Kirche und Welt 11/2014

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Kirche und Welt

LAGE M I T BE I

Die Zeitschrift der Evangelisch-methodistischen Kirche der Schweiz

Wie Gemeindebezirke über das Geld sprechen

Fröhliches Geben ohne Zwang Seite 8/9

Wenn Schatten das Leben verdunkeln

Wenn die Waage den Alltag bestimmt

Partnerschaft im Dienst am Menschen

Professor Dr. Daniel Hell in Flawil Seite 12

Power2be Bethanien begleitet Frauen zurück in die Selbständigkeit Seite 18/19

10 Jahre Home Bethesda Strasbourg Seite 20

The United Methodist Church


Inhaltsverzeichnis

Spannende Reaktionen auf provokative Fragen

Wie sieht ein gesunder Umgang mit Geld aus? Zurückfinden zum Dreischritt der Liebe

Gemeinschaft steht im Mittelpunkt Wie Gemeindebezirke über das Geld sprechen

Fröhliches Geben ohne Zwang Der EMK Bezirk Rothrist gibt konsequent den Zehnten

Zur Ehre Gottes und aus Liebe zu den Mitmenschen Am Beispiel der Bezirks Region Schaffhausen

Finanzen für bauliche Veränderungen Ein Vortrag von Professor Dr. Daniel Hell in Flawil

Wenn Schatten das Leben verdunkeln Aus der Arbeit der EMK in Albanien

Mit den Menschen unterwegs

Jubiläum der EMK-Mission in Wembo Nyama, DR Kongo

Ein Jahrhundert segensreiche Arbeit Kirche ist immer «seine» Kirche, nie «unsere»

Starkes oder mangelndes Selbstwertgefühl? Power2be Bethanien begleitet Frauen zurück in die Selbständigkeit

Wenn die Waage den Alltag bestimmt 10 Jahre Home Bethesda Strasbourg

Partnerschaft im Dienst am Menschen Bücher und mehr

Das gibt es nicht überall

Miteinander neu Fahrt aufnehmen

«Ehe auf Kurs»

Teilhaben an der Mission Gottes

«Miriam» in einem fremden Land

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Editorial Liebe Leserin, lieber Leser Die Kirche braucht Geld, auch wenn sie nicht allein davon lebt, dass sie Geld hat oder erhält. Wie aber können wir davon reden, woher das Geld in der Kirche kommt – und wohin es fliesst, wofür es verwandt wird? Wie genau sind Sie in Ihrem Gemeindebezirk darüber orientiert? In dieser Ausgabe haben wir nachgefragt bei Gemeindebezirken: Wie macht ihr das? Wie informiert ihr? Wie geht ihr mit dem Geld um, das euch anvertraut wurde? – Und wir haben sehr spannende Antworten erhalten.   Antworten auf Tipps zum Umgang mit dem Geld hat auch die Zahlstelle erhalten nach ihrem Beitrag in der Augustausgabe. Ein anregender Mix aus Widerspruch, weiterführenden Gedanken und Zustimmung.   Wie durch die Sammlung für die Pfarrgehälter in Mitteleuropa und im Balkan dort die Arbeit der EMK-Bezirke unterstützt wird, zeigt das Beispiel von Mustafa Isufi in Albanien.   Dass Migrant/innen wie «Miriam», von der Üllas Tankler erzählt, in vielfacher Weise unsere Arbeit als Kirche bereichern und befruchten, damit hat die EMK bereits einige Erfahrungen gemacht. Allein vom Geld zu reden, wäre da doch eine sehr eingeschränkte Perspektive!

Sigmar Friedrich Redaktor

«Hier ‹Schutz und Rettung›» Von Stefan Moll

Feuerwehr, Sanität, Polizei: alle, die man in Not ruft, sind in Zürich unter «Schutz und Rettung» vereint. Eine Adresse für akute Nöte jeder Art. Mit dem Glauben ist es ähnlich. Die Adresse scheint bekannt: Jesus Christus. Fragt sich nur, welche Art der Rettung wir von ihm erwarten. Dorothea Sattler hat in Ihrem Buch* fünf Felder beschrieben, in denen Rettung geschieht: • Therapie – Bereiche, die der Heilung bedürfen: Krankheiten, zerbrochene Beziehungen, zerstörte Natur • Gerechtigkeit – Unrecht aller Art: Armut, Abhängigkeiten, Hunger, Umweltzerstörung • Schuldenvergleich – Bewältigung von Schulden jeder Art • Anklage – Freispruch im Prozess: Viele wissen sich wegen echter und auch wegen unechter Schuld angeklagt und sehnen sich nach einem Freispruch • Nähe finden – Versöhnung mit Gott, Menschen und Natur, die ein freies und unbelastetes Miteinander erlaubt Ein SLI-Team sucht eine Sprache, wie wir in heutiger Zeit von der Erlösung sprechen können. Die fünf Stichworte sind mir eine Hilfe. Sie öffnen die Türen zu konkreter Not, in denen wir von Jesus Christus Rettung und Hilfe erwarten. Nicht alle leiden an denselben Themen – aber ich finde mich in diesen Stichworten wieder. Glaube wird aktuell. * D.Sattler, Erlösung? Lehrbuch der Soteriologie. Freiburg i. Br. 2011

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ZAHLSTELLE

Spannende Reaktionen auf provokative Fragen

Wie sieht ein gesunder Umgang mit Von Daniela Deck

«Geld regiert die Welt», sagt der Volksmund. Als Christ/innen glauben wir, dass Gott die Welt regiert – und Geld im besten Fall seiner Herrschaft dient. Geld ist ein heikles und komplexes Thema. Der Finanzplaner Beat Hofstetter hat zum Umgang mit Geld Anregungen gegeben (Kirche und Welt 8.2014, S.22–23). Dazu haben wir spannende Rückmeldungen erhalten – mehrheitlich von Personen, die auch beruflich mit Geld zu tun haben.

«Vieles, was im August-Artikel steht, bestätigt mich», schreibt ein Banker. Ein anderer Finanzfachmann erklärt, dass der Artikel ihn angesprochen habe und er gewisse Verhaltensregeln nachvollziehen könne. Andere scheinen ihm jedoch eher Wunschdenken zu sein. Umstrittene Skala Beat Hofstetter hatte folgende Skala des Einkommens aufgestellt: 1. Schuldensklaverei: Abwärtsspirale, Schulden mit neuen Krediten gedeckt

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2. Armut: Abhängigkeit durch Mietund Pachtverträge, EinnahmenAusgaben ca. im Lot 3. Entschuldung: Einnahmen übersteigen Ausgaben, Abzahlung von Krediten 4. Wohlstand: keine Schulden, Einnahmeüberschuss, Geld selbst verwaltet 5. Reichtum: Finanzierung aus Vermögenserträgen, nicht auf Lohn angewiesen Bei dieser Skala gehen die Meinungen auseinander. «Stirnrunzeln» lösen vor allem die Definitionen von Schulden und Armut aus. Wenn Ausgaben und Einnahmen sich die Waage halten, liege keine Armut vor. Jemand regt an, die erste Stufe durch «Gier» zu ergänzen: «Ich glaube, dass es viele Leute gibt, die Geld haben. Sie haben aber für sich das Gefühl, dass sie zu wenig Geld haben, und streben danach, es zu vermehren. Gerade auch Christen sind davor nicht gefeit.» Mieten statt erwerben Eine Stimme wehrt sich dagegen, Wohneigentum anzustreben, statt eine Wohnung zu mieten: «Ich fühle mich als Mieter wohl. Ich muss weder Heizöl bestellen, noch Renovationen

in Auftrag geben. Wenn etwas kaputt geht, kümmert sich die Hausverwaltung darum. Für diese Vorteile bin ich bereit mehr auszulegen als andere für Hypothekarzinsen. Dazu kommt, dass das Kapital unser aller Pensionskassen auf Mieter angewiesen ist. Die Pensionskassen haben Schwierigkeiten Renditen zu erzielen. Ohne Mietobjekte wäre das noch viel schwieriger.»

Pensionskassen sind auf Mieter angewiesen Hypotheken abzahlen Beat Hofstetter gab den Rat, Hypotheken sollten amortisiert werden! Christen sollten gern Steuern zahlen! Hier liegen die Meinungen nahe beisammen. Sie gehen von «interessant, aber nicht in jedem Fall machbar» bis zu völliger Zustimmung. Jemand schreibt, er sei dabei die Hypothek abzuzahlen, und betont, dass Spenden und Sparen daneben nicht zu kurz kommen dürften.   Eine andere Person hebt hervor, dass in der Schweiz dank wenig Korruption Steuern wirklich der Allgemeinheit zugute kämen. Eine dritte


ZAHLSTELLE

Geprüft: Leser/innen haben Stellung genommen zu den Ratschlägen von Beat Hofstetter zum Umgang mit dem Geld.

