KLAUS HOFMANN Ins Freie
Farbe in Bildern von heute und gestern
Eine Auswahl auf Leinwand und Papier 1972 2022
Widmung
Ich danke meiner Familie und meinen Freunden, meinen Eltern, meinem Bruder Kai, Lehrerinnen und Lehrern, sowie allen, die mich in meinem Werdegang begleitet und unterstützt haben!
Besonderen Dank an Martina Ambrosi, Dr. Peter Holzwig, Marlene Lipski, Peter Barthold Schnibbe, Michael Saß, Susanne Heppner und Uwe Dressler für ihre Textbeiträge bzw. tätige Hilfe, ohne die dieser Katalog nicht zustande gekommen wäre.
Düsseldorf, im September 2022
FARBE RAUM LICHT
Über Bilder von Klaus Hofmann
Die Bilder sind unmittelbar schön und bedürfen für den Schauenden vielleicht keiner Worte. Aber verdeutlichen wir ein wenig das Geschaute, ausgehend von der Ausdruckskraft der Far ben, ihrer von Grund auf mit uns verbundenen Lebendigkeit, der wir nachspüren und einigen Spuren ihrer Formkraft folgen.
Versenken wir also unseren Blick in einige von mir aus der Zeit von 1972 bis 2022 ausgewählte Arbeiten, um zur wachen Wahrnehmung anschaulicher Wirklichkeit zu gelangen, indem wir den Weg der Verwandlung von sinnlich Gegebenem zur Erschließung seiner Realität nachvollziehen. Das bedeutet erst einmal ein Abstandnehmen von gedanklichen Rastern, der Logik der Gegen standserkenntnis, und ein Einlassen auf die Formkräfte der Anschauung als eine körperhafte und gleichzeitig geistig-intuitive Erfahrung. Ich wähle ein Bild des Übergangs, der Schwelle, das mir entgegenkommt: die ehemalige Tür, spielerisch betitelt „Der Triumph der Malerei“. Da ist noch der Türknauf auf dem Rahmen – seltsamerweise stört er gar nicht, sondern macht den Betrachter lächeln im Erinnern: das war mal eine olle Schranktür. Jetzt öffnet sie Raum jenseits jeder Ding lichkeit. Gestaffelter Raum in bewegtem Farblicht hin und her zwischen Bildfläche und Einord nung in Tiefe, Höhe, weite Ferne. Ein Ausschnitt, der durch flächig verdichtete Bögen und Striche in hellen grün-blau-braun Nuancen sich zu organisch anmutender Form komponiert: Landschaft.
Die Bildmitte eine dunkle Halbbogenform, die den weißen Türknauf als gestalterisches Element einbezieht zur Präsenz des Bildkörpers und Mitte für den Tiefenraum, in den der Blick wandert. Eine „Tür“ zum Schauen. Verblüffend ist die sichere, leichte, begabte Verwandlung der Fläche, die das Bild so selbstverständlich zur Erscheinung bringt. Lebendig und einzigartig.
Es erinnert an einen ganz frühen Durchblick, ein Fensterbild, im Kunststudium bei Ludmilla von Arseniew gemalt. Gemalte Fensterrahmen bilden die Gliederung zwischen Innen und Außen. Schon diese klaren geometrischen Formen sind aus der Verstandesstarre befreit; eingefügt in das, was sie rahmen, werden sie zu Farbformen, Licht tragend, Raum klärend, der Farbumge bung antwortend. Der Durchblick und die Spiegelungen evozieren einen Natureindruck, ganz vereinfacht. Tiefenwirkung als Ferne ist so in der Balance gehalten, daß die Bildfläche gegen wärtig bleibt und eigentlich der Ausblick gleichzeitig entgegentritt und den Prozess des Malens verdichtet vorführt. „Und was sieht man dort Rosa-stengeliges im Keramiktopf“, wurde immer mal wieder gefragt. Aber niemand nahm Anstoß an der freien Farbform-Erfindung, die den blau grünen, gelblichen und violett-grauen Farbtönen des Bildes hellwache, luftige Frische verleiht. Dieses Bild ist visionär auch im Hinblick auf die spätere Entwicklung, die Vieles ausfaltet und dif ferenziert, was hier schon im Keim angelegt ist, z. B. spätere Bilder von Blumen und Töpfen. Die verschiedenen Wege der Entwicklung können hier nur angedeutet werden.
