Neuköllner Anstoß - August 2009

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Neuköllner

Anstoß

Zeitung der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) Berlin-Neukölln - Aug. 2009

Jedes zweite Kind in Neukölln muß von Hartz IV leben Wieder einmal muß der Berliner SPD/ Linke-Senat zugeben, dass seine ach so soziale Politik bei den Menschen nicht ankommt. Die Antwort des Senats auf eine Anfrage der Linkspartei-Abgeordneten Margrit Barth enthüllt nun, welche Auswirkungen die unsoziale Politik der Regierenden in Bund und Land auf die Schwächsten in unserer Gesellschaft haben, auf die Kinder. Jedes dritte Kind in Berlin muß mittlerweile von Hartz IV leben. In Neukölln ist die Situation noch schlimmer. Auch wenn die vom Senat genannten Zahlen nur schwer mit den Erhebungen des Berlin-Brandenburger Amtes für Statistik zu vergleichen sind, weil die Kinder und Jugendlichen in verschiedenen Altersgruppen zusammengefasst sind, können wir feststellen, dass

nahezu jedes zweite Kind in unserem Bezirk auf staatliche Hilfen angewiesen ist. In offiziellen Zahlen: Mehr als 25.000 Kinder und Jugendliche bis 17 Jahren, die Hälfte von ihnen ist noch unter sieben Jahre jung, denn vor allem Mütter mit kleinen Kindern finden keine reguläre Arbeit auf dem Berliner Arbeitsmarkt. Für die Kinder bedeutet das ein Leben in Armut. Für Kino, Sportverein, einen Besuch im Schwimmbad oder gar

NPD-Wahlkampf:

Nazi-Terror in Neukölln Trotz Ferienzeit wird bei den Parteien viel gearbeitet. Leider ist auch die neofaschistische NPD noch immer nicht auf dem Müllhaufen der Geschichte verschwunden und führt auch hier in Neukölln Wahlkampf - auf ihre Weise. So wurde am 25. Juli Presseberichten zufolge an einem NPD-Infostand am S- und U-Bahnhof Neukölln ein Anwohner von Nazis angegriffen und verletzt, nachdem er mit dem Ruf "Nazis Raus" seinen Unmut geäußert hatte. Nur zwei Tage später klebten die Nazis in den umliegenden Strasßen Plakate und Aufkleber. In der Nacht zum 13. August zog eine Gruppe von Nazis durch Neukölln und schlug u.a. die Fensterscheiben des Ladens der ChileFreundschaftsgesellschaft „Salvador Allende“ in der Jonasstraße ein. Die Täter hinterließen ihre Handschrift: die gesamte Straße war mit NPD-Aufkleber zum Jahrestag des Selbstmordes von HitlerStellvertreter Rudolf Heß verschandelt. Die DKP steht in der Tradition des Schwurs von Buchenwald: „Nie wieder Faschismus!“ - weder in Neukölln noch anderswo. Eine Stimme für die DKP ist deshalb in jedem Fall eine klare Stimme gegen Rechts, ein knallrotes Stopp-Zeichen gegen die Faschisten.

einen Gameboy bleibt kein Geld übrig, Taschengeld bekommen die wenigsten Kinder. In einem System, das nach der Ideologie des „Haste was, biste was“ funktioniert, bedeutet das: Ausgrenzung schon in den jüngsten Jahren. Ein Leben auf der Sackgasse ist vorprogrammiert, denn auch für Nachhilfe in der Schule ist kein Geld da.


Wir brauchen die S-Bahn - keine Aktionäre! An normalen Werktagen transportiert die S-Bahn-Berlin ca. 1,3 Mio. Menschen, schon daran kann man die Bedeutung dieses Verkehrsmittels für den Berliner Nahverkehr ermessen. Seit Anfang Juli befindet sie sich im Chaos: Die Züge verkehren nur unregelmässig oder im 20-MinutenTakt, einige Linien werden nicht mehr bedient, auf anderen fahren nur Regionalzüge. Wie konnte es dazu kommen? Wo liegen die Ursachen? Wie kann der Krise abgeholfen werden? Am 1. Mai brach auf dem S-Bahnhof Kaulsdorf an einem der Züge ein Rad, lediglich durch einen Zufall kam kein Mensch zu Schaden. Das für die Aufsicht zuständige EisenbahnBundesamt (EBA) verlangte daraufhin, die Kontroll-Intervalle für die Radsätze der betroffenen Baureihe (Bombardier 481) deutlich zu verkürzen. Die SBahn, sagte zu, setzte aber das Versprochene nicht in die Tat um. Es folgte jetzt, was folgen musste: Das EBA ordnete an, daß die Fahrzeuge, deren Kontrollfrist abgelaufen war, aufgrund der hohen Sicherheitsrelevanz umgehend stillzulegen wären. Das betraf drei Viertel der Fahrzeugflotte. Es stellte sich zudem heraus, daß ein Achsbruch aus dem Jahr 2003 nicht an das Amt gemeldet worden war. Seitdem sind die für die FahrzeugWartung zuständigen Mitarbeiter im Dauereinsatz, sie arbeiten im DreiSchichten-System und müssen