Geld aus? Person bezweifelt, dass Steuergelder immer gut eingesetzt werden.

In Mikrokredite investieren Riskanter Ratschlag Im Beitrag haben wir gefragt: Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht, in Menschen zu investieren? Bei den Reaktionen beurteilen Fachpersonen eine Schuldensanierung von Privat als zu riskant. Jemand plädiert dafür, im Mikrofinanzbereich zu investieren, weil das Geld an Frauen geht, die verantwortungsbewusst damit umgehen. Ein anderer stellt kri­t ische Fragen nach Sozialversicherungen und Altersvorsorge beim «Freundeskreis» von Missionaren.

Vermögen verwalten Auch zur Frage, was für Sie als Christ im Umgang mit dem Vermögen hinter dem Begriff «Verwalterschaft» steht, haben wir Reaktionen erhalten. Jemand schreibt: «In der EMK, vor allem in den USA, hat ‹Stewardship› in den letzten Jahren Bedeutung gewonnen. Das geht weit über den blossen Umgang mit Geld oder andern anvertrauten Gütern hinaus. Es ist eine Lebenseinstellung, die als Dienst für Gott und als Zeugnis des Glaubens verstanden werden will. Zu erinnern ist auch an die einfachen Regeln von John Wesley: ‹Verdien so viel du kannst, spar so viel du kannst und gib (alles) was du kannst!›»   Eine andere Person schreibt: «Ich glaube, Gott will, dass es uns gut geht. Deshalb dürfen wir dieses Geld auch für unsere eigenen Bedürfnisse einsetzen. Wenn wir damit einen gesun-

den Umgang haben, bleibt noch viel übrig, das wir weggeben können. Regeln, die für mich gelten: keine Kleinkredite, kein Leasing, 10% meines Lohnes gehen per Dauerauftrag an die Gemeinde. Dazu unterstütze ich christliche Organisationen und Projekte (weitere ca. 8%).» Unterstützung gesucht Beim Geld zeigt sich schnell, welche Werte unser Leben prägen. Das gilt für uns als einzelne ebenso wie für die Gemeinden. Deshalb ist es wichtig, dass das Geld, das uns als EMK anvertraut ist, verantwortungsbewusst verwaltet wird. Wenn Sie ein Flair für Finanzen haben, dann bittet die Zahlstelle Sie um Ihre Unterstützung (s. Box).

ZAHLSTELLENAUSSCHUSS SUCHT VERSTÄRKUNG Haben Sie eine Ausbildung im Finanzbereich? Möchten Sie der EMK helfen, die Finanzierungsgrundlagen bei Bau- und Investitionsvorhaben zu beurteilen? Haben Sie Erfahrung beim Lesen und analysieren von Bilanz, Erfolgsrechnung und Jahres-

rechnung? Sind Sie bereit in 5–6 Sitzungen pro Jahr mitzuarbeiten? Interessieren Sie sich für den Erfolg der EMK und ihrer Werke? Dann sind Sie die richtige Frau, der richtige Mann für unseren Zahlstellenausschuss. Weitere Informationen gibt Ihnen

gern Peter Binder, Vorsitzender: binder.peter@bluewin.ch, 052 242 43 00. Den im Text erwähnten Beitrag finden Sie unter: www.issuu.com/emk_schweiz

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KURZ NOTIERT

Agenda SAMSTAG, 1. NOVEMBER Mission als Lebensstil Herbsttagung Distrikt Nordwestschweiz EMK Zürich-Altstetten 10–16 Uhr Infos/Anmeldung: Sonja Bitterli, dlf.nordwestschweiz@emk-schweiz.ch FR.–SO., 7.–9. NOVEMBER Gott der Armen und Bedrängten Witwen-Wochenende Hotel Artos, Interlaken Infos: Erika Wille, 033 971 84 77 FR.–SO., 7.–9. NOVEMBER Gottes Berufung entdecken und leben Exploration 2014 Hattingen (D) Kosten: Fr. 120.– inkl. Reisekosten Infos: Takano-Fachstelle EMK, 062 205 70 00, info@takano-online.ch SAMSTAG, 8. NOVEMBER Dynamo – Theologie für die Gemeindepraxis Neues Testament EMK Zürich 4 9–12.30 Uhr Infos / Anmeldung: Fachstelle Bildung+Beratung, 044 299 30 87, bildungundberatung@emk-schweiz.ch SAMSTAG, 15. NOVEMBER Dynamo – Theologie für die Gemeindepraxis Seelsorge EMK Zürich Zelthof 9–17 Uhr Infos / Anmeldung: Fachstelle Bildung+Beratung, 044 299 30 87, bildungundberatung@emk-schweiz.ch FR.–SO., 5.–7. DEZEMBER Begegnungstage für Senioren hinschauen - loslassen - gewinnen Hotel Artos, Interlaken Infos/Anmeldung: Elsi Altorfer, elsi. altorfer@emk-schweiz.ch, 052 233 53 07

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Ausgezeichnete Predigten Zum ersten Mal hat 2014 der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) einen Predigtpreis ausgeschrieben. Unter anderem wurde Stefan Weller, Pfarrer der EMK Region Zimmerberg für seine Predigt zu Jeremia 19,1–14 ausgezeichnet. Seine Predigt wird zusammen mit den anderen ausgezeichneten Beiträgen in einem Buch unter dem Titel «Ausgesprochen reformiert – Predigten» veröffentlicht. Seine Predigt ist zugleich ausgesprochen methodistisch, nicht nur, weil «unser Kirchenvater John Wesley» darin zu Wort kommt. In seiner

Predigt betont Stefan Weller zudem, wie Glauben das Leben erkennbar verändert. Der erste Preis geht an Pfarrerin Caroline Schröder-Field, die bis 2011 EMK-Pfarrerin in Winterthur war und heute als reformierte Pfarrerin am Basler Münster tätig ist. Die Preisverleihung und die Vernissage des Buches finden am 3. November um 17.45 Uhr im Berner Rathaus statt. Quelle: EMK-News Predigt von Stefan Weller: http://is.gd/PP2014

Verdienstorden für Methodist Bernd-Lutz Lange, Autor und Kabarettist, Mitglied der EMK in Leipzig und Bruder von Pastor Martin Lange, wurde am 6. Oktober vom deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck das Bundesverdienstkreuz verliehen. Er wurde damit für sein Engagement in der friedlichen Revolution 1989 in der damaligen DDR geehrt, die zum Fall der Berliner Mauer führte. Zusammen mit dem Gewandhauskapellmeister Kurt Masur, dem Pfarrer Pe-

ter Zimmermann und drei führenden Leipziger SED-Politikern verfasste er vor der Montagsdemonstration in Leipzig einen eindringlichen Appell zur Gewaltlosigkeit. Damit habe er «einen entscheidenden Beitrag dafür» geleistet, «dass die Massendemonstration friedlich verlief», heisst es unter anderem in der Begründung für die Auszeichnung. Quelle:

www.bundespraesident.de

Friedenspreis für Ehepaar Johnson Pfarrer Hugh Johnson, der bis zu seiner Pensionierung als Missionar in Algerien tätig war und als Superintendent des Nordafrika-Distrikts Verantwortung für die Arbeit der EMK in diesem Gebiet trug, wurde zusammen mit seiner Frau Shirliann als Empfänger des diesjährigen Friedenspreises des Weltrates Methodistischer Kirchen ernannt. Während mehr als 40 Jahren (1962–2005) versah das Ehepaar seinen Dienst nach dem Motto: «Kirche muss dort sein, wo die Not am

grössten ist.» Für ihren langjährigen Dienst und für ihre mutige, kreative und beständige Weitergabe der Guten Nachricht von Jesus Christus wird Hugh und Shirliann Johnson der diesjährige Friedenspreis verliehen. Die offizielle Überreichung wird an der Tagung der Jährlichen Konferenz Schweiz–Frankreich–Nordafrika 2015 in Aarau erfolgen.

Quelle: EMK-News


BISCHOFSBÜRO

Patrick Streiff: «Haben wir die Grundlage für beide Teile des Doppelgebots zu stark vernachlässigt?»

Zurückfinden zum Dreischritt der Liebe

Gemeinschaft steht im Mittelpunkt Von Patrick Streiff

Erinnern Sie sich an den wesleyani-

Gemeinden, wenn sie in ihrem persönlichen Glauben an Gott und Leben mit Gott nicht mehr gestärkt werden.

schen Dreischritt der Liebe? Wie beim Walzer ist der erste Schritt der wichtigste und grösste. Die anderen beiden folgen fast von selbst: (1) Gottes Liebe ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist erfahren; (2) Gott lieben von ganzem Herzen; (3) den Nächsten lieben wie sich selbst.

