22. Jahrgang · Winter 2013/14 · 5,– E
Das Magazin aus Bremen
Winterwelt
Radio Bremen
Himmlisch
Begegnungen mit der Lebensader Weser
Die Rundfunkanstalt der Superlativen
Leben und lernen im Bremer Harfen-Internat
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Editorial
Liebe Leserin, lieber Leser, ein Spaziergang an der winterlichen Weser, die Harfe als himmlisches Instrument, eine historische Commuter-Yacht, traditionell gerösteter Kaffee – das sind echte Klassiker. Klassiker, denen wir in Bremen nachgespürt haben, und die wir Ihnen in unserer Winterausgabe vorstellen möchten. Unser Anspruch daran, die Lektüre von BRILLANT mit bibliophiler Leidenschaft zu gestalten, ist ebenfalls klassisch. Seit jeher steht unser Magazin für Qualität. Sorgfalt ist das oberste Gebot - von der Idee über die Redaktion bis zum Druck. Von etablierten Redakteuren und Redakteurinnen anspruchsvoll formulierte Texte basieren auf aufwändiger Recherche. Zeit und Konzentration bilden zwei unverzichtbare Faktoren. Als weiteres Alleinstellungsmerkmal für BRILLANT gelten die brillanten Fotostrecken. Professionelle Fotografen durchstreifen zum Teil über ein Jahr im Voraus Bremen, um zu den geplanten Themen die zur Jahreszeit passenden Motive einzufangen. Nur so ist sichergestellt, dass zum Beispiel unser Spaziergang an der winterlichen Weser mit tief verschneiten Landschaften bebildert werden kann. All das bedarf der langfristigen Planung. Eine Herangehensweise, die in Zeiten von Internet und mobiler Kommunikation immer seltener und wertvoller wird. Doch BRILLANT ist es uns wert. Klassische Bremensien für anspruchsvolle Leser rechtfertigen diesen Aufwand. Damit Sie all diese hanseatische Klasse auch mobil genießen können, gibt es BRILLANT in Zukunft auch als Online-Ausgabe. Unter www.brilli-bremen.de können Sie jederzeit und an jedem Ort in der virtuellen Ausgabe blättern. Und wer noch mehr über die Klasse von BRILLANT erfahren möchte, der kann sich künftig bei wikipedia informieren. In Verbundenheit
Editorial
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I n h a l t Fotoquelle: Harfen-Internat Foto: Torsten Krüger Foto: Ulrich Leitner
Winterzauber an der Weser Seit jeher übt das Element Wasser eine ungebrochene Faszination aus. Es steht für Veränderung, Dynamik und Vielfalt. Als Fluss in Bewegung bietet auch die Weser in Bremen eine Vielzahl an Möglichkeiten. In den vergangenen zehn Jahren hat sie sich immer mehr geöffnet, haben die Bremer unterschiedlichste Wege gefunden, das Wasser in ihrer Mitte für sich zu nutzen. Zwischen dem Wehr und der Überseestadt gibt es inzwischen so viel zu entdecken und zu genießen, dass ein Spaziergang allein nicht ausreicht, um alles zu erfassen. Folgen Sie Brillant entlang der winterlichen Weser und genießen Sie faszinierende Fotografien und Eindrücke. Seite 4
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Welche Kapriolen das Wetter auch schlägt: Mit BRILLANT können Sie jederzeit die winterlichen Vorzüge Bremens genießen. Foto: Torsten Krüger
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Drei Jahre harte Arbeit hat die Harfensolistin Assia Cunego bereits in ihr Lebensprojekt gesteckt: die Errichtung und Gründung des – nach eigenen Angaben – weltweit einzigen Harfen-Internats. Ab 2014 können in dem ehemaligen Hotel „Weserhof“ in Sandstedt Kinder ab zehn Jahren sowie Studenten leben und lernen. Bei der Renovierung des alten Gebäudes hat die 1,60 Meter große Musikerin kräftig mit zugepackt. Maximal zehn Schüler kann das Internat aufnehmen. Ausgebildet werden Solisten, Kammermusiker, Orchestermusiker und Musikpädagogen. Im hauseigenen Konzertsaal zeigen die Harfenisten, welcher Zauber von ihrem himmlischen Instrument ausgeht. Seite 44
| Brillante Themen
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Das M
BRILLAN
Wenn die Schauspieler der Bremer Shakespeare Company auf der hauseigenen Bühne in die Welt ihres geistigen Dichter-Vaters eintauchen, tun sie das auf ihre ganz eigene Weise. Sie agieren in karger Kulisse, die Raum lässt für phantasievolle Interpretationen, schlüpfen in unterschiedliche Rollen und wechseln sogar das Geschlecht. Seit drei Jahrzehnten begeistert die Bremer Shakespeare Company das Publikum und bindet eine treue Fangemeinde. Auch wenn Stücke anderer Autoren das Programm bereichern, standen und stehen William Shakespeare als Hausautor und seine Bühnenpraxis ganz im Zentrum. Seite 40
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Immer wieder Shakespeare
Leben für das Harfen-Spiel
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4 Maritimer Zauber in der winterlichen Hansestadt 60 Nedeva: Luxusyacht gleitet durch Raum und Zeit 68 Bei Radio Bremen besinnt man sich auf seine Stärken
Dezember | Januar | Februar
Fotoquelle: Münchhausen Fotoquelle: Radio Bremen
Älteste Kaffeerösterei der Hansestadt
Fotoquelle: www.ppcharter.com
Bis über seinen 90. Geburtstag hinaus arbeitete der Gründer des Bremer Traditionsunternehmens Münchhausen an seinem Kaffeeröster. Mit 92 Jahren war August Münchhausen Deutschlands ältester Röstmeister. Noch heute sind seine Spezialitäten – wie die 1935 kreierte „Festtagsmischung“ – untrennbar mit Bremer Kaffeegenuss verbunden. Nach dem Tod des Gründers im Jahr 2003 übernahm Dr. Ilse Münchhausen-Prüße die Kaffeerösterei ihres Vaters. Mit Enkelin Natalie Prüße ist seit rund sieben Jahren die dritte Münchhausen-Generation im Geschäft aktiv. Noch heute atmet und spiegelt der alte Verkaufstresen im Kontor der Rösterei das Timbre der alten Zeit. Seite 52
Ein Traum in Holz und Chrom
Sendeanstalt mit starkem Charakter
Wer die „Nedeva“ chartert, kann teilhaben am „Golden Age of Yachting“. Als einen Traum in Holz und Chrom bezeichnet Georg Papp sein Schiff, das er 2010 aus dem amerikanischen Westport nach Bremen überführte. Zuvor war es sechs Jahre lang vergeblich zum Verkauf angeboten worden. Doch nur der Schiffseigner aus Bremen erkannte, welcher Schatz in der heruntergekommenen CommuterYacht verborgen war und verhalf ihr mit viel Engagement und Herzblut zu neuem Glanz. Am Anleger 3b der Bremer Schlachte wartet das im Stil der 20er und 30er Jahre prachtvoll restaurierte Schiff heute wieder auf Besucher. Seite 60
Seit ihrem Umzug gilt Radio Bremen als modernste Sendeanstalt Europas. Beim kleinsten der neun ARDSender konzentriert man sich erfolgreich auf die digitale Welt: Rundfunk, Fernsehen und die Online-Redaktion sind miteinander vernetzt, jede Abteilung hat Zugriff auf die Arbeiten der anderen. Das spart Aufwand und Personal. Noch mehr als früher ist Radio Bremen heute auf seine speziellen Stärken besonnen, die da heißen: Totale Kompetenz in der Regionalberichterstattung und digitales Medienlabor. Brillant traf die neue „buten un binnen“- Moderatorin Yvonne Ransbach und sprach mir ihr über Radio Bremen sowie ihre Wahlheimat Bremen. Seite 68
| Bremer Lebensart
| Bremer Kultur
| Rubriken
20 Gourmet: Kulinarische Landpartie
34 Theaterpremieren
1 Edtitorial
40 30 Jahre Bremer Shakespeare Company 44 Harfen-Internat: Wie eine musikalische Familie
– Der fliegende Holländer
80 Vorschau
– Ist Liebe nur Fiktion?
80 Impressum
– Unschuld – Singin´in the rain
52 Bremer Tradition: Kaffeerösterei Münchhausen
– Der Barbier von Sevilla
Rubrik
Maritimer Zauber in der winterlichen Hansestadt Von Maren Hustedt Fotos: Torsten Kr端ger
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Der stete Fluss der Weser hält Bremen in Bewegung
o wie die Hauptschlagader Blut durch unseren Körper pumpt, so pumpt die Weser Leben in die Bremer Hansestadt. Seit jeher übt das Element Wasser eine ungebrochene Faszination aus. Nicht nur in der Physik, sondern auch im Alltag steht es für Veränderung, Dynamik und Vielfalt. Als Fluss in Bewegung bietet auch die Weser in Bremen ein buntes Spektrum an Möglichkeiten. In den vergangenen zehn Jahren hat sie sich immer mehr geöffnet, haben die Bremer unter-
schiedlichste Wege gefunden, das Wasser in ihrer Mitte für sich zu nutzen. Zwischen dem Wehr und der Überseestadt gibt es inzwischen so viel zu entdecken und zu genießen, dass ein Spaziergang allein nicht ausreicht, um alles zu erfassen. Folgen Sie daher Brillant auf eine abwechslungsreiche Tour entlang des Weserufers, genießen Sie faszinierende Fotografien und Eindrücke und entscheiden Sie schließlich selbst, welcher Bereich Sie persönlich am meisten fasziniert.
Je nach Tidenstand überwinden die Schiffe mit Hilfe der Schleuse zwei bis sechs Meter Höhenunterschied.
Seit 1883 wird die Bremer Eiswette per Los entschieden. Freiwillig würde wohl niemand auf das Zufrieren der Weser setzen.
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Gewässer
Ein Gefühl für die Macht, mit welcher die Wassermassen nach Bremen einfließen, bekommt, wer die WehrAnlage in Bremen Hastedt betritt. Je nach Tidenstand liegen zwischen Ober- und Unterwasser der Weser zwei bis sechs Meter Höhenunterschied. Unter das Rauschen der Fluten, die sich durch fünf gewaltige Stauklappen kämpfen, mischt sich das tiefe Grummeln der KraftwerkTurbinen. An manchen Tagen spielt der Wind auf dem Sicherheitsgeländer dazu ein klagendes Lied. „Alles ist nur Übergang“, ist dazu passend am Eckpfeiler der Betriebsbrücke zu lesen. Über die Brücke hinweg können Besucher die gesamte Wehranlage bis hin zu den beiden Schleusen überqueren. Damit die Berufsschifffahrt auf der Bundeswasserstraße das Wehr jederzeit passieren kann, wurde für die Klein- und Sportschifffahrt eine zusätzliche Anlage gebaut. Während die Zeit beim Betrachten des Flusslaufs zu den eigenen Füßen stillzustehen scheint, ist es im Winter vor allem der schneidende Wind, der die Dauer eines Aufenthalts auf der Wehranlage bestimmt. Und so freuen sich nicht nur die abgekühlten Glied-
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Beschauliche Ruhe herrscht im Winter in den Kleingartenparzellen am Richard-Jürgens-Weg.
maße über einen strammen Marsch am Weserufer, sondern auch Augen und Ohren, denn der Osterdeich dient Alt und Jung als Erholungsmeile. Jogger, Radfahrer, Hundebesitzer und Spaziergänger jeden Alters teilen sich – wenn alles gut läuft – diesen Bereich des Weserufers in einträchtiger Harmonie. Auf den Wegen und Wiesen herrscht reges Treiben, ähnlich dem im Flussbett: Bewegung sorgt für Begegnung und diese für Veränderung, im besten Falle für Bereicherung. Dem Ufer in Richtung Stadion folgend – vorbei an unbelaubten Bäumen und einigen der Kälte trotzenden Anglern – durchquert der Wanderer nun die Kleingartenparzellen am Richard-Jürgens-Weg. Wo im Sommer Hobbygärtner, Naturfreunde und Familien mit ihren Kindern die Vorzüge der Natur genießen, herrscht im Winter beschauliche Ruhe. Hinter hohen, verschlossenen Toren ist es still. Gartenstühle sind zusammengeklappt unter Vordächern verstaut, und zwischen den abgeschnittenen Stauden ruht das abgefallene Laub. Mit oder ohne Schnee bietet sich hier eine wunderbare Gelegenheit, innezuhalten und den Gedanken ungestört freien Lauf zu lassen. Nach der geistigen folgt die körperliche Ertüchtigung und am Weserufer das erste Sportheim. Vom Haus der Bremer Turnvereinigung über das Heim der KanuSport-Freunde gipfelt der sowohl sportliche als auch architektonische Höhepunkt im Bremer Weser Stadion, dessen Flutlichtanlage sich – von weit her sichtbar - über
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Gewässer
die kahlen Wipfel der Bäume reckt. Je früher sich der Himmel an kurzen Wintertagen verdunkelt, desto eher wirkt das beleuchtete Stadion wie eine interstellare Raumstation, welche die Menschen aus allen Richtungen magisch anzieht. Wer hier ungestört spazieren will, der sollte außerhalb der Spielzeiten kommen, denn sonst findet er sich zwischen dichten Trauben von über 42000 wartenden und feiernden Fußballfans wieder. Um den Verkehrsbehinderungen, die aus der zentralen Lage des Werder-Stadions resultieren, entgegenzuwirken, werden an Spieltagen nicht nur Straßen gesperrt und Shuttlebusse eingesetzt, sondern wird auch ein in der Bundesliga einmaliger Weg beschritten: die Anreise über das Wasser. Und so befördert an Spieltagen ein Fährschiff im Pendelverkehr seefeste Fußballfans - von dem eigens erbauten Anleger aus - die Weser entlang bis zur Werder-Arena. Wer diesen geselligen Ort hinter sich lässt und am Weserufer entlang weiter Richtung Innenstadt spaziert, der trifft alsbald auf den nächsten – stark frequentierten – Anleger. Denn auch wer das Café Sand besuchen
Wer am Weser Stadion ungestört sein will, sollte außerhalb der Spielzeiten kommen. Auch im Winter ist das Café Sand nur mit der Sielwallfähre zu erreichen.
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möchte, muss sich auf dem Weg dorthin auf die Weser begeben. Die kleine Insel mit dem romantischen Strand, an dem sich im Sommer die Sonnenhungrigen treffen, ist auch im Winter nur mit der Sielwallfähre zu erreichen. Und auch wenn die Bremer Kaufmannschaft, ergänzt auf „700 Herren von Ruf und Rang“, in jedem Jahr erneut die berühmte Eiswette abschließt, so muss an dieser Stelle darauf verwiesen werden, dass diese seit 1883 per Losverfahren entschieden wird. Wer wetten muss, dass die Weser zufriert, steht von vornherein als Verlierer fest. Vorbei an dem idyllischen Ausflugsziel fällt der Blick nun über die Wilhelm-Kaisen-Brücke hinweg auf moderne Bürohäuser, in deren Fensterfronten sich die winterliche Sonne spiegelt. Erste Schiffe liegen hier am Weserufer vertäut, schaukeln sanft auf den Wellen. An einem langen
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Dieser Blick bietet sich den Bremern nur selten: Mit Schnee bedeckte Eisschollen sorgen für winterliche Stimmung. Weserspaziergang
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Mast vereint flattern fröhlich Fahnen im Wind. Wer sich bereits früh morgens auf den Weg macht, der kann im Bereich zwischen Martinianleger und Teerhofbrücke immer samstags – auch im Winter – über den Bremer Antik- und Trödelmarkt bummeln. Auf, unter und neben langen Verkaufstischen prä-
sentiert oder in großen Kisten verborgen, wartet hier alles auf den Verkauf, was die multikulturelle Schar der Anbieter ans Weserufer zu schleppen vermag. Wer Lust hat, in dieser antiken Masse auf Schnäppchenjagd zu gehen oder einfach ein paar freundliche Worte zu wechseln, ist hier genau richtig.
