Kirche und Welt 02/2014

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LAGE M I T BE I

Kirche und Welt Die Zeitschrift der Evangelisch-methodistischen Kirche der Schweiz

Biblische Beobachtungen zu fremd sein und heimisch werden

«Wie ein Einheimischer soll euch der Fremde gelten» Seite 8/9 Bist du satt?

Begegnungsort mit Band und Bar

Ideen für die Gemeindearbeit

Das Connexio Jahresthema 2014 Seite 4/5

In der Glasklar-Bar wurde gefeiert Seite 14/15

Das «Impulsforum – Leben 55+» Seite 22/23

The United Methodist Church


Inhaltsverzeichnis Editorial 3

Das Connexio Jahresthema 2014

Bist du satt?

Verbindlich lieben, lernen und leiten

«Ich war und bin ihnen etwas wert»

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Biblische Beobachtungen zu fremd sein und heimisch werden

«Wie ein Einheimischer soll euch der Fremde gelten» 8 In der Backpackers Villa in Interlaken dreht sich alles um die Gastfreundschaft

«Wir wollen jeden Gast mit seinen Bedürfnissen wahrnehmen» Gastfreundschaft in Chile – und in der Schweiz

«Ich fühlte mich wie zu Hause ...» In der Glasklar-Bar wurde gefeiert

Begegnungsort mit Band und Bar

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Sarah Bach studiert seit Oktober 2013 an der Theologischen Hochschule Reutlingen

«Ich fühle mich immer wieder herausgefordert» Informiert beten am 7. März

Ströme in der Wüste

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Ergebnisse der Umfrage 2013

Wer liest wieviel in Kirche und Welt? 19 Zum Tod von Benjamin Boller (19.4.1923–3.1.2014)

Humorvoll und nachdenklich Das «Impulsforum – Leben 55+»

Ideen für die Gemeindearbeit

Teilhaben an der Mission Gottes

Anne weiss nicht, dass sie Missionarin ist

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Editorial Liebe Leserin, lieber Leser «Vergesst nicht, gastfreundlich zu sein ...» (Hebr 13,2), mahnt die Bibel. Wie aber sieht gute Gastfreundschaft aus? David Bühler von der «Backpackers Villa» lebt mit seinem Team ausgezeichnete Gastfreundschaft. Seine Gäste kommen und gehen, während in der Bibel die Gäste meist länger bleiben. Sie sind nicht wie unsere Hotelgäste, sondern eher wie die «Fremden», die in unserer Mitte wohnen – und uns mit der Zeit ganz vertraut werden. Sie bringen ihre eigenen Vorstellungen und Erfahrungen von Gastfreundschaft mit.   Raum für Gäste bietet seit einem Jahr die Bar «Glasklar» in Basel. Jetzt feierte sie ihr Jubiläum – und auch die Band feierte mit und präsentierte ihre erste CD. Für die nächsten Jahre wird Sarah Bach in Reutlingen (D) zuhause sein – oder ist sie dort fremd? Jedenfalls studiert sie dort an der Theologischen Hochschule Reutlingen und schildert ihre ersten Eindrücke.   Vielen Dank allen, die sich an der Umfrage zu «Kirche und Welt» beteiligt haben. Einen kleinen Überblick über die Ergebnisse erhalten Sie in dieser Ausgabe.

Sigmar Friedrich Redaktor

Du sollst KEIN gutes Zeugnis sein Von Stefan Moll

Rettung hat ihre eigene Sprache. Das SLI-Team «Soteriologie» hat sich aufgemacht, diese Sprache(n) zu suchen. Was sagen wir, wenn es um Erlösung durch Jesus Christus geht – und welche Art der Sprache berührt?   Manche sagen jetzt: «Es gibt diese Sprache längst. Als Christen sind wir ein Vorbild, ein gutes Zeugnis.» Mir kommen da Zweifel. Ein vorbildlicher Lebensstil soll mich empfänglich machen für das Evangelium? – Ehrlich: Wenn ich es zum 12. Mal nicht geschafft habe abzunehmen, dann frustrieren mich die schlanken Vorbilder. Wenn schon wieder die Partnerschaft in die Brüche geht, dann ist das letzte, was ich brauche, eine Musterfamilie wie aus dem Katalog. Diese Art Sprache ignoriere ich. Oder ich verkrieche mich in einer Ecke.   Dagegen ist es gut, Freunde zu haben, die verstehen und eine gewisse Lockerheit an den Tag legen, wenn sie sagen: «Ich habe es auch nicht geschafft.» Sie erheben keinen Anspruch darauf, mich zu bessern.   Die Sprache der Musterschüler lässt mich resignieren. Die Sprache der Liebe dagegen trägt. Wenn jetzt noch jemand darauf vertraut, dass mitten in unseren täglichen Desastern Christus gegenwärtig ist, erlebe ich echte gute Nachricht.

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CONNEXIO

Satt werden: In Kamina gibt die dortige EMK Kindern zu essen, die EMK in Chile unterstützt Migrant/innen.

Das Connexio Jahresthema 2014

Bist du satt? Von Carla Holmes

Bist du satt? Diese Frage können die

Dach mehr über dem Kopf haben. Sie sind satt, wenn sie in Sicherheit leben können.

meisten, die diesen Artikel lesen, wohl mit Ja beantworten. In der Schweiz haben wir in der Regel genug und regelmässig zu essen. Nie-

Mahlzeiten für Kinder in Kamina

mand muss hungern. Weshalb also stellt Connexio ausgerechnet diese Frage?

Satt kann man auf unterschiedliche Weise sein. In erster Linie bedeutet es natürlich: ich habe genug zu essen. Satt sein heisst aber auch: ich habe, was ich brauche. Ich muss keine Angst haben. Ich verlange nach nichts weiter. Es geht mir gut. Was heisst «satt»? Die Menschen in den Einsatzländern von Connexio sind oft nicht satt. In der Demokratischen Republik Kongo ist es nicht selbstverständlich, dass genug zu essen da ist. Hier geht es den Menschen gut, wenn sie nicht hungern müssen. In Arica, im Norden von Chile, haben Migranten aus anderen Ländern Südamerikas zwar zu essen, wissen aber oft nicht, ob die Regierung sie morgen aus ihren Siedlungen vertreibt und sie dann kein

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Was tut die EMK? Bist du satt? Diese Frage stellen Methodistenkirchen in vielen Gebieten der Welt. Sie wollen, dass ihre Nächsten satt werden. Deshalb geben sie ihnen zu essen. Sie helfen ihnen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und stehen ihnen im täglichen Leben bei. Die EMK in Kamina, einer Ortschaft im Kongo, offeriert unterernährten Kindern drei Mal pro Woche eine nahrhafte Mahlzeit. Ausserdem zeigt sie den Müttern, wie sie mit vorhandenen Mitteln möglichst ausgewogen kochen können. In Albanien bringt die EMK Frauen das Nähen von bunten Stofftaschen bei, damit diese durch den Verkauf zum Familieneinkommen beitragen können. In Arica unterstützt die Methodistenkirche Migranten, indem sie ihre Rechte verteidigt, eine Arbeitsstelle vermittelt oder sie beim Behördengang begleitet.

Wer hungert in der Schweiz? Und wir in der Schweiz? Sind wir satt? Wir haben in der Regel genug zu essen und leben in Sicherheit. Materiell gesehen haben die meisten Schweizer genug. Doch leben immer mehr Menschen bei uns alleine. Ältere Menschen, Alleinerziehende oder Randständige haben oft niemanden in ihrem Umfeld, an den sie sich wenden können. Die Vereinsamung in unserer hochtechnisierten Gesellschaft nimmt stetig zu.   Für uns kann deshalb «satt sein» bedeuten: wir haben ein soziales Netz, Freunde oder Familie, die uns unterstützen. Wir hungern, wenn wir einsam sind, wenn keiner da ist, der uns zuhört oder sich für uns interessiert, wenn wir die Abende und Wochenenden alleine verbringen. Hier haben wir als Christen in der Schweiz die Möglichkeit Menschen satt zu machen. Wir können uns für sie interessieren, ihnen Hilfe anbieten und ihnen Zeit widmen, damit sie nicht mehr alleine sind.

Wir hungern, wenn wir einsam sind


CONNEXIO

Mit Connexio und dem UMCOR helfen

Verfolgte Christen Was können wir tun? Die Connexio Frühlingssammlung wird demnächst bei Ihnen eintreffen. Sie können mit einer Spende helfen, Menschen satt zu machen, denen es am Nötigsten fehlt. Connexio möchte Sie aber auch ermutigen, in Ihrem Umfeld ein Zeichen zu setzen und andere zu fragen, ob sie satt sind. Sie finden deshalb dem Sammelprospekt einige Karten beigelegt, die Sie nutzen können, um jemanden einzuladen. Indem Sie auf diese Weise Interesse an ihren Mitmenschen bekunden, helfen Sie mit, dass auch sie satt werden.

