Kirche und Welt 3/2017

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03/2017

Kirche und Welt

«Gender Studies» hinterfragen unsere Bilder von Mann und Frau

Nicht einfach «naturgegeben» Seite 8–9 «Manpower» mit «Frauenpower»

Am Rand der Gesellschaft in Bulgarien

Gottesdienste gestrichen – Beziehungen gelebt

Neue Mitarbeiterinnen in der Zentralverwaltung Seite 6

Von fruchtbarer Arbeit auf steinigem Boden Seite 18–19

Missional Zukunft gestalten im Bezirk Lenk Seite 22–23

The United Methodist Church


INHALT

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Fachtagung Leben 55 plus

Das ermutigende Lebenszeugnis von Elsi Wegmüller

Mit Demenzerkrankung leben

«Gott hat diese Frau geschickt …»

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Neue Mitarbeiterinnen in der Zentralverwaltung

Tagung der Zentralkonferenz in Zürich

«Manpower» mit «Frauenpower»

Einander begegnen – von einander lernen – gemeinsam glauben

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7 Impulse von einer Studienreise

Mit beiden Beinen

18 Von fruchtbarer Arbeit auf steinigem Boden

Am Rand der Gesellschaft in Bulgarien

8 «Gender Studies» hinterfragen unsere Bilder von Mann und Frau

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Nicht einfach «naturgegeben»

Missional Zukunft gestalten im Bezirk Lenk

10 Schon zu Zeiten des Paulus wurden Menschen kategorisiert

Im Sein vor Gott gibt es keine Geschlechtlichkeit

12 Ein Gespräch mit Roman Hofer über die Jugendarbeit im Kongo

Kongos Kirche nimmt die Kinder an der Hand

14 Beat Müller als Paulus live in Herisau

Der Römerbrief in Schweizerdeutsch

15 Wofür schlägt Dein Herz, Edith Buschenrieder?

Zuneigung, die aus Gebet und Gesprächen erwächst

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Kirche und Welt

Nr. 03/2017

Gottesdienste gestrichen – Beziehungen gelebt


Kirchen-Gezwitscher Eine kleine Blütenlese aus der Timeline der EMK Schweiz auf twitter. Folgen Sie uns unter @EMKschweiz!

Editorial Liebe Leserin, lieber Leser Nach meinem Schulabschluss arbeitete ich eine zeitlang in einem Pflegeheim. Eine goldene Nase konnte ich mir dabei nicht verdienen. Einige prägende Erfahrungen habe ich indes mitgenommen. Diese zum Beispiel: Ein Neueintritt. Ein Ehepaar kam. Der Mann sollte bei uns auf der Station sein. Die Frau hatte im benachbarten Wohnheim ein Zimmer erhalten. Das Paar kam aus einer EMKGemeinde in der Umgebung. Der Mann sass im Rollstuhl. Breite Schultern. Kräftige Arme. Markantes Gesicht. Glatte Haut. Gross gewachsen. Die Frau eher zierlich neben ihm. Sie war stehend nicht wesentlich grösser als er sitzend. Der Abend kam. Es galt, auch diesen Mann für die Nacht zu waschen und zu versorgen. Die stellvertretende Stationsleiterin, mit der zusammen ich Dienst hatte, nahm mich zur Seite, ehe wir das Zimmer betraten. Sie sagte: «Herr Friedrich, ich weiss nicht, ob Sie davon schon gehört haben …» – Hatte ich nicht. Und es passte nicht in meine kleine Welt: Dieser Mann hatte die Geschlechtsteile einer Frau. Alles andere sah nach Mann aus. Nur der Bart wuchs nicht. Und die Ehe blieb kinderlos. Auch darum geht es bei der Genderforschung: dass die nicht verdrängt werden, die nicht in das Schema von männlich oder weiblich hinein passen. Ob es uns gelingt, statt über diese Forschungsrichtung den Stab zu brechen, uns darauf einzulassen, dass diese Anfragen wichtig sind? Diese Ausgabe ist ein Versuch in dieser Richtung.

Sigmar Friedrich Redaktor

Kirche und Welt

Nr. 03/2017

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LEBEN 55 PLUS

Fachtagung Leben 55 plus

Mit Demenzerkrankung leben  VON HEIDI SCHNEGG-GEISER

Wie kann die Lebensqualität für Menschen mit Demenz und für ihre Bezugspersonen gefördert werden? Die Fachtagung Leben 55 plus am April auf St.Chrischona (bei Basel) geht diesen Fragen in Referaten und PoGedanken aus Kirche und Gesellschaft

Wie sportlich darf es sein? Ich inde es spannend, dass Menschen, die gute Sportler sein wollen, sich beharrlich wehren können, wenn es endlich auch Frauen gegenüber sportlich zugehen soll. Beim 400m-Lauf gehört es doch zur Gerechtigkeit, dass die Person in der Aussenkurve weiter vorne startet. Bei anderen Sportarten wird auf den Gewichtsausgleich geachtet. Denn das grössere Gewicht kann sowohl ein Vorteil als auch ein Nachteil sein. Aber wenn es darum geht, Frauen gleichberechtigt mitmachen zu lassen, dann gelten solche Gerechtigkeitsausgleiche als «unfair» gegenüber den «armen Männern». Frauen müssen noch immer in der Aussenkurve laufen – ohne Startvorteil. Sie müssen das ganze Geschlecht repräsentieren. Sie können ihre Arbeit nicht selbstverständlich tun. Sie müssen ihren Weg oft ohne gute oder schlechte Vorbilder inden. In Genesis 1 lesen wir: «Und Gott schuf die Menschheit im eigenen Bild. In Gottes Bild schuf er sie, männlich und weiblich schuf er sie.» Also bei Gott – in Gott! – gelten beide gleich, Männer und Frauen. Ich wünsche uns – Frauen und Männern –, dass wir die Gerechtigkeit, die diesem Glauben entspricht, nicht nur in der Kirche, sondern auch in unserer Gesellschaft leben und einfordern. Ich wünsche uns, dass wir Frauen und Männer sich selber sein lassen, mit ihren Ähnlichkeiten und Unterschieden. Marietjie Odendaal

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frau auf einer Wohngruppe mit Demenzkranken und Ausbildung in Palliativ-Care, wird in einem Kurzreferat einen kurzen medizinischen Überblick über verschiedene Formen der Demenz präsentieren und deren Hauptmerkmale und die wichtigsten Verlauftypen erläutern.

diumsgesprächen nach.

Ralph Kunz, Pfarrer der ev.-ref. Landeskirche Zürich, seit 2004 Professor für Praktische Theologie mit den Schwerpunkten Gottesdienst und Seelsorge an der Theologischen Fakultät der Universität Zürich, wird im Hauptreferat am Vormittag zur theologisch-spirituellen Dimension von Demenzerkrankungen und einem gesunden Umgang damit sprechen. Es geht um Formen der «Spiritual Care», die zusammen mit Menschen mit Demenz entdeckt und erfahren werden. Gemäss der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Spiritualität eine wichtige Dimension der Gesundheit. Sie umfasst das Bedürfnis nach Sinn, Verbundenheit und Trost in den Anfechtungen des Lebens und Sterbens. «Spiritual Care» ist die gemeinsame Sorge der Angehörigen, Pflegenden und anderer Betreuenden. Kurzreferat Mariette Jecker-Geiser, Pflegefach-

Workshops Am Nachmittag werden zwei Workshops angeboten zu kommunikativen, psychosozialen und praktischen Dimensionen der Demenzerkrankung. TeilnehmerInnen können nacheinander beide Workshops besuchen. Eingeladen sind alle Interessierten zum Thema Demenz und Personen, die demenzkranke Menschen begleiten oder sich für ein solches Engagement ausrüsten lassen wollen.

