Kirche und Welt 2/2016

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02/2016

Kirche und Welt Die Zeitschrift der Evangelisch-methodistischen Kirche der Schweiz

Die Begegnung mit dem Islam als Herausforderung für Christ/innen

Annäherung, ohne die Unterschiede zu verbergen Seite 8–9

Mitten in der Vielfalt der Menschen zuhause

«Für die Delegierten beten!»

Ein Dorf wird zur kleinen Welt

Die Diakonie Bethanien zieht nach Altstetten um Seite 16–17

131-Tage-Gebetsinitiative für die Generalkonferenz Seite 19

Das Schweizertreffen 2016 der Jungscharen EMK Seite 20–21

The United Methodist Church


INHALT

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16

Das Erlernte anwenden

Mitten in der Vielfalt der Menschen zuhause

Neue Praktikantinnen in der Zentralverwaltung

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Jährliche Konferenz in Münsingen und Interlaken

«Auf den Punkt gebracht»

16

Die Diakonie Bethanien zieht 2016 nach Altstetten um

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Das Connexio Jahresthema 2016

entwurzelt – verwurzelt

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Die gewandelten Aufgaben in der Gemeindearbeit machen ein starkes Miteinander nötig

19

«Lassen Sie die Pfarrpersonen nicht allein!»

«Für die Delegierten beten!»

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Die Begegnung mit dem Islam als Herausforderung für Christ/innen

Annäherung, ohne die Unterschiede zu verbergen

10

E. Stanley Jones bezeugte Christus im Dialog

«Die Religion soll aus dem Leben selbst zu uns reden»

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Eine Stellungnahme des «Ausschusses Kirche und Gesellschaft»

Ungerechte Gesetze für Teile der Bevölkerung

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Die EMK Baden spendet insgesamt CHF 66 000

Beschenkt werden und beschenken

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Das «fresh expressions»-Projekt «Kubus»

Inspiration, Weiterbildung und Kultur

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Kirche und Welt  Nr. 02/2016

131-Tage-Gebetsinitiative für die Generalkonferenz

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Das Schweizertreffen 2016 der Jungscharen EMK führt Menschen zusammen

Ein Dorf wird zur eigenen kleinen Welt

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Die Zahlstelle: solidarisch – nachhaltig – transparent

Bauen ohne Unterstützung der Zahlstelle stand nie zur Diskussion

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Beim «z'Morgetisch» in Solothurn werden auch die Helfer/innen beschenkt

Mehr als Kaffee und Konfibrot


Editorial Liebe Leserin, lieber Leser Im Koran sind Regeln enthalten, die alle Lebensbereiche abdecken, vom gesellschaftlichen bis zum wirtschaftlichen Leben. Lässt sich da eine Trennung zwischen Staat und Religion überhaupt vornehmen? Grundsätzlicher: Zielt das nicht auf einen Staat, in dem die religiösen Führer zugleich die gesellschaftlichen Normen festschreiben und dann auch noch über deren Einhaltung und Umsetzung wachen? Das liesse sich nicht vereinbaren mit der für die Demokratie grundlegenden Gewaltenteilung zwischen gesetzgebenden, urteilenden und ausführenden Instanzen.   Allerdings sorgen vor allem Islamisten mit dem Slogan «Der Koran ist unsere Verfassung» für Aufsehen. Die Engführung des Islams auf Islamismus – in der medialen Berichterstattung und weitgehend in der Wahrnehmung der westlichen Gesellschaften – schafft vorschnell Feindbilder. Und wir verschleiern, dass auch bei uns diese Trennung der «Gewalten» ausgehöhlt wird. Die «Durchsetzungsinitiative» zum Beispiel will die Entscheidungsspielräume der urteilenden und ausführenden Instanzen massiv einschränken. Wissen wir selbst schon nicht mehr, wozu die Verlangsamung und Aufteilung der Entscheidungsprozesse wichtig ist? Das treffende Motto für gelingende Integrationsprozesse findet Matthias Zehnder (www.matthiaszehnder.ch) im Innenhof des Basler Rathauses: «Wohl vorgehen macht wohl folgen». Da wüssten wir ja, was wir zu tun haben.

Wahnsinn!  VON STEFAN MOLL

Erlöse uns Gott. Erlöse dies Volk von der Angst. Erlöse uns von der Angst, über den Tisch gezogen zu werden, betrogen zu werden, zu verarmen. Erlöse uns von der Angst vor den anderen, und von dieser wahnsinnigen Angst, ausgenützt zu werden. Erlöse uns von der Angst, dass überall die Bedrohung und Übergriffe laueren und dass die Fremden in unsere Häuser und Gärten einbrechen. Erlöse uns von der Angst, Justiz und Staat seien machtlose und tatenlose Zuschauer, denen das Volk auf die Sprünge helfen müsse. Guter Gott, erlöse uns, denn die Angst ist gross geworden. Gemäss der «Durchsetzungsinitiative» soll ein gutes Rechtssystem ausgehebelt werden. Eine wahnsinnige Angst treibt offenbar dazu, fast einen Viertel der Bevölkerung einem anderen und viel härteren Recht zu unterstellen. Bestraft werden soll unabhängig davon, ob ein Vergehen überhaupt der Rede wert ist. Mein Gott, es ist wirklich ein Wahnsinn. Erlöse uns, guter Gott, vor solcher Angst. Hilf uns, das Vertrauen zu dir gegen solche Angst zu stellen. Bewahre uns, wenn Recht in Unrecht verkehrt werden soll. Hilf uns, dass wir Christen nicht auch von dieser wahnsinnigen Angst befallen werden.

Sigmar Friedrich Redaktor

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IHRE MEINUNG

Agenda DO.–SO., 11.–14. FEBRUAR «Die Herrlichkeit Gottes» Seminar mit Dr. Walter Penzhorn Benaja, EMK Aeschi Kosten: ab CHF 140–Infos /Anmeldung: Arbeitskreis Geistliche Gemeindeerneuerung, Ernst Hug, ernst.hug@emk-schweiz.ch, 033 671 16 29 FR.–SA., 19.–20. FEBRUAR Dynamo – Theologie für die Gemeindepraxis Predigtlehre Einführung EMK Zürich Zelthof 9.00–17.00 Uhr Infos / Anmeldung: Fachstelle Bildung+Beratung, 044 299 30 87, www.emk-dynamo.ch FR.–SO., 26.–28. FEBRUAR netV-Snowcamp Backpackers Villa, Interlaken Kosten: CHF 69.– Infos / Anmeldung: www.emk-netV.ch FREITAG, 4. MÄRZ Dynamo – Theologie für die Gemeindepraxis Rhetorikkurs EMK Zürich, Badenerstr. 69 17.30–21.30 Uhr Infos / Anmeldung: Fachstelle Bildung+Beratung, 044 299 30 87, www.emk-dynamo.ch SAMSTAG, 5. MÄRZ Dynamo – Theologie für die Gemeindepraxis Gemeindebau EMK Zürich Nord 10.00–15.00 Uhr Infos / Anmeldung: Fachstelle Bildung+Beratung, 044 299 30 87, www.emk-dynamo.ch SAMSTAG, 5. MÄRZ Weder «Krone» noch «Krankheit» Theologie im Gespräch mit dem Alltag EMK Horgen 10.00–16.15 Uhr Kosten: CHF 50.– Infos / Anmeldung: Fachstelle Bildung+Beratung, 044 299 30 87, bildungundberatung@emk-schweiz.ch

