Kirche und Welt 2/2015

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LAGE M I T BE I

Kirche und Welt Die Zeitschrift der Evangelisch-methodistischen Kirche der Schweiz

Michael Schwaller über die «Frömmler» und die Medien

«Die Freikirchen haben ein Imageproblem» Seite 8/9

«Sie sind itter, als dies zu erwarten war»

Es fehlt ihnen am Nötigsten

Mit einem Fragebogen zu den Leuten gehen?

Ein Gespräch über die Chancen des Alters Seite 4/ 5

Neue Welle der Gewalt im Kongo Seite 13

Glieder der EMK Lenk liessen sich herausfordern Seite 16/17

The United Methodist Church


Inhaltsverzeichnis Ein Gespräch mit Jutta Stahl über die Chancen des Alters

«Sie sind fitter und gesünder, als dies zu erwarten war»

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Claudia Haslebacher schaut noch einmal auf 2014 zurück

Danke für das Unterwegssein

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Zeitungen über die Freikirchen

Unterricht als Bibelstunde?

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Michael Schwaller über die «fromme Jugen darbeit», die «Frömmler» und die Medien

«Die Freikirchen haben ein Imageproblem»

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Barbara Streit-Stettler möchte offensiv am Image der Freikirchen arbeiten

Die Freikirchen müssen gemeinsam vorgehen

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Weshalb das BSV die Arbeit von Takano nicht mehr fördert

Nur noch «christliche Grundwerte» erlaubt?

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Neue Welle der Gewalt im Osten der Demokratischen Republik Kongo

Es fehlt ihnen am Nötigsten

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Dreiteiliges Seminar zur «christlichen Lehre von der Erlösung» in Bern

«Jeder muss sein persönliches Bild finden»

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Wie Glieder und Freunde der EMK Lenk sich herausfordern liessen

Mit einem Fragebogen zu den Leuten gehen?

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Über die Schweizer Studierenden an der Theologischen Hochschule

Fast wie ein kleiner Kanton

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Informiert beten am Weltgebetstag

Radikale Liebe

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Tipps der ältesten Gemeindeglieder zum Umgang mit Geld

Regeln, die uns inspirieren können

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Meine Menschenfurcht zu überwinden, lohnt sich

Kleiner Aufwand, grosse Wirkung

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Editorial Liebe Leserin, lieber Leser «Haben die Freikirchen ein Imageproblem?», ist die Frage, der die thematischen Beiträge dieser Ausgabe nachgehen. Während die Ausgabe entstanden ist, haben sich die politischen Ereignisse überschlagen: in Deutschland fanden die Demonstrationen der «PEGIDA» vor allem in Dresden regen Zulauf. Die Initianten befürchten eine «Islamisierung» Europas. Anfang dieses Jahres dann die Attentate auf die Redaktion der Satirezeitschrift «Charlie Hebdo» in Frankreich. In anderen europäischen Ländern kam es zu Polizeiaktionen gegen mutmassliche Terroristen mit islamistischem Hintergrund. Wenige Personen mit extremen Positionen können das Ansehen einer ganzen Glaubensgemeinschaft nachhaltig schädigen – wenn die breite Öffentlichkeit das zulässt und nicht bereit ist zu differenzieren. Hier berühren sich die Fragenkreise eng. Denn auch das Bild der Freikirchen wird nicht selten von wenigen extremen Personen oder Gruppierungen bestimmt. Und nur zu gern werden diese Positionen dazu missbraucht, dieses ganze freikirchliche Milieu zu diskreditieren. Vielleicht sollte uns nicht zuletzt diese Erfahrung abhalten vor vorschnellen und einseitigen Urteilen.

Sigmar Friedrich Redaktor

Ich bin... Von Stefan Moll

Mit dem Ruf «Ich bin Charlie» haben sich in den letzten Wochen viele mit Charlie Hebdo solidarisiert. Diese Solidarität haben auch andere nötig: «Ich bin Nigeria, Muslim, Afghane...» war zu lesen. Allerdings wurden die Redaktoren in Paris mit ihren neuen Freunden nicht richtig glücklich. Sie fühlen sich vereinnahmt und benutzt. Viele kochten ihr eigenes Süppchen. Vor allem die rechtsnationalen Parteien haben rasch vergessen, dass Charlie Hebdo sie eben noch als «stinkende Kacke» bezeichnet haben. «Ich bin Charlie», heisst jetzt: «Seht her, meine Ideologie ist die richtige». «Ich bin Christ», sagen wir. Auch ein Bekenntnis. Es droht dieselbe Gefahr: Jesus Christus wird für die eigenen Bedürfnisse und Weltanschauungen vereinnahmt. Er wird auf diese Weise gezähmt und nahtlos in den eigenen, unerlösten Lebensstil eingefügt. Seine Kritik – gerade auch an den Frommen – wird überhört. Identiikation mit Jesus Christus heisst, Neues von ihm zu lernen. Neue Liebe zum Beispiel. Oder seine Bereitschaft, zu dienen statt zu herrschen. Seine Offenheit gegenüber anderen Religionen und Minderheiten. Damit hat er schon damals Fromme erbost. Aber darum sollten wir uns nicht kümmern. Wir hören auch, wie Jesus von sich sagte: «Ich bin». Man kann in unsere Zeit hinein übertragen: «Ich bin Mensch!». Seine Solidarität mit uns birgt die erlösende Kraft, mit der wir uns wirklich mit Jesus Christus identiizieren können.

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LEBEN 55 PLUS

Referentin: Jutta Stahl spricht an der Fachtagung zum Thema «Mein Alter ist meine Chance»

Ein Gespräch mit Jutta Stahl über die Chancen des Alters

«Sie sind itter und gesünder, als dies Von Susanne Vögeli

Jutta Stahl ist Fachpsychologin für Klinische Psychologie und Psychotherapie mit Schwerpunkt Alter. Am 14. März wird sie als Fachreferentin an der Tagung «Mein Alter ist meine Chance» in Aarau sprechen.

Frau Stahl, wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus und was ist der Grund, dass Sie sich auf ältere Menschen spezialisieren? Neben verschiedenen Tätigkeiten als Dozentin und Supervisorin arbeite ich seit 2007 am Institut für Angewandte Psychologie (IAP) vorwiegend als Psychotherapeutin mit Erwachsenen jeden Alters. Davor habe ich aber während 12 Jahren in verschiedenen Einrichtungen der Psychiatrie fast ausschliesslich mit Patient/innen im höheren Alter gearbeitet und mir dabei in Theorie und Praxis Spezialkenntnisse im Bereich Entwicklungspsychologie, Klinische Psychologie und Psychotherapie im Alter angeeignet. Die Arbeit gerade mit älteren Menschen inde ich nach wie vor sehr spannend. Studien belegen, dass die Zufriedenheit der älter werdenden Menschen gross ist trotz vielfältiger Verluste und Belastun-

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gen. Was sind die Gründe dafür? Die Generation der jetzt älteren Menschen ist mit einem eher negativ geprägten Altersbild aufgewachsen, bei dem die Gebrechlichkeit und der Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben im Vordergrund stehen. Gemessen an diesen negativen Vorstellungen erleben die jetzt älteren Menschen ihr Altsein wesentlich positiver. Sie sind itter und gesünder, als dies zu erwarten war. Ihnen stehen mehr Ressourcen zur Verfügung, um diese Lebensphase auf befriedigende Weise zu nutzen. Der Blick auf das Positive im Sinne von «Mir geht es ja noch gut ...» hilft, dankbar zu sein und sich an dem zu freuen, was «noch» möglich ist. Die zu erwartenden und teilweise unausweichlichen Verluste und Belastungen können dann leichter akzeptiert werden. Gibt es einen Unterschied im Wohlbeinden zwischen kirchlich sozialisierten und kirchendistanzierten Menschen? Zunächst sind die Akzeptanz dessen, was mit dem Altern an Verlusten und Belastungen einher geht, die Dankbarkeit dafür, was noch möglich ist, und die Fähigkeit diese verbliebenen Möglichkeiten aktiv zu nutzen, ganz

grundlegend wichtige Strategien, um Wohlbeinden zu erhalten. Darüber hinaus wird dieses Wohlbeinden vertieft durch die Fähigkeit, dem Lauf der Dinge einen Sinn abgewinnen zu können. Für die individuelle Sinnindung gibt es aber kein Rezept. Jeder Mensch muss selbst herausinden, was seinem Leben Sinn gibt. Sich als Teil einer Glaubensgemeinschaft zu fühlen, kann sehr hilfreich sein bei der individuellen Sinnsuche und -indung. Die damit verbundenen sozialen Kontakte können eine wertvolle Unterstützung sein, wenn es darum geht, die mit dem Altern unvermeidlichen Krisen zu meistern. Sie stellen uns an der Fachtagung ein interaktives Stressmodell vor, um erfolgreiche Bewältigungsstrategien abzuleiten. Ist es im Alter überhaupt noch möglich, eingeübte Verhaltensmuster zu verändern? Strategien, die man sich über das Leben angeeignet hat, um belastende Situationen zu bewältigen, haben sich meistens bewährt – sonst hätte man sie ja schon früher aufgegeben. Gleichwohl kann es sein, dass bewährte Strategien angesichts einer neuartigen Belastungssituation nicht (mehr)


