Kirche und Welt 10/2015

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Kirche und Welt Die Zeitschrift der Evangelisch-methodistischen Kirche der Schweiz

Religionen als Triebkraft mörderischer Konflikte

Auf dem Weg des Friedens? Seite 8–9

Glaube bricht, trägt, wandelt sich …

Flexibilität und Nächstenliebe

Bekannt durch Vitamin B

Impulse für eine zeitgemässe Seniorenarbeit Seite 4

Die EMK und die Flüchtlingsströme in Europa Seite 12

Die EMK Lenk wertet ihre Umfrage aus Seite 19

The United Methodist Church


Inhaltsverzeichnis Impulse für eine zeitgemässe Seniorenarbeit

Glaube bricht, Glaube trägt, Glaube wandelt sich …

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Bundesgelder für Takano – Entscheid noch offen

Unterstützenswert

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Stefan Zürcher über seine neue Aufgabe als Distriktsvorsteher

Aus der Fülle Gottes und seinen Verheissungen leben 7

Religionen als Triebkraft mörderischer Konlikte

Auf dem Weg des Friedens?

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Die EMK St.Gallen-Teufen unterzeichnet die «St.Galler Erklärung»

Spielregeln für ein friedliches Zusammenleben

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Die EMK und die Flüchtlingsströme in Europa

Flexibilität und Nächstenliebe

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Sommertagung des Distrikts Nordostschweiz

Dienstzuweisungen anders gestalten?

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Freiwillige Mitarbeitende in der Diakonie Bethanien

Da sein … bis zuletzt

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Unterwegs mit den Pfarrer/innen der EMK in Kambodscha

«Ihr esst mit uns unser Brot!»

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Wertschätzenden Umgang miteinander einüben

Scham – die Hüterin der Menschenwürde

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Kopf hoch… ein 3x3 Angebot

Aktionen für einen besseren Alltag

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Zum Tod von Rosmarie Geiser (15.7.1930-24.6.2015)

Treue Weggefährtin

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Die EMK Lenk wertet ihre Umfrage aus

Bekannt durch Vitamin B

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Die Entwicklung der privaten Einlagen auf der Zahlstelle zeigt interessante Trends

Mehr Geld, auf weniger Konten verteilt

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Wofür die EMK Uster gerne die Kirchenräume öffnet

Wann hatte sie das letzte Mal Erdbeeren gegessen? 24

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Editorial Liebe Leserin, lieber Leser «Und zwar bestimmen obsagte Rechte dem Juden, welcher einen Christen zur Apostasie (= Abfall vom Glauben) verführt – den Scheiterhaufen», antwortet der Patriarch von Jerusalem in Lessings «Nathan der Weise» auf die Frage, wie mit einem Juden zu verfahren sei, der ein christliches Kind vor dem Tod gerettet und im jüdischen Glauben grossgezogen hat. «Mich treibt der Eifer Gottes lediglich. Was ich zu viel tu', tu' ich ihm», sagt er dann wenig später entschuldigend. Legitimiert der Eifer für Gott die Gewalt gegen andere? Ist zuerst wichtig, welche Religion ein Mensch hat – und erst danach, ob er Hilfe braucht? Das sind gerade jetzt wieder hoch aktuelle Fragen. Einige Denkanstösse zu ihrer Klärung lesen Sie in dieser Ausgabe von Kirche und Welt. Glieder und Freunde der EMK in den Ländern Osteuropas geben die Antwort auf diese Fragen ganz praktisch. Davon berichten Urs Schweizer und Stefan Schröckenfuchs. Auf ihre Weise leben unsere Geschwister das, wie Stefan Zürcher sich Kirche vorstellt: In ihr sollten Menschen «einfach selbstvergessen da sein, für einander und für andere, aus dem Evangelium heraus», sagt er im Gespräch darüber, wie er sein neues Amt versteht. Ein anderes Beispiel für diese Art, Kirche zu sein, ist das Projekt «Kopf hoch», von dem Sie in dieser Ausgabe lesen. Gute Beispiele, die uns einladen, selbst immer wieder Teil dieser Bewegung aus der Liebe Christi heraus zu werden.

Sigmar Friedrich Redaktor

Erlöse uns von dem Bösen... Von Stefan Moll

Da wird über Flüchtlinge geschimpft – der Stammtisch ist heute wohl im Internet. Unglaublich böse Worte fallen, auch von Christen. Biblische Texte werden ausgeblendet. Grundlegende Werte wie Menschenrechte oder Mitgefühl werden missachtet. Erschreckend, wie populär böse Parolen auch in methodistischen Gemeinden sein können. Umgekehrt berichten die Medien auch vom Aufstand der Anständigen. Und wieder sind Christen beteiligt. Zum Glück geht auch ein Aufschrei für Empathie und Menschlichkeit durch das Land. Auch diese Bewegung ist in der EMK gut vertreten. Gott sei Dank. Ich schlage vor, im Sinn der vier Schwerpunkte der EMK eine «zweite Meile» zu gehen. Dort heisst es: Gemeinsam «mit den Armen Armut verringern». Übertragen auf die liehenden Menschen bedeutet das: im Gespräch Wege zur Integration inden. Im Dialog die Hintergründe der Flucht verstehen. Miteinander die Befürchtungen Einheimischer verstehen und so Wege aus der Angst inden. Wir müssen höllisch aufpassen, nicht bösen Parolen aufzusitzen. Aber ebenso wollen wir uns vor gut Gemeintem hüten. Wir wissen uns zur Gemeinschaft berufen – selbst über religiöse Grenzen hinweg. Christus möge uns zu so viel Liebe bereit machen. «Erlöse uns von dem Bösen», beten wir.

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LEBEN 55PLUS

Heidi Schnegg: «Zeitgemässe Seniorenarbeit ermöglicht Glaubenserfahrungen.»

Impulse für eine zeitgemässe Seniorenarbeit

Glaube bricht, Glaube trägt, Glaube wandelt sich… Von Heidi Schnegg-Geiser

Individualismus, Selbstbestimmung und Multioptionengesellschaft machen auch vor der Kirchentür nicht Halt. Zum Glück weist die Hirnforschung darauf hin, dass der Mensch lebenslänglich entwicklungsfähig ist.

Vor vier Jahren habe ich einige Christinnen im Alter von ungefähr 65 Jahren dazu befragt. Dabei hat die Umfrage aufgezeigt, welche Kriterien für eine Seniorenarbeit relevant sein könnten, die die spirituelle Entwicklung ins Zentrum stellt. Die zwei wichtigsten Kriterien sind:

Dies gilt auch für die Dimension der Spiritualität, des Glaubens. Welche Relevanz haben die gesellschaftlichen Entwicklungen in Bezug auf eine zeitgemässe Seniorenarbeit, die die spirituelle Entfaltung fokussiert?

Die Entwicklung fördern Im Laufe unseres Lebens wandelt sich auch unsere Spiritualität: Der Glaube kann zerbrechen, aber er kann sich auch zu einer zentralen tragenden Ressource entwickeln. Um das Glaubensleben bei einem Menschen zu untersuchen, stellt die Soziologie ein Modell zur Verfügung, das fünf Kerndimensionen den Glaubens erfasst: das Denken, den Glauben, die Erfahrung, die private Glaubenspraxis sowie die öffentliche Glaubenspraxis.

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Biographieorientiert Zeitgemässe Seniorenarbeit fokussiert Glaubensentwicklung nicht nur auf eine Lebensphase bezogen (z.B. dritte Lebensphase: zwischen 60–80), sondern sie berücksichtig die ganze Lebensspanne von Kindesbeinen an. Erfahrungsorientiert Zeitgemässe Seniorenarbeit, die das Ziel der spirituellen Entfaltung verfolgt, bietet Angebote an, die Glaubenserfahrungen ermöglichen. Treffend formuliert U. Schaffer das umfassende Entwicklungspotenzial des Menschen: «Lass dich von niemandem festlegen. Dein Wesen hört nicht auf, sich zu entwickeln. Nie kann das letzte Wort über dich gesagt werden».

ANGEBOTE ZUM THEMA Um Glaubensentwicklung zu fördern, bietet Bildung+Beratung in den nächsten zwei Monaten folgende Angebote an: Glaubenskurs «Stufen des Lebens» zum Thema: Weil du ja zu mir sagst 4 Einheiten von Oktober bis November, nachmittags, oder abends. Nähere Informationen und Anmeldung bis 6. Oktober an: Heidi Schnegg-Geiser, Tel. 044 586 50 06, heidi.schnegg@emk-schweiz.ch Begegnungstage zum Thema: Jedem Alter wohnt ein Anfang inne... Mi–Fr, 25.–27. Nov. 2015, im Hotel Artos in Interlaken mit Elsi Altorfer, Andreas Steiner, Hanna Wilhelm und Heidi Schnegg. Anmeldung bis 24. Oktober an: Elsi Altorfer, Gottfried KellerStr. 63B, 8400 Winterthur, elsi.altorfer@emk-schweiz.ch


TAK ANO

Verstorben Edwin Denz (84) am 2.7.2015 Basel Allschwilerplatz-St.Johann Olga Graber-Plüss (99) am 5.7.2015 Spiez-Oey Mina Brugger-Büchli (97) am 6.7.2015 3x3 (Region Lenzburg)

Bundesgelder für Takano – Entscheid noch offen

Unterstützenswert Von Beat Bachmann

Im vergangenen Jahr hatte das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) die Finanzhilfen der Jungschar und der Takano-Fachstelle «aus heiterem Himmel» gestrichen, weshalb die EMK mit zwei Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht gelangte.