Zu Kirche und Welt 01.2016, S.10–11

Ein amputiertes Bibelwort Als ich erstmals hörte, wie die Jahreslosung 2016 lautet, hatte ich Mühe damit. (…) Darum las ich mit Interesse, was in der eben erschienenen Nummer von «Kirche und Welt» dazu zu lesen war. Vorher schaute ich aber noch nach, in welchem Zusammenhang dieses Wort steht. Ich staunte nicht schlecht, als ich sah, dass der Losungstext nicht den ganzen Vers 13 wiedergibt, sondern nur einen Teil, und dass gerade dieser weggelassene Teil ein ganz besonderes Licht auf dieses Wort wirft. Das offizielle Losungswort ist also ein amputierter Text. Ein wichtiger Bezug fehlt. Darum freute ich mich, dass dieser Zug in der grafischen Gestaltung nicht fehlt: Am Horizont erscheint Jerusalem unter goldigem Gelb: «in Jerusalem findet ihr Trost»! Diese mütterliche Grösse ist die dank Gottes gnadenhaftem Wirken herrlich aufblühende Stadt! Stadt des Friedens wird sie sein! Ein grosses Thema nicht nur von Tritojesaja, auch von anderen Propheten, auch in der Offenbarung des Johannes. Amazing grace!   Wir leben in einer Zeit, in der allerhand Ängste und Sorgen da sind wegen der globalen Entwicklungen. Die Kräfte, die weltweit Schrecken verbreiten und Millionen von Menschen in die Flucht treiben, wirken bedrohlich. (...) Da finde ich es wichtig, dass besonders diejenigen mit glaubwürdiger Zukunftsperspektive getröstet werden, die dem im Messias Jesus offenbarten Gott Israels und Herrn der ganzen Welt vertrauen im Blick auf die Durchsetzung seiner Herrschaft. (…)   Die Beachtung des Kontextes (...) zeigt die innige und unzerstörbare Liebe Gottes zu seinem Volk (gut angesprochen im Artikel von Rahel Arn). Sie enthebt uns auch der Frage, «wer hier überhaupt Trost nötig haben sollte» und der «unerhörten?» (ja!) Spekulation, «ob vielleicht Gott selbst getröstet werden muss».   Ich freue mich von Herzen, dass uns dieses Losungswort durch das Jahr 2016 begleiten wird, und wünsche (...) allen, die es weiter bedenken werden, viel Ermutigung damit. Robert Währer, Burgdorf

IHRE MEINUNG Wir freuen uns, wenn Sie uns Ihre Meinung schreiben. Leserbriefe können durch die Redaktion gekürzt werden.

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Zahlstelle

Betül Toy

Daria Ljuijc

Neue Praktikantinnen in der Zentralverwaltung

Das Erlernte anwenden  VON ANDREA ROFFLER

Ab Februar 2016 bieten die Zentralverwaltung und die Zahlstelle erneut zwei Praktikumsplätze an. Die Erfahrungen mit verschiedenen Praktikant/innen in den letzten zwei Jahren waren auf beiden Seiten sehr positiv.

Am 1. Februar nehmen zwei neue Praktikantinnen in der Zentralverwaltung und der Zahlstelle ihre Tätigkeit auf: Sie werden das Telefon abnehmen, in der Buchhaltung mithelfen, Büromaterial bestellen und weitere administrative Arbeiten erlernen und ausführen. Die Neuen Die beiden neuen Praktikantinnen

kommen wieder von der HSO Wirtschaftsschule in Zürich: Daria Ljuijc ist 18 Jahre alt. Ihre Hobbys sind joggen, lesen und Volleyball spielen.   Betül Toy ist 24 Jahre alt. Sie kocht und liest gerne, fährt Inlineskates und trifft sich gerne mit Freunden. Beide Praktikantinnen haben muslimischen Hintergrund. Die Ausbildung Nach 18 Monaten theoretischer Ausbildung an der HSO Wirtschaftsschule in Zürich, wo sie den ersten Teil ihrer Ausbildung zur Kauffrau EFZ absolviert haben, freuen sich beide darauf, ihre neu erlernten Fähigkeiten in der Praxis anzuwenden. Wir wünschen Daria und Betül eine spannende Praktikumszeit.

ALLES GUTE Carmen Berger und Sujeevan Somasundaram haben am 31. Januar ihr Praktikum in der Zentralverwaltung und der Zahlstelle beendet. Sie durften in den letzten 12 Monaten ein umfangreiches Praktikum absolvieren. Carmen Berger meint dazu: «Ich habe viel gelernt in diesem Praktikumsjahr, es war spannend und hat Spass gemacht.» Beide kehren nun an die HSO Wirtschaftsschule zurück, wo sie im Juni ihre Prüfungen als Kauffrau / Kaufmann mit eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ) ablegen werden. Dazu wünschen wir ihnen viel Erfolg und für die Zukunft alles Gute.

Gebührenfreie Anlagen für jede Lebenslage.

SOLIDARISCH NACHHALTIG TRANSPARENT

www.zahlstelle.ch


JÄHRLICHE KONFERENZ

Jährliche Konferenz in Münsingen und Interlaken

«Auf den Punkt gebracht»  VON CLAUDIA HASLEBACHER

Vom 16.–19. Juni treffen sich Personen aus der EMK Schweiz, Frankreich und Nordafrika zur Tagung der Jährlichen Konferenz. Sie steht unter dem Motto: «Auf den Punkt gebracht». Die Tagung in Münsingen lädt Delegierte und Gäste ein zu entdecken, wie heute verständlich vom Heil geredet werden kann. Zum Konferenzsonntag sind alle nach Interlaken auf das Areal der Tellspiele eingeladen.

Die Jährliche Konferenz 2013 bewilligte das «Soteriologieprojekt». Seither sind engagierte EMKler mit der Frage unterwegs: «Wie können wir in der heutigen Zeit so von Erlösung sprechen, dass kirchenfremde Menschen uns verstehen?» An der Jährlichen Konferenz 2016 wird dies zum Schwerpunktthema. Mit Erfahrungsberichten aus Gemeinden, mit Impulsreferaten und Feierstunden werden die Konferenzmitglieder sich dieser Frage stellen: «Wie kann ich heute verständlich vom Heil reden?» Aus dem Programm Am Donnerstagabend, 16.6. startet die Jährliche Konferenz mit

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Zum Konferenzsonntag gehört auch eine Aufführung der Tellspiele.

einer grossen Tischgemeinschaft. Die Feierstunden am Freitag werden das Schwerpunktthema umsetzen. Am Samstag sind alle Interessierten zu einem erlebnisreichen Tag in Münsingen eingeladen, wo sie ihre eigene Sprachfähigkeit entdecken, entwickeln und damit experimentieren können.

Der festliche Sonntag der Jährlichen Konferenz wird in Interlaken auf dem Areal der Tellspiele stattfinden. Mit einem JS-Programm und Gottesdienst am Morgen und einer Aufführung der Tellspiele Interlaken wird der Sonntag ein Generationen übergreifender Höhepunkt der Jährlichen Konferenz werden.

VORMERKEN Reservieren Sie sich doch heute schon folgende Termine: Do. 16. bis Sa. 18. Juni 2016 Tagung der Jährlichen Konferenz in Münsingen So. 19. Juni 2016 Konferenzsonntag in Interlaken, Areal der Tellspiele.


AUS DEM K ABINETT

Nachhaltige Gemeindearbeit gelingt nur gemeinsam, ist Jörg Niederer überzeugt.

Die gewandelten Aufgaben in der Gemeindearbeit machen ein starkes Miteinander nötig

«Lassen Sie die Pfarrpersonen nicht allein!»  VON JÖRG NIEDERER

Als ich vor 30 Jahren meine erste Stelle in der EMK antrat, war die Arbeit eines Pfarrers überschaubar: Predigten, Bibelstunden, Kirchlicher Unterricht, Seelsorge und ein bisschen Administration. Das Leitungsteam der Gemeinde umfasste zwanzig Personen, und es traf sich alle drei Monate.