Aber die Erinnerung an eine großformatige Kohlezeichnung drängt sich dazwischen, ein mar kantes Beispiel für die figürlichen, gegenständlich ausgeprägten Bilder, wenige Jahre später ent standen. Sie ist inspiriert von einem Environment von Edward Kienholz, seiner „Beanery“, 1965, die sich im Stedelijk Museum in Amsterdam befindet.
Dort betritt man eine alltägliche Kneipen- und Thekensituation wie einen begehbaren, engen Höllenort von verhaltener Aggressivität und gleichzeitiger Morbidität. Eine Szene verkapselter, öder Geselligkeit, Melancholie und Zeitstillstand. Die Figuren werden in ihrem gefühlten Kör perinnenraum deutlich, in ihrer vielfachen Überlagerung, ihrem Anstoßen und Angleichen an einander und in ihrer Bezugnahme auf eine gemeinsame, vage verbindende Umgebung einer angedeuteten Tischsituation. Heillose Figuren bei Kienholz, so auch hier, aber eher in einem von Max Beckmann beeinflußten Duktus für ein abgründiges menschliches Ineinander und durch Einander / Durcheinander. Ohne Farbe. Energielinien, die ihr Miteinander in ihrem unausdrück lichen Bezogensein auf die Bildfläche finden, ihre Ordnung in der gestalterischen Zuordnung.
Demgegenüber erscheinen die ungegenständlichen Bilder völlig freigesetzt. Etliche sind ein heitlich als „Wasserkreuze“ betitelt. Was kommt in ihnen zur Anschauung? Strömungsfelder, die die Vertikale und Horizontale ausspannen, Balancezustände abfangen. Die Farbwirkung mutet durch die Gründominanz vegetabil an, erinnert durch die verschiedene Dichte und Lichtwirkung an Spiegelungen. Feinkörperlich die Farbe, als Ausformung von Licht in verschiedener Stärke, Farbkörperwahrnehmung wie bei geschlossenen Augen – und dennoch ein starker Außenbe zug vor jeder gegenständlichen Verfestigung. Gemalt auf handgeschöpftem Papier mit dem ihm eigenen Unregelmäßigkeiten wirken die Bildränder wie provisorische Grenzen, leicht schadhaft in ihrer Materialität, ein wenig wellig geschnitten. Und Blau bleibt verborgen.
Wandern wir zum „Grün im Grün“, einem deutlich späteren Bild, könnten wir es doch beinahe “ge genständlich“ in dieser gegenstandsfreien Haltung verstehen. Hier wirken ähnliche Kräfte, aber sie differenzieren sich gegenseitig zu schwimmendem, stehendem, Licht tragenden und Licht schluckenden Grün. Hell-Dunkel-Zonen, verschiedene „Wachstums“-Zonen, Tiefe des Raums, die über sich selbst hinaus verweist. Ein Nach-draußen-schauen und Verorten des Betrachters davor, der Nahblick und Ferne wie aus einer Hockhaltung verbindet. Ein gebanntes Schauen. Ein sich wechselseitig in Beziehung-setzen zur Bildfläche, stimmig und klar die Farben: gesteigerte Reali tät. Gegenständlich und gleichzeitig nicht-gegenständlich.
In dem kleinen Bild „Weiher“ ist die Realitätssicherung stärker. Natur ist hier nicht nur Suggestion, sondern durch Farbform als verdichtender Freisetzung gesteigert: Himmel, Wasser, Vegetation sind durch Licht aufeinander bezogen, nicht in den Spiegelungen, die keineswegs bloße Doppe lungen gemeinter Phänomene sind, sondern verschiedene Dichte des Lichts, dessen Übergänge wie vertraute Begegnungen einander antworten und sich durch dunklere ‘materielle‘ und helle, lichte Zonen gegenseitig steigern. Meisterhaft gesetzte Farbformen, die geheimnisvolle Ruhe und Ausgeglichenheit vermitteln.
Aus dem Dunkel heraus zu arbeiten, seine intensivierende Kraft freizusetzen, wirkt wie der fas zinierende Ausgangspunkt in etlichen Bildern. „Dem Schatten nach“ macht diese Suche ja sogar thematisch. Ob die Bildfläche wohl durchgängig schwarzgrundig war? – Ja! Auf tiefschwarzem Bühnenmolton gemalt, bleibt die ihm samtig-stoffliche Wirkung durchgängig spürbar. Dann legte sich darüber wie ein Reflex einer imaginären Lichtquelle vor dem Bild über die schwarze Bildfläche ein sich stellenweise erwärmendes Halblicht, aus dem Schattenblumen blühen. Ihr vorwiegend dunkles Farblicht leuchtet intensiv verhalten, strahlt Wärme aus. Die wenigen Weiß stellen sind keine des Bildgrundes, sondern durchdringende Überhelligkeit aus einem imaginä ren Bereich hinter dem Bild, die die Kraft des Lichts betonen, die Dunkelheit als einen durchlässi gen Zustand relativieren. Farbige Schatten
welch großes Thema der Malerei!
