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Parken und Laden

Autos in Europa sind zu über 90 Prozent der Zeit irgendwo abgestellt. Währenddessen werden Elektrofahrzeuge geladen. Für einen Einbau von Ladestationen in der UN-Garage gibt es gemäss dem SIA-Merkblatt 2060 verschiedene Ausbaustufen – zudem gilt es einige Aspekte zu berücksichtigen.

Text: Markus Gehrig

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 Markus Gehrig Dipl. El.-Ing. HF/REG B Executive MBA, Paralegal (ZHAW) Ausbilder mit eidg. FA

Generell sind Autos in Europa nur etwa zu fünf Prozent der gesamten Zeit in Bewegung, etwa zwei weitere Prozente stehen sie im Stau oder sind bei der Parkplatzsuche, die restliche Zeit sind sie an Orten wie Einstellhallen von Mehrfamilienhäusern oder Einkaufszentren abgestellt. Bei den Elektrofahrzeugen wird diese Zeit zum Laden genutzt. Da hier im Gegensatz zum Laden an Schnellladestationen, zum Beispiel an Autobahnen, mehr Zeit für das Laden zur Verfügung steht, unterscheiden sich die Ladestationen grundsätzlich von Schnellladestationen. Was es beim Einbau von Ladestationen in der UN-Garage gemäss SIA-Merkblatt 2060 zu berücksichtigen gilt, wird nachfolgend erklärt.

Ausbaustufen und Rollouts Nach SIA-Merkblatt 2060 sind die folgenden Ausbaustufen empfohlen (siehe Grafik): • Ausbaustufe A (pipe for power). Rohr bzw.

Kabeltragsystem für alle Parkplätze. • Ausbaustufe B (power to building). Anschlussleitung zum Haus, ausreichend für 60 bis 80 Prozent der Gesamtanzahl Parkplätze. • Ausbaustufe C (power to garage/parking). Die Zuleitung zu den Parkplätzen kann entweder teilweise oder vollständig erfolgen. • Ausbaustufe D (ready to charge). Installation der Ladeeinrichtung. Der SIA empfiehlt mindestens ein bis zwei Plätze oder

16 bis 20 Prozent. • Wenn die Stufe A vorgesehen werden soll, sollte zwingend das ganze Ladesystem bis Stufe D geplant werden, denn sonst baut man in der Ausbaustufe A etwas, das später nicht mehr genutzt werden kann und obsolet wird. Bei einem bestehenden Haus ist die Ausbaustufe B nicht zwingend erforderlich. Denn ein dynamisches Ladesystem kann über einen Zähler den Anschlussüberstromunterbrecher und/oder den Produktionszähler der PV-Anlage überwachen. So kann die Netzverstärkung auch erst später erfolgen, wenn sie dann überhaupt einmal notwendig wird. Wenn in der Ausbaustufe C die Zuleitung mit einem Flachkabel installiert wird, dann kann in der Ausbaustufe D die praktische Lösung in der UN-Garage eines Wohnhauses ein Mietpaket, bestehend aus Ladestation mit integriertem Zähler und automatischer Abrechnung, sein. Es werden in diesem Fall nur genau so viele Stationen installiert, wie nachgefragt werden. Vorzugsweise wird ein fest installiertes Typ-2-Kabel montiert, denn so muss der Nutzer nicht jedes Mal sein eigenes Kabel aus dem Kofferraum holen. An öffentlichen Ladestationen ist das fest montierte Ladekabel weitverbreitet. Meist ste-

Elektromobilität-Ausbaustufen d.pdf 1 10.06.20 14:44

HAK A pipe for power

HAK B power to building

HAK C1 power to garage

Messung zur Energieverrechnung und Lastmanagement

HAK

HAK C2 power to parking

Messung zur Energieverrechnung und Lastmanagement

D ready to charge

 Mindestens die Grundinstallation für eine Ladeinfrastruktur gehört bei Neu- und Umbauten zum Gebäudestandard.

 Ausbaustufen nach SIA 2060 A bis D

hen dann auch verschiedene Stecker bereit. Allerdings ist bei halböffentlichen Ladeeinrichtungen die Buchse vorzuziehen, da die Stecker nicht einheitlich sind und so besser entsprechende Adapter verwendet werden können.

Lastmanagement und Abrechnungssystem Für eine angemessene Dimensionierung von mehr als zwei Ladestationen ist ein Lastmanagement zu empfehlen. Technisch sind das Lastmanagementsystem und das Abrechnungssystem eng gekoppelt über die eingesetzten Messinstrumente. Es wird zwischen statischem und dynamischem Lastmanagement unterschieden. Beim statischen Lastmanagement wird die maximale Gesamtladeleistung gedeckelt und die Ladeleistung zeitlich verteilt. Es ist darauf zu achten, dass das Lastmanagement nicht nur die einzelnen Ladestationen ein- und ausschalten kann, sondern auch deren Ladeleistung begrenzen kann. Denn sonst läuft man Gefahr, dass alle Nutzer mit der maximalen Ladeleistung laden, was einen schlechteren Gesamtausnutzungsgrad ergibt. Das dynamische Lastmanagement kontrolliert sowohl die Netzeinspeisung als auch die Photovoltaikeinspeisung und optimiert so den Eigenverbrauch und die maximale Leitungsausnutzung.

Betriebskonzepte Für den Betrieb der Ladeinfrastruktur sind verschiedene Lösungen denkbar: 1. Der Liegenschafteneigentümer ist Eigentümer und Betreiber der gesamten Ladeinfrastruktur inklusive der Ladestation.

Er oder sein Verwalter betreibt auch ein automatisches Abrechnungssystem, kombiniert mit dem Lastmanagement.

Der Mieter oder der Stockwerkeigentümer mietet eine Ladestation. 2. Der Liegenschafteneigentümer stellt nur die Installation bis zur Ladestation bereit.

Der Mieter oder der Stockwerkeigentümer installiert auf eigene Kosten eine

Ladestation. In diesem Fall muss aber die

Sache mit der Fehlerstromschutzeinrichtung (RCD) geregelt werden. Ein Lastmanagement scheitert dann wohl an den

Schnittstellen. Zudem sind solche Lösungen nur dann sinnvoll, wenn keine Einigung in einer Stockwerkeigentümergemeinschaft gefunden wird. 3. Das ganze System kann auch schlüsselfertig gekauft und durch den Ersteller betrieben werden (Contracting). Diese Lösung ist im Betrieb zwar teurer, dafür kapitalfrei, und es lohnt sich dann, wenn kein Kapital vorhanden ist oder dieses für mehr als vier bis fünf Prozent anderweitig risikoarm angelegt werden kann.

Mindestens die Grundinstallation gehört bei Neu- und Umbauten zum Gebäudestandard, da die SIA-Merkblätter und -Empfehlungen als anerkannte Regeln der Technik gelten. Wieweit der weitere Ausbau dann realisiert wird, hängt vom Willen, eine wirtschaftliche interessante Investition zu tätigen, ab. Denn das Betreiben von Ladeinfrastrukturen ist ein rentables Geschäft.

www.powerengineering.ch

Weiterführende Literatur und Quellen: Markus Gehrig, Lademanagement in der Tiefgarage, Elektrotechnik 04/2019; Markus Gehrig, Ladeeinrichtungen für Elektrofahrzeuge, Elektrotechnik 08/2018; SIA-Merkblatt 2060, Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein, Beispiel für ein Abrechnungssystem mit Lastmanagement ohne teure Installation. www.eCarUp.com

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