Der Martinianleger wurde nach der Kirche benannt, zu deren Füßen er gebaut wurde. Direkt an der Weser gelegen, diente die nach dem heiligen Sankt Martin benannte St. MartiniKirche ursprünglich Schiffern und reisenden Kaufleuten zum Kirchgang. Und noch heute bietet sich das denkmalgeschützte Gemäuer für eine
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Wetterfeste Hanseaten scheuen sich auch im Winter nicht, die phantastische Atmosphäre an der Schlachte zu genießen.
besinnliche Einkehr für Weser-Spaziergänger an. In der Stille des Gotteshauses, das zu den ältesten in Bremen gehört, kommt die Seele zur Ruhe, schöpft der Geist Kraft für den Tag. Wer den Blick schweifen lässt, entdeckt im Kirchenschiff prächtige Details, wie das Martinifenster und das Martinirelief. Beide erzählen von
der Legende des heiligen Martin – davon, wie er seinen Mantel mit dem Bettler teilte. Während das alte Orgelwerk von Furtwängler & Hammer im Krieg 1944 völlig zerstört wurde und neu aufgebaut werden musste, stammt der historische Orgelprospekt aus der Zeit zwischen Renaissance und Frühbarock und gilt als einer der
schönsten Nordeuropas. Zu den wertvollen Kleinodien von St. Martini gehört ebenfalls die Kanzel. Sie wurde in der Wendezeit vom 16. zum 17. Jahrhundert in der Werkstatt des Bremer Holzschnitzers Hermen Wulff angefertigt und ist ein schönes Beispiel für die einheimische Kunstgeschichte.
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Knackige Frosttemperaturen sind nötig, um die Baumkronen am Weserufer mit weißem Raureif zu überziehen. Im vorderen Teil des Südschiffs findet sich eine Beschilderung, die den dramatischen Hochwasserstand im Kirchenraum vom März 1881 zeigt. Auch ein alter Reim erinnert an die baulichen Probleme: „Sankt Martin wo der Wind durch weht; wo das Wasser durch geht.“ Bedingt durch die unmittelbare Nachbarschaft zur Weser, gefährden seit jeher labiler Baugrund und Hochwasser das auf Eichenpfählen gegründete Gotteshaus. Dazu Pastor Olaf Latzel: „Aktuell bereiten uns die Folgen der Grundwasserabsenkung Kopfzerbrechen.“ An verschiedenen Stellen in der Kirche sei es zu Absenkungen gekommen. Mit Hilfe der Landeskirche finanziere man aufwändige Sicherungsarbeiten. „Seit über 800 Jahren trotz die Sankt Martinikirche bereits den Naturgewalten. Das soll – mit Gottes Hilfe - auch weiter so bleiben.“ Sowohl den Naturgewalten als auch der drohenden Vergessenheit getrotzt hat die Bremer Schlachte. Nur wenige Gehminuten von der Innenstadt entfernt, lädt diese mariti-
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Weserspaziergang
me Schlendermeile zum geselligen Flanieren ein. Nachdem der ehemalige Uferhafen lange Jahre eher stiefmütterlich behandelt worden war, erfuhr er zur Expo 2000 eine grundlegende Neugestaltung und damit eine veränderte Wahrnehmung innerhalb der Bremer Bürgerschaft und ihrer Gäste. Inzwischen hat sich die Schlachte als eine wahre „Erlebniswelt am Fluss“ positioniert, die vor allem im Sommer Massen von Besuchern anzieht. Viel ruhiger als zur Hauptsaison kann man hier im Winter Schiffe beobachten oder selbst in See stechen. Mit neun Schiffen ist die Flotte „Hal över“ auf der Weser im Einsatz, im Fährbetrieb, als Wassertaxi oder Rundfahrtschiff. Kulinarische Genüsse – vom exklusiven Fingerfood bis zum Piraten-Pfannekuchen – bieten die Gastronomieschiffe, während die Hotelschiffe „Perle“, „Nan“ und „Nedeva“ sogar stilechte Übernachtungen bei Wellenschlag bieten. Kultur pur gibt es im Bauch des Theaterschiffs, und auf der Hansekogge „Roland von Bremen“ bekommen die
Besucher Einblicke in die historische Segelschifffahrt. Wer lieber festen Boden unter den Füßen hat, kann in den umliegenden Bistros, Bars und Restaurants auf „Weltreise“ gehen. Von original hanseatischer Küche über regionale, bayerische, italienische oder spanische Spezialitäten bis hin zu mexikanischem Essen und Ambiente ist hier alles zu finden. Henrike Neuenfeldt vom Schlachte Marketing und Serviceverband weiß: „Über die ruhigen Wintermonate locken die Gastronomen mit passenden Spezialitäten wie deftigen Kohl- und Pinkel-Gerichten oder romantischen Candlelight-Dinners.“ Von der schneebedeckten Almhütte bis zum historischen Freibeuterdorf reicht das Programm während des jährlichen Schlachte-Zaubers. Während des Advents gibt es ein abwechslungsreiches Bühnenprogramm sowie zahlreiche Aktionen auf den anliegenden Schiffen. Holzfeuer und Fackeln, fliegende Händler, Gaukler und wilde Piraten bestimmen das Bild am Ufer
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Das ruhige, teils zugefrorene Wasser der Weser lässt kaum darauf schließen, dass in der Überseestadt auch im Winter das Leben pulsiert. der winterlichen Weser. Auf der spektakulär illuminierten Schlachte bieten sie ihre Waren feil und geben Einblicke in das mittelalterliche Bremen. Für den weiteren Marsch entlang der Schlachte hinter der Bürgermeister-Smidt-Brücke empfiehlt sich das Tragen wetterfester Kleidung, bläst hier gerade im Winter vom Wasser her doch regelmäßig ein scharfer Wind. Auf weniger stark frequentiertem Weg geht es vorbei am Betonschiff Treue und dem Jugendherbergsschiff bis hin zur Stephanibrücke und von dort über ein paar Schlenker bis in die angrenzende Überseestadt. Laut fauchend biegt der Wind die Gräser am Fuß des mächtigen Wesertowers zu Boden. Das 22 Stockwerke zählende imposante Hochhaus markiert den „Eingang“ der Überseestadt – dem mindestens ebenso imposanten Stadtentwicklungsvorhaben Bremens. „Für viele Bremer ist die Überseestadt gedanklich noch weit weg“, hat Maren Benkenstein vom Marketingverein Überseestadt beobachtet. Darum möchte sie „gemeinsam Füße in Be-
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Weserspaziergang
wegung setzen“ und die Herzen der Bremer für dieses Konzept öffnen, in dessen Rahmen die alten Hafengebiete zu einem erlebenswerten hanseatischen Quartier umgestaltet werden. Auf über 300 Hektar Gesamtfläche sind an diesem Weserabschnitt inzwischen rund 660 Unternehmen mit fast 12000 Mitarbeitern ansässig. In historischen Schuppen und Speichern sowie in attraktiven Neubauten entstehen moderne Arbeits- und Lebenswelten, die eine Vielzahl an Nutzungsmöglichkeiten bieten. Gerade fertiggestellt wurde zum Beispiel der Schuppen 1, der neben einem Mix aus Büros, Wohnräumen, Werkstätten und Geschäften ein bisher einzigartiges Zentrum für Automobilkultur und Mobilität beherbergt. Zum Restaurant und Publikumsmagneten „El Mundo“, das zu den ersten Mietern vom Schuppen 1 gehörte, gesellt sich in absehbarer Zeit Deutschlands größtes arabisches Restaurant, das „Al Dar“: eine unglaubliche Kulisse, die an Märchen aus 1001 Nacht erin-
nert; in Komposition mit exotischen Genüssen sorgt es dann für interkulturelle Verständigung. Ob gastronomischer Streifzug, exklusives Shopping-Erlebnis, geführte Mini-Bus-Tour, Kulturevent oder SzeneNightlife – Exkursionen in die Überseestadt lohnen sich auch im Winter. Von der modernen Kochschule bis zum Minigolf im Dunkeln, vom Revue-Theater bis zum Infocenter, von der Weinprobe bis hin zur Brennerei-Führung reichen die ebenso spannenden wie speziellen Angebote. Auch für alteingesessene Bremer lässt sich also vor der sprichwörtlich „eigenen Haustür“ noch Vieles entdecken, was zwischen den Mühlen des Alltags häufig unbeachtet bleibt. Folgen wir der Magie des Wassers mit offenen Augen, versorgt es uns immer wieder mit neuen Eindrücken und Erlebnissen. Das „Wasser im Fluss“, die „Füße in Bewegung“, „Alles ist Übergang“: Es lohnt sich, Veränderungen als Bereicherung anzunehmen und das Leben an der Weser – auch im Winter – in vollen Zügen zu genießen.
Kulinarische
Landpartie
Nach aufwändigem Umbau erstrahlt das Landhaus Höpkens Ruh in neuem Glanz
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er Weg führt über eine lange Auffahrt an uralten Bäumen vorbei und endet vor dem stimmungsvoll erleuchteten Landhaus, das so einladend und gemütlich aussieht, dass viele Spaziergänger spontan dort einkehren möchten. Und das ist nach der dreimonatigen Komplettsanierung des Oberneulander Traditions-Gasthauses auch endlich wieder möglich: Die Gäste sind täglich bereits ab 9 Uhr zum Frühstück willkommen: Eine herrliche Möglichkeit, um sich neben den Hotelgästen des kleinen, feinen Landhotels mit Blick in den wunderschönen Park einen besonderen Start in den Tag zu gönnen. „Höpkens Ruh“ lädt mit seinem gekonnt arrangierten Landhauschick, seinen heiteren Farben, stilvollen Möbeln, herrlichen Blumenarrangements und – nicht zu vergessen – dem herzlichen, weltoffenen Charme des gut geschulten, achtköpfigen Teams zum Wohlfühlen ein. „Das Haus steht allen Gästen offen“, berichtet die neue Pächterin Friederike Schnitger lachend. „Es ist
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Gourmet
ein Generationenhaus, in dem Kinder ebenso willkommen sind wie Spaziergänger mit Hunden.“ Diese ungezwungene Gastfreundschaft hätte dem ehrenwerten Mitglied der Bremischen Bürgerschaft, Johann Höpken, gefallen: Er hatte das Gutshaus und den dazu gehörigen sieben Hektar großen Landschaftsgarten Ende des 19. Jahrhunderts der Freien und Hansestadt Bremen vermacht. Dabei regelte er testamentarisch ganz genau, dass der Park jederzeit für die Öffentlichkeit zugänglich sein müsse und in seinem ehemaligen Wohnhaus ein Gasthaus eingerichtet werden solle. Die Weitsicht und Heimatverbundenheit des erfolgreichen Reeders und Kaufmanns reichte sogar so weit, dass er in seinem Testament verfügte, der in „Höpkens Ruh“ ausgeschenkte Wein solle zu jeder Zeit aus dem Bremer Ratskeller bezogen werden. Der idyllische Park, den sein Besitzer „Höpkens Ruh“ nannte, ist ein Kleinod der Landschaftsarchitektur, steht unter Denkmalschutz und lädt die Bremer seit 1877 zu Spaziergän-
Von Wiebke Gloe-Carstensen
gen zwischen alten Bäumen, Wiesen und Wasser flächen ein. Bereits 1892 wurde die erste Gaststätte im Gutshaus eingerichtet, das 1897 durch ein Feuer zerstört und anschließend neu erbaut wurde. Der zweite Weltkrieg vernichtete auch dieses Gebäude. 1964 veranlasste der „Verein der Freunde von Höpkens Ruh“ den Bau einer neuen Gaststätte nördlich des ehemaligen Gutshauses. Die Gasthaus-Tradition im Herzen Oberneulands wurde fortgesetzt und fand im Februar 2013 mit der Insolvenz des Park Hotels, das das Landhaus seit Mitte der 90er Jahre geführt hatte, ein vorläufiges Ende. Im August gründete die frisch mit einem Master in Marketing graduierte Friederike Schnitger die FCS Gastronomiebetriebe GmbH und wurde neue Pächterin von „Höpkens Ruh“. „Eigentlich hatte ich geplant, nach meinem Marketing- und Hotelmanagement-Studium in großen Unternehmen zu arbeiten“, erzählt die 26-Jährige. Doch die Chance, „Höpkens Ruh“ zu übernehmen, das die Oberneulanderin bereits als Kind ins
Foto Seite 20: Torsten Krüger
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Mit seinem gekonnt arrangierten Landhauschick sowie dem herzlichen Charme der Mitarbeiter lädt das „Höpkens Ruh“ zum Wohlfühlen ein.
Herz geschlossen hatte, war einfach zu verlockend. Die Herausforderung ist groß, doch der gelungene Start und die „hervorragende Buchungssituation“ bis zum Ende des Jahres geben ihr Recht. Das Restaurant verwöhnt seine Gäste durch „gehobene deutsche Küche mit innovativer Note“, wie Küchenchef Thomas Petig erklärt. Zusammen mit Sous Chef Robert Thiele werden die saisonalen Speisen aus frischen, hochwertigen Zutaten zubereitet. Das KüchenTeam war übrigens zuvor im Restaurant des Innside Hotels an der Waterfront tätig und bekochte in früheren Tagen die Gäste des Bremer Ratskellers. Die Speisekarte punktet durch eine überschaubare, schön arrangierte Auswahl an Gerichten mit poetischen Titeln, die zum Lesen und Probieren einladen. So verbirgt sich hinter „Neue Welt trifft Alte Welt“ ein delikates Tatar vom Outback-Rind mit Wachtel-Ei und Avocado-Chili Salsa zum Preis von 12,80 Euro. Wer „Weide trifft Acker“ bestellt, erhält ein hochwertiges Filetsteak oder Rib Eye mit Gemüse, Kartoffelgratin und Sauce Bernaise (38 bzw. 28 Euro). Und zum süßen Finale werden unter „Bremer trifft Insulanerin“ Arme
Ritter vom Bremer Klaben mit Tahiti Vanille Rahmeis und Glühwein Sabayon zu 9,20 Euro serviert. Die Weinbegleitung dürfte jeden Weinkenner überzeugen, denn in „Höpkens Ruh“ werden Ratskeller-Weine aus aller Herren Länder angeboten. Die versierten Empfehlungen des richtigen Tropfens durch Restaurantleiter François Sakou, der bereits in vielen international renommierten Häusern gearbeitet hat, lassen keine Wünsche offen. Wer das schicke Landhaus zum Feiern buchen möchte, kann bis zu 100 Gäste einladen und im Dachgeschoss sogar noch 15 Besucher nächtigen lassen. Vielleicht wird es in Zukunft sogar die Möglichkeit geben, durch einen Standesbeamten in „Höpkens Ruh“ getraut zu werden. Ansonsten liegt der „Lür-Kropp-Hof“ mit seinem Trauzimmer nur wenige (Pferdekutschen-) Minuten entfernt. Die neue Geschäftsführerin hat viele Ideen, um ihre Gäste zu allen Jahreszeiten zu überraschen und zu verwöhnen: „An den Weihnachtsfeiertagen wird es mittags und abends festliche Menüs geben. Zu Silvester bieten wir Fondue im Kaminzimmer und wahlweise ein 6-Gänge-Menü im Restaurant an. Und am 1. Januar ver-
anstalten wir einen Neujahrsbrunch. Im Sommer möchte ich regelmäßig Barbecues auf unserer großen Gartenterrasse anbieten.“ Eine tolle Innovation sind auch die neue Bar und das Kinderspielzimmer, das Friederike Schnitger im Zuge des Umbaus eigens zum Wohlbefinden der kleinen Gäste eingerichtet hat und in dem es bald eine Kinderbetreuung geben soll. Ein Glück für Bremen, dass das Erbe des Johann Höpken durch die junge Pächterin mit viel Begeisterung und Innovation fortgeführt wird. Mögen Friederike Schnitgers‘ Enthusiasmus und Gründergeist das Haus dauerhaft beleben: „Ich wünsche mir, dass Höpkens Ruh durch seine Gemütlichkeit mit Kaminfeuer, Kerzenschein und dem schönen Ausblick nach draußen für die Bremer zum zweiten Wohnzimmer wird.“
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Gourmet
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Bremen Brillant 50 Jahre Sportwagen-Ikone Porsche 911 Seit fünf Jahrzehnten bildet der 911 das Herzstück der Marke Porsche. Die Porsche Zentren Bremen und Oldenburg feierten dieses Jubiläum im Restaurant El Mundo. Im Rahmen einer exklusiven Abendgala erlebten 800 geladene Gäste eine spannende Zeitreise - von der Präsentation des Porsche 911 im September 1963 bis zur Vorstellung des neuen Porsche Turbo S, moderiert von Jan Stecker, bekannt aus der TV Sendung „Abenteuer Auto“.
„Leidenschaft ist unser Antrieb“, so der Geschäftsführer des Porsche Zentrums Bremen Klaus Schwartz. Und diese Leidenschaft war deutlich spürbar. Das Ambiente des Restaurant El Mundo, direkt am Hafenbecken des Europahafen in Bremen gelegen, war atemberaubend. Auf der langen Promenade waren die verschiedenen 911 Modelle aus den Jahren 1963 bis 2013 zu bewundern.