„Lonely You“ lässt uns lächeln – führt diese rosa Blüte nicht (immerhin) ein farbiges Schatten dasein? Eingebettet in einen anderen Lichtzustand als dem eigenen? Inspiriert von einem Bob Dylan-Song, wo denn einmal die Musikbegeisterung des Malers ausdrücklich wird. Jedenfalls verleiht diese helle Blüte dem Bild poetischen Klang.
Viele Blumenbilder sind dunkelgrundig; ein Dunkel, das aufgelöst wird, durchstrahlt durch lichte Farbformen, die von Blütenformen inspiriert sind. Blumenformen in einfachen Strukturen, die gegenständliche Reduktion und bildimmanente Erfindung gleichzeitig sind. „Schneeglöckchen“ wirken wie kleine weiße Laternen, deren Form völlig charakteristisch getroffen ist, in einfachsten Pinselstrichen von enormer Leuchtkraft, (siehe Abbildung S. 69).
„Backstage“ ist ein kleines stilles Zauberstück von Licht und Schatten. Nichts wiederholt sich, alles steht in kontrastierender, sich wandelnder Harmonie zueinander. Selbst die Wasserglasrän der, die die Bildfläche betonen, tun das auf verschiedene Weise: ganz leise, unauffällig variieren sie das Dunkel. Modulationen in lichter Farbe. Die mittlere Blüte, ganz nebenbei, ist selbst eine des völligen Dunkel. Der Titel ist ein Rätsel. Ist „backstage“ die Kehrseite eines Handlungszusam menhangs? Welcher wäre das? Wären auch die anderen Blumenbilder „Backstage“? Oder ist dies der Ort der Malerei als hellwach geträumte Gegenordnung zur tagnüchternen Erfahrungswelt?
Im Format ähnlich und thematisch auf das Dunkel fokussiert sind auch die Laternenbilder, die etwas spielerisch Leichtes haben trotz der reduzierten Farbpalette. „Grüne Laterne“ leuchtet im undurchdringlichen dunklen Wald, bzw. einer ihn suggerierenden Umgebung. Kein Weg nir gendwo. Das eingefangene Licht, das ein wenig Himmelbläue beinhaltet, wirkt seltsam unnatür lich, märchenhaft. Dem Laternenlicht korrespondiert eine obere Helle im Blaugewölk, die Bild flächen-bezogen bleibt, ebenso unnatürlich. Ein ‚Wegweiser‘ in Nachtverkehrungen, in ein Spiel des Bildes? Irrlichternde Laternen überhaupt, surreal, traumhaft.
Ich komme nicht an dem kleinen dunkelgrundigen Stilleben „Tasse und Rose“ vorbei, das mich durch sein Farblicht bannt. Ein eingefangener Moment, in dem Essentielles aufleuchtet. Rot und Weiß gesteigert durch die Dunkelheit, aus sich selbst leuchtend und mit Freude aufgeladen. Klar heit und Sicherheit im Malduktus, Intensität durch das umgebende magische Dunkel, in das Rot und Weiß eingeblendet sind, wie von außen gesetzt. Es verleitet dazu, eine Geschichte dafür zu erfinden: eine aufleuchtende Pausentasse und Dich anstrahlende Rose – ein vollkommener Mo ment mit der Leichtigkeit des Flüchtigen.
„Farbknospen“ scheint mir wie eine Umkehr der Lichtwertungen. Die knospigen Stengelgebilde sind solche der durchmischten farbigen Schattenstriche. Schattengebilde, die vom Rand em porstreben in eine nicht ortbare Helligkeit einer transparenten Bildfläche, die ihnen in hellen Lichtnuancen verwandt ist. Der linke Bildrand verändert jedoch völlig die Wachstumsrichtung: ein Entgegenwachsen der Stengelgebilde, die denen des unteren Randes begegnen und die Blickrichtung für uns als Betrachter verändern, als ob der Lichtraum über uns gezogen würde.
