Kirche und Welt 1/2015

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Kirche und Welt Die Zeitschrift der Evangelisch-methodistischen Kirche der Schweiz

Eine Lebensgeschichte als praktische Auslegung der Jahreslosung

«Die Haltung Simins machte mir Eindruck» Seite 8/9

Kann nicht heute schon Weihnachten sein?

Forschungsgegenstand und Heimat

Von der Kauri-Muschel zur Kreditkarte

Ein Advents-Überraschungsgottesdienst in Lyss Seite 4/ 5

Norbert Pailer sprach über die «Faszination Weltraum» Seite 18/19

Wie Zahlungsmittel sich entwickelt haben Seite 22/23

The United Methodist Church


Inhaltsverzeichnis Ein Advents-Überraschungsgottesdienst in Lyss

Kann nicht heute schon Weihnachten sein? Die Jahreslosung als Anleitung zur «Seelsorge»

Übereinander wachen in Liebe

Eine Lebensgeschichte als praktische Auslegung der Jahreslosung

«Simins Haltung machte mir Eindruck»

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Doris Schnell hat sich intensiv mit der Jahrelosung beschäftigt

«Ich hatte immer schon diese Bildwelt im Kopf» 10 «Startklar» – Trainingskurs für Gemeindegründer und Leiter von Fresh Expressions

Changing Times – den Wandel verstehen

Projekt netV-nordost.ch gestartet

Junge Erwachsene vernetzen Einen persönlichen Einblick in den Prozess der EMK Lenk

Missional im Obersimmental

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Im Gespräch mit Pedro Palacios und Gloria Mendoza über die Arbeit in Chile

«Es ist uns wichtig, ein gutes Zeugnis abzulegen» 16 Norbert Pailer sprach in Klingenberg über die «Faszination Weltraum»

Forschungsgegenstand und Heimat

Pfarrfrauentagung im März im Hotel Alpina in Adelboden

«Entdecke Deine Bedürfnisse!» Wie Zahlungsmittel sich entwickelt haben

Von der Kauri-Muschel zur Kreditkarte Dranzubleiben lohnt sich

Die Liebe geben, die es braucht

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Editorial Liebe Leserin, lieber Leser «Annahme verweigert» – kennen Sie das? Nein, ich meine nicht, dass ein Brief wieder zu Ihnen zurückkommt. Ich meine diese Erfahrung mit anderen Menschen: so, wie ich bin, habe ich da keinen Platz. Eine schmerzliche Erfahrung!   Die Jahreslosung 2015 ermutigt, anzunehmen – den anderen in seiner Eigenart, die andere mit ihrer abweichenden Meinung. Sie und ihn annehmen und so das weitergeben, was ich selbst erfahren habe. Wie das aussehen kann, zeigt das Beispiel von Simin, das Rahel Arn erzählt. Und Doris Schnell erzählt, wie die Jahreslosung an ihr zu arbeiten begann, während sie an der Grafik zur Jahreslosung arbeitete.   Wer staunend eine Ahnung erhalten hat, wie komplex das Weltall ist – und wie haargenau sich alles zusammenfügt, kann mit guten Gründen annehmen, dass bei der Entstehung des Alls Gott die Hand im Spiel hatte, meinte Norbert Pailer in seinem spannenden Vortrag in Klingenberg.   Wo Anita Streit in Chile dran bleiben will, weil sie annimmt, dass Gott sie hier etwas lehren will, lesen Sie auf der letzten Seite dieser Ausgabe. Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Jahr 2015, in dem Sie erfahren, wie sie von Gott und Menschen angenommen sind.

Sigmar Friedrich Redaktor

«Alle rauchen Christus» Von Stefan Moll

Das habe ich auf einem Lastwagen der Zeltmission gelesen. Das erste Wort stört: «Alle». Wirklich alle? Und die Nichtraucher? – Müssen die auch? Natürlich ist das Ganze ein Irrtum. Ein Witzbold hat einen Buchstaben abgekratzt. Es fehlt ein «B» bei «brauchen». Aber brauchen alle Christus? Wirklich alle?   Heute meint nur eine Minderheit, Erlösung durch Jesus Christus zu brauchen. «Glaube,» sagen viele andere, «kann man doch rauchen. Kein Bedarf».   Der Dirigent Benjamin Zander stellt eine ähnliche Frage: «Brauchen eigentlich alle Menschen klassische Musik?» Er antwortet: «Natürlich!» Dann macht er es vor: Da ist eine Melodie voller Wehmut. In einigen Takten klingt die Einsamkeit an. Mit abgründiger Trauer fühle ich mich gut aufgehoben. Meine ganz Person kommt in den Melodien vor.   Wo berge ich mich? Wo sind meine Gefühle und Ängste, meine Suche, meine felsenfesten Überzeugungen, meine Fragen, mein inneres Zittern und mein ganze Glück wirklich geborgen? Wo bin ich gut aufgehoben?   Jesus Christus verkörpert die Melodie des Lebens. In seinem Lied der Liebe können wir uns selber neu hören und uns in Ewigkeit darin bergen – bis wir es mitsummen. Vielleicht können wir darum auch besser von Erlösung und Heil reden, wenn wir davon singen, musizieren oder tanzen.

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UMSCHAU

Überraschend: Alles, ausser gewöhnlich war der etwas andere Gottesdienst am 2. Advent in Lyss.

Ein Advents-Überraschungsgottesdienst in Lyss

Kann nicht heute schon Weihnachten sein? Von Margret Läderach

Es ist Sonntag, der 2. Advent. Beim Eintritt in die EMK-Kapelle in der Lysser Rosengasse staunt man. Irgendwie ist die Stuhlordnung durcheinandergeraten. In der Mitte ein Stern aus Bambusstäben, geschmückt mit Tannenzweigen und nur wenig weihnachtlichem Schmuck. Im Raum verteilt kleine Bistrotische mit Weihnachtsgebäck und Kerzen.

Das Gebäck ist nicht als Schmuck gedacht. Es wird den ankommenden Gästen als herzlicher Willkommensgruss mit einem warmen Teepunsch zum Verzehr angeboten. Dabei wird geplaudert. Die Gäste sind gespannt, welche Überraschungen auf sie warten. Natalja aus Estland mit ihrer kleinen Tochter ist neugierig, findet das Ganze sehr ungewöhnlich. Ihrer Mutter, die aus Nataljas Heimatland zu Besuch ist, gefällt vor allem die Einfachheit, die sich so stark von dem pompösen Kirchenschmuck in ihrem Land unterscheidet.

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Nur keine Hektik «Überraschungschile isch hüt», das von Claudia Frutiger kreierte Lied lädt die Gäste ein, den Gottesdienst zusammen mit dem Musikteam fröhlich zu beginnen: «Zäme lache, zäme singe, zäme spiele» heisst das Motto. Und «Gott isch da hie bi üs, er het üs gärn». Auch Babsi (die Puppe von Pfarrer Serge Frutiger) ist da, sollte es auf jeden Fall sein. Sie lässt uns warten, lässt sich von der vorweihnachtlichen Hektik nicht stressen. Als sie endlich aufkreuzt, besteht sie darauf, dass schon Weihnachten ist. Schliesslich hat sie schon alle Päckchen vom Adventskalender ausgepackt, und darum muss doch heute Weihnachten sein.

Babsi lässt sich nicht stressen Jeden Tag Weihnachten Auch wenn noch nicht Weihnachten ist, erhält Babsi ein Geschenk, ein Licht. Sie reklamiert, findet das etwas «knauserig». Darum wird Babsi die Botschaft vom Licht der Welt erklärt,

das durch Jesu Geburt in die Welt gekommen ist. Sie will nicht recht glauben, dass so ein altes Licht noch leuchten kann. Aber das Licht, das hier gemeint ist, kann Babsi und können wir nicht sehen. Es ist unsichtbar. Es ist nur fühlbar und muss von uns weitergetragen werden. Babsi fragt: «Kann nicht ausnahmsweise heute schon Weihnachten sein?» Sie hat etwas erkannt: Weihnachten kann jeden Tag sein.

