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Sarcatal und der weiteren Umgebung

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Vorwort

Vorwort

Die Geschichte des Sportkletterns im Sarcatal und der weiteren Umgebung

von Antonella Cicogna

Die Klettergärten bei Arco und im Sarcatal zählen unumstritten zu den besten Europas. Irgendwie hatte das Sarcatal zwar schon immer etwas mit Alpinismus zu tun, aber der eigentliche Beginn dieser Erfolgsgeschichte ist klar erkennbar. Es gab einen Moment, als mit kreativem Geist das auf den Weg gebracht wurde, was Arco heute zu einem der bekanntesten europäischen Klettergebiete macht. Weshalb eigentlich kein Kletterführer über dieses Gebiet geschrieben werden, in dem nicht versucht wird, auf diese Ursprünge einzugehen. Und diese liegen im Bergsteigen, besser gesagt, in einer neuen Sicht auf das Bergsteigen.

1972 – 1982

Die Wendepunkte - Colodri Ostwand und Specchio delle mie brame Das Jahr 1972, um genau zu sein der 1. Oktober 1972, markiert einen ersten Wendepunkt in der alpinen Geschichte des Tals. Bergsteiger aus Arco, Ugo und Mauro Ischia, Giuliano Emanuelli sowie Fabio Calzà, hatten die Möglichkeiten am Monte Colodri eingehend studiert und eröffnen dort mit der Route Umberta Bertamini eine erste Line an der Ostwand. Dies bedeutet einen Meilenstein für die weitere Entwicklung, denn jetzt rücken auch die weniger hohen Wände in den Blickpunkt. Ab diesem Zeitpunkt entstehen in der Ostwand schnell weitere wunderschöne Routen aus der Hand von Kletterern wie z. B. Giuliano Stenghel, Luigi Giacomelli, Franco Zenatti, Giovanni Groaz, Roberto Bassi, Heinz Mariacher, Manolo Maurizio Zanolla, Renzo Vettori, Giorgio Vaccari… Die Routen werden immer schwieriger und die Linien kühner. Zu sehen ist diese Entwicklung an Routen wie Tyszkyewicz (1976), Renata Rossi (1979) oder White Crack (1979). Im Jahr 1982 ist die Route Bertamini am Colodri DAS Testpiece für alle, die etwas auf sich halten. Zehn Jahre danach wird ein weiterer Markstein gesetzt: Die erste Sportkletterroute wird eingerichtet. Sie heißt Specchio delle mie brame und ist eine Variante der Renata Rossi, Erschließer sind Roberto Bassi und Heinz Mariacher. In dieser Route wird zum ersten Mal ein Bohrhaken verwendet.

Am Beginn der 80er-Jahre

Erste kurze Routen und die erste komplett mit Bohrhaken abgesicherte Linie (Honky Tonky) Zwischen 1982 und 1984 entstehen kontinuierlich weitere und immer schwierigere Routen am Monte Casale, der Cima alle Coste, in Mandrea, am Colodri und an den Sonnenplatten. Gleichzeitig wird den Remy-Brüder, Jerry Moffat, Ron Fawcett, Wolfgang Güllich oder Patrick Edlinger… Mit ihnen ziehen auch neue Ideen und neue Kletterstile hier ein. Neben den Platten rücken immer mehr die Überhänge in den Fokus. Und die Bohrmaschine ist beim Einrichten neuer Routen nicht mehr wegzudenken.

In der Mitte der 80er-Jahre

La Gola, Massone und die ersten Überhänge Eine erste Gruppe der "alten" Kletterer hat Arco schon wieder verlassen und ist weitergezogen, als Roberto Bassi Ende1984 das Gebiet Gola di Toblino (Guardrail) weiter erschließt. Hier hatten schon Mariacher und Manolo (mit Tursen, 007 und Don Camillo) die ersten Linien eingerichtet. Gleichzeitig rückt ein weiteres Massiv in den Blickpunkt: Groaz und Zampiccoli entdecken und