Der Blick wächst in die Blumenstengel, die nirgendwo schematisch sind, sondern lebendig, sehr einfach, verschieden. Eine Anmutung von Frühling in ihrem feinstrukturierten Wachstum. Das den Betrachter einbegreifende Licht überrascht, belebt und stimmt freudig: Teilhabe am Bild prozess sowie an frühlingshafter Harmonie! (siehe Abbildung S. 69)
Das Bild „Platons Himmel“ zieht Aufmerksamkeit in besonderem Maße auf sich: blauendes Blau, wie könnte man das anders sagen? Inspiriert sicher durch griechischen Himmel, den der Maler immer wieder auf „seiner“ Insel Korfu erlebt hat. Hier im Bild ein Energie-geladenes Blau, span nungsdicht, warm, in der Schwebe über in die Tiefe gezogenen horizontalen Strichen, gebän dert, mit organisch anmutenden Strukturen für ‚Wald‘ als Horizont, davor ein kräftig gelber Licht see – ein Durchbruch und Hervortreten, dessen Ursache unsichtbar bleibt bis auf einen schwach merklichen Widerschein im Blau des Himmels, der aber ebenso gut ein solcher des Lichtsees als Reflex sein könnte. Die flachen Bandzonen, Bildgrund und Tiefe, oder Nähe und Entfernung, neh men Himmel auf, sind gleichzeitig auch Wasser, das in der unteren Blauzone sich beruhigt, ver dunkelt. Natürlich fasziniert hier auch der Titel, der eine Beziehung des Bildes zu Platon herstellt, eine anschauliche, intuitive und, strenggenommen, uneigentliche. Aber hat nicht der Malprozess selbst etwas dialogisch Platonisches? Der Malprozess ist ja selbst eine Form des Herausbildens von Zusammenhängen, die immer auf das gemeinsame Ganze bezogen sich erst gegenseitig zur Wirkung bringen – so wie hier der Lichtsee Antwort auf das energiegeladene Blau ist, das durch ihn wiederum an Höhe und Kraft gewinnt. Der gemeinsame Bezug auf das umfassend grundle gend Wirkende, aus dem heraus sich Gegenständlichkeit im Bild ‚inkarniert‘ als Logos des Bildes, ein Meta-Logos gleichsam, in dem der Logos des begrifflichen Erkennens in einen Zustand des Wachtraums versetzt ist, als pure Form mit körperhaft sinnlicher Wahrnehmung verbunden. So umspannt der Bildlogos die gestalterische subjektive Seite mit der begegnenden natürlichen Gegenstandsseite in einem umfassenden Logos der Leiblichkeit.
Es ist eine konzentrierte wahrnehmende Offenheit in diesen Bildern, die nach längerer gegen standsfreier Malphase sehr frei in Gegenständlichkeit immer wieder mündet. Welche Frische und individualisierende Kraft, in großer Freiheit gesetzte Farbe mit spielerischer, meisterhafter ge stalterischer Sicherheit!
Zum Schluss denke ich an ein Korfu-Bild, das sich in meiner Wohnung befindet. Ein Meeresbild ohne Details, tief und weit, wie aus der Vogelperspektive. Blauviolett das Wasser – ein weinfar benes Meer. Ein sehr gelassenes, souveränes Bild, das einen Meeresanblick gänzlich zur Wirkung kommen läßt. Ein weinfarbenes Meer? Das ist die verständnislose Frage in Leonardo Sciascias Erzählung „Il mare colore del vino“, die in etwa so beantwortet wird: Vielleicht erscheint es so in der Morgenröte oder der Abenddämmerung … aber vielleicht ist es die Wirkung, wie die des Weins, die eine solches Meer hat. Es macht nicht betrunken, es überkommt die Gedanken, es erweckt antike Weisheit … Es ist ein Gesamteindruck, ein Reihumblick , ein Körpergefühl in die sem Eindruck, wo Befindlichkeit und Erinnerungen in der Farbe zusammenkommen und Form annehmen. Dem Betrachter bietet sich das Raumspiel in sublimer aufmerksamer Atmosphäre als eine komplexe Gegenwart und Gleichzeitigkeit, schwebend im griechischen Licht. Das Bild hat übrigens im nachhinein den Titel der Sciascia–Erzählung bekommen.
Vorwort
Der Katalog zeigt eine Auswahl mir wichtiger Bilder in chronologischer Reihenfolge, aber von heute beginnend bis in meine Anfänge in den 70igern.