Kann so ein altes Licht noch leuchten? Die Adventsgemeinde stimmt ein Lied an, in dem dieser Gedanke vom Ausleben und Weitergeben wunderschön ausgedrückt wird. «Chum, mir wei es Liecht azünde, dass es hell wird i dr Nacht. Die, wo truurig si, söll’s tröschte und ne sage: I bi da» Basteln, kochen, malen Immer wieder werden Lieder angestimmt, alle machen mit, klatschen, springen und bringen so ihre vorweih-


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nachtliche Freude zum Ausdruck. Gelacht und gesungen wird. Jetzt fehlt nur noch das «Spielen»: basteln, kochen und malen kann man als Spiel betrachten. Und das können die Gäste an verschiedenen Stationen:   Ein Küchenteam bereitet das Mittagessen vor. Wer Lust hat, kann dort helfen. An einem langen Tisch wird vor allem Gemüse geputzt, geschnitten, verkleinert und zum Teil in Sternchen verwandelt, Servela auf Spiesse gesteckt. An einem anderen Tisch sind fleissige Hände dabei, Kerzen zu verzieren. Adventsgestecke werden gebastelt, kunstvoller Weihnachtsschmuck aus Papierstreifen, Salzteig und Filz entsteht. Auf einem Teppich vor der Kanzel zeigen die Kleinsten, wie gut sie mit Farbstiften umgehen können. Nachhaltige Ergebnisse Auch an diejenigen, die einfach nur die Stille suchen, ist gedacht worden: In einem Raum im oberen Stockwerk können sie eine Kerze mit einem stillen Gebet für jemanden oder für sich selbst anzünden. In einem anderen

Raum können sie still oder hörbar mit Gott sprechen oder sich von Serge Frutiger segnen lassen.   Alles, was hier entstanden ist, ist nachhaltig. Das gerüstete Gemüse und die Servelas-Spiesse werden zum Mittagessen nach dem Gottesdienst verspeist. Kerzen und Weihnachtsschmuck schmücken den vorher so kahl aussehenden grossen Bambusstern. Die Zeichnungen der Kleinen werden wohl ihr Zuhause verschönern.   Das Gebet, die brennende Kerze im Gedanken an andere und der Segen sind wohl das nachhaltigste Ergebnis dieses wirklich überraschenden Gottesdienstes.

DIE KIRCHE MIT DEM «Ü» «Überraschungskirche» ist ein lebendiges und kreatives Gottesdienst-Format, um neue Menschen mit Gott und der Gemeinde in Berührungen zu bringen. Der Gottesdienst zum 2. Advent war der zweite dieser Art in der EMK Lyss.

Gebührenfreie Anlagen für jede Lebenslage.

SOLIDARISCH NACHHALTIG TRANSPARENT

www.zahlstelle.ch


KURZ NOTIERT

Agenda SAMSTAG, 17. JANUAR Einfluss der Naturwissenschaften auf das theologische Denken Arbeitskreis «Naturwissenschaft und Glaube» Würzburg 14.30–17.00 Uhr Infos/Anmeldung: www.emk-naturwissenschaften.de SAMSTAG, 24. JANUAR Kommt, es ist alles bereit! Mitarbeitertagung Nordwestschweiz Basel, Kleinbasel Infos/Anmeldung: Sonja Bitterli, 062 296 55 04, dlf.nordwestschweiz@emk-schweiz.ch

Ist Ihre Ehe auf Kurs? Ein neues Angebot unter dem Dach von Bildung+Beratung ermöglicht Ehepaaren, bei einem Segeltörn nicht nur mit dem Schiff, sondern auch in ihrer Beziehung ganz auf Kurs zu sein. Auf der Homepage www.ehe-auf-kurs.ch sind die Reisedaten für das Frühjahr 2015 und neu auch für Herbst 2015 aufgeschaltet. Mehr Informationen erhalten Sie auf der Homepage, direkt bei Gisbert Dörr (gisbert.doerr@emk-schweiz.ch) oder im Artikel in Kirche und Welt 11.2014 auf S.23 (issuu.com/emk_schweiz).

SAMSTAG, 24. JANUAR Dynamo – Theologie für die Gemeindepraxis Bibelkunde Altes Testament EMK Zürich 4 9.00 –12.30 Uhr Infos / Anmeldung: Fachstelle Bildung+Beratung, 044 299 30 87, bildungundberatung@emk-schweiz.ch SAMSTAG 31. JANUAR ufgweckt Mitarbeitertagung Berner Distrikt EMK Bern 10.00–16.00 Uhr Infos / Anmeldung: Käthi Hiltbrand, 033 783 16 28, dlf.bern@emk-schweiz.ch MO.– SA. 9.–14. FEBRUAR Malkurs Acryl-Technik und Collagen Hotel Artos, Interlaken Kosten: ab CHF 872.– Infos / Anmeldung: Hotel Artos Interlaken, 033 828 88 44, www.artos.ch FR.–SO., 13.–15. FEBRUAR erfüllt sein – leer sein Meditatives Malen Hotel Artos, Interlaken Kosten: ab CHF 344.– Infos / Anmeldung: Hotel Artos Interlaken, 033 828 88 44, www.artos.ch

Claudia Haslebacher als Vizepräsidentin gewählt Anfang November wählte die Abgeordnetenversammlung des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK) Claudia Haslebacher, Distriktsvorsteherin des Berner Distrikts, als eine ihrer beiden neuen Vizepräsidentinnen. Die Zürcherin Annelies Hegnauer, Kommunikationsfachfrau des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen Schweiz (HEKS), wurde nebst Claudia Haslebacher ebenfalls zur Vizepräsidentin gewählt. Quelle: www.sek.ch / EMK-News

Bereit für staatliche Anerkennung An der ausserordentlichen Sitzung des Verwaltungsrates der Theologischen Hochschule in Reutlingen vom 29. November 2014 wurden die Grundlagen für eine unbefristete staatliche Anerkennung der Hochschule festgelegt und verabschiedet. Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung des Vorsitzenden des Verwaltungsrates, Markus Bach, hatte zuvor die notwendigen Strukturanpassungen erarbeitet. Damit die Anbindung an die EMK gewahrt bleibt, wurde eine Findungskommission eingesetzt, die für die Nominationen von Hochschulrats-Mitgliedern verantwortlich ist. Bereits gewählt wurden: Dr. Klaus Bratengeier und die Superintendenten Uwe Onnen, Stephan Ringeis und Siegfried Reissing. Die Mitglieder aus der Jährlichen Konferenz Schweiz-Frankreich-Nordafrika und Österreich sind noch ausstehend. Quelle: EMK-News

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BISCHOFSBÜRO

Patrick Streiff: Wichtig sind Angebote, in denen wir ehrlich über Glaubenserfahrungen austauschen.

Die Jahreslosung als Anleitung zur «Seelsorge»

Übereinander wachen in Liebe Von Bischof Patrick Streiff

Erinnern Sie sich an den wesleyanischen Dreischritt der Liebe? An die Bedeutung guter Gemeinschaft, besonders in kleineren Gemeinden? Das Gebot der Nächstenliebe steht dabei im Mittelpunkt. Das passt ausgezeichnet zur Jahreslosung. Da geht es um den dritten Schritt, um praktizierte Nächstenliebe.

Kürzlich las ich ein interessantes Buch*, das diesen dritten Schritt mit dem ersten verbindet, nämlich mit der Verheissung, dass die Liebe Gottes in unsere Herzen ausgegossen wird durch den Heiligen Geist. Das Buch fordert heraus, beides miteinander zu verbinden: einander anzunehmen im gemeinsamen Unterwegssein und dabei die eigene Sehnsucht nach Gott, Glaubensfragen und Glaubenserfahrungen zu teilen.

Die eigene Sehnsucht mit anderen teilen Bildung im Kopf Eine Aussage des Autors hat mich besonders zum Nachdenken angeregt. Er

betont, dass es genügend Gruppen und Angebote in den Gemeinden gibt, in denen Nächstenliebe gelebt wird. Und dass es viele Gruppen und Angebote gibt, in denen man mehr über Gott und die Bibel lernen kann. Diese Angebote führen zu besserer Erkenntnis über Gott und die Welt. Das ist durchaus gut und wünschenswert. Sie schaffen Bildung im Kopf, führen aber selten zur Veränderung des Herzens.

Auch Fragen, Zweifel und Klage gehören dazu Persönlich werden Der Autor will eine Lanze brechen für Angebote, bei denen Menschen zusammenkommen, um ehrlich auszutauschen, wie es ihrer Seele geht. Also davon zu sprechen, wie ich Gott suche und welche Erfahrungen ich dabei mache. Dazu gehören auch Fragen, Zweifel, Versagen und Klage. Es fällt gar nicht leicht, davon zu erzählen. Es kos-

tet Überwindung, über persönliche Dinge des Glaubens ins Gespräch zu kommen.   Das Buch fordert heraus, uns wieder an Dinge heranzuwagen, die wir in unseren Gemeinden verlernt haben, die aber dazu beitragen, den dritten Schritt der Nächstenliebe mit dem ersten, der Erfahrung von Gottes Liebe zu uns, zu verbinden. Wesley sprach zu seiner Zeit davon «übereinander zu wachen in Liebe», als er die Menschen, die sich nach Glaubenserfahrung sehnten, in Kleingruppen («Klassen») versammelte. Es ist eine der vielen Möglichkeiten, die Jahreslosung umzusetzen – und eine verheissungsvolle. * Kevin Watson, The Class Meeting: Reclaiming a Forgotten (and Essential) Small Group Experience.