Neben der EMK wurde weiteren christlichen Verbänden die Unterstützung gestrichen, die zum Teil ebenfalls Rekurs einleiteten. Ende Juni 2015 wurde das erste Urteil des Gerichts bekannt. Die Beschwerde der Vereinigten Bibelgruppen (VBG) wurde abgelehnt und das Urteil des BSV vollumfänglich bestätigt. Junge Menschen fördern Das Gericht begründete den Entscheid damit, dass das Gesamtbild der Organisation zeige, dass allein oder überwiegend missionarische Zwecke verfolgt würden, die nicht dem Kinderund Jugendförderungsgesetz entsprechen. Angebote, die nicht eindeutig auf den Glauben fokussiert sind, seien rar. Somit fehle der ganzheitliche, auf die Bedürfnisse der Entwicklung jun-

ger Menschen ausgerichtete Ansatz. Trotzdem schreibt das Gericht, dass eine auf christliche Grundwerte erbrachte ausserschulische Kinder- und Jugendarbeit berechtigt sein kann zu Finanzhilfen, wenn sie vielfältige Aktivitäten anbietet, die der Entwicklung junger Menschen förderlich sind und nicht (nur) unmittelbar missionarischen Zwecken dienen. Zum Leben befähigen Die EMK hat darum ihre Beschwerde nicht zurückgezogen. Gerade in der Beschwerde der Jungschar geht es um anders gelagerte Finanzen, die uns aus einem laufenden Vertrag gestrichen wurden. Die EMK ist überzeugt, ganzheitliche Jugendarbeit zu leisten, die zum Leben befähigt, soziale Verantwortung stärkt und als ausserschulische Förderung anerkannt werden sollte. Takano hat ausserdem zusammen mit anderen freikirchlichen Kinderund Jugendverbänden unter dem Dach der Schweizerischen Evangelischen Allianz eine Charta erarbeitet, in der Ziele und Prinzipien für eine ganzheitliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in den Verbänden festgelegt werden.

Margrith Nacht (90) am 12.7.2015 Bern Irma Tschabold-Müller (92) am 21.7.2015 Spiez-Oey Cornelia Brand-Zanin (95) am 21.7.2015 Bern Louis Welter (87) am 21.7.2015 Region Schaffhausen Lina Baumann-Gut (92) am 30.7.2015 Kloten-Glattbrugg Nelly Schmid-Allenbach (87) am 30.7.2015 Frutigen Martha Plüss (92) am 1.8.2015 Affoltern am Albis Lina Steiner-Allenbach (96) am 3.8.2015 Frutigen Siegfried Huber (80) am 4.8.2015 Region Schaffhausen Erna Trachsel (86) am 6.8.2015 Zoingen

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AUS DEM K ABINETT

Agenda SAMSTAG, 24. OKTOBER Dynamo – Theologie für die Gemeindepraxis Informationstag EMK Zürich Zelthof Infos / Anmeldung: Fachstelle Bildung+Beratung, 044 299 30 87, bildungundberatung@emk-schweiz.ch FR.– SO., 30.OKT.–1.NOV. Frauentage Wellness für Körper und Seele Meielisalp, Leissigen Kosten: ab CHF 262.– Infos / Anmeldung: Hanni Ramseier, 033 744 01 58, hanni.ramseier@gmx.ch SAMSTAG, 31. OKTOBER

Stefan Zürcher über seine neue Aufgabe als Distriktsvorsteher

Dynamo – Theologie für die Gemeindepraxis Methodistische Theologie EMK Zürich Zelthof Infos / Anmeldung: Fachstelle Bildung+Beratung, 044 299 30 87, bildungundberatung@emk-schweiz.ch

Aus der Fülle Gottes und se

FR.–SO., 6.– 8. NOVEMBER Meditatives Malen mit Christa und Gunnar Wichers Hotel Artos, Interlaken Kosten ab CHF 404.– Infos / Anmeldung: Hotel Artos Interlaken, www.artos.ch, 033 828 88 44 SAMSTAG, 7. NOVMBER Dynamo – Theologie für die Gemeindepraxis Bibelkunde Altes Testament EMK Zürich 4 Infos / Anmeldung: Fachstelle Bildung+Beratung, 044 299 30 87, bildungundberatung@emk-schweiz.ch SAMSTAG, 7. NOVEMBER Mitarbeitertagung Distrikt Nordwestschweiz EMK Gelterkinden Anmeldung: Sonja Bitterli, 062 296 55 04, dlf.nordwestschweiz@emk-schweiz.ch FR.– SA. 13.–14. NOVEMBER Scham – die Hüterin der Menschenwürde EMK Bern, Nägeligasse Kosten: CHF 100.– exkl. Übernachtung Infos / Anmeldung: Walter Wilhelm, 061 311 35 86, walter.wilhelm@emk-schweiz.ch

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Von Stefan Zürcher / Sigmar Friedrich

An der Jährlichen Konferenz in Aarau trat Stefan Zürcher die Nachfolge von Martin Streit als Distriksvorsteher des Distrikts Nordwestschweiz an. Wie er seine neue Aufgabe versteht und worauf er sich freut, sagt er im Gespräch

Stefan, was bedeutet für Dich «Kirchenleitung» und wie nimmst Du diesen Teil Deiner künftigen Aufgabe wahr? Kirche ist eine Organisation. Kirche ist aber auch eine Gemeinschaft von Menschen. Kirchenleitung hat darum mit Menschen zu tun: miteinander Menschen (an-)leiten. Epheser 4,11f drückt schön aus, worum es geht: Leiter/innen rüsten die Glaubenden für ihren Dienst aus, Gemeinde zu bauen. Diese Aufgabe bleibt dieselbe, ob auf der Ebene der Ortsgemeinde oder auf

der Ebene der EMK Schweiz. Kirchenleitung geschieht durch gemeinsames Feiern und den Gebrauch der Gnadenmittel, durch Verkündigung und Lehre, durch Seelsorge, aber natürlich auch durch das Gestalten von bestmöglichen Rahmenbedingungen. Kirchenleitung ist ein Miteinander. Der jeweils nächste Schritt muss im gemeinsamen Gespräch gefunden werden. Daran will ich mich beteiligen: zuhören, verstehen lernen, meine Gedanken einbringen und so zu guten Entscheidungen beitragen. Wo siehst Du für die EMK Gemeindebezirke in der kommenden Zeit die grössten Herausforderungen? Mich dünkt, dass in Gemeinden und in der Jährlichen Konferenz da und dort die Tendenz herrscht, den Blick zu sehr auf sich selbst zu richten – manchmal auch dann, wenn wir von unserer Strategie sprechen. Ich stelle

AUS DEM REISEKALENDER DES BISCHOFS IM OKTOBER 8.–12. 15.–19. 21.–22. 23.–24. ab 28.

Besuchsreise in Albanien und Makedonien Plattform Nordafrika, Tunis Kabinett Tschechien-Slowakei, Prag Connexio-Vorstand Retraite Reise in die USA zu Bischofsrat und weiteren Treffen


Zahlstelle

Distriktsvorsteher: Stefan Zürcher freut sich auf die Begegnungen und Gespräche mit den Verantwortlichen der Bezirke.

inen Verheissungen leben mir Kirche so vor: einfach selbstvergessen da sein, für einander und für andere, aus dem Evangelium heraus. Sich nicht am Mangel und den Defiziten orientieren, sondern an der Fülle Gottes und seinen Verheissungen. Und daraus leben und sich in verschwenderischer Grosszügigkeit in die Welt hinein und an die Menschen verströmen, ohne sich über die eigene Zukunft als Kirche allzu viele Gedanken zu machen, weil doch Gottes Zukunft unsere Zukunft ist. Das hiesse dann: Am reich gedeckten Tisch Gottes feiern, sehen üben, was Gott am Neuschaffen ist, sich dadurch verwandeln lassen und von ganzem Herzen, mit ganzem Willen, mit ganzem Denken und mit aller Kraft dabei mit tun. Inwiefern kannst Du als Distriktsvorsteher Gemeindebezirke bei der Umsetzung der Strategie der EMK unterstützen? Indem ich zuhöre und erfahre, was die Gemeinden bewegt, indem ich ihre Erfahrungen und besonderen Talente kennen und ihre Geschichten verstehen lerne, indem ich ermutige und sage: «Begleitet auf je eure Weise Menschen auf ihrem Weg in die Nachfolge Jesu! Seht, Gott ist ein Gott der

Fülle! Ihr könnt aus dem Vollen schöpfen und mit vollen Händen weitergeben.» Vielleicht kann ich ein wenig mithelfen, dass mehr die Fülle und weniger der Mangel unser Fühlen, Denken und Tun bestimmen. Auf welche neuen Aufgaben freust Du Dich? Wo wirst Du Dich in Neuland einarbeiten? Ich freue mich auf die Begegnungen und Gespräche mit den Verantwortlichen der Gemeinden, mit den Mitgliedern der Kommissionen und Ausschüsse der Jährlichen Konferenz und mit meinen Pfarrkolleg/innen und ihren Familien – auch den pensionierten. Ich freue mich darauf, die verschiedenen Arbeitsbereiche und Gemeinden kennenzulernen und Einblick in die Art und Weise zu erhalten, wie sie in ihrem Kontext Kirche sind, wie sie Menschen mit Wort und Tat das Evangelium weitersagen. Ich freue mich darauf, von und mit ihnen zu lernen und meinen Horizont zu erweitern. Neu ist fast alles: selber nicht mehr in der Gemeindepraxis vor Ort zu stehen, häufig unterwegs sein, die Fragestellungen und Arbeitsbereiche, die die Ebene des Distrikts und der Jährlichen Konferenz betreffen, die Rolle als Vorgesetzter… Was gleich bleibt, ist die Möglichkeit, an Gottes Neuer Schöpfung mitzutun. Halt einfach anders als vorher. Das motiviert mich!