JETZT ANMELDEN! Ansprechperson bei Fragen Heidi Schnegg-Geiser, Beauftragte Leben 55 plus 044 586 50 06, leben55plus@emkschweiz.ch Anmeldung bis 18. März 2017 an: Fachstelle Bildung+Beratung, Badenerstrasse 69, Postfach 1328, 8021 Zürich 1, 044 299 30 87, bildungundberatung@emkschweiz.ch


KURZ NOTIERT

Verstorben Elisabeth Koch-Hirt (62) Turbenthal am 21.12.2016

Der Weltmeister aus der EMK Am 26. Januar gewann Christoph Kunz an der Para-Weltmeisterschaft Ski alpin in Tarvisio, Italien, im Riesenslalom sitzend die Goldmedaille. Die EMK Frutigen hat am Sonntag, 5. Februar nach dem Gottesdienst mit einem Apéro «Stöff» Kunz als Weltmeister gefeiert. Während des Apéro konnten die Gottesdienstbesucher die Siegesfahrt auf der Leinwand nochmals verfolgen. Christoph Kunz zeigte weitere Bilder der WM und unterstrich mit persönlichen Kommentaren seine Erlebnisse. «Vor der Abfahrt nach Italien hatten wir als Gemeindevorstand die Retraite. Zum Abschluss der Retraite segneten wir uns. Dies wurde mir während der WM immer wieder bewusst: Ich bin gesegnet», erzählte der Weltmeister. Christoph Kunz war im Juni 2000 auf dem Weg zur Jungschar mit dem Motorrad verunfallt und seither ab dem 5. Brustwirbel gelähmt. Er sitzt im Rollstuhl. Heute lebt der zweifache Familienvater mit seiner Familie in Reichbach im Kandertal und gehört zur EMK Frutigen. Ein Interview mit ihm erschien in Kirche und Welt 3/2014, www.issuu.com/emk_schweiz

Diakonisse Elsi Künzli (84) Zürich Ost am 24.12.2016 Marianne Specht (80) Rüti-Wald-Hombrechtikon am 31.12.2016 Hilde Dieffenbach (94) Liestal am 4.12.16 Johann Haldemann-Bruderer (90) Adliswil-Zürich 2 am 9.1.17 Fritz Stähli-Fahrni (86) Schlatt am 11.01.17 Otto Schneider (91) Embrachertal am 12.1.17 Marti Fritschi (85) Embrachertal am 19.1.17 Alfred Schönthal (90) Region Oberaargau am 20.1.17

Noch einmal: «ausgezeichnet!» Die Backpackers Villa Sonnenhof in Interlaken, eines der selbständigen Werke der EMK, hat für 2016 bereits zum siebten Mal den HOSCAR als bestes Hostel der Schweiz verliehen bekommen. Die Erfolgsgeschichte der «Villa unter den Herbergen», wie die Gastgeber sie nennen, veranschaulicht, dass gute Qualität mit hoher Belegung und günstigem Preis zu vereinbaren ist. Mit fast 58 000 Logiernächten hat die Backpackers Villa Sonnenhof 2016 ein weiteres ausgezeichnetes Jahr hingelegt. Um auch in Zukunft für die Gäste ein konsequent hochstehendes Angebot sicherzustellen und im Bewusstsein für ökologische Verantwortung, investiert die Backpackers Villa regelmässig. Am 19. März beteilligt sich die Backpackers Villa Sonnenhof an «Please Disturb», der «grössten Hotelschau der Deutschschweiz»: Hotels geben für junge Menschen, die sich für einen Beruf in der Hotelbranche interessieren, Einblick in ihr Innenleben.

Marie Louise Hoch (95) Basel-Ost am 24.1.2017 Ruth Habegger (87) Affoltern am Albis am 25.1.2017 Anna Freiburghaus-Probst (90) Region Oberaargau am 31.1.17 Martha Volkart (98) Rothrist am 31.1.17

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ZENTRALE DIENSTE

Die Zahlstelle ist eine der Hauptaufgaben von Andrea Meister.

Neue Mitarbeiterinnen in der Zentralverwaltung

«Manpower» mit «Frauenpower»  VON DANIEL BURKHALTER

DAS TEAM

Am 1. Februar hat Andrea Meister

Diese Personen sind auf der Zentralverwaltung für Sie da:

ihre neue Stelle in der Zentralverwaltung der EMK angetreten. Sie übernimmt im Wesentlichen die Aufgaben in der Zahlstelle und die Hauptadministration der Adressda-

Daniel Burkhalter Geschäftsleitung Zentralverwaltung Finanz- und Rechnungswesen Zentralverwaltung/Zahlstelle Personaladministration

tenbank der EMK («emk-web»).

Andrea Meister hat die Ausbildung als Sachbearbeiterin Finanz und Rechnungswesen absolviert und war in verschiedenen Firmen tätig. Sie tritt die Nachfolge von Gisbert Dörr an, der im vergangenen September überraschend gestorben war. Wir heissen Andrea Meister ganz herzlich willkommen und freuen uns auf die Zusammenarbeit. Weiter dabei Bei der Ausbildung der PraktikantInnen verschiebt sich der Praktikumsbeginn neu vom 1. Februar auf den 1. Juli. Zur Zeit läuft das Bewerbungsverfahren. Die beiden bisherigen Praktikantinnen, Betül Toy und Daria Ljujic, helfen, die Zeit bis zum Beginn der neuen Praktika zu überbrücken. Wir freuen uns, dass sie bereit sind, bis zum Sommer teilzeitlich weiter für uns tätig zu sein. In diesem Sinne heissen wir auch sie nun als Mitarbeiterinnen ab 1. Februar herzlich willkommen!

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Daniel Bättig Buchhaltung Zentralverwaltung EMK-Statistik Ausgabe Reka-Checks für Mitarbeitende der EMK Andrea Meister Buchhaltung / Zahlungsverkehr Zahlstelle Hauptadministratorin Adressdatenbank Administration «Kirche und Welt» Andrea Rofler Personaladministration Buchhaltung / Zahlungsverkehr Connexio Support Bezirke Buchhaltung und Software «dware» Betül Toy Mitarbeiterin Zentralverwaltung

Daria LjuJic Mitarbeiterin Zahlstelle


BISCHOFSBÜRO

Impulse von einer Studienreise

Mit beiden Beinen  VON BISCHOF PATRICK STREIFF

lehnte und damit die Türen für die Erneuerung der Kirche verschloss.

Evangelium von Jesus Christus bezeugen.

Jesus Christus bezeugen In der anglikanischen Diözese in London ist ein Aufbruch spürbar und werden neue Menschen mit dem Evangelium erreicht, mitten in einer post-modernen, säkularen, multi-religiösen Grossstadt von 20 Millionen Einwohnern. Es wird auf den vorhandenen Stärken aufgebaut und Neues gewagt mit Menschen, die persönlich und in kirchlichen Gruppen das

Spielen lassen Auch unter uns gibt es Gutes, auf dem wir aufbauen können. Zugleich sollten wir uns noch mehr wagen, Neues zu versuchen. Haben wir nicht zwei Beine? Nicht nur um uns mit beiden zu bewegen! Eines unserer Beine ist das Standbein. Das andere ist das Spielbein. Lasst es spielen! Viel Erfolg beim Ausprobieren, das Evangelium auf neue Art zu bezeugen und zu leben!

Eine Studienreise mit Leitungspersonen aus den reformierten Kirchen der Schweiz führte mich Ende Januar nach London. Wir wollten vor Ort erkunden, wie die anglikanische Kirche in London die Erneuerung der Gemeinden fördert. Dabei haben wir Erstaunliches gesehen und gehört, nicht nur in Bezug auf die neuen Formen von Kirchesein (Fresh-X), sondern auch in der Erneuerung bestehender Gemeinden.

Der Bischof von London hat uns in eindrücklicher Weise erzählt, wie er angesichts des charismatischen Aufbruchs unter Nicky Gumbel (Holy Trinity Brompton und Alpha-Life Kurse) nicht den Fehler eines seiner Vorgänger wiederholen wollte, der damals John Wesleys Bitte um die Ordination von Predigern für Amerika ab-

AUS DEM REISEKALENDER DES BISCHOFS IM MÄRZ 8.–12.3 13.–25.3 30.3.–2.4

Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa, Zürich Reise zur Zentralkonferenz von Kongo, Kamina Provisorische Jährliche Konferenz Bulgarien-Rumänien, Pleven BG

Patrick Streiff: «Wir sollten noch mehr wagen, Neues zu versuchen.»