Z hlstelle SOLIDARISCH NACHHALTIG TRANSPARENT

Leben 55 plus Kirche elisch-methodistischen Eine Fachtagung der Evang Pfarr personen, en Alter, Interessierte, für Menschen im reifer t Leben 55 plus twortliche in der Arbei Angehörige und Veran

Chance Mein Alter ist meinen gewi nnen kann für mein Lebe

Klinische , Fachpsychologin für • Frau Dr. Jutta Stahl Zürich (Schwerpunkt Alter), n Galle St. er der EMK • Peter Gumbal, Pfarr

Psychologie

Samstag, 14. März 2015, ab 09.00 bis 16.00 Uhr, Pauluskirche, EMK Aarau

23.10.14 12:07

zu erwarten war» gleichermassen hilfreich sind, sondern im Gegenteil Leiden verursachen. Der erste Schritt einer Veränderung besteht darin zu erkennen, dass jetzt andere Verhaltensweisen nötig sind, um der Situation gerecht zu werden. Diese Einsicht ist eine grundlegende Voraussetzung dafür, das eigene Verhaltensrepertorie um neue Verhaltensweisen zu erweitern. Die Wissenschaft hat unter dem Begriff der «neuronalen Plastizität» gezeigt, dass Lernen bis ins höchste Alter möglich ist. Aber in jedem Alter ist Lernen in erster Linie eine Frage der Motivation. Was raten Sie älteren Menschen, die eher das halb leere anstatt das halb volle Glas sehen? Wenn es jemandem schlecht geht, nimmt er die Welt, sich selber und die Zukunft negativ wahr. Er kann gar nicht anders. Entsprechend kann man einem solchen Menschen auch nichts «raten» im herkömmlichen Sinne. Helfen kann es, Verständnis zu zeigen für diese negative Sicht auf die Welt, die Not dahinter wahrzunehmen. Wenn sich die Person verstanden und wertgeschätzt fühlt, kann man ihr vielleicht aufzeigen, dass auch eine andere

Sicht möglich wäre. Schliesslich gibt es keine objektive Wahrheit. Dem, was wir unter «Wahrheit» verstehen, kommt man dann am nächsten, wenn man sich der Sichtweisen anderer öffnet. Der soziale Austausch ist die einzige Chance, den eigenen Horizont (wieder) zu öffnen. Frau Stahl, ich danke Ihnen für Ihre Ausführungen! Sie wecken Neugier, am 14. März in Aarau mehr von Ihnen zu hören.

FACHTAGUNG Thema: «Mein Alter ist meine Chance» Datum/Ort: Samstag, 14. März in Aarau Referent/innen: Jutta Stahl, Fachpsychologin für Klinische Psychologie, Peter Gumbal, Pfarrer. Einladungsprospekte liegen in den Gemeinden auf oder können angefordert werden bei: Heidi Schnegg, Beauftragte für Leben 55 plus, 044 299 30 88, leben55plus@emk-schweiz.ch. Anmeldeschluss: 28. Februar

Gebührenfreie Anlagen für jede Lebenslage.

Wie ich eine neue Sicht

www.zahlstelle.ch


KURZ NOTIERT

Zum sechsten Mal ausgezeichnet

Agenda SAMSTAG 31. JANUAR ufgweckt Mitarbeitertagung Berner Distrikt EMK Bern 10.00–16.00 Uhr Infos/Anmeldung: Käthi Hiltbrand, 033 783 16 28, dlf.bern@emk-schweiz.ch MO.–SA. 9.–14. FEBRUAR Malkurs Acryl-Technik und Collagen Hotel Artos, Interlaken Kosten: ab CHF 872.– Infos/Anmeldung: Hotel Artos Interlaken, 033 828 88 44, www.artos.ch FR.–SO., 13.–15. FEBRUAR erfüllt sein – leer sein Meditatives Malen Hotel Artos, Interlaken Kosten: ab CHF 344.– Infos / Anmeldung: Hotel Artos Interlaken, 033 828 88 44, www.artos.ch FR.–SA., 20.–21. FEBRUAR Dynamo – Theologie für die Gemeindepraxis Predigtlehre EMK Zürich Zelthof je 9.00-17.00 Uhr Infos/Anmeldung: Fachstelle Bildung+Beratung, 044 299 30 87, bildungundberatung@emk-schweiz.ch

Die Backpackers Villa Sonnenhof in Interlaken hat zum sechsten Mal in Folge den HOSCAR als bestes Hostel der Schweiz verliehen bekommen. Gekrönt wird dieser Erfolg noch von der Auszeichnung als sechstbestes Hostel weltweit in der Kategorie «Large Hostels» mit 151-350 Betten. Mit fast 55'000 Logiernächten hat die Backpackers Villa Sonnenhof 2014 zudem ein neues Rekordresultat erreicht. Quelle: www.villa.ch

Fotoinstallation zur Jahreslosung Der Fotograf Werner Steiger aus der EMK 3x3 in Hunzenschwil hat für ein Neujahrsapéro der politischen Gemeinde sowie der Kirchen in Rupperswil eine Foto-Installation zur Jahreslosung gestaltet, die er gerne anderen Kirchgemeinden zur Verfügung stellt. Aus unzähligen Begegnungsbildern, die im Laufe der Jahre entstanden sind, gestaltete er ein Puzzle, das die Weite von Christus sichtbar macht. Die Installation soll auch in anderen Gemeindebezirken zum Nachdenken anregen. Kontakt: Werner Steiger, westblick@bluewin.ch, 062 897 17 09

Louise Werder (1920–2014): Voller Liebe für alle Am 27. Dezember 2014 ist Louise Werder nach einem reich erfüllten Leben kurz vor ihrem 95. Geburtstag in Lubumbashi, Demokratische Republik Kongo, gestorben. Die Beerdigung fand am 31. Dezember in Mulungwishi statt. Louise Werder hat sich während ihres ganzen Lebens für andere Menschen engagiert. Sie folgte dem Beispiel von Jesus Christus und war offen und voller Liebe für alle. Eine Gedenkfeier in der Schweiz fand am 24. Januar in Hunzenschwil statt. In der Märzausgabe von Kirche und Welt wird ein Rückblick auf ihren Dienst erscheinen.

SA, 7. MÄRZ Dynamo – Theologie für die Gemeindepraxis Methodistische Theologie EMK Zürich Zelthof 9.00–12.30 Uhr Infos/Anmeldung: Fachstelle Bildung+Beratung, 044 299 30 87, bildungundberatung@emk-schweiz.ch SA, 14. MÄRZ «Mein Alter ist meine Chance» Fachtagung Leben 55 plus 9.00 –16.00 Uhr Pauluskirche, EMK Aarau Infos/Anmeldung: Heidi Schnegg, 044 299 30 88, leben55plus@emk-schweiz.ch

Hermann Sticher (1927–2014): Jesu Auftrag gilt Am 19. Dezember 2014 verstarb der frühere Bischof der EMK in Deutschland, Hermann Sticher im Alter von 87 Jahren. Von 1977 bis 1989 war Hermann Sticher Bischof der EMK in Westdeutschland und West-Berlin. Der gesellschaftlichen Entwicklung während seiner Amtszeit, die von einer zunehmenden Entkirchlichung und gleichzeitig von einer neuen Offenheit der Menschen für Religiosität geprägt war, setzte er mit seinen Bischofsbotschaften das Wesen und den Auftrag der Kirche entgegen, «missionarische Kirche» zu sein. «Ich bin tief davon überzeugt», sagte er zum Abschluss seiner Dienstzeit, «dass es für die Kirche Jesu Christi ein Morgen, eine Zukunft gibt, weil der Herr der Kirche auch Herr der Zukunft ist. Sein Heilswille endet nicht im Heute, sein Auftrag an sein Volk gilt unverändert.» Quelle: www.emk.de

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AUS DEM K ABINETT

Claudia Haselbacher: «Freude macht, wenn Menschen beginnen, ihren Glauben im Alltag zu leben.»

Claudia Haslebacher schaut noch einmal auf 2014 zurück

Danke für das Unterwegssein Von Claudia Haslebacher

Danke für die Bereitschaft, Gemeinde zu leben.

die Welt verändern kann. Danke, dass ihr euch senden lasst.

Danke für eure Liebe für Gottes Reich

Freude macht, wenn Menschen beginnen, ihren Glauben im Alltag zu leben. Nein, sie reden nicht immer vom Glauben. Es geht darum, im Vertrauen darauf unterwegs zu sein, dass Gott dort, wo sie hinkommen, bereits bei den Menschen wirkt. Sie sind bereit, sich auf das einzulassen, was Gott schon tut: bei der Arbeit in der Spitex, bei Besuchen in einer Bar oder am Stammtisch, im Umgang mit Kindern und Enkelkindern. Danke für alle Offenheit für Gottes Leiten.

Haben Sie auch einen Jahresrückblick gemacht? Hier ein freudiger Ausschnitt aus meinem.

Freude macht, dass im vergangenen Jahr einige junge Paare den Weg in die EMK Lenk fanden, und die Gemeinde bereit ist, neue Wege zu gehen. Sie nahmen die Herausforderung an, auf Menschen zuzugehen mit der Frage: Wie nimmst du die EMK wahr? Sich darauf einzulassen, kostete einige viel Mut, denn damit outet man sich als Teil einer frommen Gemeinde. Danke für allen Mut.