ZUR PERSON Stefan Zürcher, verheiratet mit Valérie, vier Kinder, war seit 2000 Pfarrer des Bezirks Rüti-Wald-Hombrechtikon

Gebührenfreie Anlagen für jede Lebenslage.

SOLIDARISCH NACHHALTIG TRANSPARENT

www.zahlstelle.ch


T HEMA

Lernort: Schuhe am Eingang eines Tempels.

Religionen als Triebkraft mörderischer Konflikte

Auf dem Weg des Friedens? Von Sigmar Friedrich

Vertiefen die Religionen die Gräben

sche Regierung in der Flüchtlingsdiskussion innerhalb der EU eingenommen.4

zwischen den Menschen? Verschärfen sie die Konlikte? Spalten sie die Welt? Gehören «Religionen zum Inventar der Hölle auf Erden1»? Oder fördern sie das Miteinander und den Frieden? Liegt in ihnen das Potenzial, eine zerissene Welt zu heilen?

Mutig eingreifende Zugreisende verhinderten am 21. August im Schnellzug von Amsterdam nach Paris ein Massaker, weil sie einen bewaffneten Mann marokkanischer Herkunft überwältigten.2 Schnell kursierten in den Medien Meldungen über eine Verbindung des Täters zu den Terrormilizen des Islamischen Staates.

Nur christliche Flüchtlinge aufnehmen?

Einen Tag zuvor hatte die Regierung der Slowakei mit der Aussage für Aufsehen gesorgt, dass sie nur bereit sei, Flüchtlinge mit christlichem Hintergrund aufzunehmen. Muslime würden nicht akzeptiert.3 Eine ähnliche Haltung hatte im Juni bereits die polni-

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Ein religiöser Spaltpilz Also doch: Religionen reissen Gräben auf. Oder mit den Worten des Soziologen Ulrich Beck: «Das Samenkorn religiös motivierter Gewalt liegt im Universalismus der Gleichheit der Glaubenden begründet, die den Anders- oder Ungläubigen entzieht, was sie dem Glaubenden verheisst: Mitmenschenwürde, Gleichheit in einer Welt von Fremden.»5 Den eher tagesaktuellen Beispielen, bei denen Religion als Triebkraft mörderischer Konflikte wirksam scheint, liessen sich bei einem oberflächlichen Blick in die jüngere Vergangenheit schnell weitere anfügen: die Spannungen zwischen Katholiken und Protestanten in Irland, die Massaker orthodoxer Serben an der muslimischen bosnischen Bevölkerung, die endlosen Konflikte zwischen Palästinensern und Israelis im Nahen Osten – um nur wenige Beispiele zu nennen. Eine Frage der Wahrnehmung Dieses Gewaltpotenzial ist dem Ägyptologen Jan Assmann zufolge vor allem

ein Merkmal der monotheistischen Religionen. Die «mosaische Unterscheidung», wie er die Wende zur Verehrung nur eines Gottes nennt, hatte zur Folge, dass in die Religion eine Entscheidung zwischen wahr und falsch eingeführt wurde. Die eine, absolute, geoffenbarte Glaubenswahrheit schliesst alle anderen Religionen aus dem Bereich der Wahrheit aus. Darin sieht Assmann das Gewaltpotenzial der monotheistischen Religionen begründet.

Eine Kultur des Friedens fördern

Ihm gegenüber stehen Religionsvertreter, die betonen, dass Religionen die Aufgabe und das Potenzial haben, den Frieden zu fördern. «Die religiösen Führungspersönlichkeiten sind aufgerufen, Männer und Frauen des Friedens zu sein. Sie können eine Kultur der Begegnung und des Friedens fördern, wenn andere Optionen ins Stocken geraten oder scheitern», schrieb etwa Papst Franziskus 2014. 6 Vielleicht wäre es angemessen zu sagen, dass Gewalt häufig nicht von Religionen ausgeht, dass aber Religio-


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nen mitwirken daran, Antworten auf ökonomische, politische und kulturelle Fremdbestimmung zu geben. Dabei ist eine gewaltsame Antwort nur eine Möglichkeit unter anderen. Die Gewalt selbst hat jedoch immer verschiedene Ursachen. Wenn wir zum Schluss kommen, dass in aktuellen Konflikten eine bestimmte Religion die Ursache der Gewalt sei, liegt diese Engführung nicht zuletzt daran, wie in den Medien darüber berichtet wird. 7

Gewalt hat immer verschiedene Ursachen

Eine Frage der Auslegung Die Gefahr eines religiösen Kurzschlusses mit gewalttätigen Folgen scheint dort am grössten, wo ein religiös politischer Aktivismus dazu führt, die jeweiligen Glaubenstraditionen «wörtlich» umzusetzen. Dass die religiösen Traditionen der Auslegung bedürfen – und auch in der «wörtlichen» Engführung in einer bestimmten Weise ausgelegt werden –, wird dabei unterschlagen. Auch fremde Religionen werden dann in dieser Engführung wahrgenommen. Bezeichnend dafür ist etwa,

welche Stellen aus dem Koran in christlichen Kreisen häufig kursieren: jene nämlich, die von einer feindlichen und unerbittlichen Haltung gegenüber Andersgläubigen sprechen. Das soll helfen, zu einem klaren und eindeutigen Urteil über den Islam zu finden, und eine klare Zuteilung von «gut» und «böse» ermöglichen. Das wäre, als wollte man das Friedenspotenzial des christlichen Glaubens von Mt 10,34 her beurteilen und von 5. Mose 7,1–2 und 20,17–18 her bestimmen, wie christlicher Glaube mit Menschen anderer Religion umgeht.

Glaubenstraditionen so neu zu hören und zu verstehen, dass sie beides ermöglichen: ein friedliches Miteinander und ein klares christliches Bekenntnis, das nur als «Glauben, der durch die Liebe tätig ist» (Gal 5,6) überzeugen kann.

Menschen anderer Religionen kennenlernen

Ein anspruchsvoller Weg «Es gibt keinen Weg zum Frieden. Der Friede ist der Weg», hat Martin Luther King gesagt. Das gilt auch für das Miteinander der Religionen. Einen Anfang können wir nur bei uns selbst machen. Ein wirkungsvoller Weg, um Vorurteile abzubauen, ist, Menschen anderer Religionen zu begegnen, ihre Traditionen kennen zu lernen – und zu hören, was sie bewegt. Zugleich stellt sich die Herausforderung, die eigenen

1

Franz Josef Wetz, Religion als Chance zur Grausamkeit, in: Severin J. Lederhilger (Hrsg.), Gewalt im Namen Gottes, Frankfurt a.M. 2015, S.21 2 http://is.gd/Schnellzug 3 http://is.gd/SK_Flucht 4 http://is.gd/PL_Flucht 5 http://is.gd/Beck_Religion 6 http://is.gd/franziskus2014 7 http://is.gd/Fehlurteile