erschließen die ersten Routen in Massone. In diesem unglaublichen Bollwerk aus Fels ist später auch Diego Depretto als Erschließer überaus aktiv. Depretto richtet zudem viele Routen an der Südwand des Colodri und im Klettergebiet Nuovi Orizzonti ein. Letzteres wurde von Aldo Leviti und Renato Bernard entdeckt und wird schon von Anfang an gern besucht. Wegen der Vielfalt und der immer größer werdenden Anzahl von Routen richten sich mittlerweile auch die Blicke ausländischer Extremkletterer auf das Sarcatal. Viele kommen nach Arco, versuchen neue Routen oder richten selbst welche ein: Die Remy-Brüder, Jerry Moffat, Ron Fawcett, Wolfgang Güllich oder Patrick Edlinger… Mit ihnen ziehen auch neue Ideen und neue Kletterstile hier ein. Neben den Platten rücken immer mehr die Überhänge in den Fokus. Und die Bohrmaschine ist beim Einrichten neuer Routen nicht mehr wegzudenken.

Zum Ende der 80er-Jahre

Sport Roccia Kletterwettbewerb; die ersten freien Begehungen im Grad 8a bis 8b/+ 1986 ist das zweite Jahr, in dem in Italien ein internationaler Kletterwettbewerb stattfindet. In Bardonecchia hatten sich (aufgrund einer Idee von A. Mellano vom Ital. Alpenverein und des Journalisten E. Cassarà) zum ersten Mal Kletterer aus verschiedenen Nationen zu einem Wettbewerb getroffen. Der Wettbewerb im Sarcatal wird an Naturfels am Colodri ausgerichtet, von über 150 internationalen Teilnehmern trägt damals Patrick Edlinger den Sieg davon. Dieser Event ist der Vorgänger des nach wie vor jährlich stattfindenden "Rockmaster", welcher (wie auch die damit verbundenen Projekte) auf die Ideen unterschiedlicher Leute zurückgeht (M. Morandini, E. Lattisi, S. Calzà, G. Emanuelli, G. Filippi, A. Seneci, A. Marchi – erste Austragung 1987). Arco ist damit weithin bekannt als Kletterspot und zieht viele weitere Erschließer und Kletterer in seinen Bann. Rolando Larcher, Danilo Bonvecchio, Diego Mabboni, Giorgio Manica und

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Die Geschichte des Sportkletterns im Sarcatal und der weiteren Umgebung wie sie alle heißen entdecken neue Wände und bohren neue Routen ein. Ihre Kreativität trägt viele Früchte und zieht die Erstbegehung wirklich schwerer Routen nach sich: Elefant Baby 8a in San Paolo oder Gravity Games 8a+ (heute 8b/+ weil von Legrand modifiziert) am Eremo di San Paolo. In diesen beiden Routen wurden zwar künstliche Griffe geschlagen, das schmälert damals aber nicht ihren Wert. In der Gola befreit Larcher mit Futura 8b (heute 8a+) ein weiteres Highlight und zeigt mit dieser Begehung sein unglaubliches Können als Reibungsspezialist. Neue Klettergebiete entstehen in Richtung Süden und Norden, Bassi entdeckt und erschließt Massenza, Pegoretti San Siro. Beide Gebiete erfahren dank Danilo Bonvecchio (der viel später auch das herrliche Terlago erschließen wird) eine weitere Ausweitung und Aufwertung. Nomesino im Val di Gresta, erschlossen von Dossi und Dorigatti, wird zum Hit bei den extremen Kletterern. Larcher befreit 1988 Energia = MC2 8b (nachdem er im Frühjahr schon die erste natürliche 8a (Fafifurni, eingebohrt von A. Giovannetti am Passo San Giovanni) klettern konnte. Depretto entdeckt Nago und richtet dort die ersten Linien ein, später folgt ihm Colò, der für den oberen Bereich verantwortlich zeichnet. Gegen Ende der 80er-Jahre klettert Larcher Maratona 8b+ (heute 8b) als erster frei (14.2.1989), Bassi kann Mujado 8b/+ im Gebiet Gola befreien und damit die beiden allerersten Routen in diesem Schwierigkeitsgrad im Sarcatal.