HELFEN SIE MIT! EMK in der Schweiz, Connexio, Zürich, PC 87-537056-9 IBAN CH52 0900 0000 8753 7056 9 www.connexio.ch

Mit grosser Sorge beobachtet die EMK die politischen und sozialen Veränderungen auf dieser Welt, die zu wachsender religiöser Intoleranz und verstärkter Verfolgung von Glaubensgemeinschaften führen, insbesondere im Mittleren Osten, in Nordafrika aber auch in andern Regionen.   Die Behörden der weltweiten EMK engagieren sich gegen Ungerechtigkeit, Intoleranz aber auch gegen Bigotterie und glauben an die Macht des Gebets. Sie unterstützten den Internationalen Gebetstag für verfolgte Kirchen, der jeweils im November weltweit stattfindet und fördern damit die Solidarität mit Glaubens­ geschwistern, die wegen ihres Glaubens unterdrückt werden.   Ganz praktisch unterstützt das UMCOR, das Hilfswerk der weltweiten EMK, verfolgte Menschen. Zusammen mit lokalen Partnern betreibt es Flüchtlingslager in Jordanien und im Libanon, wo zehntausende von syrischen Flüchtlingsfamilien ankommen. Getreu den sozialen Grundsätzen der EMK werden hier alle Be­ dürftigen unterstützt, ungeachtet ihrer Nationalität oder Religionszugehörigkeit. Andreas Stämpfli, Connexio-Geschäftsleiter P.S. Spenden für die Unterstützung von syrischen Flüchtlingen werden durch Connexio an das UMCOR weitergeleitet.

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IHRE MEINUNG

Agenda 21./22. FEBRUAR, FR./SA. Dynamo – Theologie für die Gemeindepraxis Predigtlehre Einführung EMK Zürich Zelthof, 9.00–17.00 Uhr Infos / Anmeldung: Bildung+Beratung, 044 299 30 87, bildungundberatung@emk-schweiz.ch 21.–23. FEBRUAR, FR.–SO. Der Wandlung trauen Meditatives Malen mit Christa und Gunnar Wichers Kosten pro Person: ab CHF 362.– Infos / Anmeldung: Hotel Artos Interlaken, www.artos.ch 1. MÄRZ, SAMSTAG Dynamo – Theologie für die Gemeindepraxis Gemeindebau EMK Zürich Zelthof, 10.00–16.00 Uhr Infos / Anmeldung: Bildung+Beratung, 044 299 30 87, bildungundberatung@emk-schweiz.ch 8. MÄRZ, SAMSTAG Tagung «ufgweckt» Voll Vertrauen – erfahren, wie Gott mich trägt EMK Affoltern a.A., 9.40–16.00 Uhr Kosten: CHF 30.– Infos / Anmeldung: Ernst Hug, 033 671 16 29, ernst.hug@emk-schweiz.ch 15. MÄRZ, SAMSTAG Impulsforum – Leben 55+ EMK Aarau, 10.30–16.00 Uhr Kosten: CHF 35.– Infos / Anmeldung: Susanne Vögeli, 044 299 30 88, senioren55plus@emk-schweiz.ch 17.–21. MÄRZ, MO.–FR. Miniaturen-Malkurs Kurs für Initial- und Buchmalerei Kosten pro Person: CHF 846.– im Einzelzimmer Infos / Anmeldung: Hotel Artos Interlaken, www.artos.ch 20.–23. MÄRZ, DO.–SO. Gang nach Emmaus für Männer Männedorf Kosten: ab CHF 350.– Anmeldung: Jürg Bertschinger, Sommerhaldenstr. 50, 5200 Brugg 6

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Zum Leserbrief von Lukas Forster in Ausgabe 1/2014

Gott will unser Glück! Wie kann Lukas Forster schreiben, er lese in der Bibel nirgendwo, dass Gott unser Glück will? Hat er nie gelesen, wie im Alten Testament die Menschen beglückwünscht werden, die sich von Gottes Geboten leiten lassen? Der erste Psalm beginnt mit einem solchen Glückwunsch. Hat er nie die Seligpreisungen Jesu gelesen, mit denen die Bergpredigt beginnt? «Selig» hat Luther übersetzt, «glückselig» steht in der BasisBibel, «freuen dürfen sich alle» sagt die «Gute Nachricht Bibel». Als der gute Hirte sagt Jesus: «Ich bin gekommen, damit sie das Leben in Fülle haben» (Joh 10,10). Und in den Abschiedsreden: «Das habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch sei und eure Freude vollkommen werde» (Joh 15,11). Diese und unzählige weitere Bibelstellen ignoriert Lukas Forster und zählt dafür auf, was die Menschen gemäss den Statistiken der Glücksforscher glücklich macht. Immerhin: ein bisschen zufriedener seien religiöse Menschen schon, egal welcher Religion sie angehören.   Der abschliessende Hinweis auf den Lebenskünstler Salomo und seine Freude am Essen und Trinken als dem einzigen Glück für den Menschen ist mir zu wenig. Salomo hatte gut reden – ihm hat es an nichts gefehlt. Nur hat auch ihn das Alter nicht vor Torheit geschützt: Seine vielen fremdländischen Frauen «zogen sein Herz zu andern Göttern hin, und sein Herz war nicht mehr ungeteilt beim Herrn, seinem Gott» (1 Kön 11,4). Seine glanzvolle vierzigjährige Herrschaft endete mit politischen Wirren und mit der Spaltung des Reiches.   Auch ich geniesse dankbar die guten Gaben Gottes, aber ich will dabei nicht vergessen: «Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit, Frieden und Freude im heiligen Geist» (Paulus, Röm 14,17). Josua Buchmüller, Basel

KURZ NOTIERT

Bethesda Alterszentren übernimmt Einrichtungen von proSenio Im Verlaufe des Jahres 2014 wird die Bethesda Alterszentren AG das «proSenio» Wohn- und Pflegehaus sowie die Wohn- und Pflegegruppen des Vereins in der Region Baden/Wettingen übernehmen. Mit gesamthaft rund 80 Pflegeplätzen, verteilt auf vier Standorte, ist proSenio ein eher kleiner Betrieb. Die laufend steigenden Anforderungen und Veränderungen im Gesundheitswesen bringen Herausforderungen, die im Verbund mit einer grösseren, breiter abgestützten Organisation leichter und wirtschaftlicher bewältigt werden können.   Die rund 90 Mitarbeitenden von proSenio werden durch die Bethesda Alterszentren AG übernommen. Die vier Standorte werden unter der bisherigen Leitung unverändert weitergeführt. Quelle: www.bethesda.ch


AUS DEM K ABINETT

Jörg Niederer: «Durch die offene Aussprache wurde das Vertrauen wieder hergestellt.»

Verbindlich lieben, lernen und leiten

«Ich war und bin ihnen etwas wert» Von Jörg Niederer

Seit einigen Monaten besuche ich den Turnaround-Kurs. Jeden Monat verbringen 13 Personen 24 Stunden in der Wildenau, um in einer verbindlichen Weise zu lieben, zu lernen und zu leiten. Wir sind ein Team, also keine lose Gruppe, sondern ein Verbund von Menschen, die persönlich mitverantwortlich sind für den Prozess und das resultierende Ergebnis.