Manchmal konfrontiere ich neue mit älteren Arbeiten. Stilistische Sprünge, unterschiedliche Größen und Techniken sind beabsichtigt, um zu verdeutlichen, was mich künstlerisch beschäftigt.
Somit bildet dieser Katalog eine Interpretation meines Gesamtwerkes, eine Bestandsaufnahme in Form von Jahresringen, und ist der Versuch, exemplarisch etwas festzuhalten, was mich noch immer beschäftigt. So ist der Blick zurück auch ein Blick nach vorne.
So gibt es und gab es sogar Bilder, die ich erst nach Jahren, mitunter Jahrzehnten “zu Ende“ male. Wer weiß, was mich noch im Keller erwartet! Hoffentlich noch viele, immer aber eigentlich nur eine Handvoll innerer Bilder und Vorstellungen, die mich in meinem künstlerischen Leben beschäftigen.
„Alles läßt sich so zusammenfassen: Eindrücke erleben und die Natur lesen“ (Paul Cézanne)
Triumph der Malerei 180 x 55 cm Öl auf Schrankwand mit Griff 2016/18
Abendfarben
Klaus Hofmann: Neue Bilder Entgrenzungen im kleinen Format
Ein Gedicht
Nachtschattengewächse
Die sanfte Ährendünung der weiten Küstenfelder im blaugrau-weißen Mondscheibenschein.
Violette und blaue und grüne Blütensternchen verzetteln sich über die unergründliche Bildfläche.
Strahlend-gelborange Chrysanthemenköpfe prangen im dunkel-schattigen Grün-Getupf – Mond inklusive.
Doch der Blick schwingt sich wieder über die Farb-Felder-Landschaft.
In nächster Nähe und tiefster Ferne …
Überhaupt: Die Farben … alles ist Farbe und ohne Farbe ist alles nichts.
In manchen Landschaften ist der Nachklang des geheimen Lebens der Abenddämmerung noch zu spüren.
Schließlich ein Tal, zwei angrenzende, geballte, bodenlose Waldstücke –Entgrenzungen.
Die Erscheinungen
Reales ist nur angedeutet, lädt sich auf, wird spukhaft oder freudig-verspielt kenntlich.
Das Erstrahlen des tapferen farbigen Lichts im Schutz der Glasscheiben oder das Blau-Grün-Leuchten der Laterne vor dem vielblättrigen Laub der Bäume und dem aufgeregten Himmel darüber.
Der Blick aus dem Gartenfenster in der großen Stadt: in transparenten, zarten Lasuren hingebreitet.
Architekturen, Fensterrahmen, senkrecht – waagerecht, die Farben werden substantiell, nehmen Gestalt an: Dächer, geschachtelte Häuser, temporäre Konkretisierungen. Heimleuchten
Das Licht in der Dunkelheit: Blüten, Gaslaternen, Gestirne …
Das Leuchten im Dunkel: Miniaturen, die ein ums andere Mal das gefühlte Sein hinter der Erscheinung erahnen lassen. Schubladen
Wenn Sie ein oder zwei Schubladen wollen: Romantik, Vormoderne, Wurzel vor allem auch in der klassischen Moderne: expressiv, abstrahierend, autonom.
Dr. Peter HolzwigWie ein vergrößernder Monet mit deutlich eigenem Wesen, welches liebäugelnd nach der Musik ruft und sich rhythmisch mit ihr verbindet… Farbklänge erzeugend, die ich einst im wildromantischen Garten in Kleinheide fand.
Peter Barthold Schnibbe, Maler- und Musikerfreund
Für mich ist Klaus Hofmann ein Künstler, der Natur so versteht und erlebt, dass seine Bilder für mich wie eine Zusammenfassung und Verdichtung von Natur erscheinen. Das vielfältige Farbenspiel in Bildern, die zunächst monochrom wirken und sich bei näherer und genauerer Betrachtung als vielfarbig und untergründig leuchtend zeigen, ist positives Naturerleben in unmittelbarer Übertragung.
Mit einem ehemaligen Paketwagen der Post, seinem Malmobil fährt KH zu seinem Motiv in die grüne Umgebung Düsseldorfs und malt vor der Natur. Besser noch, er malt in der Natur. Beeinflusst vom wechselnden Licht der freien Natur, von ihren unverfälschten Farben, von ihrer Frische und Herbheit oder auch von ihrer Lieblichkeit wird der Künstler Klaus Hofmann zu einem Stück Natur selbst.