Der zweite und dritte Schritt sind, was Jesus das Doppelgebot der Liebe nannte. Nun ist interessant, wie sich das Doppelgebot im Leben von Gemeinden unterschiedlich entfaltet. Gott erleben In grossen Gemeinden, in denen sich über hundert Personen im Gottesdienst versammeln, spielt das erste der Doppelgebote die entscheidendere Rolle: Menschen werden auf ihre Gottesbeziehung angesprochen. Sie sollen in ihr herausgefordert und gestärkt werden. Für Gemein­­schafts­ erlebnisse sind Kleingruppen verantwortlich. Die Gottesdienstgemeinde ist zu gross, als dass sich alle kennen könnten. Menschen verlassen grosse

Sich den Nächsten zuwenden In kleineren Gemeinden, in denen sich einige Dutzend Menschen, vielleicht bis gegen hundert Personen versammeln, ist es anders. Da spielt das zweite der Doppelgebote die entscheidendere Rolle: Menschen erleben Nächstenliebe ganz praktisch. Deshalb fühlen sie sich wohl und angenommen in der Gemeinde. Das ist die Stärke der kleineren Gemeinden. Doch es ist auch ihre Achillesverse: Wenn es zu Konflikten kommt, merkt man es viel schneller. Menschen verlassen kleine Gemeinden, wenn die Nächstenliebe kriselt. Gottes Liebe erfahren Im Bischofsgebiet von Mittel- und Südeuropa haben wir fast nur klei-

nere Gemeinden. Selbst in der Schweiz sind viele Gemeinden, die zur Zeit der Vereinigung 1968 gross waren, klein geworden. Wenige sind über die Hundertermarke gewachsen. Was führt Menschen in die Nachfolge Jesu Christi? Ob wir bei aller Betonung guter Gemeinschaft den ersten Teil des Doppelgebots der Liebe, die Liebe zu Gott von ganzem Herzen, zu sehr vernachlässigt haben? Und das, was Grundlage für beide Teile des Doppelgebots bildet: die Erfahrung, zuallererst von Gott geliebt zu sein?

KENNZEICHEN Wesleys Schrift «Die Kennzeichen eines Methodisten» können Sie hier nachlesen: http://is.gd/Kennzeichen

AUS DEM REISEKALENDER DES BISCHOFS IM NOVEMBER 30.10.–9.11. 10.–12. 14.–15. 17.–19. 22.–30.

Bischofsrat und Connectional Table, Oklahoma City, USA Pfarrerversammlung, Bratislava, Slowakei Société d’études du méthodisme français Kabinett und Kirchenvorstand Polen Evaluationsreise Bischofsgebiete in Afrika

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THEMA

Fruchtbar: Die Broschüren der beiden Bezirke zeigen, wie die gespendeten Gelder die Arbeit des Bezirks und der Kirche ermöglichen.

Wie Gemeindebezirke über das Geld sprechen

Fröhliches Geben ohne Zwang Von Sigmar Friedrich

Mit einer achtseitigen Broschüre unter dem Titel «Kirche und Geld» informieren die Bezirke Uzwil–Flawil und Rüti–Wald–Hombrechtikon ihre Mitglieder und Freunde über die Finanzen. Sie machen nachvollziehbar, wofür das Geld eingesetzt wird, das mit Beiträgen und Kollekten zusammenkommt.

Schon seit rund zehn Jahren hat der Bezirk Rüti–Wald–Hombrechtikon Erfahrungen mit einer solchen Broschüre. «Wir haben damals in einer Phase damit begonnen, als relativ viel neue Personen zu uns gekommen sind», erzählt Pfarrer Stefan Zürcher. Besonders in der Anfangszeit gab es Rückmeldungen, die alle durchweg positiv waren. Geld und Geist Die Broschüre in Rüti–Wald–Hombrechtikon beginnt mit einigen einleitenden Gedanken, die zeigen, dass «der Umgang mit Geld eine durch und durch geistliche Angelegenheit ist». Dann folgen Überblicke: statistische Angaben zu Mitgliedern, Freunden und Kindern auf dem Bezirk und über

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die Stellenprozente der hauptamtlichen Mitarbeitenden. In einer Tabelle werden Einnahmen und Ausgaben im Überblick dargestellt. Die darin auftauchenden Begriffe: Kirchenbeiträge, Kollekten, übrige Einnahmen, Legate, Umlage, Liegenschaften – werden anschliessend kurz erläutert. Die in der Übersicht zusammengestellten Zahlen werden nicht jährlich angepasst. Jeweils nach drei bis vier Jahren wird die Broschüre wieder neu erstellt.

Soviel wäre pro Person und Monat nötig Solidarisch leben Zwei Seiten folgen, in denen es um «Gaben unserer Mitglieder und Freunde» geht. Ein durchschnittlicher Betrag wird hier errechnet, der pro erwachsener Person und Monat nötig wäre, um einen ausgeglichenen Gemeindehaushalt zu ermöglichen. Das verbindet sich mit dem Hinweis, dass nicht alle diesen monatlichen Beitrag zahlen können – und andere mehr bezahlen. «So leben wir Solidarität.»   Die klaren Zahlen werden gerahmt von Hinweisen auf Freiheit und Freiwilligkeit. Das Selbstverständnis

der EMK als «Freiwilligkeitskirche», präg­nante Beobachtungen zum biblischen Befund und zur methodistischen Tradition bilden die Grundlage für das Miteinander von «Freiheit und zugleich Verantwortung» im Umgang mit dem Geld. Das ermöglicht «ein fröhliches Geben ohne Druck und Zwang».   Am Schluss der Broschüre steht die Dankbarkeit gegenüber Gott und Kontaktdaten zu Personen, die weitere Auskünfte erteilen können. Die in der ganzen Broschüre abgedruckten Bilder zeigen, wie das freiwillig zusammengelegte Geld vielfältig das Leben der Gemeinden ermöglicht. Mehr Details Im Bezirk Uzwil–Flawil wurde dieses Jahr zum ersten Mal eine solche Broschüre erstellt. Inhaltlich gibt es viele Ähnlichkeiten, was nicht verwundert: Pfarrer Simon Zürcher hat die Idee vom Bezirk Rüti–Wald–Hombrechtikon übernommen. Anders als dort stehen in der Broschüre in Uzwil–Flawil die Gedanken zur biblischen und methodistischen Tradition voran. Einnahmen und Ausgaben werden auf zwei getrennten Doppelseiten aufgeführt und grafisch dargestellt. Sie zei-


THEMA

Ein Abschnitt aus der Informationsbroschüre

Wie ist das mit dem biblischen «Zehnten»? Von Stefan Zürcher

gen mehr Details. Die Frage «Wieviel soll ich geben?» wird noch vor den Ausgaben gestellt. Auch hier wird ein Durchschnittswert errechnet, der von manchen zu viel verlangen würde. Andere zahlen mehr.

Schulden müssen getilgt werden Den Auftrag erfüllen Es folgen die Ausgaben und danach ein zusätzlicher Abschnitt unter dem Titel «Mehr Ausgaben als Einnahmen». Dass der Bezirk eine rote Null schreibt, ist hierbei weniger im Fokus, als die Beobachtung, dass dabei «unsere sämtlichen Liegenschaftsgewinne in die Gemeinderechnung geflossen sind». Ein Teil davon müsse jedoch zur Tilgung der Schulden eingesetzt werden. Hier wird die Herausforderung für einen verantwortungsbewussten Umgang mit dem Vermögen deutlich. Sie ist eingebettet in die Gewissheit, dass, «was Gott uns zur Verfügung stellt, reicht, um den Auftrag zu erfüllen, welchen er für uns bereit hält.»

AUFGESCHNAPPT Im Gemeindebrief des Bezirks Rüti-Wald-Hombrechtikon war dieser humorvolle Zugang zum Thema (so ähnlich) zu lesen: Sonntagmorgen. Im Gottesdienst informiert der Vorsitzende der Verwaltung über die Finanzierung des geplanten Bauvorhabens: «Ich habe eine gute und eine schlechte Nachricht für euch. Die gute Nachricht ist: Wir haben genug Geld, um unser Bauvorhaben zu finanzieren! Die schlechte Nachricht: Es steckt immer noch in euren Taschen!

