StBp Die Steuerliche Betriebsprüfung, Leseprobe

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63.Jahrgang

Mai 2023

Seiten 141–176

www.StBpdigital.de

Die steuerliche Betriebsprüfung StBp

Fachmedium für die Wirtschafts- und Prüfungspraxis

HERAUSGEBER

Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG

FACHBEIRAT

Max Amrein

Wilfried Apitz

Prof. Dr. Carmen Bachmann

Michael Bär

Andreas Bauhöfer

Prof. Dr. Peter Bilsdorfer

Prof. Jürgen Brandt

Dr. Jochen Claussen

Stefan Eymann

Dr. Hans-Hermann Heidner

Dr. Christina Hildebrand

Roland Köhler

Priv.-Doz. Dr. Lutz Lammers

Dr. Anke Morsch

Prof. Bernd Neufang

Philip Nürnberg

Dr. Florian Oppel

Dr. Ulrich Pflaum

Dr. Philipp Redeker

Prof. Dr. Matthias Reich

Dr. Jan Christoph Schumann

Anna Vogel

Andreas Wähnert

Lars Wargowske

AUFSÄTZE

Andreas Bauhöfer, Eppingen Der gläserne Konzern

Michael Brinkmann, Werl

Die überhöhte Verzinsung konzerninterner Darlehen

Thomas Rennar, Hannover

Digitales Arbeiten durch Remote Work & Co.

Dieter Schulze zur Wiesche, Nordkirchen

Die Personengesellschaften in der Rechtsprechung des BFH in 2021/2022

Detlef Pieske-Kontny, Berlin

Neuere Entscheidungen zur verdeckten Gewinnausschüttung

RECHTSPRECHUNG

BFH, 08.09.2022 – V R 26/21

Unternehmerische Tätigkeit bei nur gelegentlichem Erwerb von Pkw

(Anm. Hans-Hermann Heidner)

BFH, 29.09.2022 – V R 29/20

Unternehmerische Tätigkeit bei langfristiger Vermietung eines Pkw an freiberufich tätigen Ehegatten

(Anm. Hans-Hermann Heidner)

978350310785 21019
05.
23

DiesteuerlicheBetriebsprüfung

Fachmediumfürdie

Wirtschafts-undPrüfungspraxis

Inhalt

EDITORIAL

AUFSÄTZE

StBp

WilfriedApitz,Sundern

AndreasBauhöfer,Eppingen

05.23

63.Jahrgang

Seiten141–176

RECHTSPRECHUNG

(https://www.StBpdigital.de)

BUCHBESPRECHUNG

DergläserneKonzern–ZurzunehmendenBedeutungdesCountry-by-CountryReporting__________________142 MichaelBrinkmann,Werl

DieüberhöhteVerzinsungkonzerninternerDarlehen–Teil1_________________________________________________________________147

ThomasRennar,Hannover

DigitalesArbeitendurchRemoteWork&Co.–GesetzgeberischeNeuerungenzuhybridenArbeitsplatzgestaltungenimDigitalzeitalter derBetriebsprüfung______________________________________________________151

DieterSchulzezurWiesche,Nordkirchen

DiePersonengesellschafteninderRechtsprechungdesBFHin2021/2022–Teil1_________________________________________________________________156

DetlefPieske-Kontny,Berlin

NeuereEntscheidungenzurverdecktenGewinnausschüttung–Teil2_________________________________________________________________162

BFH,08.09.2022–VR 26/21

UnternehmerischeTätigkeitbeinurgelegentlichemErwerbvonPkw (Anm.Hans-HermannHeidner) _____________________________________________167

BFH,29.09.2022–VR 29/20

UnternehmerischeTätigkeitbeilangfristigerVermietungeinesPkwanfreiberuflich tätigenEhegatten

(Anm.Hans-HermannHeidner) _____________________________________________169

BFH,30.11.2022–VIIIR13/19

PflegegeldfürdieintensivpädagogischeBetreuunginEinrichtungeni.S.des §34SGBVIII

(Anm.JürgenBrandt) _____________________________________________________173

StefanDanielLittnanski,Berlin

Schön/Starck,ZukunftsfragendesSteuerrechtsIV______________________________176

978350310785
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DigitalesArbeitendurchRemote Work&Co.