Die Freiheit des Draußen seins, die unmittelbare Wirkung von Licht und Farbe auf die Befindlichkeit des Künstlers lassen die Arbeiten Klaus Hofmanns eindrucksvoll Natur spiegeln ohne sie nachzuahmen – im Sinne von wiedererkennbarer Ähnlichkeit.
So ist uns, den Betrachtern klar, dass diese Landschaften Wasser und Ufer zeigen, die Farbigkeit und auch die Titel der Bilder helfen uns dabei. Die sozusagen Porträtähnlichkeit der Landschaft jedoch ist aufgegangen in eine übergeordnete Allgemeingültigkeit. Das persönliche Erleben vor der Natur wird durch den Künstler zu einem allgemeingültigen Erleben von Natur zumindest europaweit. Die Überhöhung der Landschaft durch die freie und großzügige Malerei und zugleich die Vereinfachung der Form zugunsten der Farbflä che schaffen dem Betrachter eine Projektionsfläche für die eigene Gefühlswelt.
An dieser Stelle möchte ich Marcel Duchamp zitieren: „In Summa ist der Künstler nicht der Einzige, der den Schöpfungsakt vollzieht; denn der Betrachter stellt den Kontakt des Werkes mit der Umwelt her, indem er dessen tiefere Eigenschaften entziffert und deutet und damit seinen eigenen Beitrag zum schöpferischen Prozess liefert“. Nochmal auf deutsch:
Wenn Sie eine Bild ansehen, setzt für Sie ein Deutungsprozess ein, d.h. Sie malen das Bild mit all ihrer Lebenserfahrung und Ihrem Wahrnehmungsgedächtnis fertig.
Marlene Lipski, Galeristin, Künstlerin, Wesel, im Juli 1999
Malmobil
Gerresheim, Morper Bachtal
je 103 x 63 cm Wasserfarben, handgeschöpftes Papier - 1999
Nimm
Zum Mikrowellenbild
Schlicht, konzentriert wird aus dem Dunkel des Innenraums der Topf in hellem Eigenlicht hervorgehoben als eine Art VanitasStillleben.
In Zeiten von Lockdowns spielt sicher der Wunsch nach Immu nität mit; aber auch der Widerstand gegen das „Nichts wird so sein“ scheint hier in der Mikrowelle gefangen.
Bei aller Bescheidenheit, flächiger Gestaltung und farbiger Ent haltsamkeit (Schwarz und Weiß sind keine Farben), also auf einer unprätentiösen Inszenierung beruhend, entsteht meines Erach tens ein fast tragischer Heldentod.
Herz und Auge des romantisch kunstliebenden Betrachters ver mag nichts Erheiterndes festzustellen. Statt ein erwärmendes, blühendes Gesicht, möchte ich übertreibend wie ein Nacht mahr behaupten, dass sich Leichenblässe erschauernd schön die Waage hält mit technischem Design.Mögest du guten Wind in die Segel bekommen Klaus!
Hier noch folgendes Zitat vom romantischen Bretonen Chateau briand:
„Das Fegefeuer (oder hier deine Mikrowelle) übertreffen an Poesie den Himmel und die Hölle, weil es eine Zukunft darstellt, die diesen beiden fehlt“.
„Arte povera“ richtete in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts erstmals ihr Augenmerk auf „arm“ als Gegensatz zur Wirtschaftswunderwelt, durch Massenmedien und Techno logie geprägten Umwelt auf die Aspekte von Energie und Natur, und eine als „mikroemotiv“ oder “eccentric abstraction“ bezeich neten Kunst.
Im Mikrowellenbild zeigt sich Malerei eher traditionell als „na ture morte“ und m.E. als ein „memento mori“, verwandt mit pro testantisch niederländischer Kunst, indem es relativ wenig Freu de huldigt, z.B. keinen Einblick in den Topf und nur puritanisch ein „trompe l’oeil“ vom Inneren des Herdes preisgibt. Auch wenn
die Tür des Herdes geöffnet scheint, ist doch kein Zugriff auf den Topf evoziert, so dass ein Verharren und Nachdenken vor dem bildnerisch Festgehaltenen erreicht wird.
Im weiteren Betrachten zeichnet sich meines Erachtens das Bild motiv durch Mehrdeutigkeit aus, denn die Annahme „letztend lichen Hoffens auf Speisung“ ergibt sich aus der Anmutung des besonderen Weiß des Topfes, welches eigentlich keine Farbe, sondern reines Licht darstellt.