AUS DEM REISEKALENDER DES BISCHOFS IM JANUAR: 7.–12. Gemeindebesuche in Algerien; 25.1.–13.2. Congo und Mozambique: Ständiger Ausschuss für Zentralkonferenzangelegenheiten

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THEMA

Offene Frage: Grenzt der Glaube andere aus – oder werden Menschen so, wie sie sind, angenommen?

Eine Lebensgeschichte als praktische Auslegung der Jahreslosung

«Simins Haltung machte mir Eindruck» Von Rahel Arn

Vor einige Jahren floh Simin zusam-

teilsvermögen und die Leitung Gottes zu vertrauen; auf den Gott, der uns liebt und annimmt, so wie wir sind.

men mit ihrem Mann und den beiden halbwüchsigen Kindern aus dem Iran in die Schweiz. Ihre Geschichte kann helfen, die Jahreslosung besser zu verstehen.

Ich fragte Simin, ob ich aus ihrem neuen Leben als Christin erzählen dürfe. Gerne erlaubte sie es mir und sagte: «Du kannst auch meinen und Bahrams Namen nennen.»

Sie las intensiv in der Bibel Selbst urteilen Während der Zeit in der Asylunterkunft lernte Simin durch Afrikaner Jesus Christus kennen. Weil sie ein ausgesprochen wahrheitsliebender Mensch ist und in ihrem bewegten Leben gelernt hatte, nicht allen Leuten und allen Wahrheiten zu glauben, las sie selbst intensiv in der Bibel. Sie verglich die biblische Botschaft des Alten und Neuen Testaments mit Versen aus dem Koran. Dankbar war sie, dass Hans S. sie anleitete, ganz auf ihr Ur-

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Religion grenzt aus Nach ein paar Jahren konnte die Familie eine kleine Wohnung beziehen. Simin war erfüllt von der Gnade Gottes, die sie erfahren hatte. Voll Freude hängte sie Kreuze in Wohn- und Schlafzimmer auf. Gerne wollte sie auch vor den Mahlzeiten beten. Mit dem Widerstand der Familie hatte sie nicht gerechnet.   Ihr Mann sagte zwar nicht viel zu den Veränderungen. Der Tochter dagegen gefiel die «neue Mode» gar nicht. Der Sohn begehrte entschieden auf: «Eben sind wir dem zerstörerischen Machtgehabe einer Religion entronnen und nun beginnt Mutter mit einer neuen Religion! Ich mag von keiner Religion mehr etwas hören! Der religiöse Glaube schliesst Menschen aus, teilt sie in Gläubige und Ungläubige, in Freunde und Feinde ein. Religion ist der Grund für brutale Verfolgungen und auch für Kriege – all dies im Namen des Glaubens und der Religion!» Äusserst heftig wehrte sich der Sohn gegen die christlichen Symbole und Zeichen.

Kommen heute nicht viele Menschen, junge und auch ältere, zu genau diesem Schluss? Nämlich, dass Religion diejenigen bevorzuge und annehme, die auf dieselbe Art glauben? Dass die Religions- und Glaubensgemeinschaften auf die, die anders oder nicht gläubig sind, herabschauen, sie gering achten, zu bekehren versuchen oder sie gar verfolgen?

Gott öffnete auch ihrem Mann das Herz Zusammen halten Nehmt einander an! Simin entfernte stillschweigend die Kreuze. Vor dem Essen, für die andern unmerklich, dankte sie Gott, dem Gott, der uns alle annimmt, so wie wir sind, und uns so viel Gutes schenkt. Nach wenigen Jahren öffnete Gott wundervoll auch ihrem Mann das Herz, ohne dass Simin gross über den Glauben sprach. Tief berührt und von Jesu Liebe überzeugt, liess er sich taufen. Während heute die Tochter das Thema Religion umgeht, nennt sich der Sohn auf Grund seiner negativen Erfahrungen Atheist. Trotz des unterschiedlichen


THEMA

Verstorben Hanni Steiner-Wyssen (84) Frutigen-Adelboden am 25.9.2014 Elisabeth Spinner-Furrer (88) Affoltern a. Albis am 29.9.2014 Esther Beutter-Bänteli Basel Neubad am 12.10.2014 Heidi Pfund (92) Region Schaffhausen am 30.10.2014

Glaubens hält die Familie zusammen. Die erwachsenen Kinder leben nun in ihren eigenen Wohnungen nahe bei den Eltern. Man schätzt sich, hilft sich und freut sich aneinander.   Die andern ohne Vorbehalte, ohne stumme Vorwürfe anzunehmen, dafür aber rücksichtsvoll und wertschätzend miteinander umzugehen, diese Haltung Simins machte mir Eindruck. Jörg Zink übersetzt den Vers Römer 15,7 so: «Darum lasst einander gelten und nehmt einander an, wie auch Christus euch angenommen hat, damit Gottes Herrlichkeit sichtbar wird.»

Lasst einander gelten!

Klar positionieren Nehmt einander an! Dies ist ein Imperativ, ein Befehl. Einer solchen Aufforderung können wir Folge leisten oder sie ablehnen. Ein bequemes sich von Fall zu Fall zu entscheiden, ist eine Missachtung der paulinischen Aufforderung. Die Haltung – diesen kann ich gelten lassen, aber jene regt mich so auf, dass ich sie ablehnen muss – darf für Christusnachfolger nicht gelten.

Doch ist ein solches bedingungsloses Annehmen nicht eine Überforderung, vielleicht sogar unehrlich? Sind Sympathie und Antipathie nicht durchaus verständlich und in allen Beziehungen (Familie, Verwandtschaft, EMK, Betrieb, Schule, Nachbarschaft, Ausländern gegenüber usw.) «gang und gäbe»? Masslos lieben Henry Miller schrieb: «Ich muss vor niemandem den Hut ziehen – denn ich habe keinen.» Der Dichter meinte damit, dass für ihn niemand höher steht, weil er selbst keine Hierarchien kennt. Für einen Christen, eine Christin gilt: Wir müssen niemanden als annehmbar oder unannehmbar einstufen, denn wir haben keinen Massstab! Wir haben allein umfassende Liebe, die Jesus uns vorlebt. Christus hat unsere Schwachheit und «Unmöglichkeit» auf sich genommen und liebt uns «mass-los». Solche «masslose» Liebe schenkt er dir und mir.

Luise Menzi-Baumgartner (81) Glarus am 9.11.2014 Maria Schneider-Güntert (89) Region Schaffhausen am 13.11.2014 Ruth Diethelm (94) Region Schaffhausen am 17.11.2014 Lina Liechti-Steiner (92) Region Oberaargau am 19.11.2014 Otto Bär-Baumberger (87) Staffelbach am 20.11.2014 Walter Zumbrunnen-Schneiter (97) Thun am 23.11.2014 Jean Althaus (88) Biel am 26.11.2014 Martha Althaus-Lüthi (88) Biel am 1.12.2014 Walter Roth (86) Rheineck am 3.12.2014

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THEMA

«Spielraum»: Am Computer kann Doris Schnell ihre Ideen umsetzen und immer wieder verändern.

Doris Schnell hat sich intensiv mit der Jahrelosung beschäftigt

«Ich hatte immer schon diese Bildwelt Von Sigmar Friedrich

Die grafische Gestaltung der Jahreslosung für die EMK in der Schweiz wurde dieses Jahr von Doris Schnell aus Bregenz vorgenommen. Im Gespräch erzählt sie von den Bildern, die in ihrem Kopf entstehen, und davon, wie die Jahreslosung sie persönlich herausfordert.

Doris, wie sah bei Dir der Weg vom Text der Jahreslosung bis hin zur fertigen Grafik aus? Als ich das Mail erhielt, dass ich einen Entwurf machen darf, war ich gerade in Griechenland im Urlaub. Ich hatte noch eine ganze Woche Zeit und habe diese Zeit genutzt, um den Vers «in meinem Herz zu bewegen», wie man so schön sagt. Ich habe mir Fragen gestellt wie: Was bedeutet das «einander»? Was bedeutet das «annehmen»? Und warum dieser Schlussteil: «zu Gottes Lob»?   Wenn ich über Bibelworte nachdenke, dann entstehen Bilder in meinem Kopf. Diese Bilder, die ich dann gesehen habe, habe ich aufgeschrieben. Ich habe mir viele Notizen gemacht.   Später dann, zuhause, habe ich die