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Impressum Zeitschrift der Evangelisch-methodistischen Kirche in der Schweiz: Erscheint monatlich Redaktor: Sigmar Friedrich Redaktionsgruppe: Martina Läubli, Michael Schwaller Redaktionsadresse: Kirche und Welt, Postfach 1344, 8026 Zürich Telefon 044 299 30 85 redaktor@emk-schweiz.ch Abonnement: Schweiz: CHF 54.– (für Mitglieder und Freunde der EMK freiwillig) Ausland: CHF 75.– Postcheckkonto: EMK Schweiz, Zeitschrift Kirche und Welt, 8004 Zürich, 80-23018-5 Adressänderung/Abbestellung: Zentralverwaltung EMK Postfach 1344, 8026 Zürich Tel. 044 299 30 80, Fax 044 299 30 89 Mail: zentralverwaltung@emk-schweiz.ch Anzeigenverwaltung: Jordi AG – das Medienhaus Christian Aeschlimann Aemmenmattstrasse 22, 3123 Belp Telefon 031 818 01 25 Telefax 031 819 38 54 E-Mail: inserate.kuw@emk-schweiz.ch Insertionsschluss für 11/2015: 15.10.15 Graik + Gestaltung: P+S Werbung AG, 8184 Bachenbülach www.pswerbung.ch Druck / Vertrieb: Jordi AG – das Medienhaus, 3123 Belp www.jordibelp.ch Kirche und Welt wird klimaneutral hergestellt: www.preservecreation.ch Bildnachweise: S.1,8 shuyan803, pixabay.com S.2 Plaßmann, gemeindebrief.de S.3,6,10 KuW S.3 antriksh, pixabay.com S.4,5,12–17,18,19,22–24 zVg S.11 Augustin Saleem, bettagstgallen.ch S.18 Werner Steiger

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Die EMK St.Gallen-Teufen unterzeichnet die «St.Galler Erklärung»

Spielregeln für ein friedliches Zusammenleb Von Peter Gumbal

Am Bettag 2015 unterzeichnete die EMK St.Gallen-Teufen in einem feierlichen Akt die «St.Galler Erklärung», in der sich die Glaubensgemeinschaften des Kantons St.Gallen

den wenige Jahre nach dem Terroranschlag in New York, der grosse Ängste verbreitete. So konnte 2005, am Eidgenössischen Bettag, auf dem Klosterplatz in St.Gallen diese Erklärung der Öffentlichkeit zum ersten Mal vorgestellt werden.

verplichten, das Verbindende zwischen den Religionen und Kulturen zu plegen und das Andersartige zu

Wir haben über die Erklärung gesprochen

respektieren.

Immer mehr Menschen aus anderen Kulturen und Religionen leben mitten unter uns. Diese Bereicherung ist nicht nur einfach. Das hat vor zehn Jahren Kirchen, Religionsgemeinschaften und Politiker/innen der Stadt St.Gallen bewogen, die St.Galler Erklärung ins Leben zu rufen. Diese enthält fünf Spielregeln für ein friedliches Zusammenleben und einen interreligiösen Dialog. Seitdem haben viele Kirchen, Religionsgemeinschaften und zahlreiche Menschen diese Erklärung unterzeichnet.

Vor zwei Jahren wurden wir als EMK St.Gallen angefragt, ob wir einen Beitrag in dem Lesebuch «Geschichten zum interreligiösen Dialog aus der Ostschweiz» verfassen könnten. Dies hat uns veranlasst, im Bezirksvorstand auch über die Erklärung zu sprechen. Zuerst habe ich als Einzelperson die St.Galler Erklärung unterschrieben. Dann folgte die Anfrage der Integrationsstelle Stadt St.Gallen, ob wir diese Verpflichtung nicht in einem offiziellen Akt am Bettag 2015 unterschreiben wollen.

Einen Beitrag leisten Die St.Galler Erklärung ist entstan-

Bereichernde Vielfalt Als Gemeinde in St.Gallen leben wir


HEMA

Bettag: Seit 2005 feiern Vertreter unerschiedlicher Religionen in St.Gallen gemeinsam.

Gedanken zu Kirche und Gesellschaft

Krieg, Frieden und Religion

en bereits eine grosse Vielfalt. Aus verschiedenen Ländern, Kulturen und auch religiösen Hintergründen kommen wir zusammen: Menschen aus Korea, China, Jamaika, Armenien, Italien, Spanien, Finnland, Holland, Deutschland, Österreich, Schweiz... Dies gibt unserer Gemeinde ein besonderes Gesicht. So ist uns auch das friedliche Zusammenleben und der Respekt gegenüber Andersdenkenden ein grosses Anliegen. Wir sehen die Verschiedenheit als eine grosse Bereicherung.

Gottes wird in Jesus sichtbar. Der Mensch aus Nazareth hat uns ein friedliches Zusammenleben mit der ganzen Schöpfung und ein Vertrauen auf Gott vorgelebt. Auf diesem Weg des Vertrauens in Gott, der der Schöpfer allen Lebens ist, laden wir Menschen ein, dass wir dieses Unterwegssein gemeinsam gehen. Oder wie es unsere Kirche beschreibt: «Menschen in die Nachfolge Jesu Christi führen, auf dass die Welt verändert wird.» Unter anderem unser soziales Bekenntnis nimmt diese Lebenshaltung und -gestaltung auf.

Die Vielfalt prägt uns als Gemeinde

Gemeinsam unterwegs Aber steht die Verpflichtung nicht im Widerspruch zum Missionsauftrag? – Das Christentum verstehe ich in erster Linie als einen Lebensweg und Lebensstil. Jesus wollte niemals eine neue Religion gründen. Etwas Besonderes der Evangelien ist ja gerade, dass Gott Mensch wird und nicht mehr fern ist. Die Menschwerdung

ST.GALLER ERKLÄRUNG Mehr Informationen zur «interreligiösen Feier zum Eidgenössischen Bettag» in St.Gallen, zur «St.Galler Erkärung» und den Wortlaut der Erklärung inden Sie unter www.bettagstgallen.ch

Kriege und militärische Einsätze werden nie mit ihren wirklichen Zielen begründet: Rohstoffe, Energiequellen, Boden, Bodenschätze und die zu erwartenden Gewinne für Waffenproduzenten und -händler. Würden diese Ziele offen angeführt, würden die Mütter und Väter dieser Welt sich vielleicht schneller und einträchtiger weigern, den Tod ihrer Kinder für solche Ziele in Kauf zu nehmen. Also werden in der Öffentlichkeit andere Ziele propagiert: Demokratie, Freiheit und Frieden! Und in diese Reihe lässt sich auch Religion gut einfügen. Ich frage mich, wie unsere Welt aussehen würde, wenn verschiedene Religionen gemeinsam versuchten, Kriegslügen zu durchschauen und zu entlarven. Ich frage mich, welche Entscheidungen fallen würden, wenn die Menschen, die Jesus Christus nachfolgen, andere Religionen und Kulturen einladen würden, gemeinsam für den Frieden einzustehen, anstatt sich damit abzuinden, dass die anderen Religionen entweder Kriegstreiber oder Kriegsopfer sind. Vielleicht gäbe es dann öfters einen «Weihnachtsfrieden» wie im Dezember 1914 an der Westfront, mitten im Ersten Weltkrieg. Ich frage mich, was aus uns werden könnte, wenn wir den Mut fänden, uns mit Gott den Frieden vorzustellen, anstatt Kriege für «gerecht» zu erklären. Marietjie Odendaal

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ZENTRALKONFERENZ

Schlafstelle: 50 Personen finden in der EMK Wien-Fünfhaus vorübergehend Unterkunft.

Die EMK und die Flüchtlingsströme in Europa

Flexibilität und Nächstenliebe Von Urs Schweizer / Stefan Schröckenfuchs

Die Flüchtlingsströme auf der «Balkanroute» sind in den Medien allgegenwärtig. Während das Elend in der Schweiz eher medial wahrgenommen wird, sind Glieder und Freunde der EMK in anderen Ländern der Zentral-

ganisiert. Laufend trudeln Kleidung, Schuhe und Sim-Karten ein, weil sich in der Nachbarschaft herumgesprochen hat, dass diese Dinge gerade gebraucht werden.»

Laufend trudeln Kleidung und Sim-Karten ein

bessern. Die konkreten Aktionen, die auch vom Hilfswerk der Evangelischen Kirchen in der Schweiz (HEKS) finanziell unterstützt und gemäss Superintendentin Ana Palik-Kuncˇak vom Schweizer Fernsehen begleitet werden, beginnen heute. Als Mitglied der EHO trägt die EMK in Serbien die Hilfsbemühungen nach Kräften mit.

konferenz direkt mit den Notleidenden konfrontiert.

Wien-Fünfhaus In Österreich wurden die Wiener Kirchgemeinden aufgerufen, Massenunterkünfte für die ankommenden Flüchtlinge bereitzustellen. Die EMKGemeinde Wien-Fünfhaus richtete als Antwort darauf eine Notschlafstelle ein. 50 Menschen finden dort vorübergehend Platz. Pfarrer Stefan Schröckenfuchs berichtet: «Die freiwilligen Helfer/innen kommen aus der Gemeinde, aus der Nachbarschaft, aus dem Freundeskreis. Der Diakonie Flüchtlingsdienst erklärt sich bereit, mit zwei Dolmetschern eine Rechtsauskunft zu geben. Auch vom Islamischen Gymnasium nebenan kommt ein Dolmetscher, und das Türkische Restaurant stellt ein Mittagessen bereit. Über die Caritas wird ein Arzt or-

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Ungarn In Ungarn hat die «Hungarian Interchurch Aid» (HIA) Anfang September mehrere LKW-Ladungen voller Hilfsgüter in ein Durchgangszentrum in Röszke – an der Grenze zu Serbien – gebracht. Die EMK in Ungarn, Gründungsmitglied der HIA, hat sich mit freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an dieser Hilfsaktion begleitet und wird auch in Zukunft vor allem mit dieser ökumenischen Organisation zusammenarbeiten. Serbien In Serbien hat die ökumenische Hilfsorganisation EHO in Novi Sad nach sorgfältigen Abklärungen beschlossen, in zwei Flüchtlingslagern an der Grenze zu Ungarn – in Subotica sowie in Kanjiza - mitzuhelfen, die Lebensbedingungen der Flüchtlinge zu ver-

Schweiz Spenden an Connexio mit dem Vermerk «Flüchtlinge» werden für Hilfsprojekte in den betroffenen Regionen eingesetzt oder an das methodistische Hilfswerk UMCOR weitergeleitet (PC 87-537056-9, EMK in der Schweiz, Connexio, 8026 Zürich).

