Waldentwicklungsplan 2018+ HERRSCHAFT/PRÄTTIGAU/DAVOS

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Waldentwicklungsplan 2018+ HERRSCHAFT/PRÄTTIGAU/DAVOS

Amt für Wald und Naturgefahren Uffizi da guaud e privels da la natira Ufficio foreste e pericoli naturali

www.wald-naturgefahren.gr.ch


IMPRESSUM

HERAUSGEBER/REDAKTION

Amt für Wald und Naturgefahren, Chur EXTERNE PROJEKTBEGLEITUNG

Bap Ingenieurbüro, Summaprada Gadola Naturgefahren Wald Umwelt, Rabius N. Pitsch, Forsting., Ftan Silvaing GmbH, Ilanz FOTOS

Amt für Wald und Naturgefahren, GESTALTUNG

Stilecht, Visuelle Kommunikation, Chur DRUCK

Digitalis Print GmbH, Chur Genehmigt vom Regierungsrat am:. xx.xx. 2018 Inkrafttreten: xx.xx. 2018

Bezug Der WEP kann als pdf unter www.wald-naturgefahren.gr.ch heruntergeladen werden. Die Karten sind auf dem Geoportal des Kantons www.egeo.gr.ch als Mapservice einsehbar. Kontakt und Auskunft Amt für Wald und Naturgefahren, Loestrasse14, 7000 Chur Mail: info@awn.gr.ch, Tel.: +41 (0)81 257 38 61

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Vorwort

« Bündner Wald – vielseitig, nachhaltig, klimafit» Dieser Leitsatz steht am Anfang des Leitbildes unseres neuen Waldentwicklungs­ plans (WEP) und stand am Anfang unseres Planungsprozesses. Der Wald ist Allgemeingut und in unserem Kanton allgegenwärtig. Unser Multitalent Wald sichert durch seinen Schutz das Leben, birgt eine grosse Artenvielfalt, ist Arbeits­ platz und Erholungsraum. Wir müssen diese Leistungen möglichst nachhaltig – das heisst möglichst lange und ausgewogen – sichern. Das bedeutet auch unter anderem, dass wir uns mit den Herausforderungen des Klimawandels befassen müssen. So viele und so hohe Ansprüche können nur erfüllt werden, wenn sie aufeinander abgestimmt werden und wenn allfällige Konflikte antizipiert werden können. Das ist Gegenstand bzw. Sinn und Zweck der Waldentwicklungsplanung. Abgestützt auf ein konkretes Leitbild werden im Rahmen von sieben Objekt­ blättern übergeordnete Handlungsanweisungen für das Erreichen der erwarteten ökologischen, ökonomischen und sozialen Leistungen erarbeitet. Der vorliegende Waldentwicklungsplan bildet eine moderne, aktuelle Planung mit einer klaren Richtschnur für das Handeln im Bündner Wald, im Sinne und in Nachachtung des gesetzlichen Auftrages. Reto Hefti KANTONSFÖRSTER

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INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort 3

Einleitung 6 1. Zielsetzung, Rechtsgrundlagen, Bedeutung 6 2. Sachliche und räumliche Abgrenzung, Koordination mit Raumplanung

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3. Planungsinhalt und -ablauf

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Leitbild

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1. Situation im Bündner Wald

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2. Umfeld

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3. Folgerungen

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4. Allgemeine Ziele und übergeordnete Strategien

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OBJEKTBLATT

Schutzwald

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1 . Situation

20

2. Allgemeine Ziele und Strategien

25

3. Spezielle Objekte

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4 . Koordination 31

OBJEKTBLATT

Holznutzung

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1. Situation

38

2. Allgemeine Ziele und Strategien

43

3. Koordination

44

OBJEKTBLATT

4

Natur und Landschaft

49

1. Situation

50

2. Allgemeine Ziele und Strategien

59

3. Spezielle Objekte

62

4. Koordination

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OBJEKTBLATT

Erholung und Tourismus

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1. Situation

76

2. Allgemeine Ziele und Strategien

79

3. Koordination

84

OBJEKTBLATT

Weidwald

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1. Situation

88

2. Allgemeine Ziele und Strategien

90

3. Spezielle Objekte

92

4. Koordination

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OBJEKTBLATT

Wald-Wild-Jagd

99

1. Situation

100

2. Allgemeine Ziele und Strategien

111

3. Koordination

114

OBJEKTBLATT

Erschliessung

119

1. Situation

120

2. Allgemeine Ziele und Strategien

125

3. Spezielle Objekte

126

4. Koordination

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Quellen 130

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Einleitung 1. Zielsetzung, Rechtsgrundlagen, Bedeutung Zielsetzung Der Waldentwicklungsplan (WEP) sichert die vielfältigen öffentlichen Interessen am Wald und sorgt für dessen langfristig nachhaltige Nutzung. Der WEP besteht aus einem Leitbild und sieben thematisch unterteilten Objektblättern (OB). Die OB beinhalten die aus öffentlicher Sicht zu erbringenden Waldleistungen, welche untereinander koordiniert werden. Der WEP ist das planerische Führungsinstrument des kantonalen Forstdienstes. Es bezweckt die zielgerichtete und effiziente Steuerung der Waldbewirtschaftung.

Rechtsgrundlage Die Ausarbeitung des WEP stützt sich auf Art. 36 – 38 des Kantonalen Waldgesetzes (KWaG). Er wird durch den kantonalen Forstdienst realisiert. Die Gemeinden und die kantonalen Amtsstellen sowie die betroffenen Waldeigentümer und die Öffentlichkeit können ihre Anliegen im Mitwirkungs-, Vernehmlassungs- und Auflageverfahren einbringen.

Bedeutung Die im WEP festgelegten Planungsergebnisse sind innerhalb des Waldareals für die kantonalen und kommunalen Behörden verbindlich. Vorbehalten bleiben die dem raumplanerischen Verfahren unterstellten Vorhaben.

2. Sachliche und räumliche Abgrenzung, Koordination mit Raumplanung Sachliche und räumliche Abgrenzung Der WEP regelt und koordiniert die verschiedenartigen Nutzungen und Leistungen des Waldes. Er berücksichtigt Aktivitäten ausserhalb des Waldes nur dann, wenn sie sich massgeblich auf den Wald und die Waldbewirtschaftung auswirken. Die in den Plänen des WEP dargestellten Waldgrenzen dienen der Orientierung und haben keine rechtliche Auswirkung. Rechtsverbindliche Waldgrenzen werden durch das Waldfeststellungsverfahren festgelegt.

Koordination mit der Raumplanung Regelungen der Raumplanung sind nicht Bestandteil des WEP. Gebiete und Zonen aus der kantonalen Richtplanung, den regionalen Richtplänen und den Nutzungsplänen der Gemeinden werden in den OB soweit berücksichtigt, als sie konkrete Auswirkungen auf die Waldbewirtschaftung haben. Vorgaben aus der Raumplanung, welche für die Waldbewirtschaftung nicht spezifisch genug umschrieben sind, werden im WEP konkretisiert. Nutzungszonen, die einer Rodungsbewilligung bedürfen, werden in der Raumplanung festgelegt. Sie werden im WEP nicht thematisiert.

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3. Planungsinhalt und -ablauf Planungsinhalt Der WEP besteht aus einem Leitbild und sieben Objektblättern. Das Leitbild enthält die allgemeinen Grundsätze für das Handeln im Wald. In den Objektblättern werden die zu erbringenden Waldleistungen festgehalten und koordiniert. Für jede Waldleistung werden jeweils die allgemeinen Ziele und Strategien sowie die objektspezifischen Ziele und Massnahmen festgehalten. Konflikte werden aufgezeigt und Koordinationsmassnahmen festgehalten.

Planungsablauf Das Amt für Wald und Naturgefahren erarbeitet aufgrund der vorhandenen Grundlagen und den Ansprüchen an den Wald einen Planungsentwurf. Für einzelne Themen werden kantonale Ämter beigezogen (Amt für Natur und Umwelt, Amt für Jagd und Fischerei, Amt für Landwirtschaft und Geoinformation, Amt für Raumentwicklung). Der Entwurf wird zur Vernehmlassung den Gemeinden, den kantonalen Ämtern, den betroffenen kantonalen Verbänden und Vereinigungen sowie der Öffentlichkeit unterbreitet. Die Vernehmlassungsergebnisse werden vom Amt für Wald und Naturgefahren ausgewertet. Der überarbeitete WEP wird in den Gemeinden anschliessend öffentlich aufgelegt. Die Vorschläge und Einwendungen werden im Rahmen des Genehmigungsverfahrens behandelt. Abschliessend wird der WEP den betroffenen Gemeinden zur Beschlussfassung unterbreitet und danach der Regierung zur Genehmigung vorgelegt.

Überarbeitung/Revision Wer ein Interesse nachweist, kann eine Überarbeitung des WEP beim Amt für Wald und Naturgefahren beantragen. Dieses prüft den Antrag und leitet gegebenenfalls das Verfahren zur Überarbeitung des Plans ein. Geringfügige Änderungen kann das Amt für Wald und Naturgefahren selbstständig durchführen. Die betroffene Gemeinde ist vorgängig anzuhören.

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Leitbild Im Leitbild werden die übergeordneten Ziele für die Entwicklung des Bündner Waldes und die Waldbewirtschaftung im Bündner Wald formuliert. Diese dienen als Wegweiser für die Entwicklung des vorliegenden Waldentwicklungsplanes und für alle Tätigkeiten im Bündner Wald.

Bündner Wald – vielseitig, nachhaltig, klimafit Der Bündner Wald – schützt nachhaltig gegen Naturgefahren, – produziert Holz und andere Naturprodukte, – garantiert Biodiversität und Lebensraum, – bietet Raum für Erholung, – ist den Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel gewachsen. Bündner Waldbewirtschaftung – zielorientiert, effizient, überprüfbar Die Bündner Waldbewirtschaftung – orientiert sich an klaren Zielen, – setzt die Mittel dort ein wo am meisten Wirkung erzielt werden kann, – kann auf deren Zielerreichung hin überprüft werden, – passt sich an veränderte Rahmenbedingungen an.

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LEITBILD

Heutige Situation 1. Situation im Bündner Wald 1.1 Waldfläche Im Kanton Graubünden ist gemäss Landesforstinventar (LFI) 30% der Fläche mit Wald (inkl. Gebüschwald) bedeckt. Dies entspricht ca. 209 800 ha (davon 24 600 ha Gebüschwald). Die Waldfläche nimmt weiterhin leicht zu, in den letzten 30 Jahren im Durchschnitt um 1400 ha pro Jahr. In der Periode zwischen 2006 und 2013 ist die Zunahme jedoch nicht mehr so hoch wie in den Perioden davor. Eine vertiefte Analyse der Waldflächenveränderung von 1985 bis 2006 zeigt, dass – in der untersten Höhenstufe mehrheitlich keine oder eine geringe Waldflächenzunahme stattfindet. – in den höheren Lagen die Waldfläche im ganzen Kanton zunimmt.

1.2 Waldaufbau Nicht nur die Waldfläche nimmt zu, sondern auch der Holzvorrat hat zwischen 2006 und 2013 weiter zugenommen, um über drei Prozent (plus 11 m3/ha) auf aktuell 345 m3/ha. Seit 1985 (LFI1) ist der Vorrat um knapp 50 m3/ha angestiegen. Die Holzvorräte befinden sich für die meisten Höhenstufen noch knapp im Rahmen der Modellwerte. Im subalpinen Fichtenwald und in den Lärchen-Arvenwäldern sind die angestrebten Maximalwerte überschritten. Das Waldbild in Graubünden wird nur von wenigen Baumarten geprägt. Die mit Abstand wichtigste Baumart ist dabei die Fichte, die vorratsmässig einen Anteil von 64% und stammzahlmässig von 56% innehat. Alle anderen Baumarten weisen kantonsweit einen Stammzahlanteil von weniger als 10% auf, können lokal aber trotzdem eine wichtige Rolle spielen. Die Stammzahl gemäss LFI4b liegt bei 474 Stk./ha und setzt sich zusammen aus 20% Laubbäumen und 80% Nadelbäumen. Während aus wirtschaftlicher Sicht den Hauptbaumarten eine grosse Bedeutung zukommt, interessieren aus ökologischer Sicht Verbreitung und Häufigkeit von seltenen Arten. Insgesamt kommen 28 Laub- und 8 Nadelbaumarten vor. Die Waldverjüngung ist ein Kriterium, welches für die nachhaltige Erbringung von Waldfunktionen von grösster Wichtigkeit ist. Sie gewährleistet, dass nach dem natürlichen Absterben oder der menschlichen Nutzung derjenigen Bäume, die heute für Schutz sorgen, die nächste Baumgeneration deren Funktion übernimmt. Die Sicherung der nächsten Waldgeneration ist die wichtigste waldbauliche Arbeit. Nur durch einen ausreichend hohen Jungwaldanteil ist gewährleistet, dass die Waldleistungen flächendeckend und ohne zeitlichen Unterbruch erbracht werden können. Die Verjüngungssituation ist heute in weiten Teilen des Bündner Waldes unbefriedigend. Dafür sind zum einen forstliche Gründe zu nennen (d.h. zu dichte, vorratsreiche Wälder), zum anderen verzögern resp. verhindern gebietsweise überhöhte Schalenwildbestände die natürliche Waldverjüngung. Insbesondere die natürliche Verjüngung der Weisstanne ist heute praktisch in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet ohne Wildschadenverhütungsmassnahmen nicht möglich. Oft ist auch eine Kombination verschiedener Faktoren (z.B. schwierige Standortsbedingungen an einem trockenen Südhang und gleichzeitig wichtiges Wintereinstandsgebiet) für die Verjüngungsprobleme verantwortlich.

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LEITBILD

1.3 Waldleistungen Schutz vor Naturgefahren Die gesellschaftlichen Ansprüche an den Schutz vor Naturgefahren haben in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen. Die Gründe dafür liegen in der zunehmenden Ausdehnung und Intensivierung der menschlichen Nutzungen und dem dadurch wachsenden Schadenpotential. Zudem führt die globale Klimaerwärmung zu häufigeren und/oder intensiveren Ereignissen auch an bisher als sicher beurteilten Orten. Mit der Entwicklung des integralen Risikomanagements wurde erkannt, dass der Schutzwald vielerorts eine effiziente Schutzmassnahme darstellt und als biologische Schutzmassnahme grundsätzlich gleich bedeutend ist wie planerische, bauliche und organisatorische Schutzmassnahmen (PLANAT 2004). Der Schutz vor Naturgefahren hat sich dadurch zur wichtigsten Aufgabe des Bündner Waldes entwickelt. Vorbeugende Schutzmassnahmen spielen im integralen Risikomanagement eine tragende Rolle. Deren Wirksamkeit kann aber nur dann angemessen berücksichtigt werden, wenn die Zusammenhänge bekannt sind und quantifiziert werden können. Mit dem Projekt Protect Bio steht heute eine Methodik zur Verfügung um die Wirkung von Schutzwäldern zu beurteilen (Wasser und Perren 2014).

Schutzwald Als Schutzwald wird ein Wald definiert, der ein anerkanntes Schadenpotenzial gegen eine bestehende Naturgefahr schützen oder die damit verbundenen Risiken reduzieren kann (Losey und Wehrli 2013). Im Kanton Graubünden sind rund 120 000 ha als Schutzwald ausgeschieden (61% der Waldfläche, ohne Gebüschwald). Dieser schützt einen grossen Teil der Verkehrsverbindungen im Kanton und jedes zweite dauernd bewohnte Haus. Alle Schutzwälder werden nach den Grundsätzen der Wegleitung für Pflegemassnahmen in Wäldern mit Schutzfunktion Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald (Frehner et al. 2005/09) bewirtschaftet. Damit wird eine effiziente und nachhaltige Waldpflege gewährleistet. In den vergangenen zehn Jahren konnte die Schutzwaldpflege dank der finanziellen Unterstützung durch Bund und Kanton intensiviert werden. Pro Jahr wurden durchschnittlich 2700 ha gepflegt. Mit dieser Intensität würde es 45 Jahre dauern bis die gesamte Schutzwaldfläche mindestens einmal gepflegt bzw. behandelt wäre. Notwendig wäre eine durchschnittliche Wiederkehrdauer von rund 35 Jahren.

Holznutzung Holz ist einer der wichtigsten Rohstoffe, welche Graubünden produziert. Die Holznutzung lag in den letzten 5 Jahren bei rund 400 000 m³, das nutzbare Potenzial liegt bei rund 600 000 m³. Die Holznutzung ist heute auf vielen Standorten aus rein ökonomischer Sicht nicht zu begründen. Es wird jedoch als sinnvoll erachtet, das Produkt Holz als Koppelprodukt der Schutzwaldpflege zu nutzen und zu verwerten. Aus diesem Grund resp. dank finanzieller Beiträge von Bund und Kanton konnte in den letzten 10 Jahren eine Erhöhung der Holznutzung realisiert werden. Knapp 70% der genutzten Holzmenge fallen als Koppelprodukt in der Schutzwaldpflege an und 10% aus der Pflege von Biodiversitätsflächen. Mit dem ausdrücklichen Ziel der Holzproduktion wird nur 20% der Holzmenge genutzt.

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LEITBILD

Natur und Landschaft Unsere Gesellschaft schätzt den Wald als natürlichen Lebensraum einer vielfältigen Flora und Fauna und als Element der Landschaft hoch. Im Rahmen der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung hat diese Wertschätzung im Laufe der letzten Jahrzehnte zugenommen. Rund 40% aller in der Schweiz vorkommenden geschätzten 64 000 Arten leben im Wald. Er bietet Lebensraum für rund die Hälfte aller etwa 3600 Arten von Pflanzen, Tiere und Pilze, welche in der Schweiz prioritär geschützt und gefördert werden sollen. Im Wald finden sich eine Vielzahl verschiedenster Strukturen und ökologischer Nischen auf kleiner Fläche. So besteht ein Wald aus vielen Kleinlebensräumen, die organisch zusammenwirken, aber jeder für sich eine eigene Welt von Pflanzen- und Tierarten beherbergt und ernährt. Die grossen topografischen, klimatischen und geologischen Unterschiede in Graubünden bewirken zudem eine grosse Vielfalt von Waldstandorttypen. Diese unterscheiden sich nicht nur in der Zusammensetzung der Baumarten, sondern auch im Spektrum der Pflanzenarten in der Kraut- und Strauchschicht. Dies ist wiederum die Grundlage für eine grosse Vielfalt an Tierarten. Der Wald ist mit einem Flächenanteil von rund 30% ein prägendes Element der Landschaft. Durch das Einwachsen von bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen, dem Höhersteigen der oberen Waldgrenze und der Begradigung von Landschaftselementen besteht eine gewisse Gefahr, dass die Vielfalt an landschaftlichen Elementen verringert wird.

Erholung und Tourismus Der Tourismus ist in Graubünden ein sehr wichtiger Wirtschaftszweig. 30% der kantonalen Bruttowertschöpfung wird direkt oder indirekt durch den Tourismus erwirtschaftet. Der Wald ist ein wichtiger Faktor für den Tourismus in Graubünden. Gleichzeitig ist er auch ein bedeutender Aufenthaltsraum für die lokale Bevölkerung. Der Wald wird entsprechend rege genutzt. Im Vordergrund stehen die bekannten klassischen Aktivitäten wie Wandern, Spazieren, Laufen, Pilze sammeln, Picknicken und so weiter. Zunehmend wird der Wald aber auch für zahlreiche, teils neu aufkommende Sportaktivitäten genutzt. Vor allem Trendsportarten oder allgemein Outdoor-Trends werden auch im Lebensraum Wald durchgeführt. Künftig wird angenommen, dass noch mehr Personen Sport in der freien Natur, speziell im Wald, treiben möchten. Die Nutzungsintensität dürfte daher generell in Zukunft steigen. Die Herausforderung für die Waldbewirtschaftung liegt darin, sowohl die Ansprüche der Ruhesuchenden als auch der Abenteurer im Wald zu erfüllen und dies so, dass die Walderhaltung nicht gefährdet ist.

Weidwald Die Beweidung im Wald hat im Kanton Graubünden eine lange Tradition. Dabei handelt es sich um eine Mischnutzung, welche das Ziel verfolgt, nebst den forstlichen Produkten (Schutz­leistung, Holz, Wohlfahrt) auch landwirtschaftliche Produkte (Futter für das Vieh) zu gewinnen. Die Weidepraxis wie auch die Verhältnisse der weidenden Tierarten haben sich während den letzten eineinhalb Jahrhunderten wesentlich verändert. Heute werden ungefähr 20% der gesamten Waldfläche (ohne Gebüschwald) beweidet, was einer Fläche von rund 35 000 ha entspricht. 12

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LEITBILD

Nachteilige Auswirkungen der Beweidung können sein: Beeinträchtigung der Verjüngung, Wurzelverletzungen, Entmischung der Baumarten, Bodenverdichtungen, Auflichtung von Beständen, Erhöhung der Erosionsanfälligkeit. Dies muss insbesondere im Schutzwald verhindert werden. Eine etwas differenziertere Betrachtung der Problematik zeigt aber, dass die Waldbeweidung auch aus forstlicher Sicht nicht überall grundsätzlich als nachteilig bezeichnet werden muss. Es gibt zahlreiche Beispiele für Waldflächen im Kanton Graubünden, auf denen die Waldbeweidung die übrigen auf diesen Flächen zu erbringenden Waldleistungen nicht beeinträchtigt, und diese teilweise sogar positiv beeinflusst (z.B. Landschaftsbild, Biodiversität).