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THEMA

«Gender Studies» hinterfragen unsere Bilder von Mann und Frau

Nicht einfach «naturgegeben»  VON MARTINA LÄUBLI

Können Männer besser parkieren als Frauen? Können Frauen sich besser in andere Menschen einfühlen als Männer? Unter einem knallharten Manager, der reihenweise Leute entlässt, stellen wir uns selten eine Frau vor. Im Rahmen der Schule wird immer wieder diskutiert, ob Jungen in Mathematik begabter seien als Mädchen. Solche Zuschreibungen werfen die Frage auf: Was haben die Fähigkeiten und Qualitäten eines Menschen damit zu tun, dass er oder sie ein Mann oder eine Frau ist?

«Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es», stellte die französische Philosophin Simone de Beauvoir im Jahr 1949 fest. Geschlechtsidentitäten, ob weiblich oder männlich, sind stets sozial geprägt. Dies beginnt, sobald ein Kind das Licht der Welt erblickt. Sogleich müssen sich die Eltern entscheiden, ob sie einen rosa oder einen blauen Strampelanzug wählen. Welche Spielsachen erhält das Kind?

Wie spricht man mit ihm? Welche Erwartungen haben die Eltern? Was trauen sie ihrem Kind zu? Was leben sie vor? – All das ist für die Entwicklung des Kindes entscheidend. Die gesellschaftlichen Vor-

stellungen, wie ein Mädchen oder ein Junge zu sein hat, prägen die kindliche Entwicklung und das Erwachsenwerden. In diesem Prozess entwickelt jeder Mensch eine Geschlechtsidentität, die in der Wissenschaft «Gender» genannt wird. «Gender» ist nicht dasselbe wie das anatomische Geschlecht (sex). Letzteres ist weitgehend gegeben und bildet den Ausgangspunkt der Geschlechtsidentität, die sich wiederum in der Interaktion mit der Welt formt.

eintragen lassen. – Die Debatte um die Anerkennung von homosexuellen Partnerschaften zeigt: Bei den Gender Studies geht es auch um sozialpolitische und rechtliche Prozesse.

Was die «Natur» lehrt Ein anderes Beispiel: Es ist noch gar nicht lange her, da durften Frauen in der Schweiz nicht abstimmen. (Die EMK führte die Gleichberechtigung 1956 übrigens früher ein als der Schweizer Staat!) Im Abstimmungskampf um das Frauenstimmrecht Im Raster nicht vorgesehen wurde von den Gegnern unter andeVertreter der Gender Studies wie Ju- rem die Befürchtung ins Feld geführt, dith Butler weisen darauf hin, dass Frauen könnten die politischen Sachsehr vieles, was jahrhundertelang als verhalte gar nicht verstehen. Frauen natürlich galt, sozial konstruiert ist. wurde weniger politisches VerständSie kritisieren auch, dass die scharfe nis und eine geringere Denkfähigkeit Abgrenzung von männlich und zugetraut als Männern. Dies hängt weiblich jene verdrängt, die mit Gender-Bildern zusammen: In nicht in dieses Schema der Geschichte des Abendlandes galhineinpassen. Zum Beispiel ten geistig-rationale Fähigkeiten «naMenschen, die ohne eindeutige ana- turgegeben» als männlich; körperlitomische Geschlechtsmerkmale ge- che Aspekte wie Reproduktion und boren werden (Intersexualität) oder Fürsorge dagegen als weiblich. So Menschen, die sich mit wurde begründet, ihrem anatomischen dass allein Männer in «rational» galt Geschlecht nicht idender Öffentlichkeit als typisch tifizieren können wirken sollten, wäh(Transgender) und rend sich Frauen um «männlich» trotz des weiblichen Haus und Familie Körpers als Mann lekümmern. Die «Naben oder trotz des männlichen Kör- tur» lieferte die Begründung dafür, pers als Frau. Diese Menschen hat dass die Hälfte der Bevölkerung von es immer gegeben, doch es wurde wichtigen politischen und ökonominicht über sie gesprochen – wohl schen Tätigkeitsfeldern ausgeschlosauch, weil sie scheinbar Gegebenes sen war. in Frage stellen. Immer frag-würdig Solche Denkmuster zu hinterfragen, Was nicht sein darf Auf der klaren Unterscheidung der ist Aufgabe der Gender Studies. Wie Geschlechter fusst das traditionelle kommen Annahmen über FähigkeiKonzept der Ehe als Verbindung von ten von Männern und Frauen zuMann und Frau. Dass Menschen auch stande? Was steckt dahinter? Was haMenschen gleichen Geschlechts lie- ben Geschlechtervorstellungen mit ben können, war lange ein Tabu. Machtfragen zu tun? Die Frage des Heute können in der Schweiz homo- Geschlechts betrifft alle Aspekte des sexuelle Paare ihre Partnerschaft Menschseins. Die Gender-Frage kann

Fallen Mädchen «aus der Rolle», wenn sie handwerklich begabt sind?


THEMA

Agenda SAMSTAG, 4. MÄRZ «Wo Gott Tiefgang erhält» Tagung «ufgweckt» 9.40–16.10 Uhr Brugg, Neumarkt 1 Kosten: CHF 30.– Infos / Anmeldung: Fachstelle Bildung+Beratung, 044 299 30 87, bildungundberatung@emk-schweiz.ch, www.emk-bildungundberatung.ch/313

Spielzeug und Farben der Kleidung prägen die Geschlechtsidentität.

also immer und überall gestellt wer- ben der Menschen sind komplex, und den, von der Pädagogik über Wirt- die Gender Studies leisten ihren Beischaft bis zur Medizin. So spielen bei trag, um dies besser zu verstehen. der Definition von Krankheiten Ge- Abgesehen davon ist Genderforschung auch ein Gebot schlechtervorstellungen eine grosse der Gerechtigkeit. In Rolle: In der Psycheiner Gesellschaft, in Genderforschung iatrie muss defider alle eine Chance ist ein Gebot der niert werden, wann erhalten sollen, muss Gerechtigkeit ein Verhalten nicht man sich fragen: Wamehr normal, sonrum sterben viel mehr dern krankhaft ist. Männer an GewaltverDoch das «gleiche» Verhalten wird bei brechen als Frauen? Wie können JunMännern und Frauen unterschiedlich gen in der Schule mehr Erfolg haben? wahrgenommen. Laut dem Psycholo- Warum verdienen Frauen für die gleigen Andreas Marcker ist es bis heute che berufliche Tätigkeit bis zu 8 Prounsicher, ob «Borderline» und «anti- zent weniger? soziale Persönlichkeitsstörung» die gleiche psychische Störung bezeichneten, einfach bei Frauen beziehungsweise Männern diagnostiziert. Relevante Fragen Natürlich darf der biologische Aspekt von Geschlecht nicht unterschätzt werden. Hormone und andere Faktoren spielen eine wichtige Rolle. Nicht alle Geschlechtsunterschiede sind anerzogen, sondern auch biologisch bedingt. Der Boom der Gender Studies in den letzten Jahren hat dazu geführt, dass einige Forscher schlicht alles mit sozialer Prägung erklären wollten. Doch das ändert nichts an der Relevanz von Geschlechterfragen. Die Welt und das Zusammenle-

SAMSTAG, 4. MÄRZ Pilgern auf dem Jakobsweg Kriens-Werthenstein ab 9.15 Uhr Kosten: ab CHF 10.– Infos / Anmeldung: Fachstelle Bildung+Beratung, 044 299 30 87, bildungundberatung@emk-schweiz.ch, www.emk-bildungundberatung.ch/308 MI., 8. – SA., 12. MÄRZ Zentralkonferenz der EMK in Mittel- und Süduropa Zürich SAMSTAG, 18. MÄRZ Dynamo – Theologie für die Gemeindepraxis Methodistische theologie 9.00–17.00 Uhr EMK Zürich Zelthof Infos / Anmeldung: Fachstelle Bildung+Beratung, 044 299 30 87, bildungundberatung@emk-schweiz.ch, SAMSTAG, 18. MÄRZ Dort sein, wo die Menschen sind Schulungstag «Missionaler Lebensstil» 9.30–16.30 Uhr EMK Bern Infos / Anmeldung: Fachstelle Bildung+Beratung, 044 299 30 87, bildungundberatung@emk-schweiz.ch, www.emk-bildungundberatung.ch/301 SAMSTAG, 25. MÄRZ Dynamo – Theologie für die Gemeindepraxis Lernpsychologie 9.00–17.00 Uhr Promenadenweg 1E, 3110 Münsingen Infos / Anmeldung: Fachstelle Bildung+Beratung, 044 299 30 87, bildungundberatung@emk-schweiz.ch,

ZUR PERSON Martina Läubli ist Germanistin und Journalistin. Im Rahmen ihres Studiums hat sie sich auch mit Gender-Fragen auseinandergesetzt.

