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Austern · Bildarchiv KvS

Karl Kleinschmidt (1902–1978)

»Man würzt die Auster nach Geschmack mit Essig oder Zitrone (Kenner verspeisen sie ohne Zutat), führt sie mit der linken Hand zum Munde und lutscht den Körper aus der Schale. Ob man sie zerkaut oder heil hinunter­ schluckt, ist wiederum Geschmackssache.«

Der Publizist, Domprediger in Schwerin und gute Freund von Bertolt Brecht schrieb 1957 ein heiteres Buch mit dem Titel Keine Angst vor guten Sitten. Als Anregung für ein herzhaftes Neujahrs­ frühstück sei darin der Abschnitt über Austern zur Lektüre empfohlen, jenen »Meermuscheln mit besonders dicken, harten und fest geschlossenen Schalen«, die es einst auch an der Ostsee gab.

Dezember /Januar

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Neujahr


Kunstkaten/Ahrenshoop · © Andreas Wegscheider

Käthe Miethe (1893–1961)

»Die Welt wird eng. Der Schnee schließt das Haus völlig ein. Es kommt keine Post mehr, kaum dass man den Schuppen mit Holz, den völlig im Schnee versunkenen Brunnen noch erreicht und zum nächsten Nachbarn gelangt.«  Kaum jemand schrieb so anschaulich und lebensnah über die Fischlanddörfer und über Ahrenshoop wie die bis heute beliebte Autorin des immer neu aufgelegten Klassikers: Das Fischland (1948). Alle Jahreszeiten kommen in den Erzählungen vor, so auch dick verschneite Winter, wenn es aus dem Himmel von Schneeflocken nur so wirbelt und tanzt.

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Heilige Drei Könige*

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Matthias Wegehaupt (*1938)

Eiszeit auf Usedom · © Kristine von Soden

»Schon Tage, bevor der Bodden zufror, hatte sich der Frost in Unsmolers Küche geschlichen. Eis bedeckte morgens das Wasser im Wassereimer. Unsmoler stieß in die Eisschicht, wie in eine Milchkonservendose, zwei Löcher und ließ unter dem Eis hervor das Wasser in Teekessel und Waschschüssel blubbern.«

Im Mittelpunkt seines 2005 erschienenen Romans Die Insel – unschwer erkennbar als Usedom – steht »Unsmoler«, ein Maler, der nach seinem Studium auf die Insel zurückkehrt, um dort in Ruhe arbeiten zu können, was aber nicht gelingt. Den Inselbewohnern bleibt er ein Fremder, erzählt der Sohn des Malers Herbert Wegehaupt.

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Emanuel Geibel (1815–1884)

»Wie steigst, o Lübeck, du herauf In alter Pracht vor meinen Sinnen An des beflaggten Stromes Lauf, Mit stolzen Türmen, schart’gen Zinnen!« Lübecker Tor · Bildarchiv KvS

Der Spätromantiker aus der Lübecker Fischgasse, seinerzeit einer der meist gelesenen Dichter Deutsch­ lands, versammelte um sich Verehrer wie Spötter. Zu letzteren zählte (der gern piesackende) Theodor Fontane. »Geibelei« nannte dieser die zwar schöne, aber wenig abwechslungsreiche lyrische Kunst. Damals passte sie durchaus. Bis heute gilt Geibel als »Dichter« der Hansestadt.

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Rosemarie Fret (*1935)

»Nein, ans Meer will ich noch nicht. Nicht gleich. Erst ankommen ... Fahre sogar erst ins Hinterland und gehe alte Wanderwege allein ...« Am Achterwasser auf Usedom · © Kristine von Soden

Eine der schönsten Lektüren zur vor­ pommerschen Ostseelandschaft schuf die Tochter einer alteingesessenen Familie aus Anklam mit ihren Sehwegen auf Usedom (2012). Behutsame Annäherungen lehrt die Schriftstellerin und Fotografin.

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Winter auf Hiddensee ∙ © Axel Gehrke

Arnold Gustavs (1875–1956)

Von 1903 bis 1948 predigte Arnold Gustavs in der Inselkirche des Dörfchens Kloster. Im Ruhestand schrieb der Freund von Gerhart Hauptmann sein Buch Die Insel Hiddensee (1952) – liebevolle feinsinnige Geschichten, die die Seele baden.

»Lange und harte Winter mit viel Eis und Schnee verleihen der Insel ein geradezu märchenhaftes Gepräge. Dann sieht das Auge von den Hügeln aus im Norden nichts als eine unabsehbare Eisfläche, die freilich nicht glatt und blinkend ist, sondern aus zusammengescho­ benen Schollen besteht, die sich in der Nähe des Ufers zu Bergen bis zu zehn Meter Höhe auftürmen können.«

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Walter Kempowski (1929–2007)

Neuer Markt Rostock ∙ Bildarchiv KvS

»Von Rostock sagten die Leute, es sei zwar weniger als Lübeck und Hamburg, aber mehr als Wismar und Stralsund. Eine Stadt, die seit Jahrhunderten von schlechten Bau­ meistern verhunzt wurde. Wunderbar, dass sie trotz allem noch gewisse Reize hat.«

Wer wüsste in der Stadt an der Warnow besser Bescheid als der Sohn eines Rostocker Reeders und Schiffsmaklers? Mit ihm, Karl Georg Kempowski, spazierte der Romanschreiber als Kind durch die Straßen. »Mein Vater‚ ›liebte seine Heimatstadt‹, wie immer gesagt wurde. Er war Mitglied des Vereins für Rostocker Altertümer und besuchte dessen Vorträge regelmäßig.« Zudem gab Vater Kempowski sein reiches Wissen an Sohn Walter weiter.

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Winter auf dem Darß · © Kristine von Soden

Ernst Wilhelm Nay  (1902–1968)

Von den Nazis als »entartet« diffamiert, suchte der Meisterschüler von Carl Hofer wie etliche andere bildende Künstler 1935 Zuflucht auf dem Darß. In einem Brief an den Kunsthistoriker Carl Georg Heise schrieb Ernst Wilhelm Nay im Februar jenes Jahres:

»Der Darß und seine Umgebung haben mich restlos gefangen. Ganz großartig, urwüchsig, jetzt im Winter so verschlossen und einsam, dass es innerlich sehr aufregend war.«

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Willy Haas (1891–1973)

Travemünde ∙ Bildarchiv KvS

»Travemünde war ein Fischerort, ein Ort von Seeleuten, die sich am günstigsten Platz, an der Mündung der Trave in die Ostsee, niederließen. Dort bauten sie diesen schönen alten Ort mit sauberen kleinen Häusern und verglasten Veranden – in der Mitte, am Marktplatz, die alte Kirche mit dem typischen spitzen Kirchturm des Nordens: ein Städtchen von Seefahrern und Fischern.«

Der Prager bezeichnete sich »als Superlativ eines Binnenländers«, waren ihm doch Barockpaläste und Kaffeehäuser ein Begriff. Nicht aber das Meer, nicht die Meeresluft, nicht Meereswogen. Als Junge kam der Filmkritiker und Drehbuchautor erstmals an die Ostsee, nach Travemünde. Später porträtierte er das Ostseebad, das bald Eleganz ausstrahlen sollte.

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Am Strand von Heringsdorf ∙ © Axel Gehrke

Eduard Duller (1809–1853)

»Ein tiefer sittlicher Grundzug, das Glück nicht durch Prahlerei und Übermut herauszufordern, lässt sich in dem Brauch erkennen, dass der Fischer nie sagen soll, wie viel er gefangen hat, sonst hat er kein Glück mehr …«

Dem österreichisch-deutschen Geschichtsschreiber verdanken wir literarische Zeugnisse zu alten Sitten und Bräuchen – gerade auch in der Fischer­ zunft. Bis heute haben jene Maximen ihre Gültigkeit.