Den Zehnten finden wir an verschiedenen Stellen im Alten Testament. Unter anderem wurde damit gemäss 4. Mose 18,21 der Lebensunterhalt der Leviten und Priester bestritten. Viele Christen nehmen den «Zehnten» als Richtlinie für ihre Spenden und erfahren, dass Gott ihr Geben segnet (Maleachi 3,10).   Im Neuen Testament finden wir kaum Hinweise auf den biblischen Zehnten. Vielmehr begegnet uns dort eine weitere Möglichkeit, was unseren Umgang mit Geld angeht. Dieser beruht auf der Freiwilligkeit, Solidarität und Verantwortung des Einzelnen. Wir denken da an die Witwe im Tempel, an Zachäus, an die Gepflogenheiten in der Gemeinde in Jerusalem, um nur einige zu nennen. Paulus schreibt im 2.Korinther 9,6–15, dass jeder so viel geben soll, wie er sich vorgenommen hat. Wichtig ist, dass wir uns freuen können, auf diese Weise Gottes Reich zu bauen.   John Wesley, der Gründer der methodistischen Bewegung, hat diesen Ansatz aufgenommen und sinngemäss gesagt: Alles ist uns von Gott anvertraut. Davon nimm, was du vernünftigerweise für dich und die dir anvertrauten Menschen benötigst. Dann «tue Gutes an den Glaubensgeschwistern» und schliesslich, wenn noch etwas bleibt, «tut Gutes an jedermann. Wenn du so handelst, gibst du alles, was du kannst, ja, im wahren Sinn alles, was du hast.»

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THEMA

Im Zehntenhaus: Für die EMK Gemeinde in Rothrist ist der Name ihres Versammlungsortes Programm.

Der EMK Bezirk Rothrist gibt konsequent den Zehnten

Zur Ehre Gottes und aus Liebe zu den Mitmenschen Von Jörg Pfeuti

Im «Zehntenhaus» ist die EMK in Rothrist zuhause. Seit mehr als 15 Jahren verzehntet der Bezirk

des Jahres den genau gleich hohen Betrag an Einnahmen und einem entsprechenden Zehnten verbuchen wie im Jahr zuvor, allen Voraussagen zum Trotz. Gott ist gross!

10% als Reserve für Spontanhilfe

• Irene Anselmi, die in den Osteuropäischen Ländern tätig ist • Open Doors, die sich einsetzen für verfolgte Christen in der ganzen Welt je 10% gingen an • Connexio der EMK Schweiz • an die Pfarrgehälter in Osteuropa

So wird aufgeteilt Wie gehen wir mit dem Zehnten um? Hier das Beispiel des letzten Jahres: 2013 betrug unser Zehnter Fr. 31 300.–. Von diesem Betrag wurden 10% als Reserve zur Seite gelegt, damit sie für Spontanhilfe eingesetzt werden können. Bis Ende Jahr waren keine Anträge eingegangen, darum wurde das Geld an Connexio überwiesen.   Mit den restlichen 90% wurde ein neuer 100%-«Kuchen» gebildet. Dieser wurde wie folgt aufgeteilt: je 20% gingen an • Gemeindehilfe der Judenchristen in Israel • an Familie Seelig in den Favelas in Rio de Janeiro in Brasilien

Informiert bleiben Es liegt in der Philosophie unserer Gemeinde, eine offene Gemeinde zu sein. Wir sind eine EMK Gemeinde, darauf sind wir fokussiert. Dennoch vernachlässigen wir nicht andere Missionsprojekte, zu denen Gemeindeglieder eine Beziehung haben.   Das Missionsteam begleitet alle Projekte. Diese Projekte werden jeweils an der Bezirksversammlung vorgestellt. Für alle Projekte ausserhalb der EMK ist jemand aus der Gemeinde «Pate». Berichte werden zu diesen Projekten abgegeben und, wenn nötig, diskutiert. Ab und zu ist auch jemand von einer der unterstützten Organisationen anwesend und kann über die Tätigkeit berichten. Dies ist sehr hilfreich und gibt Ver-

seine Einnahmen. Auch in schwierigen Zeiten hat die Gemeinde an dieser Entscheidung festgehalten.

Seit 1998, mindestens aber so lange wir im Zehntenhaus sind, geben wir von unseren Einnahmen und Kollekten den Zehnten für verschiedene Projekte. Wir sind überzeugt, dass dadurch unsere finanzielle Lage immer wieder ein positives Resultat gebracht hat und damit die Handschrift Gottes deutlich sichtbar wurde.

Gottes Handschrift wird sichtbar In Krisenzeiten Am Deutlichsten erlebten wir dies bei der Gemeindespaltung vor ca. sechs Jahren, als ein Drittel der Mitglieder eine neue Gemeinde gründete. Trotz dieses Aderlasses konnten wir Ende

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THEMA

Am Beispiel des Bezirks Region Schaffhausen

Finanzen für bauliche Veränderungen trauen. Es steht allen Gemeindegliedern offen, auch neue Vorschläge einzubringen.

Von Peter Steiger

Dass der Um- und Anbau in Schaffhausen auf einer soliden finanziellen

Wir beschränken uns auf wenige Projekte

Basis durchgeführt werden konnte, ist nicht zuletzt der sehr guten Information und Planung der Verantwortlichen zu verdanken.

So weitermachen In unserer Gemeinde ist nicht bekannt, dass je ein Vorschlag nicht akzeptiert worden wäre. Hie und da kommt es vor, dass ein Projekt nicht mehr unterstützt wird, da wir keine Information über die Verwendung der Gelder erhalten haben. Es gibt auch immer wieder Vorschläge jeglicher Art, wen und was man noch unterstützen könnte. Wir möchten uns aber nicht verzetteln und beschränken uns auf fünf bis maximal sechs Projekte, die wir unterstützen.   Wir werden auch in Zukunft an diesem Prinzip festhalten zur Ehre Gottes und aus Liebe zu Mitmenschen, denen es nicht so gut geht.

Vor dem geplanten Um- und Anbau vom September 2006 bis Mai 2007 in Schaffhausen wurde frühzeitig über die entstehenden Kosten informiert. Auch die Gemeindesituation mit vielen älteren Gliedern wurde bei der Planung bedacht. Daraus ist eine Absichtserklärung entstanden, die eine Grundlage für die weitere Finanzplanung bot.   Zum Thema Finanzen gab es vorgängig einen Informationsabend; für die Bauplanung vier Abende. Zusammen mit den Angaben aus den Rückflüssen der Absichtserklärungen und den «Wünschen an den Neu- und Umbau» ergab sich dann der endgültige Planungsauftrag für die Architekten.

Die detaillierten Informationen über die Kosten, die in den nächsten Jahren auf den Bezirk zusätzlich zukommen würden, haben massgeblich dazu beigetragen, dass die anfallenden Kosten in jeder Phase von dem Gemeindebezirk bewältigt werden konnten.

MEILENSTEINE • 2004 erste Beratungen und Information des Bezirks • Frühjahr 2005 Information über Finanzen und Altersstruktur • Winter 2005/2006 drei weitere Informationsveranstaltungen mit konkreten Projektvorschlägen, die diskutiert wurden • September 2006 Baubeginn

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UMSCHAU

Gut besucht: Der Abend mit Prof. Daniel Hell in Flawil stiess auf grosses Interesse.

Ein Vortrag von Professor Dr. Daniel Hell in Flawil

Wenn Schatten das Leben verdunkeln Von Simon Zürcher

Viele Menschen begegnen irgendwann einmal dem Thema Depression. Jeder vierte, so sagt man, lernt sie in seinem Leben von innen kennen. Die allermeisten anderen kennen jemanden im nahen oder etwas weiteren Umfeld, der unter dieser Krankheit leidet oder litt.

Diese Tatsache war der Grund, weshalb die EMK in Flawil den Versuch unternahm, öffentlich darüber ins Gespräch zu kommen. Mit Unterstützung der ökumenischen Partner in Flawil war es möglich, einen sehr gut besuchten Vortragsabend zum Thema zu organisieren. Als Referent konnte Prof. Dr. Daniel Hell gewonnen werden. Er ist ein ausgewiesener Experte auf dem Gebiet. Als Sohn eines Methodistenpredigers war er vor Jahrzehnten auf dem EMK Bezirk UzwilFlawil wohnhaft. Was Wüstenväter wussten «Depressionen gab es schon immer», sagte Dr. Hell zum Beginn seines Vortrags, «auch wenn man sie natürlich noch nicht so nannte». Texte aus den verschiedensten Zeitaltern und Kul-

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turen beschreiben uns bekannte Symptome. Ausführlicher ging der Referent auf die frühchristlichen Wüsten­väter ein. Sie analysierten ihre Erfahrungen in der Einsamkeit der Wüste und entwickelten daraus eigentlich ein erstes psychologisches Modell der Depression. In den letzten Jahrzehnten wurden viele ihrer Erkenntnisse mit Mitteln der modernen Forschung erneut entdeckt.

Nicht einfach eine «Krankheit» Balance wieder finden In seinen Ausführungen verdeutlichte Daniel Hell, dass es sich bei einer Depression nicht einfach um eine Krankheit handelt, die man medizinisch so schnell wie möglich ausmerzen kann. Wohl gibt es medizinische Anteile, aber im Grunde geht es um den Verlust einer seelischen Balance. Diese muss vom erkrankten Menschen selber gesucht und wiedergefunden werden. Medikamente und psychologische Unterstützung sind ihm dabei behilflich, können die Krankheit aber nicht «heilen».