GesetzgeberischeNeuerungenzuhybridenArbeitsplatzgestaltungenimDigitalzeitalterderBetriebsprüfung

ThomasRennar,Hannover*

SpätestensseitdemAusbruchderCorona-Pandemiein2020habenhybrideArbeitsplatzgestaltungen, auchbekanntalsRemote-Work&Co.eineerheblicheRolleimArbeitsmarkteingenommen.Der GesetzgeberhatdiepraktischeRelevanzerkanntunddurchdasJahressteuergesetz2022weitere steuerlicheAbzugsmöglichkeitenzurBerücksichtigungdereinzelfallabhängigenMehraufwendungen geschaffen.AuchdieBetriebsprüfungprofitierthierbeivomfortgeschrittenenDigitalzeitalter.Der nachfolgendeBeitraggibteinenpraktischenÜberblicküberdiegesetzgeberischenNeuerungen.

I.AusgangslageimDigitalzeitalterder Außenprüfung

WieaktuellestatistischeAuswertungenbelegen,hatsicheinregelrechter„Remote-Work-Boom“spätestensseitdemAusbruch derCorona-Krisein2020eingestellt.DieCorona-Krisestellt hierbeieineInitialzündungzurNutzunghybriderArbeitsplatzmethodenmiteinemNutzungsanteilvonbereitsca.27%währenddeserstenCorona-LockdownsimApril2020dar.Betroffen sindnatürlichnurüberwiegendderartigeBranchen,inwelchen diephysischeNutzungeinergewerblichenInfrastrukturkeine tragendeGesamtrolleeinnimmt.DiesesistgeradeimDigitalzeitalterderBetriebsprüfungfürdieVerwaltungs-&Beratungsindustriepraktischbedeutsam.

DasDigitalzeitalterprägtdiesteuerlicheAußenprüfungmittlerweilemaßgebend.GegenstandderAußenprüfungsindhierbei dienachaußersteuerlichenundsteuerlichenVorschriftenaufzeichnungspflichtigenunddienach§147Abs.1AOaufbewahrungspflichtigenUnterlagen.Hierfürsindinsbesondere:

–dieDatenderFinanzbuchhaltung, –derAnlagenbuchhaltung, –derLohnbuchhaltungund

–allerVor-undNebensysteme, dieaufzeichnungs-undaufbewahrungspflichtigenUnterlagen enthalten,fürdenDatenzugriffbereitzustellen.DieArtderAußenprüfungisthierbeiunerheblich.NebendenDatenmüssen insbesondereauchdieTeilederVerfahrensdokumentationauf VerlangenzurVerfügunggestelltwerdenkönnen,dieeinenvollständigenSystemüberblickermöglichenundfürdasVerständnis desDV-Systemserforderlichsind.DazugehörtaucheinÜberblicküberalleimDV-SystemvorhandenenInformationen,die aufzeichnungs-undaufbewahrungspflichtigeUnterlagenbetreffen. DieseAngabensinderforderlich,damitdieFinanzverwaltung dasdurchdenSteuerpflichtigenausgeübteErstqualifikationsrechtprüfenundAufbereitungenfürdieDatenträgerüberlassung erstellenkann.SoweitinBereichendesUnternehmensbetrieblicheAbläufemitHilfeeinesDV-Systemsabgebildetwerden,sind diebetroffenenDV-SystemedurchdenSteuerpflichtigenzu identifizieren,diedarinenthaltenenDatennachMaßgabeder außersteuerlichenundsteuerlichenAufzeichnungs-undAufbewahrungspflichtenzuqualifizieren1 undfürdenDatenzugriffin

geeigneterWeisevorzuhalten.BeiunzutreffenderQualifizierung vonDatenkanndieFinanzbehördeimRahmenihrespflichtgemäßenErmessensverlangen,dassderSteuerpflichtigedenDatenzugriffaufdiesenachaußersteuerlichenundsteuerlichen Vorschriftentatsächlichaufgezeichnetenundaufbewahrten Datennachträglichermöglicht.DerSteuerpflichtigehatdieFinanzbehördebeiAusübungihresRechtsaufDatenzugriffzuunterstützen.2 DabeientstehendeKostenhatderSteuerpflichtigezu tragen.3