Damals gab es in den meisten Bezirken mehrere Predigtstationen. Teilzeit arbeitete keine der Pfarrpersonen. Pfarrfrauen waren selten berufstätig. Die Kirche zählte doppelt so viele Mitglieder. Verändert Heute sieht die Welt einer Pfarrperson in der EMK anders aus. Viele Bezirke haben nur noch eine Hauptgemeinde. Das Leitungsteam trifft sich monatlich. Manche Bezirke können keine 100%-Stelle mehr finanzieren. Pfarrpersonen arbeiten teilzeitlich, gelegentlich auch in mehreren Teilzeitstel-

len. In den meisten Bezirken sind die Mitgliederzahlen rückläufig. Der administrative Aufwand ist grösser geworden. Man ist mobil und rund um die Uhr erreichbar; das gilt auch für Pfarrpersonen. Längst sind die Pfarrfrauen und «Pfarrmänner» (auch diese gibt es nun) erwerbstätig. Pfarrpersonen müssen heute innovativ sein, sich nach einer Strategie ausrichten. Kaum eine/r kommt mit einer normalen 45-Stundenwoche zurecht. Wer Teilzeit arbeitet, kann sowieso nicht erfüllen, was der Bezirk erwartet. Fragend Als Distriktsvorsteher kann ich verstehen, dass Pfarrpersonen nach einiger Zeit im Dienst überlegen, ob das so bis zur Pensionierung weitergehen soll. Zugleich sagen mir die gleichen Pfarrpersonen, dass sie zu Hause sind

in der Theologie und dem Kirchenverständnis der EMK. Die Berufung ist da, die Belastungen auch. Der Wunsch nach einer inneren und äusseren Bestätigung wird immer grösser. Begleitet In solchen Momenten ist es entscheidend, wie eine Gemeinde die Pfarrperson und ihre Familie begleitet und unterstützt. Wertschätzung, Sensibilität und ein Ausschuss für das Zusammenwirken von Pfarrperson und Bezirk, der seine Aufgabe ernst nimmt, sind nun wichtig.   Also: Lassen Sie bitte die Pfarrperson nicht alleine strampeln. Nur gemeinsam als ganzer Bezirk findet man die Kraft, eine nachhaltige Gemeindearbeit in einer komplizierter gewordenen Zeit und im Vertrauen auf Gott zu tun.

AUS DEM REISEKALENDER DES BISCHOFS 3.– 6. Treffen der methodistischen theologischen Seminare in Europa, Birmingham (GB) 27.–28. Vorstandsretraite, Mulhouse (FR)

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THEMA

Die Begegnung mit dem Islam als Herausforderung für Christ/innen

Annäherung, ohne die Unterschiede zu verbergen  VON SVEN BÜCHMEIER

Auf der Suche und in der Erwartung Gottes, der für alle da ist, weiss sich das Christentum mit den anderen religiösen Erfahrungen der Menschheit verbunden. Der Dialog mit diesen ist umso notwendiger und dringlicher, je mehr das «globale Dorf» für die Gläubigen näher rückt und sie aufruft, gemeinsam der Sache der Menschheitsfamilie zu dienen. Diese Begegnung der Religionen darf jedoch für niemanden den Verzicht auf

fen wir nicht den Antrieb zum Guten übersehen, den der Islam für die grosse Mehrheit seiner Anhänger darstellt. Millionen muslimischer Gläubiger finden in der demütigen Unterwerfung unter den göttlichen Willen, in der treuen Befolgung der Gesetzesvorschriften, in der täglichen Übung des Gebetes eine moralische Kraft, die ihnen gestattet, hier auf Erden ihre Berufung als religiöse Menschen zu verwirklichen.

Für Muslime wurde der Koran direkt von Gott diktiert.

Unterschiede benennen nen Pensées auf den Punkt: «Während Diese Annäherung darf aber nicht Mohammed den Weg wählte, um die Unterschiede verbergen, die zwi- menschlich erfolgreich zu sein, er gehorchen will. schen Christentum wählte Jesus Christus Der interreligiöse Dialog ist ein sehr und Islam bestehen, Im Zentrum des den, um menschlich Evangeliums komplexes Thema und ist von christ- und erst recht nicht umzukommen; Molicher Seite her mit den verschiedenen die Schwierigkeiten, steht die Liebe hammed tötend, Jesus Christus sich und die Religionen inhaltlich differenziert zu die das Leben in eiführen. Der Dialog mit Muslimen hat nem islamischen Kontext für Christ/ Seinen töten lassend.» Die Aussage durch die aktuellen Ereignisse noch innen mit sich bringt. von Pascal enthält eine grundlegende einmal an Gewicht erhalten. Deshalb Wahrheit: Im Zentrum des Evangelibeschränke ich mich hier auf den Unterschied: Gottesbild ums Jesu steht die Liebe, nicht nur als christlich-muslimischen Dialog. Diese Tatsache ist nicht zu trennen Offenbarung des Antlitzes Gottes, von dem fundamentalen Unterschied, sondern auch als vorrangiger Auftrag Das Gute wertschätzen der zwischen beiden Glaubensweisen in den Beziehungen zum Nächsten In der Begegnung mit dem Islam dür- besteht. Blaise Pascal bringt es in sei- und selbst zu den Feinden. Es ist die Liebe, verstanden als ungeschuldete Haben christliche Kirchen Raum in muslimischen Gesellschaften? und freie Gabe seiner selbst ohne Gegenforderung, die unter den 99 Namen Gottes fehlt, die der Islam bekennt.   Aus diesem Grund wird der eine Gott, den beide Religionen anbeten, auf der einen Seite, im Islam, als der total andere und als absoluter Herrscher betrachtet, während Gott auf der christlichen Seite als trinitarischer Gott aufgefasst wird, der in sich selbst die Gemeinschaft des ewig Liebenden, des ewig Geliebten und der ewigen Liebe ist. Gott ist die Liebe, und um diese Liebe zu offenbaren, ist die Wahrheit bedeuten, der sie oder

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THEMA

Gott in Jesus von Nazareth Mensch geworden. Das ist der fundamentale Unterschied im Gottesbild zwischen Muslimen und Christ/innen. Diese Gottesbilder sind so weit voneinander entfernt, dass es aus meiner Sicht keine zufriedenstellende Vermittlung zwischen ihnen geben kann.

«heilige Krieg» im Namen Allahs wird für den Muslim immer eine exemplarische Möglichkeit sein. Die im Namen des Evangeliums ausgeübte Gewalt wird immer ein Skandal und ein Widerspruch zum Evangelium bleiben.

bestärken, die absolute Wahrheit zu besitzen, und sie kann in den Anwendungen bis zum Extrem der Intoleranz gegenüber anderen führen.

Freiheit fordern Das Stichwort «Religionsfreiheit» ist unverzichtbar im Dialog zwischen Unterschied: Schriftverständnis Christentum und Islam. Klar ist: Als Unterschied: Gewalt Auch beim Schriftverständnis zeigen Christ/innen dürfen wir keine HaaIm Dialog mit Muslimen ist immer sich grosse Unterresbreite davon abwieder von der Schuld der Christ/in- schiede: Der Prophet Der heilige Text weichen. Gewissensnen die Rede, die sie in den Kreuzzü- schreibt nieder, was ist unantastbar freiheit und speziell gen auf sich geladen haben. Das Blut, ihm diktiert wird. Religionsfreiheit ist das die Christ/innen vergossen ha- Sein Text ist auf eine solche Weise hei- ein unveräusserliches Recht jeder Perben – wohlgemerkt: im Widerspruch lig und unantastbar, dass es von ihm son. zum Evangelium – ist nicht weniger nur Anwendung gibt, gehorsame Wie-   Es geht nicht darum, den Wert des gewaltvoll, als die von den Muslimen derholung, aber keine Interpretation Dialogs zu leugnen oder ihn aus den ausgeübte Gewalt. Dennoch bleibt die im eigentlichen Sinn. Für den Islam genannten Gründen für wenig sinnbetonte Verschiedenheit erhalten, die kann die Berufung auf das inspirierte voll zu erachten. Den Dialog gilt es in alles andere als nebensächlich ist: Der Diktat den Gläubigen in der Annahme der Wahrheit und in der Achtung des anderen zu führen. Unverzichtbar Das regelmässige Gebet ist ein wichtiger Ausdruck muslimischer Frömmigkeit. aber ist, dass die Rechte und die Freiheit aller garantiert sind und gefördert werden, dass die Achtung und die Freiheit, die den Gläubigen des Islam in den Ländern christlicher Prägung gewährt werden, auf analoge Weise den Gläubigen der verschiedenen Religionen und den Nichtgläubigen in den islamischen Ländern zugestanden werden.   Ohne diese Gegenseitigkeit besteht weiter Grund an der realen Möglichkeit des Zusammenlebens zu zweifeln. Solange auch nur ein Muslim die bürgerlichen Rechte oder gar das Leben verliert, weil er sich zum Evangelium bekehrt hat, solange die Verfolgungen von Christ/innen in muslimischen Ländern anhalten, sind die Besorgnisse hinsichtlich der Begegnung zwischen Islam und Kulturen, die vom Christentum geprägt sind, mehr als berechtigt.