Die erste Hälfte der 90er-Jahre

Neue Routen und sanierte Wege... von Arco Roc bis Sisyphos. Jetzt locken die Überhänge Mit der Linie Super Maratona in Massone gelingt Larcher die erste 8b+ im Sarcatal (1991). Der Zustrom der Kletterer nach Arco wächst unaufhörlich und dementsprechend auch die Zahl neuer Touren, die jetzt oft mit Hilfe eines Grigri-Sicherungsgeräts erschlossen werden. Depretto und Mattei sowie die Gruppe Arco Roc sanieren die Gebiete Massone, Nago, Spiaggia delle Lucertole, San Siro, Baone, Passo San Giovanni und Crosano. Bassi beginnt 1994 mit der Sanierung des Gebiets La Gola, unterstützt von Bonvecchio, Larcher, Curti, Turri und Stenico. Ihre Gruppe nennt sich Sisyphos, was kein Zufall ist: wie dieser sind sie unaufhörlich mit Erschließen und Sanieren beschäftigt und kommen scheinbar zu keinem Ende. Als Bassi im gleichen Jahr bei einem Verkehrsunfall ums Leben kommt, ist dies für die anderen Mitglieder der Gruppe ein umso größerer Ansporn, ihre begonnene Arbeit mit großer Energie und viel Elan noch einige Jahre lang fortzuführen. 1995 treten Fabio Leoni, Roland Galvagni, Daniele Lira, Michele Cagol und viele andere der Gruppe bei. Im Klettershop Leonis, den er erst kurz zuvor eröffnet hat, wird Geld für neue Projekte und Sanierungsarbeiten gesammelt. Es entstehen die neuen Gebiete Transatlantico, Muro di Chitarra, Giardino di Nato, Diamante del BA.RO, Sisyphos, Camerette, Cavedine und Lon. Bonvecchio richtet Margone und Cavedine ein, La Gola wird vergrößert. Viele der Felsmassive liegen auf Privatgrund, dank der Bereitwilligkeit der Eigentümer, die auf das gute Benehmen der Kletterer vertrauen, ist dies aber kein Problem. Auch deshalb kann eine Vielfalt von Gebieten entstehen, die den unterschiedlichsten Bedürfnissen der Kletterer gerecht werden. Die langen Überhänge, die Depretto im oberen Bereich von Massone eingerichtet hat, ziehen immer mehr leidenschaftliche Kletterer an.

Von 1995 bis zur Jahrtausendwende

Die Sektoren Terra Promessa und Il Pueblo entstehen; die erste 9a in Italien In Arco trifft man nun Extremkletterer wie Reinhold (Reini) Scherer und François Legrand, die in der zweiten Hälfte der neunziger Jahre weltweit zu den Besten gehören. Es ist Scherer, der 1995 mit der systematischen Erschließung des Sektors Pueblo in Massone beginnt. Hier hatte vorher schon Larcher ein paar Routen eingerichtet. Legrand erschließt zusammen mit Scherer die extrem überhängenden Linien Reini’s Vibes 8c/+ in Massone und Claudio Caffè 8c/+ im Sektor Terra Promessa. Diese beiden schwierigsten Routen in jener Zeit werden von Legrand erstbegangen. Sie dienen ihm praktisch als Vorbereitung auf den Rockmaster-Wettbewerb 1997, den er schließ-

lich auch gewinnt. Aber kaum ein Jahr später landen beide Linien wieder auf dem zweiten Platz: Mit der Erstbegehung von Underground kann Manfred Stuffer einen echten Markstein setzen. Die von Reini Scherer und Gerhard Hörhager eingebohrte Linie war vermutlich die erste 9a im Sarcatal, eine Bestätigung des Grades stand in jenen Jahren aus. Die maximalkräftige, athletische Route beginnt (wie ihr Name schon sagt) in der Mitte der Höhle und führt mit schwierigsten Boulderzügen durch ein weit ausladendes Dach. Bis zum Ende des Jahrtausends entstehen weitere neue Klettergebiete: Diego Mabboni eröffnet Muro dell’Asino und Red Point Wall, Roberto Bassi wird ein schöner Felsriegel am Lago di Toblino, Bassilandia, gewidmet: Eine herrliche Wand aus grauem Kalk, die technische und kleingriffige Kletterei fordert. Die meisten Routen bohren hier bekannte Kletterer und Erschließer wie Fabio Leoni (eines seiner Lieblingsgebiete) und Gianguido Dalfovo ein, aber auch Rolando Larcher, Marco Curti, Lino Celva und Michele Cagol liefern ihren Beitrag. Auch die Gebiete Sarche und Limarock werden erschlossen, Bonvecchio setzt ein lange gehegtes Projekt in die Tat um und beginnt, die ersten Routen von Climax einzubohren.

