundlichen Strom aus Sonne zu werben. So kann Solarstrom zum Gewinn für Umwelt, regionaler Wirtschaft und Kommune werden.

SolarLokal wird von allen drei kommunalen Spitzenverbänden unterstützt: dem Deutschen Landkreistag, dem Deutschen Städte- und Gemeindebund und dem Deutschen Städtetag. Getragen wird die Kampagne von der Deutschen Umwelthilfe e.V. und der SolarWorld AG, einem deutschen Solarstromkonzern. www.solarlokal.de

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ENERGIE UND KLIMASCHUTZ

AKW Brunsbüttel: Sicherheit mangelhaft Im Juli musste der deutsche Konzern-Chef von Vattenfall, Klaus Rauscher, zurücktreten. Das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Zuverlässigkeit des AKW-Betreibers war dahin.

Bild Pressekonferenz? Das Atomkraftwerk Brunsbüttel wird trotz massiver interner Zweifel an seiner Sicherheit seit Jahren am Netz gehalten. Eine so genannte periodische Sicherheitsanalyse (PSÜ), die eigentlich nach zwei Jahren in 2003 hätte abgeschlossen sein sollen, dauert bereits mehr als sechs Jahre an.

■ Der DUH liegt nun seit Juli eine Expertenanalyse der umstrittenen Brunsbüttel-Mängelliste vor. Demnach betreffen die Defizite alle Bereiche der Reaktorsicherheit. Besonders kritisch sind nicht erbrachte Bruchsicherheitsnachweise im Rohrsystem, Werkstoffprobleme, Mängel in der Elektro- und Leittechnik sowie die Verwundbarkeit durch Terroranschläge. Insgesamt zählten die Sicherheitsexperten zum Stichtag 21. Juni 2006 rund 650 offene Punkte – von denen sich 165 als besonders prekär erwiesen. Im vergangenen Jahr musste Vattenfall Europe nach DUH-Recherchen eingestehen, dass die Notstromelektrik in Brunsbüttel in ähnliche Probleme hätte laufen können wie die im schwedischen Vattenfall-Reaktor Forsmark, der seinerzeit nur knapp einer Katastrophe entgangen war. Die Atomaufsicht hat angekündigt, die Mängelliste bis September 2007 abarbeiten zu lassen. Wir werden dran bleiben und nachhaken.

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Presse-Echo:

„Gut platzierter Sprengsatz“ Die Deutsche Umwelthilfe und ihre Rolle in der Atomdebatte „(...) Trauernicht sagte, sie sehe dennoch Ansatzpunkte, jetzt dem VattenfallKonzern, der die Meiler in Krümmel und Brunsbüttel betreibt, die Lizenz zu entziehen. (...) Dass es soweit gekommen ist – bei Vattenfall sind mittlerweile drei Manager zurückgetreten – hat wohl auch damit zu tun, dass das Unternehmen unter der strengen Beobachtung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) steht. Der Verband hat in den vergangenen Tagen beharrlich auf Mängel in deutschen Atommeilern hingewiesen und am Mittwoch für das Kraftwerk Brunsbüttel Teile einer bisher nicht veröffentlichten Mängelliste präsentiert.(...) Die Umwelthilfe interessierte sich schon für den Reaktor, bevor es in den vergangenen Wochen zu einer Pannenserie in Krümmel und Brunsbüttel gekommen ist. Der Verband hat bereits 2006 bei der Atomaufsicht Einsicht in die Brunsbütteler Unterlagen verlangt. Doch Vattenfall ging gegen die Veröffentlichung vor Gericht. Als der Konzern jetzt die Klage zurückzog, ließ Trauernicht die Daten sofort ins Internet stellen. Die Umwelthilfe ergriff die Gelegenheit beim Schopf, erläuterte die 650 aufgelisteten Mängel und fand bundesweit Widerhall.“ Aus: Stuttgarter Zeitung, 20.07.2007 von Martin Maria Reinkowski

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Kohlekraftwerke zu Investitionsruinen? Bei einer konsequent klimafreundlichen Politik werden neue Kohlekraftwerke unrentabel. Das ist das Ergebnis einer jüngst von DUH und WWF gemeinsam vorgestellten Studie.

■ Beim EU-Märzgipfel in Brüssel einigten sich Europas Staats- und Regierungschefs, den Kohlendioxid (CO2)-Ausstoß in der Union bis 2020 um 30 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren, sofern auch andere Industriestaaten vergleichbare Anstrengungen unternehmen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Umweltminister Sigmar Gabriel verkündeten für Deutschland sogar einen Zielwert von minus 40 Prozent. Die Umsetzung der Reduktionsziele erfordert einen tief greifenden Umbau der Energiewirtschaft. Der deutsche Kraftwerkspark ist hierzulande der mit Abstand wichtigste Emittent von Treibhausgasen.

Kohlekraftwerke werden Geld verbrennen Das im Juli veröffentlichte Gutachten von Öko- und Arrhenius-Institut belegt, dass sich der Betrieb von Kohlekraftwerken in einer nach Klimaschutz-Erfordernissen umgestalteten Stromwirtschaft nicht mehr lohnen wird. Steigen wegen der nun EU-weit verkündeten konsequen-

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ten Klimapolitik die Preise für die CO2Verschmutzung der Atmosphäre, erhöhen sich nämlich vor allem die laufenden Kosten von Kohlekraftwerken, die am meisten CO2 ausstoßen. Gleichzeitig wird das Stromangebot aus erneuerbaren Energien wettbewerbsfähiger und folglich stark zunehmen.