Wald-Wild-Jagd Das Ökosystem Wald ist ein offenes Gefüge von Wechselwirkungen zwischen der belebten und unbelebten Natur, das in ständiger Verbindung zum Offenland steht. Es ist einer der wichtigsten Lebensräume für zahlreiche wildlebende Säugetiere und Vögel. Im Gegensatz zur Kulturlandschaft bietet der Wald den Tieren mehr Ruhe, eine bessere Deckung und insbesondere während dem Winter ein vielfältigeres Nahrungsangebot. Ideale Lebensbedingungen herrschen dort vor, wo der Wald in einem Mosaik mit Offenland ergänzt wird. Der Wald als eines der artenreichsten Biotope ist in Graubünden in vielen Regionen sehr naturnah aufgebaut. Für das Schalenwild ist der Wald ein wichtiger Teil des Lebensraums. Vor allem Reh- und Rotwild sowie Wildschweine verbringen einen grossen Teil ihres Lebens im Wald, verlassen diesen aber vorwiegend für die Futteraufnahme. Der Lebensraum von Gämsen und Steinwild erstreckt sich vom Wald bis weit über die Baumgrenze. Da das Schalenwild ein natürliches Element des Ökosystems Wald ist, wird ein gewisser Einfluss des Wildes auf die Waldverjüngung ausdrücklich toleriert. Örtlich zu hohe Wildbestände werden für den Wald jedoch kritisch, sobald diese einen negativen Einfluss auf die erforderlichen Waldfunktionen ausüben. Der Forstdienst im Kanton Graubünden setzt sich mit Massnahmen zur Lebensraumverbesserung und Waldrandaufwertung für den Erhalt und die Verbesserung des Wildlebensraumes Wald ein.

Erschliessung Waldstrassen sind eine unerlässliche Grundlage für alle mit der Nutzung und Pflege verbundenen Transportvorgänge. Sie gewährleisten die Zugänglichkeit zu den Beständen und ermöglichen die Aufarbeitung und Lagerung des geernteten Holzes. Ohne ein angepasstes und sinnvoll ausgebautes Waldwegsystem ist die effiziente Pflege der Schutzwälder und der Unter­halt von Schutzbauten nicht möglich. Rund 38% der Waldfläche im Kanton Graubünden sind heute genügend erschlossen, 35% bedingt genügend und 27% sind ungenügend erschlossen. Knapp ²⁄³ der ungenügend erschlossenen Waldflächen liegen im Schutzwald. Nebst der Nutzung für die Wald- und Schutzbautenbewirtschaftung profitieren auch die Landwirtschaft, die Erholungssuchenden, der Tourismus und die Jagd von einem gut ausgebauten Waldstrassennetz. Es ist letztlich auch eine unabdingbare Voraussetzung für eine wirksame Waldbrandbekämpfung. Waldentwicklungsplan 2018+ | 21. 06. 2017

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LEITBILD

1.5 Betriebsstrukturen und ökonomische Situation In Graubünden gibt es rund 100 öffentliche Forstbetriebe mit über 400 ganzjährig Beschäftigten. Die zahlreichen Forstunternehmungen bieten nochmals rund 250 Arbeitsplätze an. Die Stärke der Forstwirtschaft sind die vielen ganzjährigen Arbeitsplätze, welche dezentral über den ganzen Kanton verteilt sind und damit einiges zum Überleben der peripheren Regionen beitragen. Die wirtschaftliche Situation der Forstbetriebe ist nicht sehr erfreulich. Die Mehrheit der Forstbetriebe schreibt seit den 1990er-Jahren Verluste. Dies ist hauptsächlich auf die massiv gesunkenen Holzpreise zurückzuführen. Die sinkenden Erträge aus dem Holzverkauf konnten von den Abgeltungen für die Erbringung der öffentlichen Leistungen nicht vollständig kompensiert werden. Ohne diese Abgeltung könnten die Forstbetriebe nicht überleben. In den letzten Jahren wurden grosse Anstrengungen unternommen um die Betriebsstrukturen zu verbessern und damit die Produktivität der Waldbewirtschaftung zu erhöhen sowie die wirtschaft­ liche Situation zu verbessern.

2. Umfeld 2.1 Klimawandel In den vergangenen 150 Jahren ist es in der Schweiz etwa 1.8 ºC wärmer geworden, und es dürfte nochmals wärmer werden – um insgesamt 1 bis 4 ºC bis Ende des Jahrhunderts, je nachdem, wie rasch und stark die Treibhausgasemissionen weltweit reduziert werden. Im Sommer dürften die Niederschläge zudem abnehmen, und Hitzesommer wie 2003 könnten Ende des Jahrhunderts fast jedes zweite Jahr auftreten. Diese Änderungen werden auch am Bündner Wald nicht vorbeigehen. Es ist zu erwarten, dass sich die heutigen Höhenstufengrenzen nach oben verschieben und die Baumartenzusammensetzung ändert. Borkenkäferkalamitäten werden häufiger erwartet, zudem muss vermehrt

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LEITBILD

mit Starkniederschlägen, Hochwasser und Murgängen gerechnet werden. Es gilt, bereits heute waldbauliche Strategien und Massnahmen in allen Bereichen so anzupassen, dass die Wälder fit gemacht werden für den Klimawandel, um Risiken zu verringern und die Widerstandskraft der Wälder gegenüber Störungen zu erhöhen.

2.2 Wirtschaft Holz ist ein internationales Industriegut und in diesem Umfeld ist es für die Schweizer Waldwirtschaft und insbesondere für die Gebirgsforstbetriebe mit den hohen Produktionskosten und den in den letzten 40 Jahren massiv gesunkenen Holzpreisen fast unmöglich kostendeckend Holz zu produzieren. Die Waldeigentümer und der Kanton müssen sich darauf einstellen, dass Holz in Zukunft nicht mehr das Hauptprodukt des Waldes sein wird. Im Zentrum stehen dabei öffentliche Leistungen wie Schutz vor Naturgefahren, Biodiversität und Erholung/Tourismus (der wichtigste Wirtschaftszweig im Kanton Graubünden). Um in diesem veränderten Umfeld wirtschaftlich bestehen zu können, müssen diese besser in Wert gesetzt werden.

2.3 Nutzungsansprüche der Gesellschaft an den Wald In den letzten Jahrzehnten haben sich die Ansprüche der Gesellschaft an den Wald und die Wahrnehmung der Bevölkerung des Waldes stark verändert und zum Teil polarisiert. So steht heute der Wald in einem Spannungsfeld zwischen immer grösseren Anforderungen bezüglich Schutzleistungen gegen Naturgefahren, der traditionell geprägten Holznutzung, Tummelfeld für alle möglichen Freizeitaktivitäten und idealistisch geprägten Wildnisvorstellungen. Es wird eine grosse Herausforderung sein, diesen teilweise konkurrierenden Ansprüchen zu begegnen und weiterhin einen vielseitigen, multifunktionalen Wald bereitzustellen.

3. Folgerungen Im Hinblick auf eine nachhaltige Waldentwicklung resp. auf die übergeordneten Ziele im Leitbild werden aufgrund der aktuellen Situation und dem Umfeld, in welchem sich der Bündner Wald und die Waldwirtschaft behaupten muss, folgende Schlussfolgerungen gezogen:

Stärken (d.h. hier wurde in die richtige Richtung gearbeitet) – Wald erbringt heute viele Leistungen, häufig Mehrfach-Leistungen – Gute Schutzwirkung – Guter Biotopwert/Totholzanteil – Gute Erholungsnutzung – Guter Wildlebensraum – Holz wird genutzt trotz widriger Umstände Chancen (d.h. hier bestehen neue Möglichkeiten um Verbesserungen anzupacken) – Wald hat hohen Stellenwert in integralem Risikomanagement, Schutzwald stellt effiziente Schutzmassnahmen dar – Die Grundsätze von NaiS sind verbreitet und werden im Schutzwald angewendet

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Schwächen/Defizite (d.h. hier MUSS verbessert werden) – Zustand Waldverjüngung, v.a. Weisstanne und Waldföhre – Ungenügende Verjüngung – Zuwenig Fläche wird gepflegt in Schutzwald – Holznutzung zu gering – Beweidung nicht überall gelöst

Herausforderungen/Risiken (d.h. diesen Punkten muss besondere Beachtung geschenkt werden) –M ultifunktionalität erhalten – Waldflächenzunahme – Z unahme Holzvorrat – Schalenwildbestände –K limawandel, Neophyten –U mfeld Holzproduktion mgang mit Trendsportarten –U – F inanzierung der öffentlichen Leistungen – S trukturen der Forstbetriebe

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LEITBILD

Allgemeine Ziele und übergeordnete Strategien Fett: Ziel | Normal: Strategie 1

Multifunktionale Waldbewirtschaftung: Der Bündner Wald kann, wo gefordert, Waldfunktionen dauerhaft nebeneinander erfüllen. Der Wald wird nicht flächendeckend einer Waldfunktion zugewiesen. Die prioritären Waldfunktionen werden in den Objektblättern des WEP festgehalten. Waldfunktionen können sich überlappen. Der dafür notwendige Koordinationsbedarf wird festgehalten, ebenfalls allfällige Konflikte. Synergien zwischen den einzelnen Waldfunktionen werden durch entsprechende waldbauliche Massnahmen ausgenutzt.

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Umgang mit Klimawandel: Der Bündner Wald ist in der Lage seine Funktionen auch in Zeiten des Klimawandels dauernd und uneingeschränkt zu erfüllen. Durch Erhalt und Förderung der Baumarten- und Strukturvielfalt sollen Risiken verringert und die Widerstandskraft der Waldbestände gegenüber Störungen gefördert werden. Überlegungen bezüglich Klimawandel fliessen in alle waldbaulichen Entscheidungen mit ein.

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Umgang mit Naturgefahren – Integrales Risikomanagement: Schutzwald, Schutzbauten und organisatorische Massnahmen sind in der Lage, die gestellten Aufgaben infolge Naturgefahren dauernd und fachgerecht zu erfüllen. Das integrale Risikomanagement – Vorbeugung, Bewältigung, Regeneration – wirkt als Leitgedanke für den Umgang mit Naturgefahren und sichert die fachkundige Aufgabenerfüllung durch den Bündner Forstdienst. Der Schutz vor Naturgefahren ist als wichtigste Leistung des Bündner Forstdienstes etabliert und wird weiterentwickelt (vgl. Verordnung Integrales Risikomanagement). Der Schutzwald wird als wichtiger Bestandteil des integralen Risikomanagements erkannt und den Schutzbauten gleichgestellt. Der Wald wird fachkundig gepflegt und sichert dauernden und uneingeschränkten Schutz.

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Nachhaltiger Waldaufbau: Es sind genügend verjüngungsgünstige Flächen vorhanden, die Holzvorräte entsprechen den Zielwerten und die Wälder weisen eine günstige Altersstruktur auf. Eingriffe werden gemäss einer fundierten, prioritätenorientierten Planung durchgeführt. Die Eingriffe erfolgen naturnah, standortsbezogen und zielorientiert.

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Sicherstellung der Waldverjüngung: Der Wildeinfluss sowie der Einfluss der Beweidung wird auf ein tragbares Mass reduziert, so dass sich alle standortgerechten Baumarten natürlich verjüngen und die geforderten Waldleistungen erbracht werden können. Die Entwicklung der Wildschadensituation wird laufend mit geeigneten Methoden erfasst. Dabei ist die Entwicklung der Waldverjüngung massgebend und nicht diejenige des Wildbestandes. Über die Ergebnisse wird regelmässig Bericht erstattet. Massnahmen zur Unterstützung der Jagd und zur Verbesserung des Wildlebensraumes sollen dazu beitragen, Wildschäden an der Waldverjüngung zu reduzieren. Wo die Verjüngung dringend ist und mit jagdlichen Massnahmen keine Verbesserung der Wildschadensituation erreicht werden kann werden Wildschadenverhütungsmassnahmen ergriffen. Wo Handlungsbedarf besteht wird die Beweidung im Wald geregelt.

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Finanzierung der öffentlichen Leistungen: Es sind genügend öffentliche Mittel vorhanden um die Waldeigentümer für die notwendigen waldbaulichen und technischen Massnahmen im öffentlichen Interesse zu entschädigen. Die verfügbaren Bundesmittel werden ausgeschöpft. Der Wald wird im Kontext des integralen Risikomanagements als kostengünstige, effiziente Schutzmassnahmen in Wert gesetzt und entsprechend können finanzielle Mittel ausgelöst werden.

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Holznutzung: Der einheimische Rohstoff Holz wird, wo möglich, auch bei ungünstiger Marktlage genutzt. Es wird angestrebt, den Holzzuwachs v.a. als Koppelprodukt der Schutzwaldpflege zu nutzen und damit zum einen eine nachhaltige Schutzwaldpflege zu gewährleisten und zum anderen den Rohstoff Holz lokal zu produzieren. Die dafür notwendigen Prozesse werden bestmöglich optimiert.

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Effiziente Waldbewirtschaftung: Der kantonale Forstdienst setzt die öffentlichen Mittel ein für eine zielorientierte, effiziente Waldbewirtschaftung. Eingriffe sind verhältnismässig, wirksam, naturnah, standortsbezogen, nachvollziehbar und kontrollierbar. Die Schutzwaldbewirtschaftung orientiert sich weiterhin an den Grundsätzen nach NaiS. Die forstliche Erschliessung wird den Bedürfnissen einer effizienten und sicheren Holzernte erhalten und ausgebaut. Es werden geeignete Kontrollgrössen/Indikatoren formuliert zur Zielerreichungskontrolle.

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Verbesserung Situation Forstbetriebe: Die örtlichen Forstbetriebe in Zusammenarbeit mit lokalen Forstunternehmern garantieren eine fachgerechte, konstante Waldbewirtschaftung. Diese Strukturen sollen grundsätzlich erhalten aber den veränderten Rahmenbedingungen angepasst werden. Sinnvolle Betriebsfusionen und überbetriebliche Zusammenarbeit sowie die Zusammenarbeit mit Forstunternehmen werden gefördert. Entscheidungsträger werden betriebswirtschaftlich weitergebildet oder durch Fachpersonen beraten und unterstützt. Insbesondere wird der Aufbau von betriebswirtschaftlichen Controllingsystemen gefördert.

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OBJEKTBLATT

Schutzwald Die gesellschaftlichen Ansprüche an den Schutzwald haben in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen. Die Gründe dafür liegen in der zunehmenden Ausdehnung und Intensivierung der menschlichen Nutzungen und dem dadurch wachsenden Schaden­ potential. Der Schutz vor Naturgefahren hat sich ­dadurch zur wichtigsten Leistung des Bündner Waldes entwickelt. Im Jahre 2003 einigten sich Bund und Kantone darauf, die Schutzwaldausscheidung nach harmonisierten, objektiven Kriterien vorzunehmen, um künftig eine gesamtschweize­ rische Ausscheidung von vergleichbarer Qualität zu erhalten. Um diese Ziele zu erreichen wurde 2004 das Projekt SilvaProtect-CH gestartet. Daraus entstand die seit 2012 mittels Regierungsbeschluss in Kraft gesetzte neue Schutz­ waldausscheidung. Diese bildet eine zentrale Grundlage für die forstliche Planung.

Im Objektblatt werden

– der aktuelle Schutzwald dargestellt, – die Ziele und Strategien für die Priorisierung und Mittelzuteilung von Massnahmen im Schutzwald definiert, – das Vorgehen bei Überlagerungen mit anderen Waldfunktionen festgelegt.

Im vorliegenden Objektblatt wird ausschliesslich der Schutz­ wald behandelt. Schutzbauten und andere Massnahmen zum Schutz vor Naturgefahren sind nicht Gegenstand dieses Objektblattes.

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OB SCHUTZWALD

1. Situation Der Nutzungsdruck auf die Wälder war bis ins 19. Jahrhundert extrem hoch. Die Schutzfunktion des Waldes wurde dort zuerst erkannt, wo sie augenfällig war. Darum wurden zunächst in den Wäldern, welche Siedlungen direkt vor Lawinen und Steinschlag schützten, jegliche Nutzungen verboten. Durch den Bann blieb eine zielgerichtete Pflege aus, was zu einem aus heutiger Sicht schlechten Waldzustand führte. Immerhin blieben diese Wälder flächenmässig erhalten. Die Schäden durch Überschwemmungen hatten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Ausmass angenommen, welches nicht mehr erlaubte, über die Ursachen hinwegzusehen. Als Folge davon entstand 1876 das erste eidgenössische Forstgesetz, dessen Zielsetzung in erster Linie die Gefahrenabwehr war. Als Schutzwälder wurden alle Wälder im Hochgebirge bestimmt. Das Waldgesetz von 1991 verpflichtet die Kantone zur Ausscheidung von Schutzwäldern (Art. 18 WaV). Der Bund erliess vorerst nur generelle Kriterien zur Ausscheidung der Wälder mit besonderer Schutzfunktion (BSF). Der Kanton Graubünden hat die Wälder mit besonderer Schutzfunktion BSF flä­chen­ deckend im Jahr 1995 ausgeschieden. Die übrigen Wälder mit Schutzfunktion wurden im ­Rahmen der Erarbeitung der früheren Waldentwicklungspläne ausgeschieden. Im Projekt SilvaProtect-CH wurde 2012 der Schutzwald einheitlich definiert: Ein Schutzwald ist ein Wald, der ein anerkanntes Schadenpotenzial gegen eine bestehende Naturgefahr schützen oder die damit verbundenen Risiken reduzieren kann. Im Kanton Graubünden wurde entschieden, die Bedeutung der Schutzwälder anhand eines Risiko­ index vertieft zu unterscheiden. Das Risiko wurde aus den beiden Faktoren Schadenpotential (Gebäude, Infrastrukturen) und Gefahrenpotential (Wahrscheinlichkeit und Intensität der Naturgefahrenprozesse Lawinen, Sturz, Murgang, Rutschungen und Wasser) ermittelt. Dies immer unter der Annahme, dass kein Wald vorhanden wäre. Der Schutzwald wird in folgende drei Typen eingeteilt: – Typ A: Risiko gross, direkte Schutzwirkung (kann bei allen Gefahrenprozessen der Fall sein). – Typ B: R isiko klein, direkte Schutzwirkung (Gefahrenprozesse Lawinen, Sturz, Rutschung, Hang­muren). – Typ C: Risiko klein, indirekte Schutzwirkung (nur bei Gerinneprozessen). Im Kanton Graubünden sind 61% der insgesamt rund 200 000 ha Waldfläche Schutzwald. Ohne Berücksichtigung von Gebüschwald (10% der Gesamtwaldfläche) liegt der Schutzwaldanteil bei etwa ²∕³ der Waldfläche. 50% des Schutzwaldes gehört zum Typ A. Die Schutzwirkung der Wälder ist am wirkungsvollsten gegen Lawinen. In den vergangenen zehn Jahren konnte die Schutzwaldpflege dank finanzieller Unterstützung durch Bund und Kanton verstärkt werden. Pro Jahr wurden durchschnittlich 2400 ha Wald gepflegt (Region Herrschaft/Prättigau/Davos 390 ha). Mit dieser Intensität würde es 45 Jahre (Region Herrschaft/Prättigau/Davos 47 Jahre) dauern bis die gesamte Schutzwaldfläche ein Mal gepflegt wäre.

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OB SCHUTZWALD

1.1 Schutzwald in der Region Herrschaft/Prättigau/Davos Die gesamte Waldfläche in der Region Herrschaft/Prättigau/Davos beträgt ohne den Gebüschwald1 rund 25 000 ha. Davon ist 75% Schutzwald. Die Subregion Prättigau hat mit 82% einen der höchsten Schutzwaldanteile im Kanton (Tabelle 1). Subregion/Region

Schutzwald

Nicht Schutzwald

Total

ha

%

ha

%

ha

Davos

4 240

64%

2 351

36%

6 592

Herrschaft

1 519

59%

1 072

41%

2 590

Prättigau

12 565

82%

2 778

18%

15 343

Region Herrschaft/Prättigau/Davos

18 324

75%

6 202

25%

24 525

121 737

67%

60 172

33%

181 909

Total Graubünden

Tabelle 1: Anteile Schutzwald und Nicht-Schutzwald nach Subregion

Der Anteil des Schutzwald-Typs A liegt mit 49% im kantonalen Durchschnitt. In den Subregionen ­Davos und Herrschaft liegt der Anteil des Schutzwald-Typs A bei über 65%. Subregion/Region

Schutzwald-Typ A

Schutzwald-Typ B

Schutzwald-Typ C

ha

%

ha

%

ha

%

Davos

3 235

76%

355

8%

650

15%

Herrschaft

1 027

68%

72

5%

420

28%

Prättigau

4 642

37%

894

7%

7 029

56%

Region Herrschaft/Prättigau/Davos

8 904

49%

1 321

7%

8 098

44%

59 244

49%

20 808

17%

41 685

34%

Total Graubünden

Tabelle 2: Anteile der Schutzwaldtypen nach Subregion

1.2 Problematische Überlagerungen 1.2.1 Allgemein Eine systematische Schutzwaldausscheidung wie sie heute vorliegt gibt es erst seit 1995, als die Ausscheidung der Wälder mit besonderer Schutzfunktion erfolgte. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass die heutigen Schutzwälder durch andere Waldfunktionen oder durch äussere Einwirkungen negativ beeinflusst werden. Die zentralen, grossflächig im ganzen Kanton wirkenden Einflüsse sind das Schalenwild und die Beweidung. Beide wirken sich überwiegend negativ auf die Waldverjüngung aus. Punktuell kann es zu weiteren negativen Einflüssen kommen, beispielsweise durch touristische Nutzung oder durch Überlagerungen mit Naturschutzobjekten. Diese Konflikte lassen sich in der Regel aber mit spezifischen Massnahmen lösen. Sie werden im WEP nicht speziell erwähnt.

