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Don’t forget the basics
Do not forget the Basics
Vorwärts-Starten ist manchmal die sicherste Art, in die Luft zu kommen.
TEXT: PETER GEG
Ich kann nicht mehr vorwärts starten,
denn ich habe das seit Jahren nicht mehr gemacht!“
Diesen Satz hört man neuerdings immer öfters an Startplätzen. Die betreffenden Piloten sollten sich am besten gleich selbst die passende Antwort geben: „Wirklich? Du gestehst dir also ein, in einem elementaren Punkt der Gleitschirmbeherrschung schlechter dazustehen als ein talentierter Anfänger nach seinem ersten
Kurstag!“
In diesem Fall lohnt es sich ernsthaft zu überdenken, dass in bestimmten Startsituationen der Start mit Vorwärts-Aufziehen, die bessere – manchmal sogar die einzig sichere – Methode ist, in die Luft zu kommen. Zum Beispiel an folgenden Situationen am Startplatz:
• Ein guter Startplatz und leichter Rückenwind, wie z.B. gewalzte Flächen im Winter • Windstille oder nur minimaler Gegenwind in mittelschwerem Startgelände, dazu evtl. noch etwas Neuschnee • Windstille oder nur minimaler Gegenwind bei Tandemstarts • Sehr kurze Startstrecke in extremem
Startgelände und zu wenig Wind, um die Kappe im Stand rückwärts aufzuziehen und die Ausdreh- und Kontrollphase komplett im Stand sauber ausführen zu können. • Start aus enger Schneise, so dass schon ein geringes seitliches Abweichen der idealen Startrichtung eine mehr oder weniger starke Hindernisberührung zur
Folge hat. Falsch herum Ausdrehen, rückwärts Stolpern, zu wenig Tempo in der Aufziehphase oder die Leinen nicht auf Knoten kontrolliert sind die üblichen Ursachen für die misslungenen, rückwärts aufgezogenen Starts bei wenig Gegenwind.
Somit gilt für jeden Gleitschirmpiloten an dem Thema dran zu bleiben und den normalen Startvorgang, die grundlegende Basis, nicht zu verlernen, bevor sich schlechte Angewohnheiten breit machen. Selbstverständlich sind auch die Analyse und die Tipps eines guten Fluglehrers sehr hilfreich, wenn deutliche Defizite vorliegen oder ein Gleitschirmmodell mit anderem Startverhalten – als der bisher gewohnte – erworben wurde.
↓ Beim Vorwärts-Start ist akkurates Leinensortieren sehr wichtig.
Dies sind die 4 elementaren Punkte für einen guten Vorwärtsstart:
• Die Fähigkeit, Leinen systematisch und vollständig zu sortieren.
• Sich zu trauen, sich mit Autorität und Druck auf die Hauptkarabiner gegen den Bauchgurt am Gurtzeug zu lehnen und die Arme zu Beginn der Aufziehphase nur sehr sparsam einzusetzen.
• Ein Gefühl zu entwickeln, für die vertikale und seitliche Position der
Kappe während der kompletten
Füll- und Kontrollphase. *
• Die Fähigkeit, nach der Füllphase über die Steuerleinen mit leicht dosierter Spannung den Kontakt zum Schirm herzustellen. Wie mal gelernt, die Aufzieh- und Kontrollphase gedanklich von der anschließenden Beschleunigungs- und Abhebephase trennen. Das gilt auch fürs Lauftempo! Zuerst mit Autorität, aber ruhig anlaufen, nun dem Schirm etwas Zeit lassen, über den Piloten zu kommen und dann erst „crescendo“ das Tempo erhöhen, mit immer länger werdenden Schritten Gas geben bis zum Abheben. Das war schon alles! …Der Rest des Startvorgangs ist einfacher als beim Rückwärtsaufziehen – vorausgesetzt, man hat keinen uralten – oder fehlkonstruierten Gleitschirm der deutlich „hinten hängen bleibt“ beim Startvorgang. Dann am besten schnell weg mit der Mülltüte. Es macht so viel mehr
PETER GEG
Spaß, wenn man sich auf ein einfaches Füllverhalten verlassen kann und der Schirm früh und verlässlich Auftrieb erzeugt. Wenn das Gerät einfach zu starten ist, wird der Pilot automatisch selbstsicherer und dadurch auch besser. Der Gewinn an Sicherheit potenziert sich.
*Punkt 3 erlernt und automatisiert man sehr gut, indem man beim Groundhandling-Training mit Wind versucht, den Schirm vorwärts ausgedreht senkrecht über sich zu halten, ohne nach oben zu schauen. Dabei sollte man die nötigen Steuerkorrekturen und das ausgleichende Unterlaufen nur erspüren ohne visuelle Hilfe. Je öfter man übt, desto schneller und feiner werden die Korrekturen werden, in Perfektion dann fast nicht mehr als solche sichtbar. Wer dies minutenlang beherrscht, hat beste Voraussetzungen für eine stabile, sichere Starttechnik. BASICS sollte man immer als wichtig erachten. Egal ob es die Grundtechnik bei Sportarten, die Grundlagen bei Musiktakten, die Grundrechenarten in Mathe oder die Grundrechte in einer Demokratie sind – ohne ein stabiles Fundament kann keine gute Technik, keine Klasseleistung und keine Eleganz entstehen.
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Vorwärts versus Rückwärts
Bei ausreichend Gegenwind (ab ca. 1015 km/h) ist das Rückwärtsaufziehen dann selbstverständlich die beste und eleganteste Methode zu starten. Diese Startart sollte man allerdings auch richtig erlernen. Welche Methode genau, ist nicht entscheidend. Ich behaupte, es gibt mehrere Methoden, die für unterschiedliche Windstärken und unterschiedliche Gerätetypen jeweils am besten geeignet sind. Hauptsache ist, dass man die ausgewählte Methode bei seinem Gerät beherrscht, wenn es darauf ankommt. Ich habe jedoch schon zu viele vermurkste Rückwärtsstarts gesehen. Diese mit teilweise erheblichem Gefahrenpotential und auch Unfällen. Zu beobachten war dies insbesondere bei Bedingungen, bei denen ein Vorwärtsstart vermutlich sinnvoller gewesen wäre in Anbetracht der geringen Rückwärts-Startroutine des Piloten. Es macht keinen Sinn, dass ein fortgeschrittener GS Pilot bei guten Bedingungen (minimaler Gegenwind), in denen jeder Flugschüler problemlos startet, sich nicht traut, normal vorwärts zu starten, weil er es jahrelang nicht gemacht hat. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. Natürlich gibt es einige Ausnahme-Könner, die auch in einer engen Schneise oder bei Windstille ihren modernen Schirm souverän rückwärts aufziehen und mit fließender Drehung und anschließendem dynamischen Beschleunigen sauber hinausstarten. Diese Souveränität lässt sich aber nur mit langjährigem und fleißigem Üben und, wie immer, auch etwas Talent erlangen.
↑ Am Übungshang lässt sich die Starttechnik auffrischen.
DER AUTOR
BERND HÖLLER
Peter Geg ist Geschäftsführer und Ausbildungsleiter der OASE Flugschule GmbH, DHV Fluglehrer und Performancetrainer, staatl. geprüfter Berg- und Skiführer, ehem. Mitglied der deutschen Gleitschirm-Nationalmannschaft, leidenschaftlicher Hike+Fly Pilot, Alpinist und Wintersportler.
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