Februar/März

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Heringsfang ∙ Bildarchiv KvS

Johannes Micraelius (1597–1658)

»Der Hering lässt sich gar häufig zu Greifswald, Barth, Rügen und Usedom und in Hinter-Pommern im Frühling fangen und wird von etlichen, ob er wohl so fett und gut nicht ist wie der norwegische, eingesalzen.«  Der gebürtige Kösliner lehrte an der Universität Greifswald Rhetorik, bevor er 1641 das Rektorat im Fürstlichen Pädagogium zu Stettin übernahm. In jener Zeit brachte der Dichter und Philosoph seine Sechs Bücher vom alten Pommernlande (1639–1640) heraus, die man sich heute bequem im Internet herunterladen kann. In dem voluminösen Werk ist viel auch über die Küstenfischerei zu erfahren und natürlich vom Hering, dem wohl bekanntesten Ostsee-Schuppentier.

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Johann Jacob Grümbke (1771–1849) Seine Streifzüge durch das Rügenland (1805), verfasst in Briefform, bie­ ten bis heute neu zu entdeckende alte Orte mit ihren Besonderheiten – darum unbedingt dieses wunderbare (nachgedruckte) Buch des Begrün­ ders der Geschichte Rügens auf allen Wanderungen in den Rucksack stecken. Eine Kostprobe:

Kreidefelsen bei Sassnitz ∙ © Axel Gehrke

»Gleich hinter Sassnitz beginnt das Ufer kreidig zu werden und nimmt die wunderbarsten Gestalten an, je weiter man kommt. Die Kreidewände streben senkrecht empor aus einer schrägen, bald nackten, bald mit Gehölz bedeckten Lehne und werden, hier steigend, dort fallend, von schmalen Einschnitten und tiefen Klüften unterbrochen, welche gelben, mit Erdstreifen vermischten Ton enthalten.«

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Kurt Tucholsky (1890–1935)

Ahlbeck ∙ Bildarchiv KvS

»Oben an der Nordostküste Deutschlands rollen die Wogen in langen Linien an den Strand – es ist sehr kalt und frisch, und der Sand ist ganz nass. Horch! Läutets da nicht silberhell durch die Lüfte? Du hast dich nicht ver­ hört, herzliebster Leser: ist ers doch, der rosasüße Frühling, der soeben – mit Genehmigung der zuständigen Wetterwarte – seinen Einzug gehalten hat. Frühling, ja, er ists! Marie, der Lenz ist da – und allenthalben hebt ein geschäftiges Leben und Treiben an und versetzt die biedere Bevölkerung der Wasserkante in die höchste Aufregung.«

Der große Ostseeliebhaber, Mitherausgeber der Weimarer Wochenzeitschrift Die Weltbühne und scharfzüngige Satiriker schrieb in seinem Essay Saisonbeginn an der Ostsee (1923) wie die »Ostseewirte« im nahenden Frühling langsam aus ihrem Winterschlaf erwachen.

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Gerhart-Hauptmann-Haus – © Axel Gehrke

Walter Jens (1923–2013)

»Der Weinkeller muss exquisit gewesen sein: Noch anno 1944 konnte der Hausherr sich’s leisten, Rüdesheimer Assmannshäuser zu bestellen, 50 Flaschen, besser noch deren hundert.«

Als einen seiner Lieblingsplätze an der Ostsee nannte der große Universal­ gelehrte das Gerhart-Hauptmann-Haus auf Hiddensee. Denn nur allzu gern hörte der Hamburger mit dem typisch hanseatischen Akzent den Anekdoten über den Literaturnobelpreisträger zu, speziell jenen, die sich um dessen Rebensaftgenüsse rankten. Hauptmann lagerte edle Tropfen auf Hiddensee, die er sich in beachtlichen Mengen anliefern ließ.

März /April

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Ostermontag

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Lübeck um 1900 ∙ Bildarchiv KvS

Hans Christian Andersen (1805–1875)

»Hier, zwischen den spitzgiebeligen Häusern, in engen Seiten­straßen und in der Erinnerung, die ein historisches Gewand über das Ganze wirft, glaubt man sich um Jahrhunderte in der Zeit zurückversetzt.«  Der dänische Märchendichter unternahm viele Reisen, auch nach Deutschland. Mit 27 Jahren machte er auf dem Weg in den Harz Station in Lübeck. Die Hansestadt mit ihren alten Back­ steinbauten begeisterte ihn, wie er in seinen Reiseskizzen festhielt.

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Waldweg zum Weststrand von Prerow ∙ Bildarchiv KvS

Heinz Kahlow (*1924)

»Wir fuhren – mitten im Darß – auf dem ehemaligen Meeresufer entlang. Es ist eine Steilküste gewesen, das Land nördlich davon – jetzt auch schon mit jahrhunderte­ alten Bäumen bestanden – ist viel niedriger. Wasser und Wind haben einstmals Sandbänke aufgebaut, und die vom Meer abgeschnittenen Lagunen sind langsam durch Pflanzenwuchs verlandet.«  Noch vielen Ostseebesuchern ist der heitere Publizist aus dem Satiremagazin Eulenspiegel bekannt, im gleichnamigen Verlag kam sein Buch Mit Kleo unterwegs (1969) heraus. Eine der Stationen darin: der Darß.

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Simone Trieder (*1959)

Der Leuchtturm auf dem Dornbusch ∙ © Axel Gehrke

»Markant und weithin sichtbar ist der Kopf der Insel, der Dornbusch, auf dessen höchstem Punkt der Leuchtturm steht. Er wurde 1888 auf dem zweiundsiebzig Meter hohen Schluckswiek eingeweiht. Schon 1927 ist in einem Protokoll zu lesen, dass der Leuchtturm in hundertfünfzig Jahren nicht mehr an dieser Stelle stehen wird. Schuld sei die Landabspülung, die dann im Jahre 2077 den Leuchtturm erreicht und der Schlukswiek samt Leuchtturm rutscht die Küste hinab …«

Abseits von Touristenströmen beschreibt die gebürtige Quedlinburgerin, Mitglied im PEN -­ Zentrum Deutschland, Die Insel Hiddensee so nah so fern (2011), dass man auf der Stelle seine sieben Sachen packen möchte, um hin zu fahren.

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Hafen von Königsberg ∙ Bildarchiv KvS

Käthe Kollwitz (1867–1945)

»Am interessantesten war mir das ›Schiffchen‹, ein Lokal mit doppelten Ausgängen. Wüster Lärm war drin zu hören, Messer­ stechereien waren an der Tagesordnung.«

Nach Kunststudien in München kam die dreiundzwanzigjährige Käthe (damals noch Schmidt) in ihre Geburtsstadt Königsberg zurück. Miete­ te sich dort ein Atelier und widmete sich Alltagsstudien, um ihr Können zu perfektionieren. Matrosenkneipen am Hafen hatten es der Grafike­ rin, Malerin und Bildhauerin, die 1891 den Arbeiterarzt Karl Kollwitz heiratete, besonders angetan.

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Carl Zuckmayer (1896–1977)

Dünenlandschaft Kurische Nehrung ∙ Bildarchiv KvS

»In diesem Frühjahr brannte die Sonne. Man konnte nackt in der Ostsee baden, deren einsamer Strand auf einem verwachsen Waldweg erreichbar war und von keinem anderen Menschen besucht wurde.«

Über beide Ohren hatte sich »Zuck« in die junge Schauspielerin Annemarie Seidel, genannt »Mirl«, verliebt. In Berlin, wo der Dramatiker gerade dabei war, die Bühne zu erobern, hatten sie sich Anfang der zwanziger Jahre kennen gelernt. Die gesundheitlich labile Annemarie Seidel brauchte dringend Erholung, um wieder zu Kräften zu kommen. Carl Zuckmayer begleitete sie an die Kurische Nehrung.

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Christi Himmelfahrt


Carl Gustav Carus (1789–1869)

Insel Vilm · © Axel Gehrke

»Ich habe kaum jemals wieder dies Gefühl so ganz reinen, schönen und einsamen Naturerlebens gehabt wie damals auf dem kleinen Eilande, das sonst niemand zu sehen pflegt, der Rügen besucht.«

Seine Leidenschaft war das Malen. In Dresden lernte der Arzt und Naturphilosoph den erheblich älteren Caspar David Friedrich kennen. Die beiden Männer befreundeten sich, Carus wurde Friedrichs Schüler. Auf den Spuren des großen Romantikers bereiste er 1819 die Insel Vilm südlich von Rügen und ließ sich von dem verwunschenen »Eilande« in den Bann ziehen.