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Gedanken als Skizzen zu Papier gebracht. So wurde die grobe Struktur klarer, also die Elemente: Mensch, Gruppe usw. Dann habe ich das ganze als Skizzen am PC angefertigt. In meinem Grafikprogramm kann ich sehr gut mit Farben und Formen spielen und sie hin und herschieben.   Als dann die Idee grundsätzlich feststand: ich nehme eine Gruppe, ich nehme eine Notenlinie und ich nehme einen Dirigenten, diese drei Hauptkomponenten, habe ich mich an die Feinarbeit gemacht: Was passiert mit den Menschen? Wie stehen sie zueinander? Dann kam ich auf die Idee mit dem Hintergrund und mit der Struktur: die Personen haben alle etwas, was sie beschäftigt und was sie geprägt hat. Dazu habe ich die Muster ausgesucht: das Notenblatt, die Blindenschrift, das Kreuzworträtsel, die Apps, die Landkarte. Wenn ich dir zuhöre, habe ich den Eindruck: bei Dir sprudelt die Kreativität die ganze Zeit. Was machst Du, wenn es mal «hakt»? Es hakt nicht! Da kommt immer etwas. – Seit ich 14 bin, hatte ich immer diese Bildwelt im Kopf und auch immer das Bedürfnis, das in irgendeiner

Weise darzustellen, sei es als Bild oder als Keramik. Das ist eine Gabe, für die ich sehr dankbar bin.   Manchmal muss ich schon etwas länger suchen, bis ich das «Richtige» finde. Das ging mir so zum Beispiel bei den Noten. Erst fing es an mit den Menschen. Da war mir schnell klar, dass ich diese Gruppe mache. Mit den Noten habe ich länger gesucht – und auch gebetet und gefragt: Was passt denn da jetzt? Warum «zu Gottes Lob»? Ich hatte verschiedene Ideen. Irgendwann kam das mit den Notenlinien wie «vom Himmel gefallen». Das kam mir vor wie dieser Moment, wenn einem ein Licht aufgeht: Na klar! Notenlinien kommen dazu. Wir sind ja nicht nur für uns da. Sondern wir sind aufgefordert, gemeinsam etwas zustande und in Beziehung zu Gott zu bringen. Für mich war das eine Gebetserhörung: ein Symbol, mit dem alle etwas anfangen können. Du hast Dich intensiv mit der Jahreslosung auseinandergesetzt. Was ist Dir für Dich selbst neu aufgegangen dabei? Mir ist klar geworden, dass mich das selbst persönlich betrifft und herausfordert: Ich bin ein Mensch, der sich lieber zurückzieht und alleine ist.


THEMA

im Kopf» Menschengruppen fordern mich immer heraus. Von daher brachte die Beschäftigung für mich persönlich eine starke Auseinandersetzung damit, mich der Gruppe, konkret als Pfarrfrau in der Gemeinde, auszusetzen, auch der Unterschiedlichkeit der Charaktere, die wir da haben.   Und ich habe mir eine wichtige Sache vorgenommen: dass ich ganz neu versuche, wertneutral auf Menschen zuzugehen. Das passiert ja ganz schnell, grade wenn man Menschen kennt: man steckt sie oder ihr Verhalten in eine Schublade. Ich habe mir vorgenommen, wieder ganz neu auf alle zuzugehen und sie immer wieder ohne Vorurteile zu beachten und so stehen zu lassen als Mensch. Vielen Dank für das Gespräch.

ZUR PERSON Doris Schnell arbeitet als GrafikDesignerin und freie Künstlerin in Bregenz (Österreich). Sie ist verheiratet mit Bernfried Schnell, Pfarrer des EMK-Bezirks Bregenz. www.doris-schnell.at

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FRESH EXPRESSIONS

«Startklar»: Im zweiten Modul setzten die Teilnehmenden sich mit dem gesellschaftlichen Wandel auseinander.

«Startklar» – Trainingskurs für Gemeindegründer und Leiter von Fresh Expressions

Changing Times – den Wandel verstehen Von Tanja Lübben (D)

Der «Startklar»-Kurs lädt Pfarrer/ innen und Laien ein, ihre von Gott geschenkten Gaben und Fähigkeiten zu erkennen und sie als Gemeindegründer, Missionare und Pioniere in neuen Formen von Gemeinde (Fresh Expressions) einzusetzen. Der Kurs besteht aus fünf Kursmodulen.

Unter der Leitung von Matthias Fankhauser (CH), Eberhard Schilling (D) und Barry Sloan (D) fand vom 16.-19. Oktober 2014 in Nürnberg das zweite Kursmodul des «Startklar»-Kurses statt. Das Thema «Changing Times – den Wandel verstehen» lud die 13 teilnehmenden Pioniere aus Deutschland und der Schweiz ein, ein neues Gespür für den gesellschaftlichen Wandel und das damit verknüpfte veränderte Lebensgefühl der Menschen im 21. Jahrhundert zu entwickeln. Sich ganz einlassen Was bedeutet es, als Kirche und Gemeinde den postmodern geprägten Menschen zu begegnen und mit ihnen

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unterwegs zu sein? Wie hat sich das Leben in Bezug auf Familie, Arbeit und Gemeinde verändert? Wie müssen sich Kirche und Gemeinde verändern, wenn wir das Evangelium und die Liebe Gottes mit unseren Mitmenschen teilen möchten? Durch Reflektion als einzelne und in der Gruppe, durch Bibelarbeiten und durch die persönliche Begegnung mit Gott suchte die Gruppe nach Wegen, eine weit verbreitete dualistische Sicht von Kirche und Welt zu überwinden, um sich ganz und gar auf die Menschen einzulassen oder – mit den Worten von Paulus – «den Juden ein Jude und den Griechen ein Grieche» zu sein.

Wie müssen Kirche und Gemeinde sich verändern? Viel versprechender Aufbruch Von ganz besonderer Bedeutung waren die Begegnungen mit den Mitarbeitern des Jesus Centrums Nürnberg (JCN), der gemeinsame Gottesdienst zum Abschluss des Kursmoduls in

der dortigen Gemeinde sowie das Kennenlernen der Jugendkirche LUX, ein viel versprechender Aufbruch in der Evangelischen Landeskirche in Bayern, junge Menschen zwischen 15 und 27 Jahren mit dem Evangelium zu erreichen. Beide Begegnungen haben eindrücklich gezeigt, dass Gott gerade dort wirken kann, wo mutige Missionare das Evangelium mit ihrem Kontext in Beziehung setzen.   Erfüllt und angereichert durch viele segensreiche und nachdenkenswerte Impulse und mit mancher Hausaufgabe im Gepäck verabschiedeten sich die Kursteilnehmer am Ende des Kurses. Ein Wiedersehen gibt es im Februar 2015 in Chemnitz!

STARTKLAR Mehr Infos zum Kurs: is.gd/startklar Mehr Infos zu Fresh Expressions: www.freshexpressions.ch Beitrag zu FX auf SRF2: is.gd/fx_srf2


TAK ANO

Auftakt: Junge Erwachsene in Winterthur beim netV-Abend.

Gedanken zu Kirche und Gesellschaft

Neues wagen? Projekt netV-nordost.ch gestartet

Junge Erwachsene vernetzen Von Michael Breiter

Samstagabend, 13. Dezember. In der EMK Winterthur treffen sich Jugendliche und junge Erwachsene zum ersten netV-Abend im Distrikt Nordostschweiz.

Nach einem Begrüssungsapéro nehmen sich die EMK-ler Zeit für Worship und gemütliches Beisammen sein bei einem Raclette. Dazwischen eingefügt: ein erfrischender Input zum Thema «Netzwerk» von André Da Silva Elias (EMK Bülach). Im Input zeigte er auf, dass für ein Netzwerk drei Faktoren erforderlich sind: Personen, Ideen und Verbindungen dazwischen. Ein Netz entsteht Das beschreibt auch die Idee hinter dem Projekt netV-nordost.ch: Jugendliche und junge Erwachsene innerhalb des Distriktes zu vernetzen. Dazu gehört, einzelne Anlässe zu initiieren und auch eine News-Plattform zu bieten, auf der Anlässe und Events der verschiedenen EMK’s den anderen mitgeteilt werden können.

netV-nordost.ch bedeutet «Netzwerk der Takanostufe V im Distrikt Nordostschweiz». Angestossen wird dieses Projekt von drei Jugendarbeitern der EMK: Anika Frei (EMK Klingenberg), Michael Breiter (EMK Uzwil-Flawil) und Cedric Zangger (EMK Winterthur). Dieses Team kann und soll vergrössert werden. Weiter ist das Projekt auf die Unterstützung der Takanopersonen in den EMK-Gemeinden als Bindeglied zu den jungen Menschen angewiesen. Kontakt aufnehmen Das Team ist über Facebook, netVnordost.ch oder Mail netV-nordost@ emk-schweiz.ch erreichbar und freut sich über Rückmeldungen, Anregungen oder interessierte Mitteamler.

NÄCHSTER TERMIN: Der Schlitteltag ist der nächste Anlass des Projektes. Dieser findet am 8. Februar statt. Bereits am Vorabend kann angereist werden, um gemeinsam zu essen und den Abend zu verbringen.