Konkret besuche ich diesen Kurs, um ab Sommer gemeinsam mit Nicole Becher das Erlebte und Erlernte selbst in ein neues Team einzubringen. Mit der Ostschweizer Pfarrerkleingruppe wollen wir uns auf einen spannenden Weg begeben, ohne zu wissen, wo er uns hinführt. Das Bündnis In Verlauf dieser Schulung ist mir bewusst geworden, wie stark Wertschätzung und gegenseitiges Vertrauen zusammengehören. Im Team haben wir uns sehr früh entschieden, füreinander zu beten, das Erlebte und Gehörte

vertraulich zu behandeln, für einander da zu sein, einander die Lernziele des eigenen Glaubens zu nennen und nachzufragen, ob man diese «Wachstumsschritte» auch umsetzen konnte. Gemeinsam haben wir uns auf ein Bündnis geeinigt. Als Distriktsvorsteher kann ich mir dabei nicht mehr Freiheiten nehmen als andere. So etwas hat in einem Team keinen Platz. Es würde gegenseitiges Vertrauen unterwandern. Erschüttertes Vertrauen Einer der schwierigeren Momente war, als jemand aus dem Team den Eindruck hatte, ich hätte das Bündnis überschritten und Vertrauliches weitergesagt. Also haben wir darüber gesprochen, im ganzen Team, nicht nur zwischen den direkt betroffenen Personen. Denn ist es nicht so: Wenn

jemand oder auch zwei Personen leiden, leiden alle mit in einer verbindlichen Gemeinschaft. Die Gemeinschaft als Ganzes steht dann auf dem Spiel. Die Klärung In der offenen Aussprache wurde der Sachverhalt geklärt. Und mit der Klärung wurde auch das Vertrauen wieder hergestellt. Für mich war das eine bemerkenswerte Erfahrung. Mit anderen Worten: Die Teilnehmenden des Teams waren sich nicht zu schade, dieser Sache hohe Priorität zu geben. Und damit haben sie mich als Person ernst genommen. Ich war und bin ihnen etwas wert, sowohl im Guten wie im Schwierigen meiner Persönlichkeit. Das war und ist erlebte Wertschätzung.

AUS DEM REISEKALENDER DES BISCHOFS IM FEBRUAR 18.–24. Feb. Kommission für theologische Ausbildung in Zentralkonferenzen, Atlanta USA

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THEMA

Fremder: ausgegrenzt, willkommen, geduldet, dominant – die Bibel kennt eine Fülle von Erfahrungen.

Biblische Beobachtungen zu fremd sein und heimisch werden

«Wie ein Einheimischer soll euch der Fremde gelten» Von Felix Wilhelm-Bantel

Fremdsein gehört zu den prägenden Erfahrungen der Israeliten und Juden in biblischer Zeit. Sie erlebten im Lauf der Zeit verschiedene Arten von Fremd-Sein. Das Neue Testament zeugt davon, wie sich Menschen, die einander fremd sind, zu einer neuen Einheit zusammen finden.

Fremd im fremden Land Abraham war immer unterwegs. Was soll er nach Saras Tod tun? Er kaufte von einem Hethiter ein Stück Land (Gen 23). Dieser war bereit, dem Umherwandernden einen Platz zu überlassen, damit er seine Tote so beerdigen konnte, wie es für ihn richtig war. Der Friedhof wird zum ersten Stück Heimat in der Fremde.   Jakob wanderte mit seiner Sippe zu Josef nach Ägypten aus. Josef rät seinen Brüdern, dem Pharao gegenüber falsche Angaben zu machen, weil vom Pharao so die Aufenthaltsgenehmigung leichter zu erhalten war. (Gen 42,31–34 in der Zürcher Bibel. Die Lutherbibel übersetzt den Text anders.)

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Ein späterer Pharao hatte jedoch Angst vor Überfremdung. Er machte die Israeliten zu Arbeitssklaven. Den Israeliten wurde klar: Ägypten kann nicht Heimat sein.   Eines Tages wanderten sie ins Land Kanaan ein. Sie kamen nicht als Gäste, die irgendwann wieder gehen. Sie wollten bleiben. Da lebten sie also bei der kanaanäischen Bevölkerung und übernahmen Kenntnisse und Techniken. Allerdings war die kananäische Kultur tief von religiösen Vorstellungen durchdrungen. Die waren mit dem Gott Israels nicht zu vereinen. Ausgangspunkt für viele Probleme.

Sie kamen nicht als Gäste Die dritte und vierte Generation der deportierten Juden ist in Babylon heimisch geworden. Als der Perserkönig Kyros ihnen die Ausreiseerlaubnis erteilte, blieben viele. Babylon wurde für die nächsten Jahrhunderte zu einem wichtigen theologischen Zentrum der Juden.

Fremde stehen unter besonderem Schutz «Ureinwohner» werden zu Fremden Die Könige Israels und Judas regierten ein Land, das nun ihr Land war. Die ursprüngliche Bevölkerung lebte allerdings weiterhin im Land. Sie wurde Teil der Gesellschaft. Etliche Namen deuten darauf hin, dass die betreffenden Personen keine Israeliten waren. Die Fremden, die Witwen und Waisen standen jedoch unter besonderem Schutz. Sie durften nicht schlechter behandelt werden als die eigenen Leute (so etwa Leviticus 19,34). Begründet wurde dieses Gebot mit der Erinnerung daran, dass die Israeliten selber auch Fremde gewesen sind. Landesbewohner und Heimkehrer Eine besondere Situation ergab sich, als Juden nach dem Untergang des babylonischen Reiches von Babylon nach Jerusalem kamen. Einige gehörten in Babylonien zur jüdischen Oberschicht


THEMA

Zentrum: Das gemeinsame Bekenntnis wird im Neuen Testament zum verbindenden Element.

und waren zu Rang und Namen gekommen. So etwa Serubbabel, Jeschua, Esra, Nehemia. Sie brachten ihre religiösen, politischen und wirtschaftlichen Verhaltensweisen ins Land der Väter. Hier trafen sie auf Juden, die während der Zeit des Exils in Juda geblieben waren. Die Neuankömmlinge haben das Ruder übernommen. Sie hatten Vollmachten des persischen Königs. Es entstanden Konflikte zwischen den einen und den anderen Juden, zum Beispiel: Wie ist der Sabbat zu halten? Oder: Nehemia möchte Mischehen trennen, weil Juden sich mit Leuten aus Moab und Ammon und anderen verschwägert haben. (Neh. 13). Die Geschichte von der Moabiterin Ruth protestiert vehement gegen dieses Vorgehen. Fremd im eigenen Land Auch das haben Israeliten und Juden erlebt und erlitten: Assyrer, Babylonier, Perser, Griechen, Ägypter, Syrer und schliesslich Römer besetzten das Land und herrschten. Die Juden überlebten sie alle.

Einheit aus vielen Völkern Die Christen waren eine Gemeinschaft, die sich nicht auf eine Volkszugehörigkeit beschränkte. In neutestamentlicher Zeit waren sie überall eine verschwindend kleine Minderheit. Das Bekenntnis zu Jesus Christus verband sie jedoch über alle Grenzen hinweg. Sie erlebten ihre Gemeinschaft als Keimzelle einer neuen Weltordnung. Gleichzeitig fühlten sie sich aber doch als Fremdlinge in der Welt.

Christen fühlten sich als Fremdlinge Als die Christen zu einem bedeutenden Faktor in der Gesellschaft wurden, stellten sich neue Fragen, zum Beispiel: Wieweit kann das Evangelium von Jesus Christus die Identität der Menschen prägen? Üblicherweise sind Volkszugehörigkeit, Milieu, Sprache und anderes wichtig. Was ist stärker: die Verbindung mit Christus und damit eine ökumenische, weltumspannende Weite oder menschliche Kriterien?

Zugehörig werden In unseren EMK-Gemeinden spielen sich solche Prozesse im Kleinen ab. Wir finden deren Spuren, wenn wir Geschichten von Menschen hören, die einmal von irgendwoher in eine Gemeinde gekommen und geblieben sind. Sie sind von Zugezogenen zu Zugehörigen geworden. Vielleicht wird beim Zuhören auch klar, warum andere nicht geblieben sind. Umgekehrt wäre interessant zu hören: Wie haben gestandene Gemeindeglieder die Ankunft von Zugezogenen erlebt? Was hat ihnen erleichtert, den Neuen Platz zu geben? Das gemeinsame Bekenntnis zu Christus? Anderes?   Mich dünkt, dem gemeinsamen Bekenntnis zu Christus müsste heute mehr Verbindendes zugetraut werden, als es gewöhnlich geschieht.

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THEMA

Ausgezeichnet: Vier Mal in Folge erhielt die Backpackers Villa die Auszeichnung «Bestes Hostel der Schweiz».

In der Backpackers Villa in Interlaken dreht sich alles um die Gastfreundschaft

«Wir wollen jeden Gast mit seinen Bedürfnissen wahrnehmen» Von Sigmar Friedrich

«Gastfreundschaft» ist das Kerngeschäft der «Backpackers Villa» in Interlaken. David Bühler leitet die Villa und erzählt, wie in der «Villa unter

Gruppen, z.B. Jungscharteams, Schulund Untiklassen. Der grösste Teil der Gäste ist nur einmal im Leben bei uns zu Gast – aber wir haben sogar aus Übersee Gäste, die schon mehrere Male bei uns waren.

den Herbergen» Gastfreundschaft gelebt wird.