Trauer ist voll Leben Persönlich hat mir vor allem die Unterscheidung von Depression und Traurigkeit die Sicht geweitet. «Traurigkeit», so Hell, «ist ein sehr intensives Gefühl und damit voller Leben. Depression ist ein ‹Nieder-gedrücktSein›, ist ‹Winter›, ist ‹Totenstarre›.» Wenn ein Mensch aus dieser Starre langsam wieder erwacht, seien Tränen oft ein Zeichen wiederkehrenden Lebens. Viele Menschen unterscheiden «positive» und «negative» Gefühle. Depressive Menschen führen uns vor Augen, wie wertvoll das ganze Gemütsleben ist, in all seinen Facetten. Eigene Erfahrungen Der Vortrag von Dr. Daniel Hell hat rege Gespräche ausgelöst. Am folgenden Sonntag bot die EMK in Flawil die Möglichkeit, in einem Gottesdienst das Thema noch einmal zu vertiefen. Nach einem einfachen Essen gab es Raum, in geführten Gruppen über das Gehörte auszutauschen und dabei die eigenen Erfahrungen mit ins Gespräch zu bringen. Ein ökumenisches Team plant für das nächste Jahr schon jetzt Folgeanlässe.


ZENTRALKONFERENZ

Konkrete Hilfe: Mustafa Isufi überbringt ein Paket.

Aus der Arbeit der EMK in Albanien

Mit den Menschen unterwegs Von Mustafa Isufi / Urs Schweizer

Es ist ein Segen, mit anderen Menschen unterwegs zu sein, und die kirchliche Arbeit ermöglicht mir und

in Albanien – von den Nöten der Menschen leiten. Viele Menschen haben keine ständige Arbeit, weshalb wir uns als Kirche Gedanken über kleine Projekte gemacht haben.

anderen Mitarbeitenden unserer Kirche viele neue Beziehungen: Einzelne Personen und ganze Familien finden den Weg in die Kirche.

Einige von ihnen bleiben, einige gehen wieder weg. Bei einigen spiegeln sich Lebensfreude, Frieden und Ruhe in den Gesichtern, bei anderen ist es Lebensmüdigkeit, Traurigkeit, Enttäuschung oder Bitterkeit. In dieser Vielfalt von Wünschen, Lebensanschauungen und Erwartungen sehe ich meinen Auftrag als Pastor. Mein Auftrag besteht nicht nur aus der Predigt am Sonntag und aus der Leitung anderer Veranstaltungen, sondern auch aus praktischer Tätigkeit. Was uns leitet Als eine relative junge Kirche haben wir keine langjährige Geschichte, an die wir uns erinnern können. Es gibt auch nur wenige Erfahrungen oder Beispiele, an denen wir unser kirchliches Leben ausrichten können. Ich lasse mich – wie überhaupt die EMK

Was wir tun Ohne lange zu zögern, haben wir ein Heilkräuter- und ein Nähprojekt begonnen, um den Menschen zu helfen, ein etwas grösseres Einkommen für ihre Familien erwirtschaften zu können. Wir haben Musik- und Sprachkurse angeboten, damit Kinder eine Hilfe für ihre weitere Ausbildung erhalten und regelmässigen Austausch miteinander pflegen können. In den verschiedenen kirchlichen Veranstaltungen teilen Menschen ihren Glauben und ihre Lebenserfahrungen, Freude, Glück und Unglück miteinander. Unser Auftrag Wir sehen unseren Auftrag nicht nur in der Kirche, sondern auch in der Gesellschaft. Wir halten unsere Türe offen für besondere Nöte in der Gesellschaft – für die Nöte von Armen, Kranken oder Alleinstehenden beispielsweise. Wir teilen mit ihnen unsere Glaubensfreude und manchmal

auch Lebensmittelpakete oder andere Hilfeleistungen. Wir führen seelsorgerliche Gespräche und nehmen Anteil am Leiden und an schwierigen Situationen der Menschen.   Manchmal gelingt es uns, durch unseren Glauben und durch tätige Liebe, ein kleines Licht der Hoffnung, Ermutigung und Liebe an andere weiterzugeben. Manchmal gelingt uns dies auch nicht. Unabhängig davon bleibt es aber meine Aufgabe, mit Menschen auf ihrem Glaubens- und Lebensweg unterwegs zu sein.

ZUR PERSON Mustafa Isufi (48), Lokalpastor der Gemeinde in Pogradec (Albanien), verheiratet, 2 Kinder. Connexio unterstützt mit der Sammlung für Pastorengehälter in Osteuropa auch die Arbeit in Albanien. EMK in der Schweiz Connexio, 8004 Zürich PC-Konto 87-53056-9 Projekt-Nr. 20012

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CONNEXIO

Impressum Zeitschrift der Evangelisch-metho­distischen Kirche in der Schweiz: Erscheint monatlich Redaktor: Sigmar Friedrich Redaktionsgruppe: Martina Läubli, Michael Schwaller Redaktionsadresse: Kirche und Welt, Postfach 1344, 8026 Zürich Telefon 044 299 30 85 redaktor@emk-schweiz.ch Abonnement: Schweiz: CHF 54.– (für Mitglieder und Freunde der EMK freiwillig) Ausland: CHF 75.– Postcheckkonto: EMK Schweiz, Zeitschrift Kirche und Welt, 8004 Zürich, 80-23018-5 Adressänderung/Abbestellung: Zentralverwaltung EMK Postfach 1344, 8026 Zürich Tel. 044 299 30 80, Fax 044 299 30 89 Mail: zentralverwaltung@emk-schweiz.ch Anzeigenverwaltung: Jordi AG – das Medienhaus Christian Aeschlimann Aemmenmattstrasse 22, 3123 Belp Telefon 031 818 01 25 Telefax 031 819 38 54 E-Mail: inserate.kuw@emk-schweiz.ch Insertionsschluss für 12/2014: 12.11.14 Grafik + Gestaltung: P+S Werbung AG, 8184 Bachenbülach www.pswerbung.ch Druck / Vertrieb: Jordi AG – das Medienhaus, 3123 Belp www.jordibelp.ch Kirche und Welt wird klimaneutral hergestellt: www.preservecreation.ch Bildnachweise: S.1 Dmitry, photoXpress.com S.2 Plaßmann, gemeindebrief.de S.3,7,8,9 KuW S.3 Roland ZH, Wikimedia Commons s.5 Aleksandar Radovanov, photoXpress.com S.8,10–13,16,20,22,23 zVg S.14–15 D.Nussbaumer S.18–19 Bethanien / Architektur ecru ag S.24 DFID, flickr.com

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Kirche und Welt  Nr. 11/2014

Jubiläum der EMK-Mission in Wembo Nyama, DR Kongo

Ein Jahrhundert segensrei Von Daniel Nussbaumer

Das kleine Flugzeug mit fünf Plätzen fliegt über das Dorf und die Landepiste, bevor es zur Landung in Wembo Nyama ansetzt. Als die Maschine still

kurzer Zeit war er mit dem Chef der Region freundschaftlich verbunden, der ihm in der Folge einen grösseren Landstrich überliess. Am 26. August 1914 wurde die Missionsstation Wembo Nyama gegründet.

steht, kommen Kinder und Erwachsene angerannt. Ein grosser Teil des Dorfes ist gekommen, um uns willkommen zu heissen. Erinnerungen an Bilder und Berichte von Missionaren aus meiner Kindheit werden wach.