Das erste Jahrzehnt im zweiten Jahrtausend

Viele überhängende und auch plattige Routen bis 8c+/9a werden befreit Paolo Calzà ersetzt alte Haken in San Paolo und am Pilastro delle Vergini und richtet damit die Aufmerksamkeit wieder auf die historischen Klettergebiete in Arco. Sauro Merighi entdeckt und erschließt Grottosauro und Ottava Meraviglia; Gianguido Dalfovo und Lino Celva richten La Pizzeria ein. Bonvecchio und Simone Banal konzentrieren sich auf einen neuen Sektor im Gebiet Ranzo, bereichern Limarock mit neuen Routen und sanieren (zusammen mit Fabio Leoni) Santa Massenza. Bei Narango entsteht durch D. Tonelli und Gefährten der Klettergarten Tassilandia, eine schöne Wand mit verdoneskem, kompakten Gestein, Routen in mittleren Graden und einem tollen Panoramablick. Ein weiteres Gebiet wird mit Coel de la Val dela Porta erschlossen. Larcher, Bonvecchio und Freunde bohren hier kleingriffige und schwierige Ausdauerrouten ein. Immer mehr sehr schwierige Linien werden nun befreit. Christian Bindhammer klettert 2003 Zauberfee 8c+, eine überhängende Linie im extremen Sektor Eremo und damit in jenem Jahr die zweitschwierigste Route im Sarcatal (2014 erste Frauenbegehung durch A. Eiter). Gianguido Dalfovo, einem wahren Könner in der Königsdisziplin des Kletterns, dem Reibungsklettern, gelingt 2005 die Erstbegehung von Compañero 8b im Gebiet Bassilandia. 2007 befreit der Belgier Nicolas Favresse in der Nähe des Gebiets Eremo die teils traditionell und teils mit Haken abgesicherte Linie Mezzo Biologico 8a+. Andreas Bindhammer setzt 2008 mit St. Anger 8c+/9a am Eremo ein markantes Zeichen Er arbeitete mehrere Jahre lang (seit 2003) an diesem Projekt. Die Schwierigkeiten bewegen sich durchweg über 8b, laut Bindhammer erreichen die beiden Boulderpassagen den 8.Grad der frz. Boulderskala. Weitere und teilweise noch aus der Hand von Roberto Bassi stammende Projekte fallen, wie z.B. Madame doc 8b, in der glatten Platte von Pezzent Area (Gola di Toblino), das 2008 von Cristian Giovannini befreit wurde. Im selben Jahr kann Favresse ein altes Projekt von Bonvecchio, Thin ice in Terlago, erstbegehen. Die Linie mit ihren sehr kleingriffigen Leisten wird 2009 innerhalb wenige Tage von Riccardo Scarian, Manolo und Gianguido Dalfovo wiederholt. Alle bestätigen ihre Schönheit und bewerten die Route mit 8c. Im April 2009 gelingt Riccardo Scarian mit Adidas 8b+ im Gebiet Coel dela Val dela Porta ein weiterer Paukenschlag. Schon nach wenigen Jahren war dieses Gebiet für Topkletterer zu einem Muss geworden. In jenen Jahren kommen immer mehr Kletterer aus dem Ausland nach Arco, ihre Vorlieben und ihre Anforderungen sind sehr unterschiedlich. Viele davon sind auf der Suche nach neuen Möglichkeiten zum Klettern. Ihrem Wunsch geht in Erfüllung: Unter anderem erschließt Leoni die Gebiete Piccola Dallas sowie Babilonia, Merighi richtet Castello di Drena und Mandrea ein. Als Gebiete mit gemäßigten Graden entstehen Regina del Lago zwischen Riva und dem Ledro-See sowie der untere Sektor von Belvedere. Im Jahr 2009