David, seit 1998 beherbergt die Backpackers Villa Gäste. Woher kommen eure Gäste? Kommen sie wieder? Unsere Gäste sind mehrheitlich zwischen 18 und 28 Jahre alt und mehr als die Hälfte von ihnen kommt aus Asien, vorab aus Südkorea. Weiter kommen je gut 10% aus der Schweiz und den USA, der Rest verteilt sich auf über 50 Nationen. Das hat sich stark gewandelt in den vergangenen 15 Jahren – zu Beginn kamen rund 2/3 unserer Gäste aus Nordamerika. Man kann sagen, die Gesichter an unseren Frühstückstischen sind ein Abbild der globalen Weltwirtschaft. Neben den vielen jungen Reisenden, die auf ihrer Europareise neben Städten auch die Bergwelt entdecken wollen, beherbergen wir auch Familien und kleine

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Vier Jahre in Folge habt ihr die Auszeichnung «Bestes Hostel der Schweiz» erhalten. Was ist das «Geheimnis» eurer Gastfreundschaft? In unserem Leitbild haben wir die Regel aus der Bibel: «Behandle deinen Nächsten so, wie du selber behandelt werden möchtest» (vgl. Mt 7,12). Das versuchen wir ganz praktisch jeden Tag umzusetzen. Das geht von grosszügigen Annullierungsregelungen über sehr saubere Räumlichkeiten bis zu fairen Anstellungsbedingungen. Wir wollen jeden Gast mit seinen unterschiedlichen Bedürfnissen wahrnehmen. Das heisst, dem einen Gast empfehlen wir eine Wanderung zum See, dem nächsten verkaufen wir ein Ticket aufs Jungfraujoch und dem dritten buchen wir einen GleitschirmTandemflug.

Wie geht ihr mit «schwierigen» Gästen um? Es gibt manchmal Gäste, die mit falschen Vorstellungen in unsere Backpacker-Herberge gekommen sind. In solchen Fällen sind wir dann möglichst hilfsbereit, suchen eine passende Ersatzunterkunft und lassen sie ohne Annullierungskosten in ein anderes Haus weiterziehen. Grössere Gruppen oder Schulklassen sind auch oft herausfordernd, da sie eine gewisse Eigendynamik entwickeln und der Lärmpegel etwas über dem Durchschnitt liegt. In diesen Fällen sind müssen wir klare Hausregeln durchgeben.

In den Zimmern liegen «Time-Out»-Büchlein Die Backpackers Villa gehört zum Verband christlicher Hotels (VCH). Was ist das «Christliche» an der Backpackers Villa? Unsere Arbeitseinstellung ist vom christlichen Glauben geprägt, was eine super Grundlage ist, um gute


THEMA

Gastfreundlich: Aus über 50 Nationen kommen Reisende zur Übernachtung in die «Villa».

Gastgeber zu sein. An verschiedenen Punkten geben wir den Gästen Gelegenheit, auch innerlich zur Ruhe zu kommen und über ihr Leben nachzudenken. So liegt in jedem Zimmer ein «Time Out»-Büchlein mit Inputs, auf den Frühstückstischen gibt es jeden Morgen eine Kurzgeschichte zu lesen und im Dachstock haben wir einen Meditationsraum mit Bibeln in über 20 Sprachen sowie Klavier und Gitarre. Wenn uns Gäste noch Monate nach ihrem Aufenthalt ein Feedback geben und sagen, dass ihnen der Aufenthalt bei uns auf ihrer zweimonatigen Reise quer durch Europa speziell in Erinnerung geblieben ist, dann ist das eine schöne Bestätigung für unser Engagement. So hoffen wir, dass die kleinen Samen, die wir streuen, irgendwann später aufgehen dürfen. Wo machen Marianne und du Ferien – und wie habt ihr Gastfreundschaft erlebt? Wir sind als Familie oft mit dem Zelt oder Wohnwagen unterwegs. Wenn wir aber zwischendurch auch mal in einem Hotel zu Gast sind, dann inter-

essiert uns natürlich immer, wie diese ihre Gastfreundschaft leben. Es ist spannend zu sehen, dass dies in anderen Häusern je nach Gästesegment ganz unterschiedlich aussehen kann. In speziell guter Erinnerung sind uns die Familienferienwochen in der Casa

Moscia im Tessin. Dort erlebten wir eine rundum tolle Versorgung in einer herrlichen Umgebung kombiniert mit einem erfrischenden geistlichen Tiefgang. Vielen Dank für deine Antworten.

«VILLA UNTER DEN HERBERGEN» Die Backpackers Villa wurde 1998 im ehemaligen Altersheim Sonnenhof mit 70 Betten eröffnet. Die Liegenschaft gehört dem Zentrum Artos, betrieben wird das Hostel vom Verein Backpackers Villa Sonnenhof – beides sind selbständige Werke der EMK.   Mit dem Erweiterungsbau konnte die Herberge 2009 deutlich vergrössert werden und so bietet die «Villa unter den Herbergen» heute 190 Betten in 49 Zimmern (Doppel- bis 7-Bett-Zimmer).   Im Übernachtungspreis sind neben dem Frühstück auch die Benützung der Gästeküche und der Eintritt ins öffentliche Hallen- und Freibad inklusive. Mit rund 50 000 Logiernächten pro Jahr gehört das Hostel zu den fünf grös­sten Beherbergungsbetrieben in Interlaken.   Die Bewahrung der Schöpfung ist seit Beginn ein grosses Anliegen. So bezieht der Betrieb 100% Ökostrom und kompensiert den gesamten CO2Ausstoss mit myclimate.org. Mehr Infos:

www.villa.ch

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THEMA

Lorna Barra: «In Chile ist Gastfreundschaft ein Teil unsere Identität.» (Im Bild rechts zusammen mit Scharito Hernández.)

Gastfreundschaft in Chile – und in der Schweiz

«Ich fühlte mich wie zu Hause ...» Von Lorna Barra

Seit acht Jahren lebt und arbeitet Lorna Barra in der Schweiz. Sie erzählt, wie in ihrer Heimat Chile Gastfreundschaft gelebt wird. Und was

Besuchern im Winter etwas Warmes und im Sommer etwas Kühles zu offerieren. Meine Mutter benützt immer noch das beste Geschirr und die schönste Tischdecke, wenn Besuch da ist.

sie in der Schweiz anders erlebt.

Über die chilenische Gastfreundschaft zu sprechen, heisst über einen wichtigen Teil unserer Identität zu sprechen. Wie überall auf der ganzen Welt gibt es Ausnahmen. Dennoch sind die Chilenen allgemein als sehr gute Gastgeber bekannt. Ein bekanntes chilenisches Volkslied besingt dies: «Wenn du nach Chile gehst, siehst du, wie wir die Fremden lieben.»

Vielleicht kommt unerwarteter Besuch Die Gastfreundschaft lernen wir zu Hause. Ich erinnere mich an meine Mutter, die immer mehr als nötig gekocht hat. «Vielleicht kommt ein unerwarteter Besuch», sagte sie (und sagt es immer noch). Ich habe gelernt,

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Trinken wir einen Kaffee? Das ist normal Bei mehr als einer Gelegenheit haben meine Eltern fremde Leute, die an der Tür um etwas zu essen gebettelt haben, an unseren Familientisch eingeladen. Diese Erfahrung war für uns Kinder ganz normal. Wenn du in Chile auf der Strasse einen Freund oder eine Freundin triffst, folgt sofort die Frage: «Trinken wir einen Kaffee?» Weil die moderne Gesellschaft mehr beschäftigt ist, kämpft diese Tradition jedoch ums Überleben. Wenn du jemanden für etwa 19.00 Uhr zum Essen einlädst, kann es gut möglich sein, dass die Person zwei Stunden früher oder eine Stunde später kommt.

Den Hunger töten Ich habe eine Freundin, die spät arbeitet. Sie hat mich oft angerufen und gesagt: «Heute werde ich dich besuchen. Bitte töte, was mich tötet.» Das bedeutet, töte meinen Hunger. Erwarte mich mit etwas Gutem zu essen. Wir haben noch mehrere solche Redewendungen:   «Hey, ich wohne noch immer am gleichen Ort!» Das heisst: besuche mich.   «Wir giessen mehr Wasser in die Suppe.» Also: mach dir keine Sorgen, komm! Es gibt genug für alle.   «Iss zum Glück des Topfes.» Das bedeutet: wenn du ohne Einladung kommst, bekommst du zu essen, was im Topf ist, aber du isst.   «Von einem Ei haben zehn gegessen und der Letzte hat sich übergessen.» Dies sagen wir, wenn jemand Angst hat, ob es genug zu essen gibt. Mit dieser Wendung beruhigen wir ihn.   Das erste Willkommenszeichen, vor allem bei unangemeldetem Erscheinen, ist das Lächeln des Hausbesitzers. Wenn er nicht lächelt, mach dir Sorgen ...


