Eisenach - Luther 2017 - 500 Jahre Reformation

Page 1

500 JAHRE REFORMATION

LUTHER

IN EISENACH & DER WARTBURGREGION

MARTIN LUTHERS ANKUNFT AUF DER WARTBURG

1


» In Eisenach sitzt nämlich fast meine ganze Verwandtschaft, und ich bin daselbst bei ihr bekannt und ... wohlangesehen. ... Keine andere Stadt kennt mich besser. « (1520)

2


UNESCO WELTERBE WARTBURG

3


» Ich bekenne, dass ich der Sohn eines Bauern von Möhra bei Eisenach bin, trotzdem aber Doktor der Heiligen Schrift und Widersacher des Papstes. « (1538)

4


LUTHERSTAMMORT MÖHRA

5


» Die edle Musica ist nach Gottes Wort der höchste Schatz auf Erden «

6


GOTHAER LUTHERBIBEL (1712) & ÄLTESTE THÜRINGER HAUSORGEL (CA. 1650) IM BACHHAUS

7


117. DEUTSCHER WANDERTAG in Eisenach & der Wartburgregion

26. – 31. Juli 2017 · www.wandertag-2017.de

8


LUTHER 2017 FÜNFHUNDERT JAHRE REFORMATION. An ein großartiges Ereignis der Geschichte wird man sich 2017 global erinnern. Vor 500 Jahren änderte sich das Bild unserer Welt. Unbekannte Kontinente wurden entdeckt. Humanisten brachten Anregungen der Renaissance aus Italien nach Deutschland. Staat und Kirche veränderten sich fundamental. Und schließlich Martin Luther, der das Verhältnis zwischen Mensch und Gott neu definierte. Re-formation, wörtlich genommen, ist eigentlich eine Rückformung, eine Wiederherstellung ursprünglicher Zustände. Doch entwickelten sich die Ereignisse schließlich mit einer Dynamik, die eine Rückkehr zum Alten, zum Gewohnten ausschloss. Daraus entstand letztlich eine neue Welt. Doch warum erinnern wir heute, 500 Jahre später, daran? Ich glaube wir leben in einer ähnlich dynamischen Zeit. Heute müssen wir die Fragen an unser Morgen stellen. Und vielleicht kann uns der Blick in die Geschichte dabei helfen, die richtigen Antworten zu finden. Seien Sie in diesem Sinne herzlich willkommen in Eisenach, Reformationsstadt Europas, und in der Wartburgregion mit ihren zahlreichen reformatorischen Erinnerungsstätten.

Dr. Reinhold Brunner Beauftragter der Stadt Eisenach für das Reformationsjubiläum

INHALTSVERZEICHNIS ORTE DER REFORMATION IN EISENACH

10

DAS LUTHERDENKMAL

28

LUTHER UND EISENACH

12

DAS NIKOLAITOR & DIE NIKOLAIKIRCHE

29

DIE WARTBURG

14

DER LUTHERERLEBNISPFAD

29

„LUTHER UND DIE DEUTSCHEN“

16

DER LUTHERWEG

30

DAS LUTHERHAUS

18

DER LUTHERSTAMMORT MÖHRA

32

DAS LUTHERHAUS 2017

20

DER GLASBACHSGRUND

32

LUTHER UND BACH

22

DER LUTHERWEG 1521

33

IM DIALOG MIT MARTIN LUTHER

24

BERKA/WERRA

33

BACH, DER LUTHERANER

25

REFORMATION HEUTE

34

DIE GEORGENKIRCHE

26

VERANSTALTUNGEN 2017

41

DAS MARTIN-LUTHER-GYMNASIUM

28

INFORMATIONEN / IMPRESSUM

42

EDITORIAL

9


Museum automobile welt eisenach

Aquaplex

City

Am Markt

6

i

Alter Friedhof Kreuzkirche

5

4

2 8 3 d fa sp ni b rle re he t Lu

1

10

ORTE DER REFORMATION

7


ORTE DER REFORMATION MARTIN LUTHERS SPUREN IN EISENACH Wer sich auf die Spuren der Reformation begibt, wird in Eisenach historisch bedeutende Erinnerungsstätten entdecken. Die Wartburg, wo Martin Luther sich 300 Tage versteckte, ist eine der wichtigsten Reformationsstätten. Am Fuß der Burg in Eisenach spürt der Besucher seiner Schulzeit nach – der Ankunft als 15-jähriger Knabe an der Nikolaikirche, der liebevollen Aufnahme im Lutherhaus und seiner Lateinschule. Von Martin Luther als Kurrendesänger und von der Predigt des schon gebannten Reformators zeugt die Georgenkirche. Dort und im Bachhaus kann man die biografische, theologische und musikalische Beziehung zwischen Johann Sebastian Bach und Martin Luther wahrnehmen.

1

DIE WARTBURG

14

2

DAS LUTHERHAUS

18

3

DAS BACHHAUS

22

4

DIE GEORGENKIRCHE

26

5

DAS MARTIN-LUTHER-GYMNASIUM

28

6

DAS LUTHERDENKMAL

28

7

DAS NIKOLAITOR & DIE NIKOLAIKIRCHE 29

8

DER LUTHERERLEBNISPFAD

ORTE DER REFORMATION

29

11


LUTHER UND EISENACH AUF DEN SPUREN DER REFORMATION

Lucas Cranach d. J. (1515– 1586) und Werkstatt Martin Luther im Pelzumhang, 2. Hälfte 16. Jh., Öl auf Holz

Vielfalt an Erinnerungsorten in Luthers „lieber Stadt“

12

LUTHER UND EISENACH

Obwohl Martin Luther bis heute der prominenteste Reformator ist, der einen Bezug zu Eisenach hatte, spielte er für die Einführung und Durchsetzung der Reformation in der Stadt nur eine indirekte Rolle. Der erste evangelische Prediger in Eisenach war der aus Basel stammende Jacob Strauß (um 1480 –vor 1530), der eigentliche Reformator der Stadt hingegen Justus Menius (1499 –1558), der 1529 zunächst zum Diakon und schließlich zum Superintendenten ernannt wurde. Menius trug maßgeblich zur Einführung der Reformation und zur Etablierung des evangelischen Kirchenwesens in Thüringen bei – insbesondere durch die von Luther veranlassten Kirchenvisitationen. 1552 gab er das Amt des Superintendenten an Nikolaus von Amsdorf (1483 –1565) ab, den ersten lutherischen Bischof und engen Freund Luthers. Nach dessen Tod 1546 gehörte Amsdorf zu den wichtigsten Vertretern der „Gnesiolutheraner“, die in innerprotestantischen Lehrstreitigkeiten Luthers theologisches Erbe gegen die als „Philippisten“ bezeichneten Anhänger Philipp Melanchthons (1497–1560) verteidigen zu meinen glaubten. Aus diesen Auseinandersetzungen, die mit der Niederlage der Philippisten endete, ging später die „Lutherische Orthodoxie“ hervor, die ihrerseits die evangelisch-lutherische Kirche bis ins 18. Jahrhundert prägte. Viele Orte, die mit Luther und der Reformation in Verbindung stehen, lassen sich noch heute in Eisenach erkunden: Das Lutherhaus, in dem Luther als Schüler zwischen 1498 und 1501 bei der Familie Cotta gelebt haben soll; das Residenzhaus, Rest der Residenz Kurfürst