stellt sich auf kommunaler Ebene eine Neuigkeit ein: Das Projekt Outdoor Park Garda Trentino wird in die Wege geleitet. Zum ersten Mal wird ein permanenter Runder Tisch eingerichtet, an dem unter Führung der Werbegenossenschaft Ingarda die sechs involvierten Gemeindeverwaltungen zusammenkommen. Damit soll eine schon im Jahr 2000 von der Gemeinde begonnene Arbeit fortgesetzt werden, die zum Ziel hat, einige Klettergärten im Sarcatal aufzuwerten und für die Zukunft zu unterhalten. Es handelt sich hierbei u. a. um Massone, Massi di Prabi, Placche di Baone, Muro dell’Asino, Calvario, Nago, Belvedere, Corno di Bo’, Spiaggia delle Lucertole, Passo San Giovanni. Baone zählt zum Projekt "Klettergärten ohne Grenzen" und wird speziell für Behinderte eingerichtet.

2010 bis 2014

Top-Herausforderungen in Nago, Bus de la Stria, Coel dela Val dela Porta, Grottosauro, La Gola, Padaro In Nago werden wieder einmal Marksteine gesetzt: Der Deutsche Markus Bock eröffnet mit Bucking Bronco, No Hope, Goat Farm, Warbeast drei Wege im Grad 8c+. Dort hatte schon Rolando Larcher mit Mangusta (8c) eine extreme Route eingebohrt und erstbegangen. Bock eröffnet in den in der Nähe liegenden Sektoren zudem weitere Linien für Liebhaber boulderlastiger Routen, unter anderem Ghostrider (8c). Im Gebiet Bus de la Stria gelingt Bock die Erstbegehung von MG Connection 8b+ im neuen Sektor Hotel Olivo. Diese Route stammt von Gerhard Hörhager, der Pappataci und Conti d’Arco (8b) befreien kann. Diesen Sektor besuchen auch andere namhafte Kletterer: David Lama befreit Liftscheisser (8b), auch Adam Ondra ist dort mit einem Projekt beschäftigt. Die Überhänge im Hotel Olivo ziehen weitere Kletterer in ihren Bann. Larcher gelingt die Erstbegehung von Patagonia 8b/c, im Sektor Coel dela Val dela Porta befreit er Amen-Patagonia 8b+. Im Sektor Grottosauro kann Paolo Benvenuti mit Insostenibile leggerezza dell’essere 8c ein altes Projekt von Rolando Larcher befreien. Gianguido Dalfovo kehrt mit neuen Routen in technisch

Roberto Bassi (© Marco Curti)

schwierigen Platten und senkrechten Wänden sozusagen zu den Wurzeln des Sportkletterns zurück. Im Gebiet La Gola bohrt er 2013 L’orizzonte degli eventi 8b/c ein und kann diese Linie auch befreien. Silvio Reffo wiederholt an einem Tag die beiden Linien Bucking Bronco und Warbeast in Nago, während die Herausforderungen im Gebiet Padaro weiter steigen. Diego und Mauro Mabboni hatten dieses immenses Felsmassiv entdeckt, das später von den Deutschen Holger Brink und Olaf Zeddies mit den ersten Routen versehen wurde. Hier ist jetzt auch Paolo Benvenuti aktiv, er erschließt viele neue extreme Wege, die er selbst befreien kann. Dazu zählen beispielsweise die beiden Linien En Horabuena und Matasanos (beide 8b+). Auch für die kalte Jahreszeit geeignete Massive werden erschlossen: Beim Ort Ranzo entsteht durch Bonvecchio, Celva, Banal, Lucchi und Larcher mit dem Klettergebiet Vaticano ein richtiges kleines Schmuckstück. Zudem entsteht sogar "vor der Haustür" noch Neues: Andres und Gandolfo kümmern sich um die schönen Wände von Volta de No', wo sie schwierigste Routen wie Svolta di No' 8b+, Scatush 8b, Comunque dada 8b+ (Alessandro) und Set me free 8b+ (Roni) erstbegehen. Valero Ballardini bringt das Niveau vor den Toren von Trento in andere Höhen: dort bohrt er den Sektor Bus de Vela ein, von dessen 41 Routen etwa die Hälfte im Grad 8b und höher angesiedelt ist. Viele davon konnte Gabriele Moroni erstbegehen. Valerio kümmert sich auch um die Gebiete Forti di Civezzano, Monte Terlago und Prada (oft wird er dabei von L. Forti unterstützt). Die Gruppe 'Drunken Climbers' macht eine interessante Entdeckung mit dem Sektor Mescalisio, der viele schönen Linien um 6a/6b aufweisen kann. Vergessen werden darf auch nicht Celva, ein historischer Klettergarten, wo Larcher 1992 eine der ersten 8c's Italiens punkten konnte. Genau 25 Jahre danach gelingt ihm mit dort mit 25°-Anniversario eine weitere Route in diesem Grad. Und weitere Überraschungen bleiben auch hier nicht aus.