Bisher wurde dieser Effekt, der Kohlekraftwerke unrentabel zu machen droht, bei neuen Kraftwerksplanungen nicht ausreichend berücksichtigt. Das Gutachten „Klimaschutz und Stromwirtschaft 2020/2030“ kann unter www.duh.de heruntergeladen werden.

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VERKEHR

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ächste Woche beginnt die IAA. Was geben Sie als Öko-Lobbyist den deutschen Autoherstellern mit auf den Weg? Ich möchte, dass die vielen ökologisch fortschrittlichen Konzeptstudien, die wir dort sehen werden, endlich auf die Straße kommen und es nicht wieder nur bei Ankündigungen bleibt. Ich will von der Branche Fahrzeuge, die bei Effizienz und Zuverlässigkeit Weltspitze sind. Einen Hoffnungsschimmer sehe ich. Überraschenderweise hat BMW auf dem Genfer Autosalon einen kleinen Schritt in Richtung intelligentes Energiemanagement gemacht und in allen Modellen Hybrid-Elemente eingebaut. Ich bin gespannt, ob auf der IAA die nächsten Schritte folgen. Wie weit ist der Weg zurück an die Spitze? Der Rückstand liegt bei sechs bis acht Jahren. Moderne Hybrid-Technologie bedeutet ja nicht, dass man statt einem dann eben zwei Motoren einbaut. Im Grunde muss man das Auto neu erfinden, Bremsen, Kupplungen, Karosserie ganz anders anlegen.

„Ich will von der Branche Fahrzeuge, die bei Effizienz und Zuverlässigkeit Weltspitze sind.“

Wer hat für diese Aufholjagd in Deutschland die Pole-Position? Alle deutschen Autobauer liegen deutlich abgeschlagen hinter den Japanern.

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Abstand zur Weltspitze wächst In Sachen Klimaschutz hinkt die deutsche Autoindustrie hinterher. Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, benennt in einem anlässlich der Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) geführten Interview die Ursachen.

Die Franzosen und Italiener führen bei spritsparenden Kleinfahrzeugen. Nachdem BMW im Frühjahr alle neuen Modelle genügsamer gemacht hat, folgt nun, allerdings noch etwas zaghaft, Volkswagen. Doch selbst der sparsamste VW braucht dreißig Prozent mehr Sprit als das Dreiliterauto der neunziger Jahre. Wertvolle Zeit wurde mit der Entwicklung von PS-Monstern vergeudet, die wie der Porsche Cayenne bei Vollgas 67 Liter Sprit auf hundert Kilometer verbrauchen. In meinen Augen wird der Abstand der Deutschen zur Weltspitze größer und nicht kleiner. Reden wir über die Spezialisten für große und schnelle Autos. Welche Innovationen müssen Daimler und Porsche schaffen?

Sie müssen die gesamte Entwicklung umdrehen und ihre Fahrzeuge deutlich leichter und verbrauchsärmer machen. Leider leisten sich alle deutschen Hersteller und besonders Porsche und Daimler einen Wettkampf um Hochgeschwindigkeiten mit 500-PS-Motoren und mehr. Dagegen hat Daimler mehrere Smart-Modelle eingestellt und will auch die A-Klasse auslaufen lassen. Wachstum gibt es im Segment der Supersport- und Geländewagen. Das ist ein Wettlauf gegen den Markt. Wieso gegen den Markt? Das belegen die steigenden Absatzzahlen für solche Fahrzeuge doch nicht. Hohe Subventionen für Dienstwagen verzerren den deutschen Markt. Im ers-

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VERKEHR ten Halbjahr 2007 wurden nur noch 37 Prozent der Personenwagen privat zugelassen. Ein Jahr zuvor waren es laut Kraftfahrtbundesamt noch 46 Prozent. Dieser Trend ist absurd. Denn wenn ein Gewerbetreibender ein Auto kauft, das doppelt so viel Kohlendioxid ausstößt wie ein spritsparendes günstigeres Auto, erhält er grob gerechnet auch die doppelte staatliche Förderung. Für einen Porsche Cayenne Turbo S bekommt man in sechs Jahren 54.000 Euro vom Finanzamt zurück. 49 Prozent des Preises trägt der Fiskus. Im Privatbereich ist keine Maßnahme zum Klimaschutz auch nur annährend so gut absetzbar.

„Alle deutschen Autobauer liegen deutlich abgeschlagen hinter den Japanern.“

Das sind trotzdem Kaufentscheidungen von Kunden. Tatsächlich sinken die Privatzulassungen von Geländewagen und Sport-Utility-Vehicles (SUV) mit steigender Motorisierung. Das belegen die Statistiken vom Kraftfahrtbundesamt eindeutig. Aber natürlich ist es verführerisch, die hohen Zuschüsse, die für teure und schwere Dienstwagen gewährt werden, auch zu kassieren. Die Lenkungswirkung ist eindeutig. Im Einzelfall kann man so sogar Geld verdienen: man kauft ein Auto mit 30 Prozent Rabatt, bekommt 49 Prozent des Kaufpreises vom Finanzamt zurück und verkauft das Auto nach einigen Jahren sogar mit Gewinn. Das ist das Gegenteil von Klimaschutzpolitik. Die Subventionen des Staates für den Kauf extrem unökologischer Dienstwagen sind höher als der gesamte Klimaschutzetat von Meseberg.