Friedrichs des Weisen und der Ort, an dem Luthers Lateinschule stand; die Georgenkirche, in der Luther wahrscheinlich Messdiener war und an der Strauß, Menius und Amsdorf gepredigt haben; und die Lutherstube auf der Wartburg, in der Luther 1521–1522 das Neue Testament übersetzte. Auch die düsteren Seiten der Reformationszeit lassen sich noch finden – etwa die Stelle am Marktplatz, an der aufständische Bauern während des Bauernkrieges 1525 hingerichtet wurden, oder der Storchenturm, in dem der Täufer Fritz Erbe zwischen 1533 und 1540 wegen seines abweichenden Glaubens inhaftiert war. An die wechselvolle Geschichte des Reformationsgedenkens erinnert das Denkmal auf dem Karlsplatz, in dem das Selbstverständnis und das Lutherbild des ausgehenden 19. Jahrhunderts verewigt sind – und das dem Betrachter bewusst macht, wie sehr unser Bild der Vergangenheit von unserer eigenen Gegenwart bestimmt wird. So bietet Eisenach mit dieser Vielfalt an Erinnerungsorten die beste Gelegenheit, sich sein eigenes Bild zu machen und die Geschichte und Wirkung der Reformation für sich selbst zu entdecken. Dr. Jochen Birkenmeier


Ferdinand Pauwels (1830–1904) Martin Luther als Kurrendeschüler in Eisenach (Luther singt vor Frau Cotta), 1872

» Armut tut weh, drum gebe, wer geben kann. «

Lutherstatuette, 2. Hälfte 19. Jh., Zinkguss

LUTHER UND EISENACH

13


DIE WARTBURG UNESCO – WELTERBE Für viele Besucher ist die über Eisenach thronende Wartburg zuerst die „Lutherburg“. Jedoch war die seit 1999 zum Welterbe der UNESCO zählende Burg auch Stätte hochmittelalterlichen Minnesangs sowie Wohn – und Wirkungsstätte der Heiligen Elisabeth. 1817 trafen sich die Deutschen Burschenschaften hier im 300. Erinnerungsjahr der Reformation, um dem erwachten nationalen und freiheitlichen Denken Ausdruck zu verleihen.

„ICH BIN EIN SELTSAMER GEFANGENER …“ Als Martin Luther am 4.Mai 1521 bei Altenstein zum Schein überfallen und zu seinem Schutz auf die Wartburg gebracht wurde, erregte sein Verschwinden erhebliches Aufsehen. Albrecht Dürer klagte: „O Gott, ist Luther tot …?“ Nur Auserwählte sollten die Wahrheit kennen. Zu ihnen zählten der Geheimsekretär Friedrichs des Weisen, Georg Spalatin und der Burghauptmann Hans von Berlepsch, die für die Beförderung der Korrespondenzen sorgten, in denen sich Luther aus der „Region der Vögel“ oder seinem „Patmos“ meldete. Getarnt als Junker Jörg mit vollem Haar, Bart und ritterlicher Kleidung erkannte ihn niemand. Wenn er auch körperlich unter der ritterlichen Kost und seelisch als „… Deserteur, der die Schlacht verlassen hat“ litt, so verfasste er doch mit Eifer zahlreiche Schriften. Dazu zählt u.a. die Wartburg- oder Weihnachtspostille.

14

DIE WARTBURG


DER ORT DER BIBELÜBERSETZUNG Ab Januar 1522 nahm Luther die Übersetzung des Neuen Testamentes ins Deutsche in Angriff – wegen des Erscheinungsdatums „Septembertestament“ genannt. Es lagen bereits 17 Übersetzungen vor, aber keine wurde so erfolgreich. Er nutzte die griechische Bibelausgabe des Erasmus von Rotterdamm – im Sinne der Humanisten „ad fontes“ (zu den Quellen) und hatte einen poetischen und volkstümlichen Sinn für die Sprache: “… man muß der Mutter im Hause, den Kindern auf der Gasse, dem gemeinen Mann auf dem Markt auf das Maul sehen“. In Wittenberg übertrug er das Alte Testament mit Hilfe gelehrter Freunde ins Deutsche. 1534 lag die erste vollständig übersetzte deutsche Lutherbibel vor – die Basis für eine einheitliche deutsche Schriftsprache. Die Reformation nahm während Luthers Abwesenheit unter Andreas Bodenstein, genannt Karlstadt, in Wittenberg einen radikalen Verlauf. Daher verließ er am 1. März 1522 die Wartburg. Spurensucher der Reformation finden auf der Wartburg die authentische Lutherstube. Wo ist der Tintenfleck? Luther selbst sorgte für die Entstehung der Legende: Er habe den Teufel mit Tinte bekämpft – tatsächlich mit einem Wurf des Tintenfasses oder eher ein Symbol für seine Schriften?

WARTBURG-STIFTUNG Die Lutherstube gilt als Geburtsstätte der Lutherbibel und der deutschen Schriftsprache.

Auf der Wartburg 1, 99817 Eisenach Telefon: 03691 - 2500 | www.wartburg.de

DIE WARTBURG

15


„LUTHER UND DIE DEUTSCHEN“ NATIONALE SONDERAUSSTELLUNG AUF DER WARTBURG Herr Schuchardt, Sie sind der Burghauptmann der Wartburg. Neben Berlin und Wittenberg findet hier eine der Nationalen Sonderausstellungen zum Reformationsjubiläum 2017 statt, die am 3. Mai 2017 eröffnet wird. Was erwartet den Besucher? Die Wartburg ist die weltweit meistbesuchte Lutherstätte. Die Nationale Sonderausstellung „Luther und die Deutschen“ verbindet in idealer Weise den authentischen Erinnerungsort mit dem Ausstellungsthema. Schon beim Betreten der Burghöfe versetzen die Nachbildung von Luthers Reisewagen sowie eine historische Druckerpresse in die Zeit der Reformation. Im Palas – dem Hauptgebäude der Wartburg – steht die Lutherbibel im Mittelpunkt. In den Museumsräumen wird Luthers Einfluss auf die deutsche Kultur- und Geistesgeschichte sowie die Auswirkungen auf die Entwicklung von Reich und Nation bis in die Gegenwart thematisiert. Wie weit sind die Vorbereitungen für die Ausstellung gediehen? Ein hochkarätiger Beirat begleitet die Ausstellung wissenschaftlich. 30 Autoren werden den aktuellen Forschungsstand in einer Begleitpublikation veröffentlichen. Verträge zu den Leihgaben werden abgeschlossen, unter diesen ist z.B. die Zerbster Prunkbibel sowie eine 1:10 – Fassung von Tübkes Bauernkriegspanorama. Mit den baulichen Voraussetzungen sind wir gut vorangekommen – nach 25 Jahren ist die Burg erstmalig ohne Gerüst zu sehen! Die neue Schaubibliothek neben der Lutherstube wird bald eröffnet. Die Behindertentoilette

