Wildspitze Ausgabe 10 2018

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Die Jubiläumsausgabe

DIE WILDSPITZE Zeitschrift für das intensive Erleben des Ötztals

Auf dem Eis. In der Luft. Im Wasser. Auf dem Bike. Auf den Ski. Am Fels. Auf der Straße. Im Wald. Freestyle. Mit 120 PS. Über 3.000 Meter. Im Tunnel. Quer durchs Ötztal. In 30 Etappen. Schnell. Auf dem Schlitten. Steil bergauf. Langsam. Über die Schanze. Auf Tour. Mit Rucksack. In der Höhe. Mit dem Board. Am Ziel. Nummer 10, Oktober 2018


Top Quality Skiing 25 Lifte & 112 km Pisten von 1.800 – 3.080 m

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Gratis Skibus im Ötztal Schneesicherheit bis Ende April Kein Gedränge bedeutet Sicherheit & Spaß Tiroler Berggastronomie auf höchstem Niveau: Hohe Mut Alm, Top Mountain Star & Top Mountain Crosspoint Naturrodelbahn in Hochgurgl Funslope in Hochgurgl, quattro Funslope & quattro Snowpark in Obergurgl

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Free ski bus in the Ötztal Snow guaranteed until late April Uncrowded slopes promise safety & fun Traditional Hohe Mut Alm mountain hut, unique Top Mountain Star panorama bar & Top Mountain Crosspoint Natural Toboggan Run in Hochgurgl Funslope in Hochgurgl, quattro Funslope & quattro Snowpark in Obergurgl

NEU AB WINTER 2018/19

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FOTOS: © Ötztal Tourismus: Rudi Wyhlidal, Alexander Maria Lohmann

DER DIAMANT DER ALPEN.


ErstauNlichE gEschichtE

rEpOrtagE

gutE tipps

OhrEN auf

pOrtfOlIO

gutE tIpps

Hitchcock in den Alpen, Piccard am Gletscher

Auf Tuchfühlung mit Hannibal

Wandern mit Klier, auf Skitour mit Lama

Flüsternder Gletscher Ötztalerisch-Lexikon

Das Ötztal aus der Luft gesehen

Klettern mit den Bacher-Sisters Biken mit Simon Scheiber

DIE WIlDspItzE

DiE WilDspitzE

zeitschrift für das intensive Erleben des Ötztals

zeitschrift für das intensive Erleben des Ötztals

Nummer 1, Oktober 2009

Euro 5,00

Nummer 2, Oktober 2010

Ihr persönliches Exemplar

rEpOrtagE

Wie das neue gipfelkreuz auf die Wildspitze kam

pOrtfOliO

Wie das wilde tal gezähmt wurde. Bilder eines Jahrhunderts

01-00_WS_01.09_cover_KKK [001] 1

07.10.2009 19:07:45 Uhr

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12.10.2010 19:59:04 Uhr

AltEs KÖNNEN, NEuE tEchNIK

INtErvIEW

GutE tIpps

zEItgENOssEN

HOcH HINauf

gutE tIpps

„Wildspitz“-Rucksack, Gaislachkoglbahn

Bode Miller zieht den Hut

Tiefschneefahren mit Isi Grüner, die schönsten Stuben

Lindsey Vonn, Franz Senn, Gilbert, F. A. von Hayek

Die Straße auf das Timmelsjoch

Rafting, Wandern, Radfahren, Frauenfußball

DIE WIlDspItzE

DIE WIlDspItzE

zeitschrift für das intensive Erleben des Ötztals

Nummer 3, Oktober 2011

zeitschrift für das intensive Erleben des Ötztals

Ihr persönliches Exemplar

Nummer 4, Oktober 2012

Ihr persönliches Exemplar

aNsIcHtssacHE

Das Ötztal auf historischen Plakaten

Oliver Schwarz, Geschäftsführer Ötztal Tourismus

Liebe Leserin, lieber Leser! Das ist die zehnte Ausgabe der „Wildspitze“. Damit feiert unsere „Zeitschrift für das intensive Erleben des Ötztals“ ein schönes Jubiläum. Ich gratuliere herzlich. Für die Jubiläumsausgabe hat sich das „Wildspitze“-Team etwas ganz Besonderes ausgedacht. Die Ausgabe 10 erzählt von einer Durchquerung des Ötztals in 30 Etappen. 30 Etappen: Das bedeutet nicht nur 30 Landschaften und 30 Stationen. Das bedeutet auch 30 verschiedene Arten, das Ötztal zu bereisen: zu Fuß, mit dem Rad, mit dem E-Bike, dem Motorrad. Mit den Wanderschuhen, den Nordic-Walking-Stöcken, auf Klettersteigen, mit Pickel und Steigeisen auf gefrorenen Wasserfällen. Mit Schneeschuhen, auf der Rodel und mit Langlaufskiern. Mit den Ski auf der Piste, im Tiefschnee, auf Touren im alpinen Gelände. Mit dem Die Wildspitze 2018

pOrtfOlIO

Die Gesichter des Ötztals

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03.10.11 19:45

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05.10.12 15:43

ErstauNlIch

hINtEr DEN KulIssEN

GutE tIpps

IM BILD

SENSATIONEN

GUTE TIPPS

Schmuggler, Sommerfrische, alte Gästebücher

Der perfekte Skitag

Wandern, Radfahren, alte und neue Rezepte

Das ganze Jahr im Ötztal

Rare Schmetterlinge, magische Plätze, tolle Erinnerungen

Klettern, Wandern, Langlaufen, Biken

DIE WIlDspItzE

DIE WILDSPITZE

zeitschrift für das intensive Erleben des Ötztals

Nummer 5, 2014

Zeitschrift für das intensive Erleben des Ötztals

Ihr persönliches Exemplar

Nummer 6, Oktober 2014

Ihr persönliches Exemplar

JuNG & frIsch

Die Melodie des Ötztals

REPORTAGE

Der Weg der Schafe

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08.10.13 16:15

REPORTAGE

Hinter den Kulissen des Ski-Weltcups

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28.09.14 17:51

ÖTZTALER SPEZIALITÄTEN

PORTRÄTS

REPORTAGE

Haflinger, Gebirgswein, Alpinmusik, Mineralien

Die Frauen des Ötztals

Mit Hansjörg Auer durch den Winter

DIE WILDSPITZE Zeitschrift für das intensive Erleben des Ötztals

Nummer 7, Oktober 2015

Ihr persönliches Exemplar

GESPRÄCH

GUT ZU WISSEN

Herbert Pixner über Bergsounds

James Bond, antike Ski, Vögel, Motorräder

DIE WILDSPITZE Zeitschrift für das intensive Erleben des Ötztals

Nummer 8, Oktober 2016

Ihr persönliches Exemplar

ZU GEWINNEN

Sieben ganz besondere Ötztal-Tage

GEHEIMNISVOLLES ÖTZTAL

Magische Plätze

… samt Preisen, die man nirgends kaufen kann

DAS GROSSE ÖTZTAL-QUIZ

Wo befindet sich dieser Kirchturm? a) Vent

b) Heiligkreuz

c) Niederthai

Diese und 30 weitere anspruchsvolle Fragen für Ötztal-Kenner und alle, die es werden wollen

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01.10.15 11:15

REPORTAGE

MENSCHEN

PORTFOLIO

Schnee, Kanonen, Pistenbullys

Hans Haid, Patric Grüner, Alessandro Schöpf

Der unvergleichliche Bergsommer

DIE WILDSPITZE Zeitschrift für das intensive Erleben des Ötztals

Nummer 9, Oktober 2017

Ihr persönliches Exemplar

MAGISCHE PLÄTZE

Wo das Ötztal am schönsten ist Einheimische und Gäste über ihre Lieblingsorte im Tal

Winnebachseehütte oberhalb von Gries

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Seit 2009 erscheint „Wildspitze“ als Zeitschrift für das intensive Erleben des Ötztals. Das Ergebnis: fast 1.000 Magazinseiten mit Geschichten und Bildern aus dem Leben dieses außergewöhnlichen Tals.

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das thermenresort der alpen!

Öffnungszeiten: Therme: täglich 09.00 Uhr - 23.00 Uhr Sauna: täglich 10.00 Uhr - 23.00 Uhr

TIPP: RELAX! Tagesurl aub ab EUR 84,-

Jeden Freitag zum Mondscheinbaden sind Sauna und Therme bis 24.00 Uhr für Sie geöffnet!


Oldtimer, dem Bus, dem Gleitschirm, dem Hubschrauber. Und das ist noch längst nicht alles. Das Heft erzählt von den unzähligen Abenteuern, die das Ötztal für Sie zu bieten hat. Unsere Reporter haben sich in Ötztal-Bahnhof auf den Weg gemacht, bis sie schließlich – Spoileralarm – auf dem Gipfel der Wildspitze ankommen. Sie durchmessen nicht nur das ganze Tal, sondern auch den ganzen Jahreskreis. Nur so ist es möglich, dass sie zum Beispiel mit dem Mountainbike am Piburger See ankommen, sich dort die Schlittschuhe anziehen, den zugefrorenen See überqueren und anschließend durch den spätsommerlichen Wald nach Oetz absteigen. 30 Etappen, 30 Geschichten: Flankiert wird die große ÖtztalReportage von kleinen Tipps und Details, die wir sozusagen vom Wegesrand aus im Blickfeld haben – und die ganz sicher einen Abstecher wert sind. Wir hoffen, dass Ihnen dieses Heft Inspiration und Anregung für Ihre Zeit im Ötztal ist. Machen Sie sich mit uns auf den Weg!

Ganz hinten im Heft finden Sie die große Wildspitze Ötztal Etappen-Karte. Und so funktioniert’s:

Hintere Seite des Heftumschlags nach rechts aufklappen

Die Seite mit Übersicht der Etappen und Karte aufgeschlagen lassen

Ihr Oliver Schwarz Während der Lektüre des Magazins dem Verlauf der Etappen auf der Karte folgen

IMPRESSUM. Herausgeber: Ötztal Tourismus, 6450 Sölden. Redaktion: Christian Seiler (Ltg.), Peter Reinthaler. Gestaltung: buero8, Wien. Fotografie: Philipp Horak. Mitarbeiter: Hansjörg Auer, Martina Bachler , Elias Holzknecht, Heiko Wilhelm. Illustrationen: Andreas Posselt, Roland Vorlaufer. Anzeigenleitung: Guido Walch, Kappenzipfl 14a, 6464 Tarrenz. Herstellung: Michael Bergmeister. Druck: Druckerei Odysseus, 2325 Himberg. Offenlegung laut § 25 Mediengesetz: Eigentümer zu 100 Prozent und Herausgeber ist Ötztal Tourismus, Gemeindestraße 4, 6450 Sölden, Tel.: +43 (0)57200 200, Fax: +43 (0)57200 201, info@oetztal.com, www.oetztal.com. Geschäftsführer: Mag. Oliver Schwarz. Verleger: Christian Seiler Verlags GmbH, 3710 Fahndorf, info@csv.at, www.csv.at. Geschäftsführer des Verlags: Christian Seiler. Blattlinie: Information der Öffentlichkeit über Vorzüge, Geschichte und Eigenheiten der Tourismusregion Ötztal.

Die Wildspitze 2018

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Von der Idee ...


Partnerschaft Die Doppelmayr Gruppe ist Qualitäts- und Technologieführer im Seilbahnwesen. Visionärer Innovationsgeist, herausragende Produktqualität und bedingungsloses Sicherheitsstreben zeichnen das Unternehmen aus. Wir von Doppelmayr bedanken uns herzlich bei unseren Kunden im Ötztal für die hervorragende Zusammenarbeit. Ihr Vertrauen in unsere Fähigkeiten und Produkte ist unsere Motivation, als verlässlicher Partner stets Höchstleistungen zu erbringen. Gemeinsam haben wir schon mit zahlreichen Seilbahnprojekten neue Maßstäbe gesetzt. Damit Berge zum Erlebnis werden. doppelmayr.com

... zur Ideallösung.


Mit dem Bike von Ötztal-Bahnhof über die AREA 47 nach Sautens und zum Piburger See Wir treffen uns pünktlich um 9.30 Uhr vor dem Bahnhof. Der REX nach Innsbruck ist bereit zur Abfahrt. Ich höre das Pfeifen des Bahnhofsvorstands, mit dem er den Zug auf die gewohnte Reise schickt. Die Räder sind bereit, wir sind es auch. Ötztal-Bahnhof ist der jüngste Ort des Ötztals. Die Siedlung entstand erst, als 1883 die Arlbergbahn eröffnet wurde. Zuerst siedelten sich Handwerker und Gewerbebetriebe rund um den neuen Bahnhof aus grauen Natursteinen an. Dann entstanden Häuser für die Mitarbeiter. Heute leben in Ötztal

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Ankunft, Abfahrt, wechselnde Schönheiten am Wegesrand. Etappe 1: Ötztal-Bahnhof über Sautens zum Piburger See. ARCHITEKTUR Die Betonkirche Sie ist „Josef, dem Arbeiter“ gewidmet und steht auf einem Schuttkegel der Ötztaler Ache. Ihr charaktervoller Turm aus Beton vereint die klassische Tiroler Kirchturmform und den Anspruch der Moderne der Sechzigerjahre. Die Architekten Sepp Salzburger und Wilhelm Adamer schufen die Kirche in Ötztal Bahnhof zwischen 1962 und 1964 gemeinsam mit Tiroler Künstlern. Ein Baudenkmal! 1

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WEIN Ernte im alpinen Kleinklima Das Gebirge ist kein gewöhnlicher Ort für Weinbau. Aber Peter Zoller und Elisabeth Saumwald glaubten an die besonderen Möglichkeiten ihrer Hänge in Haiming. Sie entdeckten klimatische Feinheiten und die Rückstrahlwärme des Felsens und pflanzten Rot- und Weißweinsorten aus. Seit 2007 erhalten ihre Weine die staatliche Prüfnummer, besondere Auszeichnungen folgten. Das Weingut produziert heute zirka 3.000 Liter, Peter Zoller ist zudem Obmann des Tiroler Weinbauverbandes. Die qualitätsvollen Weine sind sehr begehrt und können im Weingut probiert werden. www.zoller-saumwald.at 2

Die Wildspitze 2018


„Willst du ganz hinauf, Valerie?“

Bahnhof mehr als 1.500 Menschen. Die Eisenbahn rückte das Ötztal deutlich näher an die Schlagadern des nationalen und internationalen Verkehrs heran. Der Ötztaler Hof auf dem Bahnhofsvorplatz war das erste Hotel am Platz – heute heißt das Haus „Aktiv Hotel Ötztal“ – und ist mit Abstand das ­größte Gebäude auf dem Bahnhofsplatz. Wir haben nicht nur ein Ziel, sondern mehrere. Von ­Ötztal Bahnhof aus nehmen wir den Weg durch den Ort. Die Sonne hält sich noch verborgen, und wir rollen mühelos durch die Dorfstraßen, sehen den charakteristischen Turm der neuen Pfarrkirche größer und wieder kleiner werden, dann nehmen wir den Radweg hinunter zur AREA 47. Ein simples Schild weist uns den Weg, aber dahinter steckt so viel mehr. Die AREA 47 ist ein starker Muskel des Ötztals geworden, wenn es darum geht, Mut und Geschicklichkeit auszuprobieren. Von hier aus sind wir schon auf herausfordernde Rafting- und Canyoning-Touren auf der Ötztaler Ache und dem Inn gegangen, und im Hochseilgarten haben wir mehr als einmal das Phänomen ausprobiert, dass Höhe von unten ganz anders wirkt als von oben – vor allem wenn es so wackelt wie auf dem Parcours, der unterhalb der Straßen­brücke über den Fluss führt. Aber für heute haben wir uns nur vorgenommen, die ­gewaltigen Wasserrutschen auszuprobieren. Das Alterslimit von 15 Jahren für die Geradeaus-hinunter-Augen-zu-unddurch-Rutsche packen wir locker, aber wisst ihr was? Von dort oben, wo es gleich so schnell, wie es die Schwerkraft erlaubt, hinunter geht, sieht die Welt gerade sehr klein aus. Kleine Menschen beim Blobbing, kleine Menschen auf Wasserski, die über die monumentale Schanze ins Wasser fliegen, kleine Menschen, die sich wie Kanonenkugeln in den Badesee schießen lassen. Also: Augen zu und durch. Über die Haltungsnoten sprechen wir lieber nicht. Wir setzen uns wieder auf unsere Bikes und machen uns auf in Richtung Piburg. Wir radeln durch das langgezogene Dorf Sautens und den Sautener Farchet, einen hübschen, ­hellen Wald, in dem einige Findlinge ihren Platz gefunden haben. Durch mehrere Felder kommen wir zur Piburger Straße,

LANDSCHAFT Die Mühle am Seabach’l 2011 wurde in der Nähe des Piburger Sees ein 220 Kilo schwerer Mühlstein gefunden. Er gehörte zur alten Dorfmühle, die seit Jahrzehnten stillgelegt war. Es bildete sich ein Verein, der beschloss, die alte Mühle zu revitalisieren. Mit Investitionen von 80.000 Euro und 2.500 Arbeitsstunden entstand eine neue Mühle, wo heute Weizen, Dinkel und Roggen gemahlen wird. Im Backofen gleich nebenan wird dieses Mehl zu Brot verbacken. www.brunnenverein.at 3

Die Wildspitze 2018

„Wieso? Ich bin zum Glück wieder ganz unten.“

„Wie machst du das, Gregor?“

Kreisch!