SAMSTAG, 25. MÄRZ Grundkurs Jugendarbeit Basis-Modul 9.15–16.30 Uhr Zürich, Badenerstr. 69 Infos / Anmeldung: Takano-Fachstelle EMK, 062 205 70 00, takano@emk-schweiz.ch, www.emk-takano.ch

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THEMA

Heilsame Verwirrung? - Wie befreiend wäre es, wenn unsere Rollennormen vor Gott nicht gelten würden?

ChristInnen müssen nicht an den Ordnungen der Welt festhalten

Im Sein vor Gott gibt es keine Geschlechtlichkeit  VON NICOLE BECHER

Woran erkennt man einen König?

stimmt was nicht mit ihrer Männlichkeit später) und Mädchen an den langen Haaren.

Während ich diesen Artikel schreibe, versuche ich mich mit all meiner Kreativität am Entwurf eines Karnevalskostüms. König, Clown – das sind da so die ersten Dinge, die einfallen. Und erkennbar sollte das Kostüm natürlich sein. Woran erkennt man also einen König?

Einen König erkennt man an seiner Krone, ist doch klar! So wie man den Koch an seiner Kochmütze und die Balletttänzerin am Tütü erkennt. So erkennen wir den Iren an seinen roten Haaren, die Spanierin am Flamenco-Kleid und den Japaner am Fotoapparat. So erkennen wir doch auch Jungs an ihren dreckigen Hosen (das erfuhr ich neulich auf einer Tagung: Jungs haben dreckige Hosen, sonst

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Ordnung muss sein Die Könige heutzutage tragen keine Kronen, wenn sie in der Welt herumreisen. So sehe ich das zumindest auf den Bildern der Klatschpresse. Der Japaner könnte auch ein Koreaner oder Chinese sein und das Kind mit den langen Haaren ein Junge. Bei all unserem Wissen darum, dass wir mit Bildern und Klischees leben, die nicht die Realität widerspiegeln, halten wir doch gerne an ihnen fest. Wir ordnen ein in Kategorien und unser Verständnis von Welt und Ordnung. Das macht das Leben oft leichter und ganz oft kompliziert – vor allem dann, wenn meine Ordnung und mein Weltbild angekratzt werden.

Eine neue Kategorie Wie gut, dass Paulus uns in Galalter 3,28 auf zwei Dinge aufmerksam macht: 1. Das Zuordnen, Einordnen und Werten ist kein Phänomen neuerer Zeit, das entsteht, weil unsere Welt aus den Fugen gerät, wie manche befürchten. 2. Christinnen und Christen dürfen eine ganz neue Kategorie ihres Einordnens vornehmen und müssen sich nicht an den Ordnungen der Welt festhalten. Er schreibt: «Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus» (Gal 3, 28 – Lutherbibel 2017). Schon zu Zeiten des Paulus wurde kategorisiert. Und überlegt, was richtig ist: Erst Jude sein, damit man Christ werden kann? Gilt die Botschaft der Freiheit in Christus für


alle gleich? Muss es nicht doch eine Geschlechterhierarchie geben, bei aller Liebe Gottes für alle Menschen? Ohne Klischee vor Gott In Christus seid ihr einer. So übersetzt es die Lutherbibel 2017. «Denn alle seid ihr einzig-einig im Messias Jesus.» So steht es in der «Bibel in gerechter Sprache» und macht die Einigkeit auch sympathisch für all die, die sich mit der männlichen Form Luthers ungern angesprochen fühlen. Einzig-einig in Christus – weil es darum geht, wer wir sind bei Gott. Und nicht, was wir sind: König, Grieche, Frau, Mann. Im Sein vor Gott verliert sich alle Kategorisierung in für uns manchmal nötige und manchmal einfach nur eben existierende Ordnung oder Klischee. Ich lese hier sogar: Im Sein vor Gott gibt es keine Geschlechtlichkeit. Die wir ja auch gar nicht so einfach definieren können, wie wir es vielleicht gerne hätten. Aber die Welt gerät auch nicht aus den Fugen, weil unsere Geschlechterkategorien hinterfragt und erweitert werden. Sich selbst sein dürfen bei Gott Geschlechtsidentität, Geschlechtsvarianz, Geschlechterrolle, geschlechtsspezifische Ausdrucksform – all das ist kompliziert und zugleich wichtig. Nicht nur für die, die nicht in althergebrachte Bilder und Vorstellungen von Mann und Frau passen. Was mich vielleicht belustigt, irritiert oder auch

mal ärgert oder dem ich zustimme, ist für eine andere ein entscheidender Punkt im Entdecken des eigenen Ichs, auch im Entdecken der eigenen Identität vor Gott. Dass ein irgendwann von irgendwem festgelegtes Rollenverständnis mir nicht immer entspricht, dürfte jeder und jede von uns schon erfahren haben. Aber vielleicht entspreche ich mit meinem Bruch mit der Festlegung genau meinem Sein bei Gott. Vielleicht kann ich so viel mehr meine Gaben nutzen, mit denen Gott mich beschenkt hat.

ten die Geschenke Gottes, die wir bekamen, nutzen.

Von Gott bejahte Menschen Bei Gott können wir unsere Kategorien und Rollennormen ablegen. Wir dürfen uns an ihm orientieren und müssen nicht an Traditionen festhalten. In Christus ist nicht männlich noch weiblich. Wenn ich für mich die Definitionen von Frau oder Mann, die existieren, nicht bejahen kann, dann kann ich nicht Ja zu mir sagen – oder definiere neue Kategorien. In Christus ist nicht männlich noch weiblich. Gottes Geschenke nutzen Da bin ich, da bist du – als von Gott Meine alte Schuldirektogeliebter, gewollter rin am Gymnasium trug und bejahter Mensch. Er entsprach bereits bei Amtsantritt nicht dem Bild, In diese Kategorie als Direktorin einer kalasse ich mich gerne das viele von tholischen Mädcheneinordnen. Und fülle ihm hatten schule in den sechziger sie mit meinen Gaben, Jahren ausschliesslich meinen Bildern, meiHosen – ein Skandal. Doch genau so nem Verständnis vom Mensch-sein. konnte und wollte sie ihre Gaben nut- Für diese Kategorie möchte ich werzen, um dann eben auch einmal uns ben – und bin gespannt, wer mir da mit ihrem Vorbild im gelebten Chris- so alles begegnet in dieser Gemeintentum zu beeindrucken. «Mein» schaft der Einzig-Einigen. Pfarrer damals zuhause, Vater von Ein Mann, dessen Hose immer saufünf Töchtern mit sehr konservativen ber ist? Eine Frau, die typisch «männAnsichten hinsichtlich der Rollenver- liche» Dinge macht? Ein Mensch, der teilung zwischen Mann und Frau, för- seinen Platz bei Gott viel schneller derte mich beim Weg ins und im Stu- gefunden hat als seinen Platz in undium, obwohl ich trotz Eheschliessung serer Geschlechtereinordnung? Eine und Mutterschaft ja eigentlich nicht Schweizer EMK-Pfarrerin, die als Kömehr studieren müsste. So entsprach nig in den Karneval zieht? – Wer da weder er dem Bild, das viele von ihm übrigens noch Tipps hat, woran man hatten, noch ich seinen allgemeinen nun einen König erkennt, darf mir Auffassungen – aber wir beide konn- gerne weiterhelfen.

Feste Kategorien machen das Leben manchmal leichter – und ganz oft kompliziert.