Klasse oder einen Porsche anschafft. Aber die absolute Förderung steigt mit dem Kaufpreis. Der Maybach ist ein gutes Beispiel. Jeder Käufer bekommt bis zu 240.000 Euro vom Staat geschenkt. Das entspricht dem Gegenwert eines Einfamilienhauses. Das gilt aber nur für Dienstwagen? Der Maybach wird offensichtlich nur als Dienstwagen gefahren. Laut Kraftfahrtbundesamt gab es 2005 keinen einzigen, der privat genutzt wurde. Damals kamen rund 25 neue Exemplare auf die Straße. Der Mechanismus funktioniert aber auch für die breite Masse der dienstlich genutzten Personenwagen, die jährlich tausendfach zugelassen werden. Wenn Firmen solche Autos wollen, sollen sie sie kaufen, aber der Staat darf das nicht bezuschussen. Der angebliche Markterfolg der schweren und durstigen Personenwagen ist das Ergebnis unseres weltweit einzigartigen Fördersystems für Spritfresser.

„In Deutschland haben wir eine staatliche Fehlsteuerung hin zu übermotorisierten Fahrzeugen.“

Matthias Wissmann ist neuer Chef des VDA. Was erwarten Sie von ihm?

Wie funktioniert das genau?

Matthias Wissmann ist ein erfahrener Verkehrspolitiker, der es schaffen könnte, die Autovorstände auf einen anderen Kurs einzuschwören. Wir werden ihn an seinen Taten messen. Wesentlich ist, dass er der Autoindustrie wieder mehr Glaubwürdigkeit verleiht. Alle Zusagen, die diese Branche in den vergangenen Jahren gegeben hat, wurden nicht eingehalten. Das muss sich ändern.

Prozentual sind die Subventionen für gewerbliche Autonutzer natürlich gleich, egal ob einer eine sparsame A-

Ein Tempolimit kommt im Klimapaket der Regierung nicht vor. Wie sehen Sie das?

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Wenn man die Zwischenstände und das endgültige Klimapaket kennt, sieht man, wie die Autoindustrie sich in zentralen Punkten durchgesetzt hat. Umweltminister Gabriel sind am Tag vor der Klausur die letzten verbliebenen Zähne abgeschliffen worden. Er hat dafür gekämpft, die Steuerprivilegien für Dienstwagen zu reduzieren, aber selbst die Begrenzung der Absetzbarkeit von Betriebskosten hat er nicht durchgekriegt. Gerhard Schröder gab sich als „Kanzler aller Autos“. Wie sehen Sie Angela Merkel? Was Autos angeht: als „würdige“ Nachfolgerin. Sie verfügt über eine geschmeidigere Rhetorik, macht aber das Gleiche. Merkel ist Autokanzlerin, wie Schröder es war. Natürlich muss die Autoindustrie als Schlüsselbranche langfristig erfolgreich sein. Deshalb muss man sie zwingen, ihre Diesel so sauber zu machen, dass sie chinesische und amerikanische Abgasstandards einhalten. Sie muss dem Geschwindigkeitswahn abschwören und ihre Wagen leichter machen. Deshalb wären ein Tempolimit und die Beschneidung des Steuerprivilegs für Dienstwagen so wichtig. Wenn die Autoindustrie hustet, ist die deutsche Wirtschaft krank, heißt es. Empfiehlt es sich da nicht, vorsichtig mit Belastungen für die Branche umzugehen? In Deutschland haben wir keinen freien Markt für Autos, sondern eine staatliche Fehlsteuerung hin zu übermotorisierten Fahrzeugen. Wir sind nicht gegen alle Subventionen, aber sie müssen in Richtung Klimaschutz zeigen. Die Deutsche Umwelthilfe hat auch nichts gegen Nobelkarossen aus Stuttgart, aber sie müssen mit halbem Spritverbrauch auskommen. Selbst eine S-Klasse kann mit Hilfe der heutigen Technik einen Schadstoffausstoß von 160 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer einhalten. Das Interview erschien erstmals in der Stuttgarter Zeitung vom 3. 9. 2007. Die Fragen stellte Bärbel Krauß.

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VERKEHR

Kein Diesel ohne Filter In den 1980er Jahren bedrohte „saurer Regen“die Gesundheit der Menschen und den deutschen Wald. Er hatte seinen Ursprung vor allem in Kohlekraftwerken. Riesige Filter schufen Abhilfe. Heute gilt Feinstaub in den Ballungszonen Wissenschaftlern als „wichtigstes Problem der Luftverschmutzung.“ Ihm fallen viel mehr Menschen zum Opfer als Unfällen im Straßenverkehr.

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Jetzt nachrüsten! ■ Städte und Gemeinden, deren Ballungszentren in den vergangenen Kalen-

derjahren den von der EU vorgegebenen PM10-Immissionsgrenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft an 35 oder mehr Tagen überschritten haben, müssen einen Luftreinhalte- und Aktionsplan aufstellen. Darin müssen Maßnahmen zur Luftverbesserung konzipiert werden. Viele deutsche Städte entschieden sich für die Ausweisung so genannter Umweltzonen, in denen nur noch Pkw fahrberechtigt sind, die eine entsprechende Abgasstufe erreichen und über die zugehörige Plakette für die Windschutzscheibe verfügen. Als Besitzer eines älteren Diesels kann jedermann seine Bewegungsfreiheit in den Städten dadurch sichern, dass er den Wagen mit einem geprüften und steuerlich geförderten Dieselpartikelfilter (DPF) nachrüsten lässt. Die nachträglich eingebauten Filter sind allerdings in ihrer Wirksamkeit mit maximal 50 Prozent Partikelrückhaltung den in Neuwagen eingebauten (über 95 Prozent Rückhaltung) deutlich unterlegen. Wählen Sie also bei der Neuanschaffung eines Dieselfahrzeugs in jedem Fall ein Modell mit eingebautem Dieselrußfilter! Unsere Verbrauchertipps mit Beispielrechnungen, Infos über Gesundheitsaspekte sowie über mögliche Fahrverbote in innerstädtischen Umweltzonen finden Sie auch auf unserer Homepage www.duh.de Das Projekt „Öffentlichkeitskampagne zur Reduzierung des Eintrags gesundheitsgefährdender PM10-Feinstäube insbesondere aus Dieselmotoren“ wird finanziell vom Bundesumweltministerium und vom Umweltbundesamt gefördert.