2015 – 2018

Weitere Marksteine werden gesetzt: vier 9a's, drei 9a+ und zwei 9b's Auch wenn Underground von Wiederholern mit 8c+/9a bewertet wurde, so wurde doch erst im März 2015 ein eindeutiger Markstein gesetzt: mit Under Vibes (Einstieg über Underground und Ausstieg über Reini's Vibes) gelingt Stefano Ghisolfi die erste 9a. Massone ist also wieder einmal DER Topspot. Dies sollte aber nicht die einzige Linie in diesem Grad bleiben: Im November des gleichen Jahres klettert Gabriele Moroni in Nago Sid Lives (heute 8c+). Knapp ein Jahr später, am 16.12.2016, gelingt Stefano Ghisolfi mit Thunder Ribes im Sektor Pueblo eine weitere 9a (heute 8c+). Es handelt sich um eine Verbindung von Reini's Vibes, L'Ultima Pietra und Stonehenge (die beiden letzteren wurden von A. Webber und A. Corrradini erschlossen). Nur drei Tage später punktet Stefano Ultimatum 9a+, die erste Route in diesem Grad in Massone. Die Nachricht, dass Klettern bei der Olympiade in Tokio 2020 olympisch wird, beflügelt die Entwicklung des Sports einmal mehr. Gleichzeitig entwickelt sich bei den Vertretern der Lokalverwaltungen ein immer größeres Bewusstsein dafür, welche große Bedeutung der Klettersport für das Sarcatal hat. Im Projekt Outdoor Park Garda Trentino (gefördert durch den Gemeindeverband Comunità di Valle Alto Garda und Ledro und die Gemeinde Ledro) wird die Einrichtung neuer Klettergärten für Familien unterstützt (Massi del Gaggiolo, Family San Martino, Family Dos Pelà, Massi delle Traole). Auch weiter nördlich schließen sich Gemeindeverwaltungen zusammen, um in dieser Hinsicht fördernd tätig zu werden (Valle dei Laghi, Madruzzo, Vallelaghi und Cavedine). So wird beispielsweise das Gebiet La Gola komplett saniert und neue, schwierige Linien eingerichtet. Für Liebhaber leichterer Wege entsteht das Gebiet Castel Madruzzo. Es entsteht eine echte partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den Verantwortlichen in den Ratshäusern und denen, die täglich draußen vor Ort sind. Ein Name ist hier besonders zu nennen: Simone Banal, der bei dieser Entwicklung eine wertvolle Rolle innehatte. Auch wenn die mittlerweile durch Gemeinden bezuschussten Klettergärten zahlenmäßig zunehmen, ist es doch noch weitgehend so, dass die meisten von privater Hand erschlossen werden. Private Erschließer bekommen aber keine Unterstützung, zumindest nicht