Dies mag sich symbolisch als positiv unschuldig bzw. rettend deuten lassen, im Sinne von zuzubereitender bzw. zubereiteter physischer oder geistiger Nahrung. Dieses Bildlicht ist meines Ermessens vom Maler Klaus Hofmann bewusst verewigt!
Wenn das Licht in meiner Mikrowelle mit akustischem Signal faktisch erlischt, ist die Erwärmung abgeschlossen und die Ver teilung des Essens nimmt ihren Lauf.
Dies eigentlich schlichte Motiv beantwortet den zweiten Teil der Frage von R. Hamiltons “What makes today‘s homes so different and appealing?“ neben dem Aspekt von Wohlfahrt (welfare statt warfare) hypothetisch und weitestgehend dann so, dass, wenn Wissenschaftler heute Materie aus purem Licht, quasi zwi schen leerem und vollem Topf zu erzeugen vermögen, es sich für das einundzwanzigste Jahrhundert hoffen ließe, moderne Forschung und Technik könnten den Hunger in der Welt und vielleicht sogar die Klimakatastrophe doch noch verhindern.
Wem dies als philosophische Auslegung überholt erscheint, der wird dennoch nicht umhinkommen, die alle anfängliche Diffe renz aufhebende Koinzidenz der Gegensätze, beispielweise von Hässlichem und Schönem im Mikrowellenbild zu konstatieren.
11. 11. 2021, Michael Saß, Maler
Wir alle lieben Kunst – doch sehen wir sie wirklich?
In seinen Begegnungen mit der Natur versucht Klaus Hofmann der Kunst als Register guter Beobachtungsgabe Geltung zu verleihen.
Der Gedanke, daß die Natur ihre Reize hat, ist uns selbstverständlich. Es gibt unendlich vieles, was uns an die Reize der Natur erinnert, lauter Dinge, die enorm verlockend sind, z. B. ein Foto von einem Bergmassiv in den Alpen oder von einem Wasserfall. Meistens kann man aber nicht erklären, warum diese Erinnerungen an die Natur für uns wichtig sind, welche Bedeutung sie in unserem Leben haben. Die Natur spricht sich nicht deutlich über ihre Kräfte aus und wir sind nicht in der Lage, klar zu definieren, was an ihr das Beste ist. Die Kunst ist ein Register guter Beobachtungsgabe und lädt uns ein, ihrem Geist zu folgen.
Klaus Hofmann weist in seinen Bildern auf die Bedeutung der Natur hin, zeigt uns, was genau es auf sich hatte mit bestimmten Stellen in der Natur, die ihn berührt haben. Wegen der Begrenztheit der Leinwand kann ein Maler nicht anders, als bestimmte Dinge hervorzuheben und andere wegzulassen, und das gestattet ihm, die Aufmerksamkeit des Betrachters in dieser oder jener Weise zu lenken. Der Maler hofft, dass er es schafft, beim Betrachter seines Bildes die gleiche Faszination hervorzurufen, die er selbst hatte. Der Maler versucht genau zu definie ren – und uns auf diese Weise verstehen zu helfen -, was einen bestimmten Blick auf die Natur so besonders macht und was ihn daran gereizt hat.
Was man in der Malerei Stil nennt, ist eine Reihe jener Aspekte der Natur, auf die der Künstler besonderes Augenmerk gelegt hat. Ziel der Kunstbetrachtung ist nicht, uns zu lehren, exakt so zu reagieren wie der Künstler. Vielmehr sollen wir uns inspirieren lassen von der Methode, die seinem Werk zugrunde liegt.
Der Künstler will in seinen Werken nicht nur die Natur oder irgendetwas anderes darstellen, er will dem Betrachter die Gelegenheit bieten, die Natur – oder irgendetwas anderes – direkter zu sehen, auf eine unmittelbarere Weise.
Der Künstler erhofft sich, dass sich der Betrachter eines Kunstwerkes ein paar Aspekte der natürlichen Welt sorgfältiger und mit größerer Hingabe anschaut. Auf diese Weise wird der Künstler eher zum Choreografen einer Erfahrung, die man machen könnte, als zum Aufzeichner einer Erfahrung, die man gemacht hat.