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as Feinstaub-Problem belastet vor allem die Menschen entlang den Hauptverkehrsadern unserer Städte. Hier stammt ein großer Teil der winzig kleinen Teilchen mit einem Durchmesser von 10 Mikrometern und darunter – genannt PM10 (Particulate Matter) – aus den Auspuffrohren von Dieselfahrzeugen. Teilchen aus Reifen- und Bremsenabrieb und aus dem Straßenbelag spielen ebenfalls eine, wenn auch geringere Rolle. Belastungen aus Industriebetrieben, Kraftwerken, Hausbrand und natürlichen Quellen komplettieren den gefährlichen Cocktail. Feinstaub ist für die menschliche Gesundheit so gefährlich, weil seine kleinsten Fraktionen tief in die Lunge und sogar in die Lungenbläschen und damit ins Blut eindringen können. Fachleute sprechen von „inhalierbarem Schwebstaub“. Er verstärkt asthmatische Leiden und Allergiesymptome, führt zu Atemwegs- und tödlichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und löst schließlich auch Lungenkrebs aus.

Erfolgreiche Kampagne Die Deutsche Umwelthilfe hat deshalb vor fünf Jahren – damals war das Problem in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt – ihre Informationskampagne „Kein Diesel ohne Filter“ gestartet. Im Bündnis mit Verkehrs- und Automobilclubs, Gesundheitsexperten, Umweltbundesamt und dem Kinderschutzbund ging es darum, die Blockade der deutschen Autohersteller gegen eine flächendeckende Einführung von Dieselpartikelfiltern zu überwinden und die steuerliche Förderung insbesondere von Nachrüstfiltern für Millionen alte Diesel-

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VERKEHR stinker durchzusetzen. Inzwischen sind fast alle Neu-Pkw serienmäßig mit hoch wirksamen Filtern ausgestattet, die Förderung von Nachrüstfiltern läuft – wenn auch nicht ohne Hindernisse – an.

Umrüsten und weniger Sprit verbrauchen

Ein ungelöstes Problem bilden nach wie vor dieselgetriebene Nutzfahrzeuge, die ebenfalls massiv zum Feinstaub-Dilemma beitragen. Deshalb fordert die DUH auch eine steuerliche Förderung für die kostenintensivere, aber sehr wirksame Nachrüstung von leichten und schweren Nutzfahrzeugen. Außerdem fordert die DUH die kommunalen Entscheidungsträger auf, sich in ihren Kommunen für rußfreie Busse stark zu machen. Die Bahn soll endlich Filter in ihren Dieselloks einsetzen.

■ Die Verminderung des Spritver-

brauchs und des CO2-Ausstoßes von PKWs ist deutlich billiger als von Fahrzeugherstellern behauptet wird. Dies geht aus Angaben des Umweltbundesamtes (UBA) hervor. Laut UBA kann man den Verbrauch unter anderem mit Leichtlaufreifen, Gewichtsreduktion und einer verbesserten Getrieberegelung senken. Auch beim Nachkauf von Reifen sollten effiziente Modelle verstärkt zum Einsatz kommen. Entschiedenes Nachfragen beim Händler lohnt sich durchaus: je nach Anwendung können im PKW-Bereich Energieeinsparungen von bis zu 5 Prozent erzielt werden, im LKWBereich bis zu 12 Prozent. So kann sich der höhere Kaufpreis je nach Fahrleistung schon im ersten Jahr amortisieren.

Recht auf saubere Luft Darüber hinaus unterstützt die DUH seit mehr als zwei Jahren in Berlin und München juristisch und finanziell Musterklagen von Bürgern, die regelmäßig von Feinstaub Grenzwertüberschreitungen betroffen sind. Die bisherigen Gerichtsinstanzen machten deutlich, dass die Bürger auf Grundlage der schon in den 1990er Jahren erlassenen EU-Luftreinhalterichtlinie, die nach ihrer Umsetzung in deutsches Recht seit Anfang 2005 verbindliche Feinstaubgrenzwerte vorschreibt, ein gerichtlich einklagbares „Recht auf saubere Luft“ haben.

Gefährlicher als die sichbaren sind die unsichtbaren Partikel.

Besonders die Anwohner viel befahrener Straßen sind durch Feinstaub-Emissionen gesundheitlich gefährdet.

Konstruktive Maßnahmen im Fahrzeug zur Verbesserung der Effizienz erhöhen die Produktionskosten um maximal 250 Euro je Fahrzeug. Dadurch können rund 20 Prozent Kraftstoff gespart werden. Die Ersparnis beim Tanken liegt also ein Vielfaches über den Mehrkosten bei der Herstellung. Bei Diesel-PKW mit einem Hubraum unter 1,4 Liter kostet der konstruktive Aufwand nur 160 Euro. Rechnet man mit den gegenwärtigen Kraftstoffpreisen, der durchschnittlichen Fahrleistung und einer Fahrzeuglebensdauer von zwölf Jahren, so spart man Sprit für 1.350 Euro. Bei größeren Fahrzeugen kann die Ersparnis bis zu 4.606 Euro ausmachen. Zudem sinkt der Ausstoß von Kohlendioxid um 25 bis 43 Gramm je Kilometer.