Stefan Maraun (Porsche Oldenburg), Klaus Schwartz (Porsche Bremen), Jan Stecker (Moderator), Frank Sparbrod (Porsche Deutschland – Leiter Sales, Region Nord)
Bernie Beilken mit Frau Silvia, Kirsten und Horst von Bargen
Hans Eulenbruch und Dr.-Ing. Günther W. Diekhöner
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Bremen Brillant
Alle Namen von links nach rechts.
Fotos: Martin Rospek
Als Inbegriff des Sportwagens steht der Porsche 911 für Kraft, Eleganz und Unabhängigkeit. Mit über 820.000 gebauten Fahrzeugen ist er der erfolgreichste Sportwagen der Welt. Bis heute erzählt diese Automobil-Legende Geschichten von heldenhaften Rennsiegen, von einzigartigem Design, von neuen Maßstäben in der Sportwagentechnologie und von einer zeitlosen Idee, die nie ihre Anziehungskraft verloren hat.
Klaus Schwartz (Porsche Bremen), Reza Najmehchi (Inhaber El Mundo), Stefan Maraun (Porsche Oldenburg)
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Wirtschaft, Verkehr und Innovation in Hamburg, schloss sich dem an und forderte zum gemeinsamen Handeln auf. Bremens Wirtschaftssenator Martin Günthner brachte die Erfolge Bremens auf den Punkt: Airbus Bremen, Astrium und OHB, Mercedes Benz Werk Bremen und der Offshoreund Logistikstandort Bremerhaven, um nur einige zu nennen. Kurzum: Bremen ist stark!
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Fotos: Frank Thomas Koch
Bis auf den letzten Platz besetzt waren die Tafeln beim Roland-Essen des Industrie-Clubs Bremen. Neben dem Schaffermahl und der Eiswette zählt das Roland-Essen zu den herausragenden gesellschaftlichen Anlässen in Bremen. Zum 30. Mal hatte der Industrie-Club in die festlich illuminierte Obere Halle des Alten Rathauses eingeladen. Präsident Dr.-Ing. Günther W. Diekhöner begrüßte 360 Teilnehmer aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Kultur. In seiner Eröffnungsrede berichtete Diekhöner über die Arbeit des Industrie-Clubs. So habe man gemeinsam mit der Handelskammer die Initiative „Teach First Deutschland“ in Bremen auf den Weg gebracht. Hierbei werden “Fellows” zur Unterstützung von Lehrkräften an Schulen in sozialen Brennpunkten entsendet. Nur mit einer guten Ausund Weiterbildung bleibe der Standort Deutschland - und damit auch Bremen - wettbewerbsfähig. Senator Frank Horch, Präses der Behörde für
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Um die aktuellen Anforderungen an den modernen Arbeitsplatz ging es im Rahmen des „i2b meet-ups“ in den Räumlichkeiten der Bremer „pro office GmbH – Büro und Wohnkultur“. Zur Frage auf welche Weise eine kluge Büroplanung Mitarbeiter motiviert, den Informationsaustausch beschleunigt und Abläufe optimiert, referierte Marc Nicolaisen (Steelcase Werndl
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AG) in einem Impulsreferat. Carsten Behfeldt (Deutsche Post) beschäftigte sich mit den Sicherheitsrisiken, welche die zunehmende Digitalisierung von Unternehmenkorrespondenzen mit sich bringt. Von den Rednern inspiriert, diskutierten die Gäste die Bedeutung der Arbeitsplatzgestaltung als strategische Ressource ihres Unternehmenserfolgs.
Alle Namen von links nach rechts.
Moderne Bürokultur Fotos: Petra Liebetanz
Immer schön auf dem Teppich bleiben !
Ingo Voigt (Voigt Immobilien) und Marco Ziechert (Geschäftsleitung pro-office)
Sven Lapp (Geschäftsleitung pro-office), Marc T. Nicolaisen (Steelcase Werndl AG), Andreas Kottisch (Geschäftsleitung BBN GmbH), Uwe Nullmeyer und Frank Ahlers (Geschäftsleitung pro-office)
Kunstvolle Ausstellung Wie in den Räumen einer modernen Kunstgalerie können die Besucher in der Fachausstellung ELEMENTS auf innovative Entdeckungsreise gehen. Nahe des Weserparks gelegen, bietet Elements Erlebniswelten rund um die Haustechnik sowie einen einmaligen Komplettservice für das neue Bad.
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Foto rechts: Edition Temmen
Zum Abschied von Hermann Gutmann „Felix“ ist verstummt. „Die beste Krankheit taugt nichts“, hat Hermann Gutmann einmal gesagt, nun hat er es selbst erfahren müssen. Im Alter von 83 Jahren starb der Mann, der wie kein anderer Bremen zum zentralen Thema seines journalistischen und schriftstellerischen Lebens gemacht hat. Die mit „Felix“ unterzeichneten Kolumnen, die er jahrzehntelang im Weser-Kurier schrieb, haben ebenso viele begeisterte Leser gefunden wie die rund 120 vorwiegend im Temmen-Verlag erschienenen Bücher, die stets denselben Schwerpunkt hatten: Bremen und die liebenswerten Eigenheiten seiner Bürger, die er immer wieder in den unterschiedlichsten Facetten, aber auch immer wieder mit hintergründigem Humor beschrieb. Auch „Brillant“ hat dem gebürtigen Bremerhavener, der sein Berufsleben einst mit einer Kaufmannslehre begann, viel zu verdanken. Rund ein Jahrzehnt lang schrieb Hermann Gutmann vor allem in den 90er Jahren die Titelstory, machte den GourmetAbschnitt unseres Magazins zu einem höchst lesenswerten Bestandteil. Bis er sich sehr stilvoll verabschiedete: „Es wird mir einfach zu viel in meinem Alter“, sagte er gera-
deheraus. Denn Hermann Gutmann wurde gerade in den letzten Jahrzehnten seines Lebens immer gefragter: Lesungen, Vorträge und jedes Jahr ein neues Buch – das verlangte viel Fleiß und Ideenreichtum. Er hat es nicht spurlos weggesteckt. Zwei Herzinfarkte und ein Schlaganfall warfen ihn aus der Bahn. Doch Hermann Gutmann, der stets freundliche und so zuvorkommende Mann, war ein Kämpfer. Erst lernte er mühsam wieder zu sprechen, dann zu schreiben. Und wer seine Lesungen und Vorträge besuchte, wer seine Bremensien las, der merkte nichts mehr davon, wie mühsam sich Hermann Gutmann zurückgekämpft hatte ins Arbeitsleben. Er brauchte die eigene Kreativität wohl auch, um sich wohl zu fühlen. Der Beruf war für ihn immer auch Berufung. „Mache nicht den Fehler, und höre auf zu schreiben, wenn Du Rentner bist“, hat er mich einmal beschworen. Da war er selbst schon 74 Jahre alt und noch voller Pläne und Verpflichtungen. Erst mit 82 Jahren, als eine schwere Krankheit ihn als Bett fesselte, verstummte der Autor Hermann Gutmann. Nun schweigt auch der Mensch für immer, Bremen hat seinen liebenswertesten Chronisten verloren. (Heinz Fricke)
Rund ein Jahrzehnt lang schrieb Hermann Gutmann die Titelstory für BRILLANT. Wir sagen „Danke“.
Bremen Brillant
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Prototype – Mode aus 20 Jahren Designerin Sigrid Schumacher und Susanne Gerlach (GF Böttcherstraße GmbH)
Frank Neßlage
Sascha Koglin
Siegfried W. Maschek liest Grußworte vom ehem. Intendanten des Bremer Theaters Klaus Pierwoß
Sebastian Böhm, Katharina Jahrling, Gewinnerin Gülhizar Biricik und Moderatorin Sonya Kraus
Güly Biricik gewinnt Award Bereits zum dritten Mal holte die Frisörmeisterin Güly Biricik, Inhaberin von „Güly und Pierre“ den German Hairdressing Award in die Hansestadt. Diesmal war die Chefin selbst die Preisträgerin in der Kategorie Damen Nord. Erneut wurde damit bewiesen, dass Güly Biricik mit ihrem Team aus Mitarbeitern und Auszubildenden zu den besten Frisören Deutschlands gehört. Rund 4.000 Teilnehmer aus Salons in ganz Deutschland hatten sich um die begehrten Trophäen beworben, die 2013 zum zehnten Mal in einer großen Gala, diesmal im Berliner Tempodrom, übergeben wurden.
Alle Namen von links nach rechts. Fotoquelle: Prototype
Seit der Gründung von PROTOTYPE. Schumacher am 1. Oktober 1993 wurde die Mode der international erfolgreichen Bremer Designerin auf sehr unterschiedliche Art und Weise gesehen und dargestellt. Über zwei Jahrzehnte sind in unzähligen Shootings viele Fotostrecken von verschiedenen Fotografen entstanden. Aus Anlass des 20-jährigen Jubiläums des Labels „Prototype“ wurden einige dieser Fotos in der Crusoe Halle der Böttcherstraße für die Öffentlichkeit ausgestellt. Durch die Ausstellung führte die renommierte Designerin Sigrid Schumacher persönlich und berichtete dabei von ihren Erlebnissen bei Moden-Shows und -Shootings.
Hilfe für Bremer Engel Über eine Spende in Höhe von 4.000 Euro freuen sich die „Bremer Engel“. Stattliche 8.000 Euro Erlöse konnten die Mitglieder des Lions Fördervereins, des Lions Clubs sowie des Golf Clubs Verden nach ihrem neunten Lions Benefiz Golfturnier verbuchen. „Golfen für einen guten Zweck“ war das Motto, unter dem die Vereine auf die Golfanlage in Verden-Walle eingeladen hatten. Die Einnahmen aus den Start- und Sponsorengeldern, dem Verkauf von Extraschlägen, so genannten „Mulligans“, sowie aus der im Abendprogramm veranstalteten
Karl-Hermann Fastenau, Schatzmeister des Lions Clubs Verden, Claudia Roggemann, Patin der Bremer Engel, Karl-Peter Neumann, Organisator des Golfturniers des Lions Clubs Verden, Kristin Oelrich, Clubmanagerin des Golf Clubs Verden
Tombola, kommen je zu Hälfte dem Projekt „Gesunde Ernährung für Verdener Schulkinder“ des Vereins Tintenklecks sowie dem Projekt „Bremer Engel“ der Erika-Müller-Stiftung zugu-
te. Ziel dieser Stiftung ist es, die Lebensqualität schwerstkranker Kinder und ihrer Familien, die von kooperierenden Kliniken der Stiftung benannt werden, zu verbessern.
Auszeichnung Ab 18 ! – Gelungene Premiere für ATLANTIC Hotel
Harald Hemmje und Karin Raschke (Diers+Hemmje)
Clemens Hieber (stellv. Hoteldirektor ATLANTIC) und Dirk Gerdom (VDR u. SAP)
Thies Zimmermann (Rechtsanwalt), Torsten Franz (Geschäftsführer parc bauplanung) und Christoph Karnebogen (Diers+Hemmje)
Alle Namen von links nach rechts.
Das ATLANTIC Grand Hotel Bremen Flaggschiff der norddeutschen Hotelgruppe - wurde mit dem Certified StarAward 2013/2014 ausgezeichnet. Gewonnen hatte es in der Kategorie „Certified Business Hotel”. Der Geschäftsreiseverband VDR hatte seine Mitglieder aufgerufen, unter den über 300 zertifizierten Hotels für Geschäftsreisende ihre Favoriten zu bestimmen. VDR-Präsident Dirk Gerdom, im Hauptberuf Leiter Travel Management des Softwarekonzerns SAP, verlieh den Pokal und die Siegerurkunde im Rahmen einer Award-Gala in Mainz. Die Geschäftsführende Direktorin Ursula Carl dazu: „Dies ist ein großer Schritt für uns, den wir knapp drei Jahren nach Eröffnung so noch nicht erwartet hatten. Wir freuen uns riesig!“
Plaudern, Fachsimpeln, Fragen … Antworten! Unter diesem Motto ist die neue Veranstaltungsreihe „Ab 18 ! Das Vorabendprogramm ab 18 Uhr“ im Hause Diers+Hemmje gestartet. Kunden, Lieferanten, Mitarbeiter, Autoren und Fotografen waren dazu eingeladen, in den Räumen der Agentur im idyllischen Bruchhausen-Vilsen – bei einem Aperitif und kleinem Entree – entspannt in den Feierabend zu gleiten. Wer mag, bekommt auch künftig von den versierten Medienprofis nützliche Informationen zu Suchmaschinenwerbung, Social-Media und anderen aktuellen Themen. Nach der gelungenen Premiere wird die Reihe am 27. Februar fortgesetzt.
K u l t u r Musiktheater
Von Ursula Myke
Der fliegende Holländer
Bunt, gruselig und schrill: Marc Steven Hallock, Loren Lang, Christian-Andreas Engelhardt und der Chor. An Richard Wagner scheiden sich die Geister. So vielschichtig und widersprüchlich sind die Deutungen seines Werkes, dass es eine große Herausforderung für jeden Regisseur ist, eine eigene Position zu entwickeln und diese in Szene zu setzen. Sebastian Baumgarten sieht in der frühen Oper Der fliegende Holländer in erster Linie eine Gespenstergeschichte, ein Produkt der „schwarzen Romantik“, die im modernen Horrorfilm eine Fortsetzung findet (vgl. Programmheft). Daran orientieren sich Bühne (Thilo Reuther) und Ausstattung (Jana Findeklee): bunt, gruselig, schrill! Ort der Handlung ist eine von leuchtenden Glühbirnen umrahmte Jahrmarktsbude, in der das grausige Geschehen um den verdammten Seefahrer und sein Schiff dem Publikum dargeboten wird. Als aufgedunsene Wasserleichen kugeln der Holländer und seine Mannen aus ihrem Schiff. Skurrile Gestalten bevölkern die Bühne, alle Personen sind überzeichnet. Das ist aber nur eine Seite des Konzepts. Mit einer so vordergründigen Schauermär mag Baumgarten sich nicht zu-
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Kultur
friedengeben und richtet einen historisch kritischen Blick auf die Entstehungszeit durch Hinweise auf Kolonialismus und Militarismus und fragwürdig gewordene Werte wie Ehre und Treue. Darüber hinaus lässt sich eine dritte, eine psychologische Dimension ausmachen, die das Wesen der Figuren erfasst und diese fast menschlich erscheinen lässt. Eine subtile Personenregie entwickelt starke Szenen, z.B. die erste Begegnung zwischen Holländer (jetzt wieder in der Gestalt des Lebenden) und Senta oder Eriks Versuch, die geliebte Braut von ihrer Besessenheit zu befreien. Diese Mischung aus Groteske, psychologischer Studie und politischen Ambitionen ist in sich nicht wirklich stimmig, beweist jedoch eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Stoff. Vor allem aber bleibt die Musik, und deren großartige Realisation entschädigt all die, die sich mit der Inszenierung nicht so recht anfreunden können. Carsten Wittmoser beeindruckt als Holländer bereits in seiner Auftrittsa-
rie mit all ihrem Schmerz, der Verzweiflung des zum ewigen Leben Verurteilten und seiner Sehnsucht nach Erlösung. Loren Lang ist ebenso überzeugend als Daland, der blind für das Unheimliche ist, das den Holländer umgibt, aber Augen für dessen Reichtümer hat und sich nicht scheut, dem Fremden sogleich seine Tochter als Gattin anzubieten. Die Partie der Senta wird von Patricia Andress einfühlsam gestaltet. Sie betont die lyrischen Elemente gegenüber den dramatischen, obwohl sie diesen durchaus auch gerecht wird. Ihre Interpretation passt zu dem Schwärmerischen dieses Mädchens, das sich in ein Bild und eine Geschichte verliebt und in die Rolle der Retterin derartig hineinsteigert, dass sie die Realität und Eriks Zuneigung vollkommen aus den Augen verliert. Sehr eindringlich singt und spielt Luis Olivares Sandoval diesen jungen Mann, der verzweifelt an Sentas Vernunft appelliert und kein Gehör findet. Alle Solistinnen und Solisten, Chor und Extrachor (Daniel Mayr) und die Bremer Philharmoniker unter der Leitung von Generalmusikdirektor Markus Poschner leisten auf hohem Niveau einen hörenswerten Beitrag zum Wagner-Jahr.
Die Partie der Senta wird von Patricia Andress (rechts) einfühlsam gestaltet.
Weil sie die Realität aus den Augen verlieren, ist ihr Schicksal Einsamkeit.