1

Nachfolgende Zahlen beziehen sich jeweils auf die Waldfläche ohne Gebüschwald.

Waldentwicklungsplan 2018+ | 21. 06. 2017

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1.2.2 Schalenwild2 KANTONAL

Das Schalenwild ist ein Teil des Ökosystems Wald. In unserer Kulturlandschaft mit dem ausgezeichneten Futterangebot im Landwirtschaftsland, den vielen Störungsquellen in der Landschaft und der geringen Präsenz von Grossraubtieren müssen die Schalenwildbestände durch Bejagung aktiv in ­einem Gleichgewicht zur Verjüngung des Waldes gehalten werden. Dieses Gleichgewicht ist heute über weite Teile der Bündner Wälder nicht intakt. Hohe Wildbestände erschweren und verunmög­ lichen das Aufkommen der Naturverjüngung. Insbesondere die natürliche Verjüngung der Weisstanne ist heute in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet ohne Schutzmassnahmen kaum mehr möglich. Im Altbestand ist die Weisstanne die dritt­ häufigste Baumart. Ihre Samen keimen gut, doch stagniert das Aufwachsen der jungen Bäume ab Höhe Krautschicht infolge Verbiss durch Schalenwild. Die Verjüngung der Vogelbeere, als wichtigste Vorbaubaumart3 in den subalpinen Fichtenwäldern, wird in fünf von zehn Wald-Wild-Berichten (Davos/Albula, Oberengadin, Schams, Surselva, Unterengadin/Val Müstair) als ungenügend bis lokal ganz ausbleibend beurteilt. Auch bei der Waldföhre zeigen sich vergleichbare Probleme. Verjüngungsschwierigkeiten treten in den grösseren Waldföhrenwäldern aller Regionen auf. Die Ergebnisse des Landesforstinventars zeigen für diese Wälder ein fast vollständiges Fehlen junger Waldföhren in der Höhenklasse 40 – 130 cm. In der Höhenklasse 10 – 40 cm genügt die Anzahl Jungpflanzen knapp. Der starke Einfluss des Wildes auf die Jungwaldentwicklung ist durch Jungwald-/Wildschadenaufnahmen sowie durch Kontrollzäune belegt. Die Unterdrückung der Jungwaldentwicklung blockiert das waldbauliche Handeln und stellt die Erfüllung der Waldfunktionen infrage. Der wichtigste Grundsatz im Gebirgswaldbau lautet, die waldbaulichen Eingriffe so vorzunehmen, dass Waldverjüngung an- und aufwachsen kann. Entscheidend nach einem waldbaulichen Eingriff sind auf vielen Waldstandorten die fünf darauf folgenden Jahre. Kann sich in dieser Zeit keine Verjüngung entwickeln, wächst die konkurrierende Bodenvegetation oft so üppig und dicht, dass für längere Zeit kaum mehr Keimlinge ansamen und aufwachsen können. In diesem Falle kann mit waldbaulichen Massnahmen nichts mehr erreicht werden. Jede weitere Entnahme von Bäumen hilft nur der Krautschicht. In den meisten Fällen wird deshalb zugewartet und gehofft, dass dennoch da und dort ein junger Baum in einer besonders günstigen Lage aufwachsen kann. Im Zeitraum zwischen der waldbaulichen Verjüngungseinleitung und dem Vorhandensein einer ausreichenden und gut entwickelten Verjüngung ist insbesondere die Schutzwirkung und der Holzzuwachs stark vermindert. In besonders schwierigen Fällen wird versucht, die Verjüngung mit Wildschadenverhütungsmassnahmen zu unterstützen. Solche Massnahmen sind sehr teuer und werden deshalb nur punktuell eingesetzt. Der Erfolg ist bei weitem nicht garantiert. So kann schon ein einzelner Baum, der auf einen Wildschutzzaun fällt unter Umständen die Anstrengungen von mehr als einem Jahrzehnt in kurzer Zeit zu Nichte machen. Das Schalenwild bekommt durch den nicht mehr intakten Wildschutzzaun plötzlich Zugang zur bisher geschützten Verjüngung.

2 3

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Die Aussagen beruhen auf den Wald-Wild-Berichten und den Wildschadenaufnahmen. Vorbaubaumarten sorgen dafür, dass die Vegetationskonkurrenz zurückgedrängt wird und die Fichte sich ansamen kann.

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OB SCHUTZWALD

In Gebieten, in welchen erfahrungsgemäss mit erheblichen Wildschäden zu rechnen ist, besteht die Tendenz, ganz auf waldbauliche Eingriffe zu verzichten. Auch dies kann als eine Art Blockierung des waldbaulichen Handelns bezeichnet werden. Mittelfristig bietet dieses Vorgehen keine Lösung, denn die Waldbestände werden damit noch dichter. Für die benötigte Verjüngung fehlt das notwendige Licht. Die wenigen Pflanzen, welche bei solchen Bedingungen gedeihen, werden durch das Wild noch verstärkt angegangen. Treten in solchen Beständen Störungen etwa durch Schneedruck oder Windwurf auf, ist die Erfüllung der Waldfunktionen aufgrund fehlender Vorverjüngung oft gefährdet. REGIONAL

Aufgrund der stetig ansteigenden Wildbestände hat sich in der Region Herrschaft/Prättigau/Davos der negative Einfluss des Schalenwildes auf die Waldverjüngung weiter verstärkt. Verbiss- und Schälschäden haben in den letzten zehn Jahren wieder zugenommen. In den Subregionen Prättigau und Herrschaft, insbesondere in den Gebieten Mezzaselver-/Gruobenwald, Putzerberg, Bausch, Ganda-, Hochgerichts- und Steigwald, sowie am Fläscherberg haben die Wildschäden inzwischen ein alarmierendes Ausmass erreicht. Bedingt durch den starken Wilddruck fehlt die Weisstannenverjüngung in der gesamten Region seit mehreren Jahrzehnten vollständig. Dies ist insofern bedenklich, weil die vordere Hälfte des Prättigaus sowie die Herrschaft die einzigen Gebiete im Kanton Graubünden nördlich der Alpen sind, welche zum Hauptareal der Weisstanne gehören. Auch im Laubwaldgürtel zwischen der collinen bis untermontanen Höhenstufe ist im Jungwald eine Mischungsregulierung zugunsten anderer Hauptbaumarten wie Bergahorn, Eiche, Waldföhre nicht möglich. Soll ihr Anteil im Endbestand über dem Anteil von Einzelbäumen und Baumgruppen hinausgehen, sind aufwändige und teure Wildschutzmassnahmen notwendig. Der waldbauliche Spielraum ist deshalb auf Fichte und Buche beschränkt. Auch bei diesen beiden Baumarten ist lokal eine Zunahme des Wildverbisses zu beobachten. In der Subregion Davos präsentiert sich die Wildschadensituation etwas entspannter. Wegen der ­Höhenlage ist das natürliche Baumartenspektrum im Vergleich zum Prättigau oder gar zur Herrschaft von Natur aus wesentlich eingeschränkter. Die Verjüngung der Hauptbaumart Fichte bietet zumindest auf der Schattenseite grösstenteils keine Probleme. In südlich exponierten Waldbeständen, wie beispielsweise im Brüch- oder Bannwald, lassen sich hingegen die Fichte lokal und die Mischbaum­ arten Lärche und Waldföhre generell, ohne Wildschutzmassnahmen, nur ungenügend verjüngen. 1.2.3 Beweidung Der grosse Einfluss der Beweidung auf den Schutzwald geht aus der Abbildung 1 hervor. Rund ¼ der Schutzwälder in der Region Herrschaft/Prättigau/Davos werden beweidet, davon sind 41% Schutzwälder vom Typ A (grosses Risiko). Schutzwald und Beweidung

Beweidung in den Schutzwald-Typen

25% 75%

51%

Schutzwald beweidet Schutzwald nicht beweidet

Abbildung 1: Schutzwald, beweidet und nicht beweidet

Waldentwicklungsplan 2018+ | 21. 06. 2017

41%

8% Typ A

Typ B

Typ C

Abbildung 2: Schutzwald beweidet, Schutzwald-Typen

23


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Subregion/Region

Beweideter Anteil im gesamten SW

Beweideter Anteil im SW Typ A

Beweideter Anteil im SW Typ B

Beweideter Anteil im SW Typ C

ha

%

ha

%

ha

%

ha

%

1 391

33%

1 120

35%

74

21%

196

30%

138

9%

27

3%

4

6%

107

26%

Prättigau

3 075

24%

769

17%

277

31%

2 029

29%

Region Herrschaft/ Prättigau/Davos

4 604

25%

1 916

22%

356

27%

2 332

29%

Total Graubünden

22 711

19%

9 420

16%

3 298

16%

9 993

24%

Davos Herrschaft

Tabelle 3: Anteil beweideter Schutzwald (SW)

Die Beweidung des Schutzwaldes erfolgt in der Subregion Davos mehrheitlich noch auf grosser Fläche. Dieses Problem wird auch mittelfristig bestehen bleiben, da diese historisch gewachsenen Weiderechte im Grundbuch eingetragen sind und sich höchstens in einzelnen Fällen, nicht aber in grösserem Umfang, ablösen lassen. In der Subregion Prättigau ist das Problem etwas weniger gravierend, da der grösste Anteil beweideter Schutzwälder im Schutzwald-Typ C liegt.

Karte 1: Beweidete Schutzwälder

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2. Allgemeine Ziele und Strategien Die Schutzwälder im Kanton Graubünden sind in der Lage Menschen und erhebliche Sachwerte vor den gravitativen Naturgefahren Lawinen, Rüfen, Steinschlag, Rutschungen, Erosion und Hochwasser zu schützen. Die Schutzwaldpflege verfolgt das Ziel, die Schutzwirkung des Waldes dauerhaft sicherzustellen. Der Wald soll gegenüber Störungen wie Windwurf, Insektenschäden, Nassschnee und Waldbrände ­wider­standsfähig sein. Nach einer Störung soll die Schutzwirkung möglichst rasch wieder hergestellt werden. Für die Festlegung von Zielsetzung, Handlungsbedarf und Massnahmen im Schutzwald werden folgende Entscheidungsgrundlagen beigezogen: – NaiS Profile4 aufgrund des Standortes und der einwirkenden Naturgefahren, – Waldzustand aus der Bestandesbeschreibung im Rahmen der Betriebsplanung, – Wald-Wild-Berichte, – Erfahrungen der lokalen Bewirtschafter. Die Schutzwaldpflege wird durch Bund und Kanton gemäss den aktuellen gesetzlichen Grundlagen (eidg. und kantonales Waldgesetz/-verordnung) finanziell unterstützt. Die Mittelzuteilung vom Kanton auf die Regionen, beziehungsweise von den Regionen auf die Forstreviere, erfolgt nach folgenden kantonal einheitlichen, fachlich objektiven Kriterien: – Schutzwaldfläche, – Risikoindex5, – Wuchsdynamik des Waldes6. Die zugeteilten Mittel sind so einzusetzen, dass ein möglichst grosser Anteil des Schutzwaldes seine Funktion erfüllen kann. Die Bedeutung der durch den Wald direkt geschützten Objekte ist bei der Priorisierung zu berücksichtigen. Der Waldeigentümer ist verpflichtet, die Mittel entsprechend den Dringlichkeiten aufgrund seiner Betriebsplanung oder einer waldbaulichen Planung einzusetzen. Im nicht von anderen Funktionen überlagerten Schutzwald müssen die waldbauliche Massnahmen zwingend den folgenden Grundsätzen von NaiS entsprechen: – Auf das Schutzziel ausgerichtet, – Am richtigen Ort und zur richtigen Zeit ausgeführt, – Im Einklang mit den natürlichen Lebensabläufen des Waldes, – Wirksam eingesetzt. Die Ziele sollen mit verhältnismässigem Aufwand erreichbar sein.

NaiS: Nachhaltigkeit im Schutzwald: Schweizweit gültige Vorgaben für die Schutzwaldpflege. Der Risikoindex beziffert den Schaden, welcher durch den Schutzwald verhindert werden kann und ist damit ein Mass für die Bedeutung des Schutzwaldes. 6 Die Wuchsdynamik ist vom Standort abhängig und wird hauptsächlich durch die Höhe des Holzzuwachses (m³/ha/Jahr) bestimmt. 4 5

Waldentwicklungsplan 2018+ | 21. 06. 2017

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Wo mit Schutzwaldgeldern eine Pflege durchgeführt wird, hat die Sicherstellung der Schutzwirkung immer oberste Priorität, d.h. langfristig sind zwingend die NaiS-Anforderungsprofile anzustreben. Wird der Schutzwald von anderen Waldfunktionen überlagert, so ist der Einsatz von finanziellen Mitteln aus anderen Waldbauprogrammen ausnahmsweise möglich. Voraussetzung dafür ist, dass: – weitere Qualitäten des Waldes im Sinne der überlagerten Funktion gefördert werden, – keine Verschlechterung der Schutzwirkung erfolgt.

Ziel

Strategie

Kontrollgrösse

Qualitative Zielsetzung: Der Schutzwald erfüllt seine Schutzwirkung dauernd und uneingeschränkt.

Grundsätzlich ist eine aktive Waldbewirtschaftung erforderlich.

Zustand der Waldbestände bezüglich Stabilität und Verjüngung anhand von Bestandesinventur und Verjüngungsbericht.

Im Schutzwald hat bei der Waldpflege und -bewirtschaftung die Schutzwirkung vor allen anderen Waldfunktionen Priorität. Auf den Standorten, welche sich natürlicherweise selber regulieren, werden nur reaktive Waldpflege und Forstschutzmassnahmen unterstützt. Eine effiziente Holznutzung bei der Schutzwald­ pflege soll dazu beitragen, die Kosten zu mini­mieren. Die Schutzziele dürfen dadurch nicht gefährdet werden.

Anzahl neuer Naturgefahrenherde innerhalb des Schutzwaldes im Rahmen des Ereigniskatasters festgehalten/ überwacht. Kostenentwicklung Schutzwald­pflege auf kantonaler Ebene anhand ForstBAR aus dem Testbetriebsnetz.

Sofern waldbauliche Massnahmen nicht genügen, werden geeignete technische Massnahmen getroffen, um die Schutzwirkung zu garantieren. Nutzungen und Aktivitäten, welche die Schutz­ wirkung des Waldes vermindern, werden zugunsten der Schutzfunktion geregelt oder abgelöst.

Anteil Konfliktflächen im Rahmen der nächsten WEP Revision.

Im Hinblick auf den Klimawandel sind: – In den potentiellen Risikogebieten eine ange­passte über NaiS hinausgehende Baumarten­ vielfalt anzustreben. – Die Schutzwälder phytosanitarisch zu überwachen und bei Bedarf die entsprechenden Forstschutzmassnahmen zu ergreifen. Bis 2030 sind 75% der Konflikte/ negative Überlagerungen gelöst.

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Massnahmen gemäss NaiS werden durch Bund und Kanton finanziell unterstützt.

Umfang der erfolgten Schutzwaldpflege.

Die konkrete Umsetzung für die Zielerreichung erfolgt im Rahmen der Jahresprogramme.

Umfang der gelösten Nutzungskonflikte im Schutzwald.

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3. Spezielle Objekte Nr.

Situation/Probleme

Forstliche Zielsetzung

Forstliche Massnahmen

Das NaiS Profil bezüglich Naturgefahren und Standort ist langfristig erfüllt.

Art und Umfang der Massnahmen gemäss Richtlinien von NaiS.

Schutzwald-Typ A 101

Schutzwälder mit direkter Schutzwirkung und grossem Risikopotenzial7.

Mögliche Folgeschäden müssen bei der Anzeichnung berücksichtigt werden (angepasste Eingriffsstärke). Massnahmen zugunsten anderer Ansprüche sind nur möglich, wenn die Schutzfunktion nicht vermindert wird. Vorhandene Konflikte sind prioritär abzulösen (Schutzwald-Typ A vor B). Das minimale NaiS Profil bezüglich Baumarten­ mischung in der Verjüngung ist sichergestellt.

Verjüngung wo notwendig, mittels Pflanzungen und Schutzmassnahmen. Auf Trockenstandorten ist das Einbringen von resistenteren Baumarten möglich. Wildschutzmassnahmen werden geprüft.

Der Handlungsbedarf wird in den Betriebsplänen ausgewiesen und periodisch aktualisiert.

Die Priorisierung der Massnahmen erfolgt gemäss Betriebsplanung. Massnahmen im Schutzwald-Typ A haben immer Vorrang vor Massnahmen in den Schutzwald-Typen B und C.

Nr.

Situation/Probleme

Forstliche Zielsetzung

Forstliche Massnahmen

Das NaiS Profil bezüglich Naturgefahren und Standort ist langfristig erfüllt.

Art und Umfang der Massnahmen gemäss Richtlinien von NaiS.

Schutzwald-Typ B 102

Schutzwälder mit direkter Schutzwirkung und kleinem Risikopotenzial.

Mögliche Folgeschäden müssen bei der Anzeichnung berücksichtigt werden (angepasste Eingriffsstärke). Massnahmen zugunsten anderer Ansprüche sind nur möglich, wenn die Schutzfunktion nicht vermindert wird. Vorhandene Konflikte sind prioritär abzulösen. (Schutzwald-Typ A vor B). Das minimale NaiS Profil bezüglich Baumarten­ mischung in der Verjüngung ist sichergestellt.

Verjüngung im Ausnahmefall mit Pflanzungen und Schutzmassnahmen.

Handlungsbedarf wird in den Betriebsplänen ausgewiesen und periodisch aktualisiert.

Die Priorisierung der Massnahmen erfolgt gemäss Betriebsplanung. Im BP priorisierte Massnahmen im Schutzwald-Typ A haben Vorrang vor dem Schutzwald-Typ B.

Der Risikowert errechnet sich aus dem Schadenpotential und der Summe aller Gefahrenprozesse (Schutzwald Graubünden 2012).

7

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Nr.

Situation/Probleme

Forstliche Zielsetzung

Forstliche Massnahmen

Das NaiS Profil im Einflussbereich der Gerinne ist erfüllt.

Priorität hat die Förderung stabiler Bestände in den Gerinneeinhänge durch das Entfernen instabiler und umgestürzter Bäume.

Ausserhalb der Gerinne minimaler Deckungsgrad von 50% (Bäume und Sträucher).

Ausserhalb der Gerinneeinhänge werden nur minimale Massnahmen finanziell unterstützt.

Schutzwald-Typ C 103

Schutzwälder mit indirekter Schutzwirkung (Gerinne­pro­ zesse) und kleinem Risiko.

Massnahmen zugunsten anderer Ansprüche sind ausserhalb der Gerinne/ -einhänge möglich. Ausserhalb der Gerinneeinhänge können auch im NaiS Profil nicht vorgesehene Baumarten gefördert werden.

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WEP-Objektblatt Schutzwald

0

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6000 1:155'000

101 Schutzwald Typ A: Risiko gross 102 Schutzwald Typ B: Risiko klein 103 Schutzwald Typ C: Risiko klein, Gerinne

Waldentwicklungsplan 2018+ | 21. 06. 2017

Kartendaten: LK200 © Bundesamt für Landestopografie

3000

29

9000 m



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4. Koordination 4.1 Holznutzung 4.1.1 Ausgangslage und Ziele Für den Erhalt der Schutzfunktion kann die Holznutzung je nach Waldbestand ein wichtiges Mittel sein. Dafür müssen aber folgende Grundsätze berücksichtigt werden: 1. Die waldbaulichen Ziele müssen auf die Schutzfunktion ausgerichtet werden. Waldbauliche Kriterien zur Förderung der Holznutzung wie beispielsweise die Holzqualität oder die Zuwachssteigerung sind im Schutzwald zweitrangig. 2. Die Eingriffsstärke und der Eingriffsrhythmus richten sich nach den Schutzwaldanforderungen und nicht primär nach ökonomischen Prinzipien einer effizienten Holznutzung. Dies gilt insbesondere auf sehr produktiven Standorten im Schutzwald-Typ A und B. 4.1.2 Massnahmen Die Koordination erfolgt vor der Schlagplanung und vor Ort bei der Anzeichnung. 4.1.3 Finanzierung Der Waldeigentümer kann im Rahmen der Flächenpauschalen der Schutzwaldpflege entscheiden, ob er Massnahmen zugunsten der Holznutzung ergreifen und selbst finanzieren will. Alle Massnahmen, welche der Schutzfunktion dienen, werden über die Schutzwaldpflege finanziell unterstützt. 4.1.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Amt für Wald und Naturgefahren. Beteiligte: Waldeigentümer, Revierförster.