IMMER AKTUELL Zeitnahe Informationen zu der sich fast täglich verändernden Situation inden Sie in den EMK-News: www.emk-schweiz.ch Pfarrer Stefan Schröckenfuchs berichtet von seinen Erfahrungen auf: http://blog.diakonie.at/


DISTRIKT NORD-OST

Austausch: In Gruppen wurden die Vorschläge diskutiert.

Sommertagung des Distrikts Nordostschweiz

Dienstzuweisungen anders gestalten? Von Manuel Both

Gut 40 Vertretungen aus dem ganzen Distrikt Nordostschweiz trafen sich am 29. August zur Sommertagung in Frauenfeld. Sie berieten über einen

konnten alle eine erste Einschätzung abgeben. Dann führte Walter Wilhelm als Vorsitzender der KoDi ins Thema ein. Er erzählte, wie es zu diesem Papier gekommen ist, und erklärte einige Begriffe.

Vorschlag der Kommission für ordinierte Dienste (KoDi), wie Dienstzuweisungen künftig anders gehand-

Dienstzuweisungen als interne Bewerbungen?

habt werden könnten.

Das Thema der Tagung lautete: Vernehmlassung zum Dienstzuweisungsverfahren. Seit Januar hatte die KoDi an einem Teilbereich des Themas «Das ordinierte Amt stärken» weitergearbeitet, bei dem Verständnis und Handhabung von Dienstzuweisungen neu bestimmt werden: Sollen Dienstzuweisungen als «internes Bewerbungsverfahren» laufen? So wurden alle diesjährigen Mitarbeitertagungen der Distrikte genutzt, um dazu die Meinung der verantwortlichen Laienpersonen aus den Bezirken einzuholen. Klären und austauschen Vor der Tagung erhielten alle Teilnehmenden ein Grundsatzpapier zum Thema, das vorgängig studiert werden musste. Auf einem Flipchart

Bei den anschliessenden Klärungsfragen waren wir schon beinahe mitten in der Diskussion! In Gruppen wurde dann zum Beispiel über folgende Fragen diskutiert und ausgetauscht: Was bedeutet ein freies Bewerbungsverfahren für die Gemeinde? Welches sind Vor- und/oder Nachteile? Wie können Gemeinden selber aktiv werden? Braucht es «Spielregeln» für eine Bewerbung? Wo sehe ich Schwierigkeiten in der Umsetzung und wie könnte damit umgegangen werden?

dem Flipchart an. Sie hat nochmals ein Stimmungsbild abgegeben. Die meisten Teilnehmenden befürworten die eingeschlagene Richtung für eine neue Handhabung des Dienstzuweisungssystems. Es war den Teilnehmenden ein grosses Bedürfnis, der KoDi herzlich zu danken, dass die Laien eingeladen wurden, zu diesem auch für die Gemeinden wichtigen Thema Stellung nehmen zu dürfen.

In dieser Richtung weiter gehen

Zum Abschluss der Tagung haben wir uns nochmals versammelt und miteinander das Abendmahl gefeiert. Auch dieses ist ein fester Bestandteil, der für unseren Distrikt zu einer Tagung gehört und jeweils sehr bewusst und immer wieder in anderer Form gefeiert wird.

Danken und feiern Unterbrochen wurden die Gesprächsrunden von einem feinen Spaghettibuffet, das von der Gastgebergemeinde liebevoll zubereitet wurde. Nach der zweiten Gesprächsrunde stand eine zweite Einschätzung auf

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S BS ÄNDIGE WERKE

Das Leben geht weiter: Nach Anneliese Bauers* Tod begleitet Doris Zürcher (l.) nun eine neue Bewohnerin des Pallivita Bethanien.

Freiwillige Mitarbeitende in der Diakonie Bethanien

Da sein … bis zuletzt Von Doris Zürcher / Andreas Schaefer (Seelsorger)

Doris Zürcher ist seit bald zwei Jahren in der Diakonie Bethanien unterwegs. Als freiwillige Mitarbeiterin ist es für sie jeweils eine Überraschung, ob es

Es rührte mich, dass Frau Bauer immer wieder fragte und wissen wollte, wie es mir gehe. Ich fehlte ihr offensichtlich. Vom Alter her könnte ich ihre Tochter sein. Erst nach längerer Zeit war ich wieder bei ihr. Wir waren beide erleichtert.

gelingt, mit einem Menschen in Kontakt zu sein auf der Palliative-Abteilung. Sie erzählt von ihren Erfahrungen.

Vor längerer Zeit habe ich Anneliese Bauer* kennengelernt. Sie war oft allein, hatte alle möglichen gesundheitlichen Probleme und innere, persönliche Nöte. Sie weinte immer wieder. Jede Woche ging ich zu ihr, oft zweimal. Manchmal war sie ärgerlich über etwas Kleines im Pflegealltag. Ich hörte zu, und meistens verschwand der Ärger auch wieder.

Sie weinte immer wieder

Vermisst Dann wurde ich selber krank. Der Arzt diagnostizierte bei mir einen Hirntumor. Es war erst ein Schock. Mit meiner Mitarbeit musste ich wegen der Operation pausieren.

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Ein Lachen, ein Trost, da sein ...

Begleitet Über mehrere Wochen wurde sie immer schwächer. Dann konnte sie eines Morgens für immer einschlafen. Ich mag es ihr gönnen. Es ist bewegend, Menschen auf diese Art zu begleiten: kleine Wünsche erfüllen, beim Essen helfen, ein Lachen, ein Trost, da sein… bis zuletzt. Es ist ein Vorrecht, dass mir Menschen so vertrauen und mich teilnehmen lassen an ihrem Leben und Sterben. Der Tod ist endgültig, doch es gibt eine Hoffnung und es gibt bewegende Momente bis zum letzten Tag. Es hat auch etwas Befreiendes: Ich habe inzwischen weniger Angst vor dem Sterben, nachdem ich einige Menschen hier begleitet habe.

Neu einlassen Einen Tag nach ihrem Tod haben wir uns zusammen mit den Pflegenden von Frau Bauer verabschiedet. Unser Seelsorger gestaltete ein Abschiedsritual im Zimmer, dabei schauten wir nochmals zurück auf die gemeinsame Zeit. Nun stelle ich mich darauf ein, mit einer neuen Bewohnerin unterwegs zu sein. Es ist eine Herausforderung, die ich gerne annehme. Ich will mich ganz darauf einlassen. *Namen geändert

FREIWILLIGENARBEIT …in der Diakonie Bethanien IDEM – im Dienst eines Mitmenschen IDEM Zürich, 043 268 76 02 idem@bethanien.ch IDEM Weyergut Bethanien 031 960 92 11 weyergut@bethanien.ch ... im Bethesda Marianne Abt, 061 315 21 21, marianne.abt@bethesda-spital.ch


CONNEXIO

Beschenkt: Junge Pfarrpersonen in Ausbildung freuen sich über Kärtchen mit Bibelversen, die sie in ihrer Arbeit einsetzen können.

Unterwegs mit den Pfarrer/innen der EMK in Kambodscha

«Ihr esst mit uns unser Brot!» Von Carla Holmes

die Gemeindearbeit in Kambodscha erarbeitet werden.

«Ihr setzt euch an unseren Tisch und esst mit uns unser Brot», so würdigt der kambodschanische Pfarrer Prak

Dem Weg der Berufung treu bleiben

Vuthy den Einsatz von Peter Siegfried und Stefan Pister für die EMK in Kambodscha. Die beiden leiten zwei Mal jährlich Weiterbildungsseminare für die Pfarrer/innen der EMK in Kambodscha. Die Themen stimmen sie dabei immer auf die speziische Situation der Gemeinden in Kambodscha ab.