II.GesetzgeberischerHandlungsbedarf4

1.Arbeitsplatzverlagerung

AufwendungenfürdieWohnungderSteuerpflichtigensind grundsätzlichnichtalsBetriebsausgabenoderWerbungskosten abziehbar,weilsiedieLebensführungderSteuerpflichtigenauch dannbetreffen,wennsiedenBerufoderdieTätigkeitderSteuerpflichtigenfördern.5 DieertragsteuerlicheRegelungdes§4 Abs.5Satz1Nr.6bEStGsiehtbishervondiesemgrundsätzlich bestehendenAbzugsverboteineAusnahmefürdieFällevor,in denenSteuerpflichtigeeindemTypusbegriffentsprechendesArbeitszimmernutzen,sodasseineeindeutigeTrennungvonprivat undbetrieblichoderberuflichveranlasstemAufwandmöglich ist.IndiesemFallkönnendieSteuerpflichtigendieAufwendungendannabziehen,wennderMittelpunktdergesamtenbetrieblichenundberuflichenBetätigungimhäuslichenArbeitszimmer liegt6 oderwenndenSteuerpflichtigenkeinandererArbeitsplatz zurVerfügungsteht.7 DiesgiltüberdieRegelungdes§9Abs.5 Satz1EStGauchfürdenWerbungskostenabzug.

DieCorona-PandemiehatvielfacheineVerlagerungderbetrieblichenoderberuflichenBetätigungindiehäuslicheWoh-

*Dipl.Finanzwirt(FH) ThomasRennar istSeniorTaxManagerimHeadquarterEuropeeinesinternationalenIT-Tech-Unternehmens.

1Sog.Erstqualifizierung.

2Vgl.§200Abs.1AO. 3Vgl.§147Abs.6S.3AO;BMF,Schreibenv.28.11.2019–IVA4–S0316/19/10003:001,m.w.N.ZurtechnischenVerfahrensdokumentation alswirksamerTeildesTax-CMS,siehe Rennar,StuB2022,737.

4Vgl.hierzudetailliertbereitsRegEzumJStG2022.

5Vgl.§12Nr.1EStG. 6AbzuginvollerHöhe. 7Abzugbiszu1.250EuroimWirtschafts-oderKalenderjahr.

978350310785 Rennar,DigitalesArbeitendurchRemoteWork&Co. 151 StBp 05.23
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Abb.:NutzunghybriderArbeitsplatzmethoden

Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1204173/umfrage/befragungzur-homeoffice-nutzung-in-der-corona-pandemie/(abgerufenam14.02.2023) nungerforderlichgemacht,unabhängigdavon,obdieSteuerpflichtigendieMöglichkeithatten,ihrebetriebliche/berufliche SphärevonderprivatenSphäredurchdieEinrichtungeinesdem TypusbegriffdeshäuslichenArbeitszimmersentsprechenden Raumeszutrennen.DiesesbetrifftauchdieinderBetriebsprüfungtätigenAmtsträgerimfortgeschrittenenDigitalzeitalter.Zur AbmilderungderAuswirkungenausdieserTätigkeitsverlagerung undderBerücksichtigungderdamitverbundenen(Mehr)AufwendungenwurdebereitsfürdieJahre2020bis2021diesog. „Homeoffice-Pauschale“eingeführt,diemitdemViertenCoronaSteuerhilfegesetzzwischenzeitigbiszum31.12.2022verlängert wurde.DiecoronabedingteLösungderbetrieblichenundberuflichenBetätigungvoneinemfestenArbeitsplatzhatzueinerallgemeinenFlexibilisierungderArbeitsweltundmehrMobilität geführt.ZudemistesausökologischenGründendasZiel,unnötigeFahrtenzurArbeitundzusätzlichenArbeitsrauminder häuslichenWohnungzuvermeiden.AufderanderenSeitesoll diesteuerlicheBerücksichtigungeineshäuslichenArbeitsplatzes auchnichtmehrandieEinrichtungeinesArbeitszimmersin einemabgegrenztenRaumgekoppeltsein,sodasswertvoller Wohnraumletztlichaucheffektivundbedarfsgerechtgenutzt werdenkann.