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So Pfingstsonntag


Ewald Mataré (1887–1965) Bevor der rheinische Bildhauer, Grafiker und Maler regelmäßig an die Ostsee (und auch Nordsee) reiste, besuchte er die alte Hanse­ stadt Wismar und notierte am 18. Mai 1916 in sein Tagebuch:

Wismar © Bildarchiv KvS

»Ich schaue auf alte Giebelhäuser und zum kleinen Hafen. Nirgendwo mich so zuhause gefühlt wie hier. Das Arbeiten im Freien ist mir etwas ganz Ungewohntes, daher sehr notwendig. Jeden Tag eine Studie, das wird helfen.«

Mai

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Mo Pfingstmontag

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Peter Roos (*1950)

Am Weststrand von Prerow ∙ © Axel Gehrke

»Vor der Wiedervereinigung wurde die Ostzone von den Russen eingemauert. Eine Land­ partie. Wie aber sollte das allzeit läufige Wasser kaserniert, wie sollten die Wale, Haie, Hornhechte, Schwertfische, Schleierschwänze, vor allem die Regenbogenforellen in ihre antifaschistischen Grenzen gewiesen werden? Die Russenzone hatte ein Problem: Das ›Neue Deutschland‹ titelte: ›Was machen wir mit der Ostsee?‹ Der Spitzbart fuhr mit dem Sonderzug nach Moskau und kehrte mit Chruschtschows Kommando zurück. ›Wasser ablassen!‹«

Offenbar bestgelaunt brachte der in Unter­ franken und Wien beheimatete Schriftsteller seine Zeilen über Die wiedervereinigte Ostsee, ein wahrer Ost-Western (2005) zu Papier – zum Nachsinnen bis in unsere Tage hinein geeignet und empfohlen.

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Bildarchiv KvS

Gottfried Kiesow (1931–2011)

»Bei der Stralsunder Marienkirche kam, noch im Gewand gotischer Detailformen, schon das Gestal­ tungsprinzip der Renaissance zur Geltung.«

Bis ins hohe Alter hinein leitete der Grandseigneur der Deutschen Stiftung Denkmalschutz Reisen zur Backsteinkunst an der Ostseeküste, darunter nach Stralsund. Ein eindrucks­ volles Beispiel der Spätgotik ist dort St. Marien – jene Backsteinbasilika, die einen neuen Umgang mit dem Baukörper erkennen lässt. Alle Strebepfeiler wurden hier anders als zuvor nach innen gezogen, erklärt der Kunsthistoriker in seinem wunderbaren Touren­ begleiter Wege zur Backsteingotik (2003).

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Johannes Bobrowski (1917–1965) Ohne Übertreibung kann man sagen, dass die lyrischen Verse des Heinrich-Mann-Preisträgers der Akademie der Künste Berlin eine höchst eigene feine Note tragen – und vielleicht sind jene über Rügen aus dem Gedichtband Im Windgesträuch (1970) das schönste Geschenk an

Der Himmel über Rügen ∙ © Axel Gehrke

die Insel, beginnend mit den Zeilen:

»Blau aller Lüfte, Bläue, ertönend – Licht!«

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Carl Friedrich Christian von Mettenheimer (1824–1898)

Graal-Müritz Strand ∙ © Archiv / Dr. Kuntze / Tourismus- und Kur GmbH (TuK) Graal-Müritz

»In keinem mir bekannten Ostseebad hat die Luft so vollständig den Charakter der Seeluft wie in Müritz. Die von der See kommenden Luftströmungen werden wie in einem Schirm von dem Wald aufgefangen.«

Sein Name ist in Graal-Müritz unvergessen. Kein Wunder. 1884 eröffnete der einstige Leibarzt des mecklenburgischen Großherzogs Friedrich Franz II. in Müritz das erste Kinderkrankenhaus an der Ostsee und schrieb damit ein wichtiges Kapitel in der Bädergeschichte.

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Lily Klee  (1876–1946) Nur wenige machten sich während der Inflationszeit 1922 auf eine Reise an die Ostsee. Die Pianistin Lily Klee, geborene Stumpf, deren Großmutter aus Rostock stammte, und ihr Ehemann, der Maler und Zeichner Paul Klee, taten dies. Und zwar fuhren sie an die mecklenburgische Küste nach Müritz – so Lily Klee in ihren unveröffentlichten Erinnerungen:

Ostsee Graal-Müritz ∙ © Axel Gehrke

»Wir verbrachten dort 4 herrliche Sommerwochen, an einem unendlich weiten schönen Strand. Badend u. sonnend. Ich sehe uns noch dort auf den mit Strandhafer bewachsenen Dünen liegen. Die Ostsee ist herrlich.«

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Hedwig Courths-Mahler (1867–1950)

Palace Hotel in Zinnowitz auf Usedom · © Kristine von Soden

»Am Horizont zog wie ein kleines Wölkchen der Rauch eines Schiffs in gerader Linie über das Wasser. Die weißen Wellenkämme erschienen in der Entfernung wie feststehende Lichter auf dem graugrünen Wasser und verrieten nichts von dem Wandel, dem sie unterworfen sind … Die Strandkörbe für Badegäste waren schon aufgestellt. Die Saisoneröffnung stand kurz bevor.«

Die wohl erfolgreichste Autorin des vergangenen Jahrhunderts verbrachte ab 1906 viele Sommer mit ihrer Familie in Zinnowitz auf Usedom, Logieradresse: Schwab’s Hotel an der Strandpromenade. Das Hotel gibt es bis heute (indes unter dem Namen Palace), des­ gleichen den Ausblick auf die See, wie ihn Hedwig Courths-Mahler in ihrem Ostseeroman Scheinehe (um 1920) beschrieb.

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Fritz J. Raddatz (1931–2015)

Vor der Küste von Bansin ∙ © Axel Gehrke

»Das Schönste an der Reise war das Schiff … Der Geruch nach Salz, Rost, Fisch und Öl, die verkrusteten Seile … schließlich das von der Schiffsschraube ohrenbetäubend aufgequirlte Wasser mit grünlicher Gischt, in das hinein ich nach einer selbst erfundenen Melodie den Taucher sang – es war aufregender als der Raubtiergestank, die Blechmusik und der mehlige Dunst des Häckselbodens im Zirkus.«

In seiner Erzählung Ich habe dich anders gedacht (2001) schildert der einstige Chef­lektor des Rowohlt-­ Verlages und Feuilletonchef der ZEIT aus der Ich-Perspektive eines heran­ wachsenden Jugendlichen während der NS -Zeit die erste Begegnung mit der Ostsee.

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Heiligendamm ∙ Bildarchiv KvS

Rainer Maria Rilke (1875–1926)

Im Sommer 1913 reiste der Lyriker nach Heiligendamm – hinter ihm lagen arbeitsreiche Wochen in Paris, wo er an einer Monografie über den Bildhauer Rodin gearbeitet hat. An Lou Andreas-Salomé, seine einst große Liebe, die sich jedoch von ihm getrennt hatte, schrieb Rilke in jenem Vorkriegsjahr:

»Dieses ist das älteste Seebad Deutschlands, sympathisch durch seinen Wald am Meer, durch seine fast ganz auf den Landadel der Umgebung eingeschränkte Klientel, der Großherzog hat hier seine Villa, außerdem noch ein Kurhaus mit schöner Säulenhalle, ein Hotel und etwa ein Dutzend Villen, alles noch ziem­ lich unverdorben im guten Geschmack des beginnenden 19. Jahrhunderts …«

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Max Schwimmer · © Heinz Föppel

Max Schwimmer (1895–1960)

»Erfrischendes Bad in der See ... Das bringt die Nerven auf Hoch­ touren, und alles ist ein bisschen verrückt.« Eng befreundet mit »Tedje«, alias Theodor Schultze-­Jasmer, quartierte sich der Leipziger Professor der Graphischen Künste ab 1950 regelmäßig im Eschenhaus in Prerow ein. Erfrischend lesen sich seine Prerower Sommer-­ Tagebücher.