THEMA

Verstorben Martha Bosshard-Nägeli (97) Uzwil-Flawil am 22.11.2013 Christine Arm (34) Aarau am 30.11.2013 Heinrich Berger-Bader (71) Zürich Ost am 1.12.2013 Vreni Stahel (84) Turbenthal am 5.12.2013

Gastfreundschaft planen Hier in der Schweiz traue ich mich nirgends ohne Einladung einen spontanen Besuch zu machen. Wenn ich eingeladen bin, komme ich pünktlich, keine zehn Minuten zu früh oder zu spät. Dies begegnet mir auch bei anderen Ausländern, die schon viele Jahre hier wohnen. In acht Jahren hat mich eine einzige Person, die ich auf der Strasse getroffen habe, spontan zu einem Kaffee, und eine Familie zum Nachtessen eingeladen. Ich war überglücklich und fühlte mich wie zu Hause.

In der Schweiz komme ich pünktlich

Ich habe die Einladung total vergessen. Das tat mir sehr leid. Schuhe an! Etwas kann ich mir wohl in meinem Leben nie angewöhnen: bei einem Besuch die Schuhe auszuziehen. Bei der ersten Einladung eines Schweizer Ehepaares bei uns zu Hause habe ich es sehr lustig gefunden, dass sie ihre Hausschuhe in einer Tüte in der Hand mitgenommen haben. Ein Tipp für zukünftige Einladungen: Treffen wir uns auf der Strasse? Lade mich zu einem Kaffee ein. Lädst du mich zu dir heim ein? Lass mich in meinen Schuhen bleiben ...

ZUR PERSON Bei einer Einladung nehmen in der Schweiz die Leute die Agenda zur Hand und schauen für einen Termin in den nächsten drei bis vier Wochen, manchmal noch länger. Einmal habe ich vergessen, einen Blick in meine Agenda zu werfen. Ich habe eine mir liebgewordene Frau mit ihren guten Spaghetti am Tisch sitzengelassen.

Lorna Barra ist Chilenin. Seit 1999 ist sie Pfarrerin der EMK in Chile. Seit acht Jahren lebt sie in der Schweiz. Sie ist verheiratet mit Ernst Lauber, hat zwei Kinder und ein Enkelkind. Im Moment ist sie Pfarrerin der Latinogemeinde in Kleinbasel.

André Meier (90) Biel am 6.12.2013 Margrith Strittmatter (87) Bern am 12.12.2013 Walter Plüss (97) Rothrist am 14.12.2013 Martheli Matti-Welten (98) Gstaad am 19.12.2013 Hugo Bickel-Meier (81) Zürich Nord am 19.12.2013 Margrit Liechti (89) Staffelbach am 21.12.2013 Hedwig Bühler (100) Zofingen am 23.12.2013 Elisabeth Utzinger-Nägeli (95) Bülach-Oberglatt am 27.12.2013

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UMSCHAU

Jubiläum: Nicht nur die Bar Glasklar feierte, sondern auch die Band. Sie stellte ihre erste CD-Produktion vor.

In der Glasklar-Bar wurde gefeiert

Begegnungsort mit Band und Bar Von Christina Forster, Pfarrerin und Marco Dunkel, Präsident Glasklar-Bar

Wenn die Kirche rockt, dann hört sich das so an wie am 20. Dezember 2013 in der EMK Kleinbasel. Ein Jahr ist es nun her, dass die Bar Glasklar eröffnet hat. Zu feiern gab es zudem die erste CD der Band.

Den musikalischen Auftakt am Jubiläumsabend machte der Gospelchor «Let's Gospel» vom Krea Center. Die Stimmung war einfach super. Dann war Pause und wir konnten unseren Durst an der Bar Glasklar löschen. Wie immer gab es ein besonderes Monatsbier, das von einer kleinen Brauerei in der Umgebung kommt. Kurz vor Weihnachten gab es ausserdem einen Weihnachtscocktail neben vielen anderen Getränken.

Selbst getextet und komponiert Band mit eigenen Lieder Dann endlich war es soweit. Die Band spielte Lieder, die sie selber getextet und komponiert hat. Im Laufe des Jahres konnten wir immer wieder an den

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Freitagabenden die Lieder hören, so dass man sie auch mitsingen konnte. Im Anschluss konnte man die CD mit Noten der Lieder erwerben. Für die Einspielung der CD hat auch der Gospelchor «Let's Gospel» mit geholfen. So hatte die EMK Kleinbasel das Einjährige der Bar und die erste CD (Phase1) der Band zu feiern.

Musik ist ihre Glaubenssprache Teil eines Projektes Was steckt nun hinter all dem? Vor vier Jahren haben vier junge Erwachsene das Projekt «3x Begegnungen» (3xB) auf die Beine gestellt. Ein Teil gehörte zur EMK Kleinbasel. Die anderen standen in losem Kontakt zu ihr. Sie wollten Begegnung erleben und ermöglichen. Das erste der 3xB ist die Bekenntnisgruppe. Sie setzt sich mit Glauben, Kirche und aktuellen Themen auseinander. Hieraus entstanden einige Ideen, die in die Liedtexte der Band einflossen. Das zweite B steht für die Band. Musik ist für sie ihre Glaubenssprache. Das dritte B ist die Glasklar-Bar. Jeden Freitag Abend ist in unserer Kirche im Foyer Bar­

betrieb. Die Besucherzahlen steigen im Durchschnitt. Unbekannten Gesichtern begegnen wir hier. Es ist immer wieder spannend, miteinander ins Gespräch zu kommen. Die Bar ist ein Ort, der offen ist für alle. Sie ist ein Raum der Begegnung. Die Einnahmen werden für gute Zwecke gespendet. Die Barhelfer arbeiten alle ehrenamtlich. Die Bar öffnet um 20.30 Uhr und schliesst spätestens um 2 Uhr morgens.

Stopper positioniert – los geht's! Herzen und Türen öffnen Eine gute Stunde bevor die Bar öffnet, stellt ein zweiköpfiges Team die Theke auf und bereitet das Foyer für den Betrieb vor. Die Beleuchtung und die passende Musik wird entsprechend eingestellt, der Personenstopper auf der Strasse einladend positioniert. Nun kann es losgehen, wir öffnen unsere Türen und Herzen für neue Begegnungen. Ob es unsere Freunde, Bekannte, Menschen aus der Gemeinde oder aus­senstehende Personen sind: jede und jeder findet einen Platz bei uns. Die gemütliche


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Atmosphäre, das vielseitige Angebot an Getränken und der stets herzliche Empfang des Bar-Teams laden zum Verweilen ein.

Wir vergessen nie, wo wir uns befinden

meinde wird. Der Ort, an dem wir alle mithelfen können, dass Menschen in Begegnung kommen und wir für Menschen eine Oase sein können für ihre Sorgen und Lasten, wo sie ein offenes Ohr finden. Im Jahr 2014 ist geplant,

dass die Band einmal im Monat das Programm am Freitagabend in der Bar gestaltet. Weiter angedacht sind zusätzliche Projekte, die man mit dem Barbetrieb verknüpfen kann, wie zum Beispiel kulturelle Angebote.

PHASE1 Teil eines Netzwerkes Wir dürfen immer wieder sehr interessante Begegnungen mit ganz unterschiedlichen Menschen machen. Manchmal bleibt es beim Smaltalk. Manchmal entstehen aber auch sehr tiefgründige und emotionale Gespräche. Mit der Glasklar-Bar ist ein Ort entstanden, wo sich jeder zuhause fühlen kann.   Wir vergessen dabei nie, wo wir uns befinden und was unser Glaube ist und dass all dies so nicht möglich wäre, ohne die Unterstützung aus der Gemeinde und von Connexio und die Mitarbeit der vielen freiwilligen Helfer. Wie geht es weiter? Die jungen Erwachsenen in unserer Gemeinde sind einen mutigen Schritt gegangen. Und ich hoffe als Pfarrerin, dass das 3xB die Mitte unserer Ge-

Bleibe neben mir (Text: M. Funtsch) «Bleibe neben mir, wenn ich nicht mehr weiss, ob die Sonne morgen für mich scheint. Bleibe neben mir, wenn ich alleine steh', und es nicht mehr vorwärts geht. Bleibe neben mir –, wenn die Hoffnung der Andern mich nicht mehr tragen kann. Bleibe neben mir, auch wenn ich Deine Nähe verweigert habe. Halte mich fest, ...» Hintergrund dieses Liedes «Menschen sehnen sich nach Klarheit und Geborgenheit. Jeder von uns kennt auch Ungewissheit und Angst, Gefühle, die uns trennen können, weil die kritischen Situationen von allen anders erlebt werden … Dieser Liedtext ist ein Hilfeschrei und eine Bitte an Gott, uns festzuhalten, wenn es keiner mehr kann.» (aus dem Liedheft 3B Projekt: Phase1) Wer neugierig geworden ist, kann die CD mit Liedheft bestellen unter: phase1@gmx.ch.