Ist Liebe nur Fiktion?
Fotos: Jörg Landsberg
Barockopern sind nur etwas für Liebhaber – denkt man – und wird angesichts der unter die Haut gehenden Inszenierung von Vivaldis Oper Rolando Furioso eines Besseren belehrt. Anna-Sophie Mahler entkleidet das an dem gleichnamigen Versepos von Ariost orientierte Libretto aller magischen Elemente und bringt eine faszinierende Psychostudie auf die Bühne (Duri Bischoff). Im „Hotel Niemandsland“ treffen Menschen aufeinander, die nach Liebe suchen, aber scheitern müssen, weil sie die Realität aus den Augen verlieren und ganz ihren Projektionen und Obsessionen ausgeliefert sind. Ihr Schicksal ist letztlich Einsamkeit. Die Zauberin Alcina wird hier zur Femme fatale, die sich nicht nur in eigenen Beziehungsnetzen verstrickt, sondern auch noch in fremde einmischt. Ihr Selbstbild ist das einer attraktiven Frau, die die Wahl zu haben glaubt zwischen allen Männern, die sich in ihre Nähe wagen. Nadja Stefanoff erweist sich musikalisch wie darstellerisch geradezu als Idealbesetzung dieser äußerlich so kühlen und innerlich doch leidenschaftlichen Frau.
Aufrichtig geliebt wird sie von Astolfo (Patrick Zielke), den sie hochmütig verschmäht und demütigt. Schließlich gelingt es diesem aber, die Wirklichkeit zu akzeptieren und sich abzuwenden. Währenddessen geht Alcina eine Beziehung mit dem verheirateten Ruggiero (Hyojong Kim) ein, der ihr dermaßen verfällt, dass er seine eigene Frau Bradamante (Marysol Schalit) nicht mehr erkennt. Aber die Leidenschaft ist nicht von Dauer, denn Gewohnheit und Vertrauen der Ehepartner sind letztlich stärker. Alcina begreift, dass ihre Wirkung begrenzt ist, und bricht zusammen. Schlimmer noch ergeht es dem Titelhelden Orlando, der unter der Illusion leidet, in der zauberhaften Angelica (Alexandra Scherrmann) die Liebe und den Sinn seines Lebens gefunden zu haben. Martin Kronthaler gelingt eine unglaublich intensive Interpretation dieses von seinem Wahn getriebenen Mannes, der den oberflächlichen Flirt der kapriziösen Frau mit Liebe verwechselt und in Raserei verfällt, als er erkennen muss, dass das Objekt seiner Begierde gerade Medoro (Christopf Heinrich) geheiratet hat. So richtig glücklich ist am Schluss niemand. Offen bleibt die Frage, ob Liebe nur Fiktion ist – ein ewig aktuelles Thema. Auch musikalisch ist die Aufführung ein Hochgenuss. Trotz des intensiven Spiels meistern alle Sängerinnen und Sänger ihre Partien mit den kunstvollen Koloraturen hervorragend und die Bremer Philharmoniker unter der Leitung von Olof Bomann die Umsetzung der Partitur in reinen Wohlklang.
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Kultur
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K u l t u r Schauspiel
Unschuld Wird Dea Loher zur Hausautorin im Theater Bremen? Auch in der zweiten Saison Börgerdings steht mit Unschuld eines ihrer Dramen auf dem Spielplan. Ähnlich wie „Das Leben auf der Praca Roosevelt“ berichtet es von Menschen am Rande der Gesellschaft, ihren Sorgen, ihren Nöten. Und wieder erzählt Loher keine Geschichte, sondern richtet Spotlights auf einzelne Situationen und Befindlichkeiten: traurige, komische, anrührende, verstörende. Nicht das Leben im Rückblick bewegt die Dichterin, nicht dessen Analyse, sondern Momentaufnahmen der unmittelbaren Gegenwart. Eine Verknüpfung liegt in der Erfahrung von Ohnmacht und Schuld und der Sehnsucht nach Befreiung davon. Alexander Riemenschneider (Regie) hat für die Umsetzung des Dramas ein ausgezeichnetes Team zur Verfügung, dem es überzeugend gelingt, in kurzen Sequenzen das Schicksal und die Probleme der einzelnen Personen sichtbar zu machen. Schauplatz ist eine Stadt am Meer irgendwo in Europa. Rimma Starodubzewa hat dafür einen kahlen Bühnenraum mit wenigen Requisiten geschaffen: ein paar Stühle, ein Fenster im Hintergrund,
Eheprobleme: Während sich Rosa (Nadine Geyersbach) ein Kind wünscht, geht Franz (Simon Zigah) ganz in seinem Beruf als Leichenwäscher auf.
ein Kreuz an der Wand und ein metaphorisches tiefes Loch in der Mitte. Als Erste begegnen uns die illegalen Einwanderer Elisio (Robin Sondermann) und Fadoul (Alexander Swoboda). Sie haben einer Frau in Seenot aus Angst vor Entdeckung und Abschiebung nicht zu helfen gewagt. Den einen lässt das nicht mehr schlafen, der andere findet eine Tüte mit
Geld und meint, darin Gott zu sehen, der ein Zeichen der Vergebung schickt. Mit Schuldgefühlen quält sich auch Frau Habersatt (Susanne Schrader), die unter den Sünden der Welt leidet und sich für Taten bei den Opfern entschuldigt, die sie gar nicht begangen hat. Die blinde Absolut (Annemaaike Bakker) tanzt in einer Nachtbar für sehende Männer und fühlt sich
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Fadoul (Alexander Swoboda) meint, in einer Plastiktüte mit Geld, Gott zu sehen.
dabei einsam. Schwer hat es auch das Ehepaar Franz (Simon Zigah) und Rosa (Nadine Geyersbach); Sie wünscht sich ein Kind, er geht ganz in seinem Beruf als Leichenwäscher auf. Und dann ist da noch Rosas Mutter, die zuckerkranke Frau Zucker (Gabriele Möller-Lukasz), die sich bei ihren Lieben im o.g. Loch einquartiert und ihnen die Verantwortung für sich aufdrängt. Die Wege dieser Menschen kreuzen sich zufällig, es kommt zu kurzen Begegnungen, die aber nicht zu tieferen Bindungen führen. Im Grunde ist jeder allein. Das Ende des Dramas knüpft an den Anfang an. Ein Weg aus dem Kreislauf heraus zeigt sich nicht.
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K u l t u r Musiktheater
Singin’ in the rain Das muss einfach eine ganz innige Liebesbeziehung sein zwischen dem Stadttheater Bremerhaven und der „leichten Muse“! Wie sonst ließe sich erklären, dass das Haus am TheodorHeuß-Platz längst nicht nur, aber ganz besonders in diesem Genre Triumph an Triumph reiht? So verwundert es nicht, dass auch das Musical dieser Saison – Singin´ In The Rain – in der Premiere mit Standing Ovations bedacht wurde und, wie man hört, seither enthusiastisch gefeiert wird. Im Ernst: Verantwortlich dafür ist natürlich nicht der „lucky star“, sondern das sind das Produktionsteam und die Musiker, die die zauberhafte Geschichte von den Anfängen des Tonfilms lebendig werden lassen (Dialoge in Deutsch, Songtexte in Englisch). Die muss aber gar nicht genauer erzählt werden, liefert sie doch in erster Linie den Hintergrund für ein Feuerwerk aus Lovestory, Zickenkrieg, Glanz und Elend der Stars sowie Musik und Tanz.
In der Rolle des Don Lockwood singt und steppt sich Jochen Schmidtke in die Herzen des Publikums.
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Kultur
Da ist zunächst einmal das Glamourpaar: Lina Lamont und Don Lockwood. Sie ist der konkurrenzlose Star aller Mantel- und Degen-Schnulzen aus der Blütezeit des Stummfilms, blond, ein bisschen dusselig, wie das Klischee es verlangt, und unfähig, Beruf und Wirklichkeit zu trennen. So hält sie sich für die Braut ihres Partners, spielt auch hinter dem Vorhang Theater und raubt ihrer Umgebung den letzten Nerv – bis der Tonfilm ihre quälend kreischende Stimme entlarvt. Doch Lina kämpft mit allen Mitteln um ihre Position, vor allem mit unfairen, aber am Schluss ist sie dermaßen blamiert, dass sie einem sogar ein bisschen leid tut. Franziska Krötenheerdt ist umwerfend in dieser Partie: komisch, anrührend, alles, aber nie lächerlich, selbst wenn das Publikum lacht. Das ist eine großartige Leistung. Ein solches Kompliment verdient auch Jochen Schmidtke, der sich als Don in die Herzen des Publikums singt und steppt. Er hat etwas Distanz zu seinem Ruhm, ist ständig auf der Flucht vor den Fans, der Presse und seiner vermeintlichen Braut und auf der Suche nach der „wahren Liebe“. Diese findet er ganz zufällig in der reizenden Kathy Selden (Filipina
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Fotos: Heiko Sandelmann
In der reizenden Kathy Selden (Filipina Henoch) findet Don Lockwood (Jochen Schmidtke) die wahre Liebe.
Henoch). Man hält sie zunächst für eine der vielen chancenlosen Schauspielerinnen, die Hollywood bevölkern; aber sie entpuppt sich als richtiges Talent. Obwohl sie zunächst wie ein Mauerblümchen neben der Diva wirkt, steht sie am Schluss ganz oben auf dem Treppchen: Erfolg und Don und damit die Zukunft gehören ihr. Um diese drei gruppieren sich viele weitere phantastische Sänger und Tänzer, die die Aufführung zu einem Erlebnis machen: u.a. Philippe Duc-
loux (Cosmo Brown), Iris Wemme (Reporterin), Thomas Burger (Sprecherzieher). Chor (Jens Olaf Buhrow) und Choreographie (Véronique Lafon/Jochen Schmidtke) sind hervorragend, ebenso das Städtische Orchester unter der Stabführung von Stephan Tetzlaff. Zur Inszenierung (Roland Hüve) und Ausstattung (Siegfried F. Mayer) sei nur so viel gesagt: Es wird nie langweilig auf der Bühne, manchmal fühlt man sich wie im Kino (Nikolaj Malik, Jonas Vogel), Kulissen und Kostüme entsprechen der Welt der Traumfabrik; mehr zu verraten, wäre unfair. Nur noch eins: Es ist ein Höhepunkt, wenn es heißt: Singin´ in the rain.
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Der Barbier von Sevilla Rossini rockt – möchte man sagen angesichts der schwungvollen Inszenierung seiner Oper Der Barbier von Sevilla. Das phantasievolle Produktionsteam Christian von Götz (Regie und Bühne) und Katja Schröpfer (Kostüme) verlegt die Geschichte vom Wirken des listenreichen und geschäftstüchtigen „Faktotum der großen Welt“ in das Jahr 1968, in dem sich Rossinis Todestag zum hundertsten Mal jährt. Eine Gruppe junger Leute feiert dieses Ereignis irgendwo im Süden Europas „mit einer Stegreifkomödie …, die vom Kampf der Generationen handelt, vom Sieg über die Alten, von weiblicher Emanzipation“ (von Götz). Eine Stimmung – ein bisschen ironisch überspitzt - von Flower Power und Easy Rider breitet sich aus und reißt das Publikum mit. Dazu tragen die vielen liebevollen Details und lustigen Einfälle bei, die das Bühnengeschehen temporeich und unterhaltsam und vor allem schlüssig vorantreiben. Andererseits – und darin liegt die besondere Qualität dieser Aufführung – entspricht sie völlig dem Werk.
Handlung und Musik bleiben, von Kleinigkeiten abgesehen, unangetastet. Das musikalische Niveau ist hoch – bewundernswert angesichts all der Action, die den Sängerinnen und Sängern abverlangt wird. Filippo Betoschi überzeugt bereits mit seiner Auftrittsarie, zu der er sich wie Tarzan in das Geschehen schwingt. Ihm zur Seite stehen, singen und tanzen viele ausgezeichnete Mitglieder des Ensembles. Svetlana Smolentseva als „reizende Rosina“ gewinnt mit ihrer charmanten Darbietung schnell alle Sympathien, und das gilt auch für James Eliot als liebeskranker Almaviva. Die beiden müssen mithilfe des pfiffigen Figaros zur Freude des Publikums viele Intrigen und Hindernisse überwinden, bis sie einander endlich als Brautpaar in die
Svetlana Smolentseva als „reizende Rosina“ (hier mit Uwe Schenker-Primus) gewinnt mit ihrer charmanten Darbietung schnell alle Sympathien.
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Spielfreudig und musikalisch einwandfrei agieren alle Beteiligten im Barbier von Sevilla. Arme sinken dürfen. Denn Rosina ist nicht nur zauberhaft, sondern auch reich, und deshalb will ihr Vormund Dr. Bartolo sie vor der Männerwelt verstecken und möglichst schnell heiraten. Uwe Schenker-Primus ist fast ein bisschen zu sympathisch für diese Rolle; da fällt die Häme nicht gar so stark aus, wenn er am Schluss feststellen muss, dass all seine Vorsichtsmaßnahmen nichts genützt haben, und man gönnt ihm die quirlige Marzellina, hier als „Bezaubernde Jeannie“ mit blond-pinkfarbener Haar-
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pracht von Franziska Krötenheerdt äußerst lebendig und bühnenwirksam in Szene gesetzt. Spielfreudig und musikalisch einwandfrei agieren auch Leo Yeun-Ku Chu als Musiklehrer Basilio und der Herrenchor des Stadttheaters Bremerhaven (Jens Olaf Buhrow). Das Städtische Orchester zaubert unter der Leitung von Stefan Veselka einen farbenreichen Klangteppich, auf dem sich die Solisten entfalten können. Der Meister selbst, Rossini – zunächst als Standbild, dann aber höchst lebendig – gibt sich an diesem Abend die Ehre – eine gelungene Verknüpfung zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert.
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Längst eine Institution – und doch immer wieder neu Bremer Shakespeare Company feiert ihren 30. Geburtstag Von Ursula Myke
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in Stapel Matratzen, eine Leiter, ein paar Projektionsflächen, karg ist die Bühne ausgestattet. Den eigentlichen Raum muss das Publikum selbst gestalten – in seiner Phantasie. Wir befinden uns in einem Sanatorium für Menschen, die (u.a.) an Depression und Burn-out leiden. Sie haben den Bezug zu sich selbst und zum anderen verloren, stehen unter emotionalem Druck und suchen Hilfe bei Qigong, Therapiestunden und Theaterspielen. Zwei Frauen und drei Männer tauchen ein in die Welt von William Shakespeare, schlüpfen in unterschiedliche Rollen und wechseln dabei sogar das Geschlecht. Auf einmal sind wir in Verona, erleben das Schicksal Romeos und Julias und die Verwandlung der „Kranken“ in die Charaktere des Dra-
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Kultur
mas: Wahnsinn! Svea Auerbach, Theresa Rose, Peter Lüchinger, Tim Lee und Markus Seuß realisieren ein Konzept, das typisch für die Bremer Shakespeare Company ist, die jetzt seit drei Jahrzehnten ihr Publikum begeistert. Trotz vieler Veränderungen ist die Grundidee die gleiche geblieben, die 1984 von den Gründungsmitgliedern entwickelt worden ist. Darüber und über die wechselvolle Geschichte der Truppe berichtet Renate Heitmann, die seit 1994 dem Geschäftsführenden Vorstand angehört. Wir sitzen mittags bei einer Tasse Kaffee im noch leeren Falstaff, irgendwo im Hintergrund brutzelt das Essen, und in dieser gemütlichen Atmosphäre fällt es nicht schwer, die vielen Jahre Revue passieren zu lassen.