16

LUTHER UND DIE DEUTSCHEN

in der Dirnitz ist fertiggestellt, die Toilettenanlage im 1. Burghof wird zum Jubiläum saniert sein. Sind Audioguides und Führungen in der Ausstellung geplant? Es werden Ausstellungsführungen für Erwachsene und für Kinder angeboten. Die normale Wartburgführung bleibt im Programm. Ein Audioguide ist in Vorbereitung, den wir in deutscher, englischer, französischer, japanischer, koreanischer und russischer Sprache bereitstellen. Vorträge in Eisenach und auf der Wartburg begleiten die Ausstellung thematisch. Was bedeutet dieses Reformationsjubiläum für Sie und die Wartburg? Wir erfüllen auf der Burg drei Aufgaben: Wir erhalten und schützen ein Denkmal, wir vermitteln kulturelle Bildung und wir sind ein touristisches Reiseziel. So ein Jubiläum ist immer spannend – es bringt neue Erkenntnisse, Ideen und Projekte; selbstverständlich auch grosses weltweites Interesse und somit viele Besucher aus dem In- und Ausland. Gibt es Pläne für die Zeit nach 2017? Die neue Schaubibliothek bleibt, wir werden auch danach Führungen zur Re-

Die Wartburg ist die weltweit meistbesuchte Lutherstätte. Günter Schuchardt, Burghauptmann

formation anbieten und die pädagogischen Angebote ausbauen. Dann gilt es eine neue Dauerausstellung zu gestalten, die die kulturhistorische Bedeutung der Wartburg näher beleuchten wird. Die Ausstellungsbauten und Vitrinen der Sonderausstellung werden dabei weiter genutzt. 2019 gehören wir 20 Jahre zum Welterbe der UNESCO, 2021 werden wir dem 500. Jahrestag von Martin Luthers Ankunft gedenken, 2022 wird die Wartburg-Stiftung 100 Jahre alt.

„Luther und die Deutschen“ 04. Mai – 05. November 2017


Die Wartburg mit den markierten Ausstellungsflächen für die Nationale Sonderausstellung

Paul Thumann (1872) „Luther übersetzt die Bibel auf der Wartburg“

So ein Jubiläum ist immer spannend – es bringt neue Erkenntnisse, Ideen und Projekte. Günter Schuchardt, Burghauptmann

LUTHER UND DIE DEUTSCHEN

17


DAS LUTHERHAUS IN EISENACH DER LATEINSCHÜLER UND SEINE „... LIEBE STADT“ Nachdem Martin Luther zu Beginn seiner Eisenacher Schulzeit ab 1498 zunächst keinen Familienanschluss bei den Verwandten gefunden hatte, nahm ihn durch glückliche Umstände die Familie Cotta und Schalbe auf – der Überlieferung nach im heutigen malerischen Lutherhaus. Mathesius schrieb: „Als er daselbst eine Zeitlang auch vor den Türen sein Brot ersang, nahm ihn eine andächtige Matrone zu sich an den Tisch, dieweil sie um seines Singens und herzlichen Gebetes willen eine sehnliche Zuneigung zu dem Knaben trug.“ Luther selbst sprach von seinem Wirt Heinrich Schalbe. Ursula Cotta (die andächtige Matrone) war dessen Tochter. Den jüngeren Bruder der Frau Cotta hatte er zur Schule zu führen und bei den Hausaufgaben zu beaufsichtigen. Mit diesem Caspar Schalbe blieb Martin Luther lebenslang in Verbindung. Die religiöse Bruderschaft, der die Familie angehörte, pflegte enge Beziehungen zu den Eisenacher Franziskanern. Obwohl dieses sicherlich Martin Luthers späteren Lebensweg mitgeprägt haben mag, beurteilte er dies später mit den Augen des Reformators streng. Er meinte, die Familie wäre „…fast Gefangener und Knecht der Franziskaner gewesen“. Im Hause der Cottas lernte er einen liebevollen Umgang kennen, so dass er sich veranlasst sah, Eisenach seine „…liebe Stadt“ zu nennen.

NEUE DAUERAUSSTELLUNG„LUTHER UND DIE BIBEL“

18

DAS LUTHERHAUS

Das Lutherhaus gehört zu den ältesten und schönsten Fachwerkhäusern Thüringens. Bauhistorische Untersuchungen haben ergeben, dass der größere Teil des Hauses – wie auch die berühmten Lutherstuben – schon 1356 entstand. Seit 1956 dient es als Museum, das heute zu den Europäischen Kulturerbestätten zählt. Nach 650 Jahren wurde das Lutherhaus erstmalig vollständig saniert und als

barrierefreier und erweiterter Bau wiedereröffnet. Die neue Dauerausstellung widmet sich unter dem Thema „Luther und die Bibel“ der Bibelübersetzung und der Wirkung auf Literatur, Musik und Sprache. Erstmalig ist der historische Innenhof für Besucher vollständig zugänglich. Das neue Lutherhaus bietet einen Museumsshop und einen Bereich für Sonderausstellungen sowie für museumspädagogische Angebote.


LUTHERHAUS EISENACH Lutherplatz 8, 99817 Eisenach Telefon: 03691 - 29830 | www.lutherhaus-eisenach.de

Ausstellung „Ketzer, Spalter, Kirchenlehrer – Luther aus katholischer Sicht 1517 – 2017“

Das Haus aus dem 14. Jahrhundert gilt als eines der ältesten Fachwerkhäuser Thüringens.

30. April – 31. Oktober 2017

DAS LUTHERHAUS

19


DAS LUTHERHAUS 2017 DER REFORMATOR AUS KATHOLISCHER SICHT Herr Dr. Birkenmeier, Sie sind der wissenschaftliche Leiter des Lutherhauses und der Kurator der neuen Dauerausstellung „Luther und die Bibel“, die im September 2015 eröffnet wurde. Die Dauerausstellung ist Teil der kompletten Neukonzeption des Lutherhauses, das sich pünktlich zum Reformationsjubiläum modern und barrierefrei präsentiert. Das Besucherinteresse ist schon jetzt enorm, die Rückmeldungen von Besuchern, Fachleuten und Presse durchweg positiv – wir sind auf 2017 also sehr gut vorbereitet! Womit wird sich Ihre Sonderausstellung im Jahr des Reformationsjubiläums beschäftigen? In der Ausstellung „Ketzer, Spalter, Kirchenlehrer – Luther aus katholischer Sicht“ behandeln wir die spannende Frage, wie sich der katholische Blick auf Luther vom 16. Jahrhundert bis heute verändert hat und wie es zu diesem ziemlich radikalen Wandel kam. Die Ausstellung bietet nicht nur eine