4.2 Natur und Landschaft 4.2.1 Ausgangslage und Ziele Die Anliegen des Natur- und Landschaftsschutzes sowie die Schutzansprüche konkurrieren sich nicht, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: – Die waldbauliche Zielsetzung in überlagernden Flächen muss auf die Schutzfunktion ausgerichtet werden. – Waldbauliche Massnahmen zur Förderung des Natur- und Landschaftsschutzes sind nur zulässig, wenn gleichzeitig die minimalen NaiS Kriterien erfüllt werden. Im Schutzwald müssen forstliche Pflegeeingriffe jederzeit möglich sein. Im Schutzwald-Typ A werden keine Naturwaldreservate ausgeschieden. Im Schutzwald-Typ B und C sind Naturwaldreservate nur auf Standorten möglich, auf denen mit waldbaulichen Eingriffen die Schutzwirkung eines Waldes nicht verbessert werden kann, bzw. in welchen waldbauliche Eingriffe bei naturnahem Bestand nicht notwendig sind (Frehner et. all 2005/09, Anhang 5). Bei Eingriffen zugunsten der Schutzfunktion sind die Anliegen der Biodiversität zu berücksichtigen, falls diese der waldbaulichen Zielsetzung im Schutzwald nicht widersprechen. 4.2.2 Massnahmen Grundsätzliche Konflikte sind in der Waldentwicklungsplanung bereits gelöst worden. Details werden bei der Planung der Massnahmen (Betriebsplanung, Projekte) oder vor Ort bei der Anzeichnung geregelt.

Waldentwicklungsplan 2018+ | 21. 06. 2017

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OB SCHUTZWALD

4.2.3 Finanzierung Pflegemassnahmen zugunsten der Biodiversität im Schutzwald können auch über die Schutzwaldpflege finanziell unterstützt werden. Pflegemassnahmen zugunsten des Schutzwaldes innerhalb der Vorrangflächen Natur und Landschaft werden über die Schutzwaldpflege finanziell unterstützt. 4.2.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Amt für Wald und Naturgefahren. Beteiligte: Waldeigentümer, Revierförster, Amt für Jagd und Fischerei, Amt für Natur und Umwelt.

4.3 Erholung und Tourismus 4.3.1 Ausgangslage und Ziele Die Erholungsnutzung und die Schutzfunktion konkurrieren sich in der Regel nur direkt, wenn die Erholungsnutzung zu mechanischen Schäden an den Bäumen führt. Mit dem Verbot, den Waldboden mit Motorfahrzeugen zu befahren, ist dieses Problem mehrheitlich gelöst. Die grössten Auswirkungen der Erholungsnutzung auf den Schutzwald sind indirekter Art. Dabei ist die Störung des Wildes durch die Erholungssuchenden massgebend, weil sie zu grösseren Wildschäden am Jungwald führt. Diese Problematik wird im Objektblatt Erholung und Tourismus und im Objektblatt Wald-Wild-Jagd vertieft.

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OB SCHUTZWALD

4.3.2 Massnahmen Es liegt im Ermessen des Waldeigentümers die Anliegen der Erholungssuchenden bei der Schutzwaldpflege zu berücksichtigen. Die Konflikte sind gemäss der im OB Erholung & Tourismus festgelegten Strategien zu lösen. 4.3.3 Finanzierung Der Waldeigentümer kann im Rahmen der Flächenpauschalen der Schutzwaldpflege entscheiden, ob er spezielle Massnahmen zugunsten der Erholungsnutzung ergreifen und selbst finanzieren will. 4.3.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Amt für Wald und Naturgefahren. Beteiligte: Waldeigentümer, Revierförster, Organisatoren/Verantwortliche für die Erholungsaktivi­ täten.

4.4 Weidwald 4.4.1 Ausgangslage und Ziele Eine Beweidung der Schutzwälder ist möglich, falls diese keine nachteilige Auswirkung auf die Schutz­ wirkung hat. Im beweideten Schutzwald kann bezüglich Deckungsgrad und Baumartenzusammen­ setzung punktuell von den NaiS-Kriterien abgewichen werden. Die Verjüngung muss sichergestellt sein, notfalls durch Pflanzungen und Einzäunung. 4.4.2 Massnahmen Die waldbaulichen Massnahmen zugunsten der Beweidung werden erst dann umgesetzt, wenn die Beweidung rechtlich verbindlich geregelt ist. Ohne Regelung dürfen nur unerlässliche Massnahmen zugunsten der Schutzfunktion ergriffen werden.

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OB SCHUTZWALD

4.4.3 Finanzierung Die Kosten für die Projektierung der Weideregelung werden durch die öffentliche Hand (AWN, ALG) übernommen. Die Markierung der Abgrenzung (exkl. Zäune) wird durch das Amt für Wald und Natur­ gefahren finanziell unterstützt. Alle übrigen Aufwendungen für den Erhalt und die Pflege der beweideten Wälder müssen durch die Nutzniesser finanziert werden. Mittel aus der Schutzwaldpflege können dann eingesetzt werden, wenn die Beweidung geregelt und konfliktfrei ist oder die Massnahmen für die Schutzwirkung unerlässlich sind. Dazu gehören auch Pflanzungen und Zäune zum Schutze der Verjüngung. Auf Flächen mit Handlungsbedarf (Objekte Nr. 502, Objektblatt Weidwald) oder ohne geregelte Beweidung (Objekte Nr. 503, Objektblatt Weidwald) können während fünf Jahren nach Inkraft­treten des WEP für waldbauliche Massnahmen Schutzwaldgelder eingesetzt werden. Das Amt für Wald und Naturgefahren muss der Massnahme vorgängig zustimmen. 4.4.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Amt für Wald und Naturgefahren. Beteiligte: Gemeinde, Waldeigentümer, Revierförster, Landwirtschaft.

4.5 Wald-Wild-Jagd 4.5.1 Ausgangslage und Ziele Der Schutzwald ist auch ein wichtiger Lebensraum für das Wild. Die Ansprüche des Wildes an den Lebensraum und die Anforderungen an den Schutzwald ergänzen sich. In beiden Fällen braucht es gut strukturierte Wälder, welche genügend Äsungsangebote und Deckungsmöglichkeiten für das Wild bieten. Für eine dauerhafte Schutzwirkung braucht es plenterartig aufgebaute Wälder. Diese verfügen im Vergleich zu anderen Waldstrukturen über eine tiefe Jungwald-Stammzahl und ein limi­ tiertes Äsungsangebot. Langfristig können sowohl Wildlebensräume als auch die Schutzwirkung nur dann sichergestellt werden, wenn sie sich mit standortsgerechten Baumarten ausreichend verjüngen können. Die Wildbestände müssen der Lebensraumkapazität des Schutzwaldes angepasst werden. 4.5.2 Massnahmen Die Schutzfunktion muss nachhaltig gewährleistet werden. Strategien und Massnahmen zur Konflikt­ lösung sind im Objektblatt Wald-Wild-Jagd festgelegt. 4.5.3 Finanzierung Wildschutzmassnahmen innerhalb des Schutzwaldes können über die Schutzwaldpflege finanziell unterstützt werden. Besondere jagdliche Massnahmen werden vom Amt für Jagd und Fischerei ­finanziert. Der Waldeigentümer kann im Rahmen der Flächenpauschale für die Schutzwaldpflege entscheiden, ob er spezielle Massnahmen zugunsten der Lebensraumverbesserung für das Wild ergreifen und selbst fi ­ nanzieren will. 4.5.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Amt für Wald und Naturgefahren, Amt für Jagd und Fischerei. Beteiligte: Waldeigentümer, Revierförster, Bündner Kantonaler Patent Jäger-Verband.

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OBJEKTBLATT

Holznutzung Die Holznutzung war lange Zeit die wichtigste ­Leistung des Waldes. Alle übrigen Waldleistungen hatten eine geringere Bedeutung. Mit dem Rückgang der Holzpreise und den stark gestiegenen Produktions­ kosten hat die Bedeutung der Holznutzung in den letzten Jahrzehnten stark abgenommen. Das Holz ist mehrheitlich zu einem Koppelprodukt der Waldpflege zugunsten anderer Waldleistungen geworden.

Im Objektblatt werden – die Bedeutung der Holznutzung für die Wald­pflege dargestellt, – die Zielsetzungen und Strategien zur ökonomischen Nutzung des vorhandenen Holznutzungspotentials festgelegt, – das Vorgehen bei Überlagerungen mit anderen Wald­ funktionen aufgezeigt.

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OB HOLZNUTZUNG

1. Situation 1.1 Holznutzung im Kanton Holz wird seit der ersten Besiedlung des Kantons zum Eigengebrauch genutzt, sei es als Brenn- oder Bauholz. Ab dem 15. Jahrhundert begann man Holz für Bergwerke und Kalkbrennereien ins Ausland zu exportieren. Einen Höhepunkt erreichte der Holzhandel Mitte des 19. Jahrhunderts. Im Gebiet des heutigen Nationalparks wurden zwischen 1835 und 1846 schätzungsweise 120 000 m3 genutzt. Auch im übrigen Kanton wurde das Holz ins Ausland exportiert, so beispielsweise von Reichenau bis nach Lyon. Kennzeichnend für diese Zeit waren grossflächige Kahlschläge. Ab 1824 versuchte der Kanton durch Zölle den Raubzug an den Wäldern einzudämmen. Wirksam unterbunden wurde die unkon­ trollierte Übernutzung der Wälder aber erst durch das eidgenössische Forstpolizeigesetz von 1876. Seitdem wurden die Holznutzungen dokumentiert und mittels einer festgelegten Nutzungsmenge (Hiebsatz) begrenzt. Abbildung 3 verdeutlicht, wie im Verlaufe der Jahrzehnte die Holznutzung anstieg. Mit einer Jahresnutzung von ungefähr 400 000 Tfm während des zweiten Weltkriegs erreichte sie einen ersten Höhe­ punkt. Nach einem Rückgang liegt die Holznutzung heute wieder in vergleichbarem Bereich.

Abbildung 3: Durchschnittliche Jahresnutzung seit 1880 in Tfm

Die Gründe für den Anstieg sind vielfältig. Die Vorräte waren Ende des 19. Jahrhunderts tief und ermöglichten keine grösseren Nutzungen. Ziel war es den Holzvorrat aufzubauen. Zudem waren auch die produktiven Waldflächen noch kleiner als heute. Ein weiteres Merkmal für die aktuell erhöhte Nutzung ist die Tatsache, dass die Bäume seit den 1960er-Jahren deutlich schneller wachsen. Die aktuellen Zuwachswerte sind weit höher als die­ jenigen, die in den alten Wirtschaftsplänen berechnet wurden. Dazu beigetragen haben neben den höheren Vorräten auch der Nährstoffeintrag aus der Luft und vermutlich auch die zunehmend längeren Vegetationsperioden. Die nachhaltig verfügbare Holzmenge beträgt heute rund 625 000 Tfm pro Jahr. Ein Drittel dieser Holzmenge bleibt heute vor allem aus wirtschaftlichen Gründen ungenutzt. Der Holzhandel blieb über Jahrzehnte hinweg für die Gemeinden und die Korporationen die wichtigste Einnahmequelle. So machte der Erlös noch Anfangs der Achtzigerjahre in der Surselva in 24 von 49 Gemeinden insgesamt 80% des Steuerertrages aus. Ab diesem Zeitpunkt nahm die ökono­ mische Bedeutung des Waldes für die Eigentümer jedoch kontinuierlich ab. Die Gründe liegen in den steigenden Produktionskosten und den fallenden Holzerlösen.

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OB HOLZNUTZUNG

Fr./m3

Preisvereinbarungen

600

Ölkrisen 500

400

Inflation Folgen 2. Weltkrieg Marktöffnung, mehrere grosse Stürme

300

200

100

0

geschätzte Produktionskosten

Produktionskosten GR

Holzertrag Fi Kurzholz CH

Abbildung 4: Holzertrag Fichte (Kurzholz/Trämel CH) und Produktionskosten GR (indexiert mit Konsumentenindex 1914)

Seit Beginn der Achtzigerjahre ist der Holzpreis kaufkraftbereinigt um 50% gesunken. Dank einer Produktivitätssteigerung konnten die Kosten – trotz höheren Maschinen- und Personalkosten – ebenfalls gesenkt werden. Die Differenz zwischen Holzertrag und Produktionskosten blieb jedoch bestehen. Die Holznutzung ist heute auf vielen Standorten aus rein ökonomischer Sicht nicht mehr zu rechtfertigen. Es ist jedoch – auch aus ökonomischer Sicht – weiterhin sinnvoll Holz als Koppel­ produkt der Schutzwaldpflege zu nutzen und zu verwerten.

1%der Schutzwaldpflege knapp 70% der Holzmenge an, in der reinen Holznutzung, Insgesamt fallen in 0% von Totale Holzmenge m3 durchschnittlich Eingriffszweck rund 20% (73 000 m3 pro Jahr). Erholung- und Tourismus Holzproduktion Landwirtschaft Natur- und Landschaft va 0.30% 19.69% 1.09% 5.10% 1% rgebnis 0.30% 19.69% 1.09% 5.10% 0%

rgebnis

Summe von Totale Holzmenge m3 Region 3_Surselva Gesamtergebnis

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014

Eingriffszweck Erholung- und Tourismus Holzproduktion 0.30% 1% 0% 0.30%

Landwirtschaft 19.69% 19.69%

1.09% 1.09%

Natur- und Landschaft 5.10% 5.10%

Erholung- und Tourismus 20% Holzproduktion Landwirtschaft Natur- und Landschaft 20% 1741Erholung- und Tourismus 20% 13713 2322 2988 Jahr Holzproduktion Landwirtschaft Natur- und Landschaft 2005 1741 13713 2322 2988 Erholungund Tourismus Erholung- und Tourismus 3798 113802113802 9116 9929 2006 3798 9116 9929 Holzproduktion 2007 5346 116282 14887 13214 2% Holzproduktion 5346 116282 14887 13214 2% Erholung- und Tourismus 2008 1407 76778 4498 25059 Landwirtschaft 2009 3000 62293 5949 27305 Holzproduktion 1407 76778 4498 25059 2% Naturund Landschaft Landwirtschaft 2010 2191 3510 30645 Landwirtschaft 6% 73508 3000 62293 5949 27305 2011 2266 73740 4592 27610 Natur- Rodung und Landschaft 6% 67548 2012 2302 4492 und Landschaft 30275 NaturRodungSchutz vor Naturgefahren 2191 3510 30645 2013 2847 3184 35417 6% 73508674761% Schutz vor Naturgefahren Wild und Jagd 2014 70% 1441 68887 1697 30194 Rodung 2266 73740 4592 27610 1% Wild und Jagd (Leer) Gesamtergebnis 26339 734027 54247 232636 2302 67548 4492 30275 70% Schutz vor Naturgefahren 2847 67476 3184 35417 1% Landwirtschaft Wild und Jagd Erholung- und Tourismus Holzproduktion Natur- und Landschaft 70% 1441 68887 1697 30194 0.73% 20.39% 1.51% 6.46% 26339

734027

54247

232636

Abbildung 5: Anteile der genutzten Holzmenge nach Eingriffszweck (LeiNa 2005 – 2014)

Erholung- und Tourismus Holzproduktion 0.73% |

Waldentwicklungsplan 2018+ 21. 06. 2017

Landwirtschaft 20.39%

Natur- und Landschaft 1.51% 6.46%

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OB HOLZNUTZUNG

Einen grossen Einfluss auf die Rentabilität der Holznutzung haben die Zwangsnutzungen. Einerseits sind die Kosten für das Aufrüsten dieser höher, andererseits führen hohe Zwangsnutzungen in der Regel zu stark sinkenden Holzpreisen. Die Differenz zwischen Produktionskosten und Holzertrag nimmt dadurch noch stärker zu. Um Folgeschäden wie Borkenkäferbefall zu vermeiden, müssen beHiebsatz und Nutzungen 1991- 2011 troffene Bäume oftmals aus dem Wald entfernt werden. In den letzten 30 Jahren betrugen die Hiebsatz und Nutzung in Tfm eingerichtet Zwangsnutzungen rund ¹∕³ der Gesamtnutzung. Tfm Jahr 1980 1981 Hiebsatz 600000 312'837 316'232 Zwangsnutzungen 319'615 Normalnutzungen Normalnutzungen 164'359 Zwangsnutzungen 0 196'173 Nutzung im Etat ( Tfm) absolut 319'615 360'532 500000 produktive Waldfläche % 0% 54% m3 400000 Jahr 1980 1981 Hiebsatz 279'319 282'350 Normalnutzungen 285'371 146'749 300000 Zwangsnutzungen 0 175'154 Nutzung im Etat ( m3) absolut 285'371 321'904 produktive Waldfläche

1982 318'423 Hiebsatz 161'993 95'173 257'166

1983 318'533 140'782 147'938 288'720

1984 319'618 123'557 228'454 352'011

1985 323'388 165'461 173'544 339'005

1986 328'828 164'750 163'790 328'540

37%

51%

65%

51%

50%

1982 284'306 144'637 84'976 229'613

1983 284'404 125'698 132'088 257'786

1984 285'373 110'319 203'977 314'296

1985 288'739 147'733 154'950 302'683

1986 293'596 147'098 146'241 293'339

200000

100000

0

Abbildung 6: Hiebsatz und Nutzungen in Tfm seit 1980

100% 90%

Energieholz

80%

Nutzholz

Industrieholz

70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0%

Abbildung 7: Anteile der Hauptsortimente

Den grössten Anteil am verkauften Holz nimmt das Stammholz ein. Sein Anteil stieg bis zur Jahrtausendwende auf 85%. In den letzten Jahren nahm der Anteil wieder ab. Minderwertiges Stammholz wird heute vermehrt als Energieholz verkauft. 27% des geernteten Holzes oder rund 110 000 Tfm werden in jüngster Zeit energetisch genutzt. Im Vergleich zur Periode 1980 – 1984 hat sich dieser Wert verzehnfacht. Das Industrieholz hatte in Graubünden nur von 1945 bis 1995 eine Bedeutung, heute ist es bedeutungslos. 40

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OB HOLZNUTZUNG

Die Nachfrage nach Holz aus Graubünden dürfte in Zukunft steigen. Einerseits ist dies auf einen erhöhten Holzbedarf zurückzuführen. Ein weiterer Grund liegt darin, dass im Schweizer Mittelland in den nächsten Jahrzehnten viel weniger Nadelholz produziert werden wird. Der Nadelholzbedarf muss somit aus den Wäldern der Voralpen und Alpen gedeckt werden. Ein grosser Teil der gesteigerten Nachfrage betrifft das Energieholz. Mit der Energiestrategie 2050 soll der Holzenergieanteil des Wärme- und Strombedarfs der Schweiz auf 15% gesteigert werden (heute 4%). Diese Nachfragesteigerung wird aber erst mittel- bis langfristig wirksam. Es ist daher wichtig, das Holzproduktionspotential zu erhalten, um in Zeiten steigender Nachfrage das gewünschte Holz­ ­liefern zu können. Die Verarbeitung des Rohstoffes Holz erfolgt leider grösstenteils ausserhalb des Kantons. Die einheimischen Sägereien können im Massenmarkt nicht mit den immer grösseren Sägewerken ausserhalb des Kantons konkurrieren. Als Folge davon wird fast 100% des Stammholzes exportiert. Käufer sind überwiegend Bündner Forstunternehmer, die gleichzeitig als Holzhändler auftreten. 40% des Rundholzes werden heute über die drei Holzvermarktungsorganisationen Reziaholz, LENCA und Prättigau/Landschaft Davos Forst GmbH vermarktet. Nur ein Bruchteil (vor allem Spezialsortimente) wird direkt an die einheimischen Sägereien verkauft. Noch vor 30 Jahren war die Situation anders: 40% des Holzes wurden an Bündner Säger und 10% an Schweizer Säger verkauft. Die restlichen 50% wurden exportiert, grösstenteils an italienischen Sägereien in das Veltlin. Ganz anders zeigt sich die Situation auf dem Energieholzmarkt. Hier wird der grösste Teil direkt in den Gemeinden oder in der Region verkauft.