„Augen zu und durch!“

„Was ist das da unten?“ „Mich fragst du? Ich hab die Augen zu!“

„Rauf oder runter, Valla?“

„Weiß ich auch nicht.“

Zwischenstopp in der AREA 47: Herausforderungen sonder Zahl an spielfreudige Besucher.

in die wir einbiegen und uns auf den ziemlich steilen Anstieg einlassen. Anstrengend, schweißtreibend, Biken in Reinkultur. Freilich wissen wir, dass uns am Ende der Straße ein Platz erwartet, den wir ganz besonders lieben: der unverbaute und geheimnisvolle Piburger See, der fast versteckt auf 913 Meter Höhe liegt, umgeben von den hohen Wipfeln des Nadelwaldes, Naturschutzgebiet seit 1929. Zum ersten Mal steht uns nach diesem Anstieg der Schweiß auf der Stirn, und wir spüren den dringenden Wunsch, uns abzukühlen. Ende von Etappe 1.

SCHNAPS Meisterwurz aus Sautens Das Schnapsbrennen erlernte der ehemalige Karosseriespengler Helmut Mair aus Sautens sozusagen am zweiten Bildungsweg. Er verarbeitet Zwetschgen, Birnen und Kirschen aus dem Familiengarten zu klaren, lupenreinen Essenzen. Inzwischen vielfach ausgezeichnet, arbeitet Mair mit seiner Tochter Nina an der Weiterentwicklung des Sortiments: Es umfasst 25 Edelbrände vom Ötztaler Zwetschgernen bis zum Meisterwurz. www.edeldestillerie-mair.at 4

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Mit den Schlittschuhen über den Piburger See

Das Eis knistert. Es schimmert blau und grün. Zwischen den Schatten des Waldes gleite ich über den Piburger See. Ganz allein, aber verbunden mit dem täglichen Wunder dieser Natur, deren Stille die schönste Musik ist.

Besondere Lage, besondere Tage. Etappe 2: Eislaufen quer über den Piburger See.


Zu Fuß vom Piburger See nach Oetz

Den Piburger See zu verlassen ist immer schmerzhaft. Wir beschließen also, ihn noch einmal zu umrunden, bevor wir nach Oetz absteigen. Der Steig, der hinter dem Seerestaurant verläuft, ist steinig und von vielen Wurzeln durchwachsen. Man muss aufmerksam sein, um nicht zu stolpern. Aber diese Durchblicke aufs Wasser. Seine sanften Wellen glitzern in der Sonne und verleihen der Waldlandschaft eine Infusion an Heiterkeit. Natürlich nehmen wir, als die Runde vollendet ist, nicht den Fahrweg von Piburg bergab, sondern den Weg durch den Wald, der hinter dem Strandbad beginnt. Zuerst folgen wir ein paar Meter dem Wasserläuferweg bergauf. Dann gehen wir über einen kleinen Sattel und folgen den Wegweisern bergab nach Oetz. Der Weg fällt jetzt steil bergab. Er führt durch einen etwas düsteren Blockwald. Links und rechts erzählen steile Felshänge und Grobblockhalden davon, dass hier einmal ein Bergsturz stattgefunden haben muss. Einmal kreuzen wir die Straße und sehen den Radfahrern zu, die

Abstieg durch den Blockwald. Etappe 3: Sieht gemütlich aus, ist aber durchaus steil.

bergauf strampeln (haben wir hinter uns). Dann kommt wieder die Ötztaler Ache in Sicht und verknüpft die Motive dieser leichten, feinen Wanderung: oben das stille, dunkle Wasser des Piburger Sees, unten der weiße Schaum des sprudelnden Flusses. Auf der Holzbrücke bleiben wir noch lange stehen, um keine der Geschichten zu versäumen, die uns das Wasser erzählen will. Ende von Etappe 3.

GESCHICHTE Das geheimnisvolle Hotel Kassl Seinen Namen bekam die einstige Poststation, als Kassian Haid im Jahr 1804 die Wirtstocher Hanna heiratete: „Zum Kassl“. Haid ließ den Gasthof vom massiven Mittelflughaus zum barock verzierten Altbau an der Dorfstraße ausbauen. Zum ersten Luxushotel des Ötztals wurde das Kassl allerdings erst, als die Ötztaler Legende Johann Tobias Haid das Haus gegen Ende des 19. Jahrhunderts übernahm. Haid, Landtagsabgeordneter, Gründer der ersten Tiroler Raiffeisenkasse und des Dorfverschönerungsvereins, hatte eine Vision von modernem Tourismus und ein Gefühl für den nötigen Komfort. So gab es schon in den 1890er-Jahren „elektrisches Licht bis 22 Uhr“, fließendes Wasser im Haus, Tennisplätze auf Gras und – be­sondere Attraktion – Wannenbäder. Es kamen die Reichen und die Schönen. Politiker, Adelige, gekrönte Häupter. Der Schriftsteller Robert Musil verfasste Teile seines monu­mentalen Romans „Der Mann ohne Eigenschaften“ im Kassl. Ein Ölbild in einer der holzgetäfelten Stuben erinnert an ihn wie auch an andere prominente Gäste. www.posthotel-kassl.at 5

Die Wildspitze 2018

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Mit dem Lift in die Almenregion Hochoetz

Leise hebt die Gondel ab. Aber wir sind nicht mit den Ski unterwegs nach Hochoetz, sondern mit dem Gleitschirm. Allein dieses Bewusstsein macht einen großen Unterschied. Wird der Weg hinunter so sanft wie der hinauf? Plötzlich ist der Weg hinauf viel spannender als jemals zuvor. Könnte die Seilbahn nicht ein bisschen länger brauchen, bitte …? Ende von Etappe 4.

Hier schwebt die Gondel in die Almenregion Hochoetz. Etappe 4: Unsere Spannung schwebt mit. GESCHICHTE Skimuseum der anderen Art Der ehemalige Gendarm Alois Regensburger kaufte 2002 einen Stadl auf 1.300 Meter oberhalb von Oetz und füllte ihn sukzessive mit historischen Ski. Bis heute hat er etwa 230 Paar zusammengetragen, die ältesten sind etwa 150 Jahre alt. Außerdem umfasst die handge­ strickte Sammlung alle möglichen Winterdevotionalien – vom Schneeschuh über 50 Jahre alte Skilehrerkleidung bis zum Wanderpokal. Besichtigung nach Vereinbarung mit dem Inhaber. Tel.: +43/650/385 06 76 6

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KULTUR Kunst im Turm Der Turm im alten Ortszentrum von Oetz ist ein herausragendes regionales Kunstzentrum. Gegründet vom Oetzer Philanthropen Hans Jäger, wird in der eindrucksvollen Architektur des ehemaligen Landadelssitzes Kunst und Malerei gezeigt, die regionale Bezüge, aber überregionale Bedeutung besitzt. Das Museum wurde mehrfach ausgezeichnet. Neben der ständigen Ausstellung – Schwerpunkt Landschaftsmalerei – wird auch moderne Kunst beziehungsreich präsentiert. www.turmmuseum.at 7

Die Wildspitze 2018


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Langgestrecktes Dorf Oetz, funkelnder Piburger See. Etappe 6: Es geht auf und ab.

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Paragleiten von der Almenregion Hochoetz ins Tal nach Oetz Was soll schon passieren, wenn man mit einem Gleitschirm im Tandem in Richtung Tal fliegt? Nichts wird passieren. Schön wird es werden. Ein unvergessliches Erlebnis. Ganz sicher. Aber diese leicht angeschrägte Wiese hier ist doch auch schön. Und diese Luft! Auf 2.200 Meter Seenhöhe! Wer will da bitte wieder runter? Die Angst sitzt uns ein bisschen im Nacken. In den ­K nien auch. Fast wären wir umgefallen, als wir den roten Fluganzug angezogen haben. Professionell sieht das jetzt aus. Helm und Brille dazu, und wir sind gänzlich verwandelt. Der Schirm liegt schon bereit. Gleich geht es los.


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Bester Genuss, der uns verbindet.


Ein großes Abenteuer wird auch zu zweit nicht kleiner: Landung im Glück mit den Profis von Oetz-Air.

Einmal wie ein Vogel zu fliegen zählt zu den ältesten Träumen der Menschheit. Wir hatten ihn auch, nicht nur einmal. Es muss sich unglaublich anfühlen, wirklich durch die Luft zu schweben, den Gegenwind zu spüren, die Thermiken, jene Kräfte also, die so wesentlich, aber für uns unsichtbar sind. Jetzt sind wir ganz knapp dran, es wirklich zu probieren. Das Team von Oetz-Air, das sowohl von Hochoetz als auch vom Oetzerberg aus Tandemflüge anbietet, ist beeindruckend nachsichtig. Dass für sie Routine ist, was für uns zum ersten Mal geschieht und dementsprechend aufregend ist, lassen sich die Piloten nicht anmerken. Auch Tandemflieger sind ­Piloten. Ganz ohne Bordcomputer kommen sie aus. Ihr technisches Equipment beschränkt sich auf die GoPro, die voller Filme ist, auf denen Menschen den Flug genießen. Mit einer Soundkulisse wie auf einer Achterbahn, aber mit einer ganz unvergleichlichen Aussicht. Geduldig werden alle Gurte erst freigelegt, dann umgelegt und schließlich angeschnallt. Ein paar Tests, ob eh alles

hält. Schon besser, wenn das alles seine Richtigkeit hat. Keine Witze mehr. Das Gefühl, das sich da anschleicht, nennt sich Angstlust. Noch liegt der Schwerpunkt aber auf der Angst. Wir stehen da. Knapp hintereinander. Die Seile schon in der Hand. Vor uns das Tal. Loslaufen! Springen! Der Schirm stellt sich über uns, die Thermik greift sofort, es zieht uns nach oben, immer höher und höher, wir fliegen! Aaaaaaahhhhhh! Ist das da unten der Piburger See? Ist Oetz wirklich so langgezogen? Warum treibt es uns immer weiter nach oben? Warum sacken wir auf einmal so ab? Was heißt es, dass wir gleich eine Spirale fliegen? Aaaaaaaahhhh! Fast eine Stunde sind wir unterwegs, treiben und steigen und fallen und schweben und drehen uns im Kreis. Über und zwischen den Bergen, begleitet von Vögeln und in Koopera­ tion mit dem Wind nähern wir uns dem Tal. Dem Sportplatz. Die Füße sind schon fast da. Wir spüren den Boden. Loslaufen! Langsamer werden! Der Schirm legt sich hinter uns. Glücklich bleiben wir stehen. Ende von Etappe 5.

ARCHITEKTUR Die Sternen-Stuben Im historischen Ortskern von Oetz steht der alte Gasthof zum „Stern“. Schon die bemalte Fassade des viele Jahrhunderte alten Hauses ist eine Attraktion. Noch spektakulärer sind die Stuben, deren Täfelungen etwa 400 Jahre alt sind. Auf den Stuhl­ lehnen befinden sich groteske Schnitzereien. Die Türen sind prachtvoll gedrechselt. Keine Stube gleicht der anderen. Ein Ort wie eine Zeitmaschine. www.gasthof-zum-stern.at 8

Die Wildspitze 2018

LANDSCHAFT Die Weller Brücke Die ganz besondere Brücke überquert die Ötztaler Ache etwa 20 Minuten vom Ortszen­ trum Oetz entfernt. Schon ihre Form ist außergewöhnlich: An den Fels geschmiegt bereitet sie an einer schmalen Stelle der Ache den Weg für Wanderer und Radfahrer. Besonders beliebt ist die Weller Brücke bei Wassersportlern: Von hier aus überblickt man die Stromschnellen der Ache und kann Kajak- und Kanufahrer beim Wildwassersport besonders gut beobachten. 9

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Nordic Walking von Oetz über Habichen zum Piburger See und weiter zur Armelen Hütte mit anschließendem Abstieg nach Tumpen

Die Ache duftet, doch, anders kann ich das nicht sagen. Als ich frühmorgens dem Wasser entlang Richtung Habichen marschiere, links, rechts, die Nordic-Walking-Stöcke machen auf dem Weg vernehmlich klick, klack, steigt über dem Wasser ein Schwall von Frische auf, der perfekt zum frühen Morgen passt und meine Stimmung hebt. Als ich auf Höhe der Weller Brücke bin, kommt mir ein Geschwader von Kajakfahrerinnen entgegen. Sie müssen dazuschauen, dass sie im Wildwasser auf Kurs bleiben. Überhaupt, die Ache: Hier ist sie enger als anderswo im Tal und zeigt ihre Muskeln. Ich kann gar nicht anders, als ein paar Minuten auf der Brücke stehen zu bleiben und dem Wasser zuzuschauen. Von hier aus wandere ich, klick, klack, Richtung Piburger See weiter. Als der Weg steiler wird, freue ich mich über die Stöcke, die meinen Bewegungen eine gewisse Dynamik abtrotzen: Wie ein Langläufer marschiere ich durch den Wald, bis nach einer Stunde der Piburger See 10 GESCHICHTE

Ein bedächtiger Blick als Belohnung. Etappe 6: Von der Hütte, zu der wir aufgestiegen sind, müssen wir auch wieder ins Tal.

Wo die Glocke schlug Im sogenannten Heidenhaus in Habichen goss Bartlmä Grassmayr im Jahr 1599 eine Glocke. Damit begründete er nicht nur die erste Glockengießerei Tirols, sondern legte auch den Grundstein für eine ganze Dynastie von Glockengießern. Mehr als 200 Jahre lang wurden in Habichen Glocken produziert, bevor die Firma im Jahr 1836 nach Innsbruck-Wilten übersiedelte, wo sie in 14. Generation bis heute aktiv ist. www.grassmayr.at

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11 PRODUKT

Naturseife aus Umhausen Alles Handarbeit: Der Umhauser Jochen Neururer hat das Seifenhandwerk wiederbelebt. Während die meisten Seifen längst industriell hergestellt werden, produzieren Neururer und sein Team in Umhausen Naturseifen von Hand. Öle und Lauge werden kalt gerührt, die dabei entstehenden Seifenblöcke von Hand geschnitten. Ätherische Öle sorgen für den feinen natürlichen Duft, der die Naturseifen auszeichnet. www.seifenmanufaktur-neururer.at

Die Wildspitze 2018


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vor mir liegt: jedes Mal von Neuem ein Genuss, diesen verborgenen Landschaftsschatz zu betrachten. Das war freilich nur die Ouvertüre, denn mein Ziel ist die Armelenhütte. Von ihr trennen mich zwar nur vier Kilometer Weg, aber fast tausend Höhenmeter. Es ist ein kühler Waldweg, auf dem ich den Aufstieg in Angriff nehme. Eine Tafel am südlichen Seeufer weist mir den Weg zu den „Ach-Stürzen“ und weiter zur „Kohlstatt“. Hier wird es steiler, und ich bin richtig froh über die Stöcke, mit denen ich jetzt unter den Felsflanken der Armelenwand quere. Noch vor der Tumpener Schlucht trifft der Weg auf die Forststraße, die hinauf zur Armelen Hütte führt. Dort Pause. Ein großer gespritzter Apfelsaft. Ein frisches T-Shirt (das alte ist durchgeschwitzt). Drei Stunden war ich vom Piburger See unterwegs. Es sagt sich so leicht: Der Ausblick ist Belohnung genug. Aber hier sitze ich mit offenem Mund und staune über die Formen, die Falten, die Farben des vorderen Ötztals, wie es sich von dieser Stelle aus offenbart. Eineinhalb Stunden Abstieg nach Tumpen über die Serpentinen der Forststraße. Ende von Etappe 6.

Die Terrasse der Hütte, oben. Und die Verheißung des Badesees.