Susanne Heppner
Quellenangabe:
Frei formuliert nach Alain de Botton, John Armstrong, „Wie Kunst Ihr Leben verändern kann“ (S. 124 – 127, S. 146 – 147), Suhrkamp Verlag Berlin 2017
1952 in Karlsruhe geboren, aufgewachsen in Bremerhaven
1972-78 Studium der Malerei, Staatliche Kunstakademie Düsseldorf in Münster
Seit 1981 Malmobil©
Seit 1995 Atelier im Salzmannbau Düsseldorf und Berumbur/Ostfriesland
ab 1990 Arbeitsaufenthalte in Israel, Italien, Frankreich, Tunesien und Griechenland
2011/13
Cité Internationale des Arts, Paris – Open Studio
2022 Cité Internationale des Arts, Paris
Ausstellungen (Auswahl):
2023 Maternushaus Köln (Einzelausstellung) (Katalog)
2023 Kunstverein Langenfeld; (E) (Publikation)
2022 CABINETT-Offraum Kunstpunkte – Andrea Dietrich, Düsseldorf
2021 „Paradiesmomente“ Onomato Düsseldorf
2019 „Von Blumen und Töpfen“ VdK Düsseldorf mit Hyacinta Hovetadt (Skulpturen)
2017 „Da wo die Biene saugt, Saug auch ich“ (Shakespeare) Golfclub Mettmann (E)
2015/16 „Ausverkauf“ Einführung Prof. Dr. Thomas Sternberg MdL Landtag NRW, Düsseldorf
2012 „Nach der Natur – der Natur nach“ (mit Michael Rintelen), SITTart Galerie Düsseldorf
2010 Miterbzentrale Ballhaus Düsseldorf
2009 Nikolausstift Wesel (E)
2007 Gerhart-Hauptmann-Haus Düsseldorf
2006 Kunst im TVG Düsseldorf (E)
2005 Lutherkirche Düsseldorf (E)
2005 BBK Sommersalon Düsseldorf
2001 Stilwerk Düsseldorf
2001 Nikolausstift Wesel (E)
2000 Künstleraustausch Norden/Paris
2000 Große Kunstausstellung NRW Düsseldorf
1999 „4 aus 3“ Rathaussaal Plettenberg
1999 Haus Hildener Künstler (E)
1999 Deutsche Telekom Wesel (E)
1997 Große Kunstausstellung NRW Düsseldorf
1997 Auftauchstation Pool, Wellenbadgebäude Düsseldorf
1996 „Unterwegs“ Kunsthalle Recklinghausen
1996 Große Kunstausstellung NRW Düsseldorf
1996 Facetten ’96 Meerbusch
1995 „Zeittunnel“ Düsseldorf
1995 Kunstkreis Brookmerland .V. Ostfriesland (E)
1995 Große Kunstausstellung NRW Düsseldorf
1994 Kunstkreis Norden Ostfriesland (E)
1994 Bergische Kunstausstellung Solingen
1993 Orangerie Benrath Düsseldorf (E)
1993 Galerie Lipski Wesel (E)
1990 Stipendium der Stadt Düsseldorf in En Hod Israel
1990 Karl Ernst Osthaus Museum Hagen
1989 Galerie Lipski Wesel (E)
1982 Museum Abtei Liesborn
1982 Große Düsseldorfer Kunstausstellung Kunstpalast
1982/83 Jahresausstellung Düsseldorfer Künstler
1981 Kunsthalle Bremerhaven
Werke in öffentlichem Besitz; Mitglied des Vereins
Düsseldorfer Künstler von 1844
Impressum
© Klaus Hofmann
www.klaus-hofmann-bildermaler.de klaushofmann@gmx.net
Gestaltung und Bearbeitung
DRESSLER DESIGN, Neuss, Klaus Hofmann
Bildbearbeitung, Satz: DRESSLER DESIGN, Neuss
Bildnachweis:
Eike Ambrosi: S. 155, 160
Uwe Dressler: S. 1, 13, 14, 15, 16, 18, 19, 21, 22, 23, 29, 30, 31, 33, 34, 35, 37, 41, 44, 45, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 73, 75, 82, 86, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 114, 123, 126, 127, 130, 131, 140, 143, 147, 148, 149, 150, 151, 154, 157, 163, 166, Nora Ehrlich: S. 38
Regina Kokot: S. 115 Myriam Thyes: S. 79
Alle anderen Fotos: Klaus Hofmann
Druck: Gutenberg Beuys Feindruckerei, Langenhagen
Papier: 170 g/m² Bilderdruck matt
Auflage: 300 Exemplare
Besonderen Dank an die Corona Soforthilfe des Bundes und der Länder