Danke für allen Mut

Freude macht, dass die EMK Biel sich in einem intensiven Prozess mit ihren Schwierigkeiten auseinandersetzte, einschneidende Schritte plante, und nach neue Ideen fragte. Die Gemeinde Gottes ist eine von Ihm zusammen geführte Gruppe von Menschen, die Christus nachfolgen, mit all ihren Stärken und Schwächen, mit oder ohne Pfarrer. Das galt es neu zu entdecken.

Freude macht, dass in der EMK Gerlaingen, die im vergangenen Winter durch turbulente Zeiten ging, neues Vertrauen entstehen durfte. Ein Team der Gemeinde ist intensiv unterwegs, den Auftrag der Gemeinde zu beschreiben und Beziehungen zu stärken gegen innen und aussen. Das geht nicht immer harmonisch und kostet alle, die sich darauf einlassen, Energie und Zeit. Danke für eure Liebe für Gottes Reich. Freude macht, dass in den Dienstzuweisungsgesprächen Ende Jahr mit verschiedenen Pfarrpersonen und Gemeinden deutlich wurde, dass es in der EMK Menschen gibt, die ernsthaft Gottes Gemeinde bauen wollen, damit Er

Freude macht, wenn das Leben, das Gott schenkt, in vielfältigen Formen, alt hergebrachten oder völlig neuen, seinen Ausdruck indet, so dass Menschen neue Entfaltungsmöglichkeiten entdecken und Gott erleben. Danke für das Unterwegssein mit euch.

AUS DEM REISEKALENDER DES BISCHOFS IM FEBRUAR 25.1.–13.2.

Ständiger Ausschuss für Zentralkonferenzen, Kongo und Mozambik 18.2.–21.2. Bezirksvorstandstreffen Ungarn

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THEMA

Zeitungen über die Freikirchen Michael Schwaller über die «fromme Jugen

Unterricht als Bibelstunde? «Die Freikirch Von Sigmar Friedrich

Wenn grosse Medien über Freikirchen berichten, dann manchmal sehr pauschal.

58)[4] kommt zum Ergebnis: «Von einer Überschwemmung der Pädagogischen Hochschulen durch evangelikale Studierende kann also nicht die Rede sein.»

Aber auch Beispiele für differenzierte Berichterstattung inden sich.

Es sind oft dieselben Themen, die in der Berichterstattung der Medien aufgegriffen werden, dazu gehören die Lehrerausbildung und die Platzierung von Kindern bei Plegeeltern. Die «Fischlifraktion» Dass ein Drittel der Studierenden an der Pädagogischen Hochschule in Zürich der «Fischlifraktion» angehöre, war schon 2009 in einem Beitrag in der «Zürcher Studierendenzeitung» zu lesen[1]. Konlikte gebe es bei der Beurteilung der Evolutionstheorie und der Homosexualität. Aber auch, «dass gläubige Menschen oft sehr gute Lehrer sind», ist im Artikel zu lesen. «Freikirchler unterlaufen Lehrziele» titelte 2011 die «Schweiz am Sonntag»[2]. Der Beitrag kann das freilich nicht begründen. Die Studierenden, die darin zu Wort kommen, sagen über die «Fischlifraktion»: «Sie missionieren nicht, drücken niemandem ihre Meinung auf.» Eine auch von der «Berner Zeitung»[3] vorgestellte Studie des Nationalen Forschungsprogramms 58 (NFP

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Von Sigmar Friedrich

Wenn mit reisserischen Schlagzeilen die Meinung über Freikirchen «gemacht» wird, hinterlässt das eine Mi-

Streng religiös Dass Plegeeltern «auffällig oft Mitglieder von Sekten und streng religiösen Gemeinden» seien, war 2011 im «Beobachter»[5] zu lesen. Der «BLICK»[6] greift die Thematik 2014 wieder auf und charakterisiert mit ein paar Schlagworten diese «Frömmler»: «Sie züchtigen mit dem Stock, sind gegen Homosexuelle, verbieten Popmusik». Dabei kommt auch der «Sektenexperte Georg Otto Schmid» zu Wort, der später auf seiner Homepage einen Text aufschalten wird, auf dem er seine deutlich differenzierteren Aussagen anführt[7]. In verschiedenen Beiträgen wurden die Freikirchen im Emmental in der «Berner Zeitung»[8] im entsprechenden Regionalteil behandelt, nicht unkritisch, aber auch nicht undifferenziert. Quellenangaben: [1] http://is.gd/zs_online [2] http://is.gd/lehrziele [3] http://is.gd/bz_nfp58 [4] http://is.gd/nfp58 [5] http://is.gd/beobachter [6] http://is.gd/blick_froemmler [7] http://is.gd/g_o_schmid [8] z.B. http://is.gd/bz_freikirche

schung aus Ratlosigkeit und Ärger. Michael Schwaller gibt Anteil an seinen Gedanken aus der Sicht eine Mitglieds der EMK.

«Sie züchtigen mit der Rute, sind gegen Homosexuelle, verbieten Popmusik», schrieb der BLICK über die «Frömmler» – wie genau fühlst Du Dich von dieser Beschreibung erfasst, Michael? Ja genau, und um noch eins drauf zu setzen, «zwingen christliche Plegeeltern ihren Kindern Werte auf...» – Soll ich ehrlich sein? Solche Schlagzeilen sind das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind. Mich ärgern solche Anschuldigungen, andere inde ich einfach nur lächerlich. Ich muss aufpassen, dass ich solche Aussagen nicht persönlich nehme. Dann versuche ich sie einzuordnen und gestehe: Ja, es gibt solche «frömmlerischen» Strömungen, das ist nicht unproblematisch. Die sind aber – wie die fette Schlagzeile – mehr provokativ als repräsentativ. Fakt ist jedoch: der Schaden ist angerichtet.


THEMA

Michael Schwaller: «Wir sind zu bescheiden, zu anständig!»

darbeit», die «Frömmler» und die Medien

en haben ein Imageproblem» Die Freikirchen haben ein Imageproblem.

Der Trend geht zu einer strikten Trennung von Kirche und Staat Andere Schlagzeilen waren zum Beispiel: «Freikirchler unterlaufen Lehrziele» (Schweiz am Sonntag) oder «Zu fromm für Geld vom Staat» (NZZ). Welche Gedanken lösen solche Schlagzeilen bei Dir aus? Die Werte der «frommen Jugendarbeit» ähneln denen der Plegeeltern: anscheinend sind Hilfsbereitschaft, Nächstenliebe, Grosszügigkeit, Vergebung, Toleranz... nicht mehr unterstützenswert. Ob den Bürokraten dabei bewusst ist, wie die Freiwilligenarbeit der Kirchen, zum Beispiel zu Gunsten der Schwachen und Hilfsbedürftigen, den Staat auch entlastet? Gespräche mit reformierten Pfarrern bestätigen mir, dass auch sie die verstärkte Tendenz hin zu einer strikten Trennung von Kirche und Staat spüren. Wo liegen Deiner Meinung nach die Herausforderungen im Umgang mit solcher «Meinungsmache»? Wie kämpft man gegen eine BLICK-

Schlagzeile an, die hunderttausendfach gelesen wird? Keine Ahnung. Das ist ernüchternd. Ich bin überzeugt: in Sachen Public Relations (PR) können viele Kirchen noch einiges dazu lernen. Die frohe Botschaft ist da. Gute und spannende Werke gibt es hüben wie drüben. Wir sind zu bescheiden, zu anständig. Spontan fällt mir ein: «Tue (weiter) Gutes und rede darüber!» Ich mache weiter in meiner kleinen Lebenswelt, vielleicht sogar etwas angespornt durch die Kritik. Ich bin übrigens auch schon mit einem Journalisten direkt in Kontakt getreten und habe nachgefragt, wie er das gemeint habe. Der anschliessende Austausch war sehr anregend.

Themen wie Wochenende, Freizeit, Familie, etc. Meine Beheimatung ist weder spektakulär noch irgendwie besonders – es ist einfach ein Teil von mir. Beim Anstellungsgespräch war es übrigens kein Thema, obschon aus meinem Lebenslauf klar ersichtlich wird, dass ich viele Jahre in der Jungschararbeit tätig war. Vielen Dank für das Gespräch.

In Sachen PR können Kirchen noch einiges lernen Weiss Dein beruliches Umfeld um Deine freikirchliche Beheimatung? Und gab das je Anlass, an Deinem Unterricht inhaltliche Zweifel erwachsen zu lassen? Meine Arbeitskollegen wissen darum, es ist ja nichts, das ich zu verbergen habe. Pausengespräche kreisen um

ZUR PERSON Michael Schwaller (1976) unterrichtet an der Kantonsschule Zoingen Geschichte und Englisch. Er ist in Solothurn Mitglied der EMK.

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THEMA

Impressum Zeitschrift der Evangelisch-methodistischen Kirche in der Schweiz: Erscheint monatlich Redaktor: Sigmar Friedrich Redaktionsgruppe: Martina Läubli, Michael Schwaller

Barbara Streit-Stettler: «Freikirchen bieten durchaus Aspekte, die von der heutigen Gesellschaft positiv gewertet werden.»