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VERKEHR

Bürgermeister auf CO2-Sparkurs Die DUH nimmt die Fuhrparks der Kommunen unter die Lupe. Knapp 6000 Städte und Gemeinden Deutschlands haben im Hinblick auf ihren PKW-Fuhrpark nicht nur die Eindämmung der Kosten, sondern auch die Senkung von CO2- Emissionen auf ihre Agenda gesetzt.

Drei Monate nach dem Versand von

5846 Briefen zum Thema „klimafreundlicher kommunaler Fuhrpark“ an die Bürgermeister aller deutschen Kommunen und Städte zeigt die Kampagne der DUH die ersten positiven Ergebnisse. Die meisten Kommunen reagieren zustimmend auf die Forderung, Klimaschutzziele einzuhalten, verbindliche Grenzwerte festzusetzen und über kommunale Entscheidungen einen öffentlichen Druck auf die Automobilhersteller zu erzeugen.

Positive Resonanz auf Briefaktion der DUH Die DUH forderte alle Kommunen auf, beim Kauf oder Leasing von neuen PKW für ihren kommunalen Fuhrpark nur noch Modelle zu wählen, die den Grenzwert von 140g CO2/km 2008 einhalten. Bis zum Jahr 2012 soll dieser Wert auf 120 g/km reduziert werden. Die DUH empfiehlt den Bürgermeistern, einen entsprechenden Gemeindratsbeschluss herbeizuführen und diesen ihren Autohäusern zukommen zu lassen. In den etwa 400 Rückschriften begrüßen die meisten Kommunen nicht nur die Initiative der DUH, sondern schildern detailliert ihr eigenes Engagement in Sachen Klimaschutz. Von mehr als 20 Städten und Gemeinden liegt uns bereits der verabschiedete Beschluss vor. Darunter sind Städte wie Bonn und Passau, deren Beschlüsse sogar über die DUH-Anregung hinausgehen.

Grenzwert von 120 g jetzt schon erreicht Spitzenreiter unter den Städten ist in der Fuhrparkbilanz die nordrhein-westfälische Stadt Wuppertal. Die Kommune setzt 115 Fahrzeuge ein, die durchschnittlich 115 g CO2/km ausstoßen. Der Grund: Alle Fahrzeuge werden geleast und dabei unter dem Gesichtspunkt

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Zahlreiche Kommunen setzen auf klimaschonendere Treibstoffe.

geringer CO2- und Feinstaubemissionen ausgewählt. „Wir reden hier logischerweise fast ausschließlich von Kleinstwagen oder Autos der unteren Mittelklasse“, erklärt eine Mitarbeiterin der Verwaltung. Die treibende Kraft für den Klimaschutz ist seit 2001 der Umweltausschuss der Stadt, in dem auch zwei Berater aus dem Wuppertal Institut sitzen. Den klimafreundlichsten Fuhrpark unter den Kommunen bis 100.000 Einwohnern ermittelten wir bisher in der 25.000 Einwohner starken Gemeinde Blankenfelde-Mahlow in Brandenburg, die mit acht PKW einen Durchschnittswert von 119 g/km erreicht und gleichermaßen einen Ratsbeschluss fasste. Als Grund für die heute überdurchschnittlich guten CO2-Werte gibt die Fuhrparkleiterin eine Überprüfung des Flottenbestands vor zwei Jahren an. Der Schock über die veralteten Fahrzeuge mit hohen Unterhaltskosten und hohen Emissionswerten veranlasste die Ge-

meinde damals auf Leasing-Fahrzeuge umzustellen. „Auf jeden Fall sind wir auf dem richtigen Weg über öffentlichen Druck, die Autoindustrie zum Umdenken zu bewegen.“ resümiert DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch die positive Resonanz der Kommunen.

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KREISLAUFWIRTSCHAFT

Kontrollbesuche weiterhin nötig Baumärkte informieren schlechter als noch vor einem Jahr über die Rückgabe leerer PU-Schaumdosen. vor einem Jahr über die Rücknahme oder andere Entsorgungsmöglichkeiten. Bei den diesjährigen Besuchen klärten lediglich 15 der 30 in Süddeutschland besuchten Märkte ihre Kunden hinreichend über die sachgerechte Entsorgung der schadstoffhaltigen Dosen auf. Im Raum Berlin fanden sich zwar in den meisten Märkten entsprechende Hinweise, häufig jedoch nur in Gestalt unauffälliger „Zettel“.

Lidl verspricht Besserung

PU-Schaumdosen auf dem Weg zum fachgerechten Recycling.

Auch der Discounter Lidl bot in diesem Sommer mehrfach PU-Schaum an, ohne seine Kunden auf die getrennte Sammlung hinzuweisen. Die DUH hat

Lidl daraufhin aufgefordert, sich an die gesetzlichen Bestimmungen zu halten und für eine entsprechende Information der Käufer zu sorgen. Um es dem Handel so leicht wie möglich zu machen, stellt die DUH auf ihrer Internetseite eine Druckvorlage für ein entsprechendes Informationsschild zur Verfügung, das alle Verkaufsstellen kostenfrei nutzen können. Mittlerweile werden auch die Lidl-Kunden in den Filialen, in denen PU-Schaum verkauft wird, mit dem DUH-Infoschild auf die notwendige getrennte Sammlung hingewiesen. Gleichzeitig hat Lidl angekündigt, die leeren PU-Schaumdosen kundenfreundlich zurück zu nehmen.