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Claudia Rusch (*1971)

Wittower Ufer ∙ © Axel Gehrke

»Wenn ich die Augen schließe, um mich zu entspannen, dann sehe ich immer dieses Ufer vor mir. Mein Ufer. Den Strand meiner Kindheit, an dem die Steilküste Rügens beginnt. Sie ist hier erst zwei, drei, vier Meter hoch, nicht fünfundvierzig Meter wie bei Kap Arkona, das einige Kilometer weiter östlich liegt.«

Fast jede Insel hat mittlerweile schreibende Inhaber – im Falle von Rügen ist es die in Berlin lebende Autorin Claudia Rusch. Sie verbrachte ihre ersten Lebensjahre auf Deutschlands größtem Eiland und führt rückblendend in ihrem Buch Mein Rügen (2010) in jene Zeit zurück.

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Erich Kästner (1899–1974) Seine Ostseeerinnerungen gehören zu den schönsten literarischen Zeugnissen über Müritz und Graal, die beiden damals noch getrennten Ostseebäder unweit der Rostocker Heide. Im Sommer 1914, kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, logierte der fünfzehnjährige Kästner mit seiner Mutter in Müritz, wovon der erwachsene Kästner in seinem Klassiker Als ich ein kleiner Junge war (1957) erzählt:

Bildarchiv KvS

»Wir gingen an den Strand, ins Wasser und auf die Mole nur hinaus, während die Herde in den Pensionen zu Mittag und zu Abend aß. Sonst machten wir Spaziergänge und Ausflüge wie daheim. Die Küste entlang nach Graal und Arendsee.«

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Königsstuhl auf Rügen ∙ Bildarchiv KvS

Adelbert von Chamisso  (1781–1838)

»Ich trank in schnellen Zügen Das Leben und den Tod Beim Königsstuhl auf Rügen Am Strand im Morgenroth. Ich kam am frühen Tage Nachsinnend einsam her, Und lauscht’ dem Wellenschlage, Und schaute übers Meer.«  Anno 1823 war es, als der deutsche Naturforscher und Dichter französischer Herkunft mit dem eigentlichen Namen Louis Charles Adélaïde de Chamissot de Boncourt nach Rügen reiste. Am Kreidefelsen brachte er angesichts der ihn über­ wältigenden Eindrücke diese Zeilen zu Papier.

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Horst Prignitz (*1937)

Bildarchiv KvS

»Hier das weibliche, dort das männliche Geschlecht, dazwischen ein neutraler Strandabschnitt – so hatte ein schicklicher Badeplatz auszusehen.«

Die kulturhistorischen Badebücher des gebürtigen Schweriners sind bis heute vergnüglich zu lesen. »Stets bestand zwischen den Wagen der Damen und Herren ausreichende Distanz«, erzählt der Publizist über die Damen- und Herrenbäder während der Deutschen Kaiserreichs in seinem Bildband Paradiese der Badelust (1993).

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Nina Hagen (*1955)

Nina Hagen mit ihrer Band · © Picture alliance/ Chris Hoffmann

»Du hast den Farbfilm vergessen, mein Michael nun glaubt uns kein Mensch, wie schön's hier war ha ha Du hast den Farbfilm vergessen, bei meiner Seel’ alles blau und weiß und grün und später nicht mehr wahr …«

Komponiert von Michael Heubach und getextet von Kurt Demmler aus der Rockband Automobil wurde der Song über den vergessenen Farbfilm auf Hiddensee zum größten Hit der schrillen Rockröhre in der DDR – 1974 herausgegeben vom Plattenlabel Amiga.

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Horst Krüger (1919–1999)

Ostseesand · © Axel Gehrke

»Ein unendliches Gefühl von Weite und Welt kam auf uns zuge­ brandet. Wir stapften durch den Sand zum Meer. Der Sand der Ostsee, wage ich zu behaupten, ist der schönste Sand dieser Erde. Er ist ganz fein, ganz weich und wunderbar weiß. Wir gingen barfuß. Ich spürte den schönen, warmen Sand Ostpreußens unter meinen Füßen. Er ist wie eine zarte Liebkosung der Erde.«

Der preisgekrönte große Reiseerzähler und Feuilletonist, der von 1952 bis 1967 das Literarische Nachtstudio im Südwestfunk leitete, war Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung. In seinem Buch Tiefer deutscher Traum. Reisen in die Vergangenheit (1983) widmet er eine bewegende Geschichte der einst ostpreußischen Bernsteinküste an der Ostsee, an der er ausgedehnte Wanderungen unternahm.

August /September

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Graal-Müritz ∙ © Kristine von Soden

Rudolf Presber  (1868–1935)

»Vom Haus Ithaka sieht man das Meer nicht und nicht seine ziehenden Segel. Zwischen dem Haus Ithaka und dem Wasser liegt, dicht und schatten­ reich, der Waldgürtel mit seinen unbesiegbaren Stämmen, mit seinen im Sturm wie dunkle Fahnen wehenden Wipfeln. Aber wenn es nur ein wenig empört ist, das Meer … dann hört man’s durch die geschlossenen Fenster und Läden drohen und grollen und rauschen und donnern.« Der Lehrersohn aus Frankfurt am Main und spätere Wahl-Berliner weilte in den Jahren der Weimarer Republik jeden Sommer in seinem Haus »Ithaka« in Graal (damals noch getrennt von Müritz). In seinem Roman Haus Ithaka (1926) schwärmt Rudolf Presber, dessen einstiges Domizil heute die Bäderbibliothek in der Fritz-Reuter-Straße 17 in Graal-Müritz beherbergt, von der schönen Gegend.

September 36. Woche

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Oskar Manigk (*1934)

Kirche im Lieper Winkel auf Usedom ∙ © Kristine von Soden

»Wir waren in Ortschaften fern der eigenen Zivilisation gewesen. Wo die Leute stehen blieben, wenn wir an Land gingen und nicht zurückgrüßten, sondern nur wie Taubstumme ein klein wenig nickten. So als brächten wir nur Unfrieden in ihr Dorf und ihre Privatsphären durcheinander.«

Der in Ückeritz auf Usedom aufgewachsene (aber in Berlin geborene) Sohn des Kunstmalers Otto Manigk wurde 2005 für sein Lebenswerk mit dem Kulturpreis des Landes Mecklenburg-­ Vorpommern geehrt – einem schillernden Spektrum aus Assemblagen, Collagen, abstrakten Blättern. Seit einer Weile widmet sich Oskar Manigk auch Gedichten und feiner Prosa wie Der Steinigel und andere Geschichten (2012). In einer Mischung aus Ernst und Augenzwinkern ist da von seinen Inselerlebnissen quer durch die Zeitläufte zu hören.

September

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Ostsee auf dem Darß · © Heinz Föppel

Arnold Zweig (1887–1968)

»Sie schmiegt sich überall hin, schäumt leise und flieht, ihre Oberfläche bewegt sich rastlos, sie atmet, dehnt sich, blitzt und lächelt …«

Als Gast des Kulturbundes verbrachte der aus seinem Exil in Palästina nach Deutschland, genauer Ost-Berlin, zurückgekehrte jüdische Schriftsteller 1950 wohltuende Ferientage in Ahrenshoop. Ausgedehnte Strandwanderungen bis hinein in den Sonnenuntergang inspirierten Arnold Zweig zu seinem Essay Strand und See. Künstler in Ahrenshoop (1954) – eine Hymne an die weibliche Ostsee.

September

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Dorfstraße Ahrenshoop ∙ © Fritz Wegscheider

Marianne Clemens (*1912)

»Die Dorfstraße – ich kann nur mit Trauer an sie denken. Sie gehörte zu den größten Schönheiten Ahrenshoops. Wir liebten sie zu jeder Jahreszeit, bei jedem Wetter … Der Fortschritt hat sie zerstört.«

Die in Leipzig geborene Tochter des damals weithin bekannten und renommierten Juristen Rudolf Ziel verbrachte als Kind Sommer für Sommer in Ahrenshoop. In ihrem Buch Unruhige Zeiten in unserem Land. Erinnerungen aus den Jahren 1912 bis 1948 setzte sie der alten Dorfstraße in Ahrenshoop ein Denkmal.