12 ARCHITEKTUR

Das neue Naturparkhaus Der Naturpark Ötztal, der vom Piburger See bis hinauf zur Wildspitze reicht, bekommt ein neues Schaufenster: das Naturparkhaus in Längenfeld. Nachdem an mehreren Außenstandorten – Ambach, Niederthai, Längenfeld, Vent, der Hohen Mut – sozusagen Köder ausgelegt wurden, entsteht nun in der Mitte des Tals das neue Kompetenzzentrum. Das Naturparkhaus wurde vom Innsbrucker Architekten Hanno Schlögl entworfen. Es wird zusammen mit dem neuen Schutzdamm ein integraler Teil der Landschaft, sozusagen „künstlicher Fels“. Sichtbetonoberflächen gehen Allianzen mit Fels und Holz ein. Eine Wiese auf dem Dach sammelt Niederschlagswasser für ein Biotop. Zentraler Teil des Hauses ist die über 270 Quadratmeter große Ausstellungsfläche, auf der die Vielfalt der Ötztaler Natur dargestellt wird. Neben Themenfeldern wie Fauna, Flora und Geologie wird am Standort Längenfeld besonders das Thema Wasser vertieft. www.naturpark-oetztal.at

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Gehen von Tumpen nach Umhausen mit einem Kletterversuch auf der Engelswand und einem Abstecher nach Farst Diese Etappe ist anspruchsvoll. Ich sehe ihr etwas nervös entgegen. Nicht der Weg, den ich mir vorgenommen habe, ist die Herausforderung, sondern der Abschnitt in der Engelswand, wo die Wander- gegen die Kletterschuhe getauscht werden müssen. Eine kleine Tour ist für mich vorbereitet. Von Tumpen schlendere ich über eine schmale Straße bis zum Ortsteil Platzl, dann zehn Minuten hinüber zur ­Engelswand, die sich hier mächtig auffaltet. Wusstet ihr, wie die Engelswand zu ihrem Namen kam? Ein Graf von Hirschberg soll vor vielen hundert Jahren nach einer Pilgerfahrt nach Jerusalem endlich den erwünschten Sohn bekommen haben. Als er mit seiner Frau unterhalb dieser Felswand ­spazieren ging, stürzte sich ein Jochgeier auf die Familie, schnappte sich das Kind und entführte es in seinen Horst

hoch oben im Fels. Die entsetzten Eltern schickten ihre Gebete gen Himmel – und siehe da, ein glänzender Engel erschien, hob das Kind aus dem Geierhorst und brachte es den dankbaren Eltern zurück. Seither heißt die Engelswand Engelswand. Wenn ihr das Gefühl habt, dass ich ablenken möchte, ich gebe es ja zu. Steiler Fels und herausfordernde Höhe sind nicht jedermanns Sache. Aber als ich wenig später an Kara­ binern und Haken hänge und meine erste kleine Route durch diese Wand klettere, eng an den Fels geschmiegt und ein­ fühlsam gecoacht, ahne ich, warum hier so viele junge und ­ältere Menschen im Fels hängen und die Schwerkraft her­ ausfordern.

Die Engelswand in Tumpen mit den zahllosen Möglichkeiten, sie zu besteigen. Etappe 7: vertikal.

13 LANDSCHAFT

Der Greifvogelpark Die Vögel des Umhauser Greifvogelparks pendeln planmäßig zwischen Käfig und Freiheit. Täglich ziehen sie bei Flugvorführungen ihre Kreise, bevor sie in den 5.000 Quadratmeter großen Vogelpark – wie Ötzi-Dorf, Badeteich und Stuibenfall Mitglied der „Urkraft Umhausen“ – zurückkehren. Derzeit befinden sich Steinadler, Steppenadler, Weißkopfseeadler, Gänsegeier, Rot- und Schwarzmilane, Wanderfalken, Schneeeulen und Kolkraben in Umhausen. www.greifvogelpark.at

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14 GESCHICHTE

Das Ötzi-Dorf Zwar wurde der „Mann aus dem Eis“ nicht unten im Tal, sondern oben am Tisenjoch gefunden. Aber das Ötzi-Dorf in Umhausen lässt in einer umfangreichen Ausstellung die Lebenswelt von Menschen der Jungsteinzeit wieder entstehen. Auf dem Areal befinden sich authentisch nachgebaute Hütten, Arbeitsgeräte, Waffen, historische Haustiere und eine Nachbildung der Ötzi-Fundstelle. www.oetzi-dorf.at

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Der Weiler Farst in exponierter Lage. Noch immer Etappe 7 – jetzt mit Weitblick taleinwärts.

Nach bestandener Mutprobe marschiere ich nach Süden, statte der hübschen Kapelle Maria Schnee einen Besuch ab, bevor ich über das Zickzack der Schotterstraße hinauf zum Weiler Farst (Einwohnerzahl: 9) gehe. Bis weit ins 19. Jahr­ hundert saß dieser winzige Ort wie ein Nest auf der Höhe, nur

15 NATUR

über einen Saumpfad erreichbar und auf sich selbst gestellt. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Straße gebaut, von der aus ich den schönen Blick taleinwärts zur Gurgler Kamm und zum Granatenkogel genieße. Abstieg nach ­Umhausen. Ende von Etappe 7.

Der Andalusit aus Umhausen Andalusit ist ein Aluminiumsilikat, das wie die Minerale Disthen und Sillimanit charakteristisch für bestimmte Bedingungen der Regionalmetamorphose ist. Man findet es vorzugsweise in Quarzknauern innerhalb mineralreicher Glimmerschieferzonen. Dieses Exponat stammt aus der Sammlung des Sautener Sammlers Herbert Stecher. Er fand das schöne Stück im Horlachtal bei Umhausen.

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16 HANDWERK

Schafwollzentrum Umhausen Auf drei Säulen ruht das Schafwollzentrum in Umhausen, dessen witziges Motto „From sheep to shop“ lautet. Man wäscht Schafwolle, färbt Filzwolle in 90 Farben und stellt die vom Innsbrucker Büro „Pudelskern“ designten Schafwollteppiche her, die zum Markenzeichen des Schafwollzentrums geworden sind. Besucher sind ausdrücklich willkommen, auch ohne Anmeldung. www.schafwollzentrum.tirol

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WELL.NESS.EINBLICKE Infrarot Kneipp Lounge

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Berggehen und Klettern von Umhausen Ăźber den Klettersteig Stuibenfall nach Niederthai

Von Umhausen nach Niederthai: ein Katzensprung. Allerdings: nicht auf diesem Weg. Der Klettersteig Stuibenfall ist eine Herausforderung an Kraft und Nerven, belohnt aber mit einem fantastischen Naturerlebnis und dem Sieg Ăźber sich selbst. Drei Stunden steil bergauf. Dann rasten. Zum Ziel spazieren.

Die Tour durch die Engelswand ist aufregend. Etappe 8: Gemeinsam mit Tatjana, Anja und Julia sind wir besser am Weg.

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Auf dem Weg zur Schweinfurter Hütte und weiter über das Zwieselbachjoch. Etappe 9: Von gemütlich wie hier bis ziemlich herausfordernd ist alles dabei.

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Zweitagestour von Niederthai über die Schweinfurter Hütte zur Winnebachseehütte und weiter über die Gaislehnscharte zur Amberger Hütte

Diese Etappe ist, wie man in Tirol sagt, eine echte Portion. Wer sie an einem Tag gehen will, sollte früh aufstehen. Es warten etwa 35 Kilometer und fast 3.000 Höhenmeter. Dabei lässt sich der Weg sehr sanft an. Von Niederthai gehen wir zuerst auf dem leichten Rundwanderweg und plaudern so angeregt, dass schon die Larstighöfe in Sicht sind, bevor wir zum ersten Mal auf die Uhr schauen. Auf einem freien Weg gehen wir an der Groß Horlachalm vorbei, und nach gut eineinhalb Stunden kommen wir auf der frisch renovierten Schweinfurter Hütte an, wo wir ein zweites Frühstück genießen. Zwischenbilanz: Die ersten 500 Höhenmeter wären erledigt.


Aufstieg zum Zwieselbachjoch. Die Berge haben gerade einen Zuckerguss bekommen.

Und einen Radler kann man auch am Vormittag trinken. Als wir durch das Zwieselbachtal bergauf gehen, ändert sich der Charakter der Landschaft. Der Talkessel ist breit und vom klaren Höhenlicht durchflutet. Kurz vor dem Joch müssen wir durch ein Steinfeld, das ziemlich mühsam zu durchqueren ist. Geplaudert wird schon längst nicht mehr, der Anstieg ist steil genug. Als

wir schließlich auf dem Joch stehen, klärt uns die alte weiße Blechtafel auf, dass wir uns auf 2.868 Meter befinden. Wir freuen uns an dieser wunderbaren Aussicht. Der Peak Finder auf dem iPhone klärt uns auf, welche Gipfel wir hier sehen: den Gänsekragen, den Westlichen Seeblaskogl, den Bachfallenkopf und die Winnebachseespitze. Dorthin orientieren wir uns auch, denn die

17 ARCHITEKTUR

Bichl ober Niederthai In den Häusern auf der Sonnenterrasse oberhalb von Niederthai brachte der Urologe Hans Marberger seine berühmten Patienten unter, wenn er „das Wasser gemacht hatte“. Seither ist das nahezu unveränderte Haus am jahrtausendealten Urweg durch das Ötztal eine Pension. Der Architekt Hermann Holzknecht, der die sanfte Renovierung begleitet hat, nennt die Ruhe für viele Menschen „an der Grenze des Aushaltbaren“ – eine gelungene ironische Beschreibung. www.bichl.riml.com

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18 BIER

Gebraut im Ötztal Zuerst braute Yannick Allombert sein Bier im Keller der „Krone“ von Umhausen, wo er in seinem Hauptberuf als Küchenchef tätig war. Sein „Ötztaler Bier“ stieß freilich auf so großen Anklang, dass er sich selbstständig machte und mittlerweile in Niederthai das „Ötztaler Brauhaus“ eröffnet hat. Dort erzeugt er inzwischen mehrere Sorten Bier, schenkt sie im eigenen Lokal aus und richtet sein eigenes „Oktoberfest“ aus. www.oetztalerbrauhaus.at

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Winnebachseehütte in Sicht. Das ist eine gute Station, um eine Nacht zu bleiben und hungrig zu sein.

Winnebachseehütte ist unser nächstes Ziel. Über Geröll geht es steil bergab, und wir sind froh über gute, fest geschnürte Schuhe. Wir steigen jetzt in zwei Stunden zur Winnebachseehütte ab. Diese freundliche Hütte an dem kleinen, flachen See nennen wir für heute unser Zuhause. Am nächsten Morgen könnten wir die nächste Herausforderung suchen

und den eher gemütlichen Weg durch das Sulztal zur Amberger Hütte um einen Abstecher über den Bachfallenferner und einen kurzen Klettersteig zur Gaislehnscharte wählen, von wo der Weg #137 dann über das Schrankar zur Amberger Hütte führt. Aber wir sparen uns diese Anstrengung und beenden den zweiten Tag der Tour wieder im Plauderton. Ende von Etappe 9.

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Die abstrakten Bilder des Nino Malfatti Nino Malfattis Landschaftsbilder entstehen nach ausgedehnten Wanderungen des Künstlers, der in Sautens und Berlin lebt. Mit der Kamera fängt er Situationen ein, die er später in seinem Atelier mit Pinsel und Farbe großformatig auf die Leinwand bringt (links: Malfatti-Bild „Subtile Höhere Gewalt“, ein Blick Richtung Erlanger Hütte; rechts: „Ein Leichtes“ nach einer Fotografie auf der Larstigalm). Malfatti verstand sich Zeit seines Lebens als „klas­ sischer Maler“. Aber anders als zahlreiche Zeitgenossen, die sich der abstrakten Malerei verschrieben, blieb Malfatti konkreten Motiven verbunden. Seine paradoxe Situation beschrieb er so: „Ich bin ein abstrakter Maler, der Landschaften malt.“

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Eis ist ein besonderes Element. Um es zu besteigen, muss man ausgerüstet sein. Steigeisen. Eispickel. ­Eisschrauben. Helm. Der Kühlenkarfall ist heute eine weiße Säule. Und Teil unseres Wegs von der Amberger Hütte nach Gries. Allerdings: Der Weg nach oben ist nichts für Amateure. Gut, dass Hansjörg Auer mit von der Partie ist, einer der besten Kletterer der Welt. Hansjörg geht die Sache mit großer Hansjörg Auer hat Spaß am Wasserfall. Uns stockt der Atem.

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Foto: Elias Holzknecht

Von der Amberger Hütte nach Gries mit Seil, Steigeisen und Pickel über den Kühlenkarfall


Gründlichkeit an. Er untersucht das blau schimmernde Eis, klopft es ab, hört, wo er seine Sicherungen einschrauben kann, und arbeitet sich mit dem kraftvollen Einschlagen des Pickels und harmonischen, katzenartigen Bewegungen des ganzen Körpers nach oben. Während mir beim Zuschauen die Handflächen nass werden, höre ich ihn lachen, wie er Meter um Meter der eiskalten Tour zurücklegt. Eine Herausforderung der Schwerkraft. Und meiner Nerven. Die Wildspitze 2018

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Schneeschuhwandern von Gries zur Nisslalm

Es liegt Schnee, viel Schnee, wie oft in diesen Wintern. Soll heißen: Heute ist der richtige Tag, um die Schneeschuhe auszupacken. Schneeschuhe sind brauchbare Instrumente, um bei hoher Schneelage anständig voranzukommen. Sie verteilen unser Gewicht auf eine größere Fläche, sodass selbst bei hoher Schneelage eine beständiges Vorankommen möglich ist, ohne gleich bis zu den Knien im Schnee zu versinken. Nachteil: Kaum hast du die Schuhe angezogen, bewegst du dich original wie Donald Duck. Wie Donald und Daisy schreiten wir also durch das Sulztal in Richtung Osten. Vielleicht gehen wir auch so, wie der Ötzi seinerzeit unterwegs war. Vor 15 Jahren hat der Gletscher auf dem Gurgler Eisjoch einen Schneeschuh freigegeben, der aller Wahrscheinlichkeit noch älter war als der Mann aus dem Eis. Der Schneeschuh bestand aus einem Birkenast, der zu ­einem Rahmen gebogen war, in dessen Inneren mehrere Stränge gespannt waren. Kein Hightech-Instrument wie ­meines, das über eine ActiveFlex-Bindung und ActiveLiftSteighilfe verfügt – und über 3-D-geformte Seitenschienen für den besten Grip. Aber er tat seinen Dienst. Wir überqueren jetzt den Fischbach und steigen zur Nissl­alm auf. Der Weg ist leicht, die Luft ist klar. Zickzack steigen wir durch den Wald auf, bis wir über die Baumgrenze kommen. Knapp unter dem Schönrinnenkar liegt die Hütte, wo wir die Schneeschuhe abschnallen und mit ihnen auch das Donaldeske draußen vor der Tür lassen. Ende von Etappe 11.

Der Schneeschuh, ein modernes Instrument. Ungefähr 6.000 Jahre alt.

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Rodeln von der Nisslalm nach Gries

Schlagobers? Gern. Eine doppelte Portion, bitte. Es fühlt sich sehr gut an, das zu sagen. Unsere Wangen glühen noch, ein bisschen Schweiß steht auf unserer Stirn. Natürlich wissen die sehr freundlichen Menschen, die mit uns in der NisslAlm sitzen, dass wir jetzt nicht gerade Spitzensport betrieben haben und uns dennoch eine Belohnung gönnen. Sonst würden sie ja fast täglich Spitzensport betreiben: Nach der Arbeit rauf zur Alm auf einen Strudel und einen Kaffee, auf einen Jagatee oder auch auf ein Bier. Wie wir fahren sie dann jedes Mal mit der Rodel runter. Erst kurz mit dem Blick auf das Sulztal und die Stubaier Gipfel, dann in Serpentinen durch den Wald. Links und rechts, Gewicht verlagern, möglichst wenig Fußeinsatz, ein paar Mal die Hände in den Schnee zum Austarieren – fast fünf Kilometer haben wir Zeit, unsere Kurven-festigkeit zu perfektionieren, ohne den Schwung zu verlieren. Wir glauben: Hätten wir auch vom Kuchen die doppelte Portion genommen, wären wir noch schneller gewesen. Ende von Etappe 12.

Nisslalm: Kompetenzzentrum für Kuchen und Kufenfahrzeuge. 20 BROT

Breatlen in Oberried Ein gutes Brot braucht einen guten Backofen. Im gemauerten Meisterstück vor dem Heimatmuseum in Oberried werden regelmäßig Ötztaler Originale gebacken: kleine, knusprige Brötchen mit dem vielsagenden Titel „Breatlen“. Der Teig wird zur Hälfte aus Roggenund Weizenmehl gemischt, mit Hefe versetzt, mit lauwarmem Quellwasser angerührt und mit Brotklee, Kümmel und Salz gewürzt. Auf Anfrage kann man frische Breatlen kosten. www.oetztal-museum.at

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SPRACHE Immaterielles Weltkulturerbe Etztolerisch Die Sprache des Ötztals ist unverkennbar und einzigartig. Das fand auch die Kommission der UNESCO und verlieh der heimischen Sprache im Jahr 2010 Weltkulturerbe-Status. Eine Auswahl. Oaha, oohn herunter, hinunter Olkachen Johannisbeeren Paija Biene Paisswurm Giftschlange deniidn unten Drischiiwl Türschwelle Eewesa Hausgang Eebmwaich Neujahr inkchentn einheizen Ergetokch Dienstag Foom Schaum

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Flanderle Schmetterling Gampe Almhütte gaawacht schlau, gerissen greggat klein, schmächtig Giggelar Hahn Grantn Preiselbeeren Pööfl (minderwertiges) Heu Schtanker Heuschober schtirklen langsam gehen, trödeln schtuibm stauben Taija Almhütte

21 PRODUKT

Flachs mit Wasserkraft Eine der wichtigsten Einkunftsquellen der Ötztaler Bauern war bis ins 19. Jahrhundert der Flachsanbau. Der „Haar“ war das Grundmaterial für die Leinenerzeugung. Mit dem „Pluil“ wurde Flachs gebrochen. Im „Schwinger“ streifte man die holzigen Bastteile des Flachses von den Fasern. Eine Ötztaler Besonderheit war die Bearbeitung des Flachses mit Wasserkraft. Die entsprechende Mühle ist in Längenfeld/ Oberried im Freilichtmuseum zu besichtigen. www.oetztal-museum.at

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Die Serpentinen der Grieser Landesstraße, aus der Luft fotografiert von Philipp Horak. Ich war zu klein für die Pilotenausbildung“, sagt Ashmelash.