Wir sind auf 2017 sehr gut vorbereitet! Dr. Jochen Birkenmeier

20

DAS LUTHERHAUS 2017

frische, ökumenische Perspektive, sondern ist auch die ideale Ergänzung zur Nationalen Sonderausstellung auf der Wartburg. Welche Ausstellungsobjekte wollen Sie in dem Zusammenhang zeigen? Wie bei der Dauerausstellung planen wir eine abwechslungsreiche Mischung von erstklassigen historischen Exponaten, zeitgemäßer Gestaltung und modernen Medien, um das Thema so attraktiv wie möglich zu präsentieren. Welche Besucher möchten Sie mit der Ausstellung ansprechen? Unsere Ausstellungen richten sich an ein breites Publikum aus dem In- und Ausland und sind deshalb sehr benutzerfreundlich und konsequent zweisprachig konzipiert. Wir freuen uns insbesondere auch auf Besucher, die mit Luther oder der Reformation bislang wenig oder gar nichts zu tun hatten – das Lutherhaus Eisenach bietet für jeden einen perfekten Einstieg in diese Themen. Wird es Führungen, Audioguides bzw. einen Ausstellungskatalog geben? Wir planen Führungen, einen Ausstellungskatalog und die eine oder andere Überraschung für unseren Museumsshop. Gibt es 2017 weitere Höhepunkte im Lutherhaus? Unsere traditionellen Museumsveranstaltungen zu Luthers Sterbetag am 18. Februar und zu Luthers Geburtstag am 10. November werden im Jubiläumsjahr auf jeden Fall etwas ganz Besonderes werden.

Welche Bedeutung hat der Europäische Stationenweg, der am 4. Mai 2017 in Eisenach ankommen wird? Wie wird sich das Lutherhaus einbringen? Der Stationenweg macht deutlich, dass die Reformation ein europäisches Ereignis war, was in Deutschland häufig vergessen wird. Die Ankunft des Stationenwegs ist ein besonderer Höhepunkt in der Eisenacher Festwoche zum Reformationsjubiläum, an der sich natürlich auch das Lutherhaus kräftig beteiligen wird. Worauf freuen Sie sich in Bezug auf das Reformationsjubiläum? Ich freue mich vor allem darauf, Menschen aus aller Welt bei uns im Lutherhaus begrüßen zu können – aber auch auf die vielen anderen Ausstellungen und Veranstaltungen zum Thema „Reformation“. Wer sich für diese Epoche interessiert, kommt im Jubiläumsjahr auf jeden Fall auf seine Kosten!


Wer sich für diese Epoche interessiert, kommt im Jubiläumsjahr auf jeden Fall auf seine Kosten! Dr. Jochen Birkenmeier

Die multimediale Dauerausstellung „Luther und die Bibel“ untersucht die vielfältigen Aspekte seines Werkes.

Schulszene, aus: Rodericus Zamorensis: Spiegel des menschlichen Lebens, Augsburg 1479

DAS LUTHERHAUS 2017

21


LUTHER UND BACH REFORMATION UND MUSIK In Eisenach kreuzen sich die Biografien von Martin Luther und Johann Sebastian Bach. Beide besuchten als Knaben die hiesige Lateinschule und erhielten Musikunterricht. Beide sangen mehrere Jahre in St. Georgen in der Eisenacher Kurrende – somit lernten sie die Kirchenmusik ihrer Zeit kennen und lieben. Auch zu Luthers Grundstudium in Erfurt gehörte Musik. Für ihn war „… die Musika eine Gabe und ein Geschenk Gottes…. So vertreibet sie auch den Teuffel, und macht die Leute frölich. Man vergisset dabey alles Zorns, Unkeuschheit, Hoffart und anderer Laster. Ich gebe nach der Theologia der Musika den nächsten locum (Platz) und höchste Ehre.“ Lieder waren für ihn ein Mittel zur Verkündigung der neuen Lehre. Er selbst schuf 37 Lieder, wovon Bach 30 in seinen Kantaten vertonte. Bach signierte seine Werke mit SDG – Soli Deo Gloria (Allein Gott zur Ehre). Seine Musik zeugt von tiefgründiger Bibelkenntnis und gläubigem Christentum. Das Bachhaus Eisenach sammelt seine umfangreiche theologische Bibliothek in Sekundärausgaben. In der einzigen Original-Bibel aus Bachs Besitz steht als Randbemerkung: „Bey einer andächtigen Musik ist allezeit Gott mit seiner Gnaden Gegenwart“.

DAS BACHHAUS

22

DAS BACHHAUS

In Bachs Geburtsstadt befindet sich das größte Bach-Museum der Welt: Authentische Wohnräume geben im historischen Teil des Museums einen Einblick in das Leben der Stadtmusikerfamilie Bach um 1700. Der benachbarte, preisgekrönte Neubau widmet sich Bachs Musik in einer multimedial gestalteten, spannenden Ausstellung.

Hier laden schwebende „BubbleChairs“ und das „Begehbare Musikstück“ zum außergewöhnlichen Musikgenuss. Besonderes Extra: Im Instrumentensaal erleben alle Besucher ein kleines Live-Konzert auf historischen Tasteninstrumenten. Im barocken Garten und im „Café Kantate“ lässt es sich anschließend herrlich verweilen.


BACHHAUS EISENACH Frauenplan 21, 99817 Eisenach Telefon: 03691 - 79340 | www.bachhaus.de

Ausstellung „Bach und Luther“ 29. April – 05. November 2017

DAS BACHHAUS

23


IM DIALOG MIT MARTIN LUTHER 2017 - REFORMATION WELTWEIT UND ÖKUMENISCH

Hebräischer Bibelvers in der Nikolaikirche: „Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott.“ Jesaja 40,1

Herr Sparsbrod, Sie sind im evangelisch-lutherischen Kirchenkreis Eisenach-Gerstungen Pfarrer für Ökumene, Kunst, Mission und Öffentlichkeitsarbeit. Das Reformationsjubiläum 2017 ist in aller Munde – was bedeutet es für Sie? Wir begehen das Reformationsjubiläum weltweit und ökumenisch – das gab es vor 100 Jahren nicht. Wir feiern, weil wir mit vielen christlichen Kirchen in versöhnter Verschiedenheit Gemeinschaft haben. Die Kernfrage ist das Menschen-

24

bild: Jeder Mensch in dieser Welt ist von Gott bejaht – unabhängig von seiner Leistung und seiner Herkunft. Dieser Glaube an Gott ist ein existenzielles Vertrauen, eine Lebensgewissheit, verbunden mit der Hoffnung, die über das hinausreicht, was ist. Bei den Feierlichkeiten stehen der Dialog um das Denken und die Person Martin Luthers inklusive kritischer Reflexionen im Mittelpunkt, was ein Bekenntnis zu Fehlern und Schuld einbezieht.

IM DIALOG MIT MARTIN LUTHER

Welche Höhepunkte wird es 2017 geben? Bereits am 10. November 2016, zu Luthers Geburtstag, wird das Jubiläumsjahr ökumenisch eröffnet. Für die Gottesdienste auf der Wartburg sind Prediger der katholischen, anglikanischen, methodistischen, mennonitischen und reformierten Kirche angefragt – Kirchen, mit denen wir uns auf versöhntem Weg befinden. Der Europäische Stationenweg wird vom 4.– 6. Mai 2017 in Eisenach gefeiert. Workshops thematisieren „Reformation und Musik“ sowie „Reformation, Sprache und Bibel“. Lutherstammtische dienen der Information und dem Gedankenaustausch. Welche Impulse versprechen Sie sich vom Jubiläumsjahr? Ich hoffe, die ökumenische Zusammenarbeit wird befördert. Die Predigtreihen auf der Wartburg und in der Georgenkirche sowie der Lutherstammtisch werden fortgesetzt. Die Auseinandersetzung mit reformatorischem Denken möge sich nachhaltig und tiefgründig bei den Menschen in der Region auswirken.