Überstunden schieben. Ab August, kündigte ein Sprecher der S-Bahn an, werde der Fuhrpark nach und nach wieder in Betrieb gehen. Erst im Dezember werde der fahrplanmässige Betrieb wieder aufgenommen. Die Bahn versucht, die Malaise als vorübergehendes Ereignis auszugeben. Wie Ulrich Homburg, im Bahnkonzern für den Bereich Personenverkehr verantwortlich, behauptete, seien die technischen Probleme an den Fahrzeugen unabhängig von Einsparungen aufgetreten. Werkstattkapazitäten in einem Ausmaß vorzuhalten, wie es jetzt in dieser Ausnahmesituation erforderlich wäre, sei unwirtschaftlich. „Wirtschaftlich“ im Sinne der Bahn scheint hingegen zu sein, daß allein im Jahr 2008 56 Mio. Euro Gewinn an die Deutsche Bahn abgeführt wurden. Dies entspricht ca. 20 Prozent des Geldes, welche die S-Bahn pro Jahr an Zuwendungen des Landes Berlin erhält. Für dieses Jahr sollte der

abgeführte Gewinn bereits bei 81 Mio. Euro liegen. Hintergrund ist, die Spatzen pfeifen es von den Dächern, der geplante Börsengang der Deutschen Bahn AG. Die Bilanzen sollten stimmen, um sich für „Investoren“ schick zu machen. Zu diesem Zweck wurde massiv Personal abgebaut, zwei der sechs Reparaturwerkstätten wurden geschlossen. Zum Wohl der künftigen Aktionäre versteht sich. Mittlerweile hat sich selbst Bürgermeister Wowereit (zusammen mit der Linkspartei verantwortlich für die Privatisierung der Wasserwerke) von diesem Plan verabschiedet. Allerdings nur vorläufig. Wir fordern: – Die S-Bahn ist ein viel zu wichtiges Rad im großen Räderwerk Nahverkehr, um sie den Profitinteressen von „Investoren“ auszuliefern; – Keine Wirtschaftlichkeit zu Lasten der Beschäftigten und von Sicherheit und Zuverlässigkeit; – Die S-Bahn muß kommunalisiert, d.h. im Interesse der BerlinerInnen demokratisch bestimmt und nicht bloß wie ein gewinnorientiertes Unternehmen verwaltet werden; – Nulltarif für den öffentlichen Nahverkehr als zentraler Baustein einer ökologischen Nahverkehrspolitik


Nach der S-Bahn nun die Busse?

Auch BVG spart an Sicherheit und Gesundheit Im Neuköllner Ortsteil Buckow sind am 11. August 21 Menschen verletzt worden, als zwei Busse der BVG zusammenstießen. Der 41-jährige Fahrer einer der Busse wurde schwer verletzt, der 38 Jahre alte Fahrer des anderen Busses erlitt leichte Verletzungen. 17 Fahrgäste wurden ebenfalls verletzt und von Rettungswagen in umliegende Kliniken gebracht. Zudem erlitten ein 39-jähriger Pkw-Fahrer und eine gleichaltrige Fahrerin leichte Verletzungen. Den Ermittlungen zufolge fuhr gegen 14.30 Uhr an der Kreuzung Johannisthaler Chaussee / Ecke Kölner Damm der Doppeldeckerbus der Linie X 11 auf den an einer roten Ampel wartenden Gelenkbus der Linie M 11 auf. War das nicht nur ein bedauerlicher

Unfall, sondern die Folge eines auch bei der BVG grassierenden Spar- und Kürzungswahn? So sieht es jedenfalls ein ungenannt bleibender ehemaliger BVG-Personalrat, der sich in der Zeitung „Berliner Kurier“ äußerte: „Das musste ja mal passieren. In den letzten Jahren wurde extrem viel Personal abgebaut. Die Busfahrer hetzen von einer Endhaltestelle zur anderen, um die Fahrpläne einzuhalten.“ Zwar war der Sparwahn bei der BVG nicht ganz so kriminell ausgeprägt wie bei der Deutschen Bahn AG und ihrer Tochter S-Bahn Berlin, aber der Vorfall in Neukölln zeigt, dass der SPD/LinkeSenat sich nun mal überhaupt nicht auf die Schulter klopfen muss, weil bei

„seiner“ BVG alles so toll klappt. Wenn der Raubbau an der Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen in Bussen, Straßen-, S- und U-Bahnen und sonstwo so weitergeht, werden wir Kunden die leidtragenden sein, denn dann sind weitere Unfälle vorprogrammiert.