Im Juni-Seminar dieses Jahres wurde in einem ersten Schritt die Bedeutung von John Wesley und seiner Spiritualität für den Dienst der Pfarrpersonen thematisiert. Die jungen Pfarrer/innen mussten sich Gedanken machen über einzelne Fragen und dann ihre Überlegungen und Pläne aufschreiben. Gemeinde leiten In einem zweiten Teil beschäftigten sich die Teilnehmenden mit der Frage, was die Grösse einer Gemeinde mit dem Leitungsstil der Pfarrperson zu tun hat. In den Fragen und Gespräche konnten viele hilfreiche Aspekte für

Erfahrungen teilen Die Pfarrerseminare sind jedoch viel mehr als nur Wissensvermittlung. Peter und Stefan nehmen die Erfahrungen der meist jungen Teilnehmenden auf und begleiten sie in ihrem Dienst. Oft hören sie von Pfarrer/innen, dass diese entmutigt sind. Die meisten von ihnen sind im Alter und im Glauben jung und stehen am Anfang ihres Dienstes. Die Stellen, die sie betreuen sind zum Teil schwierig. Hinzu kommt oft erheblicher Druck von Seiten der Familie, in die buddhistische Grossfamilie zurückzukehren. Da braucht es Mut, Kraft und viel Ermutigung, um dem Weg der Berufung treu zu bleiben. Immer wieder kommt aber auch das Vertrauen in Gott sowie die Bereitschaft, sich verändern zu lassen zum Ausdruck – trotz der vielen Herausforderungen.

begleitet Stefan Pfister ganz spezifisch auch den Distrikt Kandal. Im Juni konnte er die erste «Pfarrfamilien-Retraite» des Kandal-Distrikts durchführen. Das Thema war «Pfarrer und Ehepartner, Vater und Mutter sein». Auch mit den Laien des Kandal-Distrikts hat er einen Weiterbildungstag zum Thema Verantwortung in der Gemeinde durchgeführt. Im Februar 2016 werden Stefan und Peter für das nächste Pfarrerseminar wieder nach Kambodscha fliegen.

HELFEN SIE MIT! Connexio unterstützt den Einsatz von Peter Siegfried und Stefan Pister für die EMK in Kambodscha mit jährlich CHF 45‘000.–. EMK in der Schweiz Connexio, Zürich PC 87-537056-9 IBAN CH52 0900 0000 8753 7056 9

Distrikt begleiten Zusätzlich zu den Pfarrerseminaren

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UM CHAU

Wertschätzenden Umgang miteinander einüben

Scham – die Hüterin der Menschen Von Gunnar Wichers

Hans ist bei seinem Chef in Ungnade gefallen. Eine lange Vorgeschichte liesse sich dazu erzählen. Er muss einen Bericht schreiben. In einem Vorgespräch nimmt der Chef diesen Bericht zur Kenntnis. Am nächsten Tag zerreisst er den Bericht in Anwesenheit aller Teammitglieder nach Strich und Faden. Hans geht beschämt nach Hause.

Astrid hat einen Fehler gemacht. Als ihr das bewusst wird, fühlt sie sich schuldig. Sie hat ein schlechtes Gewissen. Der Vorsitzende des Bezirksvorstands macht ihr Vorwürfe. Als ob sie nicht schon genug gestraft wäre mit ihrem schlechten Gewissen. Ihre Scham wächst.

Am liebsten im Boden versinken

Gespeicherte Erfahrungen Scham zu erleben ist äusserst schmerzhaft. Meistens gibt es nur einen Wunsch: In den Boden versinken und nie mehr gesehen werden. Noch unangenehmer wird es, wenn ich von

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anderen blossgestellt und beschämt werde. Die Gefühle, die mich durchschütteln, sind nicht zu ertragen. Dann ist sogar der Mond noch zu nahe... Solche Schamerfahrungen machen Menschen in und ausserhalb ihrer Gemeinde und Kirche. Erlittene Beschämungen bleiben in einem Menschen gespeichert. Sie werden – meist unbewusst – an andere weitergegeben. Stephan Marks, Autor diverser Bücher zu diesem Thema, nennt diese Verhaltensweise Schamabwehr. Um Schamgefühle nicht mehr zu erleben, wehre ich sie ab und gebe sie an andere weiter: Ich beschäme andere. Wichtiges Signal Schamgefühle signalisieren, dass die Würde des Menschen in Gefahr steht, missachtet zu werden. Sie zeigen an, dass im menschlichen Zusammenleben etwas nicht stimmt. Scham wird so zur Hüterin der Menschenwürde. Sie übernimmt also einen wichtigen Dienst. Wie können wir verhindern, dass Menschen Scham erfahren und beschämt werden? Indem wir zuerst einmal unsere eigene Scham wahrnehmen. Alle haben sich schon einmal

geschämt, doch nicht jede/r für das Gleiche. Es gilt wahrzunehmen, wo wir von anderen beschämt wurden und wo wir andere beschämen. Wer wahrnimmt, macht Vorgänge bewusst und kann die Mechanismen benennen. Was beim Namen genannt wird, liegt auf dem Tisch und kann verändert werden. Damit beginnt der Heilungsprozess für die verletzte Würde.

Jesus beschämt nicht

Biblisches Beispiel Ein eindrückliches Beispiel für einen schambefreiten Umgang ist die Begegnung von Jesus mit Zachäus. Zachäus schämt sich vor Jesus und versteckt sich im Baum. Jesus lädt sich in sein Haus ein. Sie verbringen viel Zeit miteinander. Jesus beschämt Zachäus nicht. Er hört zu und spricht mit ihm. Die Zuwendung Jesu tut Zachäus gut. Ihm wird bewusst, was er mit seinem Lebensstil anstellt: wo er sich (unbewusst) schämt und andere beschämt. Er will sein Leben ändern. Durch Jesus hat Zachäus Anerkennung seiner Person erfahren. Jesus


UMSCHAU

Referent: Dr. Stephan Marks gibt in einem Seminar kompetente Anleitung zu einem wertschätzenden Umgang miteinander.

würde öffnet ihm einen Schutzraum, in dem er ehrlich zu sich selber sein kann. Er ahnt, wie ein wertschätzender Umgang aussieht. Im Gemeindealltag Wie können wir einen wertschätzenden Umgang fördern? – Ein Beispiel: Junge Menschen haben eine Idee. Sie begeistern sich dafür. Sie wollen Menschen auf unkonventionelle Weise mit dem Evangelium in Kontakt bringen. Ihre Idee bringen sie ins Leitungsgremium. Dort wird diskutiert. Die einen finden diese Idee daneben. Sie wollen mit Argumenten den jungen Menschen erklären, dass eine Umsetzung nicht möglich ist. Die anderen haben

zwar Bedenken, doch gleichzeitig nehmen sie die Begeisterung wahr. Lydia erklärt sich bereit, mit den Jugendlichen zusammen Vor- und Nachteile zu sondieren und sich mit ihnen auf den Weg machen. Das Ziel ist es, die Idee zu würdigen und ein gutes Projekt zu ermöglichen.

Sie wollen weiterhin Fragen stellen

Wichtige Fragen Ein anderes Beispiel: Menschen, die den Vorstellungen einer Gruppe (dazu gehören auch Kirchgemeinden) nicht wirklich entsprechen, haben es

schwer, eine Heimat zu finden. Sie wünschen sich, dazu zu gehören, wollen aber gleichzeitig das, was ihnen wichtig ist, nicht aufgeben. Menschen, die z.B. gern Fragen stellen, auch kritische, wollen weiterhin Fragen stellen. Doch oft haben sie den Eindruck, sie stören und fallen den anderen mit ihrer Fragerei auf den Wecker. Sie gehören nicht wirklich dazu. Wie können wir lernen, unseren Eigensinn (den Sinn für das Eigene) zu bewahren und gleichzeitig ein anerkannter Teil der Gemeinschaft zu sein? Und wie kann eine Gemeinschaft fähig werden, unterschiedliche Menschen zu integrieren und ihnen zu vermitteln, ganz dazu zu gehören?

WÜRDIGENDEN UMGANG LERNEN «Die Menschen der EMK achten auf die Würde aller, mit denen sie in Kontakt kommen. Sie bringen allen Wertschätzung entgegen, betonen das Gute, das sie wahrnehmen, und sind bereit, für andere einen fehlertoleranten Massstab anzusetzen», heisst es im Ergebnisziel g) der Strategie der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika unter anderem. Seit der Jährlichen Konferenz 2013 liegt auf diesem Ergebnisziel ein Schwerpunkt der kirchlichen Arbeit. Ein zweitägiges Seminar mit Dr. Stephan Marks gibt konkrete Hilfestellung, dieses Ergebnisziel in der Gemeindearbeit umzusetzen.

Freitag–Samstag, 13.–14. November 2015 jeweils 09.30 Uhr bis ca. 17.45 Uhr in der EMK Bern, Nägeligasse Kosten: CHF 100.–, inkl. zwei Mittagessen Leitung: Christa und Gunnar Wichers, Walter Wilhelm Anmeldung: Walter Wilhelm 061 311 35 86 walter.wilhelm@emk-schweiz.ch

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UMSCHAU / NACHRUF

Kopf hoch… ein 3x3 Angebot

Aktionen für einen besseren Alltag Von Esther Steiger

«Kopf hoch!» – ein alter Spruch, der heute noch kursiert. Nicht immer ist dieser Rat angebracht. Es gibt Momente, da braucht es keine Sprüche, sondern aktive Hilfe, damit der Kopf sich erheben kann.