Redaktionsadresse: Kirche und Welt, Postfach 1344, 8026 Zürich Telefon 044 299 30 85 redaktor@emk-schweiz.ch Abonnement: Schweiz: CHF 54.– (für Mitglieder und Freunde der EMK freiwillig) Ausland: CHF 75.– Postcheckkonto: EMK Schweiz, Zeitschrift Kirche und Welt, 8004 Zürich, 80-23018-5 Adressänderung/Abbestellung: Zentralverwaltung EMK Postfach 1344, 8026 Zürich Tel. 044 299 30 80, Fax 044 299 30 89 Mail: zentralverwaltung@emk-schweiz.ch Anzeigenverwaltung: Jordi AG – das Medienhaus Christian Aeschlimann Aemmenmattstrasse 22, 3123 Belp Telefon 031 818 01 25 Telefax 031 819 38 54 E-Mail: inserate.kuw@emk-schweiz.ch Insertionsschluss für 03/2015: 12.02.15 Graik + Gestaltung: P+S Werbung AG, 8184 Bachenbülach www.pswerbung.ch Druck / Vertrieb: Jordi AG – das Medienhaus, 3123 Belp www.jordibelp.ch Kirche und Welt wird klimaneutral hergestellt: www.preservecreation.ch Bildnachweise: S.1 henrischmit, 123rf.com S.2 Plaßmann, gemeindebrief.de S.3 KuW S.3 Olivier Ortelpa, lickr.com S.4–5,7,9,10,12,13,16-19,24 zVg S.8 Screenshots: zs-online.ch, blick.ch, schweizamsonntag.ch, bernerzeitung.ch S.14–15 Tüti, pixelio.de (1); D.Schütz, pixelio.de (2); Alecandra H., pixelio.de (3); A.d'Agostino, photoXpress.com (4); E.Tuna, photoXpress.com (5); erikd2006, sxc.hu (6) S.21 Chantal E. Y. Bethel/ Bahamas, weltgebetstag.de S.22 yusia, photoXpress.com S.24 dani kreienbühl, photoXpress.com

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Barbara Streit-Stettler möchte offensiv am Image der Freikirchen arbeiten

Die Freikirchen müssen Von Sigmar Friedrich

Als Kommunikationsbeauftragte der EMK ist Barbara Streit-Stettler kompetente Ansprechpartnerin im Umgang mit Medien. Im Gespräch zeigt sie, wie die Freikirchen an ihrem Image arbeiten können und warum EMK-Bezirke mit den lokalen Medien im Kontakt sein sollten.

Immer wieder heischen Medien Aufmerksamkeit mit Schlagzeilen, die Freikirchen in ein schlechtes Licht rücken. Haben die Freikirchen ein Imageproblem? Wenn solche Schlagzeilen erscheinen, haben wir oft den Eindruck, dass die Medien von den Freikirchen ein falsches Bild vermitteln. Insofern haben die Freikirchen tatsächlich ein ImageProblem.

Die Thesen werden immer wieder aufgewärmt

Wie können wir als EMK auf solche reisserischen Artikel in der nationalen Presse reagieren? Kurzfristig können wir nichts daran ändern. Oft liegen diesen Artikeln

Thesen zugrunde, die einfach immer wieder aufgewärmt werden, ohne sie zu überprüfen. Zum Beispiel wird immer wieder behauptet, dass Freikirchler die Pädagogischen Hochschulen unterwandern, obwohl eine wissenschaftliche Studie klar zu einem anderen Ergebnis kommt. (siehe S.8) Auf lange Sicht ist Veränderung aber durchaus möglich. Bislang gingen die Freikirchen von sich aus kaum an die Öffentlichkeit. Hier bräuchte es ein gemeinsames und offensives Vorgehen. Heute ist die Freikirchenszene für Aussenstehende sehr unübersichtlich. Die minimen theologischen und kulturellen Unterschiede zwischen den einzelnen Kirchenverbänden sind für Nicht-Theologen oder für kirchlich Distanzierte nicht wahrnehmbar. Zum Beispiel wird die Mitgliedschaft der EMK im Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund (SEK), mit der unsere Kirche ihre Nähe zur reformierten Landeskirche dokumentiert, von der Öffentlichkeit kaum bemerkt, weil diese den SEK als Dachverband der Reformierten einordnet. Es geht also darum, dass der Freikirchenverband VFG eine Kommunikationsfachstelle einrichtet und sich


THEMA

gemeinsam vorgehen eine gemeinsame Identität erarbeitet. Freikirchen bieten durchaus Aspekte, die von der heutigen Gesellschaft positiv gewertet werden. Zum Beispiel inanzieren sie sich selbst aus freiwilligen Beiträgen ihrer Mitglieder, sie lancieren Projekte für Hilfsbedürftige, die durch die Maschen des Sozialstaates fallen, sie bekennen sich konsequent zu ihrem Glauben und setzen ihn in ihrem Alltag um usw.

Journalist/innen sind interessierte Menschen

Welche Tipps würdest Du den Verantwortlichen in den Bezirken für den Umgang mit den lokalen Medien geben? Dass sie sich aufgrund der Strategie der EMK nach aussen ausrichten und herauszuinden versuchen, was die Menschen in ihrer Region bewegt. Die EMK will ja nicht einfach Mitglieder für die eigene Kirche gewinnen, sondern die «Welt verändern». Weiter geht es darum, zu den lokalen Medien regelmässig Kontakte zu plegen. Grundsätzlich sind Journalist/innen sehr wache und interessierte Menschen und immer wieder auf der Suche nach neuen, interessanten The-

men. Sie sind froh, wenn auch die EMK-Gemeinden aktiv auf sie zukommen und ihnen Neuigkeiten aus ihrer Kirche mitteilen. Nicht alles, was aus unserer Sicht interessant ist, wird auch bei ihnen auf Interesse stossen. Trotzdem lohnt es sich, immer wieder auf die Medien zuzugehen und damit auch Offenheit und Transparenz zu dokumentieren.

macht haben, dass die EMK Schweiz als Absenderin von den Medien stärker wahrgenommen wird als einzelne Bezirke. Hie und da biete ich auch im Rahmen von Bildung+Beratung einen Weiterbildungskurs an. Diese Angebote stiessen aber bislang eher auf mässiges Interesse. Vielen Dank für das Gespräch.

Offenheit und Transparenz dokumentieren

Welche Unterstützung kannst Du als Beauftragte für Medien- und Öffentlichkeitsarbeit anbieten? Die Bezirke sind für mich wichtige Ansprechpartner, weil sie der EMK vor Ort ein Gesicht geben und daher die öffentliche Meinung über die EMK stark prägen. Ich bin gerne bereit, per Mail oder am Telefon zu beraten und Fragen zu beantworten. Ich bitte aber um Verständnis, wenn ich manchmal nicht sofort antworten kann, weil ich nur über ein 50-Prozent-Pensum verfüge. Für einzelne Bezirke habe ich auch schon im Namen der EMK Schweiz Medienmitteilungen verschickt, weil wir die Erfahrung ge-

ZUR PERSON Barbara Streit-Stettler (52) ist seit knapp acht Jahren Kommunikationsbeauftragte der EMK Schweiz. Aufgrund ihrer Funktion ist sie nicht-stimmberechtigtes Mitglied des EMK-Vorstandes SchweizFrankreich-Nordafrika. Sie ist verheiratet, Mutter von zwei erwachsenen Kindern und wohnt in Bern, wo sie für die EVP politisiert.

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THEMA

Fehlgeleitet?: Das BSV meint, die Jugendarbeit werde in der EMK zur Glaubensvermittlung «instrumentalisiert».

Weshalb das BSV die Arbeit von Takano nicht mehr fördert

Nur noch «christliche Grundwerte» erlaubt? Von Beat Bachmann

Nachdem das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) im August 2014 bereits das Gesuch der Takano-Fachstelle für die Jugendförderung abgelehnt hatte, wurde im November auch der Jungschar der Leistungsvertrag für die Unterstützung der Ausbildung gekündigt. Die Jugendarbeit werde «instrumentalisiert», heisst es in der Begründung.

Die Jugendarbeit der EMK in der Schweiz wurde in den letzten Jahren vom Bund jährlich mit rund CHF 100000.– unterstützt. Ohne diese Finanzhilfe sind die Angebote der Fachstelle und die vielen Ausbildungskurse der Jungschar in Frage gestellt. Aus diesem Grund hat die EMK bei den beiden Entscheiden beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde eingereicht. Bei einem ablehnenden Entscheid des Gerichts wird durch «Jugend+Sport» (Bundesamt für Sport) auch die im Partnerschaftsvertrag geregelte Zusammenarbeit überprüft.

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Was «erlaubt» ist Als Gründe für die Ablehnung werden der Organisationszweck der EMK sowie die Hauptzielsetzungen unserer Jugendarbeit genannt. Der BSV unterscheidet hier zwischen der Tätigkeit eines Vereins, der auf christlichen Grundwerten aufbaut, und einer Organisation, die die Kinder- und Jugendarbeit «instrumentalisiert» (Wortlaut BSV) um Glaubensgrundlagen zu vermitteln. Aus diesem Grund wurde auch nicht allen kirchlichen Jugendorganisationen die Unterstützung gekündigt, sondern mehrheitlich vor allem solchen mit einem freikirchlichen Hintergrund.