BACH, DER LUTHERANER REFORMATION UND MUSIK IM BACHHAUS EISENACH Herr Dr. Hansen, Sie sind der Direktor des Bachhauses, wie wird das Bachhaus das Reformationsjubiläum 2017 begehen? Unser Hauptbeitrag zur Luther-Dekade ist die Rekonstruktion von Bachs theologischer Bibliothek. Die Originale sind verschollen, die Titel aber bekannt: 81 Bücher von Luther, den Reformatoren, Mystikern und sogar Pietisten. Seit 2008 sammeln wir Parallelausgaben. Das Ergebnis zeigen wir ab dem 21. März 2017 in dem neuen Ausstellungsbereich „Bachs innere Welt“. Warum sollte eine Luther-Reise ins Bachhaus führen? „Gottes Wort will gepredigt und gesungen sein“, schrieb Luther, denn

„die Noten machen den Text lebendig“. Ja, er sagte: „Die edle Musica ist nach Gottes Wort der höchste Schatz auf Erden“. Luther hat 37 Kirchenlieder geschrieben und Bach hat sie ergreifend vertont: als Orgelstücke, Chorsätze und ganze Choralkantaten. Ab dem 29. April 2017 zeigt die Sonderausstellung „Bach und Luther“ Objekte und Dokumente zu Luther, dem Musiker und Bach, dem Lutheraner.

genkirche. Hier begegnet man zwei Hauptfiguren der evangelischen Kirche auf Schritt und Tritt. Hier kann man ein spannendes Stück deutsche Kulturgeschichte veranschaulichen, das ist eine große Chance für Eisenach und uns. Worauf freuen Sie sich 2017? Auf aufregende Ausstellungen, großartige Konzerte zu Luther und Bach – etwa während der Thüringer Bachwochen – und auf viele neugierige Besucher.

Welche Chancen sehen Sie für Eisenach und das Bachhaus in Bezug auf 2017? Eisenach ist die Stadt, in der Luther und Bach zur Schule gingen und ihren ersten Musikunterricht erhielten. Beide sangen in der Kurrende und im Chor der Geor-

Von dieser seltenen Bibel gibt es nur neun bekannte Exemplare: Biblia, „Das ist, Die gantze Heilige Schrifft, Alten und Neuen Testaments“, nach der Verdeutschung Doct. Martin Luthers, Gotha: Reyher, 1712

BACH, DER LUTHERANER

25


DIE GEORGENKIRCHE MARTIN LUTHER ALS KURRENDESÄNGER UND ALS PREDIGER Die Georgenkirche in Eisenach gilt als Stätte bedeutender historischer Ereignisse, besonders im Hinblick auf die Reformation. In der vom Landgrafen Ludwig III. 1180 gegründeten und dem Heiligen Georg geweihten Kirche, bekam schon Ludwig der IV. seinen Ritterschlag. Er hat 1221 die später heiliggesprochene Elisabeth hier geheiratet. Johann Sebastian Bach wurde am 23.März 1685 in St. Georgen getauft; über 132 Jahre lang besetzten Mitglieder seiner Familie über vier Generationen die Orgelbank. Martin Luther sang während seiner Schulzeit in Eisenach in der Kurrende, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Der Knabenchor, dessen Namen auf das lateinische Wort „currere = umherlaufen“ zurückgeht, erbat vor den Häusern der Bürger Brot um Gottes Willen. Selbstverständlich gestaltete dieser Knabenchor auch den Gottesdienst in der Georgenkirche musikalisch, wie später auch Johann Sebastian Bach. Als Martin Luther vom Reichstag zu Worms zurückkehrte und schon ein berühmter, aber auch gebannter Mann war, predigte er verbotenerweise am 2. Mai 1521 in St. Georgen vor überfüllter Kirche. Die Eisenacher kannten ihn noch sehr gut aus seiner Schulzeit und strömten zusammen, um ihn zu hören.

Von der Kanzel predigte schon Martin Luther. Am Taufstein wurde Johann Sebastian Bach getauft.

26

DIE GEORGENKIRCHE


» Darum verachte mir nicht die Gesellen, die vor der Tür ... den Brotreigen singen! Ich bin auch ein solcher Partekenhengst gewesen und habe das Brot vor den Häusern genommen, besonders zu Eisenach, in meiner lieben Stadt. «

DIE GEORGENKIRCHE UND DIE REFORMATION Die sozialen Auswirkungen der Reformation zeigten sich in Eisenach im sogenannten Zinswucherstreit. Der evangelische Theologe und Reformator Eisenachs, Jakob Strauß, wetterte von der Kanzel gegen den Zinswucher. Die Schuldner legten dies als Aufforderung aus, den Zins zu verweigern. Luther billigte diese Verfahrensweise nicht, da gegen Ordnung und Gesetz verstoßen wurde, verhandelte dennoch erfolgreich mit den Räten des Hofes, so dass

der Zins entscheidend gesenkt wurde. An der Nordseite des Altarraumes ist seit 1618 ein Doppelgemälde reformatorischen Inhalts zu sehen. Eines zeigt die Übergabe der Augsburger Konfession an Karl V. durch Vertreter der protestantischen Stände. Das zweite Bild zeigt Martin Luther und Jan Hus bei der Austeilung des Abendmahles an die sächsische Kurfürstenfamilie. Jan Hus, der tschechische Reformator, war schon 1415 als Ketzer verbrannt worden.

Im Altarraum befindet sich der Grabstein von Nikolaus von Amsdorf, dem ersten lutherischen Bischof Deutschlands sowie Freund und Mitstreiter Luthers. Ein Gedenkstein für den Mönch Johannes Hilten erinnert an den Kritiker des Christentums seiner Zeit, der dafür in Eisenach sein Leben lassen musste. Vor der Georgenkirche zeugt das Bauernkriegskreuz im Straßenpflaster von der Hinrichtung von fünf Anführern des Bauernaufstandes im Mai 1525.

DIE GEORGENKIRCHE

27


DAS MARTIN-LUTHER-GYMNASIUM LUTHERS SCHULE? Martin Luther soll von 1498 bis 1501 in diesem Gebäude unterrichtet worden sein. Tatsächlich aber war Luther Schüler der Lateinschule, als sich diese noch auf der Esplanade, nahe der Georgenkirche, befand. Luthers Schule fand erst ab 1531 ihr neues Domizil im ehemaligen Dominikanerkloster, dem heutigen Martin-Luther-Gymnasium. Die Lateinschule St. Georgen war, wie fast alle solche Schulen, eine Trivialschule, d.h. es wurde nach dem Trivium der Antike Latein, Logik und Rhetorik unterrichtet. Die Kenntnis der lateinischen Sprache war die unabdingbare Voraussetzung für ein Universitätsstudium. 1501 verließ Martin Luther hochgebildet und als „perfekter Lateiner“ die Schule, um an der Universität in Erfurt zunächst die Sieben Freien Künste und später auf Geheiß des Vaters Jura zu studieren. Heute ist die Evangelische Schulstiftung in Mitteldeutschland Trägerin des traditionsreichen und modernen Martin-Luther-Gymnasiums.