EineVielzahlderSteuerpflichtigenkannsichdieEinrichtung einesdemTypusbegriffentsprechendenhäuslichenArbeitszimmersfinanziellnichtleisten;dahersollauchdieserPersonenkreis künftigeinenTeilderAufwendungenfürdiebetrieblicheoder beruflicheNutzungderWohnungabziehenkönnen.UmalldiesenAnforderungengerechtwerdenzukönnen,wurdediesteuerlicheAbziehbarkeitderAufwendungenfürdiebetrieblicheoder beruflicheTätigkeitinderhäuslichenWohnungalsBetriebsausgabenoderWerbungskosteninsgesamtneugeregelt.AufwendungenfürdiebetrieblicheoderberuflicheBetätigunginder häuslichenWohnungumfassenhierbeialleAufwendungenfür diehäuslicheWohnung.8 NichtumfasstsindhingegenAufwendungenfürArbeitsmittel9 undweitereWirtschaftsgüter,dieder AusübungderbetrieblichenundberuflichenBetätigunginder häuslichenWohnungdienen.DerAbzugdieserAufwendungen

richtetsichnachdenallgemeinenGrundsätzenderBerücksichtigungvonBetriebsausgabenoderWerbungskosten.10

2.NovellierungdurchdasJStG2022

a)BerücksichtigungeineshäuslichenArbeitszimmers (1)Allgemeines–§9Abs.5S.1i.V.m.§4Abs.5Satz1Nr.6bEStG n.F.

AufwendungenfüreinhäuslichesArbeitszimmersind–wieauch bisher–grundsätzlichnichtalsBetriebsausgabenabziehbar. Steuerpflichtige,diehingegeneindemTypusbegriffentsprechendeshäuslichesArbeitszimmernutzenunddenendauerhaft keinandererArbeitsplatzzurVerfügungsteht,könnenihreAufwendungenweiterhinalsBetriebsausgabenoderWerbungskostenabziehen.DerbisherbestehendeHöchstbetragvon 1.250EurowirdineinenPauschbetragingleicherHöheumgewandelt.11 DamitkanndasBesteuerungsverfahrenwesentlich vereinfachtundBürokratieabgebautwerden,weildieindividuellenAufwendungennichtmehrermitteltundüberprüftwerden müssen.ÜbenSteuerpflichtigehierbeiverschiedenebetriebliche oderberuflicheTätigkeitenausundsinddieVoraussetzungen fürdenAbzugdersog.Jahrespauschalejeweilserfüllt,istdie JahrespauschaleaufdieverschiedenenTätigkeitenaufzuteilen. DerBetragwirdnichttätigkeitsbezogenvervielfacht,sondern insgesamtnureinmalgewährt.DerAbzugderJahrespauschale, diefürdiegesamtebetrieblicheundberuflicheBetätigunggewährtwird,giltinsoweitauchfürdieAufwendungenfürweitere betrieblicheoderberuflicheTätigkeiten

DieRechtsprechunggehtauchimDigitalzeitalterderBetriebsprüfungdavonaus,dassdashäuslicheArbeitszimmereinesBundesbetriebsprüfersohneArbeitsplatzinseinerDienststelle,deran 180TagenimJahrimAußendiensttätigistundlediglichan

8Z.B.Mietaufwendungen,dieAbsetzungfürAbnutzung,Schuldzinsen,EnergiekostenundderenAusstattung,etc.

9Z.B.BüromöbeloderPC-Ausstattung.

10ZuBrennpunktensteuerlicherBetriebsprüfungeninInbound-&OutboundFällensiehe Rennar,IWB2022,S.853.

11Sog.Jahrespauschale.

