3 minute read
Kapitel 1 • Einführung
Der Raspberry Pi dominiert seit vielen Jahren die Maker-Szene. Insbesondere die frei verfügbaren I/O-Pins des Mini-Rechners machten ihn zu einem der beliebtesten ProzessorBoards aller Zeiten. Allerdings weist der Pi auch einige Nachteile auf. Zum einen sind die Pins direkt, d. h. ohne Treiber oder Schutzschaltung mit den freiliegenden Kontakten verbunden. Dadurch kann der zentrale Controller und damit der gesamte Raspberry schnell zerstört werden. Schon eine kurzzeitige fehlerhafte Kontaktierung mit 5 Volt kann das Ende des Controller-Boards bedeuten.
Zum anderen verfügt der klassische Raspberry über keinerlei Analogeingänge. Eine direkte Messung analoger Werte ist damit nicht möglich. So können weder Photodioden noch NTCs oder Hallsensoren o. Ä. unmittelbar ausgelesen werden.
Mit dem Pico kann dieses Problem elegant gelöst werden. Er kann als sogenanntes "Frontend" problemlos vielfältige Messaufgaben übernehmen. Zudem ist der Pico deutlich preisgünstiger als etwa ein Raspberry Pi 4 mit 8 Gigabyte RAM. Falls also eine Fehlbeschaltung zur Zerstörung des Pico führt, ist dies vor allem für nicht-professionelle Anwender wesentlich leichter zu verkraften.
Der klassische Raspberry Pi und der Pico werden so zum idealen Duo, mit welchem auch anspruchsvolle Messaufgaben gelöst werden können. Neben vielen Anwendungen der einzelnen Boards sollen in diesem Buch daher insbesondere auch Projekte vorgestellt werden, welche die Vorteile beider Systeme kombinieren.
1 .1 . Voraussetzungen und Ziele
Das vorliegende Buch führt in das weite und hochaktuelle Gebiet der modernen Controllertechnik anhand der beiden kannten Boards "Raspberry Pi" und "Raspberry Pi Pico" ein. Die generellen Grundlagen der Elektronik und Elektrotechnik werden nur so weit behandelt wie es für den Aufbau der Schaltungen und Experimente unbedingt notwendig ist. Eine tiefergehende Einführung in diese Grundlagen ist in der einschlägigen Literatur zu finden. Auch das Basiswissen für die Arbeit mit dem klassischen Raspberry Pi und der Umgang mit Pi OS sollte vorhanden sein. Im Bedarfsfall können diese Kenntnisse ebenfalls in der umfangreichen Literatur hierzu nachgelesen werden.
Neben einer tiefer gehenden Einführung in die Arbeits- und Funktionsweise der Controllerboards selbst wird insbesondere auch auf die Messwerterfassung und -verarbeitung mit digitalen Prozessoren eingegangen. Sowohl der Raspberry Pi in seiner klassischen Ausführung als Motherboard als auch der Raspberry Pi Pico als Microcontroller sind hierfür bestens geeignet. Nicht nur deshalb erfreuen sich beide Systeme großer Beliebtheit und haben einen weiten Anwenderkreis gefunden.
Die Boards der Raspberry Pi Familie sind kostengünstig erhältlich und zeichnet sich durch einfache Anwendbarkeit aus. Sie eignen sich daher ausgezeichnet als Einsteigersysteme in das weite Gebiet der Elektronik, der Controllertechnik und der digitalen Erfassung und Verarbeitung von Sensordaten.
In diesem Buch soll aber nicht nur die einfache Anwendung der Boards erläutert werden, sondern es werden auch praktisch anwendbare kleine Geräte wie
• Computerthermometer
• Voltmeter
• Frequenzmesser und -generatoren entstehen. Einigen hochinteressante Anwendungen wie
• Energiesparmonitor
• Welche Astronauten sind im Orbit, oder ein
• Mini-Monitor für den aktuellen Bitcoin-Kurs runden das Programm ab.