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CONNEXIO

Ein Gespräch mit Roman Hofer über die Jugendarbeit im Kongo

Angetippt Das Jugendlager in Kambodscha ist eine gute Gelegenheit, um das spannende Leben in einer fremden Kultur kennenzulernen. Zudem ist es eine Möglichkeit junge Christen kennenzulernen. Das Jugendlager indet vom 20. Juli bis 5. August 2017 statt. Informationen und Anmeldung bei Connexio Tel 044 299 30 70 oder www.connexio.ch.

Kongos Kirche nimmt die Kinder an der Hand  VON THOMAS HANIMANN

«Jeunesse pour Christ» (JPC) ist die Jugendarbeit der Methodistenkirche in der Demokratischen Republik Kongo. Roman Hofer, der dort für Connexio als Koordinator tätig war, ist vor ein paar Monaten in die

Neue Geschäftsleitung für Connexio. Im Frühsommer 2018 wird Andreas Stämpli, Geschäftsleiter von Connexio, in den Ruhestand treten. Bereits jetzt hält der Connexio-Vorstand Ausschau nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger. Das entsprechende Stelleninserat ist auf www.connexio.ch zu inden. Weitere Informationen dazu erteilen Bischof Patrick Streiff, Daniel Hänni oder Andreas Stämpli. Mit vier Sternen wurde UMCOR, das Hilfswerk für Nothilfe der United Methodist Church (EMK) vom «Charity Navigator» ausgezeichnet. Diese höchste Auszeichnungsstufe attestiert dem Werk eine hohe Transparenz, sorgfältige Rechnungslegung und Geschäftsführung sowie das Respektieren ethischer Grundsätze. UMCOR leistet in zahlreichen Ländern der Welt Not- und Wiederaufbauhilfe. Der «Charity Navigator» ist das grösste und meist genutzte unabhängige Bewertungsportal von Wohltätigkeitsorganisationen in den USA.

Wie viele Kinder sind dabei? Im Bischofsgebiet Südkongo schätzt man die Kinder und Jugendlichen auf 100 000; ähnlich viele sind es auch in Nordkatanga. Doch das sind bloss Schätzungen.

Schweiz zurückgekehrt. Er hat Verantwortliche der Jugendorganisation kennenglernt, ihre Anlässe besucht und erklärt, warum Jugendarbeit mehr bedeutet als eine von vielen möglichen Freizeitbeschäftigungen am Wochenende.

Wie muss man sich solche Treffen konkret vorstellen? Die Kinder treffen sich in der Regel an Sonntagnachmittagen in ihren Kirchen. Sie tragen Uniformen (blaue Hosen/Jupes und weisse Hemden mit einem Abzeichen der JPC). Es gibt die 4 bis14-Jährigen, die Cadets. Dann gibt es die 14 bis 25-Jährigen.

Roman, wie hat sich die Jugendarbeit im Kongo in den letzten Jahren ver- Was sind die Unterschiede zur Jungändert? scharen oder zum Cevi in der Vor allem gibt es ein starkes Wachs- Schweiz? tum. Viel mehr junge Leute engagie- JPC ist nicht ein Angebot unter vielen, ren sich heute in der sondern für viele das «Jeunesse pour Christ» einzige FreizeitangeFür viele ist es (JPC) und damit auch bot, das sie überhaupt das einzige in der Kirche. Es enthaben. Sie lernen viel, Freizeitangebot was ihnen den Einstanden auch Jugendstieg ins Erwachsegruppen in Kirchendistrikten, in denen es bisher keine nenalter erleichtert. Hier werden auch solchen Gruppen gab. In den Distrik- ethische Fragen aufgegriffen. Das ten Kilwa und Pweto am Mweru-See, Lernen geschieht in Diskussionsgrupnahe der Grenze zu Sambia sind sol- pen und Vorträgen. Vor allem bei den che Gruppen entstanden. Es ist ein et- Jüngeren ist es noch oft ein Frontalwas unsicheres Gebiet, da dort auch unterricht. Dabei betreut ein Jugendleiter häufig 50 Kinder. Rebellen agieren. Unterricht für die Kinder ist Teil der «Jeunesse pour Christ».

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CONNEXIO

Roman Hofer (Bildmitte) lernte während seines Einsatzes die Arbeit von «Jeunesse pour Christ» kennen.

Und ausser diesem «Frontalunterricht» …? Es wird viel gesungen und gebetet. Gerne spielen die Jungen auch ein Theater zum jeweiligen Thema.

loyal verhält und sich nicht von den Hausbesitzern bestechen lässt. Was investiert die Kirche in die Jugendarbeit? Sie ist der Kirche wichtig. Viele Pfarrer und Kirchenverantwortliche waren selber einmal in der «Jeunesse pour Christ» und wissen um die Bedeutung dieser Organisation für die Kinder. Die JPC ist wirklich ein Schwerpunkt der kirchlichen Arbeit. Einmal im Jahr, am Tag der Jugend, wird in allen Gemeinden der EMK die Kollekte zugunsten der JPC erhoben.

Warum ist eine solche Jugendbewegung im Kongo besonders wichtig? Da möchte ich Nhoris Mbayo zitieren. Er ist Koordinator der Jugendarbeit in Nordkatanga. Er sagt: «Würden wir in der Kirche nichts für die Kinder machen, dann würden sie davonlaufen und bei irgendwelchen Rebellengruppen mitmachen. Es gibt nicht viele Alternativen. So sind wir verpflichtet, etwas anzubieten. Jugendliche suchen Und was geschieht mit der Unterstütnach Sinn und Anerkennung. Das er- zung durch Connexio? halten sie entweder bei den Rebellen Wichtig ist die Ausbildung der Leiteoder in der Kirche.» rinnen und Leiter. Dazu organisiert Für viele ist es auch eine Schulung die JPC Seminare und Retraiten. Hier des Charakters. Sie lernen Disziplin, kann Connexio helfen, indem beiEhrlichkeit und Loyalität. Christian spielsweise Transport- oder Verpflezum Beispiel, ein ehemaliger Leiter gungskosten für die jeweils 100 bis der JPC, arbeitet 200 Jugendlichen heute bei den städSie lernen Disziplin, und jungen Erwachtischen Wassersenen übernommen Ehrlichkeit werden. Das Geld werken in Lubumund Loyalität bashi. Er ist bei dient auch zum Drucken von Schulungsseinen Vorgesetzten geschätzt, weil er sich beim Ein- material oder Gesangsbüchern. Die Juziehen der Wasserzinsen ehrlich und gendarbeit hat einen Fonds, aus dem

punktuell besonders bedürftige Kinder und Jugendliche Hilfe erhalten. Interessant ist auch, dass die jungen Menschen nicht einfach am Spendentropf hängen möchten. Sie entwickeln auch eigene Geschäftsmodelle, vermieten ihre Räume oder Hochzeitskleider. Je nach Bedarf bieten sie auch kleine Dienstleistungen an. Sie räumen die Kirche auf oder säubern das Grundstück, was von den Erwachsenen geschätzt wird. Hat die JPC auch Zukunftspläne? Vielleicht nicht Pläne in unserem Sinne, aber die JPC ist überzeugt, dass sie noch viel grösser wird. Die Bewegung ist am Wachsen und es gibt noch viel Raum für ihre Entwicklung.

HELFEN SIE MIT Informationen: www.connexio.ch, 044 299 30 70 Spenden: EMK in der Schweiz Connexio, Zürich PC 87-537056-9 IBAN: CH52 0900 0000 8753 7056 9 BIC: PPFICHBEXXX

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UMSCHAU

Beat Müller als Paulus live in Herisau

Der Römerbrief in Schweizerdeutsch Ungeschminkt Am 5. Februar trug der Apostel PauAm 5. Februar war Schauspieler lus verkörpert durch Beat Müller bei Beat Müller (Schauspiel GmbH) zu uns in der Gemeinde in gestraffter Gast im Gottesdienst der EMK-Ge- Form und in Schweizerdeutsch die meinde in Herisau. Mit ihm kam ersten acht Kapitel des Römerbriefes «Paulus live» in den Hauptort des vor. Die Kernbotschaft des EvangeliKantons Appenzell Ausserrhoden. ums wurde neu hörbar. Es war ein herausfordernder und gleichzeitig ermuBeat Müller hat sich die Aufgabe ge- tigender Gottesdienst – Paulus nimmt stellt, den Römerbrief (Kaja kein Blatt vor den pitel 1-8) neu zum Leben Paulus nimmt Mund, sondern sagt zu erwecken und einem ungeschminkt, was er kein Blatt vor breiten Publikum zugängdenkt. Er tröstet und den Mund lich zu machen, ohne den ermahnt, er begleitet Text zu verändern oder und ruft auf zu einem allzu sehr zu interpretieren und aus- ganzheitlichen Christenleben. zulegen. Er verwendet allein seine Stimme, seine Gestik, seine Mimik Lebendig und farbig und einige wenige Symbole – und es Der Gottesdienst, der 60 Minuten funktioniert. dauerte, , aufgelockert von einigen  VON CHRISTIAN HAGEN

«Paulus» alias Schauspieler Beat Müller spricht über das «Gesetz».