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Sarah Bach: «Die gute Gemeinschaft hat mir geholfen, mich schnell hier einzufinden.»

Sarah Bach studiert seit Oktober 2013 an der Theologischen Hochschule Reutlingen

«Ich fühle mich immer wieder herausgefordert» Von Sigmar Friedrich

Seit Anfang Oktober studiert Sarah Bach an der Theologischen Hochschule Reutlingen (THR). Gegen Ende ihres ersten Semesters haben wir sie nach ihren ersten Erfahrungen gefragt.

15 Schweizer studieren hier Sarah, wie gross ist Dein Semester? Wir haben ein vergleichsweise grosses Semester mit insgesamt 22 Studierenden. Darunter sind auch sechs Schweizer. Insgesamt studieren zur Zeit 15 Schweizer an der THR. Was sind die Hauptthemen in Eurem ersten Semester? Rein stundenmässig gesehen liegt der Schwerpunkt auf dem Neuen Testament sowie der griechischen Sprache. Gerade Griechisch ist sehr herausfordernd und nimmt auch ausserhalb des Unterricht am meisten Zeit zum Lernen in Anspruch.

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Wo hast Du einen neuen Blickwinkel auf Fragen des Glaubens erhalten? In der systematischen Theologie fühle ich mich immer wieder herausgefordert durch Fragen, die sich bereits viele Theologen gestellt haben und auf die wir keine eindeutige Antwort haben: Wenn wir eine Erlösung durch Jesus brauchen, heisst das, dass unsere Welt schlecht geschaffen ist? Sind einige von uns dazu vorherbestimmt mit Gott zu leben – und andere dann eben nicht?   Oft geht es bei diesen Fragen vor allem darum, sich seine eigene Meinung klar zu machen. Manchmal ist dies einfach, manchmal aber auch nicht.

Solche Verhandlungen bleiben selten im Vorlesungsraum, sondern dehnen sich meist weiter aus und werden bis spät in die Nacht hinein von uns noch diskutiert.

Wir diskutieren oft bis in die Nacht

Gemeinsam leben und studieren – wo und wie erlebst Du das? Die Studierendengemeinschaft hier in Reutlingen ist etwas Spezielles. Man isst, lernt und feiert miteinander (und Gründe zum Feiern finden wir hier immer). Es ist ein bisschen wie in einer grossen Familie. Zeiten wie die Weihnachtsferien werden da schon beinahe zu einer Herausforderung, da man so lange auf diese Gemeinschaft verzichten muss. Genau diese Gemeinschaft hat mir auch extrem geholfen, mich hier einzufinden und schnell zuhause zu fühlen.

Gibt es Themen, die kontrovers diskutiert werden? In einer unserer ersten Vorlesung im Neuen Testament kam das Thema «Allversöhnung» auf, das dann auch gleich sehr hitzig diskutiert wurde.

Wie pflegst Du Deine persönliche Beziehung zu Jesus? Ich versuche, mir regelmässig Zeit zu schaffen für eine stille Zeit. Eine Zeit nur für mich und Gott, wo ich ihm hinlegen kann, was mich beschäftigt, und ich auf sein Wort hören kann. Zu-


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Impressum Zeitschrift der Evangelisch-metho­distischen Kirche in der Schweiz: Erscheint monatlich Redaktor: Sigmar Friedrich Redaktionsgruppe: Martina Läubli, Michael Schwaller Redaktionsadresse: Kirche und Welt, Postfach 1344, 8026 Zürich Telefon 044 299 30 85 redaktor@emk-schweiz.ch Abonnement: Schweiz: CHF 54.– (für Mitglieder und Freunde der EMK freiwillig) Ausland: CHF 75.– Postcheckkonto: EMK Schweiz, Zeitschrift Kirche und Welt, 8004 Zürich, 80-23018-5 Adressänderung/Abbestellung: Zentralverwaltung EMK Postfach 1344, 8026 Zürich Tel. 044 299 30 80, Fax 044 299 30 89 Mail: zentralverwaltung@emk-schweiz.ch

dem haben wir auch verschiedene Angebote, in denen wir die Gemeinschaft mit Gott pflegen können, wie zum Beispiel beim Gottesdienst in der Wochenmitte, bei den Andachten zum Tagesstart oder beim Nachtgebet, das wir einmal wöchentlich in einer kleinen Gruppe gestalten. Was fehlt Dir in Reutlingen am meisten? Am meisten fehlen mir klar die Freunde, die ich in der Schweiz zurücklassen musste und jetzt seltener sehe. Dies war am Anfang auch der schwerste Teil des Eingewöhnens, bevor sich die neuen Beziehungen hier in Reutlingen aufgebaut haben.

ZUR PERSON Sarah Bach (21) studiert seit Anfang Oktober an der THR. Zuvor war sie auf dem Bezirk Uzwil-Flawil im Gemeindepraktikum. Über diese Zeit sprachen wir mit ihr in Kirche und Welt 9/2013. Sie finden die Ausgabe im Internet unter: www.issu.com/emk_schweiz

WEITERFÜHREND Theologische Hochschule Reutlingen (THR) Die THR ist die theologische Ausbildungsstätte der EMK im deutschsprachigen Raum. Sie wird getragen von der EMK in Deutschland und in der Schweiz. www.th-reutlingen.de Systematische Theologie Die Systematische Theologie ist ein Teilbereich der theologischen Ausbildung, in dem es darum geht, Glaubensinhalte und Glaubens­ praxis im Kontext unserer Zeit zu bedenken und tragfähig zu begründen. Dazu fragt die Systematische Theologie nach dem biblischen Zeugnis, der Bekenntnistradition der christlichen Kirche und bezieht auch nichttheologische Wissenschaften in das Nachdenken mit ein, um tragfähige Aussagen über die Voraussetzungen, Inhalte und die praktische Lebensgestaltung des Glaubens zu gewinnen.

Anzeigenverwaltung: Jordi AG – das Medienhaus Christian Aeschlimann Aemmenmattstrasse 22, 3123 Belp Telefon 031 818 01 25 Telefax 031 819 38 54 E-Mail: inserate.kuw@emk-schweiz.ch Insertionsschluss für 3/2014: 12.2.14 Grafik + Gestaltung: P+S Werbung AG, 8184 Bachenbülach www.pswerbung.ch Druck / Vertrieb: Jordi AG – das Medienhaus, 3123 Belp www.jordibelp.ch Kirche und Welt wird klimaneutral hergestellt: www.preservecreation.ch Bildnachweise: S.1, 8 nikfin, sxc.hu S.2 Deike, gemeindebrief.de S.3, 7, 13, 12, 21 KuW S.3 D. Schütz, pixelio.de S.4, 5, 10, 11, 14–18 zVg S.5 J. Parkin, photoXpress.com S.9 M. Barnebeck, pixelio.de S.18 F. Fadel, wicc.org S.19 Studio Cl Art, photl.com S.24 D. Kostic, photoXpress.com

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FRAUENNETZWERK

Lebensader: Der Künstler Farid Fadel zeigt mit seinem Bild, wie wichtig das Wasser für Ägypten ist.

Zum Motto der Jährlichen Konferenz

Informiert beten am 7. März

Lichtsignale

Ströme in der Wüste

«Im Osten geht die Sonne auf – im Süden hat sie ihren Mittagslauf, im Westen wird sie untergehen, im Norden ist sie nie zu sehen.» Wir alle kennen diesen Spruch noch aus Schulzeiten. Er kann helfen, sich die Himmelsrichtungen zu merken und sich im Tagesverlauf zu orientieren.   Die Sonne steht, wenn sie aufgegangen ist, dann über allen und allem – egal ob Ost oder West, Süd oder Nord. «Gott lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute» – auch diesen Satz aus Matthäus 5,45 kennen viele. Hilft er auch, uns zu orientieren?   Ich finde schon: Egal, welche Richtung mein Leben gerade nimmt – Gott lässt seine(!) Sonne über mir aufgehen. Damit kann ich vielleicht nicht immer in der Bewegung meines Lebens merken, ob ich in die richtige Richtung gehe, einen Umweg einschlage oder komplett in die Irre laufe. Aber ich kann mir sicher sein, dass Gott auf allen Wegen hilfreiche Lichtsignale gibt. Mit ihm kann ich mich in und durch jedes Dunkel des Lebens wagen, denn er lässt niemanden im Dunkeln stehen. Nicole Becher

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Von Sigmar Friedrich

Frauen aus Ägypten, einem der wasserärmsten Länder der Erde, haben die Liturgie für die Feiern des Weltgebetstags am 7. März geschrieben. Ihre Bitten und Gedanken entstanden unter den ersten Eindrücken des «arabischen Frühlings» 2011. Sie sind hoch aktuell.