978350310785 152 StBp 05.23 Rennar,DigitalesArbeitendurchRemoteWork&Co. 30% 25% 20% 15% 10% 5% vor der CoronaKrise 0% April 2020 (erster Lockdown) Juni 2020 Dezember 2020Januar 2021 November 2020 (Lockdown light) April 2020 (erster Lockdown) • 27% 4% 27% 16% 14% 17% 24%
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DiePersonengesellschaftenin derRechtsprechungdesBFH in2021/2022

Teil1

DieterSchulzezurWiesche,Nordkirchen*

VorliegenderBeitragbehandeltdieRechtsprechungdesBFHzurErtragbesteuerungderPersonengesellschaften(mitAusnahmederEinbringungs-undUmwandlungsfälle).

I.Einleitung

ImabgelaufenenJahrsindkeinegrundlegendenEntscheidungen gefallen,wasdieMitunternehmerschaftbetrifft.Zuerwähnen sinddieEntscheidungenzurRückabwicklungeinesBeteiligungserwerbes1,zuRechtsgeschäfteneinerKGmiteinemGesellschafterhinsichtlichKiesabbauverträgen2,zurBeteiligungeines GesellschaftersaneinerKomplementär-GmbHalsSonderbetriebsvermögenII3 undzurRealteilungeinerZahnarztpraxis4

II.StilleGesellschaftalsInnengesellschaft

SteuerlicheAnerkennungeinerInnengesellschaft bürgerlichenRechts:BFHv.23.11.2021–VIIIR17/19

ZahnarztZräumtseinenbeidenKindernandenEinkünftenseinerZahnarztpraxiseinestilleBeteiligungein.Erbehandeltedie GewinnbeteiligungderKinderalsBetriebsausgaben.

EinzwischendemAngehörigeneinesfreienBerufsundseinemminderjährigenKindzivilrechtlichwirksamgeschlossenes, alsstilleGesellschaftbezeichnetesGesellschaftsverhältnisführt –daesaneinemHandelsgewerbei.S.des§230HGBfehlt–zur EntstehungeinerInnengesellschaftbürgerlichenRechts,die einerstillenGesellschafteinkommensteuerlichgleichsteht.Eine solcheInnengesellschaftbürgerlichenRechtszwischennahen Angehörigenkannsteuerlichauchdannanerkanntwerden, wenndieBeteiligungoderdiezumErwerbderBeteiligungaufzuwendendenMitteldemindieGesellschaftaufgenommenen Angehörigenunentgeltlichzugewendetwordensind.Voraussetzungistjedoch,dassdieVereinbarungeneinemFremdvergleich standhalten.

Einem Fremdvergleich haltenGestaltungenstand,wennsiezivilrechtlichwirksamsind,inhaltlichdemunterfremdenDritten ÜblichenentsprechenundauchwieunterfremdenDrittenvollzogenwerden.

BeiderPrüfungderFrage,obdergeschlosseneVertragwie zwischenfremdenDrittenvollzogenwird,kommtinsbesondere derUmsetzungbzw.demVollzugderEinlagebestimmungen,den GewinnbeteiligungsregelungenundderBeachtungderInformations-undKontrollrechteBedeutungzu.

Gewinnbeteiligungen,diederGeschäftsinhaberandenGesellschaftereinerInnengesellschaftzahlt,sindnachdenGrundsätzenderstillenGesellschaftalsBetriebsausgabenabzugsfähig, wenndieBegründungderInnengesellschaftbetrieblichveranlasstist.5 Voraussetzunghierfürist,dassdieAufwendungen durchdenBetriebveranlasstsind.EinesolcheVeranlassungist

gegeben,wenndieAufwendungenobjektivmitdemBetriebzusammenhängenundsubjektivdemBetriebzudienenbestimmt sind.6