Nicht allen kirchlichen Organisationen wurde gekündigt Offener Entscheid Als EMK begegnen wir diesem Vorwurf mit unserem ganzheitlichen Verständnis von Mission und Evangelisation: als Kirche ist uns die Glaubensvermittlung als offenes Angebot für alle Menschen wichtig. Der Glauben an

Gott als Schöpfer, Erlöser und Erhalter dieser Welt ist dabei ganzheitlich eingebettet in die Aktivitäten, Spiele und Erlebnisse mit Kindern und Jugendlichen. Die Kinder und Jugendlichen sollen unsere Angebote als einen Ort frei von Druck und Zwang erleben dürfen.

Den Glauben vermitteln – ohne Druck

Nun warten wir auf den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, der für die (Frei-)Kirchenlandschaft so oder so Konsequenzen haben wird.

MEHR INFORMATIONEN Die NZZ berichtete im November über den Entscheid des BSV: http://is.gd/nzz_fromm Kirche und Welt berichtete in 12/2014 auf S.16 über den Entscheid: http://issuu.com/emk_schweiz


CONNEXIO

Bedrohter Alltag: Die Menschen in Ost-Kongo sind durch eine neue Welle der Gewalt gefährdet.

Neue Welle der Gewalt im Osten der Demokratischen Republik Kongo

Es fehlt ihnen am Nötigsten Von Carla Holmes

«SOS» überschrieb Gabriel Unda Yemba, Bischof der EMK im OstKongo, einen Aufruf Ende Dezember. Er berichtete von neuen Überfällen auf die lokale Bevölkerung. In der Gegend um die Stadt Beni wurden mehrere Dörfer von Ugandischen Rebellen überfallen. Auch methodistische Familien wurden brutal ermordet. «Es besteht die Gefahr, dass wir all unsere

Gläubigen

verlieren»,

für sie ein. Letztlich ist das Problem wesentlich grösser als der Einluss der Kirche: Den Menschen Schutz bieten, kann die EMK leider nicht. Sie steht mit der UNO in Kontakt und versucht dort Einluss zu nehmen, um den Schutz der Bevölkerung zu verbessern. Seit vielen Jahren sind Schutztruppen der UNO im Kongo stationiert.

Das Problem ist grösser als der Einluss der Kirche

schreibt Bischof Yemba.

Massaker und Gräueltaten sind im OstKongo traurige Realität. Viele Methodisten sind davon betroffen. Medien und die UNO berichten immer wieder von Vergewaltigungen, Entführungen und brutaler Gewalt vor allem gegenüber Frauen und Kindern. Zahllose Menschen verlassen ihre Dörfer und suchen in den nächstgelegenen Städten Schutz und Zulucht. Hab und Gut müssen sie dabei zurücklassen. Es fehlt ihnen am Nötigsten. Einfluss nehmen Die Gemeinden der EMK tun ihr Möglichstes, um den Flüchtlingen zu helfen. Auch die weltweite EMK setzt sich

Beten Connexio ist seit langer Zeit mit der EMK im Kongo eng verbunden. Im letzten August hatte in Kindu ein Round Table der Kirchenleitung im Ost-Kongo mit Connexio und dem UMCOR (die weltweite Hilfsorganisation der EMK) stattgefunden. Angesichts des Elends ruft Connexio dazu auf, die Augen vor der Situation nicht zu verschliessen und für die Menschen im Ost-Kongo zu beten. Auch wenn wir in der Schweiz letztlich nicht sehr viel tun können, so ist das Gebet doch ein effektives Mittel, um die betroffenen Menschen zu unterstützen.

Spenden Allfällige Spenden für den Ost-Kongo wird Connexio einsetzen, um die EMKGemeinden der Region in ihrem Einsatz für die Flüchtlinge zu unterstützen. Vielen Dank wenn Sie an unsere Geschwister im Ost-Kongo denken!

MEHR ERFAHREN In einer dreiteiligen Artikelserie berichtete die NZZ im Dezember über die Situation im Osten der Demokratischen Republik Kongo: www.nzz.ch/kongo Der englische Wortlaut des E-Mails von Bischof Yemba indet sich hier: is.gd/sos2014

HELFEN SIE MIT! Spenden an PC 87-537056-9 EMK in der Schweiz Connexio, Zürich IBAN CH52 0900 0000 8753 7056 9 Weitere Informationen unter: www.connexio.ch

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Gedanken zu Kirche und Gesellschaft

Glaubwürdig verbindend Dreiteiliges Seminar zur «christlichen Lehre von der Erlösung» in Bern Als EMK nehmen wir in der kirchlichen Landschaft der Schweiz eine Scharnierfunktion wahr. Wir gehören seit der Gründung im Jahr 1920 als eine der Freikirchen dem Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund an. Folglich fühlen wir uns mit den Reformierten Landeskirchen stark verbunden. Gleichzeitig arbeiten wir mit den evangelischen Freikirchen und in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen auch mit der Römisch-katholischen und der Christkatholischen Kirche zusammen. Entscheidend ist für mich, dass wir das Verbindende betonen und leben: Jesus, als der Weg, die Wahrheit und das Leben (Joh. 14, 6). In Baden zum Beispiel feiern wir jeweils an Auffahrt mit der Evangelisch-reformierten, der Römisch-katholischen und der Christkatholischen Gemeinde gemeinsam und gleichberechtigt das Abendmahl. Ich bin dankbar, dass dies möglich ist. Als Kirchen haben wir sinnvollerweise unterschiedliche Ausprägungen. Dies zeigt sich besonders bei der unterschiedlichen Art der Gottesdienste. Dies gibt Farbe. Seit John Wesley nehmen Methodisten jeweils eine ausgeprägte soziale Verantwortung wahr. Diese gesellschaftliche Mitverantwortung soll weiterhin eines unserer Markenzeichen sein. Entscheidend ist Glaubwürdigkeit.

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Von Gunnar Wichers

Der Kaffee duftet. Feine Tee-Aromen ziehen durch den Seminarraum. Die Gruppe sitzt im Kreis. Im Gespräch geht es um die christliche Lehre von Erlösung.

Die Teilnehmenden erzählen von sich: «Ich bin nicht durch eine Predigt vom Kreuz zum Glauben gekommen, sondern durch eine Predigt zur Aussage von Jesus: ‹Kommt her zu mir alle, die ihr müde seid und unter Lasten leidet. Ich will sie euch abnehmen.› (Matthäus 11, 28-30). Dieses ‹komm› hat mich so angesprochen, dass ich von da an mein Leben mit Jesus geführt habe. Ich gab ihm meine Last ab. Das war für mich Erlösung.» Gemeinsam lernen Die Teilnehmenden lassen es sich nicht nehmen, ihre eigenen Erfahrungen weiterzugeben. Wir beinden uns im Erzählcafé des dreiteiligen Seminars «Die christliche Lehre von Erlösung» der EMK Bern. Die lange Liste der Anmeldungen zeigt ein grosses

Heiner Studer

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«Jeder muss sein persönliches Bild inden»

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Bedürfnis, sich mit diesem für Christen zentralen und doch so schwierigen Thema zu beschäftigen. Alle vier angebotenen Kurse inden statt. Ich selber interessiere mich schon seit Jahren ausserordentlich stark für die Frage: Wie kann ich heute verständlich und nachvollziehbar von der Erlösung reden, die Jesus am Kreuz für die Menschen gebracht hat. Meine Karfreitgspredigten der letzten Jahre zeugen von meiner Suche. Umso mehr freue ich mich über das Interesse, mit mir zusammen sich auf den Weg zu machen, ja, eine Lerngemeinschaft zu bilden. Denn davon bin ich überzeugt, dass wir nur im gemeinsamen Hören und Lernen vorankommen.

Nachvollziehbar von Erlösung sprechen

Bildhaft reden Im Zentrum des Seminars stehen Bilder von Erlösung. Viele Bilder werden entdeckt, sei es durch Bibeltexte oder eigene Erfahrungen: «Erlösung heisst für mich: etwas kann sich lösen, zum


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Beispiel meine Schüchternheit», sagt ein Mann. Ein anderer wurde erlöst von der Macht, beeinlusst zu werden von dem, was andere über ihn denken. «Wenn ich wahrgenommen und angesehen werde von Jesus, erfahre ich Erlösung.» In ähnliche Richtung weist die Aussage: «Ich muss mich nicht mehr verkrümmen, sondern kann mich strecken.»

Ich muss mich nicht mehr verkrümmen

Es ist schon so: Bilder zu beschreiben oder zu malen fällt Menschen einfacher als Worte zu inden. «Erlösung meint, dass ich in Freiheit nach vorne leben kann». Oder: «Ich kann die Vergangenheit hinter mir lassen und ohne Rucksack zuversichtlich nach vorn gehen.» Andere beschreiben: «Erlöst werde ich aus der Falle, dass ich genügen muss, um Anerkennung zu inden. Bei Gott muss ich nicht genügen, ich bin angenommen so wie ich bin.»