September /Oktober

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Walter Grammatté (1897–1929)

Hiddensee ∙ © Axel Gehrke

»Wie ein Gebet ist dieses Stück Erde … Mir ist, als wenn ich versuchen muss, dort hin zu kommen. Dort werde ich erreichen, was man überhaupt erreichen kann, oder ich werde seelenruhig mich an das Meer legen und keinen Strich mehr tun.«

In Malente-Gremsmühlen nahe der Ostsee in Schleswig-­ Holstein hatte der aus Berlin stammende Maler und Grafiker des Magischen Realismus 1920 ein Porträt der Hamburger Kunsthistorikerin und Kunstsammlerin Rosa Schapire gemalt. Ein Jahr später fragte er die über zwanzig Jahre Ältere in einem Junibrief: »Kennen Sie Hiddensee?«

Oktober 40. Woche

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Tag der Deutschen Einheit


Theodor Fontane (1819–1898) Obwohl ihm die in Mode gekommene »Badereiserei« wenig gefiel, besuchte er 1863 Usedom. 1875 besichtigte er Warnemünde, wobei ihm stets Details auffielen, die er bildhaft umschrieb.

Bildarchiv KvS

»Warnemünde ist der Hafen von Rostock, zugleich sein Charlottenburg. Man erreicht es am bequemsten zu Schiff, auf einem jener vielen Wasseromnibusse, die den Verkehr zur Mutter- und Tochterstadt unterhalten.«

Oktober

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Theodor Schultze-Jasmer ∙ © Karin Nitschke

Theodor Schultze-Jasmer (1888–1975)

»Das Liebste ist mir, wenn der Sturm durchs weite, weite Land fegt, viel gestaltete Wolken vor sich herjagt, die Bäume in wahnwitzige Figuren biegt und aufjauchzend aufs Meer rollt, das Gras in wilder Freude raufend. Zu solchen Stunden war ich am liebsten draußen.«

Kaum ein Künstler war so innig mit dem Darßer Weststrand verbunden wie der 1921 aus Leipzig nach Prerow gezogene Maler, Grafiker und Buchgestalter. Von (fast) allen Nachbarn, Freunden und Badegästen wurde er »Tedje« genannt, mit Wind und Sturm als Stimmung auf seinen Gemälden, Lithografien, Radierungen in Verbindung verbracht.

Oktober

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Bildarchiv KvS

Egon Richter (*1932)

»Eines der schönsten Bansin-Erlebnisse war und blieb bis heute die kilometerlange Promenade. Sie war hinter dem Dünengürtel so angelegt worden, dass man von jedem Punkt aus in ihrer ganzen Länge immer einen freien Blick auf das Meer hatte. Damit steht sie einzig unter den deutschen Bäderpromenaden da.«

Der Journalist und Schriftsteller, 1978 mit dem Heinrich-Heine-Preis der DDR geehrt, ist der Neffe von Hans Werner Richter. Über Bansin, wo er bis heute lebt, publizierte Egon Richter zahlreiche Kolumnen, Artikel und Porträts, so auch in seinem Buch Ahlbeck, Heringsdorf & Bansin (2005).

Oktober

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Franz Fühmann (1922–1984) Treppe am Steilufer / Fischland zum Strand ∙ © Kristine von Soden

»Ich fuhr ans Meer, das erste Mal nach dem Krieg fuhr ich wieder ans Meer, und ich würde vierzehn Tage am Meer bleiben und am Strand wandern und, mochte es kalt sein wie immer, jeden Tag baden, und ich würde Burgen bauen und Gedichte schreiben und Bernstein und Muscheln sammeln und mich von der Zeit treiben lassen wie eine Alge von der Flut.«

Viel wurde über den Schriftsteller, der wie unzählige andere mit extremen politischen Meta­ morphosen irritierte, debattiert – in Ost und in West. Auch über seine frühe autobiographische Erzählung Böhmen am Meer (1963), die auf dem Fischland und Darß angesiedelt ist.

Oktober /November

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Reformationstag*

Allerheiligen*


Alexej Baskakov (*1962 )

Buddenbrookhaus · © Kristine von Soden

»Die größte Offenbarung seiner gastronomischen Phantasie erfuhr Thomas Mann in seinen berühmten Mittagessen. Während das Frühstück auf eine kammermusikalische Art dargestellt wird, wirken die Haupt­ mahlzeiten des Tages in der Mannschen Interpretation wie groß angelegte symphonische Dichtungen. Der Gangwechsel bezeichnet den Anfang eines neuen Satzes, der Klang der Instrumente ist so mächtig, dass man darin zuweilen verloren gehen kann …«

Man nehme: St. Petersburg als Geburtsort, Thomas Manns Gaumenfreuden und Lübeck als Arbeitsplatz, würze die kulinarischen Recherchen mit einer Prise russischer Seele und einem Schuss norddeutschen Humors … Lasse das Ganze reifen und serviere das wunderbare Produkt schließlich unter dem Motto: Speisen mit Thomas Mann (2006).

November 45. Woche

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Hanns Cibulka (1920–2004)

Am Leuchtturm auf Hiddensee ∙ © Axel Gehrke

»Düsterer Spaziergang durch die Heide. Nebelfelder kommen angekrochen, lautlos. Kein Mensch kommt mir entgegen, nur die Stimmen im Wind sprechen flüsternd …«

Der Lyriker und langjährige Leiter der Heinrich-­ Heine-Bibliothek in Gotha reiste häufig nach Hiddensee. Er liebte die Abgeschiedenheit und hielt seine Impressionen in seinen Aufzeichnungen Sanddornzeit (1971) fest.

November

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Kurt Floericke (1869–1934) In Zeiten konfektionierter Reiseführer einschließlich Exkursen über die Natur, stellen alte KOSMOS -Bändchen wahre Fundgruben dar. Langjähriger Redakteur war Kurt Floericke, der schriftstellernde Naturwissenschaftler mit Doktortitel, geboren in Zeitz und rund um den Globus forschend unterwegs. In der Ausgabe Meerfische (1914) erfahren wir von vielen unterseeischen Männchen, die sich gewissenhaft um ihre Brut kümmern, zum Beispiel die Seenadel, lateinisch Nerophis aequoreus: Seenadeln © Bildarchiv KvS

»Auch hier trägt das Männchen die Eier bis zu ihrer völligen Entwicklung in einer aus zwei fleischigen Längsfalten gebildeten Bauchtasche mit sich herum, die später eine Klappe zur Entlas­ sung der jungen Fischchen öffnet. Man hat auch behauptet, dass die kleinen, frei herumschwärmen­ den Seenadeln während ihrer ersten Lebenszeit bei Gefahr in die Bauchtasche des Vaters zurückflüchteten wie die jungen Kängurus in den Brustbeutel ihrer Mutter.«

November

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Pferdetränke/ Krummin auf Usedom · © Kristine von Soden

Hans Werner Richter (1908–1993)

»Dann begannen die Eingeborenen ihre Feste zu feiern: den Ball der Freiwilligen Feuerwehr, das Stiftungsfest des Gesangsvereins, den Hausbesitzerball, das Turnerfest und einen Maskenball, der wochenlang vorbereitet wurde. Kein Glas blieb auf diesen Festen unberührt, und was sonst noch nicht unberührt blieb, weiß ich nicht …«  Nicht nur die Badegäste nahm der Bansiner Fischersohn, Initiator der Gruppe 47, vergnüglich aufs Korn, sondern auch seine Landsleute. Zum Beispiel wenn er schildert, wie es im langen Winter beim »Küstenpommer« zuging.