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Liedern, war eine Bereicherung für unser Jahresprogramm. Der sonst eher schwer zugängliche und oftmals trocken wirkende Römerbrief bekam Farbe und Leichtigkeit. Der Spannungsbogen des Briefes wurde deutlich, und der Gemeinde wurde neu bewusst: Wir sollten nicht nur einzelne Kapitel oder gar Verse aus den Briefen des Paulus herauspicken, sondern jeden Vers und jedes Kapitel im Gesamtzusammenhang des jeweiligen Briefes erkennen und so ernst nehmen. Segensreich Es ist jeder Gemeinde vorbehaltlos zu empfehlen, Beat Müller als Paulus in die Gemeinde einzuladen und einen Gottesdienst gestalten zu lassen. Es ist ein grosser Segen auf dieser Veranstaltung (schauspielgmbh.ch).


VORSTAND

Wofür schlägt Dein Herz, Edith Buschenrieder?

Zuneigung, die aus Gebet und Gesprächen erwächst  VON EDITH BUSCHENRIEDER

Die Methodistische Kirche in 5 Jahren Mein Engagement im Vorstand: Die ist eine offene Kirche, in der jede und Strukturen der EEM in Frankreich jeder Platz hat und empfangen wird, unterscheiden sich in vielen Punkten so wie Gott uns empfängt. Ich sehe von denen in der Schweiz. Der Wunsch auch kleinere Gruppen, die sich enteine Einheit zu leben, führt uns zu ei- wickeln und grösser werden. Es sind ner engen Zusammenarbeit über die Orte, an denen im Gebet und in Gesprächen eine tiefe Zuneigung entGrenzen hinaus. Diese geschwisterliche Verbunden- steht. Auch werden viele Freundschafheit im Vorstand erfreut die einen und ten geknüpft, die vorher nicht möglich die anderen. Wir waren. Die Gruppen streben alle nach werden wachsen, dynaEine offene demselben Ziel, hamischer werden, und ben eine ähnliche das Wort Gottes wird Kirche, in der Vision unserer Kirsich ausbreiten. Durch jeder Platz hat che auf unterwegs demütiges Gebet wird mit Christus, von die Kirche gross werGott bewegt und den Menschen zuge- den, wird zunehmen an Tiefe und wandt. Qualität, dank des Wachstums aller ihrer Glieder und durch neue BeMein Herz schlägt für die bedingungs- kehrte, die hinzukommen. lose Liebe unseres himmlischen Vater, für alle Menschen, die er mir auf DIE HERZden Weg gibt, ob aus der Gemeinde, SCHLAG-SERIE dem Freundeskreis, der Nachbarschaft. Denn klar ist mir, dass SanftIn einer Reihe von Beiträgen stelmut Empfangsbereitschaft und Demut len wir den Vorstand unserer JK wichtig sind, damit alle Menschen Jevor und zeigen, was diese Persosus Christus als Herrn und Erlöser ernen in ihrem Engagement bewegt kennen können.

ZUR PERSON Edith Buschenrieder (geb. 1951), verheiratet, zwei Kindern, sieben Enkelkindern, ist seit sechs Jahren im Ruhestand. Mitglied der Gemeinde EEM-TABOR in Mulhouse (Frankreich). Sie ist unter anderem engagiert beim Frauennetzwerk, als Kassiererin der Gemeinde, als Sekretärin im Comité Directeur UEEMF und arbeitet ehrenamtlich im Altersheim Bethesda.

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UMSCHAU

Das ermutigende Lebenszeugnis von Elsi Wegmüller

«Gott hat diese Frau geschickt …»  VON ROSMARIE HALDIMANN

Wer zu Elsi Wegmüller kommt, begegnet einer Frau voller Lebensfreude. Am 4. Februar durfte sie ihren 100. Geburtstag feiern. Ihr bewegtes Leben ist ermutigend – gerade darum, weil sie es nicht immer leicht hatte.

«Ich bin einfach so glücklich – so glücklich!» Das sagt Elsi Wegmüller nicht nur. Das erlebe ich bei meinem Besuch. Dass sie so glücklich ist, ist nicht selbstverständlich. Ihr Leben war nicht nur eitel Sonnenschein.

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Von Gott gehalten Die väterliche Liebe musste sie entbehren. Ihr gesetzlicher Vater war oft hart mit ihr. Als junge Frau, nach einigen Berufsjahren in einer Stickerei in St. Gallen, wollte sie ihr Leben als Diakonisse ganz in den Dienst Gottes stellen. Doch zwei Jahre später in einem Moment bitterster Enttäuschung verliess sie das Diakonissenhaus. «Nach einer durchweinten Nacht bei einer lieben Mitschwester schlüpfte ich am Morgen in meine Privatkleider, ging aufs Tram und fuhr nach Hause. Alles wurde mir zu viel», erzählt sie mir. Sie habe nur noch sterben wollen. Eine Schwester konnte damals das Schlimmste verhindern. Gott hat gewacht. Er liess Elsi Wegmüller in dieser Not nicht zu Tode fallen.

Elsi Wegmüller blickt auf hundert bewegte Jahre zurück.

Von Gott geschickt Sie war auch nicht eine speziell kräftige und gesunde Frau. Mehr als einmal war sie schwer krank. Noch in jungen Jahren wurde sie gezwungen, mit über 39° Fieber zur Arbeit zu gehen. Die Kräfte reichten nicht. Im Schneegestöber sank sie zusammen. «Per Zufall» fand sie eine Passantin und brachte sie nach Hause. Elsi Wegmüller erzählt das so: «Gott hat diese Frau geschickt und mich gerettet.»

Endgültig versöhnt «Was erfüllt dich heute mit so grosser Freude und Dankbarkeit?», frage ich sie. – Vor einiger Zeit habe sie ihre Lebensgeschichte aufgeschrieben. Es gab daraus ein kleines Büchlein. «Das hat mir geholfen, mich endgültig mit Gott und den Menschen zu versöhnen», antwortet Elsi Wegmüller. Die Überbleibsel früherer Enttäuschungen und Verzweiflungen wurden definitiv geheilt und wichen einer gros-

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Kleine Kunstwerke in der filigranen Knüpftechnik «Frivolité» von Elsi Wegmüller.

Gott wachte auch, als sie bereits klinisch tot war im Operationssaal und den Gesprächen um sie «zuhörte». Er schickte sie wieder ins Leben zurück.

sen Lebensfreude. Ihre Lebens geschichte wurde mir ein starkes Zeugnis, dass Gott rettet und heilt; dass er auf das Rufen der Geringgeschätzten hört und ihnen zu Hilfe eilt.

HUNDERT BEWEGTE JAHRE Am 4. Februar durfte Elsi Wegmüller ihren 100. Geburstag feiern. Wir wünschen ihr noch viele frohe Tage und hoffen, dass noch viele durch sie ermutigt werden, sich Jesus Christus anzuvertrauen.


ZENTRALKONFERENZ

Tagung der Zentralkonferenz in Zürich

Einander begegnen – von einander lernen – gemeinsam glauben

Impressum Zeitschrift der Evangelisch-methodistischen Kirche in der Schweiz: Erscheint monatlich

 VON URS SCHWEIZER

Alle vier Jahre führt die Evangelisch-methodistische Kirche in Mittel- und Südeuropa ihre Zentralkonferenz durch. Vom 8. bis 12. März wird es wieder soweit sein – diesmal in Zürich.