VoneinerbetrieblichenVeranlassungkannbeieinemVertrag zwischennahenAngehörigenüberdieGründungeinerInnengesellschaft–ebensowiebeisonstigenVertragsverhältnissen–nachständigerRechtsprechungdesBFHnurausgegangenwerden,wenndieVereinbarungzivilrechtlichwirksamist,inhaltlich demunterfremdenDrittenÜblichenentsprichtundauchwie unterDrittenvollzogenwird.7 DassdurcheinenFremdvergleich beiVermögenszuwendungenzwischennahestehendenPersonen dasVorliegenvonBetriebsausgaben(§4Abs.4EStG)sachgerechtvonnichtabziehbarenKostenderLebensführung(§12 Nr.1EStG)abgegrenztwerdensoll,istverfassungsrechtlichnicht zubeanstanden.8

FürdieBeurteilung,obVerträgezwischennahenAngehörigendurchdieEinkunftserzielung(§4Abs.4,§9Abs.1EStG) veranlasstoderaberdurchprivateZuwendungs-oderUnterhaltsüberlegungen(§12Nrn.1und2EStG)motiviertsind,ist dieGesamtheitderobjektivenGegebenheitenmaßgebend.9 Zwar istweiterhinVoraussetzung,dassdievertraglichenHauptpflichtenklarundeindeutigvereinbartsindsowieentsprechenddem Vereinbartendurchgeführtwerden.Jedochschließtnichtmehr jedegeringfügigeAbweichungeinzelnerSachverhaltsmerkmale vomÜblichendiesteuerrechtlicheAnerkennungdesVertragsverhältnissesaus.VielmehrsindeinzelneKriteriendesFremdvergleichsimRahmendergebotenen Gesamtbetrachtung unter

*Prof.Dr. DieterSchulzezurWiesche warRechtsanwaltundSteuerberaterin Nordkirchen.

1BFHv.19.07.2022–IXR18/20.

2BFHv.01.09.2022–IVR25/19.

3BFHv.21.12.2021–IVR15/19.

4BFHv.23.11.2021–VIIIR14/19.

5Vgl.zurstillenUnterbeteiligungBFHv.07.11.2018–IVR20/16, BStBl.II2019,224.

6ZumBsp.BFHv.14.05.2003–XR 14/99,BFH/NV2003,1547m.w.N.

7Vgl.BFHv.14.05.2003–XR 14/99,BFH/NV2003,1547;BFH

v.31.05.1989–IIIR91/87,BStBl.II1990,10;BFHv.21.02.1991–IVR35/89,BStBl.II1995,449.

8Vgl.z.BVerfGv.27.11.2002–2BvR483/00,HöchstrichterlicheFinanzrechtsprechung2003,171undBFHv.10.10.2018–XR44-45/17, BStBl.II2019,203.

9DiesgiltseitderNeuausrichtungderhöchstrichterlichenRechtsprechungim AnschlussanBVerfGv.07.11.1995–2BvR802/90,BStBl.II1996,34 unterB.I.2.

978350310785 156 StBp 05.23 SchulzezurWiesche,RechtsprechungzurPersonengesellschaft
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demGesichtspunktzuwürdigen,obsiedenRückschlussaufeine privatveranlassteVereinbarungzulassen.10

GesellschaftsverträgezwischennahenAngehörigenkönnen nachderRechtsprechungdesBFHauchdannanerkanntwerden, wenndieBeteiligungoderdiezumErwerbderBeteiligungaufzuwendendenMitteldemindieGesellschaftaufgenommenen Angehörigenunentgeltlichzugewendetwordensind.Diesgilt abernurunterderVoraussetzung,dassdievorgenanntenBedingungenfürdieAnerkennungerfülltsind.11

DeminhaltlichenFremdvergleichhaltenzwischenElternund KindernabgeschlosseneVerträgeübereineInnengesellschaft stand,wenndemKindnachdemGesellschaftsvertragundden ergänzendengesetzlichenVorschriftenwenigstensannäherungsweisediejenigenRechteeingeräumtwerden,dieimVergleich einemstillenGesellschafternachdemRegelstatutder§§230ff. HGBtypischerweisezukommen.12 EinschränkungendieserRechte,insbesonderehinsichtlichderGewinnauszahlung,derKontroll-undInformationsrechteoderaberderKündigungsmöglichkeiten13 können–jenachAusgestaltung–ebensozur NichtanerkennungderInnengesellschaftführenwieWiderrufsoderRückfallklauseln.14 ImRahmendersteuerlichenGesamtwürdigungkönnenauchdieMotive,diezurGründungderGesellschaftgeführthaben,berücksichtigtwerden.DiesgiltinsbesondereimZusammenhangmitderWürdigungeinzelner,die RechteeinesbeteiligtenKindesbeschränkenderVertragsbestimmungen.15