November/Dezember

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Bildarchiv KvS

Günter Grass (1927–2015)

»›Ech waiß, Ginterchen, em Wästen is bässer, aber em Osten is scheener.‹« Diese abwägende Defintion hat sich nicht nur in meiner Erinnerung verpuppt, vielmehr geisterte sie fortan, Ost und West wertend, in meinen Büchern und gibt mir heute noch Orientierung.« Um den Schriftsteller der Danziger Trilogie – Die Blechtrommel (1959), Katz und Maus (1961) und Hundejahre (1963) – ist es still geworden. Grund genug, sich auf sein großes Thema, das Erinnern, zurück zu besinnen, gerade auch an seine Heimatstadt. Anlässlich der litauisch-­deutsch-polnischen Gespräche über die Zukunft der Erinnerung (2000) erzählt Grass von Danzig. Und von einem Satz, den ihm später eine Großtante ins Ohr geflüstert hat.

Dezember 49. Woche

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Bildarchiv KvS

Johannes Trojan (1837–1915)

»Da erhebt sich ... der Thurm der Nikolaikirche, der in seinem unteren Teil so trotzig gestaltet ist wie ein Festungsbau. Dahinter liegt ein Hof, der besonders reizend ist, von drei Seiten umschließen ihn lange, einstöckige Gebäude, die von alten Fräulein bewohnt werden.«

Der Danziger Kaufmannssohn und leidenschaftliche Bota­ niker, bekannt vor allem als Chefredakteur des Berliner Satireblatts Kladderadatsch, führte eine Gartenbauausstellung 1895 nach Greifswald. Seine Impressionen schilderte der auch lyrisch Ambitionierte anschließend in der Berliner Nationalzeitung, worin diese Zeilen zu lesen waren.

Dezember

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Achim Roscher (*1934)

Haus von Otto Niemeyer-Holstein © Kristine von Soden

»Mein letztes Gespräch, Morgen des 25. Dezember 1983. Der Käptn hatte länger gelegen, keine gute Nacht gehabt. Ich wartete auf ihn im Tabu, seinem geliebten Refugium, vertrieb die Zeit mit Zeichnen: das kahle Geäst der winterlichen Bäume. (...) Vorm Fenster der Rosenbusch hatte eine pralle Knolle, die schaukelte schwer im Wind. Sie hätte auf­ brechen wollen, aber Winter war nicht ihre Zeit.«

Als Verlagslektor und späterer Leiter der Zeitschrift Neue deutsche Literatur knüpfte er bewegende Freundschaften mit Malern wie mit Otto Niemeyer-Holstein, Spitzname »der Käptn«. Während der Arbeit an seiner Biographie über den gebürtigen Kieler, den es nach Usedom verschlagen hatte, nahm Achim Roscher viele Gespräche mit Tonband auf.

Dezember

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Annette Hövelmann (*1940) Erst spät gab die gebürtige Aschaffenburgerin, die zeitweise in Graal-Müritz lebt, ihr lyrisches Debüt. Nicht für die Luft geboren (2015) heißt die Gedichtsammlung, in der eines mit den Zeilen beginnt:

»Schöner Tag

Ostsee © Kristine von Soden

Und ich, am Morgen die verdeckte Karte ziehend, warte auf den fremden Tag. Heute ist er blau vom Himmel gestiegen Und übers Meer an Land gegangen.«

Dezember

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Neujahr


Text- und Bildnachweis Deckblatt:

14. Woche: Hans Christian Andersen

28. Woche: Rainer Maria Rilke

43. Woche: Egon Richter

Mascha Kaleko 1930 auf Hiddensee · © Deutsches Literaturarchiv Marbach

Andersen, Hans Christian, zit. n. Lübeck in alten und neuen Reisebeschreibungen. Ausgewählt von Henning Berkefeld, Droste Verlag GmbH, Düsseldorf 1991 Bild: Lübeck um 1900 ∙ Bildarchiv KvS

Zit. n. Pegasus am Ostseestrand. Heraus­ gegeben von Gunnar Müller-Waldeck, Konrad Reich Verlag Rostock 1999 Bild: Heiligendamm ∙ Bildarchiv KvS

Richter, Egon, Ahlbeck, Heringsdorf & Bansin, Demmler Verlag, Schwerin 2005 Bild: Bansin · Bildarchiv KvS

15. Woche: Heinz Kahlow

29. Woche: Max Schwimmer Zit. n. Kristine von Soden, Tedje der Windf lüchter. Über den Strandwanderer, Grafiker, Buchgestalter und Fotokünstler Theodor Schultze-Jasmer, meeresedition, Wiesbaden 2014 Bild: Max Schwimmer · © Heinz Föppel

Fühmann, Franz, Böhmen am Meer, VEB Hinstorff Verlag, Rostock 1963 Bild: Treppe am Steilufer / Fischland zum Strand ∙ © Kristine von Soden

53. Woche: Karl Kleinschmidt Kleinschmidt, Karl, Keine Angst vor guten Sitten, Verlag das Neue Berlin, Berlin 1957 Bild: Austern · Bildarchiv KvS

1. Woche: Käthe Miethe Miethe, Käthe, Das Fischland, Hinstorff Verlag, Rostock 1948 Bild: Kunstkaten/Ahrenshoop · © Andreas Wegscheider

2. Woche: Matthias Wegehaupt Wegehaupt, Matthias, Die Insel, List Taschenbuch, Berlin 2010 Bild: Eiszeit auf Usedom · © Kristine von Soden

3. Woche: Emanuel Geibel Zit. n. Kleine Bettlektüre für weitherzige Lübecker, Scherz o. O. o. J. Bild: Lübecker Tor · Bildarchiv KvS

4. Woche: Rosemarie Fret Fret, Rosemarie, Sehwege auf Usedom, Projekte-Verlag Cornelius, Halle (Saale) 2012 Bild: Am Achterwasser auf Usedom · © Kristine von Soden

5. Woche: Arnold Gustavs Die Insel Hiddensee. Ein Heimatbuch von Arnold Gustavs. Carl Hinstorff Verlag, Rostock o. J. Bild: Winter auf Hiddensee ∙ © Axel Gehrke

6. Woche: Walter Kempowski Kempowski, Walter, Mein Rostock, Verlag Ullstein GmbH, Frankfurt/ Main u. Berlin 1994 Bild: Neuer Markt Rostock ∙ Bildarchiv KvS

7. Woche: Ernst Wilhelm Nay Zit. n. Archiv für Bildende Kunst am germanischen Nationalmuseum (Hrsg.), E. W. Nay 1902–1968. Bilder und Doku­ mente, Ausst. Katalog Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Haus der Kunst München, Bayer AG Leverkusen, Wilhelm-Hack-Museum Ludwigshafen, Neue Galerie Kassel, München 1980 Bild: Winter auf dem Darß · © Kristine von Soden

8. Woche: Willy Haas Haas, Willy, Travemünde, Lübecker-­ Nachrichten Verlag, Lübeck o. J. Bild: Travemünde ∙ Bildarchiv KvS

9. Woche: Eduard Duller Duller, Eduard, Das deutsche Volk in seinen Mundarten, Sitten, Bräuchen und Trachten, München 1847, Reprint-Verlag, Leipzig 1999 Bild: Fischerboot am Strand von Heringsdorf · © Axel Gehrke

10. Woche: Johannes Micraelius Micraelius, Johannes, Pommersche Fische und Seehunde, in: Renate Seydel (Hrsg.), Usedom. Ein Lesebuch, Ullstein Heyne List GmbH, München 2003 Bild: Heringsfang ∙ Bildarchiv KvS

11. Woche: Johann Jacob Grümbke Grümbke, Johann Jacob, Streifzüge durch das Rügenland. Herausgegeben von Albert Burkhardt, Verlag F. A. Brockhaus GmbH, Leipzig 1988 Bild: Kreidefelsen bei Sassnitz ∙ © Axel Gehrke

12. Woche: Kurt Tucholsky Tucholsky, Kurt, Saisonbeginn an der Ostsee, in: Gesammelte Werke, Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1960 Bild: Ahlbeck ∙ Bildarchiv KvS

13. Woche: Walter Jens Walter Jens über Hiddensee, in: GEO spezial, Nr. 3 / Juni 1998 Bild: Gerhart-Hauptmann-Haus · © Axel Gehrke