Motivation dafür, die bsc ins Leben zu rufen, war neben der Begeisterung für eine bestimmte Form von Theater ganz sicher die Leidenschaft aller Beteiligten für das Werk des Schwans von Stradford-upon-Avon, der das Logo der Company schmückt. Auch wenn andere Stücke das Programm bereichern, standen und stehen William Shakespeare als Hausautor und seine Bühnenpraxis ganz im Zentrum. „Letztere ist eine Gratwanderung“, räumt Heitmann ein, „nämlich zwischen volkstümlicher Komik und hohem intellektuellen Niveau. Die Kunst besteht darin, genau diese Mitte zu treffen. Shakespeare ist nicht nur etwas für Leute mit einem Abitur in der Tasche. Alle zu erreichen, das war das Ziel des elisabethanischen Theaters. Hier versammelten sich im
Shakespeare ist nicht nur etwas für Leute mit Abitur. Alle zu erreichen, ist das Ziel der Bremer Shakespeare Company. Darum lassen die Darbietungen der Schauspieler viel Raum für Interpretationen. 17. Jahrhundert Adel und Volk an einem Ort und genossen ein gemeinsames Erlebnis. Darin liegt ein ganz großer demokratischer Moment.“ Die bereits angedeutete Mehrfachbesetzung und die Darstellung von Männern durch Frauen und Frauen durch Männer entstammen auch dieser Tradition und „beflügeln die Phantasie“. Zu einer Aufführung gehörten damals – und das wird ab und zu heute noch beibehalten - aktuelle Anspielungen, Hinweise auf das, was bei Hofe und anderswo gerade in aller Munde war. Shakespeare war klar, was sein Publikum liebte, er „war ein guter Psychologe, der wusste, wie die Menschen ticken“. Immer wieder Shakespeare! Aber gab es den überhaupt? Allein schon die Andeutung solcher Überlegung ruft ein klein wenig Unwillen hervor. „Welchen Zweck hat eine solche Frage?“, wirft Heitmann ein, „eure Phantasie krönt unsere Könige (W.S.) und der sind keine Grenzen gesetzt. Es macht gar keinen Sinn, nach seinen genauen Lebensumständen zu forschen, jedenfalls nicht fürs Theater. Die Verse sprechen für sich, und uns interessiert, was sie uns heute noch sagen.“ Da die Menschen sich nicht
grundlegend verändert haben, bleiben das Menschlich-Allzu menschliche und Themen wie Liebe, Glück, Machtmissbrauch, Gewalt und Habgier ewig aktuell. Etwas Besonderes ist aber nicht nur die Gestaltung des Geschehens auf der Bühne, sondern auch die Intro, bevor das Licht verlöscht. Die Künstler des Abends begegnen dem Publikum bereits als unermüdliche Programmverkäufer oder an der Garderobe: Unvergessen ist Renato Grünigs drängende Frage „Haben Se mal ´ne Maak?“ „Auf diese Weise entwickelt sich eine Nähe zwischen Zuschauern und Bühne, eine Art Transitraum, in dem der Schauspieler nicht mehr privat, aber auch noch nicht in der Rolle ist“, so Heitmann. Das Publikum ist empfänglich dafür. Besonders in den Premieren dominiert eine „Fangemeinde“, ein Stammpublikum. Ein weiterer Grund für solche Anhänglichkeit über die Jahre hinweg liegt sicher in der spürbaren Identifikation der Schauspielerinnen und Schauspieler mit der bsc. „Die Gründungsmitglieder haben sich alle als Theaterdirektoren verstanden“, erklärt Heitmann, „das war ja damals in der Böttcherstraße, wo
eine eingeschworene Gemeinschaft von ca. 9/10 Kollegen ihren Traum vom eigenen Theater umzusetzen begann“. Dazu gehörten Chris Alexander und Hille Darjes ebenso wie Rainer Iwersen, Norbert Kentrup, Dagmar Papula u.a. Nach nur kurzer Zeit wurden die Kammerspiele allerdings an einen Hotelkonzern verkauft, und man musste eine neue Lösung suchen. „Die bsc hatte sich längst in die Herzen der Zuschauer gespielt, und niemand konnte sich vorstellen, dass es keine Zukunft geben sollte.“ Das neue Domizil wurde am Leibnizplatz gefunden. Wie sollte es aber gelingen, ohne staatliche Zuschüsse ein solches Haus zu unterhalten und ein Repertoire aufzubauen? Alle arbeitsmarktpolitischen Möglichkeiten wie ABM-Stellen waren schnell ausgeschöpft, mit denen Engpässe zeitweilig überbrückt werden konnten. „Anfang der 90er Jahre stand Senatorin Helga Trüpel für eine kulturelle Aufbruchsstimmung“, erinnert sich Heitmann. Zum ersten Mal gab es einen Betriebskostenzuschuss, der auch im Haushalt verankert war. Damit war die bsc als freies Haus etabliert. Mehr Personen wurden eingestellt, das Ensemble nahezu verdoppelt.
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Allerdings rief diese Entwicklung nicht nur Freude hervor. Ein Teil der Gründerväter und -mütter beharrte auf „der Idee eines kleinen, ganz freien Ensembles, sie wollten den größeren Apparat und die Verantwortung dafür nicht mittragen“. Daraus entwickelte sich das TaB (Theater aus Bremen). Trotzdem blieb eine Verbundenheit, und mit „Shakespeare in trouble“ kamen viele Jahre später Hille Darjes und Chris Alexander noch einmal an ihr altes Haus zurück. Die bsc ist ein Gemeinnütziger Verein. Noch immer werden alle wichtigen künstlerischen und auch ökonomischen Entscheidungen von A (Alltägliches) bis Z (Zukünftiges) in einer wöchentlichen Sitzung gemeinsam getroffen. „Diesen Anspruch auf Selbstverwaltung und Transparenz haben wir uns bewahrt. Man bemüht sich immer wieder, in der Auseinandersetzung das gemeinsame Thema zu finden, den Betrieb zusammen zu führen.“ Und so ging die bsc mit wechselnden Protagonisten ihren Weg. Die zweiten – beinahe – zehn Jahre wurden von den Hausregisseuren Pit Holzwardt und Rainer Iwersen bestimmt. Die Zeit war bewegt, man
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spürte einen Umbruch. „In den letzten zehn Jahren dagegen haben wir eine große Ruhe wiedergefunden. Wir haben uns über die künstlerischen Ziele neue Gedanken gemacht. Ich glaube, das war eine Zeit, in der wir aufgeräumt haben. Sie ist jetzt beendet, und der Einzug in das renovierte Theater am Leibnizplatz setzt den äußeren Rahmen dafür.“ Wenn man ein vorläufiges Fazit zieht, darf man von einer Erfolgsgeschichte der bsc sprechen. Einige Produktionen sind besonders tief in der Erinnerung verankert. Dazu gehören ganz sicher „Die lustigen Weiber von Windsor“. „Mit dieser Inszenierung wurden wir in den 90ern zum ersten Mal nach London eingeladen.“ Viele ließen sich nennen, z.B. „Rio Reiser“ oder „Ein Königreich für einen Ball“. Das Arbeitspensum der bsc ist immens: Es gibt Gastspielreisen ins Ausland, Shakespeare im Park, CoProduktionen mit Portugal und Italien, zwei Projekte in Zusammenarbeit mit Schulen (Schule macht Theater) u.v.m. Die Schülerinnen und Schüler der Oberschule am Leibnizplatz forschen unter dem Titel „Wunden und Wünsche“ in den eigenen Familien nach Spuren von Krieg und Vertrei-
bung. Man darf gespannt sein auf das Resultat. Die Vergangenheit ist durchmessen, unser Gespräch in der Gegenwart angekommen, und was läge da näher als ein Blick in die Zukunft? Die Spielzeit 2013/14 zeichnet sich aus durch viele Gelegenheiten zum Feiern und kulturelle Highlights. Da ist nicht nur der 30. Geburtstag des Ensembles, sondern auch noch der nicht weniger bedeutende 450. von Shakespeare. Am 23. April wird dieser mit der Uraufführung eines Stückes gefeiert, das in Zusammenarbeit mit Mitgliedern des Globe-Theaters entwickelt wird. „Mehr wird noch nicht verraten!“, betont Heitmann. Nur zwei Tage später folgt die Teilnahme am jazzahead Festival (Schwerpunkt: Dänemark) und im Juli an La Strada. Mit einer französischen Gruppe wird ein Stück für den Marktplatz einstudiert. Im Herbst last but not least befasst sich die Company mit steptext und Afrika. Es gibt also einen Blick zurück voller Dankbarkeit für die, die den Grundstein gelegt und das Haus nach und nach gebaut haben, die Freude an der Gegenwart und Hoffnung für die Zukunft. Die Möglichkeiten der bsc sind längst noch nicht ausgeschöpft.
Fotos: Ulrich Leitner
Die Spielzeit 2013/14 zeichnet sich aus durch viele Gelegenheiten zum Feiern und kulturelle Highlights. Neben dem 30. Geburtstag des Ensembles steht auch der 450. Geburtstag von William Shakespeare an. Am 23. April wird dieser mit der Uraufführung eines neuen Stücks gefeiert.
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Assia Cunego (links) weiß, wie man Nachwuchstalente (rechts) für das zauberhafte Spiel der Harfe begeistert.
S
o stetig und harmonisch wie das strömende Wasser der Weser fließen die Töne aus den Saiten der Harfe, welche die zierliche, gebürtige Italienerin, Assia Cunego spielt. Musikerin und Instrument bilden eine perfekte Einheit – als seien sie miteinander verwachsen. Es erklingt das Stück „Canto Ostinato“ aus der Feder des Komponisten Simeon ten Holt – was übersetzt soviel heißt, wie „unendlicher, alles durchdringender Gesang“. Das lange Haar und die schöne Gestalt der 30-jährigen Harfensolistin entsprechen dem Klischee der schöngeistigen Musikerin, die vollends in ihrer Kunst aufgeht. Doch Assia Cunego kann auch kräftig zupacken: Ende 2010 hat sie mit ihrem Mann das alte, 2007 in die Insolvenz gegangene Hotel Weserhof in Sandstedt erworben, kernsaniert und dem 1.500 Quadratmeter großen Gebäude neues Leben eingehaucht. Es fällt nicht leicht, sich die 1,60 Meter große Künstlerin beim Verspachteln und Streichen von Wänden oder dem Verlegen von Fußböden vorzustellen. „Ich habe mich physisch mit diesem Projekt identifiziert“, erklärt sie mit ruhiger Stimme. „Es war eine gute Schulung für mich, um im Gleich-
gewicht zwischen Materie und Kunst zu bleiben.“ Diese Bodenständigkeit nimmt man der zielstrebigen Frau, deren Karriere auf jeder Menge Fleiß, Beharrlichkeit und Eigenverantwortung beruht, sofort ab: „Ich finde es krankhaft, sich als Künstler bedienen zu lassen.“ Nach all der körperlichen Arbeit spürt Assia Cunego, die rund 100 Konzerte im Jahr gibt, „beim Spielen noch mehr Kraft in den Händen“ und ihre rund 40 Kilogramm schwere Harfe trägt sie heute vollkommen problemlos ohne fremde Hilfe. Nach fast drei Jahren harter Arbeit sind rund 700 Quadratmeter der Fläche fertig gestellt: Der Konzertsaal im Dachgeschoss sowie diverse Unterrichts- und Wohnräume. Diese bilden den Grundstein der am 13. Januar 2013 eröffneten Harp Academy von Assia Cunego, in der seitdem Meisterkurse, Workshops, Wettbewerbe und Konzerte stattfinden. Im September 2013 erhielt die tatkräftige Unternehmerin die Internats-Zulassung, so dass ab 2014 Kinder ab zehn Jahren sowie Studenten im Internat leben und lernen können. Parallel läuft der Unterricht mit rund 20 externen Schülerinnen und Schülern zwischen acht und 83 Jahren, die bei Assia Cunego das Harfespielen erlernen. Ihre jüngste Harfenschülerin ist achtjährige Sarah Weiß, die seit einem Jahr einmal pro Woche aus der ostfriesischen Gemeinde Ihlow nach Sandstedt kommt. Zusammen mit ihrer zwei Jahre älteren Schwester Lea, die ebenfalls von Assia Cunego unterrichtet wird, nimmt
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Zum Teil nehmen die Schüler mehrere Stunden Anfahrt auf sich, um in das Harfen-Internat nach Sandstedt zu kommen. Mutter Annette Weiß die rund anderthalb stündige Anfahrt auf sich. „Ich hatte früher bei uns in der Nähe Unterricht, doch das hat lange nicht so viel Spaß gemacht wie bei Assia“, berichtet die Zehnjährige munter. In der Familie Weiß gibt es mehrere Harfen, auf denen täglich geübt wird. Leas Lieblingslied heißt „Morgengruß“. In das Instrument Harfe verliebte sie sich auf den ersten Blick: „Als wir einmal in Kärnten im Weihnachtsurlaub waren, habe ich in einem Konzert eine Harfe gesehen und gehört. Das hat mir so gut gefallen, dass ich das Instrument unbedingt lernen wollte.“ Und das ging ihrer kleinen Schwester Sarah genauso. Elfriede Kirchhoff aus Worpswede zählt zu den älteren Harfenschülerinnen im Blauen Haus: „Vor rund einem Jahr habe ich Assia Cunego bei einem Konzert in der Osterholz Scharmbecker Mühle erlebt“, berichtet die 61-Jährige, die sich selbst als „musikalischen Laien“ bezeichnet und eigentlich ihren Kindheitstraum vom Klavierspielen in die Tat umsetzen wollte. Doch der volle, variationsreiche Klang der Harfe habe sie so in seinen Bann gezogen, dass sie nach dem Konzert lieber in die Saiten greifen wollte, anstatt in die Tasten. „Vor kurzem hatte ich mein einjähriges
‚Harfineum’“, erklärt Elfriede Kirchhoff lachend. Für sie bedeuten lebenslanges Lernen und neue Herausforderungen ein Stück Lebensqualität. „Harfespielen ist zu meinem leidenschaftlichen Hobby geworden!“ Die Idee hinter dem kühnen Projekt, eine Harp Academy mit Internatsbetrieb zu gründen, entwickelte die Musikerin bereits mit 23 Jahren, als sie nach dem Studium damit begann, Meisterkurse zu geben: „Bei den Meisterkursen, die rund eine Woche dauern, wohnen die Studenten mit dem Dozenten zusammen und üben gemeinsam. Und zum Schluss gibt es ein Abschlusskonzert.“ Den ständigen Austausch zwischen Schüler und Lehrer, der sich in Gesprächen beim gemeinsamen Essen oder am Abend intensiviert, hat Assia Cunego als derart fruchtbar empfunden, dass daraus ihre Vision eines Internats entstand. In diesem erhält heute jeder Schüler oder Student individuelle Förderung und kann gezielt auf die Berufsausrichtung seiner Wahl hinarbeiten: „Ich bilde Solisten, Kammermusiker, Orchestermusiker und Musikpädagogen aus.“ Als zweites Instrumentalfach wird Klavier unterrichtet. Weitere Unterrichts-Bausteine sind Musiktheorie, Gehörbildung, Musikgeschichte, Dirigieren und Konzert-
Der Spaß am Musizieren steht im Vordergrund, denn „Musik ist mehr als Technik“, weiß Assia Cunego. management. Im Gegensatz zur Ausbildung an der Musikhochschule gibt es kein festes System, sondern einen individualisierten Lehrplan. „Die Musik leidet, wie das Schul- und Universitätswesen, unter Leistungsdruck und Technisierung“, erklärt Assia Cunego den Hintergrund ihrer Ausbildungsphilosophie. „Wenn Musik vor allem Technik ist, dann fehlt ihr das Wesen, die Kunst, die Einfühlsamkeit, die Kreativität und der Geist.“ Die Abschlüsse von Assia Cunegos Harp Academy sind nicht staatlich anerkannt. Zuschüsse aus öffentlicher Hand erhält die Privatschule nicht. Doch davon lässt sich die Musikerin nicht beirren, schließlich hat sie sich ihren Weg als Harfenistin, Dozentin und Unternehmerin aus eigener Kraft erkämpft. Im Alter von acht Jahren begann die in der norditalienischen Stadt Rovereto geborene Assia mit dem Harfespielen. Ohne das Zutun ihrer Eltern fing sie schon früh damit an, aus eigenem Antrieb viele Stunden am Tag zu üben. Mit fünfzehn Jahren brach sie die Schule ab: „Meine Eltern und Lehrer waren total schockiert, weil ich immer sehr gut in der Schule war und niemand verstehen konnte, dass ich Berufsmusikerin werden wollte.“ Trotzdem begann sie mit eisernem Willen
und viel Verzicht am Conservatorium in Brescia ihr Studium, das sie drei Jahre später an die Hochschule in Würzburg führte. Nach Beendigung ihres Diploms musste die Absolventin sehr hart kämpfen, um sich ihren Weg als Berufsmusikerin zu ebnen: „Ich war eine der vielen Schülerinnen, die einen guten Abschluss hatten, aber nichts mit ihrem Leben anzufangen wussten.“ Aus dieser am eigenen Leib erlebten Divergenz zwischen Ausbildung und Beruf entwickelte sich später ihr Bestreben, angehende Berufsmusiker mit praktischem Handwerkszeug auszurüsten. So zählen betriebswirtschaftliche Grundlagen, Werbung und Akquisition ebenfalls zur Ausbildung am Harfen-Internat. Als Solistin gab Assia Cunego bis zu ihrem 23. Lebensjahr rund 200 Konzerte pro Jahr. Bei einem ihrer Kirchenkonzerte in der Bremer St. Michael Kirche am Rembertiring lernte sie ihren späteren Ehemann, den Pastor Joachim Paulus, kennen. Bremen wurde ihre Wahlheimat, sie begann zu unterrichten und ihre Konzertreisen auf die Hälfte zu reduzieren. In dieser Zeit startete die intensive Suche nach einer geeigneten Immobilie für das Harfeninternat. Kurz nach dem Erwerb des sanierungsbedürftigen Hotels, das für rund 100.000 Euro mitsamt
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des 2000 Quadratmeter großen Weser-Grundstücks den Besitzer wechselte, zog das Ehepaar auf die Baustelle, um neben dem Beruf möglichst viel Zeit für die eigenhändige Sanierung aufbringen zu können. Mittlerweile beläuft sich die Investitionssumme auf 850.000 Euro. Zu den Förderern der Harp Academy zählen unter anderem die Kulturstiftung der Kreissparkasse Wesermünde-Hadeln und die Bremer Firma Andras Systemsteuerung. Maximal zehn Schülerinnen und Schüler kann das Internat aufnehmen. Jeder erhält ein geräumiges Zimmer mit reichlich Platz zum Üben. Die Mahlzeiten, die von der Hauswirtschafterin Petra alias „Petruszka“ Schierenbeck zubereitet werden, werden gemeinsam mit der Hauptdozentin Assia Cunego in der großen Wohnküche mit Weserblick eingenommen. Der Schulunterricht erfolgt im zehn Busminuten entfernten Hagen, das mit seinem privaten Gymnasium ohne Nachmittagsunterricht einen idealen Partner darstellt. Allerdings wird für die Zukunft – unter dem Postulat der Wirtschaftlichkeit – ebenfalls über Privatunterricht im Internat nachgedacht. Um das Wohl der Kinder und Jugendlichen kümmert sich die Erzieherin Barbara Wünsch. Wie alle Schüler verfügen auch Assia Cunego und Joachim Paulus über nur ein privates Schlaf- und Badezimmer. „Das gehört
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zur Authentizität meines Internats, in der mich meine Schüler als Mensch mit Stärken und Schwächen wahrnehmen sollen“, erzählt Assia Cunego, die sich an der geradezu unwirklichen Mystifizierung vieler Dozenten stört. „Wie in einer richtigen Familie gibt es bei uns auch nur eine Küche, in der gemeinsam gesessen und gegessen wird.“ Natürlich wird die Solistin auch zukünftig regelmäßig auf Konzertreisen gehen, während sich ihre Harfenschüler selbstständig ihre Stücke erarbeiten müssen. Doch auch das gehört zum Konzept. Wer am Harfen-Internat aufgenommen werden möchte, muss zuvor ein Aufnahmewochenende absolvieren, in dem die Eignung geprüft wird. Kinder ab zehn Jahren sind ebenso willkommen wie Studenten, die ein privates Diplom oder Master-Zertifikat erwerben möchten. Es sind auch Aufenthalte über ein Jahr, die Dauer eines Ferienintervalls oder eines Wochenendes möglich. „Durch das gemeinsame Leben in der Harp Academy entstehen wechselseitige, künstlerische Anregungen und viel produktiver Austausch. Gemeinsam kann man mehr erfahren, erleben und lernen.“ 1.700 Euro kostet die monatliche Unterbringung inklusive Unterricht für Harfenanfänger. Fortgeschrittene Schüler oder Studenten zahlen 2.100 Euro. Eine finanzielle
Förderung ist in Einzelfällen möglich. Auf dem Plan der Harp Academy stehen regelmäßig öffentliche Veranstaltungen musikalischer und künstlerischer Natur. Ein Blick auf das Programm lohnt sich (www.harpACademy.com). Ein klassisches Weihnachtskonzert mit Harfe und Streichquartett ist für den 10. Dezember ab 19.30 Uhr geplant. Gespielt werden Werke von Vivaldi, Britten und Händel. Vom 2. bis 6. April wird das blaue Haus am Sandstedter Deich zum Austragungsort der fünften „Internationalen Harp Competition“. Erwartet werden Harfensolisten aus aller Welt. Dieser internationale Harfen-Wettbewerb wurde von Assia Cunego ins Leben gerufen und ist mit 1000 Euro Preisgeld dotiert: „Hier treffen sich alljährlich Juroren und Solisten für einige Tage und knüpfen wertvolle Kontakte.“ Für die Internatsschüler kann so ein Zusammenkommen nur förderlich sein: Schließlich seien persönliche Kontakte für einen Berufsmusiker meist wesentlich wichtiger als ein zehnminütiges Vorspielen. Wer den orchestralen Klang von Assia Cunegos Harfe kennenlernen möchte, dem sei das „Konzert mit Weserblick“ am 11. Januar 2014 empfohlen: Dann spielt die Solistin den „Canto ostinato“, der eine für viele bisher ungeahnte Dimension der Harfe erlebbar macht.