Wer im Baumarkt zur Dose mit Mon-

tageschaum (= PU-Schaum) greift, sollte eigentlich gut sichtbar darauf hingewiesen werden, dass die Dosen nach dem Gebrauch nicht in der Hausmülltonne oder im Gelben Sack landen dürfen. Denn „leere“ PU-Schaumdosen enthalten gesundheitsschädliche Reststoffe. Sie gelten daher als Verpackungen schadstoffhaltiger Füllgüter und müssen bei der örtlichen Schadstoffsammlung oder – wenn möglich – wieder bei der Verkaufsstelle abgegeben werden.

Klimaschutz für alle machbar

Der entsprechende Hinweis am Regal soll für eine getrennte Sammlung der Dosen sorgen und so den Hausmüll vor vermeidbaren Schadstoffen bewahren – so schreibt es die Verpackungsverordnung verbindlich vor.

Oft nur Zettel statt klarer Hinweise Die DUH hat auch in diesem Jahr wieder Testbesuche durchgeführt, um zu überprüfen, ob ausreichend über die Rückgabe- und Entsorgungsmöglichkeiten der leeren Dosen informiert wird. Die aktuellen Ergebnisse sind jedoch ernüchternd: Die Baumärkte in Deutschland unterrichten ihre Kunden heute wesentlich schlechter als noch

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■ Großer Andrang bei der gemeinsamen Klimaschutzaktion von DUH und Umweltministerium zum Tag der offenen Tür der Bundesregierung: Am 26. August konnten dank der großzügigen Unterstützung der Firma Megaman 1.000 Besucher am DUH-Stand ihre alte Stromfresser-Glühbirne gegen eine neue, hochmoderne Energiesparlampe tauschen.

Mit der kleinen Tauschaktion entlasten die Besucher nicht nur ihren Geldbeutel um bis zu 88 Euro, sondern auch die Atmosphäre um über 300 kg CO2. Diese Werte kommen bei einer Lebensdauer der Energiesparlampe von 10.000 Stunden zusammen. Also: ein ebenso einfacher wie effektiver Beitrag zum Klimaschutz.

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HAND IN HAND-FONDS

Growth Project in Kenia – Hilfe zur Selbsthilfe Im Jahr 2006 wurde in Kenia, im Nyandurua Bezirk, das „Aid for Tree Nursery Project – Hilfe für ein Baumschulen-Projekt“ mit Mitteln aus dem HAND IN HAND-Fonds ermöglicht. Es handelt sich hier um ein soziales Projekt der kenianischen Hilfsorganisation Growth Project, das durch die Einrichtung von Baumschulen Frauen aus der Armut hilft. women group“ gründlich auf das Baumschulprojekt vor. Dabei wurden traditionelle Techniken in die Schulungen integriert, die es den Einheimischen ermöglichen, sich aktiv an den Baumpflanzaktionen zu beteiligen. Ein wichtiges Ziel der Schulung: in angemessenem Zeitrahmen soll eine wirtschaftliche Verbesserung der eigenen Lebensumstände für die Teilnehmerinnen erkennbar werden.

Frauen der „Mwihoko women group“ bei einem Seminar über die Anlage von Baumschulen und Pflanzmethoden

D ie für das Projekt ausgewählte Re-

gion leidet nach Abholzungen durch die fortgeschrittene Austrocknung des Bodens und die Bodenerosion. Gelegentliche Nachtfröste und starke Winde verschlimmern die Situation, es fehlt an Feuerholz für die Menschen.

den Bodenerosions- und Windschutz. Die Organisatoren hoffen, durch das Bepflanzen von Fluss- und Bachufern und die Aufforstung bestehender Waldgebiete eine Verbesserung des Grundwasserpegels und des gesamten Ökosystems bewirken zu können.

Gezielte Neuanpflanzungen von Setzlingen der beliebtesten Bäume der Region leisten einen wichtigen Beitrag für

Zunächst bereiteten Mitarbeiter von Growth Project die Frauen der „Mwihoko women group“ und der „Kanini

Der HAND IN HAND-Fonds fördert soziale und ökologische Projekte überwiegend in den Herkunftsländern, aus denen die Rapunzel Naturkost AG ihre Rohprodukte bezieht. Die Schwerpunkte liegen in Mittel- und Südamerika, aber auch Projekte in Asien und Afrika werden gefördert. Der Fonds wird von der Deutschen Umwelthilfe verwaltet. Ein Gremium von Fachleuten der Rapunzel Naturkost AG und der Deutschen Umwelthilfe trifft die Auswahl der zu fördernden Projekte.

In der Nähe von zwei Farmen konnten dann ab Juli 2006 ausgewählte Parzellen von je 25 Quadratmetern für die Baumschulbeete vorbereitet werden. Da zu wenig fruchtbare Erde vorhanden war, musste organischer Dünger zugesetzt werden. Die Bearbeitung des Bodens erfolgte durch die dort üblichen Werkzeuge. Auch wurden die Gruppen ermutigt, einfache vorhandene Materialien wie Schnittreste oder Pflanzenstängel zum Bau von Beeten und Pflanzkästen zu nutzen. Pro Parzelle können jährlich 10.000 Baumsetzlinge gezogen werden. Die Frauen verkaufen die Setzlinge, wodurch sie weitere Baumanpflanzungen in der Region anstoßen und durch den Erlös die Armut ihrer Familien lindern können. Baumsetzlinge

HAND IN HAND-Partner garantieren die Einhaltung internationaler Bio-Richtlinien und gemäß Fair Trade-Kriterien die soziale Absicherung und menschenwürdige Arbeitsbedingungen ihrer Mitarbeiter. Die kenianische Hilfsorganisation Growth Project wurde für das „Aid for Tree Nursery Project“ aus Mitteln des HAND IN HAND-Fonds 2005 unterstützt.