Nehmt einander an, wie auch Christus euch angenommen hat, zur Ehre Gottes. (Römer 15,7) Paulus ruft dazu auf, nicht nur gedankliche und geistige Unterschiede und Gegensätze, vielleicht sogar Auseinandersetzungen zu ertragen. Zu Gottes Ehre, sagt er, räumt denen, die euch über den Weg laufen, einen Platz ganz nahe bei euch ein, praktisch und konkret.   Betrifft dieses Platzeinräumen nur Gleichgesinnte, mit bekannter Sprache und Kultur und gesellschaftlicher Anerkennung? Oder geht es darum, «einander in der Gemeinde» anzunehmen?   Paulus definiert genauer: «wie auch Christus euch angenommen hat, zur Ehre Gottes». «Wie Christus» bedeutet, dass wir die, die nicht dazugehören, die nicht mit uns einer Meinung sind, annehmen, um Gott «einmütig und einstimmig» zu loben (Röm. 15,6). Weil Christus uns angenommen hat, als wir für Gott fremd waren, nehmen wir Menschen an, die nicht unserer Meinung oder die aus einer fremden Kultur sind, nehmen wir Menschen auf, die von der anderen Seite der Grenze kommen.   Ruft Paulus uns 2015 dazu auf, beharrlich weiterzumachen wie bisher, wenn wir abstimmen und einkaufen gehen, wenn wir über Menschen reden, wenn wir unsere Ferien planen? Oder lädt Christus uns ein, zu Gottes Ehre, etwas Neues zu wagen?

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UMSCHAU

Impressum Zeitschrift der Evangelisch-metho­distischen Kirche in der Schweiz: Erscheint monatlich Redaktor: Sigmar Friedrich Redaktionsgruppe: Martina Läubli, Michael Schwaller Redaktionsadresse: Kirche und Welt, Postfach 1344, 8026 Zürich Telefon 044 299 30 85 redaktor@emk-schweiz.ch Abonnement: Schweiz: CHF 54.– (für Mitglieder und Freunde der EMK freiwillig) Ausland: CHF 75.– Postcheckkonto: EMK Schweiz, Zeitschrift Kirche und Welt, 8004 Zürich, 80-23018-5 Adressänderung/Abbestellung: Zentralverwaltung EMK Postfach 1344, 8026 Zürich Tel. 044 299 30 80, Fax 044 299 30 89 Mail: zentralverwaltung@emk-schweiz.ch Anzeigenverwaltung: Jordi AG – das Medienhaus Christian Aeschlimann Aemmenmattstrasse 22, 3123 Belp Telefon 031 818 01 25 Telefax 031 819 38 54 E-Mail: inserate.kuw@emk-schweiz.ch Insertionsschluss für 02/2015: 15.01.15 Grafik + Gestaltung: P+S Werbung AG, 8184 Bachenbülach www.pswerbung.ch Druck / Vertrieb: Jordi AG – das Medienhaus, 3123 Belp www.jordibelp.ch Kirche und Welt wird klimaneutral hergestellt: www.preservecreation.ch Bildnachweise: S.1,11 D.Schnell, emk.schweiz.ch S.2 Plaßmann, gemeindebrief.de S.3,7 KuW S.3 S.Oleksandr, photoXpress.com S.4-5 M.Schwarz S.6,10,12-17,24 zVg S.8-9 D.Civello, flickr.com S.18 NASA, ESA, and M. Livio and the Hubble 20th Anniversary Team (STScI) via wikimedia.org S.21 fotografin, fotolia.com S.22 Bin im Garten via wikimedia.org S.23 manwalk, pixelio.de

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Einen persönlichen Einblick in den Prozess der EMK Lenk

Missional im Obersimmen Von Michael Wampfler

Als meine Frau und ich an einem Gemeindeanlass das erste Mal etwas über die Missionale Theologie hörten, fühlten wir uns in unserem Lebensprozess, in dem wir steckten, bestärkt.

Wir leben an der Lenk, in einem Ort, in dem beinahe jeder von jedem weiss, wer er ist. Viele wissen von uns dass wir «Stündeler» sind. So werden wir hier oft genannt. Wenn ich diese Aussage etwas extrem deute, werden wir als Separatisten betrachtet, die am Sonntag ihre Stunde absitzen und dann wider ihren eigenen, etwas verschlossenen Weg gehen. Vielleicht hat diese Aussage auch etwas Wahrheit an sich. Jedenfalls bezüglich meines vergangenen Lebens. Schmerzlicher Verlust Ich hatte eine sehr schöne Schulzeit und sehr gute Schulkollegen. Wir hatten ein sehr gutes Verhältnis untereinander. Doch schon in der neunten Klasse und dann zu Beginn meiner Berufslehre begann ich viel Zeit in der Jugendgruppe der EMK zu verbringen. Schnell hatte ich dort viele gut Kolle-

gen und wurde bezüglich meines Glaubenslebens gut genährt. Nur mit meinen Kollegen aus der Schulzeit traf ich mich je länger je weniger. Ich vermittelte ihnen wohl ein Signal, dass sie mir nicht so wichtig sind, obwohl ich dies ja eigentlich gar nicht wollte. Also ist der Kontakt immer mehr abgebrochen. Später tat es mir dann sehr weh um die guten Beziehungen, die ich bei diesen Kollegen verloren habe. Ich versuchte wieder den Kontakt zu suchen. Dies war jedoch nicht so einfach, weil da eine gewisse Basis fehlte. Wertvolle Kontakte Als unsere Kinder in das Schulalter kamen, bot sich eine neue Gelegenheit. Kontakte ausserhalb der EMK zu knüpfen. Durch die offene, kontaktfreudige Art meiner Frau ergab sich der eine oder anderen wertvolle Kontakt. Dabei sind echte Freundschaften entstanden, bei denen man wirklich offen über viele aktuelle Lebensthemen sprechen konnte. Doch wir machten uns oft den Druck, dass wir viel mehr von unserem Glauben erzählen sollten. Dabei bestand die Gefahr von verkrampften «Verkaufsgesprächen».   Als wir das Thema des Missionalen Lebensstils in der Gemeinde behan-


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Stimmig: Michael Wampfler und seine Frau aus der EMK Lenk wurden durch die «Missionale Theologie» in ihrem Lebensprozess bestärkt.

tal delt haben, wurden wir in unseren Freundschaftsbeziehungen bestärkt, vor allem darin, diesen Leuten echte Freunde zu sein und sie nicht als «Bekehrungsopfer» zu betrachten. Gelegenheiten, vom Glauben zu sprechen, gibt es oft. Wir müssen einfach die Bereitschaft haben, diese zu nutzen. Meine Frau hat hier eine Gabe, diesen Leuten vom Evangelium zu erzählen. Eine gute Zeit Ein Beispiel: Meine Frau hat seit längerer Zeit mit drei Frauen eine gute und freundschaftliche Beziehung. Wenn sie es zeitlich einrichten können, treffen sie sich einmal wöchentlich zu Kaffee oder Sport. Dabei wird vieles gesprochen. Bei einem solchen Gespräch erwähnte meine Frau gegenüber einer der Freundinnen, die aus einer Skilehrerfamilie stammt, dass ich mir einen Winter als Skilehrer gut vorstellen könnte. Bereits in der darauffolgenden Altjahrswoche bekam ich von dieser Privatskischule ein Telefon, weil sie Personalmangel hatten. Sie fragten mich, ob ich einem Skilehrer, der sehr viele kleine Skischüler hatte, assistieren könne. Da ich jahrelange Jungscharleitererfahrung hatte, sah ich mich dieser Aufgabe gewach-

sen. Ich durfte mit Kindern eine knappe Woche Zeit verbringen, sie anleiten, mit ihnen lachen, sie bestärken und motivieren, ihnen sagen, wie gut und wertvoll sie sind, auch wenn es bei einigen mit Skifahren halt nicht so richtig «klick» machen wollte. Klar konnte ich ihnen nicht biblische Geschichten erzählen, wie wir das in der Jungschar getan haben. Es war einfach eine gute Zeit mit ihnen. Die Skischule ist an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert und motivierte mich, den Kinderskilehrer Kurs zu besuchen. Fruchtbare Kontakte Seit wir am Leben unserer Mitmenschen mehr teilnehmen, haben sich viele Türen geöffnet. Für die Menschen, mit denen wir Kontakt haben, ist es einfacher geworden, an unseren Gemeindeanlässen teilzunehmen. Das «Lenkermärit Kaffee», der Basar, Mittagstisch oder Ländlergottesdienst sind Anlässe, bei denen wir wachsende Besucherzahlen feststellen können. Darunter sind viele Leute, die Beziehungen oder Kontakte zu Gemeindeleuten haben. Als wir unseren Sohn, der in verschiedenen Sportvereinen aktiv ist, moti-

vierten, seine Kollegen auch mal in den Teenagerclub einzuladen, gab dies auf einmal einen richtigen Boom. Bis heute besuchen viele Jungendliche aus dem Dorf den Teeniclub. Dass unser Sohn noch bis heute so aktiv in den Sportclubs teilnimmt, ist für uns nicht immer so einfach. Für ihn als Bewegungstyp und kontaktoffenen Menschen sind diese Vereine wertvoll. Für uns Eltern wäre es manchmal beruhigender, ihn bloss in den Jugendarbeitsgefässen der EMK zu sehen. Wir beten, dass er den Glauben und die Liebe zu unserem Herrn Jesus finden darf. Und unser Wunsch und Gebet ist, dass die uns liebgewordenen Menschen auch die Erlösung von Jesus Christus erleben dürfen.