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Mit dem Minibus von Gries nach Längenfeld

Wer nur im Bus sitzt und sich über die Serpentinen von Gries nach Längenfeld fahren lässt, versäumt etwas: den Blick auf die kühne Form dieser Straße.


Walken von Längenfeld nach Brand, über die Hängebrücke und Burgstein zurück nach Längenfeld

Vielleicht bilden wir es uns nur ein, aber mit Sportschuhen gehen wir anders. Sobald wir sie anhaben, bewegen wir uns federnder und schneller. Auch jetzt fühlt es sich so an, als würden unsere Füße sich plötzlich den Weg einfach selbst suchen wollen. Dabei gibt es schon in Längenfeld überall Schilder, die sehr eindeutig „Zur Hängebrücke – Brand“ führen. Unsere Füße tragen uns von der Kirche zum Fischbach, der sich aus dem Sulztal herausschiebt, und weiter auf dem Schotterweg hinauf in Richtung Brand. Zweihundert Meter über Längenfeld liegt dieser ruhige Weiler. Das Tal wird weit, der Weg enger. Auf den Bänken vor der kleinen Kapelle neben der Brandalm nehmen wir für einen Augenblick Platz. Gesicht in der Sonne, Augen zu. Doch die munteren Füße drängeln. Wir sind erst eine halbe Stunde unterwegs, eben hat sich der Flow eingestellt, Arme und Beine, gehen und schwingen, links und rechts und immer so weiter. Aber ein Blick ins Tal ist drin. Und noch einer. Wir durchqueren ein Feld, dann verschwinden wir im Wald. Der Boden wird fester, die Bäume lassen ihre 22 KUNST

Sonne, Ebene, Hängebrücke: perfekte Bestandteile eines Spaziergangs.

Die Kapelle Lehner Au Die Kapelle zum Heiligen Geist ist keine übliche Kapelle. Das schlichte, weiß verputzte Gebäude ist ein Gesamtkunstwerk, das der aus Längenfeld gebürtige Künstler und Bildhauer Gerbert Ennemoser geschaffen hat. Der Altar befindet sich in einem oben abgeschrägten Zylinder, der in den Quader des Eingangsbereichs übergeht. Das Gebäude symbolisiert ein Schiff, das jeder besteigen darf, der sich auf eine Reise zur Einkehr, zur Spiritualität begeben mag. Lehner-Au 167, 6444 Oberried

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23 ARCHITEKTUR

Der Musikpavillon Längenfeld Mitten im Ortsverbund von Längenfeld befindet sich seit 2004 eine Skulptur: Der Musikpavillon des Tiroler Architekturbüros unizono vereint weite Offenheit, karge Wände und spektakulär auskragende Formen. Der Architekturkritiker Jan Dimong nannte den Pavillon eine „Bergwelt en minature“. Der Musikpavillon fungiert als Veranstaltungsort, Festplatz und Erholungsort. Er prägt die Silhouette des Ortes und lädt ins Ortsinnere ein. www.mk-laengenfeld.at

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Längenfeld – Brand – Burgstein – Längenfeld: zwei Stunden Genuss.

Wurzeln spielen, Licht und Schatten wechseln einander ab. Es geht bergauf, es geht bergab, und plötzlich ist sie da: die Hängebrücke. Unsere Füße kennen heute kein Zögern. 83 Meter ist die Stahlseilbrücke lang, jeder Schritt bringt sie ins Schwingen, nicht nur Kinder lieben das. Rasch drüber, sagt die Intuition, aber natürlich bleiben wir stehen. Wie weit geht es runter? Was tut sich in der Schlucht? Huch, lieber doch nach vorne schauen. Weiter nach Burgstein. Der nächste Weiler am Hochplateau, Häuser in der Sonne, Wiesen in der Sonne, Wege in der Sonne, alles hoch überm Tal. Die Pension Sonnenhof, an der wir vorbeiziehen, hat ihren Namen nicht zufällig gewählt. Wir könnten eine Pause machen, könnten uns eine Jause gönnen, aber die Füße sagen: Weiter. Die Runde fertig machen. Wir gehen in Richtung Längenfeld zurück, dieses Mal treibt es uns den alten Zufahrtsweg unter der Hängebrücke durch. Wir bleiben stehen, schauen nach oben. Huch, das ist ja doch ganz schön weit droben. Es zieht uns weiter, links und rechts, Beine und Arme, wir sind so gut in Schwung. Nach nicht einmal zwei Stunden sind wir zurück bei der Kirche in Längenfeld. Es ist kaum zu glauben. Ende von Etappe 14. 24 GESCHICHTE

Egger-Lienz in Längenfeld Der Maler Albin Egger-Lienz stammte aus Osttirol, aber viele seiner wichtigsten Werke schuf er im Ötztal. Fast jeden Sommer ab 1906 übersiedelte Egger-Lienz mit seinem gesamten Hausrat nach Längenfeld, das er auf ausgedehnten Wanderungen zu seinem Sommerdomizil erkoren hatte. Im „Gasthaus zur Rose“ stieg er mit seiner ganzen Familie ab, weil er das Einfache und Ursprüng­ liche des Ortes schätzte. Hier entstan­den die Bilder „Totentanz von Anno neun“, „Bergmäher“, „Sensendengler“

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und „Bergraum“. Sein Freilichtatelier richtete Egger-Lienz zwischen zwei Heustadeln ein. Eine alte Pestkapelle diente ihm als Bilderlager. Sämtliche Menschen, die er in diesen Jahren porträtierte, sind Längenfelder. Nur den nackten Teufel in „Sämann und Teufel“ musste er in Wien nachmalen.

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Doppelnutzen: Im AuĂ&#x;enbecken ist es oberund unterhalb der Wasseroberfläche interessant.


Ruhetag im AQUA DOME in Längenfeld Oft genug stehen Berge als Herausforderung in der Landschaft. Als Ziele, die mit einigem Aufwand erreicht werden wollen. Als Einladung, um die Welt von oben zu sehen. Vom AQUA DOME aus betrachtet wirken die Gipfel anders. Sobald wir in das Außenbecken mit seiner wohligen Temperatur eintauchen, sind die Berge Kulisse. Sie sorgen für das sanfte Licht, das noch oben im Tal liegt, und für die frische Luft, die wir atmen, während der ganze Körper in die Wärme des Wassers eingehüllt ist. Der AQUA DOME ist der perfekte Ort für einen Ruhetag. Ruhe ist, erfahren wir hier, ein durchaus dehnbarer Begriff. Das Angebot an Wellness ist überwältigend. Wir können aus einer reichen Palette an Anwendungen und wohltuenden Rückzugsorten wählen, ausgiebig essen und auf dem Balkon oder in der Bibliothek sitzen und studieren, welche Herausforderungen der Trail für uns noch bereithält.

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Mit den Langlaufskiern von Längenfeld nach Huben

Nein. Es ist wirklich nicht weit von Längenfeld nach Huben. Selbst ein müder Spaziergänger braucht nicht viel länger als eine halbe, dreiviertel Stunde für die dreieinhalb Kilometer. Mit Langlaufski ist die Strecke mir nichts, dir nichts erledigt – außer natürlich, man macht es wie wir und betrachtet diese Etappe als die große Chance, im langen Feld – dieser breiten, offenen Ebene, nach der Längenfeld vielleicht sogar seinen Namen bekommen hat – Runden auf den schmalen, gut gewachsten Langlaufski zu ziehen. Links und rechts von der Ebene steigen die Bergflanken auf. Wenn das Wetter mitspielt, sieht man weit hinten die Riesen der Ötztaler Alpen. Die längste Loipe befindet sich oben in Gries, achteinhalb Kilometer lang und für den klassischen Stil gespurt. Sie ist durchaus anspruchs­ voll, kommt aber für unsere Etappe nicht in Frage, weil: nicht im Tal. Stattdessen wählen wir die Runde in Oberried gleich neben Längenfeld, 25 VOLKSKULTUR

Der Gedächtnisspeicher Als „Schmiedlas Haus“ in Lehn im Jahr 2005 umgebaut wurde, stieß man im Mauerwerk auf spätgotische Elemente. Die Hausgeschichte reicht also viele Jahrhunderte zurück. Das Haus, das vom Architekten Benedikt Gratl sorgfältig renoviert wurde, fungiert heute als „Gedächtnisspeicher“. Hier finden sich Zeugnisse der Ötztaler Realität von früher: vom Leben ohne großartige Technik, zugeschnitten auf Ackerbau und Viehzucht und die Herausforderungen von Kälte, Dunkelheit und Schnee. www.gedächtnisspeicher-ötztal.at

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eineinhalb Kilometer lang und praktisch eben (61 Meter bergauf und bergab). Sie ist interessant, wenn man Gas geben möchte: Hier sind die Skater unterwegs, die ihre Kilometer abreißen und, wenn sie dich einmal überholt haben, ziemlich schnell wieder hinter dir auftauchen. Keine Ahnung, wie sie das machen. Die Schleife hat freilich noch einen hübschen Fortsatz bis zur Pestkapelle, der sie fast doppelt so lang macht. Und das Beste daran ist: Der Spaß ist nicht zu Ende, wenn die Sonne untergegangen ist. Denn diese Runde heißt Nachtloipe und wird bis neun Uhr abends hell ausgeleuchtet. Wir haben also schon ein paar Runden in den Beinen, als wir uns daran erinnern, dass wir vorwärts müssen. Zum Glück ist auch unten in der Ebene schon jemand vor uns gelaufen, sodass wir – diesmal gemessenen Schritts im klassischen Stil – Längenfeld hinter uns lassen und den Weiler Huben ansteuern. Gleich sind wir da. Ende von Etappe 16. 26 BRAUCHTUM

Tracht aus dem Ötztal Sie wird aus speziellen Schurwollenloden gefertigt und repräsentiert das Verhältnis der Ötztaler zu ihrer Tradition. Zahllose Regeln definieren, in welchen Schichten, Materialien und Farben die Ötztaler Tracht getragen werden muss. Schützen und Mitglieder der Blasmusik brauchen die Tracht für öffentliche Auftritte und lassen sie in Längenfeld beim Spezialisten maßschneidern. Dort werden sie auch beraten: zum Beispiel ob die Lederhose oder der Fustian, die Teufelshaut, besser zur Joppe passt. Modehaus Lunger, Oberlängenfeld 75, 6444 Längenfeld

Die Wildspitze 2018


Venter Tage

gehei mt ipp

f ü r w iederei nsteiger, a n f ä nger u nd genu ss­sk i fa h rer

I

m Herzen der Ötztaler Alpen am Fuße von Tirols höchstem Berg liegt ein besonderer Skiort. Auf 1 900 Metern, umgeben von Zirben­ wäldern und am Talende gelegen, findet man diesen Geheimtipp frei von Durchzugsverkehr. Genuss­Skifahrer fühlen sich in dieser beeindruckenden Berglandschaft besonders wohl. In Vent läuft vieles gemächlicher ab als anderswo. Vent ist über­ schaubar und alles leicht zu Fuß zu erreichen. Kein Anstehen beim Skiverleih, am Lift oder Skibus. Einfach Ski anschnallen und naturgenießend ins Schnee­ erlebnis schweben. Ideal für alle, die von ihrem Skiurlaub keinen Stress, dafür umso mehr Erholsames erwarten.

IM HERZEN DER ÖTZTALER ALPEN

neu

2018 r e b m e a b De z lb a h n e s s e S 6er n le « n a M s » W il d e des Pa r t n e r s k i p a s s uper Ö t z t al S

Übrigens: In Vent finden Sie einen der schönsten Panoramarodelwege Tirols – Sie starten direkt von der Bergstation der Wildspitzbahn.

@ventertage


Mit dem E-Bike von Huben durch das Pollestal zur Pollesalm Der Sportplatz in Huben ist ein idealer Treffpunkt für die nächste Etappe. Erstens weil hier die Forststraße beginnt, die uns hinauf ins Pollestal führen wird. Und zweitens weil das sportliche Ambiente uns mental gleich richtig einstellt. Denn das erste Stück dieser Etappe ist auch das schwierigste. Selbst mit dem E-Bike. Es geht nämlich ganz schön steil bergauf. Aber was für ein Blick sich dann auftut!


Das ruhige Pollestal. Wir stĂśren es lieber mit dem Schnurren des E-Bikes als mit unserem Ă„chzen beim Bergaufstrampeln.

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Die größte Anstrengung ist schon einmal geschafft und wir wischen uns den Schweiß von der Stirn. Ja, auch E-Biker ­schwitzen. Denn es stimmt nicht, dass E-Bikes quasi von selbst fahren. Man muss ganz ordentlich in die Pedale treten, um vom Fleck zu kommen, auch wenn der kleine E-Motor brav seine Arbeit macht. Natürlich hilft der Motor, während wir uns parallel zum Ötztal Höhenmeter für Höhenmeter ertreten, bis wir, einmal rechts abgebogen, den Alpengasthof am Feuerstein erreichen. Was für ein Blick sich da auftut! Mal mehr, mal weniger parallel zum Pollesbach führt der Weg in sanften Kurven ins Pollestal hinein. An manchen Stellen sieht es so aus, als würden die Berge von links und rechts gleich in das glasklare Wildwasser rutschen, so eng wird das Tal. Je weiter wir kommen, desto schmäler wird der Bach, ­desto feiner werden die Rinnsale, die ihn speisen. Je leiser das Wasser rauscht, desto deutlicher hören wir dafür, wie der Schotter unter den Rädern knirscht. Sonst ist es hier absolut ruhig. Menschenleer. Den Motor haben wir ausgeschaltet. Auf

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dem Hochplateau fährt es sich zunächst ja fast von selbst. ­Sogar für uns. Wir haben Zeit, uns ein bisschen umzuschauen. Auf den Gipfeln glitzern Schneefelder. Gerölllawinen durchbrechen das satte Grün der Wiesen mit Grau. An manchen Stellen ­haben Kinder aus flachen Steinen kleine Männchen gebaut. Aus dem Grün heraus leuchtet über weite Strecken der Almrausch. So nennt man hier, was das Lexikon als „rostblättrige Alpenrose“ kennt. Beides keine besonders eleganten Namen, die wir da für diese Ikone der Alpen gefunden haben. So ­üppig, fast schon verschwenderisch tritt sie hier auf, dass wir vor lauter Fuchsia-Farbe fast mediterrane Gefühle bekommen. Sie finden ein jähes Ende, weil die nächste Kurve wieder in den Schatten führt. Auch die Kühe liegen hier lieber in der Sonne herum. Links und rechts vom Pollesbach sind sie wie Spielfiguren sehr dekorativ in der Landschaft verteilt. Wir Radfahrer scheinen sie nicht zu stören. Sie verbringen hier den Sommer, sie


suchen die Wiesen und Hänge nach Kräutern und Gräsern ab. Das Tiroler Grauvieh, wie die Rasse heißt, ist seit Jahrhunderten genau an diese Bedingungen angepasst. Aber auch das klassische Fleckvieh kommt hier gut zurecht. Der Anblick dieser friedlichen Gefährten hat übrigens sofort unser Tempo gebremst. Kühe haben eine wahnsinnig beruhigende Wirkung. Nichts scheint sie aus der Fassung zu bringen. Allein wie langsam sie kauen, das Kiefer von links nach rechts, von oben nach unten schieben, scheint wie aus der Zeit gefallen. Aber ganz sicher ist man sich ja nie, ob sie sich nicht vielleicht doch in den Weg stellen werden. Schließlich waren sie vor uns hier. Langsam machen sich die Oberschenkel bemerkbar. Es geht in dieser gemütlich geschwungenen Landschaft mit Bach bei Weitem nicht nur gemütlich zu. Es geht schließlich ­bergauf. Hinein in die Berge. Bei zwei Kehren wird es sogar ­r ichtig steil. Der Motor ist längst wieder an, wir schwitzen, wir schnaufen, wir kämpfen gelegentlich. Hie und da werfen wir

einen Blick auf die Akkuanzeige, denn was wir jetzt nicht brauchen können, ist eine leere Batterie. Gut, dass es nicht mehr weit bis zu unserem Ziel ist. Die Vordere Pollesalm liegt noch in der Sonne. Das Holz der Hütte bekommt einen rötlichen Glanz, die Almdudler-Sonnenschirme sind aufgespannt, die Gartenstühle und Holzbänke lose gruppiert. Es gibt hier alles, was es für eine gute Jause braucht, vor allem aber das Beste gegen den Durst: Buttermilch mit Granten, wie hier die Preiselbeeren heißen. Ein ­G etränk der perfekten Balance: ein bisschen sauer, ein bisschen süß und dickflüssig genug, um es nur langsam genießen zu können. Natürlich könnten wir jetzt noch weiterfahren, tiefer hinein in das Pollestal, höher hinauf ins Gebirge. Drei Kilometer Weg über rund 300 Höhenmeter stehen noch bereit. Aber hier, wo es so unwahrscheinlich ruhig ist, hören wir plötzlich die Oberschenkel sprechen. Sie sagen: Die ersten 1.000 ­Höhenmeter waren genug. Ende von Etappe 17.