Fotoquelle: Harfen-Internat
Authentisch: Wie in einer richtigen Familie lebt das Betreuer-Team im Harfen-Internat mit den Schülern zusammen.
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Handwerk
„Die Kaffeerösterei ist mein Zuhause“
Dr. Ilse Münchhausen-Prüße betreibt mit ihrer Tochter die älteste Kaffeerösterei der Hansestadt Von Wiebke Gloe-Carstensen
Der historische Kaffeeröster bildet das unternehmerische Herzstück der Münchhausen-Rösterei.
D
as Geräusch des Kaffeerösters dröhnt unüberhörbar und füllt ebenso intensiv jeden Winkel des Erdgeschosses des alten Hauses im Stephaniviertel wie der kräftige, durchdringende Geruch nach frisch gerösteten Kaffeebohnen. „Hier bin ich aufgewachsen. Die Wohnung meiner Eltern befand sich direkt über den Röst- und Lagerräumen. Schon als kleines Kind bin ich oft und gerne nach unten gegangen, habe zugeschaut und den Kaffeeduft geschnuppert“, erzählt Dr. Ilse Münchhausen-Prüße, die die Kaffeerösterei seit dem Tode ihres Vaters betreibt. Dabei war eigentlich nie geplant, dass die einzige Tochter des Kaufmanns August Münchhausen einmal Kontor und Rösterei führen würde. Vor dem Hintergrund des ruinösen Preiskampfes auf dem Kaffeemarkt und des dadurch entstandenen Verdrängungswettbewerbs, der seit den 70er Jahren unaufhaltsam zahllose Kaffeeröstereien zur Aufgabe oder Fusion gezwungen hatte, wollte der vorausschauende Vater seiner Tochter ganz bewusst beruflichen Misserfolg ersparen. „Die Preise waren so im Keller, dass man Rohware kaum
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günstiger beziehen konnte, als fertig gerösteten Kaffee“. Tochter Ilse studierte deshalb – ihren Gaben folgend – Mathematik und Physik. Selbstverständlich erwiesen sich diese Disziplinen für ihre spätere Fortführung des väterlichen Erbes als hilfreich. Der Gründer arbeitete bis über seinen 90. Geburtstag hinaus in seiner Kaffeerösterei. Schließlich hatte der Kaffeekünstler August Münchhausen – dessen 1935 kreierte „Festtagsmischung“ in vielen alteingesessenen bremischen Familien noch heute untrennbar mit Kaffeegenuss verbunden ist – nie einen anderen Kaffee entdeckt, der ihm im Ruhestand geschmeckt hätte. Also röstete der agile Kaufmann beständig in kleinen Mengen weiter – für sich selbst, Familie und Freunde und lieb gewonnene Stammkunden. Die Arbeit am Röster tat ihm offensichtlich gut und so setzte er bis zum Schluss seine Arbeit
Gründer August Münchhausen
fort. Mit 92 Jahren war August Münchhausen Deutschlands ältester Röstmeister. Nach dem Tode des Gründers im Jahre 2003 übernahm Dr. Ilse MünchhausenPrüße die Kaffeerösterei ihres Vaters. Mit Enkelin Natalie Prüße ist seit rund sieben Jahren die dritte Münchhausen-Generation im Geschäft aktiv. Die Anfänge der ältesten familiengeführten Kaffeerösterei liegen übrigens auf dem Teerhof: „1935 machte sich mein Vater mit dem Kaffeeversandhandel ‚Münchhausen Kaffee’ selbstständig“, erzählt die heutige Inhaberin. „Damals gab es in Bremen 44 Kaffeeröstereien und 277 Kaffeeversandhändler. Für heutige Verhältnisse eine erstaunlich große Zahl.“ August Münchhausen bewies ein gutes Gespür für Kaffeekompositionen, stellte seine beliebten Mischungen zusammen und kümmerte sich um den Vertrieb. Das Kaufmännische
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lag dem jungen Mann aus Herstelle an der Oberweser ebenso im Blut wie das Talent zur Selbstständigkeit: Seine Eltern betrieben vor Ort ein Kolonialwarengeschäft und so machte er in jungen Jahren eine Lehre zum Großund Außenhandelskaufmann. 1928 hatte August Münchhausen ausgelernt und ging nach Bremen in die Kaffeebranche. Sein Sprung in die Selbstständigkeit resultiere aus seiner vehementen Ablehnung der Nationalsozialisten, so die Tochter: „Als die Belegschaft seines damaligen Arbeitgebers 1935 geschlossen in die Partei eintrat, kündigte mein Vater demonstrativ seine Stelle und machte im Alter von 25 Jahren sein eigenes Geschäft auf.“ Der Erfolg bestätigte ihn: Bereits drei Jahre später konnte er die Immobilie im Geeren 24 erwerben, in der die Kaffeerösterei August Münchhausen am 29. März 1938 mit eigenem Trommelröster ihren Betrieb aufnahm und bis heute dort ansässig blieb. „Eine große Investition und ein großes Risiko, vor allem zu dieser Zeit“, sagt Tochter Ilse Münchhausen-Prüße. Doch der Neid habe nicht lange auf sich warten lassen: „Das Propa-
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gandablatt der SS hetzte unter Vorbringung falscher Tatsachen gegen meinen Vater, weil er sich offen gegen die Partei gestellt hatte.“ Der Umsatz brach ein - besonders bitter, weil gerade die Umsätze dieses Jahres noch lange nach dem Krieg bei der Verteilung der ersten Rohkaffeeimporte an die Kaffeeröster zu Grunde gelegt worden seien… August Münchhausen habe noch viele Jahre später von der „langen Peitsche der Nazis“ gesprochen. Hätte er damals mehr Rohkaffee einkaufen können, so hätte er natürlich viel mehr Kaffee rösten und verkaufen können. In den Kriegsjahren wurde nur noch Kaffee-Ersatz produziert. Sämtliche Bestände an Bohnenkaffee und Tee waren bei Ausbruch des Krieges konfisziert worden und August Münchhausen musste als Soldat an die Front. Als 1944 das Haus durch Luftangriffe zerstört wurde, weilte der Röster – das Herzstück des Unternehmens – glücklicherweise längst in der sicheren Scheune eines Bauern im Umland.
Nach der Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft begann August Münchhausen sofort mit dem Wiederaufbau seines Geschäfts- und Wohnhauses. Doch erst mit der Währungsreform 1948 war Rohkaffee wieder auf dem Markt zu kaufen: Die Produktion von Bohnenkaffee und der deutschlandweite Versandhandel an viele Firmen und Privathaushalte wurden wieder aufgenommen. Bohnenkaffee war in den Nachkriegsjahren ein unglaublich teures, hoch besteuertes Luxusprodukt, das – je nach Wunsch und Geldbeutel – selbst in winzigen, für wenige Tassen Kaffee ausreichenden Tütchen verkauft wurde. August Münchhausens Geschäft mit sortenreinen Kaffees und Mischungen überdauerte die kritischen Jahrzehnte des vergangen Jahrhunderts, in denen sich der Kaffeepreis in groteske Tiefen bewegte, und erlebte mit dem um das Jahr 2000 aufkommenden neuen Qualitätsbewusstsein eine Renaissance. Die Slow-Food-Bewegung schaffte eine besondere Wahrnehmung für exklusive, fair gehandelte Produkte, so dass eine immer größere Käuferschaft sich nicht mehr für den niedrigsten Preis, sondern zugunsten der Qualität entschied. Entsprechend positiv entwickelt sich das Geschäft der Kaffeerösterei Münchhausen e.K.. „Wir rösten jedes Jahr ein bisschen mehr“, erklärt Dr. Ilse Münchhausen-Prüße. „2012 waren es gut 25 Tonnen und in diesem Jahr werden es fast 30 Tonnen sein.“ Die inhabergeführte Kaffeerösterei, die drei Angestellte beschäftigt, strebt jedoch keine große Expansion an. Mit dem Qualitätsanspruch und der gewünschten Nähe zum Produkt sei die Obergrenze klar definiert. Und die wird ganz klar durch den 65 Jahre alten Konvektionsröster der Firma Gothot bestimmt. In diesem besonderen Röster, der von August Münchhausen
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ganz bewusst ausgewählt wurde und seitdem gehegt und gepflegt wird, können gut 50 Kilogramm Rohkaffee geröstet und mit kalter Luft abgekühlt werden. In diesem schonenden Verfahren der Langzeitröstung werden die Kaffeebohnen langsam auf Temperaturen zwischen 180 und 210 Grad Celsius erhitzt und – je nach Sorte, Menge und Rösttiefe zwölf bis 25 Minuten geröstet. Die lange Röstzeit hat den Vorteil, dass die während des Erhitzungsprozesses entstehenden Schadstoffe herausgelöst werden. Das leisteten die auf Masse ausgelegten industriellen Großröster nicht. Da sie bis zu 14,5 Tonnen Rohkaffee pro Stunde schaffen, sei die Röstung dort innerhalb von zwei Minuten abgeschlossen, so Dr. Ilse Münchhausen-Prüße. „Die während des Röstprozesses entstehenden Schadstoffe wie beispielsweise Acrylamid werden nämlich erst nach rund acht Minuten eliminiert“, erklärt die Kaffeeexpertin. „Wir rösten den Kaffee relativ hell, um die gesamte Geschmacksvielfalt der einzelnen Provenienzen zu erhalten. Dadurch wird der Kaffee mild und gut bekömmlich ohne eine chemische Behandlung zu erfahren.“ Bei dem, was in Münchhausens
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Röster gelangt, handelt es sich überwiegend um Bio-Ware, die als besonders gut verlesene Sackware aus rund 20 verschiedenen Ländern rund um den Äquator kommt. Im Lager der verschachtelten Räumlichkeiten im Geeren 24 lagern auf Paletten Säcke mit fast dreißig Sorten Rohkaffee aus Süd- und Mittelamerika, Ostafrika, Asien und Indien. Besonderen Wert legt die vierfache Mutter, die den Kaffee nicht selbst importiert – jedoch regelmäßig Kaffeeplantagen besucht – auf fair gehandelte Preise, für die sie im Gegenzug exzellente Ware erwartet: „Fairer Handel bedeutet für mich, dass niemand ausgebeutet wird und jeder am Kaffeeanbau und -handel Beteiligte anständig für seine Arbeit entlohnt wird.“ Jedes Anbauland besitzt eine eigene geschmackliche Ausprägung, die durch Faktoren wie Klima, Anbauhöhe, Boden und Aufbereitung dem Kaffee sein besonderes Aroma verleiht. Jede Kaffeesorte wird einzeln geröstet. Erst nach dem Röstvorgang werden die Mischungen hergestellt. „Gekostet wird morgens, wenn die Zunge noch ausgeruht ist“, erklärt die Kaffeerösterin das optimale Timing für die Geschmackstests,
die immer nach dem Neueinkauf und zur Abstimmung der Kaffeemischungen erfolgen. Seinen Kunden offeriert die Kaffeerösterei Münchhausen fünf spezielle Mischungen – von der bewährten Festtagsmischung des Gründers über die dunkle Französische Mischung bis zur entkoffeinierten Kreation. Daneben gibt es 16 sortenreine Kaffees unterschiedlichster Herkunft, dazu kommen sechs sortenreine aus biologischem Anbau. Abgerundet wird das Angebot durch zehn verschiedene Espressi. Für Kenner sind außerdem Raritäten und Spezialitäten im Programm: zum Beispiel Kaffee von Hawaii, St. Helena oder den Galapagos Inseln. Da Kaffee und Tee früher meistens von einem Händler eingekauft wurden, vertreibt Dr. Ilse Münchhausen-Prüße, der Tradition ihres Vaters folgend, diverse schwarze und grüne Teesorten, Rooibos Tees und Aromatees. Neben dem Versandgeschäft, das an Stammkunden nach Deutschland und in vieler Herren Länder geht, werden die erlesen Kaffees über Bäckereien und Feinkostgeschäfte vertrieben. „Wir wollen keine großen Ketten beliefern, da kleine Läden der Exklusivität unserer Produkte am besten gerecht werden und der Verbraucher dort die beste Beratung erhält.“ Die Verkaufsstelle der Kaffeerösterei Münchhausen ist – ganz im Sinne der Wahrung des Familienerbes - eher ein Werksverkauf als ein Geschäft: Der alte Verkaufstresen im Kontor der Rösterei sieht noch genauso aus wie zu August Münchhausens jungen Jahren nach dem Kriege. Alles atmet und spiegelt das Timbre der alten Zeit, die an diesem Ort untrennbar in den Fußbodenkacheln, der Raumaufteilung, dem alten Röster und der bewährten Manufaktur- Arbeit konserviert ist. Geöffnet hat das Kontor nur an den Vormittagen, ein Ladenschild sucht man am Gebäude vergebens. Drinnen gibt es erstklassigen, handgerösteten Kaffee, professionelle Beratung rund ums Produkt und dessen Zubereitung und zugleich einen Ausflug in die Welt des August Münchhausen, zu dem Mutter und Tochter angemeldete Besuchergruppen gerne begleiten.