Überzeugend erzählen Am Ende des Kurses stand den Teilnehmenden eine grosse Bildergalerie vor Augen. Viele atmeten auf, als sie diese Galerie sahen: Es gibt nicht nur ein Bild für Erlösung, nämlich das klassische vom Kreuz, an dem Jesus für unsere Schuld gestorben ist! Dieser Satz wird heute von vielen nicht mehr verstanden. Es gibt andere Bilder in der Bibel, die verständlicher von Erlösung reden, beispielsweise das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Das Seminar zeigte deutlich: Jeder muss sein persönliches Bild von Erlösung inden. Eines, das in ihm Resonanz auslöst, das ihn existentiell berührt. Nur von «meinem» Bild kann ich überzeugt und überzeugend erzählen.

hunderts besser nachvollziehbar sind. Was nicht ausschliesst, dass Menschen mit der Zeit besser verstehen, für was das Kreuz steht. Wenn ich jemanden erzähle, wie gut mir ein Vergebungsprozess getan hat, wird er aufmerksam zuhören, weil er selber zurzeit unter Unversöhnlichkeit leidet. Versöhnung – ein Bild für Erlösung. Ein Bild, das nahe an der Kreuzesbotschaft ist.

Die Bibel kennt viele Bilder für Erlösung

Besser verstehen Es ist wohl nicht zu leugnen, dass Bilder, die nicht als erstes das Kreuz thematisieren, für Menschen des 21. Jahr-

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Machten gute Erfahrungen: Stefanie Rieben

Marc Locher

Isabelle Locher

Wie Glieder und Freunde der EMK Lenk sich herausfordern liessen

Mit einem Fragebogen zu den Leuten Von S.Rieben, M.Rieben, M. und I. Locher

270 Fragebögen verteilten Glieder und Freunde der EMK Lenk im Rahmen des «missionalen Gemeindebaus». Sie wollten herausinden, wie die EMK in ihrem Umfeld wahrgenommen wird. Die Umfragen zu verteilen, kostete Überwindung. Die Begegnungen waren bereichernd. Drei Personen berichten von ihren Erfahrungen.

Stefanie Rieben: einfach Beziehungen plegen Als die Umfrage durchgeführt wurde, wohnte ich erst zwei Monate an der Lenk. Da ich nicht in der Region arbeite, kenne ich noch fast niemanden ausserhalb der Gemeinde. Ich bin auch in keinem Verein tätig. Da ist es gar nicht so leicht, Kontakte zu knüpfen. Daher dachte ich, dass ich wohl nicht bei der Umfrage mitmachen würde, schliesslich sollte man die Umfrage an jemandem aus dem Bekanntenkreis geben. Neu motiviert Nachdem die Umfrage angekündigt wurde, beschäftigte mich diese Umfrage aber immer mal wieder in mei-

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nen Gedanken. Denn als ich an die Lenk zog, war es mein Anliegen, Kontakte auch ausserhalb der Gemeinde zu knüpfen. Die Umfrage erinnerte mich wieder daran. Sie motivierte mich zum Beispiel bewusst mit meiner Nachbarin ins Schwimmbad zu gehen, einfach um Kontakte zu knüpfen und die Beziehung zu ihr zu plegen. Schliesslich machte ich doch mit bei der Umfrage und verteilte zwei. Die dritte gab ich zurück, weil ich überzeugt war, dass andere noch mehr als drei Personen kennen.

«Richtig aufgeregt habe ich mich!»

Maja Rieben: erst verärgert, dann tief beeindruckt Als unser Pfarrer von der Umfrage erzählte, habe ich mir gesagt: «So etwas mache ich nicht mit! Ich will gar nicht wissen, wie die Leute mich oder die EMK erleben und wahrnehmen.» Richtig aufgeregt habe ich mich darüber, was unsere Aufgabe sein sollte: mit einem Fragebogen zu den Leuten gehen. Ein Ehepaar aus der Gemeinde war bei uns zu Besuch. Wir sassen am Tisch. Ich musste mir so richtig Luft machen

wegen dieser Umfrage. Die beiden wollten mich ermutigen, aber ich war sehr verärgert. Das kam mir vor, als würden wir wie die Zeugen Jehovas. Zum Schluss gab ich den beiden zur Antwort, dass ich den Fragebogen wenigstens lesen und dann entscheide werde, was ich davon halte. Hinterher sagte mir mein Mann, dass die beiden auch geholfen haben, den Fragebogen zu gestalten. Ich dachte bei mir: Dann hab ich meinen Ärger ja am richtigen Ort deponiert. Fast peinlich An einem Sonntag im Oktober wurde das Projekt in einem Gottesdienst richtig vorgestellt. Widerwillig nahm ich den Sack mit den drei Umfragen mit. Zuhause habe ich die Umfrage gelesen und stellte fest, dass es gar nicht so schlechte Fragen sind. Die Leute müssen ausserdem nur ankreuzen, was ihnen gefällt oder eben nicht. Schon am übernächsten Tag ing ich bei unseren Nachbarn an. Am Folgetag fuhr ich mit dem Velo zu einer Frau. Sie war leider nicht zu Hause. Dafür ihre Nachbarin, die ich ebenfalls kannte. Sie ist im Dorf nicht sehr beliebt. Auch ich hatte von ihr negative Gedanken gehabt. Mit etwas Mut


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gehen? habe ich geklingelt. Ihr Mann öffnete die Tür. Es war mir fast peinlich. Ich fragte nach seiner Frau und versuchte zu erklären, was ich wollte. Im Gespräch bekam ich ein völlig anderes Bild von dieser Frau. Sie erzählte mir viel aus ihrem Leben und der ganzen Familie.

«Ich bekam ein ganz anderes Bild von ihr»

Richtig «gwundrig» Ich verteilte noch mehrere Umfragen und freute mich richtig darüber. Ich frage mich jetzt: Wie sehen mich die Leute im Dorf? Jetzt will ich wirklich wissen, wie die Menschen im Dorf uns als EMK sehen. Ich bin «gwundrig» geworden. Ich brauche so viel Mut, um einen einfachen Fragebogen abzugeben. Wie viel Mut brauchen die Leute, um einmal bei uns reinzuschauen? Zum Schluss hat es mir leid getan, wie ich mich anfangs benommen habe. Ich bedanke mich bei denen, die diese Umfrage ausgearbeitet haben. Ich habe viel dazu gelernt. Die Gespräche möchte ich nicht missen, die ich aus dieser Aktion heraus erleben durfte.

Marc und Isabelle Locher: eine mutige Idee Wir wohnen seit einem Jahr an der Lenk. Isabelle ist hier aufgewachsen und wir verbringen hier nun unsern Ruhestand, wobei uns der Stand der Ruhe allein nicht genügt. Beide sind wir neu Mitglieder der EMK Lenk. Uns hat die Umfrage sehr begeistert. Wir inden es von der Gemeinde sehr mutig, die Wirkung gegen aussen mittels einer Umfrage bei den Dorfbewohnern abzuholen. Bei der Verteilung der Fragebogen erlebten wir keine Absagen und erhielten nur positives Feedback. Alle Angefragten haben sich spontan bereit erklärt, den Fragebogen auszufüllen. Dabei sind sehr gute Gespräche entstanden, die uns ermutigt haben. Wir sind gespannt auf die Auswertung der Fragebogen.

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SO WURDE DIE UMFRAGE GEPLANT Freunde und Glieder der EMK Lenk wollten herausinden, ob und, wenn ja, wie sie als EMK im Dorf wahrgenommen werden. Deshalb starteten sie im vergangenen Herbst eine Umfrage. Jede Person, die sich zur EMK Lenk zählt, erhielt drei Umfragen: einen Fragebogen für eine/n Nachbar/in, einen weiteren für eine Person, die der EMK und dem Glauben grundsätzlich gut gesinnt ist, einen dritten für eine der Kirche und dem Glauben gegenüber kritisch-ablehnende Person. Die Fragebogen waren zusammen mit einer Tafel Schokolade verpackt. Um die Umfrage auszufüllen, brauchte es etwa 10 Minuten Zeit.

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Über die Schweizer Studierenden an der Theologischen Hochschule

Fast wie ein kleiner Kanton Von Sarah Bach

Eines Morgens in einer Reutlinger Bäckerei: Sarah: «Guten Tag, ich würde gern 16 Baguettes bestellen.»

men), viel gelacht, geredet und vor allem viel gegessen!

Ich bin ja nicht die einzige Schweizer Studentin hier

Bäckerin: «16 Baguettes?! Was wollen sie denn mit 16 Baguettes machen?» Sarah: «Ähm... Käse-Fondue...» Bäckerin: «Für wie viele Personen machen sie denn Käse-Fondue?!»

Tja, wenn die Schweizer an der Hochschule Fondue machen, ist das längst keine Privatangelegenheit mehr. Gut 45 Studierende der THR treffen sich so an einem kalten Winterabend und essen Fondue in der hochschuleigenen Mensa. Unsere deutschen Mitstudierenden werden in die heilige Kunst des Fondue-Machens eingeweiht (eine 8 rühren!), Vorurteile werden aufgeklärt (Nein, wer das Brot fallen lässt, muss keine Runde im See schwim-

Zahlreiche Unerschiede Das Fondue-Essen hat an der Hochschule schon länger Tradition, denn ich bin bei weitem nicht die einzige schweizer Studentin in Reutlingen: Insgesamt sind wir 14 Schweizer/innen an der Hochschule (inkl. den Jugendpfarrer/innen). Manchmal kommt uns die Hochschule schon wie ein kleiner Kanton vor. Und das, obwohl es neben der Sprache mehr Unterschiede zwischen der Deutschen und der Schweizer Kultur gibt, als man vielleicht auf den ersten Blick meinen mag. Das merkt man beim Essen, bei den Diskussionen und manchmal sogar beim Spieleabend. So war ich auch nicht die erste

Schweizerin, die unerwartet einen Kulturschock erlebt hat, als ich nach Reutlingen gekommen bin. Klar, der war nicht extrem... und trotzdem war er da. Alltäglich Vertrautes hat plötzlich gefehlt, zum Beispiel das gute Mocca-Joghurt aus dem Coop. Oder die Vertrautheit der eigenen Sprache.