Die Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa erstreckt sich von Bulgarien nach Frankreich und von Tunesien nach Polen. Aus 13 Ländern dieses vielfältigen Gebiets werden Anfang März Menschen ins Zentrum Zelthof nach Zürich reisen. Gäste aus Dänemark, Deutschland, Estland, Grossbritannien, Italien, Portugal, Russland und den USA werden die Gruppe noch bunter machen. Was uns eint Wie leben wir den Glauben an Christus in einer Zeit, in der Kirche für viele Menschen nicht Teil ihrer Lebenswirklichkeit ist? Wie sind wir Gemeinde, feiern wir Gottesdienste, haben wir eine gesellschaftliche Bedeutung, lehren und lernen wir? Und vor allem: Gibt es in dieser grossen

Vielfalt etwas, das uns eint? Es sind solche Fragen, die in Zürich thematisiert werden – in Plenarveranstaltungen, Länderberichten und individuellen Begegnungen. Und das Konferenzthema «Jesus ist Herr» weist darauf hin, wo zu suchen ist, was eine so grosse Vielfalt zusammenhält. Teil haben Die Zentralkonferenz ist öffentlich – auch Sie können Teil dieses Begegnens, Lernens und Glaubens sein. Zu den besonderen Veranstaltungen gehören: Mi, 8. März, 19.30 Uhr Eröffnungs gottesdienst mit Abendmahl Do, 9. März, 08.45 Uhr Bischofbotschaft von Bischof Patrick Streiff Fr, 10. März, 08.30 Uhr Bibelabeit von Bischof Eduard Khegay (Eurasien) Sa, 11. März, 08.15 Uhr Gedächtnisfeier Sa, 11. März, 14.15 Uhr AbschlussGottesdienst mit Bischöfin Hope Morgan Ward (USA) Die offiziellen Sprachen sind Englisch und Deutsch; eine Übersetzung wird angeboten.

Gemeinsam beraten und feiern - hier an der Tagung 2013 in Winterthur.

Redaktor: Sigmar Friedrich Redaktionsgruppe: Martina Läubli, Michael Schwaller Redaktionsadresse: Kirche und Welt, Postfach, 8021 Zürich 1 Telefon 044 299 30 85 redaktor@emk-schweiz.ch Abonnement: Schweiz: CHF 54.– (für Mitglieder und Freunde der EMK freiwillig) Ausland: CHF 75.– Postcheckkonto: EMK Schweiz, Zeitschrift Kirche und Welt, 8004 Zürich, 80-23018-5 Adressänderung/Abbestellung: Zentralverwaltung EMK Postfach, 8021 Zürich 1 Tel. 044 299 30 80, Fax 044 299 30 89 Mail: zentralverwaltung@emk-schweiz.ch Anzeigenverwaltung: Jordi AG – das Medienhaus Christian Aeschlimann Aemmenmattstrasse 22, 3123 Belp Telefon 031 818 01 25 Telefax 031 819 38 54 E-Mail: inserate.kuw@emk-schweiz.ch Insertionsschluss für 04/2017: 15.3.2017 Graik + Gestaltung: P+S Werbung AG, 8184 Bachenbülach www.pswerbung.ch Druck / Vertrieb: Jordi AG – das Medienhaus, 3123 Belp www.jordibelp.ch Kirche und Welt wird klimaneutral hergestellt: www.preservecreation.ch Bildnachweise: S.1.9 PublicDomainPictures, pixabay.com S.2 Wilnat, gemeindebrief.de S.3,7,17 KuW S.4 freshidea, AdobeStock.com S.5,9,12,13,16,18,19,23 zVg S.6 FirmBee, pixabay.com (KuW) S.8 eroyka, pixabay.com S.10 RyanMcGuire, pixabay.com S.11 kerplode, pixabay.com S.14 schauspielgmbh.ch S.15 unsplash, pexels.com S.22 berggeist007, _pixelio.de

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ZENTRALKONFERENZ

Von fruchtbarer Arbeit auf steinigem Boden

Am Rand der Gesellschaft in Bulgarien fen, ihre Vorurteile zu überwinden, die sie als Erbe eines ganz anderen geschichtlichen, polititischen und kulturellen Zusammenhangs mit sich tragen. Schritt für Schritt erkläre ich ihnen, dass Christ zu werden nicht bedeutet, seine ethnische Zugehörigkeit zu verändern, sondern seinen Charakter und seinen Lebensstil.» Segen der Veränderung Eine der grossen Herausforderungen, denen er dabei begegnet, ist die Tatsache, dass viele Menschen christliche und muslimische Ansichten und Praktiken vermischen. «In solchen Fällen muss ich sehr sorgfältig sein, da ich die Menschen sonst emotional verletzen kann.» Andere Probleme sind Zinswucher, Frühehen und die «Wir gestalten ein gemeinsames Leben als kirchliche Familie», sagt Erdzhan Madzharov. Ausbeutung von Arbeitskräften. Allerdings sind diese Erscheinungen in den Augen vieler Menschen gar keine  VON URS SCHWEIZER geprägt von Arbeitslosigkeit, Armut Probleme, sondern einfach Ausdruck und äusserst schwierigen Lebens- eines Lebensstils. Auf diesem HinterDie bulgarische Schwarzmeerstadt bedingungen. grund die Moralkeule zu schwingen und zu sagen, all dies sei falsch, Burgas ist das wirtschaftliche, kulwürde bedeuten, sich den Zugang zu turelle und politische Zentrum des Keinen Verrat begehen gesamten Südostens von Bulgari- Dazu war und ist ihm nicht verborgen, den Menschen nachhaltig zu veren. Auch in touristischer Hinsicht dass es unter der türkischsprachigen bauen. Erdzhan Madzharov muss den ist die Stadt überregional bekannt. Bevölkerung Bulgariens eine ausge- Hebel anderweitig ansetzen: «Ich versuche, die MenDoch im 10 Kilometer vom Zentrum prägt negative Halschen zu lehren, entfernten Stadtteil Gorno Ezerovo tung gegenüber dem Ich muss jedes worin der Segen leben zahlreiche Menschen nicht christlichen Glauben Wort sehr sorgfältig liegt, wenn sie sich nur am Rand der Stadt, sondern gibt. Die meisten wählen Menschen denken, umfassend veränauch am Rand der Gesellschaft. Christ zu werden sei dern lassen. Wenn Als Erdzhan Madzharov im Jahr 2011 gleichbedeutend mit Bulgare zu wer- es keinen Aspekt des Lebens gibt, der unter der türkischsprachigen Bevöl- den – und dies bedeutet nichts Gerin- ausserhalb des Einflussbereichs des kerung von Gorno Ezerovo zu arbei- geres als einen Verrat an den eigenen Heiligen Geistes bleibt.» ten begann, dachte er: «Dieser Boden Vorfahren und deren Traditionen. ist zu steinig, als dass er fruchtbar Erdzhan Madzharov weiss auf diesem Den Menschen nahe gemacht werden könnte.» Er fühlte Hintergrund sehr genau um die Ge- Die umsichtige und empathische Vorsich zwar zum Dienst als Pastor be- fahr, in seinem Dienst missverstan- gehensweise trägt Früchte. «Es gibt rufen, aber das Leben der Menschen, den zu werden. Deshalb meint er Veränderungen im Leben unser Kirmit denen er sich auf den Weg auch: «Es ist sehr wichtig, dass ich je- chenglieder. Ihre Beziehungen veränmachen wollte, schien so kompliziert des Wort, das ich sage, sorgfältig dern sich. Wir gestalten ein gemeinzu sein – und in sehr vielen Fällen wähle. Ich muss den Menschen hel- sames Leben als kirchliche Familie

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ZAHLSTELLE

Statt in der eigenen Kapelle feierte die Gemeinde der EMK Lenk einen Gottesdienst unterhalb des Wildstrubel.

Missional Zukunft gestalten im Bezirk Lenk

Gottesdienste gestrichen – Beziehungen gelebt  VON DANIELA DECK

Zum 20-Jahr-Jubiläum ihres Zentrums hat die Gemeinde Lenk letztes Jahr 20 Gottesdienste durch Projekte zugunsten der Dorfbevölkerung ersetzt. Damit hat die EMK wertvolle Erfahrungen im missionalen Gemeindebau gesammelt. Pfarrer Samuel Humm erzählt vom Wagnis, an den Grundfesten des Gemeindelebens zu rütteln.