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OB HOLZNUTZUNG

1.2 Holznutzung in der Region Herrschaft/Prättigau/Davos Das verfügbare Holznutzungspotential in der Region beträgt 91 000 m3. Davon sind 45 600 m3 Stammholz, 43 200 m3 Energieholz und 2200 m3 Industrieholz. In den letzten fünf Jahren wurden durchschnittlich rund 71 000 m3 Holz verkauft. Davon 74% als Stammholz, 1% als Industrieholz und 25% als Energieholz. Knapp ²∕³ des genutzten Holzes stammen aus der Schutzwaldpflege und 7% von Holzschlägen zu Gunsten des Natur- und Landschaftsschutzes. Die Holzmenge mit dem ausschliesslichen Hintergrund Holzproduktion beträgt 23%. Aufgrund des verfügbaren Nutzungspotentials könnten in der Region zusätzlich 20 000 m³ genutzt nachhaltig 1990-94 1995-1999 2000-2004 2005-2009 2010-2014 werden. nachhaltig 1990-1994 1995-1999 2000-2004 2005-2009 2010-2014 verfügbares

985-1989 85-1989

verfügbares NutzungsNutzungspotential potential

120000

100000

Nutzholz Industrieholz Energieholz Industrieholz Energieholz

Nutzholz

m3

80000

60000

40000

20000

0

1980-84

1985-1989

1990-94

1995-1999

Nutzholz

2000-2004

Industrieholz

2005-2009

2010-2014

nachhaltig verfügbares Nutzungspotential

Energieholz

Abbildung 8: Holznutzungen und verfügbares Nutzungspotential

In den 19 Sägereien der Region wurde in den letzten Jahren durchschnittlich 7750 m³ Holz eingeschnitten. Die Gemeindesägerei in Schiers verarbeitet mit 650 m³ am meisten Holz. Dazu kommen verschiedene Kleinstbetriebe mit Mobilsägen mit wenigen m³ Einschnitt pro Jahr.

1.3 Problematische Überlagerungen Solange die Eingriffe nach den anerkannten waldbaulichen Standards erfolgen, hat die Holznutzung keine problematischen Einwirkungen auf andere Waldfunktionen. Um die Ertragsfähigkeit des Standortes zu erhalten, ist es wichtig, dass die Bodenfruchtbarkeit langfristig erhalten bleibt. Insbesondere durch die Nutzung von ganzen Bäumen (Vollbaumernte) können auf empfindlichen Standorten die Wuchsbedingungen durch Nährstoffentzug verschlechtert werden. Fege- und Schälschäden des Wildes oder Wurzelschäden durch die Beweidung können zu Rotfäule führen und damit die Holzqualität stark vermindern. Indirekt selektioniert das Wild durch den Verbiss der bevorzugten Baumarten auch das Baumarten­ spektrum und somit langfristig die Holzsortimente.

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OB HOLZNUTZUNG

2. Allgemeine Ziele und Strategien Ziel

Strategie

Kontrollgrösse

Qualitative Zielsetzung: Das aus volkswirtschaftlicher und öko­logischer Sicht nachhaltig nutzbare Waldholzpotenzial soll ausgeschöpft werden können.

Grundsätzlich werden die waldbaulich notwendigen Massnahmen von der Pflege bis zur Holzernte möglichst wir­kungsorientiert ausgeführt.

Allgemeiner Waldzustand aus der Waldinventur oder den Bestandes­ kartierungen.

Holz als Koppelprodukt nutzen um den Deckungsbeitrag an den Kosten zur Erfüllung seiner Funktionen zu erhöhen. Die öffentlichen Gelder sollen so eingesetzt werden, dass die Nutzung des dabei anfallenden Holzes gefördert wird.

Der Holzvorrat ist auf einen standortsabhängigen Gleichgewichtsvorrat reduziert.

Bei guten Holzmarktsituationen kann die Eingriffsstärke verstärkt auf die kurzfristigen ökonomischen Ziele unter Einhaltung der Rahmenbedingungen der übergeordneten Funktionen ausgerichtet werden. Sonst werden Eingriffsstärke und Eingriffsturnus (je Holzschlag) auf einer mittel- bis langfristigen Zuwachserhaltung ausgerichtet.

Nutzungsmenge pro ha in Abhängigkeit der Holzpreise und der eingesetzten öffentlichen Mittel zur Förderung der Holznutzung.

Die schädlichen Einflüsse (Wildschäden und Schäden durch die Beweidung) werden reduziert.

Anzahl Weideregelungen und Schälschäden.

Im Schutzwald geschieht dies durch einen langsamen, regelmässigen Abbau solange der erntekostenfreie Erlös positiv ist.

Vorrat/ha pro Haupt-Waldgesellschaft.

In den festgelegten Vorrangflächen der übrigen WEP Objektblättern sind die entsprechenden Ziele zu berücksichtigen. In allen anderen Flächen gelten nur Einschränkungen gemäss Waldgesetz. Die Holzproduktion erfolgt nach der bestmöglichen Methode (best practice).

Eine tauglich oder mindestens bedingt taugliche Infrastruktur für eine kostengünstige Holzernte ist auf 80% der Waldfläche vorhanden.

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Das AWN unterstützt die Bestrebungen der Wald­eigentümer und Forstbetriebe zur Prozessoptimierung in der gesamten Produktionskette von der biologischen Produktion, über die Holzernte bis zum Rücken und Transport unter folgenden Bedingungen: – Einschränken der Vollbaumernte auf Standorten, welche auf Nährstoffentzug empfindlich reagieren. – Verzicht auf ein schematisches Anlegen von Holzschlägen zugunsten des Landschaftsbildes.

Produktionskosten aus betriebswirtschaftlichem Controlling Netz GR (BCN).

Ausnutzen natürlicher Prozesse zwecks Optimierung des Pflegeaufwandes (Selbstregulierung).

Entwicklung der Kosten für die Jungwaldpflege.

Förderung eines (aus produktionstechnischer und ökonomischer Sicht geeigneten) Erschliessungskonzeptes, welches die Rahmenbedingungen für eine effiziente Holznutzung ermöglicht.

Waldfläche mit geeigneter Infrastruktur.

Periodische Anpassung der Infrastruktur an neue Holzerntemethoden.

Vergleich der Produktionskosten mit den Investitionskosten.

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OB HOLZNUTZUNG

3. Koordination 3.1 Schutzfunktion 3.1.1 Ausgangslage und Zielsetzung Die Holznutzung kann je nach Waldbestand ein wichtiges Mittel sein für den Erhalt der Schutzwirksamkeit. Das in der Schutzwaldpflege anfallende Holz soll deshalb möglichst genutzt werden. Dabei gelten folgende Grundsätze: – Die waldbauliche Zielsetzung muss auf die Schutzfunktion ausgerichtet werden. – Waldbau­liche Kriterien zur Förderung der Holznutzung (z.B. Holzqualität, Zuwachssteigerung) sind im Schutzwald zweitrangig. Die Eingriffsstärke und der Eingriffsrhythmus richten sich nach den Schutzwaldanforderungen und nicht nach ökonomischen Prinzipien einer effizienten Holznutzung. Dies gilt insbesondere auch auf sehr produktiven Standorten der Schutzwald-Typen A und B. 3.1.2 Massnahmen Die Koordination erfolgt vor Ort bei der Anzeichnung und bei der Holzernte. 3.1.3 Finanzierung Massnahmen, welche der Schutzfunktion dienen, werden über die Schutzwaldpflege finanziell unterstützt. Der Waldeigentümer kann – im Rahmen der Flächenpauschalen der Schutzwaldpflege – entscheiden, ob er spezielle Massnahmen zugunsten der Holznutzung ergreifen und selbst finanzieren will. 3.1.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Amt für Wald und Naturgefahren. Beteiligte: Waldeigentümer, Revierförster.

3.2 Natur und Landschaft 3.2.1 Ausgangslage und Zielsetzung Die Holznutzung ist auf allen Vorrangflächen Natur- und Landschaft möglich. Ausnahmen bilden Naturwaldreservate und Moore. In den Auenwäldern und in den Lebensräumen des Auerwildes ist eine spezielle Abstimmung notwendig. – Der Charakter der Auenwälder ist zu erhalten. Auf die für diesen Standort typische Baum­ artenzusammensetzung ist Rücksicht zu nehmen. Ebenfalls sind wilde Bestände mit einer dichten Strauchschicht und einer totholzreichen Mittel- und Oberschicht zu erhalten. – In den Auerhuhn Lebensräumen muss die Nutzung zurückhaltend erfolgen. Auf die inneren Waldränder ist besonders zu achten. Während der Balz- und Brutzeit sollen keine waldbau­ lichen Massnahmen durchgeführt werden. 3.2.2 Massnahmen Die Koordination erfolgt bei der Schlagplanung und vor Ort bei der Anzeichnung sowie der Holzernte. 3.2.3 Finanzierung Massnahmen zur Biodiversitätsförderung ausserhalb der Vorrangflächen Natur und Landschaft sind durch den Waldeigentümer zu finanzieren.

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OB HOLZNUTZUNG

Holznutzungsverzichte in Naturwaldreservaten und Altholzinseln werden durch die Mittel der Bio­ diversität entschädigt. Innerhalb der übrigen Vorrangflächen kann der Waldeigentümer – im Rahmen der Flächenpauschale – entscheiden, ob er spezielle Massnahmen zugunsten der Holznutzung ergreifen und selbst finanzieren will. 3.2.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Amt für Wald und Naturgefahren. Beteiligte: Waldeigentümer, Bewirtschafter, Amt für Natur und Umwelt.

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OB HOLZNUTZUNG

3.3 Erholung und Tourismus 3.3.1 Ausgangslage und Zielsetzung Die Anliegen von Erholung und Tourismus konkurrieren sich nicht. Konflikte ergeben sich dort, wo die Zugänglichkeit zum Wald wegen Holzschlägen kurzfristig eingeschränkt ist oder das gewohnte Waldbild nach intensiveren Holzschlägen stark und schnell ändert. 3.3.2 Massnahmen Grundsätzlich liegt es im Ermessen des Waldeigentümers die Anliegen der Erholungssuchenden bei der Holznutzung zu berücksichtigen. Die Einschränkungen durch Holzschläge sind möglichst kurz zu halten. Die Konflikte sind gemäss den im OB Erholung & Tourismus festgelegten Strategien zu lösen. 3.3.3 Finanzierung Die Finanzierung spezieller Massnahmen/Infrastrukturen zugunsten der Erholungsnutzung ist Aufgabe des Waldeigentümers resp. der Nutzniesser. 3.3.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Gemeinde, Revierförster. Beteiligte: Waldeigentümer, Revierförster; Nutzniesser.

3.4 Weidwald 3.4.1 Ausgangslage und Zielsetzung Die Beweidung beeinträchtigt eine auf Holznutzung ausgerichtete Waldbewirtschaftung. Durch die Beweidung entstehen Wurzelverletzungen an den Bäumen, welche später sehr oft zu Holzfäule

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OB HOLZNUTZUNG

f­ ühren. Das Holz kann gar nicht oder nur noch als minderwertiges Brennholz verkauft werden. Im Einzelfall (Lärchenweidwälder) kann die Beweidung aus Sicht der Holzproduktion toleriert werden. In nicht geregelten Weidwäldern mit überdurchschnittlichem Holznutzungspotential erfolgt die waldbauliche Behandlung zugunsten der Holznutzung. In geregelten Weidwäldern wird die Bewirtschaftung auf die Beweidung ausgerichtet. 3.4.2 Massnahmen In erster Priorität ist die Beweidung in den Objekten 502 (Beweidet, mit Handlungsbedarf) zu regeln. 3.4.3 Finanzierung Für die Regelung der Beweidung (Projektierung) werden die Kosten durch die öffentliche Hand (AWN, ALG) übernommen. Die Markierung der Abgrenzung (exkl. Zäune) ist Aufgabe des Amt für Wald und Naturgefahren. Alle übrigen Aufwendungen für den Erhalt und Pflege der beweideten Wälder sind durch die Nutzniesser zu finanzieren. 3.4.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Amt für Wald und Naturgefahren. Beteiligte: Waldeigentümer, Revierförster, landwirtschaftliche Bewirtschafter.

3.5 Wald-Wild-Jagd 3.5.1 Ausgangslage und Zielsetzung Eine nachhaltige Holznutzung kann nur sichergestellt werden, wenn die dauernde natürliche Verjüngung der Wälder mit standortsgerechten Baumarten sichergestellt ist. Um dieses Ziel zu erreichen müssen die Wildschäden auf ein tragbares Mass reduziert werden. Der bewirtschaftete Wald ist in der Regel auch Lebensraum für das Wild. Der Wildlebensraum wird durch eine normale Holznutzung kaum negativ beeinflusst. Ausnahmen sind Pflegemassnahmen während der Setzzeit. Während den erwähnten Zeiten sollten diese in besonders wichtigen Wild­ einstandsgebieten nicht durchgeführt werden. 3.5.2 Massnahmen Die Strategien und Massnahmen zur Konfliktlösung sind im Objektblatt Wald-Wild-Jagd ­festgelegt. 3.5.3 Finanzierung Lebensraumfördernde Massnahmen zugunsten des Wildes sind durch den Waldeigentümer oder die Nutzniesser zu finanzieren. Wildschadenverhütungsmassnahmen ausserhalb des Schutzwalds können über das Programm Waldwirtschaft finanziell unterstützt werden. Besondere jagdliche Massnahmen werden über das Amt für Jagd und Fischerei finanziert. 3.5.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Amt für Wald und Naturgefahren. Beteiligte: Waldeigentümer, Revierförster, Amt für Jagd und Fischerei, Bündner Kantonaler Patent­ jäger-Verband.

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OBJEKTBLATT

Natur und Landschaft Der Wald verfügt über eine vielfältige Flora und Fauna und trägt damit viel zur Biodiversität in der Landschaft bei. Dieser natürliche Lebensraum wird von der Gesellschaft sehr geschätzt. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat diese Wertschätzung an Bedeutung zugenommen. Graubünden verfügt über eine aussergewöhnliche topo­grafische, klimatische und geologische Vielfalt. Dieser Umstand führt zu einer bedeutenden Anzahl an Waldstandorttypen, welche sich nicht nur in der Zusammensetzung der Baumarten, sondern auch in der Zusammenstellung der Pflanzenarten in der Krautund Strauchschicht unterscheiden. Dies wiederum bietet die Lebensgrundlage für eine grosse Anzahl an Tierarten.

Im Objektblatt wird aufgezeigt: – Welche Eigenschaften den Wert von Wäldern für Natur und Landschaft ausmachen, – wie die Anliegen von Natur und Landschaft im Rahmen der Waldpflege und -nutzung im Allgemeinen zu berücksichtigen sind, – auf welchen Flächen die Biodiversität mit zielgerichteten Massnahmen gefördert werden soll, – wie bei Überlagerungen von Anliegen der Biodiversität mit anderen Waldleistungen umgegangen werden kann.

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OB NATUR UND LANDSCHAFT

1. Situation 1.1 Natur und Landschaft im Kanton Fachleute bezeichnen den Wald als Primärbiotop. Dies bedeutet, dass sich der Wald über Jahrmillionen hinweg ohne menschliches Zutun entwickelt hat. So entstand ein Ökosystem mit einer hohen biologischen Vielfalt; man spricht hier auch von Biodiversität. Diese Biodiversität gilt es zu erhalten, einerseits um damit die Stabilität des Ökosystems langfristig zu gewährleisten, anderseits aber auch einfach aus Respekt gegenüber der Natur. Zu meinen, man könne die Natürlichkeit des Waldes als Primärbiotop nur durch Ausschluss von menschlichen Einflüssen erhalten, trifft aus folgenden Gründen aber auch nicht zu: – Bereits seit Ende des Mittelalters wurden die meisten Wälder im westlichen Mitteleuropa durch den Menschen genutzt. Oft geschah dies sogar sehr intensiv. Deshalb gibt es bei uns kaum mehr unberührte Wälder. – Bei einer umsichtigen Pflege und Nutzung können Wälder sehr naturnah bewirtschaftet werden. Auch damit erzielt man eine hohe Biodiversität. Der Waldbau-Maxime nach Leibundgut, wonach der Förster die Waldentwicklung nicht beherrschen, sondern lenken soll, wird traditionsgemäss nachgelebt. Dieses oberste Prinzip des naturnahen Waldbaus hat dazu geführt, dass die Biodiversität in unseren Wäldern generell als gut beurteilt wird, auch wenn punktuelle Defizite festzustellen sind. – Unsere heutige Landschaft verfügt über mannigfaltige Lebensräume mit einer ausgeprägten Biodiversität und einem herausragenden landschaftlichen Reiz. Dies ist nicht zuletzt auch auf biotopfördernde Nutzungen zurückzuführen. Beispiele dafür sind Weidwälder oder Kastanienselven. Verschiedene übergeordnete Konzepte regeln die Anliegen von Natur und Landschaft im Rahmen der Waldbewirtschaftung. Folgende Konzepte wurden im vorliegenden Objektblatt berücksichtigt: – Nationale Standards für die Waldzertifizierung in der Schweiz von 1999. – Festlegungen zur Erhaltung und gezielten Verbesserung der Biodiversität im Wald gemäss Waldpolitik 2020 des Bundes (BAFU, 2013). – Vollzugshilfe Biodiversität im Wald: Ziele und Massnahmen (BAFU, 2015).

1.2 Natur und Landschaft in der Region Herrschaft/Prättigau/Davos Aufgrund der generellen Überlegungen zu Natur und Landschaft im Kanton Graubünden wurde eine breite Palette von Naturvorrangflächen definiert. Die regionalen Eigenheiten wurden dabei sorgfältig berücksichtigt. Die für die Region Herrschaft/Prättigau/Davos bezeichneten Naturvorrangflächen nehmen, aufgeteilt auf die einzelnen Typen, die in Tabelle 4 aufgeführten Flächenanteile ein. Zu beachten ist, dass die Bedeutung der unterschiedenen Typen nicht in erster Linie von deren Flächenanteilen abhängt. Massgebend ist die Vielfalt über die ganze Region hinweg. Dazu tragen auch Biotop-Typen mit geringen Flächenanteilen sehr wesentlich bei.

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OB NATUR UND LANDSCHAFT

Nr.

Naturvorrangflächen

Fläche [ha]

Fläche [%]

3010

Auen

337

5

3111

Besondere Gehölzarten : Arve

122

2

3113

Besondere Gehölzarten : Eichen

189

3

3130

Moore im Wald

735

11

3210

Bestehende Naturwaldreservate

477

7

3220

Potentielle Naturwaldreservate

498

8

3310

Lebensraumförderung Auerhuhn

2649

40

3322

Andere Lebensräume: Lichte Wälder

132

2

3410

Weidwälder

399

6

3511

Waldränder: Länge 46,4 km

93

2

3512

Verzahnung Wald und Offenland

923

14

6554

100

Summe über alle Typen

Tabelle 4: Flächen-Anteile der Natur-Vorrangflächen in der Region Herrschaft/Prättigau/Davos, unterteilt nach Typen.

1.2.1 Auen Auen werden durch angrenzende Gewässer geprägt. Sie weisen eine sehr spezifische Pflanzendecke auf. Zur grossen Pflanzenvielfalt gesellt sich eine reiche Tierwelt. In der Schweiz sind in den letzten zwei Jahrhunderten rund 90% der Auen vorwiegend durch gewässerbauliche Massnahmen verloren gegangen. Ein sorgsamer Umgang mit den übrig gebliebenen Auenwäldern ist deshalb sehr wichtig. Mit gezielten forstlichen Massnahmen kann in den inaktiven Auen (Wälder, die nicht mehr durch die ursprüngliche Dynamik des angrenzenden Gewässers geprägt sind) die Vielfalt erhalten oder sogar erhöht werden. Herrschaft/Prättigau/Davos: Die flächenmässig bedeutendsten Auenwäldern der Region kommen entlang des Rheins zwischen Landquart und der Grenze zu Liechtenstein vor. Der Ellwald bei Fläsch bildet dabei einen besonderen Schwerpunkt. Diese Auen sind grösstenteils nicht mehr der direkten Gewässer­ dynamik des Rheins unterworfen. Dies hat zur Folge, dass sie sich von den eigentlichen Auenwäldern weg entwickeln. Es ist eine grosse Herausforderung, die für Auen typischen Gehölz­ arten in angemessen grossen Beständen zu erhalten. Mit ihren leichten Samen sind Weiden und Pappeln für eine natürliche Verjüngung auf temporär vegetationsfreien Flächen wie Kiesbänke oder Schlickflächen angewiesen. Neue vegetationsfreie Flächen entstehen aufgrund des durch Dämme eingeengten Flusslaufes seit Jahrzehnten im Talboden kaum mehr. Die vereinzelten Flächen, welche doch noch entstehen, werden schneller von Neophyten wie den Sommerflieder besiedelt als von Weiden oder Pappeln. Bei der Schwarzpappel kommt hinzu, dass durch den früheren Anbau von Hybridpappeln (Kreuzung der Europäischen mit der Kanadischen Schwarzpappel) eine für die Biodiversität problematische genetische Veränderung droht. Das Rheintal hat laut Untersuchungen der WSL einen sehr hohen Prozentsatz von reinen Schwarzpappeln.