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Mit der
„Nedeva“
durch Raum und Zeit Historische Motoryacht zeugt vom „Golden Age of Yachting“ Von Maren Hustedt
Eine Idee von den Vorzügen der extravaganten Luxusyacht im 20er-Jahre-Stil bekamen die Gäste der Gatsby-Party, hier am Schlachte-Anleger 3b.
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ie gehört zu den letzten ihrer Art, ist eine wahre Legende. Wenn Georg Papp Gäste an Bord seiner „Nedeva“ begrüßt, legt er dazu am liebsten Charleston-Platten auf. Gediegene Musik, ein edles Schiff aus Holz und Chrom, ein Eigner, der sich elegant in Schale geworfen hat – diese Elemente lassen ein längst vergangenes Zeitalter lebendig werden: „The golden Age of Yachting.“ Palm Beach, 1930. Scheinbar schwerelos durchschneidet die auf Hochglanz polierte „Nedeva“ das Wasser des Hudson River. Im Inneren der prächtigen Pilot-House-Yacht beugt sich der Bankier und Multimillionär Edward Townsend Stotesbury konzentriert über eine Reihe von Schriftstücken, die er vor sich auf
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dem Mahagoni-Schreibtisch ausgebreitet hat. Wichtige Investitionen stehen an. Während er noch grübelt, bringt ihn die „Nedeva“ ebenso schnell wie unmerklich seinem nächsten Geschäftstermin näher. Von der New York Yacht Launch and Engine Co. gebaut, dient die 23,3 Meter lange „Nedeva“ Edward Townsend Stotesbury unter anderem als Transportmittel zwischen seinen Anwesen Bar Harbor, Maine (Philadelphia) und El Mira Sol in Palm Beach (Florida). „Commuter-Yachten wie die „Nedeva“ gehörten im Amerika der 20er und 30er Jahre zu den schnellsten und vor allem komfortabelsten Verkehrsmitteln“, weiß Georg Papp zu berichten. Die klassischen PendlerYachten zeichneten sich durch eine
solide Bauweise, schlanke Silhouetten und starke Motoren aus. Manche erreichten Geschwindigkeiten von bis zu 50 Knoten. Doch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten genossen die Reichen und Schönen ihr Leben auch privat gern auf dem Wasser. Und so verbrachte man auf den luxuriös eingerichteten Yachten das Wochenende, traf sich zum „English Breakfast“, zum „Diner Cruises“ und immer wieder gern zum stilvollen Feiern im erlauchten Kreis. Bremen, 2013. Sicher vertäut liegt die „Nedeva“ am Anleger 3b an der Weserpromenade der Bremer Schlachte. Über 80 Jahre sind seit ihrer Jungfernfahrt vergangen. Jahre, in denen sie nicht nur als Pendler-Schiff der Superreichen, sondern auch als
Die Nedeva am Anleger des Stotesbury Anwesens in El Mirasol.
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Der große Salon Stotesbury bietet Platz für zwölf Gäste. In der Kajüte Barbara Hutton steht der Original-Schreibtisch von Edward Townsend Stotesbury (Mitte). Erste Trauung an Bord in der J. P. Morgan Havanna Lounge (unten).
Ausflugsboot für Angler und als Wohnund Arbeitsschiff für Archäologen in der Antarktis gedient hat. Auf den Wellen der Weser sanft schaukelnd, kann die betagte Amerikanerin heute gelassen ihrer nächsten Ausfahrt entgegenblicken. Denn inzwischen ist sie wieder in guten Händen – bei dem Eigner Georg Papp. Der gebürtige Bremerhavener (Wulsdorf) lernte bei der AG Weser Seebeckwerft Schiffbauer. Orientierende Ausflüge in die Themen Pädagogik, Psychologie, Technik sowie Marketing gingen einem abschließenden Grafik-Design-Studium in Bremen voraus. „Über die Jahre habe ich eine Vorliebe für klassische Formen und edles Design entwickelt“, erzählt Papp. Und auch der tief empfundene Respekt, den der Schiffseigner gegenüber zeitloser Handwerks- und Baukunst empfindet, liegt wohl in dieser Epoche verwurzelt. Gegenüber der „Nedeva“, als „lebendige“ Zeugin einer ebenso prachtvollen wie längst vergangenen Zeit, fühlt sich der 58-jährige Leiter einer Bremer Werbeagentur zur Fürsorge verpflichtet. Er bezeichnet sich daher selbst nur ungern als „Eigner“ des
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Bord waren, wollten gar nicht wieder gehen. Das brachte uns auf die Idee, ein größeres Schiff zu restaurieren und es zu verchartern.“ Eine ausgiebige Internet-Recherche und unzählige Gespräche und Besichtigungen später stieß Georg Papp im amerikanischen Westport (in der Nähe von Seattle) auf die stark heruntergekommene „Nedeva“ - derzeit unter dem Namen „Shorleave“. Sechs Jahre war das Schiff dort bereits zum Kauf angeboten worden. „For sale“ stand auf einem kleinen Schild, das an ihrem unansehnlichen Rumpf baumelte. Mit bewegter Stimme erzählt Georg Papp: „Die ‚Nedeva‘ bot einen derart traurigen Anblick, dass niemand sie beachtete.“ Offensichtlich hatte keiner gesehen, welch ein Schatz dort verborgen lag. Doch zwischen dem Bremer Schiffsbau-Gesellen und der alten Commuter-Yacht sprang ein zündender Funke über. Und so verbrachte Papp, ausgerüstet mit allerlei Werkzeug und Messgerätschaften, volle zwei Tage und Nächte an Bord der „Nedeva“, um sie auf Herz und Nieren zu überprüfen. „Das Holz war zum Teil wie Torf“, erinnert er sich. „An
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Schiffs, sondern bevorzugt den amerikanischen Begriff des „Careholders“. „Es geht nicht darum, ein Schiff zu besitzen, sondern es zu pflegen“, beschreibt Papp. „Man sorgt dafür, dass es dem Schiff gut geht und darf dafür einige Zeit an Bord verbringen.“ Wer diese Philosophie versteht, der kann auch nachvollziehen, mit welcher Leidenschaft und welch unvorstellbar großem Aufwand Georg Papp die „Nedeva“ erworben, restauriert und wieder flott gemacht hat. Erste Erfahrungen im Restaurieren historischer Schiffe sammelte der Bremer Unternehmer mit der Motoryacht „Nan“. Das etwa 15 Meter lange Schiff war von der Yachtbau-Legende Ed Monk entworfen und im Jahr 1934 gebaut worden. Georg Papp und seine Gattin Ruth kauften die „Nan“ im Juni 2006, unterzogen sie einer aufwändigen Renovierung und stachen mit ihr in See. „Wo auch immer wir mit der im Stil der 30er Jahre eingerichteten ‚Nan‘ anlegten, erregte das Schiff Aufmerksamkeit“, erinnert sich Georg Papp. „Andere Schiffseigner und deren Frauen drückten sich an den Fenstern die Nasen platt. Viele Gäste, die an
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zahllosen Stellen konnte ich mit dem Finger ein Loch durch die Wand bohren. An Deck wuchs Gras, und zahlreiche Kabel, Rohre und Generatoren waren kaputt.“ Doch die Substanz war gut, stellte sich heraus. Und trotz Grünspan, Schimmel und undichter Stellen entschied Georg Papp, die „Nedeva“ zu kaufen. Die Überführung der betagten Schiffsdame in bremische Gewässer gestaltete sich kompliziert und kostspielig. „Von Westport nach Victoria in Kanada ist die ‚Nedeva‘ zunächst auf eigenem Kiel gefahren“, berichtet Georg Papp. Dabei sei sie in einen schweren Sturm geraten. 4,50 Meter hohe Wellen warfen sich dem angeschlagenen Schiff entgegen. Doch der eigens für diese Überfahrt angeheuerte Kapitän gab ihr ein gutes Zeugnis. Dazu Georg Papp: „Er nannte sie ein ‚wunderbar seetüchtiges Schiff‘.“ Von Victoria aus ging es dann als Deckslast weiter nach Fort Lauderdale. Starke Regengüsse, die die Yacht durch Undichtigkeiten im Deck volllaufen ließen, führten dazu, dass die „Nedeva“ bei ihrem Zwischenstop in Fort Lauderdale fast gesunken wäre. Weiter ging es für das Schiff bis nach Eemshaven. Bevor die Yacht dort ins Wasser gehoben werden konnte, musste die mit Öl und Wasser gefüllte Bilge komplett entleert werden. Georg Papp selbst übernahm mit Freunden die Aufgabe, sie vor Ort wieder flott zu machen. Erst als von den Behörden die Dichtigkeit des Rumpfes bestätigt wurde, durfte die „Nedeva“ durch das Naturschutzgebiet Wattenmeer mit Schlepperhilfe bis Emden fahren. Von dort aus ging es dann autark weiter nach Vegesack. In der Winkler-Werft begann der „Careholder“ mit den Restaurierungs-
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arbeiten an Rumpf und Maschine. „Das Schiff musste komplett entkernt werden“, erinnert er sich. Danach wurde es anhand von original Deckslayouts des Schwesternschiffs „Bell“ und in Anlehnung an Originalaufnahmen neu aufgebaut. „Letztendlich haben wir am Rumpf nur elf Planken ausgetauscht“, berichtet Georg Papp. „Wenige gebrochene Spanten haben wir gesistert und einige Decksbalken wurden erneuert. Das Schandeck wurde ebenfalls neu gefertigt. Wände und Decken wurden isoliert. Die Decksaufbauten haben ebenfalls eine Runderneuerung erfahren. Was nicht unbedingt ersetzt werden musste, haben wir ausgebessert.“ Auch die Wiederherstellung der Schiffskabinen erfolgte mit viel Sinn für das historische Detail. So findet sich in der Kabine Delphine Dodge der Original-Schreibtisch, an dem Edward Townsend Stotesbury vor über 80 Jahren gearbeitet hat. In den fünf gemütlichen Kabinen, zum Teil mit eigenem Bad, Dusche und Wanne, finden die Gäste heute eben den Komfort, den die „Nedeva“ schon zu ihren Glanzzeiten bot. Dass diesen Luxus in der Vergangenheit schon berühmte Gäste zu genießen wussten, belegen nicht nur Berichte von ihren Aufenthalten, sondern auch die Namen der Kabinen, wie Barbara Hutton-, Henry Ford- und James H.R. Cromwell- und Delphine Dodge-Kabine. Nach altem Vorbild stilecht restauriert wurden ebenfalls der Salon Stotesbury, die Doris Duke Bar und die J.P. Morgan Havanna Lounge. Konsequent legte der Schiffseigner größten Wert auf die Verwendung original historischer Materialien oder stilechter Repliken, die er höchstpersönlich entworfen und gezeichnet hat.
Drei Jahre sind vergangen, seit Georg Papp die „Nedeva“ unter seine Fittiche genommen hat. Und schon heute geben sich auf ihr wieder Unternehmer, Politiker, Filmteams, Jubilare, Brautpaare und andere begeisterte Besucher ein reges Stelldichein. Ins Gästebuch schrieb Familie Hirschfeld aus München: „Dies war auf unserer Norddeutschlandtour eindeutig der absolute Höhepunkt!…Schön, dass es Menschen wie Sie gibt, die die wertvollen Dinge aus anderen Welten erhalten und pflegen.“ Ein japanisches Team drehte auf der „Nedeva“ Szenen für einen Film über bremische Highlights, und regelmäßig bittet der RTL Nord Polit Talk hochkarätige Gäste wie Henning Scherf und Jens Böhrnsen an Deck der „Nedeva“ zum „seefesten“ Pressegespräch. Für Verhandlungen über eine mögliche Rettung der Hamburger Sietas Werft nutzte der Chef der AK Khan Group, Shamsuddin Khan, die Ruhe und Abgeschiedenheit der „Nedeva“. Und sogar ein Ehevertrag wurde hier bereits unterzeichnet. Viel Energie, Geld und noch mehr Liebe investierte Georg Papp in den Wiederaufbau seines Traumschiffs. Mit dem Ergebnis, dass er heute seine Gäste an Bord der „Nedeva“ tatsächlich mitnehmen kann auf eine lebendige Zeitreise in die illustre Welt des amerikanischen Geldadels der 20er und 30er Jahre. „Mein Traum hat sich erfüllt“, beschreibt Georg Papp, während er mit der Hand sanft über das Mahagoni streicht. „Schon früher bot die ‚Nedeva‘ einen passenden Rahmen für die bedeutenden und schönen Seiten des Lebens. Und genau so sollte es wieder werden – aber in der heutigen Zeit.“ Das Projekt scheint gelungen.
Fotoquelle: Papp Classic Motoryacht Charter
Heute kann die Nedeva für Ausfahrten zwischen Bremen und Bremerhaven gebucht werden (www.ppcharter.com). Bei ihrer Ankunft 2010 in Eemshaven (rechts) war das noch undenkbar.
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Fotos: Torsten Kr端ger
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RegionalProgramm ist Trumpf
Warum sich Radio Bremen auf seine ganz speziellen Stärken besonnen hat Von Heinz Fricke
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lein ist fein“, sagt Pressechef Michael Glöckner und kommt damit sofort auf den Punkt. Radio Bremen, der kleinste der neun ARD-Sender, zeigt keinerlei Neigung, sich als unbedeutendes Schlusslicht im Reigen der bundesdeutschen Sendeanstalten zu fühlen, im Gegenteil: Seit dem Umzug in das neue Domizil in der Bremer Innenstadt hat sich Radio Bremen noch mehr als früher auf seine speziellen Stärken besonnen, die da heißen: Totale Kompetenz in der Regionalberichterstattung und digitales Medienlabor.