Vertrautes fehlte plötzlich

Kultur kennenlernen Für uns Schweizer, aber auch für alle anderen ausländischen Studierenden hier an der THR gibt es zwei Hilfen, uns in der deutschen Kultur zurechtzuinden: Die ISTHR (Internationale Studierende der THR): etwa monatlich trifft man sich, um alltägliche Probleme zu klären (wie läuft das genau mit der Anmeldung auf der Gemeinde, welche Krankenversicherung ist geeignet...),

IST DAS ALLES? Wer mehr über die Schweizer/innen an der Hochschule wissen will, indet zusätzliche Informationen unter: www.freundeskreis-thr.ch

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Sarah Bach studiert seit Oktober 2013 an der Theologischen Hochschule in Reutlingen. Hin und wieder erzählt sie in Kirche und Welt von ih-

rem Studium, zuletzt in der Ausgabe 7/2014. issuu.com/emk_schweiz


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Eidgenoss/innen: Schweizer Studierende an der THR (links) und am Weihnachtsmarkt in Esslingen vor einem Verkaufsstand aus dem Simmental.

aber auch um die deutsche Kultur mit Auslügen besser kennen zu lernen. So waren wir beispielsweise in der Adventszeit auf dem Mittelalter- und Weihnachtsmarkt in Esslingen, durften eine Stadtführung mitmachen und fein essen gehen.

Zum Anderen helfen uns aber auch jeden Tag unsere deutschen Mitstudierenden. Sie lesen unsere schriftlichen Arbeiten zur Korrektur durch, helfen uns mit der Sprache («Wie spricht man das aus?») und schaffen Raum für unsere Schweizer Kultur. Der be-

geistert besuchte Fondue-Abend ist nur eines von vielen Beispielen hierfür.

Zeit für ein Lächeln

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Glauben, wachsen, leben, Ruhe finden und sich erholen. See- und Bergsicht nahe Zürich für Einzelgäste und Gruppen. Mehr Informationen und Seminarangebote finden Sie unter www.bibelheim.ch

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Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf

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Pfle gefa m ili en familynetwork.ch ist eine christliche Non-Profit-Organisation, die Kindern freilich nicht die Unterstützung eines ganzen Dorfes anbieten kann. Wir setzen uns jedoch dafür ein, Kinder, Jugendliche und Erwachsene, deren Familien gewisse erzieherische Aufgaben vorübergehend oder dauerhaft nicht übernehmen können, in eine passende Pflegefamilie zu platzieren.

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INSERATE

Hotel Artos Interlaken Teddybärenkurs Von Hand genäht – Verbringen Sie kreative Tage im Berner Oberland und geniessen Sie gemeinsame Nähstunden. Sie werden einen Teddy von A bis Z erstellen. Vom Ausschneiden des Schnittmusters bis hin zum Stopfen des Teddys. Die passionierte Teddy-Näherin, Zita Zmoos, zeigt Ihnen wie’s geht. Es sind keine speziellen Vorkenntnisse nötig. 24. bis 26. April 2015 mit Zita Zmoos Preis für Vollpension im Einzelzimmer CHF 296.–; Doppelzimmer CHF 512.–; Kurskosten CHF 230.– pro Person inkl. Material für einen Teddybären

Bibel-Ferienwoche Lebensübergänge – Unser Leben und unsere Umgebung fordert uns durch Veränderungen immer wieder heraus. In fröhlicher Gemeinschaft suchen Sie in der Bibel nach Hilfestellungen, wie Sie sich durch den Heiligen Geist den Herausforderungen erfolgreich stellen können. Lockeres Zusammensein am Abend gehört ebenfalls dazu. 18. bis 23. Mai 2015 mit Lisbeth Brupbacher Preis für Vollpension im Einzelzimmer CHF 650.–; Doppelzimmer CHF 1120.–

Fotokurs Besser fotograieren – Fotograieren, wandern und die Bilder gleich selbst bearbeiten – angesprochen sind Hobbyfotografen, die sich gerne in der Natur bewegen und mehr aus ihrer Kamera und Bildern herausholen möchten. 12. bis 15. Juni 2015 mit René Wethli Preis für Vollpension im Einzelzimmer CHF 471.–; Doppelzimmer CHF 792.–; Kurskosten CHF 260.– pro Person, zusätzlich halbtags Computerkurs möglich für CHF 30.–

Connexio unterstützt Gemeinden der Evangelisch-methodistischen Kirche Schweiz-Frankreich (EMK) sowie Partnerkirchen und -organisationen in 20 Ländern bei der Realisierung von Entwicklungs- und Sozialprojekten. Zudem fördert Connexio weltweite Beziehungen zwischen Gemeinden und Werken der Methodistenkirchen und fördert das Bewusstsein für globale Zusammenhänge. Wir suchen als Vertretung für eine Stelleninhaberin im Mutterschaftsurlaub für 6 Monate eine/n

Kaufmännische/n Sachbearbeiter/in (50%) mit Schwerpunkt Öffentlichkeitsarbeit Hauptaufgaben     

Spendenadministration und -verdankungen Unterhalt der Connexio-Website Mitarbeit bei der Organisation von Gruppenreisen in verschiedene Länder Mitarbeit bei der Organisation von Veranstaltungen in der Schweiz und in Frankreich Mitarbeit bei der Produktion von Werbeunterlagen in Zusammenarbeit mit Grafikern und Druckereien Telefonische Beratung und Versand von Unterlagen an EMK-Gemeinden in der Schweiz und in Frankreich Allgemeine Sekretariatsarbeiten

Anforderungen     

 

Kaufmännische oder gleichwertige Ausbildung Erfahrung mit Öffentlichkeitsarbeit Freude am Umgang mit neuen Medien Selbständige Arbeitsweise Stilsicher in Deutsch, gute Französischkenntnisse, Kenntnisse in Englisch und ev. Spanisch von Vorteil Erfahrung in der Anwendung von Office-Programmen Christliches Engagement und Vertrautheit mit kirchlichem Umfeld

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Per E-Mail an Carla Holmes

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FRAUENNETZWERK

Neue Mitglieder Die nachfolgenden Personen sind neu «bekennende Glieder» der EMK. In einem Gottesdienst haben sie sich öffentlich zu ihrem Glauben bekannt und unterstützen die EMK in ihrem Dienst und Auftrag. am 23.11.2014 Solothurn Margret Rossel Esther Oberer

Informiert beten am Weltgebetstag

Radikale Liebe Die Liturgie zur Feier des Weltgebetstags wurde dieses Jahr von Frauen auf den Bahamas gestaltet. Sie danken dem Schöpfer für die Schönhei-

Indem wir ihnen symbolisch die Füsse waschen, helfen wir ihnen, sich aufzurichten und ihre Würde wieder zu inden.

ten der Natur und beten, dass Einheimische und Feriengäste respektvoll mit der Umwelt umgehen. Die Feiern inden am 6. März statt.

Den Fussspuren Jesu folgen

Die Weltgebetstagsfeier 2015 steht unter dem Titel: «Begreift ihr, was ich an euch getan habe?» Dies ist die Frage, die Jesus seinen Jüngern stellt, nachdem er ihnen, zu ihrem grossen Erstaunen und Befremden, die Füsse gewaschen hat (Joh 13,1–17). Wie ein roter Faden zieht sich die Antwort der Bahamaerinnen durch die Liturgie: «Radikale Liebe». Diese ermöglicht die Umkehr von Hierarchien und lenkt unseren Blick auf Menschen, die am untersten Rand der Gesellschaft leben: notleidende Familien, Obdachlose, schwerkranke Menschen, misshandelte Frauen, Fremde, straffällige Personen und andere Geringgeachtete. Die Fussspuren Jesu, denen wir folgen sollen, führen uns zu diesen Menschen.

Betend handeln Diese symbolische Handlung indet einen konkreten Ausdruck in der Kollekte, die unter anderem Projekten auf den Bahamas zu Gute kommt, die sich um benachteiligte Menschen kümmern. Dies ist ganz im Sinne des Weltgebetstags-Mottos: «Informiert beten – betend handeln».

am 23.11.2014 Solothurn Margret Rossel Esther Oberer am 30.11.2014 Bülach-Oberglatt André da Silva Elias Arabella da Silva Elias Regula Kurzen-Kugler am 30.11.2014 Rüti-Wald-Hombrechtikon Monika Hofer Markus Hofer John Phillips Elisabeth Phillips Michael Walser Daniel Harzbecker Christine Harzbecker am 07.12.2014 Rüti-Wald-Hombrechtikon Dominique WernliZüger Simon Wernli Karen Meier Simon Gygli-Hertig

IN IHRER NÄHE Informationen zu Veranstaltungen in Ihrer Nähe erhalten Sie in Ihrem Gemeindebezirk. Weitere Informationen zum Weltgebetstag: www.wgt.ch

am 14.12.2014 Frauenfeld-Weinfelden Christoph Marti Rita Marti am 10.1.2015 Basel Kleinbasel Rosmarie Aebi

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ZAHLSTELLE

Zahlstelle Wiederentdecken: Dinge, die ich selbst gemacht habe, vermitteln ein Gefühl für deren Wert.