Kahlow, Heinz, Mit Kleo unterwegs, Eulenspiegel Verlag, Berlin 1969 Bild: Waldweg zum Weststrand von Prerow ∙ Bildarchiv KvS

16. Woche: Simone Trieder Trieder, Simone, Die Insel Hiddensee so nah und so fern, Hasenverlag Halle/ Saale, 2. Auf lage, Halle 2011 Bild: Der Leuchtturm auf dem Dornbusch ∙ © Axel Gehrke

30. Woche: Claudia Rusch

17. Woche: Käthe Kollwitz

Kästner, Erich, Als ich ein kleiner Junge war, Cecilie Dressler Verlag, Berlin 1957, Copyright by Atrium Verlag, Zürich 1957 Bild: Graal Strand ∙ Bildarchiv KvS

Zit. n. Käthe Kollwitz. Königsberger Jahre, Verlag der Kunst, Husum Druck und Verlagsgesellschaft, Husum 2007 Bild: Hafen von Königsberg ∙ Bildarchiv KvS

Rusch, Claudia, Mein Rügen, Marebuchverlag, Hamburg 2010 Bild: Wittower Ufer ∙ © Axel Gehrke

31. Woche: Erich Kästner

32. Woche: Adelbert von Chamisso

Zuckmayer, Carl, Als wär’s ein Stück vom mir, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1966 Bild: Dünenlandschaft Kurische Nehrung ∙ Bildarchiv KvS

Zit. n. Gunnar Müller-Waldeck, Der Wilde von den Sandwichinseln. Unterhaltsames über Dichter, Denker, Strategen und Hau­ degen in Mecklenburg und Vorpommern, Edition Pommern, Elmenhorst 2014 Bild: Königsstuhl auf Rügen ∙ Bildarchiv KvS

19. Woche: Carl Gustav Carus

33. Woche: Horst Prignitz

Carus, Carl Gustav, Eine Rügenreise, Ernst Wähmann Verlag, Schwerin 1966 Bild: Insel Vilm ∙ © Axel Gehrke

Prignitz, Horst, Paradiese der Badelust. Wahrhaftige und kuriose Abhandlung über die deutschen Seebäder in geschichtlicher, medizinischer und moralischer Hinsicht. Hinstorff Verlag, Rostock 1993 Bild: Damenbad · Bildarchiv KvS

18. Woche: Carl Zuckmayer

20. Woche: Ewald Mataré Zit. n. Mataré, Sonja / Schilling, Sabine-Maja, Ewald Mataré. Tagebücher 1915–1965, Köln 1997 Bild: Wismar ∙ Bildarchiv KvS

21. Woche: Peter Roos Roos, Peter, Die wiedervereinigte Ostsee. Ein wahrer Ost-Western, in: Das Lesebuch für Sonne, Sand und Strand, herausge­ geben von Bert Sander, Hinstorff Verlag, Rostock 2005 Bild: Am Weststrand von Prerow ∙ © Axel Gehrke

22. Woche: Gottfried Kiesow Kiesow, Gottfried, Wege zur Backstein­ gotik. Eine Einführung. Monumente Publikationen, Bonn 2003 Bild: Stralsund · Bildarchiv KvS

23. Woche: Johannes Bobrowski Bobrowski, Johannes, Im Windgesträuch. Gedichte aus dem Nachlass, Union Verlag, Berlin 1970 Bild: Der Himmel über Rügen ∙ © Axel Gehrke

24. Woche: Carl Friedrich Christian von Mettenheimer Zit. n. Windf lüchter, H. 55, Graal-Müritz, August/ September 1988 Bild: Graal-Müritz Strand ∙ © Archiv / Dr. Kuntze/ Tourismus- und Kur GmbH (TuK) Graal-Müritz

25. Woche: Lily Klee Zit. n. Fiedler, Susanne, Zeitstimmen zu Paul Klee, in: Sommergäste. Von Arp bis Weref kin. Klassische Moderne in Mecklenburg und Pommern, Hirmer Verlag, München 2011 Bild: Ostsee Graal-Müritz ∙ © Axel Gehrke

26. Woche: Hedwig Courths-Mahler Courths-Mahler, Hedwig, Scheinehe, Weichert Verlag, o. O. um 1920 Bild: Palace Hotel in Zinnowitz auf Usedom · © Kristine von Soden

27. Woche: Fritz J. Raddatz Raddatz, Fritz J. , Ich habe dich anders gelebt, Arche Verlag AG, Zürich/ Hamburg 2001 Bild: Vor der Küste von Bansin ∙ © Axel Gehrke

34. Woche: Nina Hagen Songtext, DDR 1974, AMIGA 456081 Bild: Nina Hagen mit ihrer Band · © Picture alliance / Chris Hoffmann

35. Woche: Horst Krüger

44. Woche: Franz Fühmann

45. Woche: Alexej Baskakov Baskakov, Alexej, Speisen mit Thomas Mann, Verlag Dräger Druck, Lübeck 2006 Bild: Buddenbrookhaus · © Kristine von Soden

46. Woche: Hanns Cibulka Cibulka, Hanns, Sanddornzeit, Mittel­ deutscher Verlag, Halle 1971 Bild: Am Leuchtturm auf Hiddensee ∙ © Axel Gehrke

47. Woche: Kurt Floericke Meeresfische von Dr. Kurt Floericke, Franckh’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1914 Bild: Seenadeln ∙ Bildarchiv KvS

48. Woche: Hans Werner Richter Richter, Hans Werner, Betrachtung über die pommerschen Küstenbewohner und ihre Badegäste, in: Renate Seydel (Hrsg.), Usedom. Ein Lesebuch, Ullstein Heyne List GmbH & Co. , München 2003 Bild: Pferdetränke / Krummin auf Usedom · © Kristine von Soden

49. Woche: Günter Grass Grass, Günter, Anlässlich der litauisch-­ deutsch-polnischen Gespräche über die Zukunft der Erinnerung, in: Das Lese­ buch, Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2009 Bild: Danzig · Bildarchiv KvS

50. Woche: Johannes Trojan

Krüger, Horst, Tiefer deutscher Traum. Reisen in die Vergangenheit, Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 1983 Bild: Ostseesand · © Axel Gehrke

Trojan, Johannes, zit. n. Gunnar Müller-­ Waldeck, Der Wilde von den Sandwich­ inseln, Edition Pommern, Elmenhorst 2014 Bild: Nikolaikirche Greifswald ∙ Bildarchiv KvS

36. Woche: Rudolf Presber

51. Woche: Achim Roscher

Presber, Rudolf, Haus Ithaka, Stuttgart 1926 Bild: Graal-Müritz ∙ © Kristine von Soden

Lüttenort. Das Bilder-Leben und Bild-­ Leben des Malers Otto Niemeyer-Holstein nach seinem Erzählen wiedergegeben von Achim Roscher, Verlag der Nation, Berlin 1989 Bild: Haus von Otto Niemeyer-Holstein ∙ © Kristine von Soden

37. Woche: Oskar Manigk Manigk, Oskar, Der Steinigel und andere Geschichten, Wohlrab Verlag, Berlin 2012 Bild: Kirche im Lieper Winkel auf Usedom ∙ © Kristine von Soden

38. Woche: Arnold Zweig Zweig, Arnold, Strand und See. Künstler in Ahrenshoop, in: Bildende Kunst, Heft 4, Jahrgang 1954 Bild: Ostsee auf dem Darß · © Heinz Föppel

39. Woche: Marianne Clemens Clemens, Marianne, Unruhige Zeiten in unserem Land. Erinnerungen aus den Jah­ ren 1912 bis 1948, Leibniz-Bücherwarte, Bad Münder 2005 Bild: Dorfstraße Ahrenshoop ∙ © Fritz Wegscheider

40. Woche: Walter Grammatté Zit. n. Pese, Claus (Hrsg.), Walter Grammatté – Eine Dokumentation in Bil­ dern und Texten, Stuttgart/ Zürich 1990 Bild: Hiddensee ∙ © Axel Gehrke

41. Woche: Theodor Fontane Fontane, Theodor, zit. n. Mecklen­ burgische Monatshefte, Bd. 11, 1935 Bild: Mole Warnemünde ∙ Bildarchiv KvS