Mit dem Thema der Liturgie «Ströme in der Wüste» und der Begegnung der samaritanischen Frau mit Jesus am Jakobsbrunnen zeigen die Ägypterinnen auf, wie Jesus mit drei gängigen Übeln seiner Zeit aufräumte: der Diskriminierung unter den verschiedenen Volksstämmen sowie den sozialen und religiösen Ausgrenzungen. Die Verfasserinnen wünschen sich, dass das lebendige Wasser die Quelle allen Lebens auf dieser Erde werde und alle Menschen in Frieden miteinander leben können.   Die Liturgie lädt ein, auch im eigenen Leben die Ströme zu entdecken, die in unseren Wüsten hervorbrechen: Zeiten und Orte, an denen Gott am Werk ist.

Voller Hoffnung Etwa 10% der ägyptischen Bevölkerung sind Christ/innen. Sie gehören zu koptischen, katholischen und evangelischen Gemeinden. Dass Christen und Muslime, Liberale und Konservative, Arme und Reiche, Frauen und Männer 2011 und auch 2013 gemeinsam protestierten, war wichtig für Ägyptens Gesellschaft. Für viele Frauen war die Revolution ein Schlüsselerlebnis. Mit Blick auf die damaligen Forderungen fragt der Weltgebetstag nach der heutigen Situation und nimmt dabei vor allem die ägyptischen Frauen in den Blick. Mit den Kollekten der Gottesdienste werden unter anderem zwei ägyptischen Partnerorganisationen unterstützt, die sich für Mädchenbildung und die Mitbestimmung von Frauen einsetzen.

INFORMIERT BETEN Hinweise zu Veranstaltungen zum Weltgebetstag am 7. März in Ihrer Region finden Sie im Gemeindebrief Ihrer EMK-Gemeinde. Weitere Informationen zum Weltgebetstag: www.wgt.ch


IN EIGENER SACHE

Ergebnisse der Umfrage 2013

Wer liest wieviel in Kirche und Welt?

Arbeit!

schen 30 bis 59 Jahren lesen Kirche und Welt in Auszügen. Sie informieren sich über das Geschehen in der Kirche stärker über das Internet oder den News-Feed. Kaum gelesen wird Kirche und Welt von den Personen zwischen 16 bis 29 Jahren. Diese Gruppe nutzt am stärksten die Apps für Android oder iPhone – und würde auch begrüssen, wenn die EMK auf sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter aktiv wäre.

Die Umfrage wurde erstellt und ausgewertet in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Nordwestschweiz. 1200 Fragebögen wurden verschickt – nicht nur an Haushaltsadressen, sondern gezielt an Personen aus dem jeweiligen Haushalt. Rund 400 Fragebögen wurden wieder zurückgeschickt und konnten ausgewertet werden.   Das sind einige der Ergebnisse der Umfrage:

Mehr als die Hälfte Von allen Befragten lesen rund 53 Prozent mehr als die Hälfte von Kirche und Welt. Am meisten gelesen wurden die Gedankenanstösse von Urs Schweizer. Ebenfalls auf grosses Interesse stossen Informationen zu neuen Gliedern und Verstorbenen und Berichte zu Projekten aus Gemeindebezirken sowie die Beiträge zum jeweiligen Heftthema.

Das Alter der Lesenden Am intensivsten gelesen wird Kirche und Welt von Personen, die 60 Jahre oder älter sind. Personen im Alter zwi-

Bitte mehr Stellungnahmen Viele der Befragten zeigten sich sehr interessiert, mehr Stellungnahmen zu politischen Abstimmungen in Kirche

Von Sigmar Friedrich

Im Herbst letzten Jahres haben wir unter den Leser/innen von «Kirche und Welt» eine Umfrage durchgeführt, um zu sehen, wie das Heft gelesen wird. Es freut uns sehr, dass sich so viele an dieser Umfrage beteiligt und den Umfragebogen zurückgesandt haben. Herzlichen Dank für diese Unterstützung unserer

und Welt zu lesen. Auch die Themen «Glaube und Umwelt» und Fragen der sozialen Gerechtigkeit stossen auf Interesse. Oft wurde auch das Anliegen geäussert, mehr persönliche, zeugnishafte Berichte in Kirche und Welt zu lesen. Wie geht es weiter? Der Ausschuss für Medien- und Öffentlichkeitsarbeit hat in einer Sitzung bereits einmal die Ergebnisse der Umfrage zur Kenntnis genommen. Im jetzt begonnenen Jahr sollen die Ergebnisse ausführlicher diskutiert und über die Konsequenzen beraten werden. Mit Blick auf Kirche und Welt steht unter anderem zur Diskussion, in welchem Rhythmus und mit welchem Umfang die Zeitschrift künftig erscheint. Wie die EMK in den sozialen Netzwerken aktiv werden kann, wird ebenfalls angedacht werden.

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NACHRUF

Zum Tod von Benjamin Boller (19.4.1923–3.1.2014)

Humorvoll und nachdenklich Benjamin Boller wurde am 19. April 1923 als drittes Kind von Lydia und Edwin Boller geboren. Durch Andacht und Gebet in der Familie, den Gottesdienstbesuch in früher Jugendzeit, wurde er zu Christus geführt und durfte Gottes vergebende Gnade erleben. Die vom Glauben an Gott geprägte Erziehung stellte die Weichen für seinen Lebensweg.   Vom Geburtsort im Zürcher Oberland führte der Weg in bedrückender Krisenzeit ostwärts in den Kanton Thurgau. Der Vater fand eine Arbeitsstelle in Arbon, einige Jahre später nach Rorschach. Die Eltern wurden zum Sigristendienst berufen und die Kinder wurden intensiv in diese Aufgabe mit einbezogen. Die Ausbildung zum Feinmechaniker nach Ende der Schulzeit war überschattet durch die erschütternden Ereignisse des 2. Weltkriegs.   Im Jahr 1945 besuchte Benjamin Boller ein Männerlager unserer Kirche in der Viktoria, Reuti-Hasliberg. Durch Bibelarbeiten wurde in ihm der Ruf ins Predigtamt geweckt; langes Widerstreben löste eine bis anhin noch nie erlebte Krise am Arbeitsplatz

aus. Nach dem Ja zum Dienst in der Kirche löste sich schlagartig die Not am Arbeitsplatz.   Den «Gehilfen-Dienst» versah Benjamin Boller in Herisau, erhielt dann seine Ausbildung in Basel und Frankfurt am Main. Dann folgte die Heirat mit Margrith. Dem Ehepaar wurden drei Kinder geschenkt. Benjamin Boller versah seinen Dienst in Gerlafingen, Langnau i.E., Rheineck, Rupperswil, Gelterkinden und Flaach. Nach der Pensionierung zog das Ehepaar nach Niederuzwil. Dort versah Benjamin für einige Jahre den Sigristendienst in der Kapelle. 2010 zog das Ehepaar ins Alters- und Wohnheim Eschlikon. Im April 2013 durfte er seinen 90. Geburtstag, im August den 60. Hochzeitstag feiern. Nach einem Sturz musste Benjamin vor Weihnachten 2013 einige Tage notfallmäs­ sig ins Spital. Am 24. Dezember war er wieder zu Hause. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich am Morgen des 2. Januar unerwartet und sehr schnell. Seine irdische Reise hat er am früheren Morgen des 3. Januar abgeschlossen.

Benjamin Boller war ein sehr vielseitig interessierter Mensch, hatte Freude am handwerklichen Arbeiten, an der Fotografie und Kalligraphie, an klassischer Musik und Kunst. Er war literarisch bewandert, liebte die Sprache und war ein sehr guter Geschichtenerzähler. Fröhlicher Humor und nachdenklicher Tiefgang verbanden sich bei ihm in besonderer Weise.   Nun ist sein sehnlichster Wunsch, der in Psalm 17,15 beschrieben ist, für ihn in Erfüllung gegangen: «Ich aber will schauen dein Antlitz in Gerechtigkeit; ich will satt werden, wenn ich erwache, an deinem Bilde.»