BeiderPrüfungderFrage,obdergeschlosseneVertragwie zwischenfremdenDrittenvollzogenwird,kommtinsbesondere derUmsetzungbzw.demVollzugderEinlagebestimmungen,den GewinnbeteiligungsregelungenundderBeachtungderInformations-undKontrollrechteBedeutungzu.IndiesemZusammenhangkannauchderTatsache,dassdiebeteiligtenKinderminderjährigsind,Bedeutungbeizumessensein.Übtausschließlich derUnternehmerselbstdiedemminderjährigenKindzustehendenInformations-undKontrollrechteaus,istdiesimRahmen derGesamtwürdigungebensozuberücksichtigenwiedieTatsache,dassderUnternehmerdieaufeinKontodesminderjährigen KindesüberwiesenenGewinnbeteiligungennichtwiefremdes, sondernwieeigenesVermögenverwaltet(vgl.hiezudieGrundsätzezurZurechnungvonEinkünftenausKapitalanlagen,die unentgeltlichminderjährigenKindernübertragenwurden16).

III.SteuerlicheBehandlungdergewerblichen Personengesellschaften

1.SchadenersatzrechtlicheRückabwicklungdesErwerbs einerKommanditbeteiligung:BFHv.19.07.2022–

IXR18/20

AhattesichameinemImmobilienfondsbeteiligtunddenErwerb imRahmenvonSchadensersatzprozessenrückabgewickelt.Die ProzesskostenmachteralsWerbungskostenbeidenEinkünften ausVermietungundVerpachtunggeltend.

ErstatteteinePersonengesellschaftihremGesellschafterim ZugederschadenersatzrechtlichenRückabwicklungdesBeteiligungserwerbsseineEinlage,handeltessichbeimGesellschafter ertragsteuerrechtlichumeinenVorgangaufderVermögensebene,derbeiihmnichtzusteuerbarenEinnahmenführt.Unerheblichist,wiedieGesellschaftdieursprünglicheEinlageleistung verwendethat.17

KostenfüreinenZivilprozessundvorgerichtlicheRechtsverfolgungskostenteilenals Folgekosten dieeinkommensteuerrechtlicheQualifikationderAufwendungen,dieGegenstanddesProzesseswaren;siekönnenWerbungskostensein,wennder

GegenstanddesProzessesmitderEinkunftsartzusammenhängt, inderenRahmendieAufwendungengeltendgemachtwerden. GehtesindemRechtsstreitummöglicheEinnahmen(oderden ErsatzvonAufwendungen)desSteuerpflichtigen,sinddieProzesskostenbeiderEinkunftsartalsWerbungskostenabziehbar, beiderdieerstrebtenEinnahmenzuerfassenwären.

Aufwendungen,diedemZweckdienen,sichauseinergescheitertenInvestitionzulösen,könnenalsWerbungskostennur abgezogenwerden,soweitessichumvorabentstandenevergeblicheAufwendungen(sog. Aufgabeaufwendungen)handelt.18

WandeltsichdasursprünglicheAnschaffungsgeschäftinein Rückgewährschuldverhältnisundwirddeshalbeineunmittelbare odermittelbareBeteiligunganeinerPersonengesellschaft(z.B. imWegedesSchadenersatzes)rückabgewickelt,wirdderAnteil steuerrechtlichnichtveräußert.DieRückübertragungderzuvor erworbenenRechtsstellungstelltdannkeinenmarktoffenbaren Vorgang,sondernnureinennotwendigenTeilaktimRahmender zivilrechtlichenRückabwicklungdar.19

