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5/6-2015 | 21. Jahrgang | CHF 9.50 | € 5.50
Aktuell: Neues Besucherzentrum der Vogelwarte in Sempach, S 22 Neues Kompetenzzentrum der Haga AG in Rupperswil, S 28 Schocherswil: Der grösste Eisspeicher der Schweiz, S 38
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RENERGIA, PERLEN: MIT VOLLDAMPF IN DIE ZUKUNFT
Seit Anfang Januar ist die neue, 320 Millionen Franken teure Kehrichtverbrennungsanlage Renergia in Perlen/ Root LU in Betrieb. Das Gebäude ersetzt die bisherige Anlage im Industriequartier Ibach am Stadtrand von Luzern. Diese war während 43 Jahren in Betrieb. Die Renergia ist ein Gemeinschaftswerk der Kehrichtverbände aus der Zentralschweiz (LU, SZ, UR, OW, UW, ZG) und der benachbarten Perlen Papier AG.
Im September 2012 erfolgte der Spatenstich für die neue Kehrichtverbrennungsanlage (KVA) Renergia in der Wagmatt. Bereits ein Jahr danach wurde mit der Aufrichte ein wichtiger Meilenstein erreicht. Der Rohbau war bereit für den Einbau der verfahrenstechnischen Anlagen. Seit Ende Juli 2014 wurden einzelne Systeme in der neuen KVA schrittweise getestet und in Betrieb genommen, und ab Oktober 2014 folgt die sogenannte Warm-Inbetriebnahme. Für diese Phase wurden alle Maschinen, Armaturen und Komponenten mit den benötigten Betriebsmittel befüllt und getestet. Das erste Feuer mit
Kehricht wurde am 5. Januar 2015 angefacht. Im nachfolgenden Probebetrieb wurden über mehrere Wochen die Betriebssicherheit und Funktionsweise der gesamten Anlage durch Inbetriebnahmespezialisten genau geprüft. Die neue Anlage mit rund 30 Mitarbeitern kann dank modernster Technologie und guter Verkehrslage viel wirtschaftlicher betrieben werden als ältere Verbrennungsanlagen. Bis zu 200 000 Tonnen Abfall jährlich Etwa 200 000 Tonnen Abfall wird die neue Anlage jährlich verbrennen. Durch die Verbrennung des Abfalls wird Dampf produziert, welcher eine Turbine antreibt. Der daran angeschlossene Generator produziert rund 155 Gigawattstunden Strom pro Jahr – genug, um den Bedarf von rund 38 000 Haushalten zu decken. Ausserdem entstehen grosse Mengen Wärme. Diese wird zur benachbarten Papierfabrik Perlen Papier AG geliefert und ersetzt dort jährlich 40 Millionen Liter Heizöl, so viel wie ein zehn Kilometer langer Güterzug mit Tankwaggons. Der Ausstoss von CO2 wird dadurch allein in der Papierfabrik um 90 000 Tonnen reduziert. Die Nutzung der Energie aus Abfall leistet also einen grossen Beitrag zur Ökologie und zum Klimaschutz.
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In Zukunft wird der Abfall täglich mit bis zu 100 Lastwagen zur Renergia in Perlen gefahren. Mit der Aufnahme des Renergia-Betriebs geht eine Ära zu Ende: Die Kehrichtverbrennungsanlage Ibach hat nach 43 Jahren ausgedient. Als Übergangslösung für die Ferwärmeversorgung der Region wurde auf dem ehemaligen Gelände der KVA Ibach eine Heizzentrale mit Erdgas in Betrieb genommen. Bewegte Silhouette in sensibler Umgebung Das Reusstal mit seiner Flusslandschaft bildet den erweiterten ortsbaulichen Kontext für die Renergia. Nordöstlich der Papierfabrik Perlen und am nordwestlichen Rand des Gemeindegebiets von Root hat die neue Anlage ihren Standort. Die bewegte Silhouette des Baukörpers fügt sich sanft in die hügelige Landschaft ein.
Aufgrund der grossen Dimension des Gebäudes musste die Fassade der Anlage besonders sorgfältig entworfen werden – mit dem Ziel, gegenüber einer traditionellen Industriearchitektur eine hochwertige Gestaltung der Gebäudehülle zu erreichen. Auch die Einbettung in die Landschaft musste optimal erfolgen. Auch wenn der Hügel «Giebel» die Sicht einschränkt, so ist das Gebäude doch teilweise aus dem Gemeindegebiet Root sichtbar. Die Aussenform und der Inhalt der Anlage stehen in unmittelbarem Zusammenhang und bedingen sich gegenseitig. Eine zentrale Raumschicht in Längsrichtung des Baukörpers bildet den Mittelgrat als charakteristisches Strukturelement und stellt neben Erschliessungs- und Versorgungsfunktionen das statisch aussteifende Ele-
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ment dar. Das Betriebsgebäude bildet den Auftakt und das Gesicht der Anlage in nordöstlicher Richtung. Das Maschinenhaus und der darüber angeordnete Luftkondensator schliessen die Renergia in Richtung Papierfabrik ab. Sorgfältig entworfene Industriearchitektur Durch eine hybride Konstruktion aus Beton- und Metallelementen wurde das Gehäuse der Renergia monolithisch, unterhaltsarm und dauerhaft ausgebildet. Die aussenliegenden Rippen unterstützen die vertikale Eleganz nachhaltig und kommunizieren gleichzeitig den Ausdruck des inneren Wesens nach aussen: eine Maschinenästhetik. Die unverbauten Flächen um die Renergia wurden nach landschafts ökologischen Kriterien hochwertig ausgebildet und schaffen Ausgleichs- und Ersatzmassnahmen für Flora und Fauna in der bestehenden Naturlandschaft. Die ortstypische Aufwertung der Umgebung bildet den idealen Kontext für eine hochstehende und sorgfältig entworfene Industriearchitektur mit wegweisendem Charakter.
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