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THEMA

E. Stanley Jones am See im Sat Tal.

E. Stanley Jones bezeugte Christus im Dialog

«Die Religion soll aus dem Leben selbst zu uns reden»  VON SIGMAR FRIEDRICH

Er bezeugte Christus auf der indi-

E. Stanley Jones wandte sich von nun an vor allem an die führenden und gebildeten Bevölkerungsschichten.

schen Landstrasse und brachte ihn an den runden Tisch. Mit Mahatma Ghandi war er persönlich befreundet. Als Vertrauter des amerikanischen Präsidenten Frank D. Roosevelt und zahlreicher japanischer Politiker versuchte er die Ausbreitung des 2. Weltkriegs zu verhindern. Vom Time Magazin wurde er 1938 als «der Welt grösster Missionar» bezeichnet. 1962 wurde er für den Friedensnobelpreis nominiert und erhielt 1963 den Gandhi-Friedenspreis. Dennoch ist er heute fast vergessen, obgleich für den interreligiösen Dialog noch immer viel von ihm zu lernen ist.

Die Rede ist von Eli Stanley Jones. 1884 in Baltimore (USA) geboren, studierte er kurze Zeit Jura, wechselte dann ans methodistische Asbury College nach Wilmore, Kentucky. Nach dem Abschluss dort ging er 1907 als Missionar nach Indien. Dort begann er seine Arbeit zunächst in den unteren Schichten der Bevölkerung, wie das zu seiner Zeit üblich war. Eine Krankheits- und Erholungszeit brachte eine grundlegende Wende:

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Immer auf Augenhöhe Für seine evangelistische Aufgabe nutzte Jones vor allem drei in ihrer Ausrichtung unterschiedliche Gefässe: zum einen hielt er öffentliche Vorträge, an die sich eine Zeit mit Fragen und Antworten anschloss. Intensiver wurden die Gespräche «am runden Tisch». In seinem «christlichen Ashram» schliesslich fand die Auseinandersetzung mit dem christlichen Leben in sehr persönlicher Weise statt. Alle drei Gefässe aber waren geprägt von einem offenen Dialog aller beteiligten Personen, die auf Augenhöhe miteinander sprachen. Vorträge und Fragen Während andere Missionare seiner

Zeit «Kreuzzüge» führten, lud Jones zu «Vorträgen» ein. Diese fanden in grösseren Städten öffentlich statt: auf öffentlichen Plätzen, in Hindutempeln oder Schulen – so gut wie nie in Kirchen. Ermöglicht, oft auch geleitet wurden diese Veranstaltungen von lokal angesehenen Personen, von denen viele nicht Christen waren.   Seine Vorträge schloss Jones nicht wie andere Missionare mit einem «Ruf zur Entscheidung», sondern mit der Gelegenheit, Fragen zu stellen. Sehr häufig wurden dabei kritische Fragen zum christlichen Glauben formuliert. Jones hingegen hatte es sich zum Ziel gesetzt, andere Religionen nicht zu kritisieren. Solche Debatten, war er überzeugt, endeten immer mit «Siegern» und «Verlierern», anstatt der Wahrheit näher zu bringen.   Die öffentlichen Vorträge konnten bei den Teilnehmende das Interesse

Abendversammlung in einem Ashram im Sat Tal.


THEMA

für eine nähere Begegnung mit Christus wecken. Dies geschah in den anderen Gefässen.

im Bibelstudium und beim gemeinsamen Arbeiten.

Christus ähnlich werden Am runden Tisch Jones wollte, dass die Menschen zu In den «Gesprächen am runden Tisch» Christen werden. Was aber ist ein waren 15–40 Personen zusammen. Christ? «Ein Christ ist der, dessen Jones legte Wert darauf, dass rund Charakter durch Glauben an Christus zwei Drittel der Teilnehmenden Nicht- und Gemeinschaft mit ihm christusChristen waren. Bei den christlichen ähnlich wird»3, gibt er zur Antwort. Teilnehmenden achtete er darauf, Diese Christusähnlichkeit fand Jones dass hauptsächlich Inder teilnahmen. auch in den Herzen vieler Menschen Die Teilnehmenden erzählten einan- in Indien, die sich selbst als Hindus der, «wie sich die Religion auswirkt, oder Buddhisten ansahen. Er war der was sie für uns leistet, und wie wir Überzeugung, dass Gott auch in antiefere Wahrheit finden können.»1 Ziel deren religiösen Traditionen am Werk war es, die Erfahrungen der anderen war. Zugleich allerdings lehnte er jede Teilnehmenden kennen zu lernen: Vermischung der Religionen zu «ei«die Religion soll aus dem Leben nem Brei von Liebenswürdigkeiten»4 selbst zu uns reden»2. An den «run- ab. Glaubwürdiges Zeugnis von Jesus den Tischen» fanden schliesst jedoch unab«Was leistet die Gespräche statt zwidingbar die Bereitschen Menschen aus Religion für uns?» schaft ein, auf die anunterschiedlichen rederen zu hören und ligiösen Traditionen, die als gleichbe- bereit zu sein, von ihnen zu lernen: rechtigte Partner ihre religiösen «Immer wieder spürte ich, daß nieErfahrungen teilten. Zwei Ziele ver- mand ein Recht hat, andere zu belehfolgten diese Gespräche: zum einen ren, wenn er nicht auch von ihnen lersollten sie Menschen unterschiedli- nen will.»5 cher Religionen an einem Tisch zu-   Am 23. Januar 1973 starb E. Stansammen bringen. Zum anderen soll- ley Jones. Nicht nur, aber besonders ten sie ein Ort sein, an dem gebildete in Indien hinterliess er prägende SpuInder sich Christus anschliessen kön- ren. Seine dialogische Missionspraxis nen. In dieser Weise waren die Ge- war seiner Zeit weit voraus. In 29 Büspräche in gleicher Weise interreli- chern hinterliess er einen reichen Eingiös wie evangelistisch. blick in seine Erfahrungen, die bis heute überraschend aktuell sind. Das Leben teilen Noch persönlicher wurde es in dem von Jones seit 1925 eingeführten «christlichen Ashram». «Ashram» 1 E.S.Jones, Christus am runden Tisch, heisst wörtlich: «abseits von harter 4. Aufl., Hamburg 1930, S.17f. Arbeit». Es ist ursprünglich ein indi- 2 a.a.O., S.25 sches Modell für eine Gemeinschaft, 3 a.a.O., S.75 4 a.a.O., S.15 in der Menschen für eine Zeit oder auf 5 a.a.O., S.49 Dauer zusammen sind, um sich spirituell weiterzuentwickeln. Der Ashram BÜCHER ist ein schönes Beispiel dafür, dass Einige Bücher von E. Stanley Jones Jones bereit war, von anderen religiöwurden ins Deutsche übersetzt. sen Traditionen zu lernen für die eiDiese und zahlreiche englischgene Glaubenspraxis. An dem von sprachige können in der Bibliothek Jones durchgeführten Ashram waren der EMK in Zürich ausgeliehen Jüngerschaft und Heiligung wichtige werden: Themen, die eingeübt wurden in gewww.bibliothek.emk-schweiz.ch meinsamer Anbetung, in der Predigt,

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KURZ NOTIERT

Bei «Wesley» sind noch Plätze frei Gedanken zu Kirche und Gesellschaft

Eine Vision für die Kirche Im Alter von 84 Jahren schrieb E. Stanley Jones ein kleines Buch, in dem er eine Vision für die Kirche beschrieb, basierend auf dem, was er während seines Lebens erfahren hat. Er fasste die Vision in sechs Punkten zusammen die für uns heute immer noch von Bedeutung sind: • Der Fokus der Kirche ist das Reich Gottes – wir schulden nur Gottes Herrschaft Treue – und müssen alle anderen Loyalitäten umformen. • Der Mittelpunkt der Kirche ist Jesus Christus, der Gottes Herrschaft verkörpert, während er das Persönliche und das Soziale vereint. • Die Kirche verkündet die neue Geburt – nur durch eine radikale innere Veränderung kann ein Mensch die Werte von Gottes Herrschaft leben. • Die Kirche ist abhängig von der Macht des Heiligen Geistes, der die Kirche befähigt, nicht nur Gottes Herrschaft zu verkörpern, sondern auch Veränderung in die Welt zu bringen. • Die Kirche ist eine Gemeinschaft der Liebe, in der Menschen gemeinsam lernen, was es heisst, Gottes Herrschaft zu verkörpern. • Das Herrliche an der Kirche ist, das sie allen dient, ohne Rücksicht auf Nationalität, Kultur, Religion oder gesellschaftlichen Status. David N. Field