„Ich will dazu beitragen, öffentlich Druck zu entfalten“ Ein Gespräch mit dem DKP-Bundestagskandidaten Rainer Perschewski

Du kandidierst für die DKP als Direktkandidat in Neukölln und auf der Landesliste. Was motiviert dich dazu? Antrieb für meine Kandidatur, wie meiner gesamten politischen Tätigkeit, ist die himmelschreiende soziale Ungerechtigkeit in diesem Land. Das reichste Zehntel der Bevölkerung ist im Besitz von über 61 Prozent des Vermögens. Gleichzeitig erleben wir, dass immer mehr Menschen unter dem Existenzminimum leben. Das kann und will ich nicht akzeptieren. Für soziale Gerechtigkeit treten doch andere auch ein. Was unterscheidet Deine Kandidatur von den anderen? Die etablierten Parteien von CDU/CSU, FDP, Grüne oder die SPD haben mit ihrer Politik der letzten Jahrzehnte diesen Zustand geschaffen bzw. ihn

erhalten. Ich sehe die Eigentumsverhältnisse und damit die Profitinteressen des Kapitals als eine Ursache der Probleme. Soziale Gerechtigkeit und Profitmaximierung passen nicht zusammen. Ich trete daher mit der DKP für eine sozialistische Gesellschaftsordnung ein, die mit den Werktätigen und den derzeit davon ausgeschlossenen Erwerbslosen eine sozial gerechte Gesellschaft aufbauen will. Die Regierungskoalition der CDU/ CSU und der SPD verschärfen mit ihrem Kurs die Situation. Aber auch die Grünen und die FDP sind in Regierungsverantwortung gewesen und haben ihren Teil an der neoliberalen Ausrichtung der Wirtschaftspolitik beigetragen. Die Partei „Die Linke“ hast du bisher nicht genannt….. Die Partei „Die Linke“ ist zwiespältig. Zum einen bringt sie viele Themen und

Anträge in den Bundestag ein, die bei ihrer Durchsetzung positiv für die Werktätigen und Erwerbslosen wären. An der Regierung aber, wie hier in Berlin, verhält sie sich genau wie alle anderen Parteien. Der Berliner Senat ist in seiner Politik nicht fortschrittlicher als andere Landesregierungen. Die Privatisierung öffentlichen Eigentums und Einrichtungen gehen weiter und der Lohnabbau im Öffentlichen Dienst spricht gegen die PDL. Sie sind völlig unglaubwürdig. Ich will mit meinem Engagement dazu beitragen, öffentlich Druck zu entfalten. Ich mache mir keine Illusionen über die Ergebnisse der Wahl. Aber jede Stimme für die DKP ist gerade hier in Berlin ein Zeichen des Protestes gegen diese Senatspolitik.


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Jeden Freitag ab 19.30 Uhr im SalvadorAllende-Club, Jonasstr. 29, Neukölln - Neumitglieder sind herzlich willkommen!

Was macht den Bossen Dampf?

Klassenkampf! Der Multimilliardär Warren E. Buffet erklärt: „Es herrscht Klassenkrieg (...) und es ist meine Klasse, die Klasse der Reichen, die Krieg führt, und wir gewinnen.“ Gegen diesen Klassenkampf von oben gibt es nur eine Antwort: Klassenkampf von unten. In den Betrieben, Schulen, Unis und auf der Straße

be. In ihnen haben die Belegschaften die besten Ausgangsbedingungen, um die Kapitalisten an ihrer schwächsten Stelle zu treffen: Ihrem Profit. Streiks – auch außerhalb der Tarifverhandlungen – sind ein wirksames Mittel, um die kommenden Sozialraubzüge abzuwehren. Die DKP sagt nicht, dass die bevorstehenden Kämpfe leicht zu führen sind. Aber im Gegensatz zur Partei Die Linke (PDL) verbreiten wir nicht die Legende, Wahlen und die Beteiligung an Regierungen könne eine Wende im Sinne der Arbeiterklasse herbeiführen – eine Legende, die die PDL im Berliner Senat mit ihrer Sozialkahlschlagspolitik seit Jahren selbst widerlegt hat. Der Widerstand wächst: Über 50.000 Menschen demonstrierten im März unter der Losung „Wir zahlen nicht für Eure Krise!“. 100.000 Kolleginnen und Kollegen folgten dem Aufruf der Gewerkschaften Mitte Mai. Fast 300.000 SchülerInnen, Studierende und Auszubildende traten im Juni in einen Bildungsstreik.

muss eine Gegenoffensive organisiert werden – die Arbeit in Parlamenten muss auf die Unterstützung dieser Kämpfe ausgerichtet sein. Der Klassenkampf hat viele Fronten – die sensibelste Stelle sind die Betrie-

In diesen Reihen sieht die DKP ihren Platz. Eine Stimme für die DKP bei den Bundestagswahlen ist ein zählbarer Ausdruck eines anschwellenden Widerstandes. Wählt also DKP - aber vor allem: Wählt den Weg des Klassenkampfes!

www. dkp-neukoelln .de

Jonasstr. 29 12053 Berlin-Neukölln Öffnungszeiten: Freitags 18.30 – 19.30 Uhr leihbuecherei_ellifuchs@web.de Web: leihbuecherei.dkp-neukoelln.de

Impressum Der „Neuköllner Anstoss“ wird herausgegeben von der Wohngebietsgruppe Neukölln der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP). Anschrift der Redaktion: DKP Neukölln, Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin; E-Mail: info@dkp-neukoelln.de - www.dkp-neukoelln.de V.i.S.d.P.: R. Perschewski, Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin


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