MISSIONAL Mit dem «Missionalen Gemeindebau» hat sich die EMK Lenk auf einen längeren Lernprozess eingelassen. Kirche und Welt hat davon in den Ausgaben 4.2013, 11.2013 und 4.2014 berichtet. www.issuu.vom/emk_schweiz

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CONNEXIO

Zu Gast: Pedro Palacios und Gloria Mendoza waren zu Besuch in der Schweiz und berichteten aus ihrer Arbeit in Chile.

Im Gespräch mit Pedro Palacios und Gloria Mendoza über die Arbeit in Chile

«Es ist uns wichtig, ein gutes Zeugnis Von Arabella da Silva Elias

fentlichen Gesundheitsdiensten in Chile.

reicht, können wir die Patienten an Spezialisten überweisen.

Pedro Palacios (PP): Unsere Kirche ist in allen 15 Regionen Chiles präsent. Da sich unser Land über mehr als 4000 km vom Norden bis hin zur Magellanstrasse im Süden erstreckt, ist es eine Herausforderung, als Gesamtkirche zusammenzuarbeiten. Wir streben es an, als Kirche zu wachsen. Dabei möchten wir aber auch unser «Merkmal» als Methodisten beibehalten. Unser Hauptanliegen ist es, anderen zu dienen, sei dies in der Gesundheit, Bildung oder in der Verkündigung des Evangeliums. Wir versuchen ein ganzheitliches Evangelium zu leben.

PP: Die Gemeinden der Methodistenkirche sind sehr unterschiedlich. Einige Gemeinden bestehen bereits seit mehr als 100 Jahren und sind etabliert. Andere sind kleiner und haben weniger Mitglieder. Aber alle arbeiten gemeinsam am Ziel, unsere Kirche zu stärken.

Pedro Palacios und seine Frau Gloria Mendoza setzen sich zusammen mit der Methodistenkirche in Chile seit langem dafür ein, dass sich die Situation der Benachteiligten in ihrem Land verbessert. Vom 28.10. bis 17.11.2014 waren die beiden in der Schweiz und in Frankreich, um in verschiedenen Gemeinden von den Freuden und Herausforderungen ihrer Arbeit zu berichten.

Welches sind die grössten Herausforderungen, denen ihr in eurer Arbeit begegnet? Gloria Mendoza (GM): Für das Gesundheitszentrum besteht die grösste Herausforderung momentan darin, vom Staat akkreditiert zu werden. Dafür brauchen wir unter anderem ein neues, moderneres Gebäude, da der Staat neue Anforderungen und Standards für interne Prozesse, Verwaltung und Infrastruktur hat. Es ist uns aber auch ein Anliegen, die hohe Qualität beizubehalten, mit der wir unsere Patienten behandeln, und unseren Patienten auch in Zukunft mit Würde zu begegnen. Dies unterscheidet uns von vielen anderen öf-

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In was für einem Umfeld arbeitet ihr als Kirche? GM: Unser Gesundheitsdienst richtet sich in erster Linie an Menschen, die keine Gesundheitsvorsorge haben und deren einzige Option der öffentliche Gesundheitsdienst ist. Diese Menschen sind besonders gefährdet und schutzbedürftig. Wir helfen ihnen, indem wir ihnen eine Gesundheitsvorsorge bieten, mit der die medizinische Grundversorgung abgedeckt ist. Wo eine Grundversorgung nicht aus-

Welches sind bisher die grössten Erfolge in eurer Arbeit? GM: Einer der grössten Erfolge für das Gesundheitszentrum ist, dass wir staatlich anerkannt und unterstützt werden und sowohl bei den Begünstigten als auch bei den Behörden ein hohes Ansehen geniessen. Die Bevölkerung setzt sich dafür ein, dass uns der Staat bei der Finanzierung des erforderlichen Neubaus unterstützt. Auch viele Behörden sind bereit, sich für uns einzusetzen, da sie die Arbeit der Methodistenkirche anerkennen und schätzen. PP: Mir ist es wichtig, bescheiden zu bleiben. Als Kirche haben wir viele Erfolge erzielt, aber auch einige Rückschläge erlitten. Unsere Arbeit hört


EMK-UNTERNEHMEN

abzulegen» niemals auf und wir streben immer nach mehr. Deshalb möchten wir als Kirche auch wachsen. Es ist uns vor allem aber wichtig, ein gutes Zeugnis abzulegen und die Aufgaben, mit denen uns Jesus beauftragt hat, trotz aller Herausforderungen wahrzunehmen. Welches sind die grössten Freuden eurer Arbeit? PP: Für mich ist es eine grosse Freude, die Gemeinden in der Schweiz kennen gelernt zu haben und zu wissen, dass der Methodismus in vielen Teilen der Welt eine Realität ist. Wir als Kirche haben uns der Herausforderung gestellt, auf der Insel Chiloé eine Gemeinde zu gründen. Nun sind wir kurz davor, ein Grundstück für die Kirche zu kaufen, was uns besonders freut. GM: Für mich ist es eine grosse Freude, wenn andere von unserer Arbeit hören und sagen: «Ihr leistet tolle Arbeit! Macht weiter so!» Das tut gut und schenkt uns Hoffnung. In unserer Arbeit gibt es viele Anforderungen und wir sind nie sicher, ob wir die Ziele, die wir uns setzen, auch wirklich erreichen können. Es ist jedes Mal

ein gutes Gefühl, wenn wir diese Ziele Ende Jahr erreicht haben. Es freut uns auch, wenn wir ältere Leute, die alleine sind, integrieren können. Diese kommen oft täglich im Gesundheitszentrum vorbei, auch wenn sie gar nicht krank sind. Wenn die Dame am Empfang eine Patientin dann mit «Hola Señora Maria» begrüssen kann, freuen wir uns, dass wir die Person beim Namen kennen. Dadurch wird die Arbeit gewissermassen menschlicher.

ZUR PERSON Gloria Mendoza leitet seit über 20 Jahren das Gesundheitszentrum der Methodistenkirche in Temuco, das rund 12500 Patienten pro Jahr betreut. Sie ist Präsidentin der Gesundheitsorganisationen der Methodistenkirche in Chile.   Pablo Palacios ist Disktriktsvorsteher für den Süddistrikt in Chile und Präsident der sozialen Institutionen der Methodistenkirche in Chile.

HELFEN SIE MIT! Connexio unterstützt die Gesamtarbeit der Methodistenkirche in Chile mit einem Betrag von CHF 59000.– für das Jahr 2015. Spenden an PC 87-537056-9, EMK in der Schweiz, Connexio, Zürich, IBAN CH52 0900 0000 8753 7056 9 Weitere Informationen unter: www.connexio.ch

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Norbert Pailer sprach in Klingenberg über die «Faszination Weltraum»

Forschungsgegenstand und Heimat Von Brigitte Moser & Daniel Schär

Gespannt machten wir uns am 19. November auf den Weg, um Dr. Norbert Pailer, einem Astrophysiker, zuzuhören. Er sprach in der EMK Klingenberg vom Weltraum und über die Grenzen von Raum und Zeit.

Mit klassischer Musik und wunderschönen «Hubble»-Aufnahmen von Sternenformationen, Galaxien, Nebel und Staubgebilden wurden wir begrüsst. Was für eine Schönheit – die nur mit vielen technischen Hilfsmitteln überhaupt erkennbar ist. Verborgene Teile Seit je her sind die Menschen vom Sternenhimmel fasziniert. Wenn wir aber erfahren, was unserem blossen Auge verschlossen ist, dann ist das wirklich atemberaubend: Bis heute wurden einige kosmische Geheimnisse entschlüsselt. Dennoch, so Norbert Pailer, stecken wir mit unseren Erkenntnissen eigentlich noch in den Kinderschuhen. Man geht davon aus, dass sich unsere aktuellen Beobachtungen auf maximal 4% der existierenden Materie beschränken. Die restlichen 96% sind uns als «dunkle Komponente» verborgen und offenbaren die Dimension des menschlichen Unwissens.