Vom 30. April–16. Mai folgt eine Reise unter der Leitung von Pfarrer Stefan Pfister sowie Peter und Anita Henning den Spuren des methodistischen Sozialreformers John Wesley in England. Die Reise führt in Bristol zu den ältesten Gebäuden des Methodismus und dann in den südwestlichsten Zipfel Cornwalls. Referate, geistliche Impulse und Gespräche werden das Erlebte vertiefen. Noch wenige Plätze sind frei. Anmeldeschluss: 5. Februar. Weitere Informationen: http://is.gd/Reise_2016

Flüchtlingen helfen – aber wie? Viele Christ/innen in der Schweiz haben sich in den vergangenen Monaten bei der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA) gemeldet. Sie wollten wissen, wie sie den Flüchtlingen helfen können. Ende Dezember 2015 hat daher eine Taskforce die Webseite www.flüchtlingen-helfen.ch aufgeschaltet, die praktische Informationen bereit stellt für Menschen, die helfen möchten. Tipps gibt es zu den Stichworten: Gemeinschaft, Sprache, Wohnen, Begleiten, Teilen und Spenden. Quelle: www.each.ch

Game over? – Ja! Am 28. Februar stimmt die Schweiz über die Spekulationsstopp-Initiative ab. In einer Stellungnahme unterstützt der EMK-Ausschuss «Kirche und Gesellschaft» die Initiative. Die Schweiz könne das Hungerproblem zwar nicht alleine lösen. Dennoch setze die Initiative ein Zeichen. Der Finanzplatz Schweiz und die Schweizer Banken spielten eine wichtige Rolle in der Spekulation mit Nahrungsmitteln. Die grössten Rohstoffunternehmen der Welt hätten hier ihren Firmensitz. «Unser Land mit seiner langen humanitären Tradition soll mit einem guten Beispiel vorangehen», heisst es in der Stellungnahme, die zu finden ist unter: www.emk-kircheundgesellschaft.ch Quelle: EMK-News

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KIRCHE UND GESELLSCHAFT

Und raus mit Dir...!?

Eine Stellungnahme des «Ausschusses Kirche und Gesellschaft»

Ungerechte Gesetze für Teile der Bevölkerung  VON JÖRG NIEDERER / URSULA BRUNNER

Am 28. Februar kommt die «Durchsetzungsinitiative» zur Abstimmung. Die Stimmberechtigten stimmen darüber ab, ob Menschen ohne Schweizer Pass bei bestimmten Straftaten und ohne Rücksicht auf die individuelle Situation das Land verlassen müssen. Der Ausschuss Kirche und Gesellschaft empfiehlt die Initiative abzulehnen.

Die Initiative sieht vor, in der Verfassung einen Katalog von Delikten festzuschreiben, die zu einer Landesverweisung führen. Neben schweren Straftaten stehen auch Delikte wie einfacher Diebstahl, Hausfriedensbruch oder Betrug im Bereich von Sozialleistungen im Katalog des vorgeschlagenen Gesetzestextes. Unverhältnismässig Schon jetzt verlieren Ausländer, die schwerwiegende Straftaten begangen

haben, nach der Verbüssung der Haft- handeln als an Ausländern widerstrafe ihr Aufenthaltsrecht in der spricht grundlegenden biblischen Schweiz. Inakzeptabel aber ist, dass Rechtsvorstellungen, z.B. 4. Mose z.B. ein Familienvater wegen Bagatell- 15,16: «Ein und dieselbe Weisung und delikten die Schweiz automatisch und ein und dasselbe Recht gilt für euch ohne Anhörung verlassen muss und und für den Fremden, der bei euch damit die Familie auseinandergeris- ist.». sen wird.   Ausländer sind auch Teil der EMK.   Mit der Durchsetzungsinitiative Es sind Brüder und Schwestern in wird die vom Bundesrat und Parla- Christus. Mit einem Ja zur Durchsetment vorgeschlagene zungsinitiative würHärtefallklausel ver- Ausländer sind den ihnen grundlehindert. Es wird nicht auch Teil der EMK gende Rechte entmehr der einzelne Fall zogen. Sie und viele beurteilt und es gibt kaum Ermes- weitere in der Schweiz lebende Aussensspielraum für die zuständigen länder würden zu Menschen zweiter Behörden. Das Prinzip der Verhältnis- Klasse degradiert. Darum empfiehlt mässigkeit wird ausser Kraft gesetzt. der Ausschuss Kirche und Gesellschaft ein Nein zur «DurchGrundlegend setzungsinitiative». Aus christlicher Sicht ist diese Ungleichbehandlung von in der Schweiz MEHR wohnenden Menschen auf Grund unterschiedlicher Herkunft und natiounter naler Wurzeln inakzeptabel. Jeder www.emk-kircheundgesellMensch kann fehlen. Am Schweizer schaft.ch Bürger gnädiger und gerechter zu

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UMSCHAU

Die EMK Baden spendet insgesamt CHF 66 000

Beschenkt werden und beschenken Impressum Zeitschrift der Evangelisch-metho­distischen Kirche in der Schweiz: Erscheint monatlich

 VON STEFAN MOLL / BARBARA STREIT

Die Freude und das Erstaunen waren

Redaktor: Sigmar Friedrich

gross, als die EMK in Baden vor zwei

Redaktionsgruppe: Martina Läubli, Michael Schwaller

treten durfte. Die Mitglieder der

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Jahren eine grössere Erbschaft anEMK-Gemeinde haben entschieden, dass sie nicht den ganzen Betrag behalten werden.

Anfang Januar überwies die EMK Baden CHF 6000 an das Schweizertreffen 2016 (STR16) der EMK-Jungschar, das alle fünf Jahre stattfindet. Vom 26. Juli bis 4. August kommen rund 1500 Jungschärler/innen in einem riesigen Zeltlager in Walliswil BE zusammen (s. den Beitrag auf S.20–21). Die Jungschar Baden wird mit einer grossen Gruppe ebenfalls dabei sein. Freude teilen Diesen Betrag konnte die EMK-Gemeinde spenden, weil ein langjähriges Mitglied des Bezirks überraschend der Gemeinde einen höheren Geldbetrag vererbt hatte. Auch wenn der Bezirk selbst nicht auf Rosen gebettet ist, will er einen Teil des Geldes mit anderen teilen.   Heiner Studer, Alt-Nationalrat und EMK-Mitglied in Baden, erarbeitet mit einer Arbeitsgruppe Vorschläge, wie die Gelder der Erbschaft eingesetzt werden sollen. Er unterstützt die erste Tranche an das STR16 sehr und erklärt: «Es war ein wichtiges Anliegen der Erblasserin, die Kinder- und Jugendarbeit zu unterstützen. Wir freuen uns, dass wir ihren Nachlass in diesem Sinn verwenden können.» Partner unterstützen Die EMK Baden hat vor, noch weitere CHF 60 000 zu verschenken. Ein Teil ist für die EMK in Bulgarien bestimmt. Dort leben viele Menschen in schwierigen Verhältnissen. Die EMK

Die EMK Baden teilt mit anderen, was ihr selbst geschenkt wurde.

vor Ort engagiert sich für Obdachlose und Zigeuner. Im Zusammenhang mit dieser Vergabe möchte die kleine EMK Baden eine Partnerschaft zu einer Gemeinde im Balkanland aufbauen. Mittels Begegnungen nehmen schweizerische und bulgarische Christen an ihren Leben gegenseitig Anteil und unterstützen sich in ihrem Dienst an der Gesellschaft.   Die Arbeitsgruppe der EMK Baden wird weitere soziale und kirchliche Projekte evaluieren. Es ist vorgesehen, dass bis im März 2016 der ganze Betrag an geeignete Projekte überwiesen werden kann.