Tatkräftige Hilfe anzubieten, war die Motivation für das «Kopf hoch!»-Angebot der 3x3emk in Hunzenschwil. Hilfe im alltäglichen Stress von Familie, Beruf oder Freizeit. Ein Telefon an die Kontaktperson, und schon

wird Hilfe organisiert. Ein Pool mit Helfer/innen ist bereit, die etwas von der eigenen Freizeit abgeben, damit jemand wieder auf einen grünen Zweig kommt und den Koch nach oben heben kann: Sie bügeln Wäsche, betreuen Kinder, bereiten Essen zu, arbeiten im Garten, leisten Hilfe, wo sie am nötigsten ist. Unbürokratisch Es ist wahrlich eine Hilfe, wenn die Wäsche mit Freude in den Schrank versorgt werden kann, wenn Sicherheit für Betreuung gewährt wird,

wenn Heinzelmännchen Sauberkeit herzaubern, wenn die Einsamkeit drückt und jemand mit dir Kaffee trinkt oder auch eine Runde joggt. Hilfe anzufordern, braucht schon etwas Überwindung. Die Erfahrung zeigt, dass die Hürde niedrig sein muss, unbürokratisch, vertraulich. Der Dank für die Hilfe ist ein stiller Dank, ein Lächeln, ein Händedruck. Doch dieser Dank ist nachhaltig. «Kopf hoch» wird möglich. So wird der Blick frei für neue Hoffnung und Zuversicht.

Zum Tod von Rosmarie Geiser (15.7.1930 –24.6.2015)

Treue Weggefährtin

Von Walter Geiser

Rosemarie lernte ich vor 65 Jahren kennen. Ab 1954 erlebten wir eine glückliche Brautzeit. Während ich noch im Theologiestudium in Frank-

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furt a.M. und Montpellier war, flogen viele Briefe hin und her. In Zürich Wollishofen, das uns nach meinem Theologiestudium als erster Dienstort zugewiesen wurde, feierten wir am 24. August 1957 unser Hochzeitsfest. Rosemarie wurde meine treue, liebe Weggefährtin und Mutter unserer Kinder. Zusammen mit unserer ersten Tochter Franziska zogen wir 1959 nach Turbenthal, wo uns Christine geschenkt wurde. In Aarau kamen Andreas und Lukas dazu. Dann hiess es nach Neuhausen umziehen, später

nach Stäfa und Horgen, Basel und Pfäffikon ZH. Neben der Gemeindearbeit haben wir während mehreren Jahren gemeinsam Sonntagschulkolonien und später zahlreiche Frauenferienwochen in Italien geleitet. In unserer Wohnung in Zürich Albisrieden genossen wir seit 18 Jahren den gemeinsamen Lebensabend. Beim Frühstück erlitt Rosemarie am 17. Juni einen Hirnschlag. Im Stadtspital Triemli wurde sie hervorragend gepflegt. Am 24. Juni ist Rosemarie ruhig am Ende ihrer Lebensreise angekommen.


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Umfrage: Wie wird die EMK Lenk wahrgenommen im Ort? P+S Werbung AG Weieracherstrasse 10 8184 Bachenbülach Tel. 044 864 40 40 www.pswerbung.ch

Die EMK Lenk wertet ihre Umfrage aus

Bekannt durch Vitamin B Von Samuel Humm / Sigmar Friedrich

Glieder und Freunde der EMK Lenk

und gaben diese an die Gemeindeleitung weiter. Diese drei Kernerkenntnisse werden uns in den kommenden Jahren in gemeindebaulichen Überlegungen inspirieren und leiten.

haben Ende 2014 Fragebögen im Dorf verteilt. Sie wollten wissen, wie sie im Dorf wahrgenommen werden. Und auch die Gemeindeglieder selbst haben Fragebögen ausgefüllt. Seither ist einige Zeit vergangen. Wie der Prozess weitergegangen ist, sagt Samuel Humm im Gespräch.

Wann habt Ihr die Umfrage abgeschlossen – und wie viele Fragebögen sind zurückgekommen? Wir haben zwei Umfragen durchgeführt. Die eine bei den Mitgliedern und Freunden. Diese fand im April statt. Von 96 verteilten Fragebögen kamen 68 zurück. Die Umfrage, die im Dorf durchgeführt wurde, fand im vergangenen Herbst und Winter statt. Von 270 verteilten Fragebögen kamen 106 zurück.

Was ist Dir bei der Durchsicht der Fragebögen aufgefallen? Da gäbe es ganz viel zu erzählen. Ich versuche es möglichst kurz zu fassen. Die Fragen bei den beiden Umfragen waren in etwa identisch. Die Frage nach der vermehrten Zusammenarbeit mit der reformierten Landeskirche erhielt bei beiden Umfragen am meisten Stimmen. Wir werden also unsere jetzigen Bestrebungen für eine intensivere Zusammenarbeit verstärken. Ein anderes Beispiel: Bei der persönlichen Einschätzung, wie die Befragten die EMK Lenk erleben, ist die Selbsteinschätzung wesentlich negativer als die Fremdwahrnehmung. Und eine Kernerkenntnis ist, dass wir als EMK nicht primär durch Anlässe und Zeitungsberichte oder Inserate bekannt sind, sondern durch persönliche Beziehungen. In etwa so: Das Dorf kennt die EMK als Freikirche weniger. Dafür kennt die Bevölkerung viele Menschen, die sich zur EMK dazugehörig wissen.

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ENTWICKLUNGSPROZESS Wie wird die Auswertung vorgenommen? Was sind die nächsten Schritte? Das Projektteam, das die Umfrage formuliert und durchgeführt hatte, traf sich vor ein paar Wochen zur detaillierten Auswertung. Wir nannten drei Haupterkenntnisse aus der Umfrage

Über den «missionalen Gemeindebau» an der Lenk berichtet «Kirche und Welt» in unregelmässigen Abständen. Zuletzt in Ausgabe 2/2015: http://issuu.com/emk_schweiz Über die nächsten Schritte lesen Sie mehr in der Dezemberausgabe.

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LO

CSI-Tag 2015 n Sie sind herzlich eingeladen! Samstag | 31. Oktober 2015 | 10 bis 16 Uhr

Christian Solidarity International

Ashish Parichha

John Eibner

Pfarrer Latif

Franco Majok

Indien n Einsatz für bedrohte Christen

Nahost n Warnung vor der religiösen Säuberung

Pakistan n Betreuung von Terroropfern und Benachteiligten

Südsudan n Sklaven­ befreiung und Hungerhilfe

Ort: Reformierte Kirche Zürich Unterstrass | Turnerstrasse 45 8006 Zürich Ab Zürich HB Tram 7 Richtung Bahnhof Stettbach | Haltestelle Röslistrasse Weitere Infos:

LO-schweiz.ch/csi_tag 044 982 33 33

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INSERATE presented by Campus für Christus

LDEN! JE TZT ANWMILE LKOMMEN* TAGESGÄSTE

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DE INSPIRIEREN

BRIAN & BOBBIE HOUSTON SENIOR PASTORS HILLSONG CHURCH AUSTRALIEN

PATER RANIERO CANTALAMESSA PREDIGER DES PAPSTES ITALIEN

HEIDI BAKER GRÜNDERIN IRIS GLOBAL USA/MOSAMBIK

... MIKE PILAVACHI, DR. JOHANNES HARTL, DR. ROBI SONDEREGGER, MATTHIAS «KUNO» KUHN, HANS-PETER LANG VIELE WEITERE REFERENTEN AUF EXPLO.CH

TIM HUGHES MIT WORSHIP CENTRAL GROSSBRITANNIEN

TRINITY BAND

HOLLAND

ALL SONS & DAUGHTERS USA

... CRESCENDO JAZZ, SCHWEIZER WORSHIP-KOLLEKTIV UND WEITERE

8 INSPIRIERENDE PLENARVERANSTALTUNGEN // VIELSEITIGE ANBETUNGSZEITEN // BEWEGENDE BERICHTE AUS ALLER WELT // MITREISSENDE KONZERTE // RUND 40 PRAXISNAHE SEMINARE // EXPLO VILLAGE MIT GROSSER MISSIONSAUSSTELLUNG // VILLAGE BÜHNE MIT BISTRO // SPIRITUELLE OASEN EXPLO CAMP FÜR KIDS & TEENS (1. Klasse bis 14 Jahre) // KINDERPROGRAMM (2 bis 7 Jahre) und Übertragungsraum für Eltern mit Kleinkindern *Anmeldung für Tagesgäste solange Platz vorhanden

VISION

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INFO

ANMELDUNG Tagesgäste willkommen!

EXPLO.CH

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ZAHLSTELLE

Abgekürzt: AK = Anlagekonto; EK = Einlagekonto; JK = Jugendkonto; SK = Seniorenkonto

Die Entwicklung der privaten Einlagen auf der Zahlstelle zeigt interessante Trends

Mehr Geld, auf weniger Konten verteilt Von Daniela Deck / Gisbert Dörr

Die Zahlstelle freut sich in den letzten Jahren über höhere Kontoeinlagen. Hingegen hat die Zahl der Konten von

(-16%), die Gesamteinlage ist auf 35.5 Mio Franken angewachsen (+23%). 13.8% der Glieder und Freunde besassen 2002 ein Konto bei der Zahlstelle. Mitte 2015 waren es 14.1%.

den Privatpersonen abgenommen. Zugleich hat das Seniorenkonto seine Vorherrschaft ans Anlagekonto abgetreten. Ersparnisse sicher anlegen und sie für den Bau des Reiches Gottes zur Verfügung zu stellen, spricht alle Altersgruppen an.