DAS LUTHERDENKMAL SZENEN SEINES LEBENS Unter der überlebensgroßen Figur zeigen vier Reliefs Szenen aus Luthers Leben in Eisenach und auf der Wartburg. Zunächst ist Martin Luther in der Lutherstube der Wartburg zu erblicken. Hier übersetzte er in nur zehn Wochen das Neue Testament ins Deutsche. Ein weiteres Relief zeigt den jungen Luther als Kurrendesänger mit Frau Ursula Cotta. Auf der dritten Tafel ist Luthers berühmtestes Reformationslied „Ein feste Burg ist unser Gott“ zu sehen. Von allen Kantaten Johann Sebastian Bachs, die auf Luthers Liedern basieren, ist diese die bekannteste. Luther als „Junker Jörg“ während der Jagd ist auf dem letzten Relief zu entdecken. Zum Schein überfallen und zu seinem Schutz auf die Wartburg gebracht, galt es zunächst, das Äußere zu verändern und schließlich auch den Namen. „Junker Jörg“ nannte er sich nach dem Schutzpatron der Stadt, dem Heiligen Georg.

28

ORTE DER REFORMATION


NIKOLAITOR & NIKOLAIKIRCHE AM KARLSPLATZ ANKUNFT DES JUNGEN LUTHER IN EISENACH Als Martin Luther 1498 erstmalig Eisenach betrat, muss er durch das Nikolaitor – das einzige bis heute erhaltene Stadttor – gekommen sein. Der ehrgeizige Vater wollte, dass der 15 -jährige sich in der hiesigen Lateinschule auf ein Jurastudium vorbereitet. Außerdem stammte die Mutter Margarete aus Eisenach – so gab es Verwandte in der Stadt. Zu diesen zählte auch das Küsterehepaar Hutter, das an der Nikolaikirche angestellt war. Die Hoffnung der Eltern, der junge Luther könne dort unterkommen, trog. Wahrscheinlich fand er zunächst in einer Kammer der Schule Unterschlupf. In der heute evangelischen Nikolaikirche und im benachbarten Diakonissenmutterhaus ist das Nikolaizentrum im Entstehen, welches als Veranstaltungszentrum und dem Besucherempfang in der Lutherdekade dienen wird.

DER LUTHERERLEBNISPFAD VON DER „LIEBEN STADT“ ZUR WARTBURG Manch reizvoller Weg führt von Eisenach zur Wartburg. Spurensucher der Reformation werden den Luthererlebnispfad mit den großflächigen Tafeln, beginnend am Predigerkloster, wählen. Eindrucksvolle biografische Bilder, Denksprüche des Reformators sowie ein Blick auf bedeutende geschichtliche Ereignisse während Luthers Lebenszeit regen zum Betrachten, Innehalten und Nachdenken an. Eine der ersten Abbildungen ist das Gemälde „Luther als Kurrendesänger in Eisenach“ von Ferdinand Pauwels. Es wird ergänzt durch Luthers Bericht: „Ich bin auch ein solcher Partekenhengst gewesen und habe das Brot vor den Häusern genommen, besonders zu Eisenach in meiner lieben Stadt“. Aufschlussreich sind die Bezüge zur Weltgeschichte wie der Einführung des Buchdrucks, der Entdeckung Amerikas oder zu den Fortschritten in der Medizin und der Astronomie.

ORTE DER REFORMATION

29


3

4

1

2

30

DER LUTHERWEG


1

MÖHRA

32

2

GLASBACHSGRUND

32

3

LUTHERWEG 1521

33

4

BERKA/WERRA

33

DER LUTHERWEG IN THÜRINGEN VON MÜHLHAUSEN NACH EISENACH BIS SCHMALKALDEN Der Lutherweg in der Wartburgregion verbindet die UNESCO-Welterbestätte Wartburg mit dem Lutherstammort Möhra, dem Ort von Luthers Rettung und Schutzhaftnahme im Jahre 1521, der Stadt Schmalkalden und den Bauernkriegsstätten in Mühlhausen. Aufmerksame Wanderer und Pilger auf

Luthers Spuren hören, sehen und erleben auf dem Lutherweg die Vielstimmigkeit der Reformation: Sie können in der Einsamkeit der Lutherstube erfahren, welche Kraft in Luthers Bibelübersetzung steckt. Sie werden beim Gang über die holden Hügel begleitet von Bachs und Telemanns Kantatenmusik.

Sie spüren auf Schloss Wilhelmsburg die Macht des Schmalkaldischen Bundes im Geiste der Reformation. Sie werden in Mühlhausen ergriffen von der Leidenschaft der Bauern, sich vom Fürstenjoch zu befreien. Infos auf www.lutherweg-thueringen.de

DER LUTHERWEG

31


LUTHERSTAMMORT MÖHRA LUTHER MAL GANZ IN FAMILIE Martin Luther stammt aus einer Erbzinser-Familie. Hans der Große, sein Vater, war Spross einer alteingesessenen Bauernfamilie, aber als ältester Sohn nicht erbberechtigt. Deshalb ging er im nahen Kupfersuhl als Bergmann in die Kupfermiene. Als diese aufgegeben wurde, verließ er 1483 mit seiner schwangeren Frau Margarethe Möhra gen Mansfelder Land. Am 3. Mai 1521 übernachtete Luther auf der Rückreise aus Worms bei seinem Onkel Heinz Luther in Möhra. Im heutigen schmucken Fachwerkdorf Möhra begegnet man auf Schritt und Tritt dem großen Reformator. Im Herzen des Dorfes steht das Lutherdenkmal, das am 25. Juni 1861 geweiht wurde. Direkt daneben befindet sich das Lutherstammhaus von 1618. Das alles überragt die Lutherkirche, die um 1560 auf den Grundmauern einer kleinen Kapelle erbaut wurde. 2002 wurden die Lutherzimmer eingeweiht, die umfangreiche Hinweise zu Familie und Verwandtschaft Luthers sowie zur Lutherverehrung vergangener Jahrhunderte geben.

EIN „ÜBERFALL“ BEI ALTENSTEIN LUTHERS GEFANGENNAHME IM GLASBACHSGRUND Martin Luthers berühmte „Entführung“ im Glasbachsgrund zwischen Steinbach und Altenstein am 4. Mai 1521 steht im Zusammenhang mit dem Reichstag zu Worms. Den dort geforderten Widerruf seiner Schriften und Lehren lehnte er mutig ab. Der Kirchenbann und das bevorstehende Wormser Edikt brachten ihn in Lebensgefahr. Da erteilte der Sächsische Kurfürst Friedrich der Weise einen Befehl: Luther sollte zu seinem Schutz „verschwinden“. Nachdem er von Worms kommend in Eisenach und Möhra gepredigt hatte, setzte er die Reise mit zwei Begleitern fort. Bald preschten Reiter heran und fragten barsch, ob Luther im Wagen sei. Die Mitreisenden flüchteten. Luther, der eingeweiht war, gab sich zu erkennen, wurde aus dem Wagen gezogen und auf ein Pferd gesetzt. Am späten Abend traf Martin Luther auf der Wartburg ein. Den Ort dieser spektakulären Entführung kennzeichnet ein acht Meter hoher Obelisk aus Sandstein.