finanziell. Sie möchten aber dennoch ihre Leidenschaft gerne mit anderen teilen. Neue Gesichter sind in diesem Zusammenhang am Start, so beispielsweise Michel Ghezzi, der Ghess Wall erschließt sowie auch viele schöne Längen im linken Bereich von Bassilandia. Andres und Gandolfo richten oberhalb von San Paolo das Gebiet Muro di Pizarra mit Routen bis 8c ein. Vor allem dem unermüdlichen Stefano Merighi (und damit auch dem Ersterschließer P. Benvenuti) verdanken wir die Auferstehung des Gebiets Padaro, das mittlerweile zu den meistbesuchten zählt, wenn schwierigste Routen angesagt sind. Stefano richtete über fünfzig Routen hier ein und konnte sie auch erstbegehen (u.a. auch die Toproute Cuore Impavido 8b). Natürlich gelangen 2017 noch viele weitere, schwierigste Erstbegehungen, die nach wie vor als 'harte Brocken' gelten und den weltbekannten Ruf des Sarcatals unterstreichen. Im Sektor Gotico in Padaro gelingt S. Ghisolfi Mitte März die Rotpunktbegehung von Omen Nomen 9a, die erste Wiederholung schnappte sich S. Reffo. Im April des gleichen Jahres zeigt A. Webber auch in fortgeschrittenem Alter (mit 48 Jahren) sein Können und punktet mit Thunder Vibes seine erste 9a (jetzt mit 8c+ bewertet). Erinnert werden soll auch an zwei 20 Jahre alte Projekte von Bassi, die geknackt wurden: Via Gilette in Santa Massenza (Dalfovo, Okt. 2017) und Projekt Bassi in Celva (Moser, Febr. 2017). In Erinnerung bleibt das Jahr auch, weil in Laghel die ersten 9b's des Sarcatals befreit wurden. Am 18. April gelingt Adam Ondra dieser Streich mit der Route Queen Line und ihren siebzehn ultraharten Zügen (eingebohrt von M. Mabboni). Im selben Gebiet punktet Stefano Ghisolfi ein paar Tage später One Punch 9a+, Ondra kann dies mit One Slap 9b wiederum toppen. Anfang 2018 sichert sich Ondra im Sektor Pueblo mit Pure dreaming 9a und Pure dreaming Plus 9a+ weitere schwierigste Erstbegehungen (jetzt mit 8c+ bzw. 9a bewertet). Im Juli gelingt Stefano Ghisolfi die erste Wiederholung von Pure Dreaming. Und die Erschließungen gehen weiter: neben anderen wird z.B. das Gebiet Trincee in einer Schlucht oberhalb von Nage entdeckt. Mauro Trainotti und Andrea Vecchi richten dort im Laufe der folgenden Jahre über 70 Routen zwischen 5b und 8b ein.

2019 – 2021

Am Eremo di San Paolo entstehen zwei 9b's und eine 9a+, in Padaro zwei 9a+ Ghisolfi gelingt am 26.2.2019 die erste Wiederholung von Queen Line 9b. Das Projekt King line (9c?) in Laghel scheint erst einmal aus der Welt, denn der Zugang von Norden zum Sektor wurde von den Grundeigentümern verboten. S. Caranti und S. Reffo wiederholen Sid Lives und schlagen statt 9a den Grad 8c+ vor, was auch A. Ondra bei seiner Wiederholung im September 2020 bestätigt. M. Menardi gelingt die erste Wiederholung von Thunder Vibes (jetzt mit 8c+ bewertet). Viele Klettergärten werden vergrößert, so z.B. Ceniga, Pizarra, Ottava Meraviglia, Bassilandia und Padaro. Bedingt durch die Beschränkungen der Corona-Pandemie ist es ab März 2020 relativ ruhig im Sarcatal. Dies ändert sich aber abrupt, als diese aufgehoben werden. Ghisolfi konzentriert sich auf die stark überhängende Wand am Eremo San Paolo, wo er im März 2020 Beginning 9a/+ (heute 9a+) erstbegehen kann. Die Linie ist eine Verbindung von St. Anger und Zauberfee. Zwei Monate später holt er sich die Erstbegehungen von The Bow 9a+, der Verbindung von Fine di un’epoca 8b und Omen Nomen 9a. 2020 übernimmt die italienische Sportklettervereinigung (F.A.S.I) das Arco Climbing Stadium, wo der weltbekannte Rock Master und viele andere nationale und internationale Kletterwettbewerbe stattfinden. Hier sollen sich die italienischen Olympioniken L. Rogora, M. Piccolruaz und L. Fossali) auf die Spiele in Tokio und Paris vorbereiten. Die Olympiade wird wegen der Corona-Pandemie auf 2021verschoben, was die Athleten aber keineswegs mürbe macht: Rogora gelingt die erste FrauenWiederholung von Underground (von A. Megos im September dann geflasht), dann von Pure Dreaming Plus 9a. Sie klettert als erste Frau auch die Routen Riflessi und Terra Piatta in Pizarra und The Bow. Auch die Erschließer bleiben nicht untätig: Bonvecchio und Dalfovo setzten die Arbeit von Zanetti