1 .2 . Erforderliches Material und Hardwareüberblick
Für die erfolgreiche Arbeit mit dem Buch sind vor allem zwei Komponenten erforderlich:
• Raspberry Pi in der klassischen Ausführung
• Raspberry Pi Pico
Der klassische Raspberry Pi ist inzwischen in der 4. Version erhältlich (im Folgenden als "Pi 4" bezeichnet). Der Pi 4 kann als leistungsfähiger Computer betrachtet werden, der im Vergleich zu seinen Vorgängern eine deutliche Verbesserung in Hinblick auf Performance und Ausstattung aufweist. Dennoch ist die neueste Version weitestgehend abwärtskompatibel zu ihren Vorgängern. Die Anzahl möglicher Einsatzgebiete hat sich damit deutlich erhöht. Mit dem Raspberry Pi 4 sind Projekte möglich, die zuvor an geringem Arbeitsspeicher und zu langsamer Arbeitsgeschwindigkeit gescheitert wären.
Leistungsmerkmale des Pi 4 sind durchaus mit einem modernen PC vergleichbar:
• CPU: Broadcom BCM2711 mit Quad-Core Cortex-A72 (ARM v8), 64 Bit, 1,5 GHz
• RAM: Wahlweise 1, 2, 4 oder 8 GB LPDDR4 SDRAM
• WLAN: IEEE 802.11.b/g/n/ac (2,4 und 5 GHz)
• Bluetooth 5.0
• USB: 2.0 und 3.0 (je 2 Ports)
• LAN: Gigabit Ethernet RJ45 Port
• HDMI: 2 x Micro-HDMI
Hinzu kommen 40 GPIO-Pins, die auf eine Pinleiste geführt sind. Die Anschlüsse sind ebenfalls zu früheren Versionen kompatibel, sodass eventuell bereits vorhandene Aufsteckmodule, sogenannte HATs), weiterverwendet werden können.
Hinzu kommen noch die folgenden Schnittstellen:
• DSI Display Port
• CSI Camera Port
• 4-poliger Stereo Audio und Composite Video Anschluss
Die Stromversorgung des Pi erfordert 5V/3A, die über einen USB-C-Stecker zugeführt werden. Für die Arbeit mit dem Buch wird ein Raspberry Pi 4 mit 8 GB empfohlen. Diese Va-
Raspberry Pi 4 und Pico ● riante erlaubt flüssiges Arbeiten und bietet auch genügend Reserven für umfangreichere Projekte.
Drüber hinaus ist ein Raspberry Pi Pico ("Pico") erforderlich. Auch dieses Board liegt inzwischen in mehreren Varianten vor. Anders als die erste Version verfügen die neueren Boards dank des Infineon Wireless-Chips ("Pico W") auch über ein WLAN-Interface. Wie beim Pico ist das Herzstück eines jeden Pico W aber ebenfalls ein RP2040 Controller. Dieser sorgte für Aufsehen, da dies der erste Siliziumchip war, den die Raspberry Pi Foundation selbst herstellte.
Da beide Varianten sowohl mit angelöteten als auch ohne Pinleisten geliefert werden ergeben sich die folgenden vier Versionen:
Variante Pinleiste WLAN
Pico ohne Nein
Pico H fertig verlötet Nein
Pico W Nein Ja
Pico WH fertig verlötet Ja
Die meisten Projekte in diesem Buch können mit einem klassischen Pico durchgeführt werden. Anwendungen mit WLAN-Funktion bleiben natürlich dem Pico W vorbehalten.
Der Pico verfügt über die folgenden Leistungsmerkmale:
• Prozessor: RP2040 (Dual ARM Coretex-M0+ mit 133 MHz
• RAM: 256 KB
• Flashspeicher: 2 MB Flash für Code und Daten
Der Pico W unterstützt mit dem CYW43439 Chip IEEE 802.11 b/g/n WLAN und Bluetooth
5.2. Bislang steht für Bluetooth-Anwendungen allerdings kein Software-Paket zur Verfügung. Daneben sind die wichtigsten Schnittstellen vorhanden:
Raspberry Pi 4 und Pico
• 2x UART
• 2x SPI SPI mit zwei separaten Bussystem
• 2x I2C
• 16x PWM-Kanäle
●