Missional im Obersimmental: Im November 2011 hielt IGW-Leiterin Barbara Wyss am Boxenstopp, wie der Lenker Gemeindeabend heisst, einen Vortrag zu diesem Thema. Die Gemeinde hatte mit dem Abschied von Gstaad und der Gründung als selbstständiger Bezirk ein bewegtes Halbjahr hinter sich. Damit hat alles angefangen.

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«Der Vortrag zum missionalen Gemeindebau hat in Worte gefasst, was uns am Herzen liegt: Gemeindeleben basierend auf lebendigen Beziehungen und nicht fokussiert auf attraktive Anlässe», erinnert sich Samuel und präzisiert: «Missional bedeutet, wir sind nicht aktive Evangelisten, sondern wertvolle Mitmenschen.» Als Pfarrer habe er von Anfang an das Privileg gehabt, fast die Hälfte der Arbeitszeit ausserhalb des EMK-Gebäudes Löwenzentrum in der Beziehung mit Menschen zu verbringen – gelegentlich sogar im Ausgang. So kommt Samuel in den Kontakt mit Menschen, die Gott noch nicht kennen. Auf Werbung verzichtet Als beim Löwenzentrum, einst ein Hotel, letztes Jahr der 20. Geburtstag im Dienst der EMK anstand, entschloss sich die Gemeinde zu einem ungewöhnlichen Schritt. Für jedes

Altersjahr wurde ein Gottesdienst gestrichen und durch eine Begegnungsmöglichkeit mit dem Dorf ersetzt. Die Ideen dafür kamen von den Mitgliedern und Freunden. So wurden bei den lokalen Behörden Gebetsanliegen gesammelt, für die die Gemeinde einmal im Monat an einem Gebetsmorgen betete. Freiwillige schoben die Rollstühle gebrechlicher Mitmenschen zum Dorfmärit. Die Lehrerinnen und Lehrer wurden in der Pause mit Backwaren und einem Dank für ihre Arbeit bedacht. In der SAC-Wildstrubelhütte fand ein Berggottesdienst statt, um vier Beispiele zu nennen. «Wir haben bei den Projekten bewusst nicht für die EMK Werbung gemacht», erklärt Samuel. «Aus unserer Identität als von Gott geliebte Geschöpfe, sind wir überzeugt, dass der Glaube in jeder Begegnung eine Rolle spielt. Im Rückblick auf das Ju-


ZAHLSTELLE

biläumsjahr zeigt sich nun, dass die Hemmschwelle an EMK-Aktivitäten teilzunehmen, im Dorf gesunken ist.» Traditionelle Angebote, wie der jährliche Ländlergottesdienst, seien besser besucht worden als zuvor. Dennoch sei die Hemmschwelle, das Löwenzentrum für einen EMK-Anlass zu besuchen, noch sehr hoch. Dem Widerstand Raum geben Eine radikale Massnahme, wie der Verzicht auf viele Gottesdienste, schürt Skepsis. Dessen war sich die Gemeindeleitung bewusst. «Man darf dagegen sein, und es gab Leute, die waren dagegen – durchaus nicht nur ältere Semester», erzählt der Pfarrer. Es sei wichtig, die Kritikpunkte ernst zu nehmen und den Skeptikern Wertschätzung zu zeigen. «Das ist gelungen, denn diese Leute sind weiterhin in der Gemeinde dabei.» Kopfschütteln habe das missionale Experiment beim einen oder anderen Pfarrkollegen ausgelöst. Es gab aber auch breites Interesse von aussen. So konnte Samuel zum Beispiel bei der EMK Frutigen die Erfahrungen präsentieren. Auswertung noch nicht abgeschlossen Inzwischen gehört der Sonntagsgottesdienst in der Lenk wieder fest zum Programm. Noch ist die Auswertung des Jubiläumsjahres nicht abgeschlossen. Der Berggottesdienst in der Wildstrubelhütte fand so positives Echo, dass er wiederholt wird. Der Pfarrer, für den Sport und Bewegung draussen unverzichtbar sind, engagierte sich diesen Winter auf privater Basis für ein lokales Tourismusevent.

«Vor fünf Jahren haben wir als Bezirk die Vision formuliert, dass sich die Menschen im Dorf um die Nachfolger von Jesus scharen, weil sie sich bei ihnen wohlfühlen. An dieser Vision halten wir fest. Für mich sehe ich momentan einen Teil dieser Aufgabe, indem ich mich beim internationalen Schlittenhunderennen um die Helfer kümmere und im Organisationskomitee Brücken zwischen den Menschen baue.»

Angetippt Slampoeten und Frère Alois werden im November am Jugendfestival «Reformaction» in Genf mit Jugendlichen die Reformation feiern. Auch die Takano Fachstelle lädt dazu ein. Ansprechperson für die EMK ist Pfarrerin Nicole Becher, nicole.becher@emkschweiz.ch Online verfügbar sind seit kurzem eine grosse Anzahl an Publikationen aus der methodistischen Tradition. Möglich wurde das dank einer Zusammenarbeit der Methodist e-Academy und der Platform «GlobeTheoLib» www.globethics.net/web/gtl

ZUR PERSON Samuel Humm (35) ist verheiratet mit Nicole und hat drei Kinder. Ursprünglich lernte er Landschaftsgärtner. Aus dem Bedürfnis nach Beziehungen arbeitete er als Barkeeper in Gstaad und mit Strassenkindern in Brasilien. Der Leiterschaftsausbildung Factory und einem Zwischenjahr als Baumaler folgte auf Vermittlung von Takano der Einstieg in die EMK-Jugendarbeit, nach der Jugendpfarrerausbildung (2004-2007) folgte 2007-2010 das Masterstudium am Theologisch-diakonischen Seminar in Aarau und der Dienst als Lokalpfarrer in der Gemeinde Lenk.

Wie «Christliche Spiritualität im Kontext verschiedener Religionen und Kulturen» gelebt werden kann, vermittelt ein neuer berufsbegleitender Masterstudiengang an der Theologischen Hochschule Reutlingen. Die Ausbildung startet im Wintersemester 2017. Für Hauptamtliche der EMK gibt es 20 Prozent Rabatt bei Anmeldung bis 15. Juli. www.th-reutlingen.de Staunen! – Einladung und Aufforderung ist der Titel des Europäischen methodistischen Festivals, das für den 9.-13. Mai 2018 im Dünenhof bei Cuxhaven geplant ist. Ab dem 1. März 2017 ist es möglich, sich für das Festival anzumelden www.staunen.net Verschoben wurde die Ausstrahlung des Films «Week 23» über die Tochter von Bischof Patrick Streiff. Neu ist der Sendetermin für 5. März vorgesehen.

MITEINANDER ZUKUNFT GESTALTEN In der EMK wollen wir eine «Kultur der Ermöglichung» leben. Das bedeutet: Neues ausprobieren, die Freiheit haben Kirche anders zu denken als bisher. Deshalb hat die Zahlstelle dieses Jahr das Motto gewählt «miteinander Zukunft gestalten». Jeden Monat stellen wir einen Pionier oder eine Pioniertat vor. Zu Wort kommen ältere und jüngere Personen, Männer und Frauen, Pfarrer und Laien, denn Pioniergeist ist überall zu inden. www.zahlstelle.ch

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Zahlstelle SOLIDARISCH NACHHALTIG TRANSPARENT

Gebührenfreie Anlagen für jede Lebenslage. SOLIDARISCH

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Unsere Dienstleistungen verbinden Anleger und Darlehensnehmer zu einer Interessengemeinschaft unter dem Dach der EMK in der Schweiz.

Unsere Aufgabe erfüllen wir seit über 100 Jahren. Mit wirksamen Strategien stellen wir uns den sich verändernden Herausforderungen.

Unsere Produkte sind einfach. Die Konditionen sind eindeutig. Unsere Strategie ist effektiv. Die Ziele sind klar.

Evangelisch-methodistische Kirche Badenerstrasse 69 - CH-8026 Zürich - Tel 044 299 30 81

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