32

ORTE AM LUTHERWEG


DER LUTHERWEG 1521 PILGERN AUF LUTHERS SPUREN Hessen ist nicht eben reich an Sachzeugnissen aus Luthers Leben und Wirken, deshalb verfolgt der hessische Lutherweg einen besonderen Ansatz: Er soll und wird den Weg des mit Reichsacht und Kirchenbann belegten Reformators im Frühling des Jahres 1521 nachbilden. Luther reiste über die alten Handelsstraßen Via Regia und die sog. Kurze Hessen von Worms zurück nach Mitteldeutschland. Der Lutherweg 1521 ist ein Pilgerweg, der auf seinem mehr als 400 km langen Verlauf wie die Handelsmagistralen einst an Kirchen, Klöstern und Stätten für die innere Einkehr in 39 Orten vorüber führt. In Berka/Werra erreicht er Thüringen und nimmt dann zielstrebig Kurs zur Wartburg. Der Wanderweg allein ist aber nicht das Ziel, sondern das Gemeinschaftserlebnis. In allen Abschnitten wird gemeinsam gepilgert, denn der Weg soll Menschen aus beiden christlichen Kirchen und anderen Glaubensgemeinschaften zusammenbringen. Infos auf www.lutherweg-in-hessen.de.

MARTIN LUTHER IN BERKA/WERRA EIN BERÜHMTER GAST AUF DER DURCHREISE Der Ort an der hessichen Grenze sah in seiner Geschichte manchen hohen Gast wie etwa Kaiser Napoleon, der 1813 kurz hier weilte. Der wohl bedeutendste Gast aber war Martin Luther, der auf der Rückreise vom Reichstag zu Worms durch den Ort kam. Luther schrieb später an Georg Spalatin, er sei auf dieser Reise vom Abt Crato von Hersfeld aufs freundlichste aufgenommen, bewirtet und beherbergt worden. Nachdem dieser ihn bis an den Wald begleitet hatte, geleitete ihn der Kanzler des Abtes bis nach Berka zum Gasthof „Alter Stern“, wo dem Reformator ein Mahl gereicht wurde. Am selben Tag kam Luther in Eisenach an, wo er in der Georgenkirche predigte. Eine Predigt im Stammort der Lutherfamilie in Möhra sollte folgen, bis er am 4. Mai in der Nähe bei Altenstein im Glasbachsgrund in Schutzhaft genommen und auf die Wartburg gebracht wurde.

ORTE AM LUTHERWEG

33


34

REFORMATION HEUTE


REFORMATION HEUTE „ES IST NICHT DAS ENDE, ES IST ABER DER WEG“ M. LUTHER Wie begehen wir das 500jährige Jubiläum der Reformation? Was bedeutet Reformation für uns heute? Für den Lutherischen Weltbund ist die Reformation mit dem Blick auf 2017 eine Weltbürgerin, sie ist ökumenisch und ein fortdauernder Prozess. Schon in der Zeit Martin Luthers gab es reformatorische Bewegungen in vielen anderen Ländern – denkt man an Zwingli in Zürich, Calvin in Genf, Agricola in Finnland und an Jan Hus, den tschechischen Wegbereiter der Reformation. Heute beziehen sich 400 Millionen Menschen weltweit auf dieses Geschehen. Dabei gilt es in unserer Zeit, sich in „versöhnter Verschiedenheit“ auf die Ökumene zu besinnen. Wenn Martin Luther den Menschen befreit hat vom Leistungszwang, so fordert andererseits diese Freiheit den Dienst an anderen Menschen. Das heißt für uns heute sich verantwortungsbewusst einzumischen, wenn es um Krieg und Gewalt, Armut und Umweltzerstörung geht. Jeder hat ein anderes Verständnis von Reformation und wird sich die Frage stellen: Was bedeutet Reformation für mich? Cornelia Hartleb Gästeführerin und Lutherfinderin

REFORMATION HEUTE

35


Die Heilige Elisabeth und Martin Luther sind die beiden großen charismatischen Persönlichkeiten unserer Region. Beide verbindet die Hinwendung zu den Menschen – bis heute. Sie haben mutig und selbstlos auf die Herausforderungen ihrer Zeit reagiert – und damit die Welt nachhaltig menschlicher gemacht. Reinhard Krebs, Landrat Wartburgkreis in der Liboriuskapelle in Creuzburg

Auf einem Brettspiel heißt es: Du musst wieder auf „Los“ zurück! Geht das überhaupt? Es geht mit dem Blick auf den Begründer der Kirche, auf Jesus Christus. Somit ist Reformation für mich die Besinnung auf den Anfang, der immer aktuell ist. Mit ihm können wir auf die Herausforderungen der Zeit schauen. Und nicht nur hinschauen, sondern auch Antwort geben. Heinz Gunkel, katholischer Pfarrer von Eisenach in der St. Elisabethkirche

36

REFORMATION HEUTE


Reformation hatte im Grundgedanken nicht Zerstörerisches, nicht Trennendes, sondern setzt auf das Gleichgewicht aus Bewahren und Erneuerung. Aber sie hinterfragt. Luther wollte keine neue Kirche, sondern die vorhandene im Sinne der Menschen verändern. Den Grundgedanken des Erhaltens durch Erneuerung, durch Wandel – das ist der immer lebendige Kern für mich. Katja Wolf, Oberbürgermeisterin von Eisenach im Lutherhaus

Reformation heute - das heißt für mich als nichtreligiöser Mensch, notleidende Menschen weltweit zu unterstützen, Minderheiten und Andersdenkende zu akzeptieren und aktiv unsere Umwelt zu schützen. Ralf Ehrhardt, Konditormeister in Eisenach in seiner Backstube im Café Brüheim bei der Zubereitung der Lutherwegs-Torte

REFORMATION HEUTE

37


Reformation bedeutet für mich, immer wieder korrigiert zu werden. Also rausgeholt zu werden aus einer Lebenshaltung, die mich auf Dauer verkümmern lässt. Reformation meint für mich auch, verwoben zu sein in Gottes Geschenk der absoluten Freiheit, totalen Liebe und größten Annahme. Ohne jegliche Glaubensbevormundung! Rudolf Mader, Pfarrer im Luther-Stammort Möhra vor der Lutherkirche in Möhra

Eisenach ist ein ökumenisches Juwel, denn hier lebten und wirkten die Heilige Elisabeth und Martin Luther. Beide orientieren sich am Ursprung der christlichen Botschaft. Das ist eine Aufgabe, die für alle Christen immer aktuell ist. Helga Stange, Gästeführerin & Lutherfinderin mit der Heiligen Elisabeth