Ötztal Wenn’s um Engagement vor Ort geht, ist nur eine Bank meine Bank. Wir fühlen uns für die Region verantwortlich, in der wir arbeiten und leben. Deshalb reichen unsere Aktivitäten von der Förderung regionaler Betriebe über soziales Engagement bis zu Sponsoring von Sport, Kunst, Kultur und Bildung. Eine Tradition, an der wir auch künftig festhalten werden. www.raiffeisen-tirol.at


Wanderung durch das Pollestal über den Mainzer Höhenweg zum Rettenbachferner

Ein steiler Aufstieg, ein großes Abenteuer, ein guter Führer. Durch das Pollestal steigen wir im Schlepptau von Bergführer Serafin über das Silberkar zum Wassertalkogel auf. Das orange Rheinland-Pfalz-Biwak sieht aus wie eine Raumkapsel. Wir steigen in den Mainzer Höhenweg ein. Keine Ahnung, wer diese Herausforderung einen „Weg“ genannt hat. Hochalpine Gipfellandschaft, Gletscher,

Hier tut das Pollestal noch so, als wäre es ein Paradies für Wanderer …

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Die Wildspitze 2018


Steinwüste, steile Abbrüche, Vertigo und ein Dreitausender nach dem anderen im Viertelstundentakt: Gschrappkogel, Wurmsitzkogel, Wildes Männle, Nördliches Pollesjöchl, Südliches Pollesjöchl. Durchwegs im Blick: die Wildspitze, umrahmt vom Glanz der Gletscher. Atemberaubend, im wahrsten Sinn des Wortes. Vom südlichen Pollesjöchl hinunter zum Rettenbachferner, wo wir mit der Seilbahn nach

… während wir weiter nach oben streben, wo es spektakulär wird.

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unten gleiten. Selten auf 2.800 Metern das Gefühl gehabt, endlich wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.

Der Mainzer Höhenweg entpuppt sich als Gratwanderung: eine echte Herausforderung über mehrere Dreitausender.


Foto: Bernd Ritschel


So ein Zufall. Auf dem Parkplatz hoch oben am Gletscher wartet ein Oldtimer der Marke Morgan. Das ist allein noch nichts ganz Ungewöhnliches. Im Ötztal sind gern schöne alte Autos unterwegs. Wenn im Sommer die Ötztal Classic ausgetragen wird, sieht man nirgends mehr ausgefallene, wertvolle Autos aus längst vergangenen Zeiten wie hier. Aber der Mann hinter dem Steuer des Morgan ist ein besonderer Fahrer. Er ist, so viel ist klar, sehr gern flott unterwegs. Allerdings nicht unbedingt mit dem Automobil, sondern auf Ski. Der Mann heißt Thomas Dreßen. Er ist 24, deutscher Abfahrtsläufer, und hat im vorigen Jahr auf der schwierigsten und berühmtesten Abfahrt der Welt, der Streif in Kitzbühel, gewonnen – was ihn von heute auf morgen zum Superstar seines Sports befördert hat. Zeit, um ein paar offene Fragen zu stellen. 27 SPORT

Ötztaler Radmarathon Es ist ein Radrennen der Superlative: Seit 1982 findet der Ötztaler Radmarathon statt. Die Route verläuft von Sölden über eine Strecke von 238 Kilometern, auf denen 5.500 Höhenmeter und Steigungen bis zu 18 Prozent zu bewältigen sind. 4.000 Teilnehmer am Rennen überwinden die Passhöhen am Kühtai, Brenner, Jaufen und Timmelsjoch, bis sie in Sölden durchs Ziel fahren. Fahrzeit: zwischen sieben und 14 Stunden. www.oetztaler-radmarathon.com

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Foto: Ernst Lorenzi

Mit dem Oldtimer über die Gletscherstraße vom Rettenbachferner nach Sölden

Abfahrer Thomas Dreßen in der Ötztal-Classic-Beauty Morgan. 28 SKI

AUDI FIS SKIWELTCUP am Gletscher Im Skigebiet Rettenbachferner trainiert die Weltklasse der Alpinskifahrer nicht nur regelmäßig. Seit 1993 werden auf dem zwischen 2.675 und 3.250 Meter liegenden Gletscher auch Weltcuprennen ausgetragen. Seit der Saison 2000/2001 findet jedes Jahr der Auftakt zum Alpinen Skiweltcup auf dem Rettenbachferner statt: in diesem Jahr am 27. 10. der Riesentorlauf der Damen und tags darauf jener der Herren. Bis zu 30.000 Zuschauer werden erwartet, die über die 13 Kilometer lange Gletscherstraße zum Gletscherstadion kommen. www.skiweltcup.soelden.com

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29 EVENT

Mit dem Moped über die Pässe Bis zu 1.500 Mopedfahrer kommen zum Ötztaler Mopedmarathon nach Sölden. Das 2013 gegründete Rennen folgt der Strecke des Ötztaler Radmarathons und stellt höchste Anforderungen an Gerät und Piloten. Sieger wird übrigens nicht der ­schnellste Fahrer: Es gewinnt das Moped, das möglichst genau an die Mittelzeit herankommt, die zwischen der Zeit des Radprofis Patric Grüner und des langsamsten Mopeds errechnet wird. http://video.mopedmarathon.at

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30 INFRASTRUKTUR

Hoch, höher, Gletscherstraße Die Straße auf den Rettenbachferner ist nicht nur die Schlagader ins Gletscherskigebiet, sondern auch ein Baudenkmal. Sie wurde 1972 als Abzweigung und Ergänzung der bereits existierenden Verbindung zwischen Sölden und Hochsölden gebaut. Sie führt durch Europas höchstgelegenen Tunnel, der nach der Skirennläuferin Rosi Mittermaier benannt ist, und führt zum höchstgelegenen asphaltierten Punkt der Alpen auf 2.829 Meter. Die Straße ist mautpflichtig. Die Benützung kostet 19 Euro und ist für Skifahrer kostenlos. www.soelden.com/oetztaler-gletscherstrasse

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DIE WILDSPITZE: Woher kommt dein Glaube, dass du mit Tempo 130 den Berg hinunterdonnern kannst – und das Risiko unter Kontrolle hast? Dreßen: Das ist eine Frage, die ich mir so nie gestellt habe. Ich habe mit drei Jahren begonnen, Ski zu fahren. Ich hatte von Anfang an Spaß auf den Brettern. Und ich saß als Fan vor dem Fernseher und schaute zu, wie meine Helden unterwegs waren: Hermann Maier, Daron Rahlves. Irgendwie war es ­vorprogrammiert, dass ich Abfahrer werde. Wann hattest du das Gefühl, dass du nicht nur talentiert bist, sondern möglicherweise sogar Weltklasse? Vor vier Jahren, als Mathias Berthold die Mannschaft übernahm. Da wurde klar, dass ich voll auf die Karte Abfahrt ­setzen würde, und hie und da blitzte auf, dass etwas daraus werden könnte. Was musste passieren, damit etwas daraus wurde? Das fing schon beim Training an. Es gibt in der Abfahrt sehr unterschiedliche Typen. Manche sind vorsichtig und steigern sich langsam. Manche sind eher Harakiri-Typen und lassen sich ohne Rücksicht auf Verluste hinunter. So einer war ich. Ohne Kollateralschäden? Sagen wir so: Es hat mich schon ein paarmal aufgestellt, ­ziemlich wild sogar. Ich hab dann probiert, meine Fahrweise umzustellen, ohne den Speed zu verlieren. Das heißt? Ich musste darauf schauen, konstant zu fahren. Meine ­Technik zu verbessern. Nur über den technischen Fortschritt ­kommen Sicherheit und Selbstvertrauen, die Grundelemente für Schnelligkeit. Die Technik ist also der Schlüssel zum Erfolg? Ja. Aber mindestens so wichtig ist es, locker zu bleiben. Mit Krampf geht gar nichts. Wie können wir uns das vorstellen? Voll bei der Sache und trotzdem locker? Klingt wie ein Widerspruch. Nein, das ist kein Widerspruch. Ich erinnere mich ganz genau an die Abfahrt in St. Moritz, wo ich zum ersten Mal die völlige Übereinstimmung von Konzentration und Lockerheit spürte. Eine Art Flow-Zustand. Wenn du in diesem Zustand bist, denkst du nicht, sondern fühlst. Und dieses Gefühl ist so ­etwas wie ein Zustand, den du immer wieder abrufen kannst. Im Flow triffst du jede Entscheidung, ohne sie zu bedenken oder zu hinterfragen. Und du bist schnell wie Sau.

Du peilst also einen Zustand an, nicht Ergebnisse. War das immer so? Als ich begonnen habe, Rennen zu fahren, habe ich keine Vorstellung davon gehabt, was für Ergebnisse ich bringe. Dass ich einmal ein Rennen gewinne, war eigentlich undenkbar. Oder sagen wir besser: ein Traum. Und was hast du dir konkret vorgestellt? Ich habe mir vorgenommen, mein persönliches Maximum zu erreichen. Meine Möglichkeiten ideal auszureizen. Das ist ­übrigens auch heute noch meine Einstellung. Damit bin ich gut gefahren. Um es in einen Satz zu packen: Das eigene ­Limit ist das Einzige, was ich selbst beeinflussen kann. Das öffnet mir die Tür zum Erfolg. Klingt gut, aber irgendwie auch sehr ernst. Merke ich auch gerade. Ich habe noch gar nicht vom Spaß gesprochen, den mir das Skifahren macht. Weil wenn ich Spaß habe, läuft es bei mir auch gut. Aber jeder Misserfolg ruiniert den Spaß, oder? Nicht unbedingt. Sobald du ein bisschen Erfahrung gesammelt hast, lernst du mit dem Misserfolg umzugehen. Wie jetzt? Wenn du hart arbeitest, gelingen dir permanent Verbesserungen. An deiner Technik. Am Material. An der Abstimmung. Jede dieser Verbesserungen verpasst mir einen Motivationsschub. Jede Verbesserung beruhigt mich, weil ich merke, dass ich meinen Fähigkeiten vertrauen kann. Als du letztes Jahr nach Kitzbühel gefahren bist: Hast du daran gedacht, dass du gewinnen könntest? Nein, ich hatte viel spezifischere Ziele. Ich wollte die Fehler, die ich im Steilhang und in der Traverse gemacht hatte, nicht mehr machen. Außerdem habe ich mich brutal gefreut. Kitzbühel ist so ein unglaubliches Rennen, ein extremes ­Rennen. Die Bedingungen. Die Strecke. Die Zuschauer. ­Darauf freut man sich als Athlet wie auf kaum etwas anderes. Als du auf deiner Siegesfahrt warst: Hast du gespürt, dass es eine andere Fahrt ist als sonst? Ich habe gemerkt, dass ich gut unterwegs war. Es hat sich gut angefühlt. Die Sprünge gingen weiter als sonst. Und die Zuschauer haben getobt. Ja, aber die Zuschauer hörst du nicht, wenn du so schnell ­unterwegs bist. Die Zuschauer habe ich erst gehört, als ich im

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HANNIBAL in den Ötztaler Alpen Die Legende von Hannibal, der im Jahr 218 v. Chr. mit seinem Heer und Elefanten die Alpen überquerte, wird auf dem Rettenbachferner in gigantischem Maßstab nachgespielt. Die Künstlergruppe lawine torrén inszeniert mit 500 Mitwirkenden ein überdimensionales Theaterstück. Pistenbullys stellen Elefanten dar, Skidoos fungieren als Pferde, Flugakro­ baten kämpfen mit dem Heer aus Skiläufern, Kletterern und Fallschirmspringern. Licht, Musik und Pyrotechnik verwandeln den Gletscher in eine Bühne auf 3.000 Metern. Nächste Aufführung: 12. 4. 2019. www.soelden.com/hannibal

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Foto: GEPA-pictures

Thomas Dreßen auf seiner Siegesfahrt in Kitzbühel, 20. Jänner 2018.

Ziel war, mich umgedreht und an der Anzeigetafel gesehen habe, dass ich Erster bin. Wir fragen jetzt nicht, wie dieser Sieg gefeiert wurde, sondern was er, von heute aus betrachtet, mit dir gemacht hat. Ich bin von heute auf morgen total bekannt geworden. Meine Popularität ist sprunghaft gestiegen. Das freut mich natürlich, aber es ist auch anstrengend. Es klingt vielleicht blöd, aber es ist anstrengend, berühmt zu sein. Das musste ich lernen. Jetzt bin ich schon ein bisschen darauf eingestellt. Wie sehen deine Ziele für die kommende Saison aus? Du bist jetzt kein Geheimtipp mehr, sondern ein Star, der liefern muss. Wie ich schon gesagt habe: Ich muss mich weiterentwickeln und besser werden. Das sehen auch meine Trainer so. Die sind sehr kritisch, denen kann man es nicht leicht recht ­machen. Das heißt konkret? Wir arbeiten an der technischen Weiterentwicklung und an der Präzisierung des Set-ups. Bei mir gibt es ja noch überall Verbesserungspotenzial.

NACHRUF Martin Riml (1952–2018) Wir von der „Wildspitze“ sind tief betroffen von Martins Tod. Martin war uns nicht nur ein begeisterter Verbündeter in der Sache, die Kultur des Ötztals in all ihren Facetten darzustellen und den vielen schönen Geheimnissen des Tals auf den Grund zu gehen – er war uns ein echter Freund. Begleitete uns auf Ausflüge in die Berge, brachte uns zum Schaftrieb nach Schnals, öffnete uns zu jeder Zeit sein Archiv, damit wir mit den Kostbarkeiten, die er dort

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gesammelt hat, unsere Zeitschrift – die er auch als seine empfand – schmücken konnten. Die Kultur des Tals war Martin ein tiefes Anliegen: Seine Sammelwut all dessen, was einen Bezug zum Ötztal, seiner Vergangenheit und kulturellen Gegenwart hat, ist Legende. Es war Martin ein diebisches Vergnügen, uns immer wieder neue Fundstücke aus dem Archiv zu zeigen, und er konnte sich kindlich freuen, wenn wir seine Begeisterung teilten. Dass er nicht immer der aufgeräumte, witzige Mann war, als der er gern

Wie gehst du mit der Erwartungshaltung um? Es zählt nur meine eigene Erwartungshaltung. Und ich will eh viel von mir. Andererseits weiß ich, dass ich Zeit habe. Ich bin ja erst 24 Jahre alt. Kann so eine gute Saison wie die letzte – zwei Weltcupsiege, Dritter im Abfahrtsweltcup – auch zu einer Hypothek werden? Sagen wir so: Alles geht wieder von vorn los. Ich werde alles tun, um wieder so eine gute Saison hinzukriegen wie voriges Jahr. Aber ich weiß, dass es nicht automatisch immer bergauf geht. Schauen wir mal. Ich habe hart gearbeitet. Was für eine Rolle spielt Sölden in dieser Arbeit? Erstens ist Sölden ein super Partner für mich. Mit Jack Falkner bin ich freundschaftlich verbunden. Was er mit James Bond in Sölden hingekriegt hat, gefällt mir brutal gut. Und zweitens trainieren wir im Herbst immer in Sölden auf dem Gletscher. Das ist schon ein bisschen zu Hause für mich. Inzwischen sind wir die Gletscherstraße hinuntergefahren und in Sölden angekommen. Ende von Etappe 19.

auftrat, ist manchmal durchgeschimmert. Aber das kann nichts daran ändern, wie wir Martin in Erinnerung behalten: als wissenden Verbündeten; als großzügigen Unterstützer; als lernbegierigen Kulturmenschen; schließlich als eine Person, die wusste, was Freundschaft bedeutet. Unser Mitgefühl gilt allen Verwandten, vor allem aber Martins Kindern. Wir werden seine Erinnerung nach Kräften ehren und verabschieden uns von Martin mit einem Gefühl tiefer Dankbarkeit.

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Mit der Seilbahn von Sölden auf den Gaislachkogl und mit den Skiern hinunter nach Sölden

Die Sonne scheint, der Himmel ist blau, in den Bäumen hängt der Schnee, es ist gerade richtig kalt, und die Pistenverhältnisse sind perfekt. Natürlich ist fast jeder Tag auch ein guter Tag, um Ski zu fahren. Doch heute ist alles wie bestellt. Wir sind mit Oliver Schwarz, dem Direktor von Ötztal Tourismus, und Isidor „Isi“ Grüner, dem Pistenchef des Skigebiets Sölden, unterwegs. Es ist ziemlich früh, das Gewusel auf den Pisten hält sich noch in Grenzen. Mit der Gaislachkoglbahn geht es auf den Gaislachkogl, einen der drei Dreitausender des Skigebiets. Es ist eine nahezu stille Fahrt. Fast unberührt liegen die Pisten unter uns, gleich daneben im Tiefschnee haben sich die Spuren der letzten Tage eingefräst. Isi Grüners Blick pendelt. Bevor er begann, sich um die Sölder Pisten und somit auch um beste Verhältnisse für die Weltcuprennen zu kümmern, war er als professioneller Freestyler erfolgreich.