FRESH EXPRESSIONS

Das «fresh expressions»-Projekt «Kubus»

Inspiration, Weiterbildung und Kultur  VON MARKUS KLEINER / BARBARA STREIT

Weiterbildung und Kultur stattfinden.»

Das Projekt «Kubus» will Orte der Begegnung, Bildung und Kultur schaffen. Dahinter stecken drei Ehepaare aus der EMK Schwarzenburg und Schlatt, die mit «fresh expressions» unterwegs sind.

Die sechs Männer und Frauen wollen vorwiegend für junge Familien Treffpunkte schaffen, an denen «man sich austauschen oder einfach mal abschalten kann». Weitere Angebote sind Seminare, Beratungen und Kurse zu verschiedenen Themen wie beispielsweise Erziehung oder Partnerschaft.

Erweitert Im Frühling 2013 wurde der Kreis um die drei Ehefrauen Jolanda Lauper, Susanne Trüssel und Barbara Kleiner erweitert. Ein Jahr lang trugen die drei Ehepaare Ideen zusammen, hinterfragten ihre Werte und Visionen und planten mit dem fresh expressionsBerater Matthias Fankhauser. Daraus entstanden ist «Kubus». Zwei der Projekte haben sich bislang konkretisiert.

«coffee & care» Alle zwei Wochen stehen an einem Gefunden Vormittag bei «coffee & care» in Gasel «Die Grundidee entwickelte sich auf in der Nähe von Bern das Zusammenzwei Ebenen», erklärt Markus Klei- leben mit Kindern und der Austausch ner, EMK-Pfarrer in Schwarzenburg. im Mittelpunkt. Alle erleben ähnliche Marco Lauper und Freuden und «coffe & care» – Adrian Trüssel, Schwierigkeiten im beide Mitglieder der über Famllienfragen Familienalltag. Zu EMK Schlatt, woll- austauschen Beginn gibt es einen ten im Beratungskleinen Impuls zu sektor etwas gemeinsam aufbauen. aktuellen Erziehungsfragen. Wer «In weiteren Gesprächen zeigte sich, nicht reden mag, kann sich in der dass ihre Gedanken gut mit meinem Kleiderbörse umsehen oder mitgeAnliegen kombiniert werden könn- brachte Kleider in der Nähecke fliten, nämlich niederschwellige Orte cken. Natürlich sind die Kinder in eizu schaffen, an denen Inspiration, ner betreuten Spielecke dabei.

«SoulChill» Guten Sound in einem öffentlichen Kultur-Keller von Schwarzenburg bietet das Projekt «SoulChill». «Durch Musik erfolgt eine besondere Inspiration», meint Markus Kleiner zu diesen Veranstaltungen von «Kubus». Gedanken würden miteinander geteilt, Bekanntschaften gemacht. «Einfach mal abschalten, die Seele baumeln lassen. Dies in ungezwungener Atmosphäre», beschreibt der Pfarrer das Profil des Projekts.   «Kubus» ist ein «fresh expressions»Projekt der EMK Schweiz. Menschen ohne christlichen Hintergrund sollen dabei mit dem Evangelium in Berührung kommen und Kirche auf neue Art erleben. «Kubus» erhält einen Beitrag aus dem Projekt-Konto der EMK Schweiz.

WEITERE INFOS www.kubus-perspektiven.ch www.soulchill.li Infos und Kontakt: Markus Kleiner, 031 731 03 49 oder markus.kleiner@emk-schweiz.ch

Das «Kubus»-Team (v.l.n.r.): Adrian und Susanne Trüssel, Marco und Jolanda Lauper, Barbara und Markus Kleiner

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SELBSTÄNDIGE WERKE

Die Diakonie Bethanien zieht 2016 nach Altstetten um

Mitten in der Vielfalt der Menschen zuhause  VON NADJA KRÖNER

Im November 2013 war Spatenstich, im September 2015 fand das Aufrichtefest statt und im Herbst 2016 kann das Hochhaus der Diakonie Bethanien in Altstetten bezogen werden. – Doch warum ein Umzug? Welche Angebote befinden sich im neuen Gebäude? Wo werden die Diakonissen leben?

Über hundert Jahre ist es nun schon her, dass am Zürichberg die ersten Diakonissen des Bethanien ansiedelten. Der Verein wurde 1874 im Rahmen der Jährlichen Konferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche in Schaffhausen gegründet und hatte in Frankfurt am Main seinen Hauptsitz. Diakonie im Wandel Den Zürichberg muss man sich zu jener Zeit anders vorstellen als heute: entlegen, ländlich und vor allem kein Nobelquartier. Das erste Spitalgebäude, eine Krankenpflegeschule sowie das Mutterhaus entstehen. Im 20. Jahrhundert folgen unter anderem ein neues Mutterhaus (das jetzige Hochhaus am Zürichberg), eine Kapelle, später das Anker-Huus, ein Hospiz für aidskranke Menschen (von 19921998), das Birke-Huus für Mütter und Kinder (das heutige KiEl Bethanien Zürich), das Pallivita Bethanien, eine Palliativ-Pflege-Station und die KiTa Bethanien Fluntern.   Auch die Diakoniegemeinschaft verändert sich: Gab es 1946 die Höchstzahl von 299 Diakonissen, werden es im Laufe der Jahre immer weniger, da keine neuen Schwestern

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Am Zürichberg begann die Arbeit – und wurde gross.

eintreten. Das Diakoniewerk Bethanien öffnet sich für externe Personen, die Vereinsmitglieder werden können.   2010 ist ein Jahr mit grosser Veränderung für das Diakoniewerk Bethanien: Das Herzstück, die Privatklinik Bethanien (im 1999 in eine AG umgewandelt), wird verkauft. Dafür werden neue soziale Engagements in Angriff genommen. Der Auftrag bleibt Das Diakoniewerk Bethanien expandiert weiter, die Zahl der Betriebe und der Mitarbeitenden steigt. Dies erfordert ein Mehr an Büroräumlichkeiten, Besprechungszimmer und Seminarräumen – die Infrastruktur am Zürichberg kommt an ihre Grenzen und ist für zukünftige Bedürfnisse nicht zweckmässig.

Auch der Zürichberg selbst hat sich verändert: Er ist zu einem Oberschichtenquartier geworden und der teure Boden bindet viel Kapital, das sinnstiftender eingesetzt werden kann. Denn auch wenn sich der Name 2014 änderte und sich das Diakoniewerk nun Diakonie Bethanien nennt, versteht sie sich nach wie vor als Sozialwerk, das diakonisches Engagement betreibt und dort Auffangnetze entwickelt, wo Menschen durch die sozialen Maschen fallen. Der Zürichberg ist heute nicht mehr der Platz der breiten Bevölkerung, und eine Diakonie sollte mitten in der Vielfalt der Menschen Zuhause sein. Der Neubau in Altstetten Die Suche nach einem geeigneten Grundstück in der Stadt Zürich gestaltete sich nicht leicht, doch in Altstet-


SELBSTÄNDIGE WERKE

ten wurde die Diakonie Bethanien werken wird ein Vier-Sterne-Hotel fündig. Seit 2013 wird an der Buck- mit 87 Zimmern betrieben, im Erdgehauserstrasse am bislang grössten schoss findet sich ein öffentliches ReProjekt der Diakonie Bethanien ge- staurant mit grosszügigem Aussenbaut: Ein Hochhaus mit zwölf Stock- sitzplatz. Vier Etagen werden an werken, 40 Meter hoch, 85 Meter lang externe Firmen vermietet. und 15 Meter tief. Aber darf man ein-   Die neue Infrastruktur lässt sich fach so ein Hochhaus in der Stadt Zü- ganz nach den Bedürfnissen der Diarich bauen? Nein, das ist nicht der konie Bethanien gestalten, was viel Fall. Ausser, das GeNeues ermöglicht. So wäre beispielsbäude bringt der Die Diakonie Bethanien ist Gastgeber Stadt einen Mehrweise ein Hotel am wert. Und das wie- aus Überzeugung Zürichberg nicht denkbar gewesen. derum trifft zu. Denn im Neubau wird eine komplexe Aber durch ihre Geschichte ist die DiMehrfachnutzung angestrebt und akonie Bethanien Gastgeber aus eine moderne, progressive Form des Überzeugung und dies ist in AltstetZusammenlebens findet statt. ten wieder möglich.   Konkret werden sich in dem Gebäude nebst der Verwaltung der Dia- Mitprägen und Mitgestalten konie Bethanien die Tochterfirma und Der Diakonie Bethanien ist es ein AnSpitexorganisation PHS AG, das Pal- liegen, dass sie den Ort, an dem sie livita Bethanien und die neue Kinder- sich befindet, mitgestalten kann. tagesstätte KiTa Bethanien Altstetten Rund ums Hochhaus soll daher ein befinden. In den obersten drei Stock- Treffpunkt fürs Quartier entstehen.