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Fein abgestimmt Eindrücklich war die Feststellung, dass unsere Erde in einem äusserst lebensfeindlichen Weltraum kreist. Die Distanz unseres Planeten zur Sonne entscheidet über unsere Lebensbedingungen als Erdkrustenbewohner. Nur gerade drei Kilometer weiter weg von der Sonne würden wir erfrieren; drei Kilometer näher würden wir dahinschmelzen. Wohl gemerkt bei einer Gesamtdistanz von rund 150 Mio. Kilometern! Das ist eine der zahlreichen Feinabstimmungen, die uns staunen lassen.   Nach diesem anregenden Einstieg wurden wir dann mit verschiedenen Zitaten konfrontiert, von denen zwei in uns nachgeklungen sind: • Nicht Gott ist relativ, und nicht das Sein, sondern unser Denken. (Einstein) • Himmel ist nicht nur Forschungsgegenstand, sondern auch Heimat. (unbekannt) Wir stellen immer wieder fest, dass unser Denken und Verstehen an Grenzen stösst und relativ ist. Je nach dem, wen wir fragen und wie wir an eine Fragestellung herangehen, erhalten wir unterschiedliche Resultate für den gleichen Forschungsgegenstand. Das ist kein Widerspruch, sondern eine wertvolle Ergänzung.

Grenzen der Wissenschaft Mit diesen Vorbemerkungen stiegen wir dann ein in komplexere Gedankengefüge. Wir setzten uns mit der naturwissenschaftlichen Konzeption des Anfangs auseinander. Norbert Pailer erläuterte uns das Selbstverständnis der Naturwissenschaft: Allein unter Anwendung von Naturgesetzen sollen die Vorgänge unserer Welt beschrieben werden. Auf diese Weise ist wissenschaftliche Forschung recht weit gekommen. Bahnbrechende Erkenntnisse wurden gewonnen. Es ist gelungen, Menschen zum Mond und wieder gesund zur Erde zurück zu bringen. Von weiteren spannende Möglichkeiten erzählen beispielsweise die Ereignisse rund um die Rosetta-Mission.   Aber die naturwissenschaftlichen Feststellungen zeigen nicht das Ganze. Norbert Pailer verglich die Methoden der Naturwissenschaft mit Schnitten durch ein Haus, mit denen Mauerstärken ermittelt werden können, die Anzahl der Fensternischen und anderes. Aber das Haus als Ganzes rückt nie ins Bild – noch weniger die Tatsache, dass das Haus von einem Architekten geschaffen wurde. Gottes Gedanke Dr. Norbert Pailers engagierte Ausführungen waren dem Thema ent-


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Schönheit: Weit entwickelte technische Hilfsmittel ermöglichen faszinierende Einblicke in die Tiefen des Alls.

sprechend sehr komplex. Dennoch ist es ihm gelungen, die Zuhörer mitzunehmen und die Freude an Gottes Schöpfung zu vermitteln. Kosmologisch gesehen sind wir unbedeutende Lebewesen auf einem kleinen Plane-

ten. Durch Jesus Christus ist uns jedoch dieser Schöpfergott nahe gekommen. Das sehen wir neu als grosses Wunder und Geschenk. Ein Gedanke hat sich an diesem Abend besonders herauskristallisiert:

Das Universum ist ein Gedanke Gottes. So viel Feinabstimmung und ein so komplexes Zusammenspiel kann unserer Meinung nach nicht nur durch Anomalien oder Zufälle erklärt werden.

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INSERATE

Hotel Artos Interlaken Malkurs Acryl-Technik und Collagen – Auf dem Weg zu Ihren eigenen Kunstwerken werden Sie von der Kursleiterin unterstützt. Entdecken Sie die Freude am Umgang mit Farben und diversen Materialien. Für Einsteiger und Fortgeschrittene. 9. bis 14. Februar 2015 mit Marianne Marty Preis für Vollpension im Einzelzimmer CHF 557.–; im Doppelzimmer CHF 984.–; Kurskosten CHF 380.– pro Person

Veeh-Harfen-Spiel Einführungs- und Fortsetzungskurs – Die einfache Handhabung und der bezaubernde Klang dieses Saitenzupfinstrumentes eröffnen Ihnen eine wunderbare Welt der Musik. Zum Besuch des Kurses sind keine Vorkenntnisse erforderlich. Einführungskurs: 9. bis 14. März 2015 Fortsetzungskurs: 16. bis 21. März 2015 mit Marie-Claire Egger-Betschart Preis für Vollpension im Einzelzimmer CHF 535.–; Doppelzimmer CHF 940.–; Kurskosten 280.– pro Person

Hausmusikwoche Mixed Pickles – Musik von der Renaissance bis heute. Reservieren Sie sich schon heute einen Platz am Notenpult, wenn Sie mit uns durch die Jahrhunderte der Musik streifen möchten. Alle Streicher, Holzbläser, Querflötisten, Pianisten und Gitarristen sind willkommen. Die Freude am gemeinsamen Musizieren wird gross geschrieben. 12. bis 18. April 2015 mit Esther Hebeisen Preis für Vollpension im Einzelzimmer CHF 720.–; Doppelzimmer CHF 1224.–; Kurskosten CHF 160.– pro Person Infos und Anmeldung: Hotel Artos, Alpenstrasse 45, 3800 Interlaken Telefon 033 828 88 44, www.hotel-artos.ch, mail@artos-hotel.ch

Wie Hiba haben Tausende von syrischen und irakischen Flüchtlingskindern keinen sicheren Ort, um den Winter zu überleben. Schützen Sie ein Kind. Schenken Sie eine Zukunft. Spenden Sie heute: PK 10-648-6 | medair.org Senden Sie MEDAIR15 an 488 und Spenden Sie CHF 15.-

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Wegweiser: Die eigenen Bedürfnisse klar und wertschätzend formulieren.

Pfarrfrauentagung im März im Hotel Alpina in Adelboden

«Entdecke Deine Bedürfnisse!» Von Nicole Humm

An der Pfarrfrauentagung, zu der auch die «Pfarrmänner» eingeladen sind, finden die Partner/innen von Pfarrpersonen Gelegenheit, miteinander über Erfahrungen und Herausforderungen ihres Alltags auszutauschen und einander zu ermutigen. Die Tagung im März lädt ein, die eigenen Bedürfnisse zu entdecken.

Es ist erstaunlich, wie oft Jesus Menschen nach ihren Bedürfnissen und Wünschen gefragt hat. Es scheint ihm ein grosses Anliegen zu sein, auf Augenhöhe mit uns zu kommunizieren, uns ernst zu nehmen. Trotzdem fällt es uns oft schwer, Anliegen und Bitten direkt zu formulieren, auch – aber nicht nur – in der Beziehung zu Jesus. Was

hindert uns daran? Was hoffen wir dadurch zu vermeiden und was verpassen wir möglicherweise?   Gemeinsam wollen wir diese Fragen aufgreifen und Möglichkeiten kennen lernen, die uns auf dem Weg zu einer klaren und wertschätzenden Kommunikation unterstützen. Denn wo es gelingt, eigene und fremde Bedürfnisse in ein fruchtbares Gespräch zu bringen, entstehen neue Handlungsspielräume. Wir werden das Thema, besinnlich, informativ, spielerisch, kreativ und hoffentlich lustvoll bearbeiten. Die Referentin Madeleine Bähler ist Mitarbeiterin bei ComPax, dem Institut für Konflikttransformation am Bienenberg bei Liestal, und selbstständige Organisationsberaterin und Coach bso.

Die Eingeladenen Alle aktiven, pensionierten, verwitweten Pfarrfrauen und -männer sind ganz herzlich eingeladen, mit uns die Tage vom 2.–5. März in der Alpina in Adelboden zu verbringen! Die Pfarrfrauentagung ist ein Dankeschön an die Pfarrfrauen/-männer und wird deshalb von der EMK Schweiz finanziell unterstützt. Hoffentlich bis bald! Das Organisationsteam: Regula da Rugna, Barbara Kleiner, Christa Wichers und Nicole Humm.

KONTAKT Bei Fragen zur Pfarrfrauentagung melden Sie sich bitte unter der Telefonnummer: 033 733 15 13

NICOLE HUMM ÜBER IHRE EIGENE ERFAHRUNG Mit gemischten Gefühlen ging ich 2009 zum ersten Mal an die Pfarrfrauentagung. Was wird mich wohl erwarten? Ich kannte fast niemand. So war ich froh, dass eine Pfarrfrauen-Freundin mir angeboten hatte, mit mir das Zimmer zu teilen. Schon beim ersten Abendessen er-

gaben sich interessante Gespräche mit Jüngeren, jung gebliebenen, reifen und erfahrenen Frauen und Männern. Der Austausch über unsere Erfahrungen als Pfarrfrau/-mann war und ist immer wieder sehr wohltuend. Wir sind häufig in gleichen Situationen oder haben Ähnliches erlebt.

Es tut einfach nur gut, verstanden zu werden. Die Erfahrungen und Schätze der Frauen und Männer erzählt zu bekommen sind Geschenke. 2013 wurde ein neues Team gesucht. Da ich die Tagung als eine grosse Bereicherung empfinde, war ich gerne bereit, diese mit zu gestalten.