38

REFORMATION HEUTE


Selbstständiges und freies Denken fördern - in diesem Sinn wurde die Bildung während der Reformation beflügelt. So darf ich sie noch heute an der Schule Martin Luthers genießen. Milena Wolf, Schülerin im Martin-Luther-Gymnasium im Innenhof des Martin-Luther-Gymnasiums

Reformation bedeutet für mich um die Freiheit des Menschen zu wissen und sie in Demut zu leben; dem Mainstream immer ein wenig zu misstrauen, auch dem kirchlichen; Gerechtigkeit zu achten, aber der Liebe das Entscheidende zuzutrauen. Ralf-Peter Fuchs, Superintendent Kirchenkreis Eisenach-Gerstungen in der Georgenkirche

REFORMATION HEUTE

39


Rathaus

Stadt des Bundes und der Reformation Hessenhof

Ausflugstipps von unseren Förstern

Die romantische Fachwerkstadt Schmalkalden in Thüringen war im 16. Jahrhundert ein Brennpunkt der europäischen Geschichte. Besuchen Sie die Lutherstätten von Schmalkalden: das historische Rathaus; die Gründungsstätte des Schmalkaldischen Bundes, den Hessenhof; die Verhandlungsstätte der Theologen, die Stadtkirche St. Georg mit der Lutherstube; hier predigte Luther und das Lutherhaus; hier wohnte Luther.

Lutherhaus

Besuchen Sie auch: Schloss Wilhelmsburg

Luthererlebnisführungen

sowie weitere Informationen erhalten Sie unter: Stadtkirche St. Georg

Tourist-Information Schmalkalden Auer Gasse 6-8 | 98574 Schmalkalden Telefon: +49 (0)3683 6097580 eMail: info@schmalkalden.de www.schmalkalden.com

40

ANZEIGEN

Foto: Thomas Stephan

Dauerausstellung „Martin Luther, Reformation und der Schmalkaldische Bund“

kleine Auszei

te n

im Wald


VERANSTALTUNGEN IM REFORMATIONSJAHR 2017

Jubiläumsveranstaltung – Reformationsfestwoche

Lutherwanderung zur Wartburg

Nationale Sonderausstellung „Luther und die Deutschen“

29. April – 07. Mai 2017 Eisenach & Wartburgkreis

04. Mai 2017 Möhra - Wilhelmsthal - Wartburg

04. Mai – 05. November 2017 Wartburg

Highlight: Empfang des Europäischen Stationenweges auf dem Markt. www.eisenach-luther.de

Vom Lutherstammort Möhra führt die Wanderung auf dem Lutherweg zur Wartburg mit Festgottesdienst.

Eine der drei Nationalen Sonderausstellungen zum Reformationsjubiläum neben Wittenberg und Berlin. www.wartburg.de

Lutherstammtische

Landestheater Eisenach Schauspiel, Ballett & Musical

18. Eisenacher Telemann-Tage 2017

mehrere Termine, Themen und Orte

verschiedene Spielzeiten 2017 Landestheater Eisenach

10. – 25. Juni 2017 Eisenach, Wilhelmsthal

Exklusive Gesprächsrunden zu Themen der Reformation mit hochkarätigen Referenten. www.eisenach-luther.de

Highlights: Schauspiel „Ablass“, Ballett „RE:FORMATION“, Musical „Luther! Rebell wider Willen“. www.theater-eisenach.de

Musik gewordene Reformation – Telemann und die Kirchenmusik“ www.telemann-eisenach.de

117. Deutscher Wandertag „Wandern auf Luthers Spuren“

Refomationsmarkt Möhra

Feierl. Abschlussveranstaltung des Reformationsjubiläums

26. – 31. Juli 2017 Eisenach & Wartburgregion

31. Oktober 2017 Möhra

31. Oktober 2017 St. Georgskirche Schmalkalden

Wanderfestival mit 95 geführten Wanderungen und attraktivem Kulturprogramm. www.wandertag-2017.de

(Kunst)handwerk, regionale Produkte und Angebote rund um Luther. www.pummpaelz.de

Ökumen. Reformationsgottesdienst. Anschließend buntes Volksfest rund um die Kirche. www.schmalkalden.com

VERANSTALTUNGEN 2017

41


TOURIST-INFORMATION EISENACH Planen und organisieren Sie Ihren Aufenthalt mit uns. Wir stehen Ihnen für Auskünfte, Tipps und Zimmerbuchungen gern zur Verfügung. Tel. 03691 - 79 230 www.eisenach.info info@eisenach.info Markt 24, Stadtschloss 99817 Eisenach

Hier buchen!

UNSERE ANGEBOTE ZUM REFORMATIONSJUBILÄUM Stadtführungen auf Luthers Spuren

Packages und Pauschalen zu Luther

UNTERWEGS MIT DEN LUTHERFINDERN Unsere ausgebildeten Lutherfinder erkunden mit Ihnen kompetent und lebendig authentische Orte wie die Wartburg, Eisenach, Möhra und den Glasbachsgrund.

Erleben Sie die Zeit der Reformation hautnah! Fragen Sie nach unseren thematischen Angeboten. Unser Tipp: Luther-Erlebnistage im ****Hotel mit Lutherschmaus und Besuch der Wirkungsstätten des Reformators.

IMPRESSUM HERAUSGEBER:

bbsMEDIEN/Anna-Lena Thamm: S. 4-7, 11, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22,

Stadtverwaltung Eisenach

23, 24, 25, 28, 29, 31, 32, 35, 36-39, 41, 44; Sascha Willms: S. 9; Stiftung Luther-

GESTALTUNG:

haus Eisenach: 12, 13, 21; André Nestler: 26, 27, 28; Lutherweg in Hessen e.V.:

bbsMEDIEN - Die Kreativagentur, www.bbsmedien.de

S. 33; Landestheater Eisenach: 41; Werner Wolf: 41; Sascha Bühner: 41

KARTEN:

REDAKTIONSSCHLUSS:

mr-kartographie, www.mr-kartographie.de

Februar 2016, 1. Auflage

TEXTE: Cornelia Hartleb, Eisenach-Wartburgregion Touristik GmbH,

FÖRDERER:

Landratsamt Wartburgkreis

Das Projekt wurde gefördert vom Thüringer Ministerium für Wirtschaft,

DRUCK:

Wissenschaft und Digitale Gesellschaft.

Grafische Werkstatt von 1980 GmbH, Kassel BILDNACHWEIS: Wartburg-Stiftung: 1, 17, 43; Tobias Kromke: 2-3, 15, 23, 29, 34, 41, 42;

KOOPERATIONSPARTNER Kirchenkreis Eisenach-Gerstungen

42

INFORMATIONEN / IMPRESSUM


VERANSTALTUNGEN: EISENACH-LUTHER.DE

KONZERTERLEBNISSE IM FESTSAAL DER WARTBURG


UNESCO WELTERBE WARTBURG

» Eine feste Burg ist unser Gott. «

EISENACH-LUTHER.DE


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.