Das Restaurant und eine Bar, ein Kinderspielplatz, schattenspendende Bäume und Sitzmöglichkeiten laden zum Verweilen und Begegnen ein. Für die Diakoniegemeinschaft wird der Wegzug ein einschneidendes Ereignis sein, war doch das Mutterhaus der Diakonissen immer mit den Örtlichkeiten der Verwaltung verbunden. Doch da sich der Neubau nicht in einer Wohnzone befindet, ist es nicht möglich, dass die Schwestern dort – in Altstetten – leben. Sie werden ihr Zuhause weiterhin im Hochhaus am Zürichberg haben.   Vorerst ist aber noch alles beim Alten, denn in Altstetten ist der Innenausbau noch in vollem Gange. Im Oktober 2016 werden die Kisten gepackt und ein neues Kapitel in der Geschichtsschreibung der Diakonie Bethanien startet. Wir sind gespannt auf den neuen Ort und freuen uns, Teil von Altstetten zu werden.

In Altstetten zieht die Diakonie Bethanien in ein neu erstelltes Hochhaus.

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CONNEXIO

Das Connexio Jahresthema 2016

entwurzelt – verwurzelt  VON CARLA HOLMES

Was bedeutet «Ausländerin sein»?

WURZELT VERWURZELT

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Bis zum Zeitpunkt, da sie ihr Land verliess, um in der Fremde zu leben, hatte sich Lorna Barra diese Frage

Liebe, wenn jemand mit ihr lacht und Kaffee trinkt. Sie spürt seine Liebe, wenn jemand ihr die Hand reicht oder Hochdeutsch spricht. Ihre Wurzeln haben so wieder Halt in der Erde bekommen. Sie ist verwurzelt!

noch nie gestellt.

Was kann ich tun? Nun war sie in einem fremden Land Connexio greift 2016 mit dem Jahresmit einer fremden Sprache und Kul- thema «entwurzelt – verwurzelt» eitur. Alles war annen weiteren Asders. Sie empfand Das neue Land war pekt aus dem Themenkreis der sich als Teil eines nicht ihre Heimat. Puzzles, das seiMigration auf: Wie nen Platz nicht finden konnte. Dieses können Menschen und Gemeinden neue Land war nicht ihre Heimat. Ihre der EMK in der Schweiz entwurzelten Familie und Freunde waren nicht da. Menschen helfen, wieder ein Stück Sie fühlte sich verlassen. Sie war ent- Heimat und Halt zu finden? Egal, ob wurzelt! sie nur kurz oder länger bei uns bleiben. Wie können Methodisten dazu Wieder Halt finden beitragen, dass Menschen gar nicht Integration ist ein langer, schwieriger erst entwurzelt werden? Connexio Prozess. Heute lebt Lorna Barra in der möchte Sie im Jahr 2016 einladen, sich Schweiz. Sie lernt Neues – die deut- diesen Fragen zu stellen. sche Sprache oder pünktlich zu sein. HELFEN SIE MIT Manchmal sind es schwierige Erfahrungen. Lorna ist sich sicher, dass sie EMK in der Schweiz nur mit Gottes Hilfe die Hindernisse Connexio, Zürich überwinden kann. Gemeinschaft und PC 87-537056-9 Zuwendung helfen ihr. Sie spürt die IBAN CH52 0900 0000 8753 7056 9 Liebe Gottes in Form von Beziehungen zu Menschen. Sie spürt seine



JUNGSCHAR

Das STR16 ist mehr als ein überdimensionales Zeltlager.

Das Schweizertreffen 2016 der Jungscharen EMK führt Menschen zusammen

Ein Dorf wird zur eigenen kleinen Welt  VON STEFANIE STAUB

In einem knappen halben Jahr wird das Dörflein Walliswil bei Wangen (BE) mehr als viermal so viele Einwohner haben wie zurzeit – weil etwa 1400 Kinder, Jugendliche und ihre Leiter/innen sowie mehrere hundert Helfer/innen für zehn Tage zu Gast sind. Bereits zum dritten Mal findet das Schweizertreffen (STR) der Jungscharen der EMK in Walliswil statt.

Rund 60 Jungscharen haben ihre Teilnahme am STR zugesichert. Dazu kommen Gäste aus dem Ausland: Bis jetzt haben sich Jugendleiter/innen aus Lateinamerika, Asien und Osteuropa angemeldet. Im STR16 treffen also nicht nur Jungscharen aufeinander, sondern auch Kulturen, Sprachen, Altersgruppen und vor allem ganz verschiedene Individuen. Dass sich diese allesamt wohl fühlen und es zu spannenden und bereichernden Begegnungen kommt – untereinander

und mit Gott – darum sind das OK und die verschiedenen Ressortleiter/innen bemüht. Das Rätsel lösen Das Programm wird teilweise parallel in zwei Altersgruppen geführt, um den unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht zu werden. Und die Blöcke werden in verschiedenen Gruppengrössen durchgeführt. Aber immer wieder treffen sich alle Lagerteilnehmer zu gemeinsamen Veranstaltun-

DAS STR 16 UNTERSTÜTZEN… …im Gebet: Es gibt viel Grund zu Danken: Schon viele Ressorts konnten besetzt werden, die Zusammenarbeit unter den Ressorts, aber auch mit Aussenstehenden läuft gut und es kam während den Vorbereitungen zu vielen tollen Begegnungen. Für den «Schlussspurt» wünscht sich das OK nochmals eine grosse Portion Energie und Kreativität. Aktuelle Gebetsanliegen finden sich auf www.str16.ch/gebetsmails.

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…mit tatkräftigem Einsatz: Für jeden Lagertag werden durchschnittlich 300 Helfer/ innen benötigt. Gesucht werden einerseits Hel-fer/innen, die einfach während dem Lager oder an einzelnen Tagen zur Verfügung stehen, wo sie gebraucht werden. Und andererseits Personen, die bereits im Vorfeld Verantwortung übernehmen, um beispielsweise einen Programmpunkt zu planen oder ein Ressort wie die Bauten oder den Lagerplatz zu koordinieren. Infos für Helfer/innen gibt es unter www.str16.ch/helfer



ZAHLSTELLE

In Sevelen konnte die EMK-Gemeinde in ein Industriegebäude umziehen.

Die Zahlstelle: solidarisch – nachhaltig – transparent

Bauen ohne Unterstützung der Zahlstelle stand nie zur Diskussion  VON DANIELA DECK

Bauprojekte brauchen Weitblick und einen langen Atem. Dennoch ist kein Gebäude für die Ewigkeit gebaut. Sie müssen den Menschen und ihrem Auftrag dienen. Die Bezirke in Sevelen und Interlaken haben darum mit Weitsicht neu gebaut und profitieren dabei auch von einem Darlehen der Zahlstelle.

Auslöser für die Bauprojekte waren in Sevelen und Interlaken Platznot und Sanierungsbedarf. Die Lösungen könnten unterschiedlicher nicht sein: die Gemeinde Sevelen zügelte in die Industriezone, die Gemeinde Interlaken nutzt den angestammten Platz im Ortszentrum clever, um für die Zukunft gerüstet zu sein (s. Box).