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Zahlungsmittel: Von der Kauri-Muschel (l.) über das Bargeld bis zu Kredikarten – und weiter – geht die Entwicklung.

Wie Zahlungsmittel sich entwickelt haben

Von der Kauri-Muschel zur Kreditkarte Von Daniela Deck

Weshalb Tauschhandel unpraktisch ist. Und weshalb die Chinesen das Eisen lieber zuhause liessen. Eine

leicht brauchte der Handelspartner gerade kein Vieh, hatte sich anderweitig mit Fellen oder Käse eingedeckt und wollte seine Werkzeuge nur gegen Salz tauschen.

kleine Geschichte der Zahlungsmittel.

Seit es Menschen gibt, gibt es Handel. Man tauschte Güter mit dem Ziel, Überfluss und Mangel auszugleichen. Dabei wuchsen der Tauschhandel und die Mobilität parallel zueinander, da innerhalb einer lokalen Gesellschaft nicht jeder Mangel an lebenswichtigen Gütern ausgeglichen werden kann. Mit der Ausdehnung der Handelsreisen wuchs das Risiko, das falsche Tauschgut mitzuführen. Viel-

Das Warengeld musste rar sein Dieses Problem sorgte dafür, dass schon im sechsten Jahrtausend vor Christus der Tauschhandel über stellvertretende Güter abgewickelt wurde, über so genanntes Waren- oder Naturalgeld. Das Warengeld musste rar und haltbar sein und sich einfach zählen lassen. So stieg in Südamerika

etwa die Kakaobohne zum Naturalgeld auf und im Pazifikraum die Kauri-Muschel. Abrahams Silberstücke Doch das Warengeld befriedigte die Menschheit nicht auf Dauer. Deshalb wandten sich die meisten Gesellschaften den Metallen als Zahlungsmittel zu. In China war es das Eisen, das aber so unhandlich ist, dass es schon früh mit Kreditbriefen ergänzt wurde, um die Eisenvorräte möglichst wenig bewegen zu müssen. Rund um das Mittelmeer setzten die meisten Völker auf Silber. Kam ein Tauschgeschäft zustande, wurden Silberbarren zerhackt und die Stücke vom Käufer

DIE TEMPELREINIGUNG UND DER BANKROTT Eine Firma deponiert ihre Bilanz oder über eine natürliche Person wird nach der Prüfung der Finanzverhältnisse der Privatkonkurs ausgesprochen. In beiden Fällen spricht man von einem «Bankrott». Gesellschaftlich wird das klar gewertet als: die Firma (oder die Person) ist gescheitert. Aber woher kommt der Begriff? Im Spätmittelalter etablierten sich

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die Berufsstände der Geldwechsler und Geldverleiher auf den europäischen Marktplätzen. Wenn ein Vertreter dieser Berufsstände in Ungnade fiel, wurde sein Tisch umgestossen und darüber die Worte «banca rotta» ausgerufen. Was heute das italienische Wort für «Konkurs» ist, wurde damals wörtlich als «kaputte Holzbank» verstanden. Das

Umwerfen des Tisches mitten im Markt bewirkte, dass das Vertrauen in den Geldverleiher am betreffenden Ort zerstört war und er dort nicht mehr tätig sein konnte. Er zog weiter an einen anderen Ort. Jesus wirft die Tische um In der Bibel wird erzählt, wie Jesus im Tempel die Tische der Verkäufer


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und Verkäufer auf unterschiedlichen Waagen gewogen, wobei unparteiische Zeugen als zusätzliche Sicherheit gegen Betrug fungierten. Ein Prozedere, das sich bei Abraham beobachten lässt, als er das Grabmal für seine Frau Sara kaufte (1. Mose 23, 4 –18). Die Silberstücke sind noch kein Geld, wie wir es heute kennen. Die Hauptrolle spielten der Materialwert des Silbers, die Waage und die Zeugen. Geprägtes und damit von der Obrigkeit autorisiertes Geld war, soweit bekannt, zuerst beim Volk der Lyder im Umlauf, im 7. Jahrhundert vor Christus. Wappen und Götterbilder, die ersten Embleme auf den Münzen,

und Geldwechsler umgeworfen hat. Das Matthäusevangelium schildert das dramatische Geschehen so: Dann ging Jesus in den Tempel, jagte alle Händler und Käufer hinaus, stiess die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenhändler um und rief: «Gott sagt: ‹Mein Haus soll ein Ort des Gebets sein›, ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gege

wurden seit dem römischen Kaiser Augustus zunehmend durch den Kopf des Herrschers ersetzt, was Jesus ermöglicht, die irdische Bedeutung der Steuern klarzustellen (Mt. 22,17–21).

Kreditbriefe schützten bei Diebstahl Der Weg zur digitalen Zahlung Mit dem Aufkommen des Bankenwesens im Mittelalter traten bei Reisen Kreditbriefe an die Stelle der Münzen, was nicht nur das Gewicht des Gepäcks senkte, sondern die Händler auch vor Räubern schützte. Gegen Vorweisen des Kreditbriefs wurde das

macht!» (Mt. 21,12–13) Sollte damit der «geistliche Bankrott» der Zeitgenossen Jesu ausgedrückt werden? Kaum. Für die ersten Christen war es ein Hinweis darauf, dass Jesus zeichenhaft das Ende des Tempels ankündigte – um das eigentliche Anliegen des Tempels, in Berührung mit Gott zu kommen, in einer anderen Form neu zu ermögli-

Geld, das bei der Bankfliale zu Beginn der Reise eingezahlt worden war, am Reiseziel von der Bank wieder ausgezahlt. Kreditkarten waren in den USA seit dem Ende des 19. Jahrhunderts im Umlauf, wo Hoteliers sie zuerst ihren Stammgästen zur Verfügung stellten. Internationale Anerkennung fand die Kreditkarte 1950 und ebnete damit den Weg zum bargeldlosen Zahlungsverkehr, von dem auch die Kundschaft der Zahlstelle proftiert.

chen. Dieser «Bankrott» ist also gar kein Scheitern, sondern ein Ende, das einem neuen Anfang Raum schafft. Das gilt analog von manchem «Bankrott» heute: ein Prozess geht zuende. Platz für Neues entsteht.

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Dranzubleiben lohnt sich

Die Liebe geben, die es braucht Von Anita Streit

Anita Streit ist zur Zeit mit Connexio in einem Kurzeinsatz in Chile. Unter anderem unterrichtete sie dort in einer Schule.

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Extrovertierter müsse ich sein, haben sie mir gesagt, als ich vor ein paar Wochen im Büro der Direktorin des Colegio Metodista de Santiago sass. Seither kreisen und kreisen die Gedanken in meinem Kopf, und mir wird fast schlecht.   Ich kann nicht von heute auf morgen extrovertiert sein, denke ich, während ich im Innenhof der Schule auf einer angenehm kühlen Steinstufe sitze und die gefühlte 30 Grad wärmere Luft ertrage. Es ist relativ ruhig um mich herum, denn es ist gerade Mittagszeit. Ich geniesse die Minuten ohne Kindergeschrei, Rumgerenne und «Bittibätti» der Kinder, dass ich ihnen doch eine neue Versteckisform beibringen möge. Latinos sind bekanntlich sehr «de piel»* und tun sich etwas schwer mit meiner zentraleuropäischen, eher zurückhaltenden Art. Aber sie können doch keinen Komplettpersönlichkeitswandel erwarten. Das geht Schritt für Schritt, wie eine Blume, die langsam ihre Blüte öffnet.   Während ich da sitze und nachdenke, setzen sich vier Mädchen aus der Fünften auf der anderen Seite des Hofes hin. Ganz rote Augen haben sie, und eine nach der anderen kann die

Tränen nicht mehr zurückhalten. Ich gehe zu ihnen hinüber und frage, was passiert ist. Man wolle sie von der Schule ausschliessen, weil es einmal mehr Krach im Unterricht gegeben hat. Sie erzählen mir, wie ungerecht die Lehrer seien, wie enttäuscht die Eltern wären und von ihrer Angst.   Um uns herum kehrt wieder Leben ein und der Lärmpegel steigt. Ich nehme die Mädchen bei den Händen, und in unserem kleinen, geschützten Kreis bete ich für sie, drücke sie nacheinander fest an mich und herze sie sogar mit einem Kuss. Die Welt bewegen wird das nicht, doch Hoffnung geben allemal. Beim Gehen schaue ich in lächelnde Gesichter zurück, als müssten sie ihre Last nicht mehr selber tragen.   Ich muss nicht extrovertiert sein. Es geht vielmehr darum, im richtigen Moment die Liebe zu geben, die gebraucht wird, auch wenn es mich Überwindung kostet. Ein Herzensakt sollte selbstverständlich werden. Vielleicht ist das eines der Dinge, die mir Gott hier in Chile beibringen will und ich glaube, es lohnt sich, dranzubleiben. * offenherzig, den Körperkontakt suchen


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