Die Geschichte des Sportkletterns im Sarcatal und der weiteren Umgebung im Klettergarten von Lundo im Val Lomasona fort und richten dort viele weitere herrliche Kraftausdauerlinien im Bereich 7a bis 8c ein. Die beiden entdecken und erschließen auch den Sektor Masada, wo sie für Arco ungewöhnliche Tropflochrouten einbohren können, sowie den Pilastro Frollo bei Limarò. In Sarche richtet F. Leoni das Gebiet Terre Alte ein, das eigentlich vor aller Augen lag. Dort entstehen über einhundert Routen, die zu den schönsten und besten im Norden Italiens zählen. L. De Bonis und A. Seiwald schenken uns die Sektoren Pandoro und Pandora oberhalb von Massone. Neue Routen entstehen auch in den Sektoren Terre di Nessuno, Pausa Pranzo oberhalb des Lago di Loppio und Mappamondo (Merighi, Trenti, Morandi). Das Jahr 2021 beginnt und schließt mit weiteren Höchstleistungen: Erebor, die erste von Ghisolfi eingebohrte Linie am Eremo di San Paolo kann er selbst am 11. Januar erstbegehen. Er bewertet si zunächst mit 9b/+ (jetzt 9b). Am 21. März Punktet Ghisolfi Terapia d’urto 9a+ in Padaro, eine Verbindung von zwei Linien von M. Erspamer: Goosfraba 8c+ (1. RP S. Ghisolfi 9.11.2020) und L’Arciere 8c (1. RP G. Moroni 5.07.2020) im Sektor La Prua-Mazinga. Die erste Frauenbegehung erfolgt drei Wochen später durch L. Rogora. Ebenfalls im März gelingen dem starken A. Webber mit 52 Jahren die Solobegehung von Panem et circenses 8b+/c (jetzt 8b) in der glatten Platte des Sektors Pizarra. Webber ist wohl der einzige Kletterer Italiens, der so etwas zu leisten vermag. D. Picco und G. Placci punkten Omen Nomen, G. Vighetti wiederholt im Alter von erst 13 Jahren Pure Dreaming (19.9.2021). Die olympischen Spiele in Tokio sind beendet, die italienischen Athleten kehren ohne Medaillen, aber vielen Erfahrungen heim und denken schon an Paris 2024. Im September befreit Laura Rogora Iron Man im Gebiet Bus de Vela und schlägt 9a vor. Am 4. Oktober wiederholt sie als erste Frau Erebor, die kurz darauf auch von A. Ondra gepunktet und von ihm auf 9b abgewertet wird. Auch anderen Routen bleib dieses 'Schicksal' nicht erspart: Pure Dreaming wird abgewertet auf 8c+, Pure Dreaming Plus auf 9a und Thunder Vibes auf 8c+. Inn den letzten Wochen des Jahres 2021 fällt ein weiteres Projekt von Ghisolfi, das er über viele Monate hin verfolgt hat: The Lonely Mountain. Anfang und Ende verlaufen gemeinsam mit Erebor, der Mittelteil ist aber härter. Stefano schlägt 9b vor, was A. Ondra nach der ersten Wiederholung (28.12.) bestätigen kann.

Anmerkung der Autoren

Aus redaktionellen Gründen (in Bezug auf die für März 2022 vorgesehene Ausgabe diese Führers) konnten die allerjüngsten Entwicklungen nicht aufgenommen werden. Anfang 2022 gelangen u.a. drei bedeutende Erstbegehungen, die wir hier aber noch anführen können.

2022

Januar/Februar: Im Sektor Eremo di San Paolo gelingt J. Schubert im Januar die 3. Wiederholung von Erebor 9b. Im Sektor Bus de la Stria werden weitere Marksteine gesetzt: Im Sektor Hotel Oliovo punktet G. Moroni am 10.1. Trofeo dell'Adriatico 9a+, ein altes Projekt von D. Lama. Ende Februar gelingen A. Ondra im rechten Teil der Wand innerhalb weniger Tage die Erstbegehungen von Bombardino 9a+/b und Bomba 9b. Beide haben denselben Einstieg, Bomba wurde von ihm allerdings schon 2012 eingebohrt. Ende März, während wir in den Druck gingen, befreite Adam Ondra bei Terra Promessa Wonderland 9b/+, derzeit eine der schwersten Seillängen der Welt.

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