Vor etwas mehr als 100 Jahren erreichten die ersten Missionare Wembo Nyama. Nicht mit dem Flugzeug, sondern zu Fuss und mit Booten, nach einer mehrwöchigen Reise durch den Busch. Bischof W.R. Lambuth und Dr. J.W. Gilbert waren die ersten ausländischen Besucher. Bischof reist zu Fuss Bischof Lambuth, ein Missionarssohn, wurde 1854 in China geboren. 1910 wurde er zum Bischof der Evangelisch-Methodistischen Kirche gewählt und unternahm bald darauf seine erste Reise in den Kongo. Nach 60 Tagen Fussmarsch erreichte er am 1. Februar 1911 Wembo Nyama. Nach

Vier Tage und Nächte unterwegs Ein Jahrhundert später, am 26. August 2014, lud David Yamba Kekumba, Bischof der Diözese Zentralkongo, ein, die Ankunft der ersten Missionare an jenem Ort zu feiern, der für die ganze Region und deren Einwohner zum Segen geworden ist. Die Feier wurde auf das Ende der Jährlichen Konferenz des Zentralkongo festgelegt, um den ca. 1000 zur Konferenz versammelten Pfarrpersonen und Delegierten die Teilnahme zu ermöglichen. Sie kamen zu Fuss – einige legten in vier Tagen und Nächten mehr als 300 km zurück – aber auch mit dem Fahrrad oder Motorrad. Andere kamen mit dem Flugzeug aus Kinshasa. Leider konnten einige Teilnehmende wegen der Ebola-Epidemie nicht anreisen. Sie führt zu einer zunehmenden Isolation der betroffenen Regionen. Verspätete Feier Die Jubiläumsfeier fand unter freiem


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Jubiläum: Viele kamen von nah und fern zum Jubiläumsfest; unter den Gästen auch Bischof Patrick Streiff (Bild rechts).

che Arbeit Himmel statt. Der auf 10.00 Uhr vorgesehene Beginn musste verschoben werden, da mehrere Besucher aus Kinshasa – darunter ein Minister der Regierung – Verspätung hatten. In Afrika wartet man eben bis alle da sind! Mit einem feierlichen Gottesdienst mit Liedern, Chorgesang und einer Predigt des repräsentierenden Bischofs des Bischofsrats begann mit einigen Stunden Verspätung dann die Feier.   Bischof Yemba sprach in seiner Rede von der Ankunft der ersten Missionare in Wembo Nyama und erläuterte, wie die Missionsstation in weitem Umkreis zum Segen für die Bevölkerung wurde. Tatsächlich hat eine Mehrheit der heutigen Verantwortlichen der EMK im Kongo ihre Ausbildung in Wembo Nyama absolviert! Wieviele Kinder haben wohl im Spital der Missionsstation das Licht der Welt erblickt? Wieviele Männer und Frauen wurden wieder gesund? Noch heute sind Spital und Geburtenabteilung ein Ort der Hoffnung für die Region. Auch von den vielen Herausforderungen, mit denen die Kirche in der heutigen Welt konfrontiert ist, sprach Bischof Yemba und von seiner Hoffnung, dass die Kirche auch in Zu-

kunft die Stimme der Hoffnung durch das Evangelium sein wird. Neun Empfehlungen Eine weitere mit Spannung erwartete Rede war jene des Regierungsmi­ nisters, der in Vertretung von Präsident Kabila dem Jubiläum beiwohnte. Er hatte sie mit dem Präsidenten zusammen vorbereitet. M. Henri Djombo, Forstwirtschaftsminister der DR Kongo, gab neun Empfehlungen weiter – nicht zehn, um nicht in den Verdacht zu geraten, er wolle damit die zehn Gebote ersetzen. Er ermutigte die Kirche, weiterhin wachsam und eine Hoffnung für die Welt zu sein. Weitere Bischöfe der EMK im Kongo, der katholische Bischof von Tshombe sowie Bischof Patrick Streiff ergriffen ebenfalls das Wort. Als Partner verbunden Die EMK im Kongo ist mit der EMK Schweiz-Frankreich-Nordafrika durch eine langjährige Partnerschaft verbunden. Connexio unterstützt seit Jahrzehnten die EMK im Kongo durch die Finanzierung von Projekten und die Aussendung von Missionaren wie beispielsweise Dorothée Buser, Claire Meier sowie aktuell Daria und Roman

Hofer. Anlässlich der 100-Jahr Feier in Wembo Nyama konnte durch eine Spende von Connexio mit dem Bau eines neuen Gebäudes begonnen werden, das in Zukunft als Gästeunterkunft zur Verfügung stehen wird. Die finanzielle Unterstützung weiterer Partner und Spender wird die Vollendung des Baus ermöglichen.

HELFEN SIE MIT! Connexio unterstützt Projekte der Methodistenkirche in der DR Kongo mit jährlich rund CHF 315 000.–. Spenden an PC 87-537056-9, EMK in der Schweiz, Connexio, Zürich, IBAN CH52 0900 0000 8753 7056 9 Weitere Informationen unter: www.connexio.ch

Kirche und Welt  Nr. 11/2014

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UMSCHAU

Verstorben Franz Sager-Pauli (80) Aarau 14.7.2014 Noé Cosandey Uzwil-Flawil 15.7.2014 Lydia Schneider-Krähenbühl (100) EMK Oberemmental 20.7.2014 Elsbeth Jost-Ritter (90) Gelterkinden 30.7.2014 Ernst Marti-Käser (90) Aarau 7.8.2014 Walter Berli (85) Zürich Nord 8.8.2014 Lina Strüby-Ruch (87) Region Zimmerberg 11.8.2014 Frieda Perrenoud-Oehrli (96) Thun 16.8.2014 Ernst Wildi (79) Region Oberaargau 17.8.2014 Hanni Gloor (98) Interlaken 18.8.2014 Bertha Emch (98) Lyss-Aarberg 18.8.2014 Rosa Bachmann-Uhlmann (94) Region Zimmerberg 29.8.2014 Margrit Brunner-Stuber (91) Rhein-Bodensee 2.9.2014

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Andreas Schweizer: «Das Brave und Abgerundete finde ich langweilig.»

Kirche ist immer «seine» Kirche, nie «unsere»

Starkes oder mangelndes Selbstwertgefühl? Von Andreas Schweizer

biger Vielfalt weltweit eine gelebte Einheit sichtbar ist.

In der EMK verwurzelt und beheimatet – eine Tasche voll Erfahrungen mit Gemeinden in der ganzen Welt: daraus erwachsen sehr persönliche Einsichten in und pointierte Anfragen an die EMK.

Mit Fremden beim Kaffee plaudern Seit meiner Geburt bin ich in der EMK zuhause, meine Grosseltern und Eltern waren Mitglieder und legten grossen Wert darauf, dass wir acht Kinder an den Gottesdiensten teilnahmen. Als junger Erwachsener wurde ich bewusst Mitglied der EMK und habe seither aktiv mitgearbeitet. Ich hatte aber auch die Gelegenheit die Welt zu bereisen und auf allen fünf Kontinenten Gottesdienste verschiedener Gemeinden und Denominationen zu besuchen. Bei solchen Besuchen beeindruckt mich sehr, wie fantasievoll Gottesdienste gefeiert werden – und ich staune wie in unendlich far-

Einheit erleben Wenn in Hong Kong eine Chinesin in mitreissenden Worten predigt, und ich zum Schluss komme, dass der Inhalt zuhause genauso rübergekommen wäre, dann erstaunt mich das. Wenn ich nach der Predigt von fremden Leuten zum Kaffee eingeladen werde, und wir miteinander Spass haben und ernst diskutieren können, dann ist auch das Ausdruck gelebter Einheit. Spektrum erweitern Es sicher normal, dass ich zuhause manches fader finde. Und doch frage ich mich, ob’s nicht lebensnaher und lebendiger zu haben sei. Ich fühle mich nicht immer wohl in unseren so präzise formulierten Definitionen. Täusche ich mich, oder ist es so: niemand sonst spricht so oft über «unsere Kirche» wie die EMK. Immer wieder begegne ich diesem Ausdruck, und ich frage mich: Warum haben wir ein so grosses Bedürfnis uns zu defi-


KIRCHE+GESELLSCHAFT

Gedanken zu Kirche und Gesellschaft

Bestechung und Korruption nieren – uns abzugrenzen? Warum erweitern wir das Spektrum nicht und staunen über «seine Kirche»? Teil «seiner» Kirche zu sein ist ein Privileg, «unsere» Kirche zu bauen ist im Grunde hoffnungslos.

«Unsere» Kirche bauen? – Hoffnungslos! Ist dieses «unser» ein Ausdruck starker Identität? Oder ist es mangelndes Selbstwertgefühl? Oder hab ich einfach einen Knacks? Ich weiss es nicht – wirklich nicht. Aber dieses «unser» stösst mir meistens auf und engt mich ein, wenn ich es lese oder höre. Stärken und Schwächen Die EMK ist meine Heimat. Ich bin verbindliches Mitglied. Dennoch lässt mir diese Kirche jede Freiheit. Ich werde zu nichts gezwungen. Ich bin frei, frei in eigener Verantwortung zu leben. Diese Freiheit schätze ich. Sie ist das Beste was mir passieren kann. Mir selber sind jedoch «Floskeln» wie in unserem «Profil» zuhauf formu-

liert, meistens fremd. Sie scheinen mir weder wirklich verständlich noch hilfreich: «von Gottes Güte bewegt, geben wir seine Liebe … weiter». «Seine» Kirche sehen Darum, meine liebe EMK: deine Präzision in der (Selbst-)Definition nervt mich manchmal. Das Brave und Abgerundete finde ich langweilig. Der Blick auf das «Unsere» empfinde ich egoistisch. Ich bin jedoch dankbar für Freiheiten und Raum in deinen Räumen. Unter deinen Menschen fühle ich mich wohl. Deine Predigten sind stärkend und ermutigend. Deine Lieder und deine Musik sind erfrischend. In deinem Umfeld erlebe ich Gott. In dir sehe ich Kirche – «seine Kirche».