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1.2.2 Besondere Gehölzarten In Graubünden gedeihen in der Natur rund 50 einheimische Baum- und über 90 einheimische Straucharten. Die Förderung von seltenen und besonderen Gehölzarten orientiert sich an der schweizerischen und der internationalen Roten Liste, der Liste der Verantwortungsarten der Schweiz, den Resultaten des Projekts SEBA (seltene Baumarten) der ETH und an den Überlegungen zu den Graubündner Spezialitäten (Richtlinien zur Förderung seltener Baum- und Straucharten, AWN 2008). ARVE

Bergbau und Alpwirtschaft haben in den vergangenen Jahrhunderten die Verbreitung der Arve nördlich der Linie Wolfgang/Davos – Landwasser – Rona – Rofla/Andeer – Splügen – Lukmanierpass auf meist kleine Restbestände zusammenschrumpfen lassen. Dasselbe gilt für die südliche Val Poschiavo sowie das Moesano. In den heutigen Hauptverbreitungsgebieten der Zentralalpen ist sie hingegen in starken und vitalen Beständen vertreten. Herrschaft/Prättigau/Davos: Die südlichsten Teile der Region Herrschaft/Prättigau/Davos liegen im Hauptverbreitungsgebiet der Arve. Hier sind einige schöne Bestände vorhanden. Nur wenig nördlich davon sind Arven ausgesprochen rar. So findet man im angrenzenden Reliktareal nur noch wenige Rest­ bestände, beispielsweise in den Gemeinden Klosters-Serneus und Conters. WEISSTANNE

Die natürliche Verjüngung ist seit Jahrzehnten kaum mehr möglich. Grund dafür ist der starke Verbiss durch das Schalenwild. Schutzmassnahmen, insbesondere Zäune gegen Wildverbiss, erfolgen im

Restbestände von Arven bei Klosters.

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Haupt- und Nebenareal der Weisstannenverbreitung vor allem über die Schutzwaldpflege. Der Verjüngungsschutz in den Reliktgebieten der Weisstanne erfolgt dagegen im Rahmen der Förderung der Waldbiodiversität. Die Reliktgebiete der Weisstanne liegen grösstenteils in den inneren Talabschnitten oberhalb 1000 m. ü. M. Herrschaft/Prättigau/Davos: Mit Ausnahme des Gemeindegebietes Davos liegt die Region im Haupt- und Nebenareal der Weisstanne. Ihre Sicherung muss deshalb vordringlich in den Schutzwäldern erfolgen. Die Förderung der Weisstanne ist in der Region Herrschaft/Prättigau/Davos somit nicht Bestandteil der Biodiversitätsförderung. EICHEN

Reine Eichenwälder sind in Graubünden selten. Eichen haben aber eine besondere ökologische und kulturhistorische Bedeutung. In Graubünden bestehen Eichenbestände in der Regel aus Trauben-, seltener aus Stieleichen. Ihre charakteristische Struktur bietet in Verbindung mit den speziellen Standortsbedingungen Lebensraum für viele spezialisierte Pflanzen- und Tierarten. Etliche Eichenvorkommen sind Zeugen von jahrhundertealten Nutzungsformen. Herrschaft/Prättigau/Davos: In den tiefen Lagen der Herrschaft sind an den Talhängen überall verstreut Eichenstandorte anzutreffen. Weitherum bekannt sind die aus früherer traditioneller Landnutzung hervorgegangenen Eichenhaine im Gebiet Bovel und Heidibrunnen oberhalb von Maienfeld. Die riesigen alten Eichen sind dort sehr eindrücklich. Auch an den Südhängen im Vorderen Prättigau sind Eichenstandorte vorhanden. Auch sie liefern einen grossen Beitrag an die natürliche Vielfalt. WEITERE FÖRDERUNGSWÜRDIGE GEHÖLZARTEN

In Graubünden wachsen einige für die Biodiversität wichtige, aber nur selten vorkommende Baumund Straucharten. Es sind dies Eibe, Sefibaum, Schwarzerle, Feldulme, Hopfenbuche, Elsbeere, Wildbirne und Holzapfel. Ihr Vorkommen wird durch das Amt für Wald und Naturgefahren erfasst und laufend ergänzt. Für folgende Weidenarten hat der Kanton Graubünden eine besondere Verantwortung: Laggers Weide, Seidenhaarige Weide, Stink-Weide, Schweizer Weide, Blaugrüne Weide und Lorbeerweide. Diese Weidenarten kommen entweder gewässerbegleitend vor oder stocken im Bereich der oberen Waldgrenze. Dadurch sind sie durch die Waldnutzung kaum je betroffen. Es ist aber wichtig, dass die entsprechenden Gebüschkomplexe erhalten bleiben. Herrschaft/Prättigau/Davos: In der Region kommt vor allem die Eibe vor. Dies meist in Form von Einzelbäumen und Baumgruppen in der Herrschaft sowie im vorderen und mittleren Prättigau. Der Fortbestand dieses vom Schalenwild bedrohten Nadelbaums ist gefährdet. Vor allem in der Herrschaft kommen an geeignete Standorte die seltenen Baumarten Wildapfel, Wildbirne und Elsbeere vor. Sie sind eng mit den Eichenwaldstandorten verbunden und sollten im Rahmen der Eichenförderung erhalten und gefördert werden. 1.2.3 Seltene Waldgesellschaften Seltene Waldgesellschaften sind durch die Natur- und Heimatschutz-Gesetzgebung (NHG) geschützt. In Graubünden gehören gemäss den Vorgaben des BAFU (2015) über die National prioritären Waldgesellschaften 20 Waldgesellschaften dazu (Tabelle 5). Waldentwicklungsplan 2018+ | 21. 06. 2017

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Waldstandort Name deutsch

Waldstandort Name wissenschaftlich

Waldstandort Kürzel GR

Priorität BAFU

Lerchensporn-Ahornwald

Corydalido-Aceretum

22C

3.

Typischer TurinermeisterLindenwald

Asperulo taurinae-Tilietum typicum

25, 25A, 25C, 25F

2.

Tieflagen-WeisserlenAuenwald

Alnetum incanae cornetosum sanguineae

32C, 32M, 32V, 32VA, 32VC

3.

Gamander-Traubeneichenwald

Teucrio-Quercetum typicum

40*, 40*P, 40+, 40M

1.

Typischer ZwergbuchsFichtenwald

Polygalo chamaebuxi-Piceetum typicum

53

3.

Typischer Erika-Fichtenwald

Erico-Piceetum typicum

53*

3.

Lärchen-Arvenwald mit Erika, bzw. mit Steinrose

Larici-Pinetum cembrae ericetosum Larici-Pinetum cembrae rhododendretosum hirsuti

59E, 59H

2.

Typischer SteinmispelArvenwald

Cotoneastro-Pinetum cembrae typicum

59C

3.

Typischer HauhechelFöhrenwald

Ononido-Pinetum typicum

65*, 65C, 65E, 65+, 65+E, 65L

3.

Auen-Föhrenwald

Ligustro-Pinetum silvestris

66

1.

Erika-Bergföhrenwald mit Niedriger Segge

Erico-Pinetum montanae caricetosum humilis

67C, 67*

1.

Typischer SteinrosenBergföhrenwald

Rhododendro hirsuti-Pinetum montanae typicum

69, 69t, 69Cl, 69S

3.

Typischer AlpenrosenBergföhrenwald

Rhododendro ferruginei-Pinetum montanae typicum

70, 70C, 70E

3.

Torfmoos-Bergföhrenwald

Sphagno-Pinetum montanae

71

3.

Tabelle 5: Verzeichnis der seltenen Waldgesellschaften. Fett gedruckt: Schutzbedarf in GR hoch oder mittel.

Für den Kanton Graubünden liegt keine flächendeckende Waldstandortskartierung vor. Die seltenen Waldgesellschaften können somit nicht kartografisch dargestellt werden. Der Forstdienst muss sie vor Ort erkennen können. 1.2.4 Moore im Wald Mit ihrer sehr speziellen Pflanzen- und Tierwelt sind Moore für die Biodiversität sehr wichtig. Sie tragen auch viel zum landschaftlichen Reiz bei, vor allem dann, wenn sie im Waldgebiet liegen. In der Datenbank mit den Planungsobjekten sind Moore nur dann enthalten, wenn sie von Wald umgeben sind oder an Wald angrenzen. Herrschaft/Prättigau/Davos: Die Region weist eine hohe Dichte von nahe zum Wald gelegenen Mooren auf.

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Die im Wald eingebetteten Moore unterbrechen die geschlossene Walddecke auf natürliche Weise. Alpnovawald bei Seewis

1.2.5 Naturwaldreservate Naturwaldreservate (NWR) bieten jenen Organismen einen Lebensraum, welche auf reife Entwicklungsstadien des Waldes mit alten Bäumen und Totholz angewiesen sind. Die Anzahl der Arten, die auf sehr alte und abgestorbene Bäume angewiesen sind, wird in der Schweiz auf rund 6000 geschätzt. Zu ihnen gehören unter anderem rund 2500 Pilz-, 1300 Käfer-, 670 Flechten- und 130 Schneckenarten. Naturwaldreservate zeigen ausserdem beispielhaft auf, wie sich Wald ohne Einfluss des Menschen entwickeln kann. Daraus können Folgerungen für die Pflege und Nutzung von Wäldern abgeleitet werden. Herrschaft/Prättigau/Davos: Die bisher in der Region eingerichteten sieben Naturwaldreservate von insgesamt 475 ha umfassen vor allem Buchen- und Buchen-Tannen-Wälder, in denen sich auch einige Ulmen-­ Ahornwälder befinden. Dank den Naturwaldreservaten ‹Salgina› und ‹In den Zügen› sind auch montane Fichtenwälder und Bergföhrenwälder vertreten. 1.2.6 Lebensraumförderung Auerhuhn Auerhuhn-Lebensräume werden seit den Neunzigerjahren mit hoher Priorität gefördert. Einerseits weil heute mindestens ¹⁄³ der gesamtschweizerischen Auerhuhnpopulation in Graubünden lebt. Anderseits gilt das Auerhuhn aber auch als beste Indikatorart für strukturreiche und störungsarme Bergwälder. Deshalb spricht man von einer Schirmwirkung des Auerhuhns. Das bedeutet, dass durch die Förderung von Strukturelementen, welche für das Auerhuhn günstig sind, der Biodiversität des behandelten Gebirgswaldes insgesamt geholfen ist. Die Erfahrung hat gezeigt, dass zur Erzielung der gewünschten Schirmwirkung die Lebensraumförderung Auerhuhn immer mit der Schonung von Alt- und Totholz einhergehen muss. Waldentwicklungsplan 2018+ | 21. 06. 2017

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Herrschaft/Prättigau/Davos: In der Region gibt es viele Auerhuhnvorkommen. Besonders hervorzuheben sind die beiden grossen Gebiete im Raum Stürfis-Alpnovawald in den Gemeinden Seewis, Maienfeld und Fläsch. Hier wurde bereits ein Sonderwaldreservat eingerichtet. Ebenso im Gebiet Fajungga in den Gemeinden Luzein und Schiers. Die dazwischen sowie im hinteren Prättigau und in der Gemein­ de Davos gelegenen Vorkommen beschränken sich mehrheitlich auf höhere Lagen. Ihr Vorkommen wird immer wieder von Geländekammern unterbrochen, welche durch das Auwerwild nicht besiedelt sind. Damit besteht die Gefahr einer Verinselung der aktuell besiedelten Gebiete.

Waldbauliche Eingriffe wie hier im Sonderwaldreservat Stürfis-Alpnova/Seewis zugunsten des Auerhuhns bringen Licht in den Wald und fördern gleichzeitig den Strukturreichtum.

1.2.7 Förderung anderer Lebensräume Lichte Wälder sind sehr wichtig für Pflanzen und Tiere, die einerseits licht- und wärmebedürftig sind, anderseits aber doch Baum- oder Gebüschgruppen brauchen. Dazu gehören beispielsweise zahlreiche Orchideenarten oder verschiedene Tagfalter-, Heuschrecken- und Reptilienarten mit grossem naturschützerischen Wert. Wälder offen zu halten kann aufwändig sein. Weil solche Flächen langfristig immer wieder gepflegt werden müssen, ist es wichtig solche Objekte sorgfältig auszuwählen. Herrschaft/Prättigau/Davos: Lichte Wälder sind vor allem in der Herrschaft anzutreffen. Es handelt sich dabei um trockene Wälder mit Waldföhren sowie Wald in der Umgebung eines Feuchtgebietes. Für den Artenschutz speziell zu erwähnen ist das Grüscher Älpli auf Boden der Gemeinde Schiers. Auf den locker stehenden grossen Bergahorn-Bäumen wächst das sehr seltene RudolphsTrompetenmoos. 56

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1.2.8 Weidwälder In Graubünden gibt es viele Weidwälder, welche einen grossen Wert für die Biodiversität haben. Dieser ergibt sich vor allem aus dem Nebeneinander von alten Bäumen und einer extensiv bewirtschafteten Krautschicht. Dazwischen verstreute Strauchgruppen erhöhen die Vielfalt dieser Flächen zusätzlich. Weidwälder bereichern das Landschaftsbild und sind Zeitzeugen einer alten Bewirtschaftungsform. Herrschaft/Prättigau/Davos: Die für die Biodiversitätsförderung wichtigsten Weidwälder liegen grösstenteils auf der orografisch linken Talseite des Prättigaus. Hinzukommen Flächen in der Gemeinde Davos (Sertig, Wiesen). Die am höchsten gelegenen Teile des Sonderwaldreservates Stürfis-Alpnova (Seewis, Maienfeld und Fläsch) werden ebenfalls beweidet. 1.2.9 Waldrand und Verzahnung von Wald und Offenland Die Übergangsbereiche von Wald und Offenland sind für die Biodiversität besonders wertvoll und prägen das Landschaftsbild. Besonders hoch ist das Potenzial für die Artenvielfalt, wenn Wald an extensiv bewirtschaftete Offenflächen, insbesondere an Trockenwiesen oder Trockenweiden angrenzt. Entscheidend ist, dass auf den angrenzenden Offenflächen ein breiter Krautsaum eingehalten wird, der nur extensiv bewirtschaftet und nicht gedüngt werden darf. Deshalb setzt die Pflege dieser Biotope eine enge Zusammenarbeit zwischen den Vertretern der Waldseite und der Landwirtschaft voraus. PFLEGE STUFIGER WALDRÄNDER

Harte Grenzlinien zwischen Wald und offenem Kulturland sind ungünstig für die biologische Vielfalt. Eine Aufwertung von Waldrändern ist für den Naturschutz deshalb wichtig. Abgestufte, artenreiche Waldränder sind von Menschenhand geschaffene Habitate und somit nicht natürliche Primärbiotope. Entsprechend setzt der Erhalt solcher Waldränder einen regelmässigen Unterhalt voraus. Dies ist zeitund kostenintensiv. Herrschaft/Prättigau/Davos: Um ein hohe Diversität der Gehölzarten im Waldrandbereich zu erreichen, sind überwiegend südexponierte Waldränder in tiefen Lagen wichtig. Solche Objekte sind hauptsächlich in der Herrschaft und mittleren Prättigau vorhanden. VERZAHNUNG VON WALD UND OFFENLAND

Die Qualität einer Landschaft in der Offenflächen mit Baum- und Gebüschgruppen mosaikartig ineinander greifen, ergibt sich ähnlich wie bei den Weidwäldern und den Selven aus dem Nebeneinander von Bäumen, Sträuchern und einer artenreichen Krautvegetation. Es sind sowohl solitäre Einzelbäume, Baumgruppen als auch Hecken und stufige Waldränder kombinierbar. Auch grössere Amphibienlaichgebiete werden hier dieser Kategorie zugeordnet, denn auch bei diesen ist es wichtig, dass Wald zwar vorhanden ist, dem offenen Seichtwasser jedoch genügend Raum lässt. H errschaft/Prättigau/Davos: Grossflächig wichtige Gebiete in der Region sind die alte Kulturlandschaft bei Äuli/Schiers, der Hang unterhalb Fanas sowie ein Gebiet auf der Luzisteig in der Herrschaft. Einzelne wichtige Flächen mit Verzahnung von Wald mit feuchten resp. nassen Flächen befinden sich in den Moorlandschaften von Furna und Luzein sowie im Umfeld um die bedeutenden Amphibienlaichgewässern im Rheintal wie im Ellwald/Fläsch und den Siechenstuden/Maienfeld. Waldentwicklungsplan 2018+ | 21. 06. 2017

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1.3 Problematische Überlagerungen Grundsätzlich sind alle Wälder für die Biodiversität und die Landschaft wertvoll, auch Wälder, welche einem anderen primären Ziel als jenem der Natur und Landschaft zugewiesen sind. Werden jedoch Gebiete bezeichnet, welche ganz spezifisch auf einen bestimmten Wert von Natur oder Landschaft hin gepflegt werden sollen, können Überlappungen mit anderen Vorrangfunktionen problematisch werden (Tabelle 6). Vorrangfunktion

Schutzwald A

Schutzwald B

Schutzwald C

Holznutzung

Erholung

Beweidung

Wildlebensraum

301 Auenwälder 311 Besondere Baumarten 313 Moore im Wald 321 Bestehende NWR 322 Potentiellle NWR 331 Lebensraum Auerhuhn 332 Lebendraum andere: Laubholz/lichte Wälder 341 Weidwald (Bio) 351 Waldrand/Verzahnung Überlappung in der Regel möglich Überlappung möglichst vermeiden, in besonders geprüften Fällen aber möglich Überlappung ausschliessen

Tabelle 6: Umgang mit Überlagerungen in den Vorrangflächen für Natur und Landschaft

Im Schutzwald muss es grundsätzlich möglich sein, forstliche Eingriffe auszuführen. Eine Kombination mit Naturwaldreservaten ist deshalb nicht möglich, respektive zu vermeiden. Allerdings existiert eine Reihe von Waldstandorts-Typen, in welchen gemäss NaiS mit waldbaulichen Massnahmen die Schutzwirkung eines Waldes kaum verbessert werden kann, so dass Eingriffe bei naturnahem Bestand meist nicht notwendig sind. Holznutzung und Naturwaldreservate schliessen sich aufgrund der gegensätzlichen Zielsetzungen aus. Eine Beweidung von Naturwaldreservaten durch Nutzvieh soll unterbleiben, damit sich diese ungestört entwickeln können. Die Nutzung eines Gebietes durch Erholungssuchende ist ausser bei störungsanfälligen Tierarten, insbesondere dem Auerhuhn, in der Regel gut kombinierbar mit den Zielen von Natur und Landschaft. Die Entflechtung von Erholungsbetrieb und Naturschutzzielen in Mooren ist v.a. Sache des Amts für Natur und Umwelt.

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2. Allgemeine Ziele und Strategien 2.1 Berücksichtigung von Natur und Landschaft im Rahmen der allgemeinen Waldbewirtschaftung 2.1.1 Baumartenmischung Die Baumartenmischung orientiert sich an den standörtlichen Gegebenheiten. Auch Pionier- und Nebenbaumarten, wie Vogelbeere, Birken, Aspe, Weiden, Ahorne, Ulmen, Linden Goldregen (in den Südtälern), sollen entsprechend deren Standortsansprüchen verbreitet oder zumindest in Anteilen vorhanden sein. 2.1.2 Waldstruktur Totholz ist für die Waldstruktur und die natürliche Vielfalt sehr wichtig. Zahlreiche Arten leben auf totem Holz. Gemäss Waldpolitik 2020 soll grossräumig ein mittlerer Totholzvorrat von mind. 25 m3/ha angestrebt werden. Totholz soll nicht nur am Boden, sondern auch an stehenden (abgestorbenen) Bäumen und auch in starken Dimensionen vorkommen. Folgende Massnahmen fördern den Totholzanteil: – Baumstrünke möglichst hoch stehen lassen, wenn Bäume nicht mit dem Zweck Holzproduktion gefällt werden. – Zurückhaltende Räumung bei Zwangsnutzungen und diese nur bei phytosanitärer Dringlichkeit. – Ökologisch interessante Altbäume als Habitatbäume oder Spechtbäume stehen lassen. Auf flächige Verteilung achten. Die Regeln des Forstschutzes sind dabei immer zu beachten. Vernässte oder sehr trockene Stellen wie beispielsweise Waldwiesen sind für die Biodiversität wertvoll und sollen, wenn es die Schutzfunktion erlaubt, unbestockt bleiben. 2.1.3 Generhalt bei den Waldbäumen Ist eine natürliche Verjüngung nicht möglich, werden Pflanzungen vorgenommen. Dabei sollen nur einheimische Provenienzen verwendet werden. Der kantonale Forstgarten in Rodels produziert die gängigsten Bäume und Sträucher und garantiert für gesunde und herkunftsgesicherte Forstpflanzen. Der kantonale Forstgarten sorgt somit für den langfristigen Generhalt der wichtigsten einheimischen Waldbäume in Graubünden. 2.1.4 Standorte von seltenen, empfindlichen Pflanzenarten Um bei waldbaulichen Massnahmen Rücksicht auf sehr seltene und empfindliche Pflanzenarten nehmen zu können, werden deren Standorte soweit bekannt, erfasst und durch das Amt für Wald und Naturgefahren im System LeiNa aufgeführt.