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DUH INTERN

Wechsel auf Zeit:

Maria Elander kommt, Eva Leonhardt pausiert management und Umweltpolitik an der Universität Lund studiert. Seit längerem ist sie auch in Deutschland zuhause. Ihre letzte berufliche Station war der NABU e.V., wo sie als Referentin für Umweltpolitik und Nachhaltigkeit verantwortlich war.

Unsere neue Fachfrau für Kreislaufwirtschaft heißt Maria Elander. ■ Maria Elander übernahm zum 1. Sep-

tember 2007 kommissarisch die Leitung des Bereichs Kreislaufwirtschaft. Eva Leonhardt, Inhaberin dieser Position, nimmt eine zwölfmonatige Auszeit. Maria Elander hat in ihrer Heimat Schweden Technische Physik sowie Umwelt-

Maria Elander bestens vertraut. Die DUH wird auch von ihrer Erfahrung in der Entwicklung von Aktionen und Kampagnen profitieren. Wir begrüßen Maria Elander sehr herzlich im Team und wünschen ihr für ihre Arbeit bei der DUH viel Erfolg.

Für das Umweltbundesamt in Dessau hatte sie zuvor Koordinationsaufgaben im europäischen Informationsaustausch zwischen Mitgliedsstaaten, Industrie und Umweltverbänden über moderne Techniken für große Industrieanlagen wahrgenommen. Unter anderem war sie zeitweilig für die Deutsche Bahn AG, das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung und die Generaldirektion Umwelt bei der Europäischen Kommission tätig. Mit den politischen Rahmenbedingungen für Verpackungen, Abfalltransporte, Elektro-Altgeräte und Ökodesign ist

Eva Leonhardt verlässt ihren Arbeitsplatz in der Berliner DUHGeschäftsstelle für ein Jahr.

„Herber Verlust und Anerkennung für die DUH“:

Cornelia Ziehm jetzt Staatsrätin in Bremen den rot-grünen Senat berufen. Die DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake und Jürgen Resch dankten Cornelia („Conni“) Ziehm für „zwei Jahre hervorragende praktische und konzeptionelle Arbeit“.

Die Juristin Dr. Cornelia Ziehm baute unsere Abteilung Recht und Verbraucherschutz auf. ■ Die bisherige Leiterin Verbraucher-

schutz und Recht der Deutschen Umwelthilfe wurde vom neuen Bremer Umweltsenator Reinhard Loske (Bündnis 90/Die Grünen) zur Staatsrätin für Umwelt und Europaangelegenheiten in

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Nach der Anerkennung der DUH als Verbraucherschutzverband im Herbst 2004, hatte Ziehm den Aufbau der neuen Abteilung Verbraucherschutz und Recht vorangetrieben. Mit ihren juristischen Beiträgen etwa zum Thema Föderalismusreform hat sie das Profil der DUH in der Hauptstadt maßgeblich geschärft. Auch an der Auseinandersetzung um die schließlich von der DUH erzwungene Veröffentlichung der Schwachstellenliste des Atomkraftwerks Brunsbüttel war sie maßgeblich beteiligt.

„Die Wahl von Frau Ziehm in den Bremer Senat ist ein herber Verlust für die DUH. Wir sehen die ´freundliche Übernahme´ auch als Anerkennung der immer stärker wahrgenommenen Arbeit der DUH. Wir sind sicher, dass Frau Ziehm den ökologischen Idealen verbunden bleiben wird, die sie auch bei der DUH verkörpert hat“, erklärten die DUH-Bundesgeschäftsführer. Cornelia Ziehm war im Sommer 2005 nach einem Engagement beim Sachverständigenrat für Umweltfragen der Bundesregierung (SRU) zur DUH gekommen. Zuvor hatte sie in einer Hamburger Anwaltskanzlei mit den Schwerpunkten Umwelt-, Bau- und Planungsrecht gearbeitet und über europäisches und nationales Gewässerschutzrecht promoviert.

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MENSCHEN FÜR NATUR

Friedwald – Bestattung in der Natur Immer mehr Menschen in Deutschland wollen lieber in der Natur als auf dem Friedhof bestattet werden. Das hat sicher praktische Gründe. Denn bei der Naturbestattung wird Grabpflege überflüssig. Aber vielen ist auch die zeitliche Beschränkung eines Grabes auf modernen Friedhöfen unangenehm. Und nicht zuletzt: wer anstrebt, im Einklang mit der Natur zu leben, wird auch seine letzte Ruhestätte lieber in der Natur suchen. Doch in Deutschland ist das nicht ganz einfach.

■ Der Schweizer Ueli Sauter gilt als geistiger Vater der Idee des Friedwaldes. DUH-Mitarbeiterin Annette Bernauer besuchte mit ihm einen Friedwald in Ermatingen auf der schweizerischen Seite des Bodensees.

ihrem Leben zu tun haben. Ein schöner Platz in der Natur ist manchem angenehmer. Was verbinden Sie persönlich mit Friedhöfen? Fühlen Sie eine besondere Verbundenheit mit dem Wald?

Herr Sauter, wir sind in einem scheinbar ganz normalen Wald unterwegs. Was ist das Besondere an einem „Friedwald“? Die Idee des Friedwalds ist, dass die Totenasche an den Baumwurzeln beigesetzt wird und als letzter sterblicher Überrest in den Kreislauf der Natur eingeht. Der Baum wird somit zum Grabmal, die Grabpflege übernimmt die Natur. Friedhöfe sind für viele Menschen eher unangenehme Orte, die nichts mit

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Ich war schon als Bub viel auf Friedhöfen unterwegs. Mein Vater handelte mit Grabsteinen und ich habe ihm oft geholfen. Der Wald war mein Spielplatz in wilden Kinderjahren.