Erwartungsvoller Blick nach unten auf dem Weg nach oben: Oliver Schwarz.

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Langsam nähert sich die Bergstation. James Bond, natürlich fällt uns sofort James Bond ein. Das Restaurant Ice Q war keine ganz unwichtige Filmkulisse im Film „Spectre“. Schwebt hier irgendwo ein Hubschrauber, beginnt gleich eine Verfolgungsjagd? Nein, es haben sich nur feinstaubige Nebelfelder um den Gipfel gelegt. Wir steigen aus, inhalieren ein paarmal die kalte, klare Bergluft, lockern die Beine, treten die Skischuhe in die Bindungen und beginnen den Tag. Mit Piste Nummer 1.



Unsere Experten haben sie gewählt, weil sie sowohl breit ist, was weite Carvingschwünge erlaubt, als auch abwechslungsreich. Weil es sich hier gut aufwärmen, aber das Skifahren auch richtig genießen lässt: Die Aussicht ist unglaublich. Ein gewaltiges Bergpanorama spannt sich hier auf, Gipfel an Gipfel, Grau und Weiß, schroff und weich wechseln einander ab. Moment – wo sind denn auf einmal die anderen hin? Oliver Schwarz und Isi Grüner erkennt man nicht nur an den schicken Retroanzügen des Ötztal Tourismus, sondern auch daran, dass sie außergewöhnlich gut Ski fahren. Wir schwingen uns hinterher. Der Rhythmus kommt, der Atemdampf pendelt sich ein, die Schwünge werden sicherer, so wie die Pistenkurven schwingen, schwingen auch wir. Nach ein paar hundert Metern spaltet sich mit 1b ein Stück schwarzer Piste ab, es wird steiler, auch ein bisschen enger, kurz tauchen wir in den Schatten ein. Über die Pisten 4 (rot) und 1a (blau) ziehen wir weiter, Schwung für Schwung, zur Mittelstation. Gleich noch mal rauf? Unbedingt. Und immer und immer wieder. Ende von Etappe 20. 32 SPORT

Profiskirennen in Sölden Während in den Siebzigerjahren nur Amateure im FIS-Weltcup startberechtigt waren, wurden auch sogenannte Profirennen ausgetragen (Bild links). Ein wesentlicher Exponent der aus Amerika stammenden Profitour war der Sölder Rennfahrer André Arnold. Er wechselte 1977 vom in Europa wesentlich populäreren Amateursport zu den Profis und wurde viermal in Folge Profiweltmeister. In seiner fünften Profisaison verletzte sich Arnold schwer und beendete seine Karriere. Heute lebt er als Trainer und Hotelier in Sölden.

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Fast allein mit uns auf der Piste: Oliver Schwarz und Isi Grüner. 33 TOURISMUS

Als der Tourismus bunt wurde Diese Prospekte sind Zeugen für die Zeit, als der Wintertourismus in Sölden zu boomen begann. 1966 wurde die damals höchste Seilbahn Österreichs auf den Gaislachkogl gebaut. 1971 schloss man die Skigebiete von Sölden und Hochsölden zusammen. 1975 eröffnete das Gletscherskigebiet auf dem Rettenbachferner, und 1985 betrug die Zahl der Nächtigungen bereits 1,5 Millionen. Seit Ende der Fünfzigerjahre hatte sich das Volumen des Tourismus damit verfünffacht.

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PREISE

Erwachsene

Jugend

Kinder

(1998 & älter)

(1999 - 2003)

(2004 - 2010)

Eintritt Regulärpreis

22,00

17,00

12,00

Kombiticket (Bahn Berg- & Talfahrt + Eintritt 007 ELEMENTS)

54,00

49,00

30,00

Eintritt Gruppe ab 20 Personen

20,00

15,00

11,00

Kombiticket Gruppe ab 20 Personen

50,00

45,00

28,00

täglich geöffnet von 9.00 bis 15.30 Uhr I Timeslots: 9.00 - 11.00 / 11.00 - 13.00 / 13.00 - 15.00 Uhr


Ein Spaziergang durch die Ausstellung 007 ELEMENTS auf dem Gaislachkogl

Der spektakuläre Blick von außen auf ein Gebäude mit noch spektakulärerem Innenleben: 007 ELEMENTS.

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Foto: Christoph Nรถsig


Gegenschuss: Blick aus der Ausstellung auf die winterlichen Ă–tztaler Alpen.

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Foto: Kristopher Grunert


Foto: Kristopher Grunert

007 ELEMENTS heißt die cine­a s­t ische Installation, die hier am Gaislachkogl seit Juli 2018 geöffnet hat. Es geht um Bond, James Bond. Um seine Filme, vor allem den auch in Sölden gedrehten „Spectre“. Es geht um seine Aufträge, seine Geheimwaffen und Smokings, um seine Siege und Niederlagen. Durch das „Barrel of the gun“, eine Art Revolverlauf, gehen wir hinein. Schon ist er da: der Bond-Kult. Der leichte Schauer, der nie seine Eleganz verliert. Das Architekturbüro Obermoser hat direkt in den Berg hinein dieses schlichte Gebäude gebaut. Ruhig und bestimmt fügt es sich in den Felsen. Auf zwei Stockwerken erfahren wir Bond. Multimedial und interaktiv. Mal laut, mal leise. Mit Exponaten und Videos. Wir blicken hinter die Kulissen der Dreharbeiten. Wahnsinn, ist das viel Aufwand. Wir blicken ins „Tech Lab“ mit all den irren Gimmicks und Spezialgeräten von 007. Wie gefinkelt! Wie spektakulär! Wieder kippen wir total auf Bond herein. Neal Callow, der Art Director von Bond-Filmen wie „Spectre“ und ­„Casino Royale“, und Optimist Inc., die diese Installation gestaltet haben, wussten sehr genau, was sie da tun. Am Ausgang hätten wir uns gern von Ms. Moneypenny verabschiedet. Aber sie war nicht da.

34 MYTHOS

James Bond auf dem Gaislachkogl: „Spectre“, der 24. Film aus der BondSerie, erklomm den interessantesten Gipfel der Ötztaler Alpen. Aus dem IceQ, dem Gipfelrestaurant auf dem Gaislachkogl, wurde im Film eine Privatklinik, in der James Bond, gespielt von Daniel Craig, auf seine Widersacher trifft. In unmittelbarer Nähe zum Drehort entstand seither die neue Kinoinstalla­ tion 007 ELEMENTS, in der puristische Architektur, ausgesetzte Lage und modernste Technik eine einmalige und spektakuläre Verbindung eingehen. www.iceq.at

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Mit dem Kleinbus von Sölden ins Windachtal, zu Fuß zur Kleblealm und dann nach Zwieselstein

Natürlich könnten wir auch mit dem E-Bike ins Windachtal fahren oder von Sölden aus über Granbichl zu Fuß gehen. Aber wir nehmen den Bus, damit unser Ausflug dort beginnen kann, wo das Windachtal sämtliche Ungeduld schon abgeschüttelt hat: gleich hinter der Schranke, wo nur der „Ötztaler“ und die paar Hütten- und Waldbesitzer, die einen offiziellen Grund haben, mit dem Auto ins Tal zu fahren, unterwegs sein dürfen. Denn im Windachtal ist die Unberührtheit Programm. 135 Hektar Wald sind als Naturwaldreservat gewidmet. Das heißt – und wir wissen es nicht nur, als wir auf unserem Weg durch den Wald spazieren, wir können es spüren –, dass dieser Wald so wächst, wie es ihm gefällt, ohne irgendwen um Erlaubnis zu fragen. Wir sehen Lärchen und Zirben, die auf den Silikatböden äußerst zufrieden sind. Die Bäume sind knorrig und charakterfest. Ihr Durchschnittsalter beträgt 150 Jahre. Einige besondere Exemplare sind sogar 300 Jahre alt. Unser erstes Ziel ist die Kleblealm. Das wunderschöne Holzensemble liegt auf dem Osthang oberhalb von Sölden, umgeben von fetten Bergwiesen. Nachdem wir den ersten Teil der Etappe auf einem Forstweg gegangen sind, der zwischendurch eine ganz anständige Steigung spüren ließ, haben wir jetzt freie Sicht. Wir sehen auf den Gaislachkogl hinauf und ins Tal hinunter. Zwischen Himmel und Erde schweben ein paar tiefe Wolken, die sich nicht entscheiden können, ob sie liegenbleiben wollen oder sich auflösen. Ein Bauer macht mit seiner Sense Heu, 68


Die Glocke auf dem Dach der Kleblealm hat fr체her gel채utet, wenn die B채urin das Essen fertig hatte und alle am Tisch haben wollte. Auch heute gibt es hier Hausmannskost, mit der sich alle st채rken. Die von oben kommen. Und die nach oben wollen.

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Der Luxus einer Alm ist nicht, was man in der Stadt unter Luxus versteht. Sondern fette Wiesen, feuchtes Gras, gesundes Vieh, brauchbares Wetter. Und was man auf 2.000 Metern daraus macht, kann auf der Kleblealm unter dem Stichwort Almjause bestellt werden.

und wir haben das Gefühl, nicht eine Stunde unterwegs gewesen zu sein, sondern, großzügig geschätzt, 50 Jahre. Zurück. Als wir umdrehen, machen wir einen Abstecher zur Stallwies Alm, wo wir in Gesellschaft von ein paar 35 SPORT

Die BIKE REPUBLIC SÖLDEN Antithese zum beschwerlichen Aufstieg: In Söldens „Bike Republic“ wird von oben nach unten gerauscht. Auf dem Gaislachkogl entstanden mehr als 16 Kilometer exakt gebaute Strecken, die als „Shaped Lines“ angelegt wurden, plus 29 Kilometer Naturtrails für das freie Fahren. Sozialer Gedanke hinter der „Bike Republic“: Es geht darum, Bikern ein unverwechselbares Stück Natur zur Ver­f ügung zu stellen, wo sie unter sich sein können wie die Wanderer anderswo. www.bikerepublic.soelden.com

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E-Bikern eine Almjause einnehmen. Am Nebentisch sitzen Wanderer, die von der Wilden Leck gekommen sind und sich jetzt einen Teller mit Rippelen gönnen. Zuerst zu Fuß, dann mit dem Bus kommen wir nach Zwieselstein. Ende von Etappe 22. 36 KUNST

Fresko am Postamt Es ist ein verstecktes Kunst­ juwel, das auf der Fassade des Sölder Postamts zu sehen ist: Das Fresko mit dem heiteren Skifahrermotiv und der dem Ort gewidmeten Postkutsche stammt vom österreichischen Künstler Walter Honeder (1906–2006). Es entstand im Rahmen der Tiroler Kunst-amBau-Aktion nach dem Zweiten Weltkrieg und verbindet Elemente des Expressionismus mit der Tiroler Volkskunst.

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PROMOTION

FÜR OUTDOORLIEBHABER

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as Ötztal, das sich über mehr als 60 Kilometer durchs österreichische Tirol erstreckt, ist ein absoluter Magnet für jede Art von Outdoor-Enthusiasten – und das zu jeder Jahreszeit. So können im Sommer Mountainbiker die dichten Wälder der Hänge erkunden, während das Ötztal im Winter vor allem als Skiund Freeride-Region punktet. So zum Beispiel auch mit dem Freizeitwettbewerb BMW xDrive Cup, der sich in Zusammenarbeit mit der Bergbahn Sölden über die gesamte ­Wintersaison erstreckt. Ver­ anstaltet wird das Event von BMW Mountains, es hat sich

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als Plattform rund um den Bergsport manifestiert und schlägt mit Freizeittipps und zahlreichen Aktionen im Outdoor- und Social-MediaBereich europaweit Brücken zwischen Destinationen, Sport-

lern und begeisterten Fans. Im Rahmen des Wettbewerbs werden auf den präparierten Skimovie- und Speedcheck-Strecken die Läufe aller Teilnehmer gefilmt und die Zeit gemessen. Ein per­

sönliches Erinnerungsvideo steht anschließend online auf www.bmw-mountains.com zum Ansehen und Teilen zur Verfügung. Mitmachen kann im Übrigen jeder. Ganz nebenbei lassen sich so Punkte für den BMW xDrive Cup sammeln. Diese ermöglichen die Chance auf attraktive Gewinne, etwa einen neuen BMW X1. Dank des intelligenten Allradsystems BMW xDrive ist der BMW X1 der ideale Begleiter auf jedem Untergrund. Der geräumige Innenraum bietet zudem ausreichend Platz für die nötige Sportausrüstung für einen ­perfekten Tag in den Bergen – im Winter wie im Sommer.

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Auf dem Rennrad von Zwieselstein nach Hochgurgl Vor ein paar Jahren haben wir dem sympathischen Slalom­ fahrer Fritz Dopfer zugeschaut, wie er mit dem Rennrad von Zwieselstein bergauf unterwegs war. Respekt. Der Mann ist nicht nur bergab schnell. Wir haben uns für die zwölf Kilometer unsere Räder hergenommen und sind – ich sage nur: 700 Höhenmeter – bald mit großer Übersetzung unterwegs. Nasse Straße, Schneereste. Wir schlagen uns durch, Tritt für Tritt, Serpentine für Serpentine. Es gibt nur ein Problem: die E-Biker, die so tun, als wäre die Steigung nicht steil. Ich denke nur ­eines: Wehe, die Batterie wird leer.

37 GESCHICHTE

Zwieselstein, 1903 Das Foto zeigt Wintersport in einem für das Ötztal bedeutsamen Jahr. Die Straße von Ötztal-Bahnhof nach Sölden ist mit tatkräftiger Unterstützung des Kaisers fertig geworden. Damit ist das Ötztal an nationale und internationale Verkehrsrouten angeschlossen. 1884 war die Arlbergbahn eröffnet, 1898 die Straße durchs Tal fahrbar gemacht worden. 1903 konnte man mit dem Wagen über sämtliche Geländestufen vom Taleingang bis nach Sölden reisen. Bis man zum Tiefschneefahren auch nach Zwieselstein durchfahren konnte, dauerte es übrigens noch weitere acht Jahre.

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38 GESCHICHTE

Das Erbe der Schmuggler Zwischen Südtirol und Nordtirol waren traditionell Schmuggler unterwegs. Aus dem Ötztal brachten sie Flachs, Garn, Butterschmalz und Salz. Aus dem Süden kamen Zucker, Saccharin, Tabak und Tierfelle. Ein großer Stein im Timmeltal erinnert an einen Schmuggler, der 1935 mit einem Grammophon von Schönau nach Zwieselstein ging und wieder zurück wollte. Beim großen Stein, der heute „Totenstein“ heißt, wurde seine Leiche gefunden. Todesursache: ungeklärt.

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Mit der Seilbahn von Hochgurgl auf den Wurmkogl und mit dem Snowboard hinunter

Das Snowboard ist, von zwei Skiern aus gesehen, ein sperriges Instrument. Deshalb sind wir für diese Etappe mit Manuel Falkner unterwegs. Manuel ist Snowboardlehrer. Die 15 Minuten, die wir in der Gondel unterwegs sind, um von Hochgurgl auf den Wurmkogl zu schweben, reichen Manuel nicht, um die Vorzüge des Bretts gegenüber den Brettern erschöpfend zu argumentieren. Von Nachteilen hat er sowieso noch nie gehört. Im Schnee: Dieses Tempo. Diese Dynamik. Diese Schräglage. Diese Spur im Schnee. Diese Leichtigkeit, mit der Manuel abhebt und fliegt. Ich würde sagen: Im nächsten Leben machen wir mit. Ende von Etappe 24. 39 KOMPETENZZENTRUM

Multifunktion am Kreuzweg Der Anforderungskatalog an das neue Gebäude war lang: Es musste zugleich als Mautstelle für die Timmelsjochstraße, als Liftstation und als Restaurant funktionieren – und darüber hinaus noch Platz für das Motorradmuseum der Brüder Scheiber haben. Motorradliebhaber ist auch Architekt Michael Brötz: Er brachte die nötigen Funktionen mit einem kühnen Schwung unter ein Dach. Vorbild für den Bau: „die Schneewächte“ als Idee für die Verschmelzung von Landschaft und Bauwerk. www.crosspoint.tirol

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Motorradfahrer sind kontaktfreudige Menschen. Das trifft sich gut mit der Neugier der Anrainer.