ZUR PERSON Andreas Schweizer EMK Bezirk Staffelbach Verheiratet, 2 Kinder, 2 Grosskinder Frisch pensionierter Informatiker

Korruption kann man als Machtmissbrauch aus Eigennutz verstehen. Diese Definition ist einfach. Die Bibel verurteilt Korruption: Jesaja beschreibt eine gerechte Person als eine, deren Leben durch Wahrhaftigkeit geprägt ist und die nicht nur Korruption ablehnt, sondern sich auch weigert, in Vorhaben involviert zu werden, welche andere Menschen missbrauchen könnten (Jes 33,15).   Jedoch in bestimmten Fällen wird es schwieriger. Wann wird aus einem Geschenk ein Bestechungsmittel? Wo wird aus der Unterstützung der Familie Vetternwirtschaft? Wann wird aus einer Spende an eine politische Kampagne ein illegitimer Einfluss auf das politische System? Wann wird aus dem Schutz der rechtmässigen Vertraulichkeit eines Bankkunden die Teilhabe an Betrug?   John Wesley brauchte eine einfache Formel, um solche Praktiken zu beurteilen: entsprechen sie der Gerechtigkeit, der Barmherzigkeit und der Wahrheit? Wenn wir unsere Macht gebrauchen, gebrauchen wir sie, um Gerechtigkeit zu erwirken – besonders für die, die machtlos und ausgeschlossen sind? Gebrauchen wir unsere Macht im Dienst der Barmherzigkeit, die das Gute jener befördern möchte, die leiden, und nicht zum Nutzen der Wohlhabenden? Stimmt unser Machtausübung mit der Wahrheit überein oder dient sie dem Betrug? David Field

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SELBSTÄNDIGE WERKE

Zuhause auf Zeit: Power2be Bethanien in Kaltenbach, TG, bietet ein stabiles Umfeld zum Wohlfühlen.

Power2be Bethanien begleitet Frauen zurück in die Selbständigkeit

Wenn die Waage den Alltag bestimmt Von Nadja Kröner

Sie zählen Kalorien, hungern sich fast zu Tode und nehmen sich dennoch als dick wahr: Frauen mit Essstörungen leiden an einer schweren Krankheit. Mit Power2be Bethanien schafft die Diakonie Bethanien ein Angebot, das Frauen auf ihrem Hei-

Apfel mit, beim Mittagessen zählt sie die Kalorien. Und wirklich: Sie nimmt ab. Von Sarah und anderen Klassenkameraden wird dies bewundernd bemerkt.

Das hat mich völlig aus dem Rhythmus gebracht

lungsweg unterstützt. Gleichzeitig können sie ihren Verpflichtungen im Alltag nachgehen.

«Wenn ich so fett wäre wie du, würde ich bestimmt nicht so enge Hosen anziehen.» Das hat gesessen. Karin* ist wie erstarrt. Die 14-jährige blickt ihre Klassenkameradin Sarah an, die ihr diesen Satz ins Gesicht schleuderte. Zuhause beginnt sie zu grübeln. Hat Sarah etwa recht? Ist sie zu fett? Um die Oberschenkel spannt die Hose schon etwas...   Zum ersten Mal macht sich Karin Gedanken über ihr Aussehen. Vielleicht sollte sie wirklich ein bisschen abnehmen. Sie beginnt darauf zu achten, was sie isst. Anstelle eines Pausenbrotes nimmt sie nur noch einen

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Der Weg in die Krankheit Karin ist heute 18 Jahre alt und eine der Bewohnerinnen im Power2be Bethanien. Sie erzählt: «Dieser eine Spruch hat mich völlig aus dem Rhythmus gebracht. Das war der Beginn meiner Magersucht.» Das schwache Selbstwertgefühl und das labile Gleichgewicht der pubertierenden Karin brachen ein. «Ich versuchte, immer weniger zu essen. Die Waage bestimmte meinen ganzen Alltag. Hatte ich 500 Gramm abgenommen, war ich überglücklich. Hatte ich zugenommen, war ich am Boden zerstört.» Karin beginnt intensiv Sport zu treiben. Gleichzeitig isst sie noch weniger. Die weitere Gewichtsabnahme bestätigt sie in ihrem Vorhaben. «Ich hatte das

Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben. Zum ersten Mal entschied ich allein in meinem Leben.» Angehörige sind oft hilflos Inzwischen wiegt Karin noch 46 kg bei einer Grösse vom 1.68 m. Die Kleider schlabbern, sie zittert oft vor Kälte. Ihre Menstruation bleibt aus. Im Unterricht ist sie häufig unkonzentriert und sehr müde.   Karins Eltern machen sich Gedanken und sprechen Karin auf ihr Gewicht an. Diese reagiert wütend und weist ihre Eltern schroff zurück. «Ich beharrte darauf, alles im Griff zu haben», erzählt Karin heute. «Ich wollte stark, unabhängig und unantastbar sein».   Als Karin mit 40kg zusammenbricht, erfolgt der erste stationäre Klinikaufenthalt. Dort stabilisiert sich ihr Gewicht, ihre Gedanken jedoch drehen sich nach wie vor nur ums Essen. Inzwischen ist sie 17 Jahre alt und im zweiten Lehrjahr. Der Druck ist gross. Sie will alles möglichst gut machen. Mit den Eltern kann sie sich nicht über ihre Ängste unterhalten.


SELBSTÄNDIGE WERKE

«Das Einzige, was ich unter Kontrolle hatte, war mein Gewicht», berichtet Karin. Während sie tagsüber ihrer Arbeit nachkommt und eine Struktur hat, werden die Abende, an denen sie alleine ist, zunehmend schwieriger. Die wöchentlichen Sitzungen beim Therapeuten reichen nicht mehr aus. Karin droht wieder in die Krise zu stürzen. Da macht sie ihr Psychologe auf ein neues Angebot aufmerksam: Power2be Bethanien. Das therapeutischen Wohnen in Kaltenbach im Kanton Thurgau fängt Frauen auf, die im Alltag noch gut «funktionieren», aber in der Freizeit Unterstützung brauchen.

talisation. Sie brauchen eine auf sie spezialisierte Begleitung, die sie gleichzeitig in der Verwirklichung ihrer Lebensziele unterstützt. Gerade die jungen Frauen wollen ihre Matur machen und ihre Ausbildung vorantreiben».   Karin geht tagsüber ihrer Lehre nach. Am Abend kommt sie ins Power2be Bethanien, wo sie ein Zimmer bewohnt. Jeden Abend kocht eine Kochgruppe, alle zwei Tage ist Karin eingeteilt. Gemeinsam mit den Betreuerinnen und den anderen Bewohnerinnen isst sie. Die Betreuerinnen schöpfen momentan ihre Portionen, bis sie sicherer geworden ist.

ich Gespräche mit meiner Bezugsperson und kann über meine Ziele, aber auch meine Ängste und Sorgen sprechen.»   In der begleitenden externen Psychotherapie lernt Karin, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen und dass es andere Möglichkeiten gibt, sich abzugrenzen und ein eigenes Ich zu entwickeln, als über eine Essstörung. Die ländliche Gegend und die Natur in Kaltenbach unterstützen sie dabei, Ruhe zu finden. Noch braucht sie die Begleitung durch Power2be Bethanien. Schon bald aber wird sie sich auf ihren Austritt und auf ein selbständiges Leben vorbereiten.

Ich kann über meine Ziele und Ängste sprechen

Den Austritt vorbereiten Besonders wichtig ist die Betreuung nach dem Essen. «Ich fühle mich dick und denke dauernd übers Essen nach», erklärt Karin. «Genau in diesem Moment aber bin ich nicht alleine. Am Abend gibt es gemeinsame Aktivitäten mit den anderen Frauen, so dass ich wieder lerne, meine Freizeit anders zu gestalten, als übers Essen nachzudenken. Wöchentlich habe

*Name geändert

Ausbildung dennoch beenden «Patientinnen wie Karin sind typisch», erklärt Dr. Erika Toman, Psychologin und therapeutische Leitung von Power2be Bethanien. «Sie benötigen mehr als nur ambulante Massnahmen, aber weniger als eine Hospi-

MEHR ERFAHREN Weitere Informationen zu Power2be Bethanien: www.bethanien.ch

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UMSCHAU

Dankbar: Im kleinen Kreis feierten die Schwestern das Jubiläum.

10 Jahre Home Bethesda Strasbourg

Partnerschaft im Dienst am Menschen Von Heinrich Bolleter, Bischof i.R.

Die «Congrégation des Soeurs de Bethesda» in Strasbourg ist seit 10 Jahren selbständig unterwegs mit der Vision Menschen zu dienen durch das Gebet für andere und durch ein offenes Haus der Begegnung.