Tipps der ältesten Gemeindeglieder zum Umgang mit Geld

Regeln, die uns inspirieren können Von Daniela Deck

In den EMK-Gemeinden schlummern Erfahrungen aus der Zeit, als Finanzen ohne Gottvertrauen, Solidarität und Sparsamkeit undenkbar waren. Wer mit den ältesten Gemeindegliedern redet, bekommt wertvolle Tipps. Diese helfen uns, Geldfragen gelassen und dankbar anzugehen.

Als 1949 die AHV (Alters- und Hinterlassenenversicherung) eingerichtet wurde, erschien der Pöstler manchen betagten Zeitgenossen wie ein Engel. Auf einmal brachte der Beamte regelmässig Geld. Diese AHV-Bezüger waren im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts geboren, in einer Schweiz, die uns fremd ist. Aber noch die heutigen Senior/-innen, die in der Zwischenkriegszeit geboren wurden, sind oft in Familien mit vier bis zehn Kindern in Armut aufgewachsen. Die Regeln, auf denen sie ihr Leben aufbauten, können uns inspirieren. 1. Den Wert der Dinge zurückgewinnen Die Zeit des Hungers endete in der Schweiz spätestens nach dem 1. Weltkrieg. Dass man sich fortan satt essen

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konnte, bedeutete für die meisten: jahrein, jahraus Kartoffeln, ergänzt mit Brot und Haferbrei. Für die lebenswichtigen Vitamine sorgte Gemüse vom eigenen «Planzblätz», frisch oder eingemacht. Fleisch kam, wenn überhaupt, am Sonntag auf den Tisch. Süssigkeiten waren für Feste wie Weihnachten, Hochzeiten und Taufen reserviert.

Fleisch gab es höchstens am Sonntag

der, nicht selbst machen. Heute: Sparen und das damit verbundene Warten schafft Raum für Freude. Es hilft uns, Wesentliches von Unwesentlichem unterscheiden zu lernen. Nicht alles, was auf den ersten Blick toll aussieht, macht glücklich. Und immer das Neuste zu haben, ist nicht nötig. Wer auf ein Haus oder eine Ausbildung spart, hat die Chance auf mehr: Charakterbildung, Dankbarkeit, Geduld.

Nicht alles, was toll aussieht, macht glücklich Heute: Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft. So ist es schwierig geworden, den Wert der Dinge zu schätzen. Wer sich Zeit nimmt, etwas selbst zu machen, gewinnt ein Gefühl für dessen Wert zurück: ein Brot backen, einen Pulli stricken, eine Gute-NachtGeschichte für die Kinder schreiben und zeichnen – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. 2. Sparen und warten lernen Die zwischen den Kriegen geborene Generationen mussten oft monatelang beim Essen sparen, um Schuhe kaufen zu können. Denn Schuhe konnten die meisten Familien, anders als Klei-

3. Schulden – höchstens mit hoher Verbindlichkeit Kaufen auf Pump kam den meisten Schweizern in der Zwischenkriegszeit nicht in den Sinn. Für sie war die Aussage: «Er oder sie hat Schulden» fast so skandalös wie: «Er oder sie hat gestohlen». Finanziellen Verbindlichkeiten nicht nachkommen zu können, war ein kollektiver Alptraum. Wie kauften die Leute da ein Haus oder ein Velo? Mithilfe der Verwandten. Schulden in der Familie waren nicht dasselbe wie Schulden gegenüber Fremden. Doch es war selbstverständlich,


ZAHLSTELLE

Kredite so schnell wie möglich abzuzahlen. Heute: Statt gegenüber anonymen Anlaufstellen wie Banken oder dem Staat in der eigenen Familie Wünsche transparent zu machen und die Bedingungen für ein Darlehen auszuhandeln, braucht Mut. Den eigenen Stolz überwinden und um Hilfe zu bitten, ist eine Seite. Die andere ist das gegenseitige Vertrauen, das auf die Probe gestellt wird. Lassen wir uns auf dieses Wagnis ein?

In der Familie um Hilfe bitten

4. Zufrieden mit dem, was man hat Obwohl Geld in ihrer Kindheit knapp war, sagte eine Seniorin: «Ich hatte nie das Gefühl, dass mir etwas fehlen könnte.» Im Rückblick auf ihr 90-jähriges Leben ist sie überzeugt, dass die Dinge, die zählen, vorhanden waren: Geborgenheit zum Beispiel. Heute: Viele Menschen fühlen sich durch Vergleiche mit anderen gestresst. Auf Vergleiche verzichten, wirkt befreiend. Daraus wächst eine gesunde Selbstachtung, und diese ermöglicht bewussten Ver-

zicht, ohne andere für den Konsum zu verurteilen.

Auf Vergleiche verzichten, ist befreiend

5. Über Geld reden Wenn Geld knapp ist und Schulden tabu sind, wird ständig darüber geredet und gebetet. Darüber zu schweigen können sich nur Wohlhabende leisten. Heute: Wir leben in einer Überlussgesellschaft und sind nicht mehr gezwungen, über Geld zu reden oder Kompromisse auf dieser Basis auszuhandeln. Doch das Thema verhilft uns zu neuer Einsicht: über unsere Motive, die Dynamik in unseren Familien – und die Gemeindeinanzen.

die Rentner/innen in der Schweiz sind treu beim Spenden. Die meisten Hilfswerke könnten ohne die über 60-Jährigen nicht existieren. Heute: Auch heute ist die Kirche und ihre Werke darauf angewiesen, dass regelmässig Spendengelder bezahlt werden. Eine konkrete Form der Verbindlichkeit könnte zum Beispiel ein Dauerauftrag sein, mit dem monatlich Geld überwiesen wird.

6. Auch im Überfluss sparsam leben und spenden Im Rückblick auf ihr Leben, in dem Löhne und Renten stark gestiegen sind, wissen betagte Mitmenschen aus einfachen Verhältnissen den modernen Lebensstandard zu schätzen. Da sie die Sparsamkeit weiter plegen, die ihnen anerzogen wurde, haushalten sie sorgfältig mit ihrem Geld. Und

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Meine Menschenfurcht zu überwinden, lohnt sich

Kleiner Aufwand, grosse Wirkung Von Cornelia Schrammel

Cornelia Schrammel ist Pfarrerin im Bezirk Oberemmental und regelmässig mit andern aus der Gemeinde in Langnau unterwegs, um Menschen zu begegnen und ihnen Jesus näher zu bringen.

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Wir stehen auf dem Vorplatz des Einkaufszentrums. Es ist Januar, ein kalter und vereister Samstagvormittag, und wir sind schon eine ganze Weile im Dorf unterwegs. Bevor wir uns aufgemacht haben, hatten wir den Eindruck, dass wir heute Menschen ganz praktisch helfen sollten. So stehen wir da und schauen, was wir tun könnten. Eine ältere Frau kommt durch den Haupteingang. Langsam und vorsichtig bahnt sie sich den Weg, eine halbvolle Einkaufstasche in jeder Hand. Ich gehe auf sie zu und frage, ob ich ihr helfen kann. Ich habe Zeit, kann sie begleiten, wenn sie das möchte. Doch sie lehnt dankbar ab, sagt mir: «Es geht schon», und geht in gemächlichem Tempo weiter. Kurze Zeit später verabschieden wir uns und gehen in unterschiedliche Richtungen davon. Auf halbem Weg nach Hause läutet mein Natel. Vreni hat auf ihrem Weg nach Hause an einer vereisten Stelle die ältere Frau mit den zwei Taschen wieder an-

getroffen. Sie hat sie angesprochen und gefragt, ob sie sie stützen darf. Doch auch dieses Mal lehnte sie freundlich ab. Dann aber sagte sie: «Heute sind lauter hilfsbereite Menschen im Dorf unterwegs», und lächelte. Ich bin begeistert, als ich das höre. Beide Male war es etwas Kleines, Unscheinbares, das wir der Frau angeboten haben. Hilfestellungen, die man auch mitten im Alltag geben kann. Dafür muss man nicht extra im Dorf unterwegs sein. Lediglich ein bisschen Aufmerksamkeit und Zeit braucht es. Und obwohl die Frau beide Mal abgelehnt hat, hat das Angebot bei ihr etwas ausgelöst. An diesem Morgen hat sie die Atmosphäre im Dorf als hilfsbereit erlebt. Für das lohnt es sich, mich aufzumachen, meine Menschenfurcht zu überwinden und Fremden zu begegnen. Wenn Menschen in unserer Region erleben und erfahren: in diesem Dorf ist man hilfsbereit zueinander, dann ist das ein erster Hinweis für Gottes Gegenwart und seine Liebe.


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