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Platznot in Sevelen «Es gab Leute, die sagten, sie würden gern in die Gemeinde kommen, aber wir hätten ja keinen Platz», erinnert sich Barbara Oppliger, Leiterin des Gemeindevorstandes von Sevelen. «Inzwischen sind tatsächlich neue Leute zu uns gestossen. Jetzt werden die neuen Räume stark beansprucht, auch für Aussenstehende finden regelmässig Anlässe statt.» Der Umzug wäre nicht möglich gewesen ohne ein Gemeindemitglied, das eine Liegenschaft aus einem Konkurs herauskaufte, mit der Absicht, seiner EMK Sevelen dort eine neue Heimat zu bieten. Bauplanung und Geldbeschaffung fanden 2009 innerhalb weniger Monate statt. Weg zur Einigkeit Im Berner Oberland entwickelte sich

die Planung über zehn Jahre. Ein erster Vorschlag fiel in der Bezirksversammlung durch, weil der geplante Abbruch eines erst gut 20-jährigen Kapellenanbaus die Leute reute. «Das war eine herbe Enttäuschung», blickt Pfarrer André Ottersberg zurück. «Nichts machen wollte die Gemeinde aber auch nicht. So hatten wir den Mut, die Ideen der Opposition zu visualisieren, durchzurechnen und mit dem abgelehnten Projekt zu vergleichen.» Dessen Vorteile wurden erkannt und führten zu einem klaren Ja. Die Versöhnung kam zustande, die Gemeinde ging einig und gestärkt aus dem Konflikt hervor. Mit der genehmigten einstöckigen Erweiterung (nach Abriss des besagten Anbaus von 1984) nutzt der Bezirk die Parzelle optimal. «Die Statik des Anbaus ist so ausgelegt, dass später noch ein


ZAHLSTELLE

zweites Stockwerk darauf gesetzt werden kann», erklärt der Pfarrer die vorausschauende Planung. Eine Kollekte pro Monat Inzwischen sind beide Bezirke daran, die Darlehen der Zahlstelle zurückzuzahlen. Ohne festen Zeitplan, aber beständig fliesst Geld zurück nach Zürich. Sevelen hatte das Baubudget leicht unterschritten, so dass rund CHF 10 000 sofort zurückgezahlt werden konnten. Seither sind es pro Jahr mindestens CHF 2300 plus die 2,25 Prozent Zinsen, wobei das Darlehen Ende 2015 noch CHF 90 000 betrug. Mathias Schindler, Kassier in Sevelen, erinnert sich an kritische Stimmen vor dem Bau, die statt des Darlehens der Zahlstelle einen Bankkredit mit günstigeren Zinsen vorgezogen hätten. «Die EMK lebt von der Solidarität, und bestimmt gibt es hier im Bezirk auch Zahlstellenkunden. Deshalb stand Bauen ohne Unterstützung der Zahlstelle nie zur Diskussion.» Dafür, dass das Geld zusammenkommt, sorgt eine Kollekte pro Monat, die den Baukosten gewidmet ist. Jährliche eine Sammlung In Interlaken wird die Zusatzbelastung durch den Bau mit CHF 35 700 pro Jahr veranschlagt, wobei auch Dinge wie das Serviceabo des neuen Lifts einberechnet sind (und die Zahl-

stellenzinsen einst mit vier Prozent budgetiert waren, statt der heutigen 2,25 Prozent). «Die Leute haben Freude am Bau und den neuen Möglichkeiten. Dazu gehören zum Beispiel ein Kochtreff, bei dem Migranten und Schweizer gemeinsam einkaufen, kochen und essen sowie der Kindertreff Tutti-Frutti, der zur Entlastung von berufstätigen Eltern

dient. Deshalb leisten unsere Mitglieder gern ihren Beitrag an die Baukosten und die Rückzahlung der Darlehen», sagt André Ottersberg. «Wir haben immer transparent informiert, dass Kirche auch kostet.» Konkret kommt das Geld mithilfe einer jährlichen Sondersammlung zusammen, die 2015 zum zweiten Mal durchgeführt wurde.

BAUPROJEKTE Interlaken: Von August 2011 bis Dezember 2012 hat der Bezirk Interlaken die WaldeggKapelle im Zentrum von Interlaken südseitig um einen einstöckigen Anbau erweitert und so den Platz verdoppelt. Der Gottesdienstraum befindet sich wie bisher in der alten Kapelle (gebaut 1927), wurde aber um 180 Grad gedreht und mit einem freundlichen Foyer erschlossen. Der Neubau rechts des Foyers beherbergt im Erdgeschoss einen Mehrzwecksaal mit 120 Plätzen und separater Küche. Im durch einen Lichthof aufgewerteten Untergeschoss befinden sich Räume für die Kinder- und Jugendarbeit, die teilweise vermietet werden, sowie ein Magazin für Stühle und Tische. Baukosten: CHF 1,9 Mio., davon CHF 650 000.– als Darlehen von der Zahlstelle. Sevelen: Vom Herbst 2009 bis Frühling 2010 hat der Bezirk Sevelen die Liegenschaft an der Industriestrasse 1 um den einstöckigen Kirchenraum mit einer Fläche von 180 m2 erweitert und die Kapelle verkauft. Im Erdgeschoss wurde der Neubau an das vorhandene Gebäude angeschlossen. Ein neuer Eingang und eine Treppe zum bestehenden 1. Stock verbinden die zwei Elemente. Im Stockwerkeigentum nutzt der Bezirk nun auf zwei Geschossen 42 Prozent des Bauvolumens für sämtliche Gemeindeaktivitäten vom Gottesdienst bis zur Jugendarbeit. Gewisse Räume werden auch vermietet. Baukosten: CHF 1,42 Mio., davon CHF 115 000.– als Darlehen von der Zahlstelle.

Die EMK in Interlaken hat am alten Standort clever umgebaut.

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Beim «z'Morgetisch» in Solothurn werden auch die Helfer/innen beschenkt

Mehr als Kaffee und Konfibrot  VON FRITZ STETTLER

Fritz Stettler ist pensioniert und trägt seit 2003 Mitverantwortung für den «z'Morgetisch» der EMK Solothurn

gesetzt hat. «Arbeitstelle verloren und in ein tiefes psychisches Loch gefallen», erzählt er in Kurzform aus seiner Vergangenheit. «Dieser Ort hier gibt mir Kraft für den Start in den Tag», sagt der türkischstämmige Mann.   Solche Aussagen stärken uns in unserem Tun. Am An manchen Tagen braucht es bloss ein Konfibrot, eine Anfang hatten wir ein bisschen Angst vor dem, was da Tasse Kaffee, ein Gipfeli und ein freundliches Wort, um auf uns zu kommt. Aber bald merkten wir, dass wir es ihnen, die es nicht leicht im Leben haben einen geort- mit Menschen zu tun bekamen, die, wie wir alle, ein neten Einstieg in den Tag zu ermöglichen. Was diese bisschen Liebe suchen. Wir probieren, ihnen mit Respekt und Freundlichkeit, mit Liebe Menschen in unserer Kirche neben der Stärkung fürs leibliche Wohl fin- Menschen, die ein einen Einstieg in ihren Tag zu erden, ist Struktur, Motivation, Hoff- wenig Liebe suchen möglichen. Wir erfahren, dass auf nung, Kontakt. Seit bald dreizehn dem, was wir an Jesu «geringsten Jahren organisieren wir in der EMK Solothurn den Brüdern», unseren Gästen, tun, Gottes Segen liegt. «z'Morgetisch» für Randständige. Von Montag bis   Wir mussten unsere Gemeinde noch nie um Geld bitSamstag kümmert sich ein Team aus 25 freiwilligen ten, wir bekamen immer genug. In einer Bäckerei dürHelfer/innen aus dem Umfeld der EMK, um Menschen, fen wir jeden Tag vom unverkauften Brot und Kleingedie mit dem Leben nicht zurecht kommen. bäck genügend gratis abholen. Konfitüre schenken uns   Mehrheitlich sind es Gäste mit Drogenproblemen. unsere Frauen. Jesus hat sich auch an den Tisch mit Ebenso finden sich hier auch Menschen mit psychi- Menschen, die ausgegrenzt waren, gesetzt. Wir selber schen Beeinträchtigungen ein, so wie der 47 jährige- werden belohnt mit Segen und den dankbaren AussaMann, der sich im Kreise einer Gästeschar an den Tisch gen unserer Gäste.

The United Methodist Church


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