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2.1.5 Landschaft Durch die forstlichen Tätigkeiten soll der Wald als landschaftsprägendes Element erhalten und gefördert werden. Dazu gehören unter anderem das Offenhalten von einwachsenden Flächen, das Ausbilden gestufter Waldränder, aber auch die Rücksichtnahme auf das Landschaftsbild bei Holzschlägen. Mehrere kleinere voneinander getrennte Eingriffsflächen sind landschaftsverträglicher als einzelne grosse zusammenhängende Flächen. Seillinien wirken durch ihre geometrische Form in der Landschaft künstlich. Sie sollen deshalb so angelegt werden, dass sie sich möglichst gut in die Landschaft einfügen. Unterstützend sollen stabile Einzelbäume, Baumreihen und -gruppen als geschickt platzierte ‹Vorhänge› dienen. Auch wenn waldbauliche Eingriffe kurzfristig das Landschaftsbild beeinträchtigen können, sind sie langfristig gesehen sehr oft doch notwendig, um wichtige Landschaften im Tourismuskanton Graubünden mitzugestalten und zu erhalten.

2.2 Gezielte Fördermassnahmen zugunsten der Biodiversität 2.2.1 Planerisches Vorgehen Die festgelegten Naturvorrangflächen in Kap. 3 sind das Resultat einer auf 15–20 Jahre ausgelegten Planung. Sie entsprechen nicht einem vollständigen Inventar der schutz- und förderungswürdigen Biodiversitätsflächen im Wald. So sind beispielsweise bei den ‹Besonderen Gehölzarten› nicht alle Eichenvorkommen aufgelistet, sondern nur jene, in welchen eine aktive Eichenförderung ausgeführt werden soll. Gleiches gilt für die Auerhuhnförderung und die Weidwälder. Die Umgrenzungen der in der Karte 4 dargestellten Naturvorrangflächen basieren auf Inventaren und sind nicht parzellenscharf. Das Amt für Wald und Naturgefahren erfasst alle förderungswürdigen Objekte in einer georeferenzierten Datenbank. Diese ist mit dem Naturschutzinventar des Amtes für Natur und Umwelt abgeglichen. Neue Objekte werden laufend ergänzt.

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2.2.2 Fördermassnahmen Der Kanton unterstützt die Waldeigentümer und Forstbetriebe bei der Pflege von ausgewiesenen Vorrangflächen zugunsten der Biodiversität im Wald. Damit diese Pflege langfristig gewährleistet werden kann, ist es notwendig, die Auswahl der Objekte auf ein realisierbares Mass zu beschränken. Einmal gepflegte Objekte sollen später immer wieder im Sinne der Zielsetzung behandelt werden können. Diesem Umstand wurde durch eine restriktive Auswahl der Planungsobjekte (Kap. 3) Rechnung getragen. Umgekehrt werden kantonale Gelder zur Förderung der Waldbiodiversität nur für Objekte eingesetzt, die Gegenstand dieses Waldentwicklungsplans bzw. der georeferenzierten Datenbank gemäss Kap. 2.2.1 sind und selbstverständlich nur, wenn die den Objekten zugeordneten Zielsetzungen angestrebt werden. 2.2.3 Vernetzung Damit Biotope ihre Funktion als Lebensräume für Pflanzen- und Tierarten voll entfalten können, ist ihre Vernetzung wichtig. Konkret heisst das, dass entsprechende Lebensräume nicht allzu weit voneinander entfernt liegen sollen. Dies gilt beispielsweise für lichte Wälder ebenso, wie für Alt- und Totholz. Auf den Aspekt der räumlichen Anordnung soll bei der Auswahl von Pflegeobjekten geachtet werden. Bezüglich Alt- und Totholz werden zwischen den Naturwaldreservaten Altholzinseln ausgeschieden und in den bewirtschafteten Waldflächen Habitatbäume geschont. Dies ermöglicht den Populationsaustausch von anspruchsvollen und wenig mobilen, auf Totholz angewiesene Arten. Die Ansprüche des geschützten Auerhuhns sind bei der Waldpflege und -nutzung grundsätzlich in allen Wäldern, in denen Auerhühner vorkommen, zu berücksichtigen. In Kap. 3 sind nur jene Objekte aufgeführt, in denen Massnahmen mit finanziellen Mitteln der Waldbiodiversitätsförderung unterstützt werden. 2.2.4 Vertragliche Sicherung In den folgenden zwei Fällen ist eine vertragliche Sicherung von Naturvorrangflächen vorgesehen. Vertragspartner sind in der Regel die Waldeigentümerin und der Kanton. NATURWALDRESERVATE

Es handelt sich dabei um grössere Flächen mit einem bewussten Verzicht auf eine forstliche Nutzung. Man verfolgt dabei das Ziel, eine freie Waldentwicklung zuzulassen. Festgehalten werden sowohl die bereits bestehenden Naturwaldreservate als auch die Flächen, welche für eine Erweiterung des Netzes an Naturwaldreservaten infrage kommen. SONDERWALDRESERVATE

Auch hier handelt es sich um grössere Flächen, in denen aber gezielte Massnahmen zur Förderung bestimmter Naturwerte ausgeführt werden. Die Umsetzung der Fördermassnahmen wird in einem Vertrag langfristig geregelt. Der vorliegende Waldentwicklungsplan beschränkt sich darauf, Förderflächen auszuweisen, legt aber nicht fest, ob dazu entsprechende langfristige Verträge abgeschlossen werden oder nicht. Deshalb weist dieses Planungswerk nur die bereits bestehenden Sonderwaldreservate aus und lässt offen, wo in Zukunft noch weitere Sonderwaldreservate eingerichtet werden.

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3. Spezielle Objekte Aufgrund der im Leitbild dargestellten generellen Strategie und unter Berücksichtigung der gegebenen Situation, wurden die nachfolgend aufgeführten Naturvorrangflächen bezeichnet. Nr.

Situation/Probleme

Forstliche Zielsetzung

Forstliche Massnahmen

Auenwälder wurden in der Vergangenheit oder werden heute noch wesentlich durch angrenzende Gewässer geprägt. Dank ihrer speziellen Ökologie haben sie einen grossen Wert für die Biodiversität.

Aktive Auen: Natürliche Dynamik zulassen.

Aktive Auen: Keine waldbaulichen Eingriffe.

Inaktive Auen: In naturnahen Zustand belassen. Bei ausgetrockneten Standorten soll das Potenzial als Trockenstandort gefördert werden. Die Naturwerte werden durch die Erholungsnutzung nicht beeinträchtigt.

Inaktive Auen: Das Aufkommen der Fichte, soweit vom Aufwand vertretbar, verhindern. Das Totholz schonen. Bei der Waldpflege seltene Baumarten schonen bzw. fördern. Verjüngung von Pionierbaumarten wie Schwarz- und Silberpappel sowie Weiden über Naturverjüngung durch Bodenschürfung fördern. Hybridpappeln konsequent eliminieren.

Auen 3010

Im Gegensatz zu aktiven Auen ist in inaktiven Auen der Gewässereinfluss kaum mehr spürbar. Auengebiete sind oft auch attraktive Erholungsräume für die Bevölkerung.

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– Neophyten: Falls die Gefahr besteht, dass waldbauliche Eingriffe zu einer Vermehrung von invasiven Neophyten führen, ist von Eingriffen abzusehen. – In Auen, in denen eine Revitalisierung mit wasserbaulichen Massnahmen vorgesehen ist, werden keine forstlichen Beiträge eingesetzt. – Eine Beweidung ist auf trockenen Standorten verträglich, nicht aber auf feuchten oder vernässten. – Lenkung der Erholungsnutzung.

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Nr.

Situation/Probleme

Forstliche Zielsetzung

Forstliche Massnahmen

Besondere Gehölzarten und Waldbiotope 3111 3112 3113

Je nach Standort oder Gebiet kommen seltene Gehölzarten vor. Oft wurden sie durch äussere Einflüsse zurückgedrängt. Sie sind für die Artenvielfalt wertvoll.

Das Vorkommen der Arve, Weisstanne, Eichen, Eibe, Schwarzerle, Feldulme, Hopfenbuche, Elsbeere, Wildbirne, Holzapfel, Sefibaum sowie diverse Weidenarten sind an ihren angestammten Standorten gesichert und ihr Anteil nimmt zu.

Seltene, heimische Baumarten sind bei der Pflege und Bewirtschaftung des Waldes zu schonen.

3120

Seltene Waldgesellschaften (Tabelle 5) sind gemäss Art. 18, Abs. 1bis, NHG schützenswert. Eine kartografische Erfassung fehlt.

Natürliche Zusammensetzung der Baumarten gem. Typusblätter von Frey, Bichsel & Preiswerk (1990–2004) erhalten.

Natürliche Entwicklung zulassen. Die Pflege und Nutzung sind möglich.

3130

Moore im Wald sind sensible Lebensräume. Sie haben eine sehr grosse Bedeutung für die Biodiversität.

Moore in einem naturnahen Zustand erhalten.

Moore dürfen nicht befahren werden. In der Regel sind keine forstlichen Massnahmen notwendig. Eingriffe in einwachsende Moore nur nach Rücksprache mit dem ANU.

Im Rahmen der Waldbiodiversität sollen folgende Baumarten gezielt gefördert werden. Die Gebiete sind in der Karte 4 bezeichnet. – Arve: Keine Nutzungen in den bezeichneten Restbeständen in Nordbünden. Im Hinblick auf den Klimawandel soll die Naturverjüngung insbesondere in höheren Lagen zugelassen werden. – Weisstanne: In den Reliktgebieten muss die Verjüngung gegen Wildverbiss geschützt werden. Die verbliebenen alten Weisstannen sind zu schonen, mindestens so lange bis deren Nachkommen gesichert sind. – E ichen: Förderung dort wo diese von Natur aus einen Anteil von 30% und mehr einnehmen, bzw. kulturhistorisch bedingt das Waldbild bereits heute prägen. Nur auf Kosten häufiger Baumarten fördern und möglichst mit der Förderung von Wildobst und anderen seltenen Gehölzarten verbinden. – Das AWN erfasst das Vorkommen weiterer förderungswürdiger Baumarten in einer Geodatenbank.

Die Moorhydrologie ist bei Eingriffen im Umfeld von Mooren (Ausbau oder Neubau von Wegen, Wegunterhalt) besonders zu berücksichtigen.

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OB NATUR UND LANDSCHAFT

Nr.

Situation/Probleme

Forstliche Zielsetzung

Forstliche Massnahmen

Schutz und Förderung der Pflanzen- und Tierarten, die von einer ungestörten, natürlichen Waldentwicklung profitieren.

Keine forstlichen Massnahmen in vertraglich geregelten Flächen. Davon ausgenommen sind Massnahmen gemäss den Detailbestimmungen in den Verträgen (z.B. Waldbrandbekämpfung).

Naturwaldreservate (NWR) 3210

Rechtskräftig ausgeschiedene Naturwaldreservate.

Anschauungsbeispiele über die natürliche Entwicklung ohne Bewirtschaftungseinfluss schaffen. Natürliche Waldentwicklung ohne forstliche Eingriffe langfristig beobachten. 3220

Gebiete, die sich zur Einrichtung eines Naturwaldreservats eignen. Die Gebiete weisen eine fortgeschrittene Waldentwicklung auf, da sie schon länger nicht genutzt wurden. Sie sind nicht mit Schutzwald-Typ A überlagert.

Erweitern der Naturwaldreservatsfläche auf mindestens 5% der Waldfläche. Vernetzen der bestehenden Naturwaldreservate. Ergänzung des Netzes durch montane und subalpine Fichtenwälder, obersubalpine Lärchen-Arvenwälder sowie Lindenwälder.

Das AWN entscheidet in welcher Reihenfolge neue Reservate eingerichtet werden sollen. Es nimmt Verhandlungen mit dem Waldeigentümer auf. Liegt das Einverständnis des Waldeigentümers vor, werden Perimeter und Entschädigung vertraglich festgehalten. In potentiellen Naturwaldreservaten sind Holzschläge nicht ausgeschlossen. Sind Holzschläge geplant, ist das AWN frühzeitig zu kontaktieren. Waldeigentümer und AWN entscheiden dann, ob ein Naturwaldreservat eingerichtet wird oder nicht.

Lebensraumförderung 3310

Lebensraumförderung für das Auerhuhn: Das Auerhuhn ist eine gefährdete und prioritär zu fördernde Art.

Förderung von Strukturelementen, welche für das Auerhuhn günstig sind. Schonung von Alt- und Totholz. Details sind in den Richtlinien des AWN für die Bewirtschaftung der Auerhuhnlebensräume festgehalten.

Die waldbaulichen Eingriffe müssen auf die Verbesserung der Waldstruktur ausgerichtet sein. In den ausgewiesenen Flächen ist die Unterstützung von lebensraumfördernden Massnahmen mit Mitteln der Waldbiodiversität möglich. Dabei gelten die im Regionaldossier Auerhuhn Graubünden (AJF und AWN, 2010) enthaltenen Bestimmungen.

3320

Spezielle Waldlebensräume:

3321

Laubholzbestände ausserhalb der Auen.

Laubholzbestockung erhalten und fördern. Ziele objektspezifisch festlegen.

Einwachsende Nadelbäume entfernen. Fördern des Laubholzanteils durch gezielte Pflege und Verjüngungseingriffe.

3322

Lichte Wälder, trockene, magere Standorte.

Offener Waldcharakter mit einer artenreichen Krautschicht erhalten.

Raschwüchsige, zu Dichtschluss neigende Bäume entfernen. Auflichtungen nur, wenn Neophytenkontrolle sichergestellt ist.

Spezielle Kultur- und Bewirtschaftungsformen mit naturkundlichem und/oder kulturhistorischem Vorrang 3410

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Die Beweidung von locker bestockten Waldflächen ist eine traditionelle Nutzungsform. Sie dient nicht nur der Landwirtschaft und der Holzproduktion, sie kann auch einen Beitrag zum Landschaftsbild und zur Biodiversität leisten.

Waldcharakter erhalten: Gleichgewicht zwischen Strukturreichtum (alte Bäume, Büsche, Steinhaufen etc.) und Eignung als Viehweide.

Jungbäume als Ersatz für abgehende alte Bäume pflanzen und schützen. Alte Bäume möglichst lange als Habitatbäume für die Biodiversität und das Landschaftsbild stehen lassen. Einwachsende Flächen in Absprache mit der Landwirtschaft periodisch öffnen. Dabei auf einen angemessenen Anteil an Büschen, insbesondere von selteneren, wenig wüchsigen Arten achten.

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OB NATUR UND LANDSCHAFT

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OB NATUR UND LANDSCHAFT

Nr.

Situation/Probleme

Forstliche Zielsetzung

Forstliche Massnahmen

Waldränder und Verzahnung von Wald und Offenland 3511

3512

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Waldränder: Oft fügen sich Kulturland und Wald ohne Übergangsbereich aneinander. Ein allmählicher Übergang durch gebuchtete und gestufte Waldränder ist sowohl für die Biodiversität als auch für das Landschaftsbild wertvoller.

Stufige Übergänge von Wald zu Kulturland fördern.

Die Verzahnung von Wald und Offenland respektive von Amphibienlaichgewässern ist für die Biodiversität und das Landschaftsbild wertvoll.

Mosaik von extensiv bewirtschaftetem Offenland respektive Amphibienlaich­ gewässern und Gebüsch, Einzelbäumen und geschlossenem Wald.

Fachlich anerkannte Waldrandpflege gemäss Merkblättern und Richtlinien des AWN. Stufige und gebuchtete Waldränder schaffen und erhalten. Sicherstellen, dass die angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen extensiv bewirtschaftet werden. Einwachsende Flächen zurückschneiden, Hecken und Waldränder pflegen. Alle Massnahmen nur nach Rücksprache mit dem ANU durchführen.

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WEP-Objektblatt Natur und Landschaft

0

OB NATUR UND LANDSCHAFT

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3010 Auen 3111-3113 besondere Gehölzarten 3130 Moore im Wald 3210 bestehende Naturwaldreservate 3220 potentielle Naturwaldreservate 3310 Förderung Auerhuhn 3321 Spez. Lbh. ausserhalb Auen 3322 Lichte Wälder 3410 Waldweiden 3421 Selven Pflegen 3422 Selven revitalisieren 3430 Niederwald 3511 Waldränder ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! !

3512 Verzahnung Wald-Offenland

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Kartendaten: LK200 © Bundesamt für Landestopografie

6000 1:155'000

bestehende Sonderwaldreservate

! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! !

3000

67

9000 m



OB NATUR UND LANDSCHAFT

4. Koordination 4.1 Schutzwald 4.1.1 Ausgangslage und Zielsetzung Die meisten Anliegen der Waldbiodiversität lassen sich gut mit der Schutzwaldpflege kombinieren. Beide orientieren sich stark an der natürlichen Waldentwicklung und streben gut strukturierte, vielfältige Waldbestände an. Zwischen der Schutzwaldpflege und der Förderung von besonderen Baumarten gibt es klare Synergien, da eine hohe Baumartenvielfalt die Waldstabilität unterstützt und die Förderung von besonderen Baumarten zugunsten der Waldbiodiversität ausschliesslich auf standortheimische Arten beschränkt ist. Gut kombinieren lassen sich die Anliegen der Schutzwaldpflege meistens auch mit der Lebensraum­ pflege für das Auerhuhn, so dass Überlappungen zwischen Schutzwald und Auerhuhn-Fördergebieten kaum Probleme bieten. Eine Ausnahme bilden unter Umständen Steinschlagschutzwälder, wo höhere Stammzahlen gefordert sind. In diesen Fällen ist die Priorität der Waldpflege auf die Schutzwirkung zu legen. Als spezifische Auerhuhn-Fördergebiete wurden in der vorliegenden Planung aber überwiegend Flächen ausserhalb des Schutzwaldes ausgesucht, damit sich der Fördertatbestand (Schutzwald – Waldbiodiversität) klar gegeneinander abgrenzen lässt. Mit ihren speziellen Waldstrukturen weisen die für die Biodiversität interessanten Weidwälder, Selven sowie Mittel- und Niederwälder oft nicht den für Schutzwälder optimalen Bestandesaufbau auf. Es wurde versucht in der vorliegenden Planung Überlappungen zu vermeiden. Da diese Waldformen jedoch aus der traditionellen Kulturlandschaft hervorgegangen sind, ist der Standort der zur spezifischen Lebensraumförderung infrage kommenden Objekte bereits weitgehend vorbestimmt. Wo dadurch Überlappungen entstanden sind, ist die Koordination der sich teilweise zuwiderlaufenden Ansprüche durch kleinräumige Differenzierung der Pflege im Gelände vorzunehmen (z.B. Anstreben dichterer Bestockungen in steilen und dafür lichterer Stellen auf flacheren Geländeabschnitten). Dabei gilt, dass im Schutzwald grundsätzlich die waldbauliche Zielsetzung auf die Schutzwirksamkeit ausgerichtet wird. 4.1.2 Massnahmen Die Koordination ist im Grundsatz in dieser Waldentwicklungsplanung erfolgt. Details werden bei der Planung der Massnahmen (Betriebsplanung, Projekte) bzw. vor Ort bei der Anzeichnung geregelt. 4.1.3 Finanzierung Pflegemassnahmen zugunsten des Schutzwaldes innerhalb der Vorrangflächen Natur und Landschaft werden über die Schutzwaldpflege finanziell unterstützt. Pflegemassnahmen zugunsten der Biodiversität im Schutzwald können auch über die Schutzwaldpflege finanziell unterstützt werden. 4.1.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Amt für Wald und Naturgefahren. Beteiligte: Waldeigentümer, Revierförster, Amt für Jagd und Fischerei, Amt für Natur und Umwelt.

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OB NATUR UND LANDSCHAFT

4.2 Holzproduktion 4.2.1 Ausgangslage und Zielsetzung Eingriffe zur Holznutzung, welche auf die Zielsetzung bezüglich Biodiversität abgestimmt sind, können in der Regel auch in Naturschutz-Vorrangflächen ausgeführt werden. In Naturwaldreservaten ist eine Holznutzung nicht zulässig. Spezielle Massnahmen zur Förderung der Holznutzung sind nur dann zulässig, wenn die Biodiversitätsziele nicht gefährdet sind. 4.2.2 Massnahmen Die Koordination erfolgt in der Betriebsplanung, bei der Schlagplanung und vor Ort bei der Anzeichnung sowie der Holzernte. 4.2.3 Finanzierung Holznutzungsverzichte in Naturwaldreservaten und Altholzinseln werden durch die Mittel der Biodiversität entschädigt. Innerhalb der übrigen Vorrangflächen kann der Waldeigentümer – im Rahmen der Flächenpauschale – entscheiden, ob er spezielle waldbauliche Massnahmen zugunsten der Holznutzung ergreifen und selbst finanzieren will. Massnahmen zur Biodiversitätsförderung ausserhalb der Vorrangflächen Natur und Landschaft sind durch den Waldeigentümer zu finanzieren. 4.2.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Amt für Wald und Naturgefahren. Beteiligte: Waldeigentümer, Revierförster.