Gutes tun mit Geld und gleichzeitig Zinsen erhalten – das ermöglicht die Zahlstelle Mitgliedern und Freunden der EMK anhand von vier Kontotypen. Welche dieser Konten sind besonders beliebt und wie haben sie sich entwickelt? Welche Auswirkungen haben die rückläufigen Zahlen bei den Gliedern der EMK Schweiz? Und welche Spuren hat die Finanzkrise hinterlassen? All das und vieles mehr lässt sich aus den Zahlen herauslesen. Wir laden Sie ein, mit uns auf Spurensuche zu gehen. Dabei beschränken wir uns in diesem Bericht auf die Konten der Privatpersonen und auf die Jahre ab 2002. Mit der Jahrtausendwende wurden neue Kennzahlen für die Personenstatistik der EMK bestimmt. Zahlen über Konten und Anlagen können so direkt gegenübergestellt werden und bieten anderthalb Jahrzehnte spannende Fakten. Vom Säugling bis zur Rentnerin spannt sich die Brücke der Solidarität. Gemeinsam ermöglichen sie der Zahlstelle, den Geldfluss innerhalb der EMK sicherzustellen. Deutliche Verschiebungen Zu Beginn des Jahres 2002 verwaltete die Zahlstelle 1925 Konten von Privatpersonen mit einer Gesamteinlagen von fast 29 Mio Franken. Mitte 2015 sind 1611 Konten aktiv

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Die Seniorenkonten, die 2002 die Hälfte aller Konten ausmachten, haben auf ein knappes Drittel (30%) abgenommen. Die Anlagekonten sind von einem knappen Viertel Anlagevolumen (24%) auf gut die Hälfte (51%) hochgeschnellt. Das ist bemerkenswert, beträgt die Mindesteinlage beim Anlagekonto doch 50000 Franken. Stabil geblieben ist die Zahl der Jugendkonten mit Werten zwischen vier und fünf Prozent. Das «Standardkonto», das Einlage-

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konto für Erwachsene, ist von einem guten Fünftel (21%) auf 15% geschrumpft. Im Jahr 2010 war es gar auf 13% abgesackt. Zeitgleich machte das Anlagekonto einen Satz nach oben – plus vier Prozent in einem Jahr. Die Finanzkrise, die 2010 für die Auflösung von Einlagekonten und die Eröffnung von Anlagekonten verantwortlich war, hatte auf die Zahl der Senioren- und Jugendkonten keinen Einfluss. Beim durchschnittlichen Sparguthaben der Kinder und Jugendlichen ist nur eine kleine Abschwächung im Wachstum auszumachen. Aktuell hat ein Jugendkonto im Schnitt gut 3000 Franken Guthaben. Beim Einlagekonto ist es rund dreimal so viel. Bemerkenswert verhielten sich die Senior/innen. Für sie wurde die Finanzkrise zum Wendepunkt. Ihre Ersparnisse bei der Zahlstelle waren seit 2005 von 30000 Franken auf 27500 pro Konto 2008 zurückgegangen. Bis 2011 stiegen sie dann wieder auf 29 000 Franken. Danach sank die Einlage pro Seniorenkonto bis letztes Jahr erneut um knapp 2000 Franken.

Eindrückliches Wachstum Der gewichtige Favorit, das Anlagekonto, präsentiert sich wie eine Fieberkurve mit Ausschlägen. Dabei blieben die durchschnittlichen Guthaben immer über 100 000 Franken. Die Tiefpunkte datieren 2006 und 2010 mit rund 104 000 Franken, der vorläufige Höhepunkt wurde dieses

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Jahr erreicht mit 114000 Franken. «Vorläufig» aufgrund der Zinserträge, die jedes Jahr zum Guthaben geschlagen werden und die bei der Zahlstelle vorteilhaft sind, besonders, weil es keine Gebühren gibt. Die wertvolle Saat Es gibt Mitglieder und Freunde, die der Zahlstelle schon seit Jahrzehnten Ersparnisse anvertrauen. Im Zeitfenster seit 2002 ist die Kontolaufzeit von sieben Jahren Trumpf (26%), gefolgt von 14 Jahren (22%). Sehr spannend ist die Altersverteilung der Kontoinhaber: 297 sind unter zehnjährig, 167 zehn bis 19-jährig. Die grösste Zahl erwachsener Kontoinhabern ist mit 219 bei den 20-29-Jährigen zu finden. Im Hinblick auf die Alterung in der Mitgliederstatistik ist das ermutigend. Denn hier zeigt sich, dass die Saat der Jugendkonten nachwirkt. Bei den Jugendkonten selbst sind in fast allen Altersbereichen abnehmende Personenzahlen zu verzeichnen, nur bei den jungen Erwachsenen ab 17 Jahre hat sich dieser Trend erst in den letzten Jahren eingestellt. Interessant ist, dass die Einlagen auf den Konten angewachsen sind. Hatte 2002 ein Jugendlicher durchschnittlich 1625 Franken auf dem Konto, so stieg der Betrag im 2015 auf 3108 Franken. Eltern, Grosseltern oder Paten haben diese Konten angelegt. Werden die Konten dann an die Jugendlichen übergeben, zeigt sich, dass Konten unter 500 Franken sehr oft saldiert werden. Konten mit deutlich mehr als 1000 Franken bleiben als Konten wesentlich länger aktiv. Diese Gruppe behält oder eröffnet später wieder ein Zahlstellenkonto, hat die Umfrage der Zahlstelle gezeigt. Die Betrachtung wäre nicht vollständig ohne Blick auf die aktuelle Geschlechterverteilung: 45% der Konten gehören Männern, 41% Frauen, der Rest sind Paare.

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Wofür die EMK Uster gerne die Kirchenräume öffnet

Wann hatte sie das letzte Mal Erdbeeren gegessen? Von Markus Bach

Markus Bach

Ist Pfarrer der EMK in Uster und Dübendorf. Er leitet die Abgabestelle von «Tischlein deck dich» in Uster.

Es ist ihr anzuspüren, dass es ihr nicht wohl ist in ihrer Haut. Eine Nachbarin hat sie überredet, auf dem Sozialamt eine Bezugskarte für «Tischlein deck dich» zu beantragen. Gebrauchen könnte sie schon verschiedene Dinge. Ihr Haushaltsbudget ist so klein, dass sie sich oft nicht das leisten kann, was sie gerne hätte, sondern nur mit dem billigsten Vorlieb nehmen muss. Gespannt aber unsicher hat sie sich nun auf den Weg in die EMK Uster gemacht, wo «Tischlein» stattfinden soll. Am Eingang wird sie freundlich gegrüsst. «Sie dürfen eine Nummer ziehen, und in dieser Reihenfolge werden wir sie dann aufrufen und durch die Kirche begleiten, wo sie Lebensmittel bekommen werden», sagt ihr die Frau am Empfang. Kurz darauf ist sie dran. Sie bezahlt einen symbolischen Franken für ihren Einkauf. Dann öffnen sich die Türen des Kirchenraums für sie. Was sie sich vorgestellt hatte, weiss sie nicht mehr. Aber es war kaum das, was sie jetzt zu sehen bekommt. Sie steht mitten im Gottesdienstraum. Der letzte Besuch in einem Gottes-

dienst ist viele Jahre her. Seither war sie nie mehr in einem Gottesdienstraum. Dieser hier ist zur Hälfte von den Stühlen frei gestellt. An ihrer Stelle stehen etwa zehn Tische, die alle mit Esswaren vollbepackt sind. Ihre Augen werden riesig. «Von diesen Getränkeflaschen dürfen Sie sich zwei auswählen» sagt die Frau, die sie begleitet. «Orangensaft, bitte», sagt sie und sieht zu, wie zwei Flaschen mit Orangensaft in ihre Tasche gelegt werden. Und so geht es weiter. Es gibt «Müsliflocken», Ketchup in Einzelportionen, Käsefondue, eine scharfe Tomatenpaste, Hähnchengrill-Gewürz, eine Dose mit Pfirsichhälften. Es gibt Gemüse und Obst. Man sieht es, dass beides nicht mehr frisch ist. Aber wann hatte sie das letzte Mal Erdbeeren gegessen? Sie bekommt von allem etwas, auch Brot und Schokolade – und zwei Pack Guetzli. Ganz am Schluss darf sie aus drei Duftsorten ein Duschmittel aussuchen. Sie kann ihr Glück kaum fassen. Das ist eine Erfahrung, für die wir gerne unseren Kirchenraum zur Verfügung stellen: am Dienstag für Lebensmittel, am Sonntag für Mittel zum Leben.


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