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Fotos: Torsten Krüger
Wer die Empfangshalle des gläsernen Hauptgebäudes an der Diepenau in Bremen betritt, merkt schnell, dass die ruhmreiche Vergangenheit noch lebendig ist: Dort blickt das lebensgroße Porträt des Vicco von Bülow von der Wand, besser bekannt als Loriot. Und seit dem 12. November 2013, an dem der vor zwei Jahren gestorbene Loriot 90 Jahre alt geworden wäre, ist der große Humorist und Filmemacher auch schon vor der Tür präsent: Dort kann sich jeder Passant auf dem historischen Loriot-Sofa niederlassen, originalgetreu nachgebaut, allerdings wetterfest. Doch Loriot ist Vergangenheit, ebenso wie Rudi Carrell oder Hape Kerkeling, die auch einst ihre ShowKarrieren bei Radio Bremen begannen. „Um auch in der Zukunft solch große Räder zu drehen, fehlt uns vor allem das Geld“, sagt Michael Glöckner. Nun war Radio Bremen noch nie groß oder reich, doch in den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts, als Loriot und Carrell Fernseh-Geschichte schrieben, lagen die Verhältnisse etwas anders. „Radio Bremen hatte noch mehr Möglichkeiten – aber vor allem haben wir immer
unsere kurzen Wege genutzt“, sagt der Sprecher und erläutert: „Es ging alles flexibel und unbürokratisch. Wenn Loriot eine andere Tür oder ein anderes Fenster haben wollte, dann kam der Schreiner und hat das gemacht, oft über Nacht.“ Heutzutage haben die meisten Fernsehstars ihre eigenen Produktionsgesellschaften, die liefern meist das Personal und das technische Rüstzeug komplett, der Sender rechnet pauschal ab. Wie sich inzwischen die Zeiten geändert haben, mag die Geschichte mit dem Titel, „Wie Loriot Bremer wurde“ zeigen. Das Engagement dieses unvergleichlichen Humoristen hat Radio Bremen letztlich seinem im Oktober verstorbenen früheren Programmdirektor Dieter Ertel zu verdanken. Der war – damals noch beim Süddeutschen Rundfunk (SDR) aktiv – auf den begabten „Stern“-Karikaturisten Vicco von Bülow aufmerksam geworden und überredete ihn zu dessen ersten FernsehVersuchen. Die verliefen zunächst eher unauffällig beim SDR, Loriot werkelte in einem Untergeschoss herum. (In dem übrigens schon jenes Sofa stand, das später Kulisse für etliche
Etwas hart, aber ansonsten originalgetreu: Das durch Loriot deutschlandweit so populär gewordene Sofa, das seit dem 11. November vor dem Radio-BremenGebäude direkt an der Weser (Foto oben) in Bremen steht. Zur Einweihung nahmen (neben dem traditionellen Mops) die Bremer Bürgermeisterin Karoline Linnert und Radio-Bremen-Intendant Jan Metzger auf dem Sofa Platz. Seither sollen dort angeblich schon Tausende von Bremer Bürgern für ein Erinnerungsfoto posiert haben. Denn Loriot, nach dem inzwischen auch ein Platz im Zentrum benannt wurde, produzierte alle seine Sketche bei Radio Bremen – obwohl er eigentlich am Starnberger See beheimatet war.
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Alles digital und miteinander vernetzt: Die Technikräume von Radio Bremen, bestens ausgestattet für die Regie der Fernseh-Sendungen (s. oben) und der Rundfunk-Beiträge.
Foto: Dijana Nukic
unvergessliche Sketche werden sollte.) 1974 wechselte Ertel als Programmdirektor zu Radio Bremen. Und hier erinnerte er sich an den noch nicht so berühmten Loriot, schlug ihm Produktionen für Radio Bremen vor. Der Rest der Geschichte ist bekannt. Loriot wurde mit seinen Bremer Sendungen Kult. Inzwischen gibt es in der Hansestadt einen Loriot-Platz, wenige Schritte entfernt vom Feinschmecker-Bistro Schmidt-Grashoff, in dem sich der Meister des feinen Humors, so er an der Weser arbeitete, zu stärken pflegte. Doch Bremer – das der Vollständigkeit halber – ist Loriot nie gewesen, er fühlte sich am Starnberger See noch wohler. Als Radio Bremen vor einigen Wochen einen Nachruf auf seinen frühe-
ren Programm-Direktor formulierte, blieb auch nicht unerwähnt, dass Dieter Ertel seinem einstigen Sender einen weiteren Solitär bescherte: Er gilt als Vater der „3nach9“- Talkshow, der ältesten aller noch regelmäßig produzierten Gesprächsrunden im deutschen Fernsehen, die sich nach wie vor großer Beliebtheit erfreut. Und zwar bei Zuschauern wie Gästen. Glöckner: „Es gibt eine Reihe von Prominenten, die nur zu ‚3nach9‘ gehen und sonst in keine andere Talkshow.“ „3nach9“ hat Vergangenheit und auch Zukunft; das gilt längst nicht für alles, was an der Diepenau direkt am Weserufer produziert wird. Denn mit dem Umzug im Jahr 2007 in das aus drei miteinander verbundenen Teilen bestehende neue Gebäude griff auch ein neues Konzept, geboren aus der allgemeinen finanziellen Not, aber – wie sich herausstellte – weitsichtig in Bezug auf die digitale Zukunft der Medien. Zuerst allerdings wurde viel Geld ausgegeben: Gut 80 Millionen Euro kostete der Neubau in der Innenstadt, der dem Sender etwas elementar Neues bescherte: Hörfunk und Fernsehen, zuvor in veralteten Gebäuden in weit voneinander ent-
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Redaktionsbesprechungen müssen sein: Ein Blick in einen der Konferenzräume, wo alle Teilnehmer per Bildschirm an der Programm-Gestaltung mitwirken können.
fernten Stadtteilen (Osterholz-Tenever und Vahr) beheimatet, arbeiteten endlich unter einem Dach. Und inzwischen steht fest: Radio Bremen nutzte die Chance, die sich damit bot. Es wurde radikal verschlankt, eingespart und modernisiert, was an einem Beispiel verdeutlicht werden soll: Separate Büros gibt es nicht mehr viele, dafür mehr komplett ausgestattete Arbeitsplätze in größeren Büro-Einheiten. Und die werden wechselweise genutzt: praktische Rollcontainer mit den persönlichen Siebensachen machen es möglich. Als man bei Radio Bremen vor sechs Jahren nach dem Umzug Bilanz zog, zeigte sich, dass die Rechnung aufgegangen war. 80 Millionen hatte alles gekostet, 60 Millionen kamen verabredungsgemäß als Strukturhilfe
von der ARD, rund 20 Millionen erlöste man aus den nun verlassenen Gebäuden. Der Unternehmenssprecher schmunzelnd: „Wir haben keinen Palast gebaut, und wir sind präzise in der Kalkulation geblieben.“ Obwohl an Technik nicht gespart wurde. Nach ihrem Umzug galt die Sendeanstalt als modernste Europas, mit der totalen Konzentration auf die digitale Welt: Rundfunk, Fernsehen und die Online-Redaktion sind miteinander vernetzt, jede Abteilung hat Zugriff auf die Arbeiten der anderen. In der crossmedialen Praxis heißt das: Ein Radioreporter kann auch O-Töne aus einer Fernsehsendung problemlos einbauen. Das spart Aufwand und auch Personal. Heute kommt Radio Bremen mit 400 Mitarbeitern aus, die Hälfte davon freiberuflich. Vor dem Umzug waren es annähernd 600, man trennte sich – wie es heißt – „sozial-verträglich“. Diese Personaleinsparung wurde allerdings vor allem durch einen Kunstgriff ermöglicht. Denn nahezu alle Programm produzierenden Techniker und Produktionsmitarbeiter wurden in eine gemeinsame Gesellschaft mit der Bavaria ausgelagert, in die
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Fotoquelle: Radio Bremen
„Bremedia“. Diese Produktionsfirma, an der Radio Bremen zur Hälfte beteiligt ist, stellt die Techniker, mit dem allerdings wesentlichen Unterschied zu früheren Zeiten: Sie arbeiten auch für andere Rundfunk- und Fernsehanstalten. Glöckner: „ Auf die Bremedia kann jeder Sender zugreifen, der in unserer Region etwas produzieren will. Auch für das ZDF hat die Produktion schon gearbeitet.“ Doch Flaggschiff des kleinsten ARD-Senders, der inzwischen nur noch knapp ein Prozent zum bundesweit ausgestrahlten Programm beisteuert, ist „buten un binnen“. Die tägliche Informationssendung gilt als eines der reichweiten-starken Regionalmagazine Deutschlands. Das soll auch so bleiben. Und deswegen hat man gerade mit einigem Aufwand neue Strukturen geschaffen: Ein gründlich überarbeitetes Studio, über sieben Tage in der Woche aktuelle Berichte und eine tägliche, zeitlich vorgezogene Sportsendung, den „Sportblitz“ – das bietet kein anderes Regionalprogramm. „Sieben Tage lang ein aktuelles, regionales Programm, das ist unser Versprechen an die Zuschauer“, verkündete Fernsehchef Thomas von Bötticher zum Start des neuen Formats. Dazu gehört
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Vier aus dem Moderatoren-Team von Radio Bremen: Ganz links Sport-Experte Felix Krömer, daneben Britta Krane, Alexander Brauer und Yvonne Ransbach. auch eine täglich von wechselnden Schauplätzen aus moderierte „Wetter-Show“. Im Gegenzug zur Strukturreform trennte man sich von weniger attraktiven turnusmäßigen Sendungen wie „Tierladen“, „Nordländer“ und „Ansichten“, auch die Nachrichten um 18.55 Uhr fielen weg. Die, wie es der Sender nennt, „Konzentration auf das Wesentliche“ wurde notwendig durch den eisernen Zwang zum Sparen, der von der Politik noch verschärft wurde. Denn entsprechend des Finanzausgleichs der Länder, bei dem die großen Bundesländer die kleinen unterstützen, gibt es auch einen Finanzausgleich der ARD-Anstalten. Und da musste Radio Bremen mit den Jahren immer mehr Federn lassen. Heute erhält der kleinste Sender nur noch ein knappes halbes Prozent gegenüber früher einem Prozent aus dem Finanzaus-
gleich. Die Ministerpräsidenten wollten es so. So schien es gerade um die Jahrtausendwende unabänderlich, dass Radio Bremen eines nicht allzu fernen Tages auf ein Landesstudio Bremen des NDR reduziert würde, vergleichbar mit der Situation in Hannover oder Kiel. Doch die Gefahr scheint gebannt. „Die Situation hat sich entspannt“, glaubt Michael Glöckner. Die ARD arbeite an Lösungen, den Finanzausgleich für die beiden kleinen Sender Radio Bremen und Saarländischer Rundfunk neu zu organisieren. Und Formatentwicklungen wie die Wochenwebschau der Digitalen Garage würden beweisen, dass die Erfinder-Gene im Radio Bremen-Team auch heute noch für Überraschungen gut sind. „Klein ist auch heute noch fein“ – man sei gut aufgestellt im modernen Funkhaus im Zentrum von Bremen.
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Glücksfall Radio Bremen Nach vielen erfolgreichen Jahren bei „Hallo Deutschland“ im ZDF ist die neue Moderatorin Yvonne Ransbach auch bei Radio Bremen schon gut angekommen. Seit dem Frühherbst beschäftigt Radio Bremen eine neue Moderatorin: Yvonne Ransbach führt allabendlich im Wechsel mit Alexander Brauer und Britta Krane durch „buten un binnen“. Die 38-Jährige setzte sich im Casting gegen rund 80 weitere Bewerberinnen durch, was nicht weiter verwundert: Yvonne Ransbach hat langjährige Fernseh-Erfahrung. Zuletzt moderierte sie fast zehn Jahre lang das ZDF-Magazin „Hallo Deutschland“. Warum vom großen ZDF zum kleinen Radio Bremen? Eine von mehreren Fragen, die sie für BRILLANT beantwortet. Sie haben mit ihrer Familie zuletzt im idyllischen Rheingau gewohnt. Warum nun ins eher unwirtliche Bremen? Ransbach: Also da muss ich schon protestieren. Ich empfinde das Wetter hier bisher als sehr angenehm. Und in Bremen habe ich mich richtig verliebt. Eine tolle Stadt, nicht zu klein und nicht zu groß, sehr familienfreundlich. Außerdem ist mein Mann in Bremen geboren. Er wollte gerne mal zurück und es passte einfach: Der Sender suchte eine neue Moderatorin, ich eine neue Herausforderung. Da habe ich mich beworben. Und ich muss heute sagen: Bremen war ein Glücksfall für mich. Sie haben sich im Casting souverän durchgesetzt. Wie läuft so etwas ab? Ich bekam am Tag vorher meine Aufgaben: Zwei Interviews und Moderation. Ich hatte den früheren Bremer Wirtschaftssenator Jörg Kastendiek zum Gespräch, außerdem ging es um den Lloydhof.
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Für Sie doch relativ fremde und entsprechend schwierige Themen. Ich habe vorher Schularbeiten gemacht. Und speziell das KastendiekGespräch lief sehr gut, er hat mitgemacht. Was ist bei Radio Bremen anders als beim ZDF? Nicht sehr viel. Mein Arbeitstag beginnt schon am späten Vormittag mit der ersten Konferenz und dem Vertraut machen mit den Themen des Abends. Das Gute in Bremen: Der Draht zu den Reportern ist direkter, ich rede fast immer vorher mit ihnen. Und ich bin bei der Abnahme der Berichte dabei, kann noch etwas einbringen, ehe wir auf Sendung gehen. Lassen Sie uns auch noch ein wenig in ihr Privatleben schauen? Kein Problem. Ich bin mit Marc Kosicke verheiratet, wir haben zwei Jungen im Alter von einem und vier Jahren. Mein Mann ist Fußballmanager und Trainerberater, unter anderem vom Dortmunder Trainer Jürgen Klopp. Das klingt, als hätten Sie Ahnung vom Fußball. Habe ich auch, schon aus familiären Gründen. Sie sind viel in Bremen unterwegs, fahren fast täglich mit dem Fahrrad von Schwachhausen zum Sender. Werden Sie schon auf der Straße erkannt? Gelegentlich, und das gefällt mir.
Das Gespräch führte Heinz Fricke.
Vo r s c h a u Frühjahr | Sommer 2014
Foto: Torsten Krüger
Foto: Maren Hustedt
Das typische Bremer Haus
Von der Kunst der Verführung
Wer sich die Liste der Kulturdenkmäler in Bremen – Östliche Vorstadt anschaut, der stößt immer wieder auf den Namen Lüder Rutenberg. Ganze Straßenzüge, wie die Bessel- oder Mathildenstraße, sind gesäumt von Häusern, welche der berühmte Bremer Baumeister Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut hat. Lüder Rutenberg gilt als Erfinder des typischen Bremer Hauses, das in Konzeption und Gestaltung auf den damaligen sozialen, rechtlichen sowie wirtschaftlichen Bedürfnissen der Bremer Bürger basiert. Liebhaber dieser speziellen Bauweise geben heute ein Vermögen aus, um in einem echten Bremer Haus zu wohnen. Auch neue Häuser werden wieder in diesem Stil gebaut.
Vom winzigen Trüffel bis zur lebensgroßen Schokoladenskulptur kreiert Peter Hauptmeier alles, was den anspruchsvollen Gaumen in Versuchung bringt. Seit 50 Jahren verführt der geborene Bremer mit den sympathischen Lachfältchen in den verschmitzten Augenwinkeln mit seinen Spezialitäten Genießer jeden Alters. Er gehört zu Deutschlands führenden Chef-Patissiers und hat verschiedene Bücher herausgebracht, die sogar in der Fachwelt für Aufsehen gesorgt haben. Getrieben von der Idee, etwas zu entwickeln, was noch nie da war, experimentiert Hauptmeier mit klassischen Rezepten, neuen Ideen und außergewöhnlichen Zutaten.
Foto: Torsten Krüger
Heiraten in stilvoller Gründerzeitvilla Über 100 Jahre ist es her, dass die Villa Hoffmann für den Bremer Kaufmann Alfred Hoffmann gebaut wurde. Seither sind Generationen von Menschen dort ein- und ausgegangen. Vom Oberschicht-Wohnhaus über den Sitz der NSDAP bis hin zum Standesamt hat die historische Villa in der Hollerallee 79 zahlreiche Nutzungsänderungen erfahren. Nach der Jahrtausendwende wurde ihr Sanierungsbedarf zum vieldiskutierten Zankapfel. 2013 konnte die denkmalgeschützte Gründerzeitvilla an der Südseite des Bürgerparks nach rund einjähriger Umbauzeit wieder eröffnet werden. Heute werden hier wieder Ehen geschlossen.
Impressum Autoren: Heinz Fricke, Maren Hustedt, Ursula Myke, Wiebke Gloe-Carstensen
Das Magazin aus Bremen Anschrift: Postfach 34 70 77, 28209 Bremen Internet: www.brillant-magazin.de Herausgeberin: Sigrid Lony Hirt (v.i.S.d.P.) Art Direction und Produktion: Diers + Hemmje · Kreative Kommunikation, Bahnhofstraße 46 27305 Bruchhausen-Vilsen www.diersundhemmje.de Art Director: Harald Hemmje Layout & Satz: Christoph Karnebogen Chefredaktion: Maren Hustedt
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Vorschau | Impressum
Fotos: Torsten Krüger, Petra Liebetanz, Martin Rospek, Jörg Landsberg, Heiko Sandelmann, Radio Bremen, Ulrich Leitner, Höpkens Ruh, Münchhausen Kaffee, Papp Classic Motoryacht Charter – J. Hirschfeld Korrektur: Bernhard Lietz Aboverwaltung und -betreuung: Kathrin Gerdau Anzeigen-Druckvorlagen: Bitte als druckfähiges PDF (X3) an info@brilli-bremen.de Preise: Es gilt die Anzeigenpreisliste 2011. Einzelheft: Euro 5,00 inkl. MwSt. Jahresabo: Euro 17,00 inkl. MwSt. u. Porto
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