Ueli Sauters Idee der Friedwälder findet immer mehr Anhänger.

Das Unternehmen Friedwald bietet zwischenzeitlich 61 Bestattungsorte in der Schweiz an, und auch in Deutschland gibt es eine Friedwald GmbH. Wie sind Sie zum Bestattungswesen gekommen?

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MENSCHEN FÜR NATUR Auslöser war für mich 1993 der Tod eines guten Freundes aus London, der einfach wünschte, dass seine Asche in Schweizer Erde ruht. Diesen Wunsch erfüllte ich ihm und ich pflanzte einen jungen Baum darüber. So wurde der aufwachsende Baum zur lebendigen Erinnerung an ihn. Daraus entstand der Gedanke, das auch anderen zu ermöglichen. In Deutschland ist das Bestattungswesen streng reglementiert. Angehörige bekommen die Asche nicht einmal in die Hand – es herrscht Friedhofszwang. Sie haben mit Ihrer Idee einiges in Gang gesetzt.

Gibt es Konflikte mit dem Naturschutz bei dieser Art der Waldnutzung? Ganz im Gegenteil. Im Saarland gibt es einen Friedwald, den wir zusammen mit der Forstverwaltung und dem Naturschutzbund realisiert haben. Hier entwickelt sich aus einem früheren Wirtschaftswald nun ungestört ein Urwald. Es entsteht auch kaum Besucherdruck, da sich oft Menschen für diese Art der Bestattung entscheiden, die keine Angehörigen für die Grabpflege haben. Auf Wunsch kann in deutschen Friedwäldern eine Plakette angebracht werden, die den Baum zu einer individuellen Gedenkstätte macht.

Das ist richtig. Die gesetzlichen Grundlagen sind in der Schweiz anders, viel liberaler. Hier im grenznahen Bereich profitieren viele Deutsche davon – sie machen fast die Hälfte der Kundschaft aus. Bei euch in Deutschland ist selbst im Tod alles geregelt und das Sterben ist eine teure Sache. In der Schweiz kommt die Gemeinde für die Kosten auf. Angehörige dürfen die sterblichen Überreste in Empfang nehmen und selbst für eine angemessene Beisetzung Sorge tragen. Aber auch eine Friedwaldbestattung gibt es nicht gratis. Wo liegen die Vorteile? Ein ausgewählter Baum kostet in der Regel 5.000 Schweizer Franken (in Deutschland ab 3.350 Euro). An ihm können beliebig viele Familienmitglieder bestattet werden. Diese Art der Grabstätte ist bis zu 99 Jahre über eine Dienstbarkeit im Grundbuch garantiert. Eine Aufhebung des Grabes nach 25 Jahren, wie auf Friedhöfen üblich, gibt es nicht.

Denken Sie, dass herkömmliche Friedhöfe „aussterben“ werden?

■ Laut einer Infratest-Umfrage (2007) können sich 16 Prozent der deutschen Bevölkerung eine moderne Bestattung, vor allem eine Baumbestattung, vorstellen. Die besonderen Beisetzungswünsche von verstorbenen Prominenten wie dem Showmaster Rudi Carell oder der Schauspielerin Elisabeth Volkmann verbreiten die Idee der Naturbestattungen.

Erkennbar ist zumindest, dass immer mehr Menschen sich einäschern lassen. Dem tragen die Friedhöfe zunehmend mit anonymen Gräberfeldern Rechnung. Es wird in Deutschland trotz mancher Widerstände immer mehr Friedwälder geben, weil es einfach so gewünscht wird. Trotzdem wird es immer Leute geben, denen die herkömmliche Bestattung in der Nähe ihrer Lebensgemeinschaft sympathischer ist.

Wie wählen Sie die Friedwälder aus? Früher bin ich umhergegangen, habe Plätze gesucht und mit den Besitzern gesprochen. Heute kommen Waldbesitzer und Forstleute auf uns zu. Junge Bäume werden mit einer kleinen Plakette markiert und kartografiert, damit sie identifiziert werden können für den Nutzer der Grabstätte. Es sind in der Regel Mischwälder, wenn möglich natürlich in schöner Aussichtslage wie hier in Ermatingen.

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Sturm Lothar und Kyrill haben erhebliche Schäden in den Wäldern angerichtet und Meteorologen sagen, dass wir häufiger mit Unwettern rechnen müssen. Was passiert wenn ein GrabmalBaum beschädigt wird? Wenn dies in den ersten 25 Jahren nach Kauf geschieht, kann ein neuer Baum gepflanzt werden. Um den Ort des Gedenkens kann ersatzweise auch ein anderer Baum ausgewählt werden, wenn er noch nicht „besetzt“ ist.

Förster wählen die Bäume aus, die als Grabmal 99 Jahre vor Holzschlag geschützt sind.

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Spuren Ihres Lebens Mit einem Legat für die Natur in Ihrem Testament setzen Sie Ihrem Leben ein Denkmal. Ihr Vermächtnis hilft der Deutschen Umwelthilfe, für den Schutz und die Erhaltung natürlicher Lebensgrundlagen tätig zu sein.

Informationen zum Thema Legat für die Natur und Testamentsgestaltung finden Sie in unserer 16-seitigen Broschüre, die Sie kostenlos erhalten. Name Straße PLZ, Ort Telefon

Geb. Datum 3/2007

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Ihre Ansprechpartnerin: Annette Bernauer Tel. 07732-9995-60 E-Mail: bernauer@duh.de

Deutsche Umwelthilfe Fritz-Reichle-Ring 4 78315 Radolfzell DUH welt 3/2007 Fax: 07732-9995-77


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