42. Woche: Theodor Schultze-Jasmer Soden von, Kristine, Tedje der Wind­ f lüchter. Über den Strandwanderer, Grafiker, Buchgestalter und Fotokünstler Theodor Schultze-Jasmer, meeresedition, Wiesbaden 2014 Bild: Theodor Schultze-Jasmer ∙ © Karin Nitschke

52. Woche: Annette Hövelmann Hövelmann, Annette, Nicht für die Luft geboren, Verlag Ralf Liebe, Weilerswist 2015 Bild: Ostsee · © Kristine von Soden

*N icht bundeseinheitlich geregelte Feiertage Wir danken allen Autoren, Fotografen und Verlagen für die freundliche Genehmigung zum Abdruck. © ebersbach & simon 2015 Text- und Bildredaktion: Kristine von Soden, Wiesbaden Bildredaktion für alle Seiten mit Fotos von Axel Gehrke: Sascha Nicoletta Simon Gestaltung und Satz: Lisa Neuhalfen, moretypes, Berlin Druck und Weiterverarbeitung: Bindwerk GmbH & Co. KG, Dresden Printed in Germany ISBN 978-3-86915-106-9 www.ebersbach-simon.de


Literarische Ostsee 2016 Rosemarie Fret (*1935)

Lily Klee

Willy Haas (1891–1973)

(1876–1946)

»Travemünde war ein Fischerort, ein Ort von Seeleuten, die sich am günstigsten Platz, an der Mündung der Trave in die Ostsee, niederließen. Dort bauten sie diesen schönen alten Ort mit sauberen kleinen Häusern und verglasten Veranden – in der Mitte, am Marktplatz, die alte Kirche mit dem typischen spitzen Kirchturm des Nordens: ein Städtchen von Seefahrern und Fischern.«

Nur wenige machten sich während der Inflationszeit

»Nein, ans Meer will ich noch nicht. Nicht gleich. Erst ankommen ... Fahre sogar erst ins Hinterland und gehe alte Wanderwege allein ...«

1922 auf eine Reise an die Ostsee. Die Pianistin Lily Klee, geborene Stumpf, deren Großmutter aus Rostock stammte, und ihr Ehemann, der Maler und Zeichner Paul Klee, taten dies. Und zwar fuhren sie an die mecklenburgische Küste nach Müritz – so Travemünde · Bildarchiv KvS

Lily Klee in ihren unveröffentlichten Erinnerungen:

Ostsee Graal­Müritz · © Axel Gehrke

Am Achterwasser auf Usedom · © Kristine von Soden

»Wir verbrachten dort 4 herrliche Sommerwochen, an einem unendlich weiten schönen Strand. Badend u. sonnend. Ich sehe uns noch dort auf den mit Strandhafer bewachsenen Dünen liegen. Die Ostsee ist herrlich.«

Eine der schönsten Lektüren zur vor­

Der Prager bezeichnete sich »als Superlativ eines Binnenländers«,

pommerschen Ostseelandschaft schuf die

waren ihm doch Barockpaläste und Kaffeehäuser ein Begriff.

Tochter einer alteingesessenen Familie

Nicht aber das Meer, nicht die Meeresluft, nicht Meereswogen.

aus Anklam mit ihren Sehwegen auf Usedom

Als Junge kam der Filmkritiker und Drehbuchautor erstmals

(2012). Behutsame Annäherungen lehrt

an die Ostsee, nach Travemünde. Später porträtierte er

die Schriftstellerin und Fotografin.

das Ostseebad, das bald Eleganz ausstrahlen sollte.

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Fritz J. Raddatz (1931–2015)

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Walter Kempowski (1929–2007)

einstige Chef lektor des Rowohlt­ Verlages und Feuilletonchef der ZEIT aus der Ich­Perspektive eines heran­ wachsenden Jugendlichen während der NS ­Zeit die erste Begegnung

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Der Leuchtturm auf dem Dornbusch · © Axel Gehrke

anders gedacht (2001) schildert der

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»Markant und weithin sichtbar ist der Kopf der Insel, der Dornbusch, auf dessen höchstem Punkt der Leuchtturm steht. Er wurde 1888 auf dem zweiundsiebzig Meter hohen Schluckswiek eingeweiht. Schon 1927 ist in einem Protokoll zu lesen, dass der Leuchtturm in hundertfünfzig Jahren nicht mehr an dieser Stelle stehen wird. Schuld sei die Landabspülung, die dann im Jahre 2077 den Leuchtturm erreicht und der Schlukswiek samt Leuchtturm rutscht die Küste hinab …«

Neuer Markt Rostock · Bildarchiv KvS

Vor der Küste von Bansin · © Axel Gehrke

In seiner Erzählung Ich habe dich

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Simone Trieder (*1959)

»Von Rostock sagten die Leute, es sei zwar weniger als Lübeck und Hamburg, aber mehr als Wismar und Stralsund. Eine Stadt, die seit Jahrhunderten von schlechten Bau­ meistern verhunzt wurde. Wunderbar, dass sie trotz allem noch gewisse Reize hat.«

»Das Schönste an der Reise war das Schiff … Der Geruch nach Salz, Rost, Fisch und Öl, die verkrusteten Seile … schließlich das von der Schiffsschraube ohrenbetäubend aufgequirlte Wasser mit grünlicher Gischt, in das hinein ich nach einer selbst erfundenen Melodie den Taucher sang – es war aufregender als der Raubtiergestank, die Blechmusik und der mehlige Dunst des Häckselbodens im Zirkus.«

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mit der Ostsee.

Wer wüsste in der Stadt an der Warnow besser Bescheid als der Sohn eines

Abseits von Touristenströmen beschreibt die

Rostocker Reeders und Schiffsmaklers? Mit ihm, Karl Georg Kempowski,

gebürtige Quedlinburgerin, Mitglied im PEN ­

spazierte der Romanschreiber als Kind durch die Straßen. »Mein Vater‚ ›liebte

Zentrum Deutschland, Die Insel Hiddensee so nah

seine Heimatstadt‹, wie immer gesagt wurde. Er war Mitglied des Vereins

so fern (2011), dass man auf der Stelle seine

für Rostocker Altertümer und besuchte dessen Vorträge regelmäßig.« Zudem

sieben Sachen packen möchte, um hin zu fahren.

gab Vater Kempowski sein reiches Wissen an Sohn Walter weiter.

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In der Beliebtheit innerdeutscher Reiseziele steht die Ostseeküste

Dr. phil. Kristine von Soden ist gebürtige

von Mecklenburg-Vorpommern auf Platz Eins! Ähnlich wie zu jener

Hamburgerin und Autorin zahlreicher feuilleto­

Zeit, als große Namen der Literaturgeschichte wie Kurt Tucholsky,

nistischer Bücher zu den nordfriesischen Inseln

Erich Kästner oder Carl Zuckmayer dorthin gereist waren. Wie im­

und der deutschen Ostseeküste. Auf Amrum und

mer findet sich auch in diesem Kalender Amüsantes und Nachdenk­

in Ahrenshoop, wo sie von Sommer bis Herbst

liches, ergänzt von historischen Fundstücken beispielsweise über

ihre allseits beliebten Literarischen Rundgänge

den Heringsfang. Als schrilles Gegenstück dazu Nina Hagen, die

leitet, betreibt sie eine Schreibwerkstatt.

sich 1974 in ihrem größten DDR -Hit rockend darüber austobt, dass

www.vonsoden.de

ihr Freund Micha auf Hiddensee den Farbfilm vergaß … Zwischen Lübeck und Usedom kommen schreibende Stammgäste wie Hans Werner Richter oder Walter Kempowski zu Wort, dazu aus unseren Tagen Oskar Manigk und Matthias Wegehaupt. Zu Neuentdeckungen zählen die Erinnerungen von Lily Klee, Ehefrau des Malers Paul Klee, an ihre Sommerfrische in Graal-Müritz. Und noch lange nicht am Schluss der rhetorische Universalgelehrte Walter Jens.

www.ebersbach-simon.de

ISBN 978-3-86915-106-9


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