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LEBEN 55+

Neue Mitglieder Die nachfolgenden Personen sind neu «bekennende Glieder» der EMK. In einem Gottesdienst haben sie sich öffentlich zu ihrem Glauben bekannt und unterstützen die EMK in ihrem Dienst und Auftrag. am 25.08.2013 Klingenberg-Kreuzlingen Eva Zülle Eggmann Michael Zülle am 22.09.2013 Uzwil-Flawil Christine Schöni am 26.10.2013 Solothurn Latino Monica da Silva Jacinto Rita Lorenz Marcel Lorenz Rosangela Martino Elisa Martins Della Casa Maria de Fatima Obrecht da Silva Luzia Amparo Setz–Rios am 17.11.2013 Baden John Hategekimana Clémentine Hategekimana am 01.12.2013 Uzwil-Flawil Elisabeth Letsch-Rutz Jonathan Letsch am 1.12.2013 Solothurn Caroline Krüger-Graber Tobias Krüger Claudia Leimgruber-Neukom Sandra Lutz Annelis Mühlemann-Reusser Seongjin Trabandt Jens Trabandt

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Das «Impulsforum – Leben 55+»

Ideen für die Gemeindearbeit Von Susanne Vögeli

Kennen Sie den Satz: «Gemeinschaftsnachmittag? Ich? Da gehe ich hin, wenn ich wirklich alt bin!» Haben die klassischen Seniorennachmittage bald ausgedient?

ihre Interessen verändern sich. Menschen unserer Zeit haben ein enormes Bedürfnis nach Zugehörigkeit, gleichzeitiger Unabhängigkeit und dem Wunsch, die Fragen nach Sinn beantwortet zu bekommen. Ideale Voraussetzungen für die Kirche, aktiv zu werden und hier Versuchsfeld zu bieten! Aber wie?

Reichen für den Besuchsdienst bei alten oder kranken Menschen das Kirchengesangbuch und die Bibel aus? Neue Ideen Oder benötigen Personen, die sich im Am Samstag, 15. März findet in Aarau Besuchsdienst engagieren, weitere ein «Impulsforum – Leben 55+» statt, «Instrumente», um diesen wichtigen das mit sieben verschiedenen WorkDienst kompetent und menschen- shops Hilfestellungen und Ideen vermittelt für die Arbeit mit Menschen freundlich verrichten zu können? im reiferen Alter. Eingeladen sind alle Gute Voraussetzungen Interessierten, Pfarrpersonen und Angebote für Senioren werden oft ver- Multiplikatoren. Einladungsprosbunden mit: Kaffee und Kuchen, Dia- pekte liegen in den EMK-Bezirken auf vorträge, Carfahrten und sehr alte oder können unter folgender Adresse Menschen. Zunehmend fühlen sich äl- bezogen werden: tere Menschen durch die Angebote der KONTAKT Gemeinden nicht angesprochen, die Bedürfnisse der heutigen und zukünfBeauftragte für Seniorenarbeit – tigen Altengenerationen – unsere BeLeben 55+, Susanne Vögeli, dürfnisse – haben sich verändert. Tel. 044 299 30 88 oder   Unsere Gesellschaft wird immer senioren55plus@emk-schweiz.ch komplexer, ihre Ansprüche steigen,


LEBEN 55+

Im Fokus: Das Impulsforum vermittelt Ideen für eine zeitgemässe Seniorenarbeit.

DIE WORKSHOPS Impulse für traditionelle Seniorenangebote Seniorenanlässe, die hauptsächlich Menschen über 75 Jahre ansprechen, können je nach Gemeinde, Zielpublikum und Mitarbeitenden sehr verschieden aussehen. Neben dem Austausch über Gelingendes und Schwieriges gibt dieser Workshop neue Impulse für die Gestaltung und Organisation solcher Angebote. Jungseniorenprojekte Zwei Jungseniorinnen und ein Jungsenior geben Einblick in die Geschichte ihrer Kirchgemeinden und den Umgang mit den Bedürfnissen von Frischpensionierten. Immer mit dem Ziel, in entspannter Weise mit Kirchendistanzierten ins Gespräch zu kommen. Hilfestellungen für den Besuchsdienst «Menschen haben Menschen nötig, um Mensch zu sein, um Mensch zu bleiben!» Was trägt, wenn Grenzen sichtbar werden und Beschwerden und Krankheit meinen Alltag bestimmen? Wie kann ich mit meinem Gegenüber darüber ins Gespräch kommen? Fresh Expressions in der Seniorenliga Brauchen wir «Fresh Expressions» (Neue Ausdrucksformen der Kirche)? Wo sehen wir Chancen und Möglichkeiten? Einladung zum Fantasieren und Visionieren, wie wir der Kirche ein neues Gesicht geben können.

Rituale und Übergangsfeiern Übergänge gibt es viele im Leben, z.B. wenn die erwachsenen Kinder ausziehen, bei der Pensionierung oder bei anderen Abschieden. Das Feiern von Ritualen kann einen Weg bahnen zur Lebensfreude oder Mut erzeugen, Neues anzupacken. Wie gestalten wir Rituale und wozu helfen sie uns? Ganz praktisch feiern wir gemeinsam ein Übergangsritual. Erzählcafé Älter werdende Menschen erzählen gerne aus ihrem Leben. Um diesem Bedürfnis nachzukommen, können wir wertfreie Erzählräume in oder ausserhalb der Kirchenmauern schaffen. Wie aber gestalten wir ein Erzählcafé? Es gilt ein paar wichtige Kriterien zu beachten, damit im Erzählcafé eine Atmosphäre geschaffen wird, die zum Erinnern und Erzählen aus dem eigenen Leben anregt. Stufen des Lebens Alle Sinne werden durch Bodenbilder und Dialoge angeregt und sollen helfen, einen neuen Zugang zu biblischen Themen und Texten zu schaffen. Mit Augen, Ohren und mit dem Herzen möchte «Stufen des Lebens» Glaubensund Lebenshilfe anbieten. Im Workshop wird eine KursEinheit vorgestellt.

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Teilhaben an der Mission Gottes

Anne weiss nicht, dass sie Missionarin ist Von Üllas Tankler

Dr. Üllas Tankler ist Europasekretär der weltweiten Missionsbehörde der United Methodist Church

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Anne ist eine Klavierlehrerin an einer örtlichen Musikschule in Estland. Sie ist auch Organistin in der EMK-Gemeinde am Ort. Musik ist für sie ebenso sehr wichtig wie ihr Glaube. Aber sie kann in der Musikschule nicht predigen – und hat das zum Glück auch noch nie versucht. Denn Anne weiss, dass sie keine Predigerin ist.   Dennoch hat Anne als Organistin und Musikschul-Lehrerin schon alle möglichen Dinge gemacht, um ihre Arbeit mit ihrem Glauben zu verbinden. So bat sie ihre Schüler, während des Gottesdienstes in der Kirche zu spielen – für die Kinder eine Chance, vor Publikum aufzutreten. Einige Schüler wären sicherlich niemals in einen Gottesdienst gekommen, hätte Anne sie nicht darum gebeten, dort zu spielen.   Sie organsierte Konzerte in der Kirche. Jetzt kamen noch mehr Schüler in die Kirche und brachten ihre

Freunde und ihre Familie mit. Viele Leute, die sonst nie in die Kirche gehen würden, kamen.   Anne ging noch einen Schritt weiter und organisierte ein Osterkonzert, bei dem ihre Schüler zusammen mit verschiedenen Musikgruppen der Gemeinde musizierten.   Schliesslich rief Anne an der Musikschule ein Projekt ins Leben, das den Schülern die Möglichkeit gab, sich auf geistliche Musik zu spezialisieren. Kürzlich feierten sie ihr zehnjähriges Bestehen, und Anne organisierte in diesem Zusammenhang eine Ausstellung zum Thema «geistliche Musik». Wieder in ihrer Kirche – nicht in der Schule.   Anne predigt nicht. Sie evangelisiert nicht mit Worten. Aber sie nimmt an Gottes Mission teil. Für mich ist sie deshalb eine Missionarin – wie alle Christen, die ihren Glauben dort, wo sie sind, auf ihre ganz eigene Art zeigen. Vor allem auch deswegen ist Anne eine Missionarin, weil sie nicht der Meinung ist, eine zu sein.


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