Mit dem Motorrad von Hochgurgl auf das Timmelsjoch und zurück nach Obergurgl

Diese Etappe braucht eine vernünftige Ausrüstung. Und einen Motorradführerschein. Denn die Timmelsjochstraße legt auf harmonische, fast zwangsläufige Weise mehr als 60 Kurven in die Landschaft, auf denen man von der Mautstelle in Hochgurgl bis zum Pass auf 2.509 Meter Höhe kommt. Vielleicht sollten wir vorausschicken, dass Motorradfahrer und harmonische Kurven gut befreundet sind. Während die Gerade nur die Kraft des Motorrads zur Geltung bringt, feiert die Kurve den Fahrer. Der Fahrer wiederum verbündet sich mit Maschine und Schwerkraft und legt den Weg durch die Serpentinen

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Straße, Architektur, Fernblick: hinter jeder Kurve ein neues Spektakel.

ganz nach seinen Bedürfnissen an: Spritzig, wenn er dazu aufgelegt ist. Gemütlich, wenn er Genussfahrer ist. Als wir bei der Mautstelle starten, im Sattel einer durchaus bergtauglichen BMW R 1250 GS, sind wir in bester Gesellschaft. Ein trockener Tag

im späten Frühjahr, und die Motorradfahrer schwärmen aus. Ganze Kolonnen von freundschaftlich verbundenen Bikern in lederner Reisekleidung haben sich diese legendäre Straße ausgesucht, um sich und ihre Geräte auf die Probe zu stellen. 40 STRASSENBAU

Die Straße über das Timmelsjoch Seit 1919 verläuft am Timmelsjoch (2.474 Meter) die Grenze zwischen Österreich und Italien. Der Pass wird seit Jahrtausenden für die Alpenüberquerung genützt. Eine durchgehende Straße gibt es freilich erst seit 1968. Die Bilder zeigen Bauarbeiten an der Nordrampe, die zwischen 1955 und 1959 durchgeführt wurden, jeweils zwischen Mai und November. So blieben genau 17 Monate Bauzeit für das ehrgeizige und 28 Millionen Schilling teure Projekt. www.timmelsjoch.com

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Sie kommen aus allen Ländern Europas, und selbst wenn wir nicht dieselbe Sprache sprechen: Einen Gruß per Handzeichen sind wir uns allemal wert – und einen prüfenden Blick auf das Motorrad des anderen. Weil ihr fragt: Wir gehören nicht zu den schnellsten Fahrern, als wir nach der langen Geraden in die Serpentinen auf den Timmel einbiegen. Wir haben die spektakulären Bauten von Werner Tscholl im Blick, die an mehreren Stationen das Passmuseum beherbergen, sodass wir das Gerät abstellen und uns zum Beispiel über alte Schmugglerwege informieren. Hin und wieder fährt uns ein junger Kollege um die Ohren. Hin und wieder fahren wir einem untermotorisierten Kollegen auf und davon. Als wir auf dem großen Passparkplatz ankommen, hat doch tatsächlich jemand die Soundmachine angeworfen und spielt „Born To Be Wild“. Ja, eh. Vorsichtig kehren wir nach Hochgurgl zurück und fahren planmäßig nach Obergurgl weiter. Ende von Etappe 25. 41 ARCHITEKTUR

Designer des Passes Der Südtiroler Architekt Werner Tscholl, Jahrgang 1955, übernahm die Aufgabe, das Passmuseum an der Timmelsjochstraße zu einer „Passerfahrung“ zu machen. An insgesamt fünf Stationen ließ Tscholl Räume entstehen, in denen Wissenswertes über Landschaft, Kultur, Wirtschaft und Menschen zu erfahren ist – im eigentlichen Sinn dieses Wortes. Inspiriert von den Stein­ formationen der engeren Umgebung baute Tscholl die Museums­ stationen wie Findlinge an den Straßenrand. Dabei sind nicht nur die gebotenen Informationen interessant, sondern auch die zum Teil schwindelerregenden Perspektiven, die sich den Besuchern beim Ausblick aus den Gebäuden bieten (speziell vom „Steg“ an der Mautstelle Timmelsjoch). www.timmelsjoch.com/de/die-erfahrung-passmuseum

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Im Schwebezustand: Matthias Auer, Manuel Falkner und TVB-Obergurgl-Geschäftsfßhrer Philipp Ribis (v. l. n. r.) in der Gondel.

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Mit der Seilbahn von Obergurgl auf die Hohe Mut und Freestyle nach Obergurgl

Wir fahren rauf, und wir fahren runter, so wie es alle machen. Und doch ganz anders.


Wir gehen, bis wir den richtigen Einstieg finden. Bis der Hang passt, die Neigung stimmt, der Schnee uns sicher trägt. Dann fahren wir los. Schwung um Schwung


Ein Panorama wie gemalt: auf der Hohe-Mut-Südabfahrt ins Rotmoostal.

ziehen wir unsere eigenen Spuren. Sprung für Sprung überwinden wir die Natur. Wir sind abseits von allem. Und nirgends finden wir es schöner.


Die Schafe in ihren Gattern vor dem Aufbruch nach Hause.

Das Ziel dieser anspruchsvollen Etappe: das Hochjochhospiz.


Fotos: Philipp Horak für Servus MAGAZIN

Dieser Treiber trägt die blaue Schürze der Südtiroler Bauern.

Auf den Spuren des Schaftriebs von Obergurgl zum Ramolhaus und über die Martin-Busch-Hütte zum Hochjochhospiz Hinter der Achenbrücke beginnt der Höhenweg. Wenn der Weg schon das Ziel ist, dann haben wir dieses nach ein paar ersten Serpentinen bereits erreicht: Wir werden nirgends ­abbiegen, keine gewagten Abkürzungen nehmen, uns bei ­keiner Weggabelung irren. Denn das ist der Weg. Gehen wir ihn entlang, werden wir ans erste Etappenziel, das fast ­majestätisch thronende Ramolhaus mit seinen rot-weiß-roten Fensterläden, kommen. Kein Handy, keine Koordinaten sind nötig. Aber der natürliche Akku: die Ausdauer. Der Weg führt uns in die Hänge über Obergurgl. Wir ziehen die Nordwestseite des Tales entlang. Gehend stemmen wir uns gegen die steilen Wiesen auf der einen Seite, von ­denen die Gurgler Bauern ihr Heu holen. Auf der anderen Seite der Ausblick auf das Tal, die Gipfel, die Gletscher. Manche Wege gehen auf und ab, werden weit und dann wieder enger, führen durch Schatten und Sonne. Dieser hier ist lange Zeit das Gegenteil davon. Gleichmäßig geht es dahin. Lange lässt sich nicht einmal die Steigung, die uns von rund 1.900 auf knapp über 3.000 Höhenmeter führen wird, auf ­besonders viel Abwechslung ein. Es geht bergauf, aber stetig. Wir passieren die Kuppelalm, und dann wird es doch noch steil. Der Tritt fester. In den Felshängen kreuzen die Bäche des Ramolkogels unseren Weg, und kurz nachdem der Die Wildspitze 2018

­ ergweg zur Seenplatte abzweigt, sehen wir schon das RamolB haus, diese imposante Schutzhütte, die wie jede ernsthafte Märchenburg auf einem imposanten Felsvorsprung steht. Ein menschliches Lebenszeichen in einer schroffen Natur. Wir müssen unsere Reserven abzwacken für das letzte Stück. Doch dann sind wir da, angemessen erschöpft, aber auch zufrieden. Und gleich wieder klein und demütig. Vom Ramolhaus aus sehen wir die 22 Gletscher des Tals, diese ­großen Hüter der Zeit. Das Jetzt erfordert eine ausgiebige ­Jause. Und Schlaf. Zeitig in der Früh brechen wir auf. Auf 3.000 Metern schläft es sich anders, atmet es sich anders, geht es sich ­anders. Die Haut spannt, das ist die Morgenluft. Gleich färben sich die Wangen apfelrot, denn zunächst geht es ein paar ­Meter hinauf, bevor wir ins Toteis des Ramolferners steigen. Die Alpinausrüstung ist hier ein nötiger Standard. Das Eis knirscht, wenn unsere Schuhe uns darin einharken. Rauf zum Ramoljoch wird es steil. Zeit für Seile, für die Stahlbügel. ­Dieser Tag beginnt mit Blockwerk, Platten und Geröll. Hier ist keine Zeit für Lieblichkeit, der Atem dampft, der Rhythmus variiert, dann geht es seitwärts den Spiegelferner entlang, bis uns eine seiner Seitenmoränen wie ein weißer Arm in Richtung Diemweg führt, über den wir, langsam, aber sicher, zur

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Martin-Busch-Hütte kommen werden. In ein paar Stunden. Wir kennen keine Eile. Ziehen über die Almhänge über das Niedertal, finden unseren Weg über den Diembach, waschen darin Hände und Gesicht. Über Serpentinen geht es erst ­r unter, dann auf dem Fahrweg im Niedertal wieder hinauf. Und dann ist sie da, die Martin-Busch-Hütte, mit den weißrot-weißen Fensterläden verspricht sie von Weitem schon Schutz, Ruhe und Pause. Denn manchmal sind auch sechs Stunden schon ein Tag – wenn man sie gegangen ist. Wir sind ja schließlich keine Schafe. Gut möglich, dass aus diesem Satz der Schnaps spricht. Vielleicht hätten wir es bei einem belassen sollen, denn dass ausgerechnet Schafe die großen Wanderer dieser Welt sein sollen, sagt man nicht einmal hier. Dabei wäre dieser Ort ­prädestiniert dafür, Schafe in ein Sprichwort zum Thema ­G ehen zu packen. Zweimal im Jahr sind auf den Weiden vor der Martin-Busch-Hütte schließlich Schafe zu Gast. Und zwar internationale, genauer: Südtiroler Schafe. Sie kommen hierher, jeden Sommer, und zwar schon seit rund 6.000 Jahren. Menschen konnten sich noch gar keine Martin-Busch-Hütte vorstellen, da haben sie schon ihre Schafe aus dem Südtiroler Schnalstal über den Alpenhauptkamm auf die Weiden von Vent gebracht. Sie kommen im Juni, wenn der Schnee ­halbwegs weg ist, und im September gehen sie wieder zurück. ­Zumindest ein Teil der rund 5.000 Schafe, die Jahr für Jahr hier die Sommerfrische verbringen, ziehen auch an der ­Martin-Busch-Hütte vorbei. Es ist eine beeindruckende ­Prozession: Tausende Schafe ziehen die Wege der Alpen ­entlang, ihre Hirten sind bereits dabei, aber auch rund 80 ­sogenannte Treiber. Ihre Rufe, das dauernde Mäh und die tausenden Glöckchen bringen die Hänge zum Klingen. ­Markiert mit bunten, natürlichen Farben, durchbrechen die Tiroler Bergschafe, die Schwarznasenschafe und auch die ­Tiroler Steinschafe das Grau und Grün der Berge. Es ist ein Schauspiel, das Touristen übrigens nicht begleiten, sondern nur betrachten würden. Als Transhumanz, als Fernweide­ wirtschaft, ist es seit 2011 sogar Teil des von der Unesco ­geschützten Kulturerbes Österreichs. Zwei Länder werden ­dadurch miteinander verbunden, Natur und Mensch, die sich einen Lebensraum teilen. Jetzt gerade klingelt hier heroben allerdings nichts. Kein Glöckchen, keine Glocke. Und so, wie sich die Lider gerade in

Richtung Tal bewegen, als es gerade erst dunkel wird, wissen wir: Wir werden auch in der Früh kein Geklingel brauchen. Wer früh schläft, wird früh wach. Springt da das erste Schäfchen, das zweite, das dritte, das vierte? Gute Nacht. Unsere Tour geht wieder, sie geht in die dritte Unter­ etappe, und über die kleinen Nebensächlichkeiten schweigen wir. Schafe sollen ja auch ganz hervorragende Schweiger sein. Das Loch im linken Sock lassen wir deshalb unerwähnt, die kleine Blase unter der Achillessehne ebenso, und warum die zweite Wasserfläche keinen Verschluss mehr hat, müssen wir auch nicht diskutieren. Nicht beim Frühstück. Und beim ­G ehen sowieso nicht. Am dritten Tag hat man sich ja sowieso nicht mehr viel zu erzählen. Uns stört das nicht. Genauso wenig wie die paar Wolken am Himmel, die hier oben eigentlich schon als Gesellschaft gelten. Sie begleiten uns hinüber auf den Saykogel, und bis wir zum Hochjochhospiz gelangen, werden sie all ihre Wolkenfreunde dazu bestellt haben. Es zieht langsam zu. Nichts Beunruhigendes, wir haben uns den Wetterbericht ­angesehen, und doch wollen wir früh los und zügig gehen, um auf der sicheren Seite zu sein. Wir queren taleinwärts, Schritt für Schritt, Meter für Meter. Es ist der dritte Tag, den wir gehen. Zwischendurch wünschen wir uns auch einen ­Treiber, der uns mit Lockrufen voranbringt, so wie das die Treiber der Schafe tun. Wir müssen das leider selbst über­ nehmen. Innerer Schweinehund und so. Aber es geht. Nach eineinhalb Stunden haben wir den Saykogel erreicht. Mit 3.355 Höhenmetern ist er der höchste Punkt unserer Tour. Der Ausblick: irre. Am dritten Tag muss man sich im ­Ausdruck nicht mehr zurückhalten. Das erste Stück hinunter klettern wir wieder. Die Ausläufer des Saykogels bleiben felsig, die Aufmerksamkeit ist hoch. Dann geht es in Serpentinen nach unten. Wir wechseln die Bachseite, gehen über die Hängebrücke, und beinahe ­beschwingt erreichen wir Stunden später, tausende Tritte und Schritte später das Hochjochhospiz. Mit seinen weiß-rot-weißrot-weißen Fensterläden sehen wir es schon aus der ­Ferne. Kurz bevor wir in die Hütte gehen, setzen wir uns ins Gras. Schauen ins Tal, gehen noch einmal Blick für Blick das Bergpanorama durch. Irgendwo klingelt’s. Hinterm Haus ­grasen Schafe. Ende von Etappe 27.

42 GESCHICHTE

Piccard auf dem Gurgler Ferner Die Bruchlandung erfolgte am 27. Mai 1931 gegen 21 Uhr. Das Luftschiff des Wissenschaftlers Auguste Piccard (1884– 1962) war in Augsburg gestartet und hatte eine bis damals nie erreichte Höhe von 15.785 Metern erreicht. In der silbernen Kugel, die von einem Ballon getragen wurde, saßen der Professor und sein Assistent und hatten die Kontrolle über das Luftschiff verloren. Es trieb über die Alpen, bis es endlich sank und am Gurgler Ferner landete. Die drei Gurgler Bergführer Hans Falkner, Hugo Gstrein und Martl Grüner brachten die gestrandeten Wissenschaftler in Sicherheit. Die spektakuläre Rettungsaktion und die darauf folgende noch spektakulärere Bergung der Kapsel hoben Obergurgl in die internationalen Schlagzeilen. Ein Denkmal erinnert an den Pionier. www.obergurgl.com/piccard-denkmal

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Foto: Bernd Ritschel

Zu Fuß vom Hochjochhospiz über die Rofenhöfe nach Vent

Historische Verbindung zwischen Vent und dem Passeier: Wanderweg im Rofental.

Beim Frühstück – Wurst, Käs, Kaffee – fragt mich die freundliche Frau im Hochjochhospiz: „Wie lange gibt es diese Hütte eigentlich schon?“ Zufällig weiß ich Bescheid. Dieses breitschultrige Haus ist nämlich schon das zweite Hochjochhospiz. Das erste wurde 1869 auf Betreiben des Gletscherpfarrers Franz Senn mit einem groben Konstruktionsfehler gebaut. Es stand auf der anderen Seite des Tals mitten in einem Lawinenhang und wurde immer wieder schwer beschädigt und schließlich aufgegeben. Das neue Hospiz, wo wir gerade frühstücken, um uns für den Abstieg nach Vent zu stärken, wurde 1927 gebaut. Auf der sicheren Seite des 43 PFERDE

Obergurgls Haflinger Haflinger galten einmal als stämmige Bergpferde. Heute sind sie dank behutsamer Züchtung zu eleganten Freizeitpferden geworden. In der Zucht von Lukas Scheiber, der Obmann der Welthaflingervereinigung ist, stehen in Obergurgl ganz besondere Exemplare. Die Stute Sowina wurde – eine ganz besondere Auszeichnung – 2015 zur „Weltsiegerin“ gekürt. www.haflinger.cc

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Rofentals. Das Haus steht an einer historischen Wanderroute. Von Vent führt hier der Weg ins Passeiertal, die seit Jahrtausenden begangene Strecke über das Hochjoch. Im Frühjahr werden die Schafe vom Schnalstal auf die historischen Weidegründe geführt, und es gibt zahllose andere Beweise für die enge Verbindung zwischen dem Ötztal und Südtirol. Sie sind geschichtlich dokumentiert, haben aber auch in zahllosen persönlichen Beziehungen ihren Ausdruck gefunden. Meine Frühstücksnachbarin verabschiedet sich. Sie will über das Hochjoch zur Bellavista-Hütte. Dort gibt es angeblich so gute Knödel. Wir 44 SCHMETTERLINGE

Das SonnenröschenGrünwidderchen Dieser Schmetterling lebt auf warmen Trockenrasen und alpinen Matten bis in eine Höhe von 2.400 Metern. Die Art gilt als selten und gefährdet, nur in den Alpen ist sie an manchen Orten noch häufig. Grünwidderchen lassen sich meist nur nach mikroskopischer Untersuchung sicher bestimmen. Das hier abgebildete Pärchen sitzt auf einer Blüte der Arnika. Es wurde vom Naturfotografen Peter Stoeckl auf dem Mutsbichl bei Vent fotografiert.