DiezivilrechtlicheRückabwicklungdesBeteiligungserwerbs aneinerPersonengesellschaftwirktsteuerlichnichtzurück.Sie verändertinsbesonderenichtdiepersönlicheZurechnungdergemeinschaftlicherzieltenEinkünftemitWirkungfürdieVergangenheit;diesewerdendemGesellschafterbiszuseinemAusscheidenausderGesellschaftpersönlichzugerechnet.Insofern kommtesaufdenZeitpunktdesVollzugsderRückabwicklung (RückübertragungderBeteiligungZugumZuggegenErstattung derjeweilsempfangenenGeldleistungen)an.DerGesellschafter wirdnurschadenersatzrechtlich,alsovermögensmäßigsogestellt,alshätteersichniemalsanderGesellschaftbeteiligt.Die Gesellschafterstellungentfälltabernichtrückwirkend.Sieistder fortbestehendeGrundfürdieanteiligepersönlicheZurechnung dergemeinschaftlicherzieltenEinkünfte.VordiesemHintergrundbestehtschonimAusgangspunktkeineVeranlassung, demGesellschafter,derseineBeteiligungrückabwickelt/rückabwickelnmöchte,dieErgebnisseseinerBeteiligungauswirtschaftlichenGründen(ganzoderteilweise)nichtzubelassen.

DieanteiligepersönlicheZurechnungdergemeinschaftlich erzieltenEinkünfteistgrundsätzlichnichtdavonabhängig,dass derGesellschafterseineEinlageerbrachthat.DieEinlageleistung istbeimGesellschaftereinVorgangaufderVermögensebene. DerumgekehrteVorgang(ErstattungderEinlagedurchdieGe-

10Vgl.z.B.BFHv.28.10.2020–XR 1/19,BStBl.II2021,283;BFH

v.12.05.2016–IVR27/13,BFH/NV2016,1559;BFHv.17.07.2014–IVR52/11,BFHE246,349;BFHv.14.05.2003–XR 14/99,BFH/NV 2003,1547,seitderNeuausrichtungderhöchstrichterlichenRechtsprechung imAnschlussandenBVerfGm.w.N.

11Vgl.z.B.BFHv.12.05.2016–IVR27/13,BFH/NV2016,1559undBFH v.17.07.2014–IVR52/11,BFHE246,349.

12Vgl.z.B.BFHv.14.05.2003–XR 14/99,BFH/NV2003,1547m.w.N. 13Vgl.z.B.BFHv.14.05.2003–XR 14/99,BFH/NV2003,1547;BFH v.25.09.1969–IVR179/68,BStBl.II1970,114;BFHv.22.01.1970–IVR178/68,BStBl.II1970,416;BFHv.21.02.1991–IVR35/89, BStBl.II1995,449;BFHv.31.05.1989–IIIR91/87,BStBl.II1990,10; vgl.auch Buge inHerrmann/Heuer/Raupach,Stand:314.Lfg.Oktober2022, ,§20EStGRn.169m.w.N.; Fleischer/Thierfeld,StilleGesellschaftimSteuerrecht,9.Aufl.2016,S.65Rn.2.6.3.jeweilsm.w.N.

14Vgl.z.B.BFHv.27.01.1994–IVR114/91,BStBl.II1994,635;BFH v.16.05.1989–VIIIR196/84,BStBl.II1989,877m.w.N.Danachsind auchdann,wenndieBeteiligungdemAngehörigenzivilrechtlichwirksam unentgeltlichzugewendetwordenist,dieimRahmenderSchenkunggetroffenenBestimmungenindieGesamtwürdigungeinzubeziehen,wenndiese EinschränkungenderGesellschafterrechtezurFolgehaben.

15Vgl.BFHv.14.05.2003–XR 14/99,BFH/NV2003,1547,unterII.4.a. 16ZumBsp.BFHv.03.03.2016–VIIIB25/14,BFH/NV2016,1021. 17AbgrenzungvonBGHv.11.02.2014–IIZR276/12,BGHZ200,51; DStR2014,602.

18BestätigungderSenatsrechtsprechung.

19Vgl.z.B.BFHv.16.06.2015–IXR21/14,BFH/NV2015.

978350310785 SchulzezurWiesche,RechtsprechungzurPersonengesellschaft 157 StBp 05.23
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