Im Herbst 2004 feierten 12 Diakonissen vom Bethesda Strasbourg den Einzug in ihr neues «Heim» am Quai Zorn in Strasbourg. Zuvor hatten sie die Diakonissen entschieden, sich aus der Association Diaconat Bethesda rechtlich heraus zu lösen und eine eigene Congrégation zu gründen. Sie haben sich aus der Klinik zurückgezogen und die Vision eines neuen Dienstes am Mitmenschen begonnen. Das war ein mutiger Schritt angesichts des fortgeschrittenen Alters der Diakonissen. Ein neues Daheim Das Gebäude hat eine eigene Geschichte. 1894 wurde es als Heim für pensionierte Lehrerinnen gebaut. Im Jahr 2000 wurde es von der Stadt den

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Schwestern des Bethesda vermacht. Es gehört heute der Congrégation der Schwestern und wurde mithilfe der «Mutter», dem Bethesda Wuppertal, und der «Tochter», dem Bethesda Basel, und anderen Donatoren in ein wunderschönes Heim umgebaut. Nun leben die Schwestern schuldenfrei in diesem Haus, was ihnen ermöglicht, dort ihren Lebensabend zu verbringen. Im kleinen Kreis In einer Feier mit einigen Freund/innen haben die Schwestern am 11. Oktober des 10-jährigen Jubiläums gedacht. Heute, nach 10 Jahren, sind es noch acht Schwestern, die unterdessen alle auch älter geworden sind. Die Hoffnung, dass sich erneut jüngere Frauen der Congrégation anschliessen würden, hat sich bisher nicht erfüllt. Tragende Gemeinschaft Das neue Heim, das die Schwestern vor 10 Jahren bezogen, sollte nicht nur als Wohnhaus für sie selbst dienen. Es bot und bietet auch Raum für

Gäste: kleine Studios, Gästezimmer, eine Kapelle und eine Bibliothek. Frauen, die mit dem Europäischen Rat in Verbindung stehen, oder zum Beispiel Teilnehmer an einer Ikonenmalschule sowie viele andere Gäste haben seither die Gastfreundschaft des Hauses genossen. Menschen, die vorübergehend eine Zeit der Erholung brauchten, waren froh, wenn sie am Tisch mit den Schwestern essen und auch mit ihrer Unterstützung rechnen konnten. Solche Kurzaufenthalte in einem familiären Rahmen und mit einem spirituellen Angebot sind gefragt. Seit dem Einzug der Schwestern im Home hat sich dort auch das Angebot der «Traversée» etabliert, einer Gruppe von Laien, die Menschen in kritischen Lebenssituationen begleitet. Solche Partnerschaft im Dienst am Mitmenschen ist für die Schwestern wichtig.


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INSERATE LESEDEGUSTATIONEN

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BILDUNG + BERATUNG

Neue Mitglieder Die nachfolgenden Personen sind neu «bekennende Glieder» der EMK. In einem Gottesdienst haben sie sich öffentlich zu ihrem Glauben bekannt und unterstützen die EMK in ihrem Dienst und Auftrag. am 11.5.2014 Gelterkinden Michi Herzig An Bord: Der Katamaran bei einem Zwischenhalt in Mali Lošinj, Kroatien.

am 3.8.2014 Romanshorn Anita Schafroth Jonathan Ringli Dominik Schuler

Miteinander neu Fahrt aufnehmen

«Ehe auf Kurs» Von Gisbert Dörr

29. Mai 2014, ein Donnerstag. Der Hafen von Zadar in Kroatien. Am Pier liegt ein Katamaran der Extraklasse

fer. Ein so toller Erfolg verlangt nach einer Wiederholung. Die nächsten zwei Törns im Frühling 2015 sind bereits geplant und auf der Homepage ausgeschrieben.

am 24.8.2014 Windisch-Brugg Jan Mlekusch am 24.8.2014 Winterthur Franziska Jolanda Lüthard

klar zum Auslaufen. Fünf Ehepaare haben ihr Gepäck an Bord gebracht und ihre Kajüten bezogen. Für die nächsten zehn Tage werden sie die Inselwelt Kroatiens und ihr Miteinander in der Partnerschaft erkunden.

Mit Ehepaaren unterwegs zu sein, ist für die Initianten des Segeltörns ein grosses Anliegen. Marcel und Sandy Stählin engagieren sich seit vielen Jahren in der Ehearbeit ihrer Gemeinde. Sie leiten dort ein 20-köpfiges Eheberatungsteam. Gisbert und Anke Dörr sammeln Erfahrung in der Ehevorbereitung und Eheseelsorge. Begeisternde Idee Bei einem gemeinsamen Segelausflug entdeckten sie die gemeinsame Leidenschaft fürs Segeln und die Ehe. Schnell war klar, dass hier etwas Neues am Entstehen ist. «Ehe-auf-Kurs» war geboren. Begeistert machten sie sich an die Umsetzung ihrer Idee. So wurde im Frühling 2014 der erste Segeltörn in Kroatien durchgeführt. Ein Volltref-

Mit an Bord Als Mitarbeiter der Zentralverwaltung der EMK ist Gisbert Dörr in der EMK bekannt. Das Projekt gefällt auch Andreas Benz, Leiter von Bildung+Beratung. So entsteht der Gedanke, das Projekt auch in der EMK bekannt zu machen.   Lieben Sie die Arbeit mit Ehepaaren und wollen Sie frischen Wind in Ihre Gemeinden bringen? Oder wollen Sie als Ehepaar einen neuen Kurs in Ihr gemeinsames Leben bringen? Dann sprechen Sie uns an! Besondere Vorkenntnisse vom Segeln sind nicht nötig.

ICH BIN DABEI! Interessiert? Dann melden sie sich bei Anke und Gisbert Dörr: gisbert.doerr@gmx.net oder bei Sandy und Marcel Stählin, coaching@ehe-auf-kurs.ch Weitere Informationen: www.ehe-auf-kurs.ch

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Teilhaben an der Mission Gottes

«Miriam» in einem fremden Land Von Üllas Tankler

Dieses Mädchen – ich kenne ihren Namen nicht, aber nennen wir sie Miriam – hatte nie eine Missionsschule besucht. Aber die Art und Weise, wie sie an Gottes Mission teilgenommen hat, ist für mich zutiefst bewundernswert.

Dr. Üllas Tankler ist Europasekretär der weltweiten Missionsbehörde der United Methodist Church

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Miriams Geschichte war keine glückliche. Sie wurde von Soldaten aus ihrer Heimat verschleppt und wurde Teil der Beute. Jetzt war sie das, was man heute eine «Migrantin» nennt – allerdings gegen ihren Willen. Sie wollte ihre Heimat nicht verlassen. Sie hatte keinen Grund zu glauben, das Leben sei irgendwo anders besser. Sie gehörte zu denen, die nicht nach ihrem Willen und ihren Wünschen gefragt werden.   In dem ihr fremden Land, in dem sie schliesslich landete, wurde sie Dienerin der Frau eines Generals. Bald bemerkte sie, dass auf dem Familienleben ein dunkler Schatten lag. Der Hausherr war todkrank. Es gab keine Aussicht auf Heilung für ihn. Alles war darauf angelegt, immer schlimmer zu werden.   Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich jetzt annehmen, dass Miriam tief in ihrem Herzen dachte, dass es dem General recht geschehe. Recht für einen Mann, dessen Solda-

ten Miriams Haus geplündert und sie von ihrer Familie weggerissen hatten.   Doch erstaunlicherweise dachte Miriam überhaupt nicht so. Stattdessen wusste sie, dass sie einen gnädigen, allmächtigen Gott kannte. Mit grossem Ernst erzählte sie ihrer Herrin von einem Mann Gottes in ihrer Heimat, der den General heilen könnte. Sie schätzte nicht ab, ob der General es wert war, geheilt zu werden. Sie behauptete nicht, sie selbst könne heilen. Sie bestand nicht darauf, dass ihr Gott besser sei als andere Götter.   Das Einzige, was sie tat, war, auf den Gott zu verweisen, dem sie zutraute, dem Todkranken zu helfen. Und sie teilte diese Überzeugung mit den fremden Menschen, denen sie als Sklavin dienen musste. Es muss etwas gegeben haben in ihrem Leben, das dazu führte, dass ihre Worte ernst genommen wurden.   Wir haben nie wieder etwas von Miriam gehört. Aber ihr bescheidenes Zeugnis hat eine ganze Reihe von Ereignissen ausgelöst, in die sogar Könige eingebunden waren. Zwar stieg kurzzeitig die Kriegsgefahr zwischen zwei Ländern an, aber am Ende zeigte sich, dass es wahr war, was das kleine Mädchen glaubte.   Und nicht zuletzt gab sie ihr Zeugnis in Syrien ab – wie uns die Bibel im zweiten Buch der Könige (2. Könige 5) berichtet.


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