Die Wildspitze 2018


aber steigen durch das Rofental nach Vent ab. Die Wanderung ist bequem und aufregend gleichzeitig. Die Rofenache hat sich eine tiefe Kerbe in das Tal gegraben, und der Weg führt manchmal an schroffen Abbrüchen vorbei. Vor allem aber ist das Rofental prallvoll mit Geschichten. Da ist die Geschichte von Franz Senns Vertrautem Cyprian Granbichler, nach dem dieser Weg benannt ist. Granbichler starb hier nach einem Schneesturm, als er mit Senn vom Passeier nach Vent ging. Die Geschichte vom Alpenvereinsvorsitzenden Waldemar Titzenthaler, einem fanatischen Nazi, nach dem der Weg bis 2003 benannt gewesen ist

(seine Urne befindet sich noch in einem Felsgrab im Tal). Da sind die Geschichten vom Rofener Eissee, der zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert mehrmals ausbrach und das ganze Ötztal überflutete. Die Geschichte von der geplanten Auto- und Lift­ verbindung nach Südtirol, die projektiert, aber nie umgesetzt wurde. Die Geschichte vom Friedel mit der leeren Tasche, die als Wandertheater nachgespielt wird. Schon kommen wir zu den Rofenhöfen, den höchsten ganzjährig bewirtschafteten Bauernhöfen Österreichs. Das Tal macht jetzt auf. Nach Vent ist es nicht mehr weit. Ende von Etappe 28.

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Foto: Heiko Wilhelm

Mit den Tourenskiern von Vent auf den Hinteren Spiegelkogel und zurück Die Tour, zu der wir jetzt aufbrechen, ist eine Route, bei der man gern einem guten Guide folgt. Wir haben den besten: Hansjörg Auer, Extrembergsteiger und in den Ötztaler Alpen zu Hause wie der Yeti im Himalaya. Wir starten in Vent, im Bergsteigerdorf. 1.900 Meter hoch. Unser Ziel ist der Hintere Spiegelkogel, 3.424 Meter. Ver­ sprochen ist uns eine ganz besondere Aussicht, aber gleich nach dem Start sehen wir vor allem Bäume. Denn die ersten

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Heiko bleibt zwischendurch stehen und macht seine ­Fotos. Über das Panorama, wie es sich jetzt darbietet, sagt er nur: „Sensationell.“ Man sieht auf diesen Bildern auch, was er meint. Über die Steilheit des Hangs sagt er: „Extrem.“ Auch das ist zu sehen. Wir gehen mit den Ski fast bis auf den Gipfel. Erst ­v ielleicht fünfzig Meter davor schnallen wir ab. Der Ausblick hat alles, was in den Bergen seinen Reiz hat. Die Weite. Den Glanz. Das Geheimnis. Die Feierlichkeit. Im Glitzern des Frühjahrsschnees fahren wir ab nach Vent. Heiko sagt: „Ein Traum.“ Ende von Etappe 29.

Fotos: Heiko Wilhelm

eineinhalb Stunden unserer Tour führen uns von Vent aus durch den Wald. Aus dem Schatten heraus können wir nur annehmen, dass die paar Wölkchen über uns sich bald ­verflüchtigen werden. Als wir die Waldgrenze erreicht haben, ist es still und schattig. Die Sonne taucht die Gegenhänge in gleißendes Licht, und wir folgen der Spur, die ein paar Gleichgesinnte in den letzten Tagen dieses späten Winters in den Schnee ­geschrieben haben. Noch nicht zu steil steigen wir auf. Wir haben die Felle auf die Ski geschnallt, sodass wir Schritt für Schritt, ohne zu rutschen, bergauf steigen. Wir erreichen den Spiegelferner und überqueren das Gletscherbecken in südlicher Richtung. Die Hänge sind ­unbefahren. Über uns kreuzt ein Flugzeug den Luftraum und hinterlässt im tiefen Blau des Himmels einen auffälligen Kondensstreifen. Mit fast jedem Schritt wird der Ausblick grandioser. Die Gletscherwelt der Ötztaler Alpen liegt jetzt fast vollständig vor uns. Gleichzeitig wird der Aufstieg immer steiler. Die Nord­ flanke des Hinteren Spiegelkogels ist bekannt für ihre ­herausfordernde Steilheit, und längst haben wir aufgehört, uns beim Aufstieg zu unterhalten oder uns irgendwelche ­Neckereien zuzurufen.

Aufstieg von Vent auf den Hinteren Spiegelkogel. Weitblick nach Obergurgl und weiter. Hansjörg Auer …

45 INFRASTRUKTUR

Die Lifte von Vent Im Bergsteigerdorf Vent wird das Erbe des Tourismuspioniers Franz Senn vulgo Gletscherpfarrer hochgehalten. Mit dem gemächlichen Sessellift namens „Wildspitze“ geht es vom Ort hinauf zur Bergstation Stablein, die Ausgangspunkt für weite und herausfordernde Bergtouren ist. Der Panoramablick schweift über Gipfel und Gletscher der Ötztaler Alpen. Ramolkogel und Spiegelkogel sind zu sehen, dahinter die Kreuzspitze. Von hier geht es auf die Breslauer Hütte (Bild links) und, bei Bedarf, weiter auf die Wildspitze. www.vent.at/ aufstiegshilfe-sommerbahnen

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46 FILM

Die Geierwally Ein Mädchen, das mutiger als alle Männer ist, stiehlt einem Lämmergeier das Gelege. Die Geschichte ist Stoff für Legenden. Wilhelmine von Hillern schreibt 1872 ihren Roman „Die Geierwally“. Zwar stammt die Heldin des Romans aus dem Lechtal. Aber es ist belegt, dass Hillern das hintere Ötztal genau kannte, vor allem Vent und Rofen. Der Roman wird ein riesiger Erfolg. Nach seinem Vorbild entstehen eine Oper und zahlreiche Filme. Am erfolgreichsten ist Hans Steinhoffs Verfilmung, die an Originalschauplätzen im Ötztal gedreht wird und als „perfekter Nazifilm“ gilt. Hans Haid nennt Steinhoffs „Geierwally“ „die besonders ausgeprägte geistige Mobilmachung im Dritten Reich“.

Die Wildspitze 2018


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und das Team beim Aufstieg, am Gipfel, beim Abfahren.

47 BUCH

Vent. Dorf der Berge Ein einfühlsames und unterhaltsames Porträt von Vent liefert das Buch „Vent. Dorf der Berge“ aus der Werkstatt der „Wildspitze“-Redaktion. In zehn Kapiteln werden die Geschichte des Ortes, seine Bedeutung für den Fremdenverkehr und die Entwicklung der Alpen als Ziel für Bergsteiger und Wanderer erzählt. Eine Schlüsselrolle darin spielt der lange in Vent stationierte „Gletscherpfarrer“ Franz Senn, der den Grundstein für den modernen Bergtourismus legte und entscheidend an der Gründung des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins beteiligt war. Alpinistische Pionierleistungen, unzählige Anekdoten und Erzählungen komplettieren das Bild. Erhältlich bei der Ötztal-Tourismus-Niederlassung Vent. VK € 12,00

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Blick aus dem Cockpit ins Cockpit: Wir heben zur letzten Etappe ­dieser Reise ab.


Mit dem Hubschrauber von Vent zur Wildspitze

Der Hubschrauber beginnt zu vibrieren. Die Rotorblätter kommen auf Touren. Wir heben ab. Fest in die Sitze geschnallt und mit Kopfhörern über den Mützen, um uns bei dem Fluglärm verständigen zu können, machen wir uns auf zur letzten Etappe unserer Ötztaldurchquerung. Wir fliegen zum Gipfel der Wildspitze, dem höchsten Berg der Tiroler Alpen. Die Wildspitze liegt etwa zwölf Kilometer nordöstlich des Alpenhauptkamms im Weißkamm. Süd- und Ostseite erheben sich über dem Venter Tal. Die West- und Nordflanken bilden den Talschluss des Pitztals. Der Hubschrauber gewinnt schnell an Höhe. Wir überfliegen die Masten und Seile des Venter Skigebiets, sehen den Felskegel des Wilden Mannles, dann macht uns der Pilot auf die Breslauer Hütte aufmerksam, die auf der linken Seite in der Landschaft klebt. Es dauert nicht lange, und vor uns faltet sich das Gelände auf, in dessen hoher Mitte unser Ziel zu sehen ist. Die Wildspitze. Wir steigen noch immer. Der Pilot visiert den mächtigen Keil vor uns an, und mit atemberaubender Geschwindigkeit nähern wir uns, bis wir schließlich angekommen sind und in der Luft, jedes Mal ein neues Wunder, stehenbleiben, um zu staunen. Ich kann zwei Gipfel sehen. Der felsige Südgipfel ist 3.774 Meter hoch. Seit 1933 wird er von einem mächtigen Gipfelkreuz geschmückt. 93


Das alte Gipfelkreuz ist im Jahr 2010 durch ein neues ersetzt worden, das der Umhauser Schmied Peter Praxmarer aus Nirosta hergestellt hat: ein massives, 420 Kilogramm schweres Werkstück. „Wildspitze“Reporter Philipp Horak war damals mit von der Partie. Mit seiner Kamera und mit weichen Knien hat er dokumentiert, wie das Kreuz per Hubschrauber trotz widriger Bedingungen auf den Gipfel geflogen wurde. Die Bilder kann man heute in der Bergsteigerkapelle in Vent besichtigen. Der Nordgipfel der Wildspitze schmilzt langsam ab. Er liegt heute etwa fünf bis sechs Meter tiefer als der Südgipfel. Zur Zeit der Erstbesteigung im Jahr 1848 war der Nordgipfel noch deutlich höher. Wir lernen: Selbst historische Höchstleistungen sind angesichts der Veränderungen in der Natur vergänglich. Die Wildspitze ist das Ausrufezeichen am Ende des Ötztals. Sie ist umringt von Gletschern, vom Eis, das einmal als ewig gegolten hat und doch den Launen des Klimas und der Jahreszeiten ausgeliefert ist. Der Taschachferner fließt nach Norden ins Pitztal ab. Mittenkar- und Rofenkarferner nach Südwesten und Südosten ins Venter Tal. Wir umkreisen den Gipfel. Das Gipfelkreuz schimmert silbern und hell. Der Horizont ist frei. Er wird nur durch die Erdkrümmung begrenzt. Wir sehen von den Berner Alpen im Westen bis zur Schobergruppe im Osten. Dem Himmel sind wir buchstäblich nah. Und noch eines: Wir sind am Ziel. 94

Die Wildspitze, 3.774 Meter, im Hintergrund. Anflug über den Kesselwandferner




Hier ist der Horizont weiter als irgendwo sonst. Der Gipfel der Wildspitze, 3.774 Meter. Wir sind am Ziel.


In 30 Etappen quer durchs Ötztal. Wir liefern Ihnen nicht nur die Geschichten, sondern auch deren Verortung. Klappen Sie die Karte auf der nächsten Seite aus und folgen Sie unserem Trail von Ötztal-Bahnhof bis auf den Gipfel der Wildspitze. Etappe für Etappe, alle Zwischenstopps nummeriert und inklusive.


Der Ötztal-Trail. In 30 Etappen Mit dem Bike von Ötztal-Bahnhof über die AREA 47 nach Sautens und weiter bis zum Piburger See Eine durchaus schweißtreibende Fahrt mit mehrfachen Erfrischungsangeboten. — Seite 8 Mit den Schlittschuhen über den Piburger See Eine Art Meditation auf Kufen. Voraussetzung: Der Piburger See ist fest zugefroren. — Seite 12 Zu Fuß vom Piburger See nach Oetz Ein beschaulicher Abstieg durch den Blockwald in die Ortschaft Oetz. — Seite 13 Mit dem Lift in die Almenregion Hochoetz Mit der Seilbahn von Oetz nach Hochoetz. Im Gepäck ist bereits der Gleitschirm. — Seite 14 Paragleiten von der Almenregion Hochoetz ins Tal nach Oetz Wir sind zu zweit unterwegs. An einem Schirm. Der Tandemflug von Hochoetz nach Oetz mit Weitblick. — Seite 16 Nordic Walking von Oetz über Habichen zum Piburger See und weiter zur Armelen Hütte mit anschließendem Abstieg nach Tumpen Eine lange Wanderung mit mehreren Geländestufen, einem Hüttenerlebnis und einem ausführlichen Abstieg. — Seite 20 Zu Fuß von Tumpen nach Umhausen mit einem Kletterversuch auf der Engelswand und einem Abstecher nach Farst Eine Etappe mit Mutprobe und einer Abschweifung hoch hinaus. — Seite 23 Bergwandern und Klettern von Umhausen über den Klettersteig Stuibenfall nach Niederthai Den sehenswerten Wasserfall entlang hinauf über einen anspruchsvollen Klettersteig. — Seite 26 Zweitagestour von Niederthai über die Schweinfurter ­Hütte zur Winnebachseehütte und weiter über die Gaislehnscharte zur Amberger Hütte Eine Etappe, die geübte Bergwanderer vielleicht auch an einem Tag schaffen. Wir brauchen zwei. — Seite 28 Von der Amberger Hütte nach Gries mit Seil, Steigeisen und Pickel über den Kühlenkarfall Eine Wanderung mit einer Station, die nur für Geübte zu empfehlen ist: ein Wasserfall. Zugefroren. — Seite 32 Schneeschuhwandern von Gries zur Nisslalm Zutaten: viel Neuschnee, Schneeschuhe, ein bisschen Zeit. Und Hunger für das Essen auf der Hütte. — Seite 34

Mit den Langlaufskiern von Längenfeld nach Huben Zuerst werden Langlaufloipen ausprobiert. Dann laufen wir lang bis nach Huben. — Seite 44 Mit dem E-Bike von Huben durch das Pollestal zur Pollesalm Eine Landschaft, so schön wir nirgends. Beobachtet vom Sattel eines Bikes, das uns beim Fahren hilft. — Seite 46 Höhenwandern durch das Pollestal über den Mainzer Höhenweg zum Rettenbachferner Eine Höhenwanderung über zahlreiche Dreitausender. Eine echte Herausforderung. — Seite 50 Mit dem Oldtimer über die Gletscherstraße vom Rettenbachferner nach Sölden Mit dem Oldtimer über die Serpentinen der Gletscherstraße. Und ein gutes Gespräch mit dem Fahrer. — Seite 54 Mit der Seilbahn von Sölden auf den Gaislachkogl und mit den Skiern hinunter nach Sölden Skifahren in guter Begleitung. Damit die Abfahrten vom Gaislachkogl nicht zu lang dauern. — Seite 58 Ein Spaziergang durch die Ausstellung 007 ELEMENTS auf dem Gaislachkogl Ein atemberaubender Spaziergang durch die neue James-Bond-Ausstellung auf dem Gaislachkogl. — Seite 62 Mit dem Kleinbus von Sölden ins Windachtal, zu Fuß zur Kleblealm und dann nach Zwieselstein Eine kurze Busfahrt, dann eine belebende Wanderung und bei Bedarf: Rippelen. — Seite 68 Auf dem Rennrad von Zwieselstein nach Hochgurgl Eine Herausforderung für alle, deren Bike noch keinen Motor eingebaut hat. — Seite 72 Mit der Seilbahn von Hochgurgl auf den Wurmkogl und mit dem Snowboard hinunter Nur für Könner: eine Abfahrt mit einem Snowboard-Profi. — Seite 73 Mit dem Motorrad von Hochgurgl auf das Timmelsjoch und zurück nach Obergurgl Die Kurven der Timmelsjochstraße hinauf bis zur Passhöhe. Mit ausreichend PS. — Seite 74 Mit der Seilbahn von Obergurgl auf die Hohe Mut und Freestyle nach Obergurgl Eine Lektion in freiem Skifahren. — Seite 78

Rodeln von der Nisslalm nach Gries Es geht bergab. Mit dem Schlitten und dem Gewicht einer guten Mahlzeit. — Seite 36

Auf den Spuren des Schaftriebs von Obergurgl zum Ramolhaus und über die Martin-Busch-Hütte zum Hochjochhospiz Eine Wanderung mit urhistorischen Bezügen. — Seite 82

Mit dem Minibus von Gries nach Längenfeld Über die schönen Serpentinen der Grieser Landesstraße hinunter ins Tal. Bequemer wird’s nicht. — Seite 38

Zu Fuß vom Hochjochhospiz über die Rofenhöfe nach Vent Auf der klassischen Verbindung zwischen Passeier und Ötztal. — Seite 86

Walken von Längenfeld nach Brand, über die Hängebrücke und Burgstein zurück nach Längenfeld Zwei Stunden zu Fuß mit der Herausforderung einer schwingenden Hängebrücke. — Seite 40

Mit den Tourenskiern von Vent auf den Hinteren Spiegelkogel und zurück Eine atemberaubende Skitour mit steilem Finale und hinreißender Rundsicht. — Seite 88

Ruhetag im Aqua Dome in Längenfeld Diese Etappe ist keine. Ausruhen in der Therme. Bergblick vom Außenbecken. — Seite 42

Mit dem Hubschrauber von Vent zur Wildspitze Der endgültige Aufstieg mit Panoramagarantie. — Seite 92



Conquest V.H.P.



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