4.3 Erholung und Tourismus 4.3.1 Ausgangslage und Zielsetzung Naturvorrangflächen sind oftmals sehr attraktive Erholungsräume. Überlappungen sind in den meisten Fällen unproblematisch. Besondere Koordinationsanstrengungen sind aber bei den Auerhuhn-Lebensräumen angezeigt. Vor allem im Winterhalbjahr sowie während der Balz- und Brutzeit ist das Auerhuhn störungsanfällig. Seine Lebensräume sollten deshalb von touristischen Anlagen und Grossanlässen möglichst verschont bleiben. 4.3.2 Massnahmen Die Konflikte sind im Einzelfall gemäss den im Objektblatt Erholung und Tourismus festgelegten Strategien zu lösen. 4.3.3 Finanzierung Die Finanzierung spezieller Massnahmen/Infrastrukturen zugunsten der Erholungsnutzung innerhalb der Vorrangflächen Biodiversität ist Aufgabe des Waldeigentümers resp. der Nutzniesser. Die Finanzierung notwendiger Massnahmen zur Verhinderung nachteiliger Auswirkungen und zum Verhindern von Schäden durch die Erholungsnutzung ist Aufgabe des Waldeigentümers resp. der Nutzniesser der Erholungsnutzung. 4.3.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Gemeinde, Amt für Wald und Naturgefahren. Beteiligte: Waldeigentümer, Revierförster, Nutzniesser.

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OB NATUR UND LANDSCHAFT

4.4 Weidwald 4.4.1 Ausgangslage und Zielsetzung In Weidwäldern und einem Teil der Selven ist die Beweidung Voraussetzung für die Qualität des Lebensraums. Deshalb ist für diese Flächen eine angemessene Beweidung notwendig. Bevor Aufwand für die Pflege von Weidwäldern zugunsten der Biodiversität betrieben wird, soll jedoch das Weideregime der Situation entsprechend angepasst werden. Idealerweise werden Pflegekonzept und Weideregelung für ein solches Objekt zusammen erstellt. In den nachstehenden Fällen ist eine Beweidung nur sinnvoll, wenn sie extensiv erfolgt und auf gewisse Rahmenbedingungen Rücksicht nimmt: – Besondere Baumarten: Die Zielarten müssen vor der Beweidung speziell geschützt werden und bei der Weidepflege geschont werden. – Auenwälder: Nur auf stark ausgetrockneten Flächen – Auerhuhn: Beweidung muss ausserhalb der Brutzeit stattfinden. Die den stufigen Waldrändern vorgelagerten Offenflächen sollen nicht beweidet werden. Eine Beweidung kann jedoch in Geländeflächen sinnvoll sein, die ein reich verzahntes Mosaik an Wald, Gebüschkomplexen und Offenflächen aufweisen. 4.4.2 Massnahmen Die planerische Konfliktlösung ist im WEP erfolgt. Die Umsetzung erfolgt mit Waldweideregelungen / Weidereglemente. 4.4.3 Finanzierung Waldbauliche Massnahmen zur Verbesserung der Waldweide in Vorrangflächen der Biodiversität werden nur in den im WEP speziell ausgeschiedenen Weidwäldern über die Biodiversität finanziell unterstützt. In allen anderen Fällen ist dies Sache der Waldeigentümer oder der Nutzniesser. 4.4.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Amt für Wald und Naturgefahren. Beteiligte: Waldeigentümer, Revierförster, Amt für Landwirtschaft und Geoinformation, Landwirte.

4.5 Wald-Wild-Jagd 4.5.1 Ausgangslage und Zielsetzung Naturvorrangflächen, insbesondere lichte Wälder, gestufte Waldränder sowie eine enge Verzahnung von Wald- und Offenflächen sind in der Regel sehr gute Lebensräume für das Schalenwild. Problematisch ist – wie im gesamten Wald – die Verjüngung dieser Flächen. Bei der Förderung besonderer Gehölze müssen in vom Wild stark genutzten Flächen in der Regel Verhütungsmassnahmen gegen Verbiss und Schälung getroffen werden.

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OB NATUR UND LANDSCHAFT

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4.5.2 Massnahmen Die Koordination erfolgt während der Projektierungsphase und/oder vor der Ausführungsphase der geplanten Massnahmen. 4.5.3 Finanzierung Massnahmen zum Schutz vor Wildverbiss werden auf Biodiversitätsvorrangflächen mit Mitteln aus der Biodiversitätsförderung finanziell unterstützt. Besondere jagdliche Massnahmen werden über das Amt für Jagd und Fischerei finanziert. 4.5.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Amt für Wald und Naturgefahren. Beteiligte: Waldeigentümer, Revierförster, Amt für Jagd und Fischerei, Wildhut, Jagdvereine.

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OBJEKTBLATT

Erholung und Tourismus Aktivitäten in der Natur, insbesondere im Wald, haben für Besucher einen positiven Einfluss auf Gesundheit und Wohlbefinden. Waldbesucher schätzen die viel­­fäl­tigen Lebensräume und Waldlandschaften aber auch die besonderen Gerüche und Geräusche des Waldes. Nach einem Aufenthalt im Wald fühlen sich die Besucher gut erholt.

Im Objektblatt werden – die Schwerpunktaktivitäten der Erholungssuchenden und deren Wirkung beschrieben, – die Grundsätze festgehalten, wie mit bestehenden und neuen Erholungs- und Sportaktivitäten sowie Veranstaltungen im Wald umgegangen wird, – Strategien formuliert, wie die E­ rholungsnutzungen im Wald geregelt werden. Die festgehaltenen Grundsätze für den Umgang mit tou­ ristischen Ansprüchen und Anliegen gelten als Hand­­ lungsanweisungen. Es werden keine Einzelobjekte aufgelis­ tet, beschrieben oder kartographisch dargestellt, weil touristische Aktivitäten kaum voraussehbar und deshalb nicht planbar sind. Sie sind zudem stark von Trends und den lokalen Interessen abhängig.

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OB ERHOLUNG UND TOURISMUS

1. Situation 1.1 Attraktion Wald Der Tourismus ist in Graubünden ein sehr wichtiger Wirtschaftszweig. 30% der kantonalen Bruttowertschöpfung wird direkt oder indirekt durch den Tourismus erwirtschaftet. Die Regionen hängen unterschiedlich stark vom Tourismus ab. Der touristische Anteil an der Wertschöpfung beträgt für die Regionen Schanfigg, Oberengadin, Davos, Mittelbünden und Unterengadin über 50%. Weniger stark vom Tourismus abhängig sind die Regionen Surselva, das Prättigau und die Bündner Südtäler. Am wenigsten abhängig vom Tourismus sind das Bündner Rheintal und die Region Viamala. Der Wald ist sowohl für Besucher des Kantons als auch für die lokale Bevölkerung bei der Ausübung ihrer Freizeitaktivitäten ein beliebter Aufenthaltsort. Erholungssuchende nehmen den Wald sowohl emotional als auch ästhetisch war. Faktoren wie Ruhe, gute Luft, ursprüngliche Natur, Aussicht und Ausblick sowie vielfältige Landschaftsformen sind unbezahlbar. Der Wald ist dabei Erlebnisraum, Rückzugsort, Erholungszone aber auch ganz einfach Nutzungs- oder Durchgangszone. In der Werbung für Tourismus in Graubünden, ob mit Broschüren, Bildern mit Slogans oder auch Videoclips, ist der Wald ein fester Bestandteil. Am stärksten wirkt das Landschaftsbild. Wissenschaftliche Studien besagen, dass eine offene, möglichst unverbaute alpine Kulturlandschaft und der Wechsel von Wald, Wiesen und Weideflächen von den Gästen mehr geschätzt wird als geschlossene Waldflächen. Mit einem anderen Waldbild werden seit jüngster Zeit die verschiedenen Outdoor-Aktivitäten, welche im Wald durchgeführt werden, beworben. Man spricht von Abenteuer, Herausforderung und Nervenkitzel. Der Wald dient hier hauptsächlich als Kulisse und herausforderndes Element für den Sportler. Die touristische Dachorganisation Graubünden Ferien hat die Bedeutung des Waldes für den Kanton wie folgt zusammengefasst: «Eine vielfältige Flora und Fauna in intakter Natur zählen zu den wichtigsten natürlichen Vorzügen Graubündens und stellen für den Tourismus eine unbezahlbare Bereicherung dar. Die Bündner Wälder sind ein wertvoller Teil dieser Kulisse. Einerseits erfüllen sie eine wichtige Funktion als Erholungsgebiet für Einheimische und Gäste, zum Beispiel zum Wandern, andererseits dienen sie in den ­alpinen Regionen auch dem Schutz von touristischen Infrastrukturen vor Naturgewalten. Aus touristischer Sicht haben Sicherheit und Wohlergehen von Einheimischen und Gästen oberste Priorität. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass der Wald bewirtschaftet und in Stand gehalten wird.» (Myriam Keller, CEO ad interim GR Ferien, 03.08.2016). Seit Jahrzehnten wird der Wald rege genutzt. Im Vordergrund stehen die bekannten klassischen Aktivitäten wie Wandern, Spazieren, Laufen, Pilze sammeln, Picknicken und vieles mehr. Zunehmend wird der Wald aber auch für zahlreiche, teils neu aufkommende Sportaktivitäten in Anspruch genommen. Vor allem Trendsportarten oder allgemein Outdoor-Trends werden vermehrt im Wald durchgeführt. Im Vordergrund dieser Sportarten resp. Aktivitäten steht die Auseinandersetzung mit sich selbst in der Natur und mit der Natur. In den nächsten Jahren ist in Graubünden mit einer Zunahme im naturorientierten Outdoor-Sport und damit auch von Erholungsaktivitäten im Wald zu rechnen. Ein wichtiges Indiz dafür liefert die Entwicklung der Outdoor-Ausrüstungsindustrie generell. Outdoor ist zu einem wichtigen Markt geworden.

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OB ERHOLUNG UND TOURISMUS

Der Wald ist für den Tourismus und die Erholungssuchenden wichtiger geworden. Die Herausforderung für die Waldbewirtschaftung liegt darin, sowohl die Ansprüche der Ruhe­suchenden als auch der Abenteurer im Wald erfüllen zu können ohne die Walderhaltung zu gefährden.

1.2 Erholungseinrichtungen Für touristische Angebote und viele Erholungsaktivitäten im Wald ist eine intakte touristische Infrastruktur wichtig. Empirische Erhebungen haben gezeigt, dass für Erholungssuchende Sitzbänke, Feuer­ stellen, Waldhütten und Unterstände, sowie Naturlehrpfade und Parkplätze am Waldrand als besonders positiv bewertet werden. Seilparks, Bike-Trails, Reitwege, viele Waldstrassen hingegen werden weniger positiv wahrgenommen. Aus Sicht von trendsportbetreibenden Waldbesuchern verleitet ein Mangel an solchen Infrastrukturen zur Eigeninitiative. Es führt z.B. zu illegal angelegten Biketrails und somit zu Konflikten mit anderen Waldnutzern und der Walderhaltung.

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OB ERHOLUNG UND TOURISMUS

Graubünden verfügt über ein grosses und vielfältiges Wegnetz und punktuellen Infrastruk­turen für die Ausübung von Erholungsaktivitäten, Sport und auch für Veranstaltungen. Dieses Wegnetz verläuft, resp. die Infrastrukturen stehen, oft im Wald oder abwechslungsweise in offenen Landschaften und Wäldern. Im Jahre 2016 verfügte Graubünden über – 11 000 km markierte Wanderwege (= rund ¼ des Erdumfangs!), – 4000 km Bikewege, – 800 km Langlaufloipen, – 350 km Nordic-Walking-Routen, – 320 km Reitwege, – 250 km Schneeschuhrouten, – 150 km Schlittelwege, – 135 km2 OL-Gebiete, Klettergebiete

– sowie unzählige Rast-, Spiel- und Picknickplätze, Feuerstellen, Aussichtspunkte und Campingplätze. – Besonders zu erwähnen sind die rund 40 Skigebiete mit ihren unzähligen Zubringeranlagen. In der Umgebung dieser findet auch innerhalb des Waldes eine intensive touristische Nutzung statt. Es handelt sich meist um Skipisten oder Mountain-Bike Strecken. Die unterschiedlichen Wege verlaufen teils im Wald, teils im offenen Gelände, teils im alpinen, waldlosen Raum oder in der Nähe von Siedlungen. Sie sind für den Wald meistens unproblematisch denn sie ermöglichen auch den Waldbewirtschaftern einen schnellen Zugang in abgelegene Gebiete. Wege haben zudem den Vorteil, dass sie die Erholungssuchenden kanalisieren. Störungen werden dadurch vermindert. Flächige Nutzungen wie beispielsweise Skipisten oder Orientierungslauf-Gebiete werden nur temporär genutzt. Die Nutzung dieser Gebiete ist über die Raumplanung oder Vereinbarungen mit den Sportverbänden geregelt, so dass die Belastung des Lebensraums geringer wird oder zeitlich konzentriert erfolgt.

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OB ERHOLUNG UND TOURISMUS

2. Allgemeine Ziele und Strategien 2.1 Ziele Im eidgenössischen und im kantonalen Waldgesetz werden im Zweckartikel festgehalten, dass bei der Bewirtschaftung des Waldes die Wohlfahrtsfunktion erfüllt werden muss. Um dies zu erreichen, werden auf kantonaler Ebene folgende Ziele festgelegt: 1. Das Amt für Wald und Naturgefahren sorgt im Rahmen seiner Möglichkeiten für gute Rahmenbedingungen für die Erholungsnutzung und für die touristische Inwertsetzung des Waldes. 2. Die Erholungsnutzung und die touristischen Aktivitäten im Wald werden im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten zugelassen. 3. Das Wissen und das Verständnis für den Wald und die Zusammenhänge im Wald werden gesteigert. 4. Konflikte, welche sich aus der Erholungsnutzung ergeben, sind zu minimieren oder zu verhindern.

2.2 Strategien Um die festgelegten Ziele zu erreichen werden vier Strategien verfolgt: Gute Rahmenbedingungen sicherstellen – Der kantonale Forstdienst sorgt in Zusammenarbeit mit den Waldeigentümern, dafür dass im Rahmen der allgemeinen Waldbewirtschaftung, die Landschaft bewusst mit attrak­ti­ ven Waldbildern und charakteristischen Waldlandschaften erhalten oder verbessert wird. Besondere Waldobjekte (Baumgruppen, seltene/alte Bäume, Baummonumente, lichte Wäl­der) werden erhalten und gefördert. Die konkrete Umsetzung erfolgt im Rahmen der Holzanzeichnung. – Attraktive Erholungsobjekte (z.B. Aussichtspunkte, Aussicht entlang von Bahnlinien und Bergbahnen, Rastplätze) werden waldbaulich so behandelt, dass die Erholungsfunktion erhalten/gefördert wird. – Bei der Neuerstellung oder Instandstellung der forstlichen Infrastruktur (Erschliessung) werden die Anliegen der Erholungsnutzung sowohl bei der Projektierung als auch bei den konkreten baulichen Massnahmen berücksichtigt. – Die gesetzlichen Möglichkeiten bei der Bewilligung von Infrastruktureinrichtungen und Veranstaltungen im Wald sind auszunutzen, sofern die Walderhaltung gewährleistet und andere prioritäre Waldfunktionen davon nicht gefährdet werden. Unterstützungsmassnahmen Massnahmen und Infrastrukturen, welche zu einem besseren Verständnis für den Wald und den Zusammenhängen im Wald beitragen, können ideell, materiell und finanziell durch den kantonalen Forstdienst unterstützt werden. Dies gilt insbesondere für: – Öffentlichkeitsarbeit im Generellen (Waldführungen, Vorträge, Exkursionen). – Waldpädagogische Veranstaltungen, und übrige Aktivitäten, welche einem besseren Verständnis für die Zusammenhänge im Wald und der Natur dienen. – Waldhütten, welche ausdrücklich auch für die Waldpädagogik zur Verfügung stehen. – Waldlehrpfade.

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OB ERHOLUNG UND TOURISMUS

Lenkungsmassnahmen Lenkungsmassnahmen werden eingesetzt um Konflikte zwischen der Erholungsnutzung und anderen Waldfunktionen zu verhindern oder zu minimieren. Unter Lenkungsmassnahmen versteht man: – Zeitliches und räumliches Konzentrieren und/oder Verteilen der Besucher innerhalb des Gebietes. – Zeitliche und räumliche Trennung von Aktivitäten. – Anbieten von Alternativen ausserhalb empfindlicher Gebiete. Die Lenkung der unterschiedlichen Erholungs- und Sportaktivitäten, um Konflikte innerhalb dieser zu verhindern, ist nicht Aufgabe des kantonalen Forstdienstes. Nr.

Massnahme

Umsetzung über

Verantwortlich

Rolle AWN

1

Weggebote: Besucher­ströme kanalisieren, Störungen konzentrieren

Einschränkungen aufgrund Art. 33 KWaG

Gemeinden

Verantwortliche informieren und unterstützen

Ausscheiden von Wildruhe­ zonen

2

Abschrankungen: Sensible Gebiete schonen oder schützen

Projekte

Betroffene Ämter und/oder Gemeinden

Verantwortliche informieren, kontrollieren

3

Signalisationen: Wald­gebiete gezielt durchqueren und auf Gegebenheiten aufmerksam zu machen

Projekte

Gemeinden

Verantwortliche informieren und unterstützen

4

Verbote: Anfällige Gebiete schützen oder Konflikte mit weiteren Waldbesuchern vermeiden

Einschränkungen aufgrund Art. 33 KWaG

Gemeinden

Verantwortliche unterstützen

Notwendige Infrastruktur an geeigneten und erwünschten Orten bereit­stellen

Projekte

5

kontrollieren Gemeinden

Verantwortliche unterstützen

Tabelle 7: Konkrete Lenkungsmassnahmen

Lenkungsmassnahmen sollen hauptsächlich in Wäldern erfolgen, in welchen bei Störungen mit ne­ gativen Folgen für den Wald, die Flora allgemein und die Fauna zu rechnen sind. Dies sind insbesondere: – Wälder mit seltenen Arten, Wälder bei denen Schäden lange nachwirken. Dies sind insbesondere verschiedene trockene Wälder und moosige Blockschuttwälder. – Vorranggebiete für das Auerhuhn (s. Objektblatt Natur und Landschaft). – Beerenreiche Fichtenwaldgesellschaften (57-er und 58-er), welche an Moore angrenzen oder die obere Waldgrenze bilden. – Brutstätten von seltenen am Wasser lebenden Vogelarten (insbesondere Waldgesellschaften 32 [Grauerlen] und 29 [Eschenwälder]).

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OB ERHOLUNG UND TOURISMUS

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OB ERHOLUNG UND TOURISMUS

Information Im Bereich der Erholungs- und Outdooraktivitäten ist der Individualisierungsgrad sehr hoch. Um die Beeinträchtigungen des Waldes tief zu halten und die Besucherströme gezielt zu lenken, ist die Bevölkerung vorbeugend zu informieren. Dies erfolgt mit folgenden Massnahmen: Massnahme

Umsetzung über

Verantwortlich

Rolle AWN

Partizipation: Rechtzeitige und nachhaltige Einbindung der Betroffenen bei Vorhaben, welche die Erholungsnutzung beinträchtigen

Planungen und Projekte

Kanton und Gemeinden (je nach Vorhaben)

Informieren, Unterstützen

Informationen: Bei Waldbewirtschaftungs­ massnahmen, welche Erholungsnutzung beinträchtigen

Informationstafeln, Infobroschüren

Gemeinden, Forstbetriebe

Unterstützen

Informationen: Bei Infrastrukturen oder Objekte, welche für die Erholungsnutzung besonders wertvoll sind. (Aussichtspunkte, Feuerstellen, besondere Naturobjekte etc.)

Infobroschüren, Karten, Apps

Tourismusorgani­sationen

projektbezogen unterstützen

Mittelfristig sollten die wichtigsten Erholungseinrichtungen und alle Einschränkungen der Erholungsnutzung auf einer digitalen Plattform auf kantonaler Ebene einsehbar sein. Tabelle 8: Massnahmen zur Information

2.3 Kontrolle Umfragen zum Zufriedenheitsgrad erfolgen über Rückmeldungen der Tourismus- und anderen Veranstaltern von Aktivitäten im Wald. Auf direkte Umfragen bei Waldbenutzern wird verzichtet. Die strategischen Massnahmen werden periodisch bezüglich ihrem Erfolg und der Akzeptanz bei den Betroffenen beurteilt.

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OB ERHOLUNG UND TOURISMUS

3. Koordination 3.1 Ausgangslage und Zielsetzung Die Erholungsnutzung kann auch zu Beeinträchtigungen des Waldes als Lebensraum für Pflanzen und Tiere oder anderer Waldfunktionen führen. Die Erholungsnutzungen sind sehr unterschiedlich in ihrer Art, Intensität und der räumlichen Ausprägung und finden in unterschiedlichen Wäldern statt. Fortwährend kommen zudem neue Nutzungsformen dazu, dessen Auswirkungen heute nicht abgeschätzt werden können. Aus diesem Grund werden nur die Aspekte, welche bei einer Koordination grundsätzlich beachtet werden müssen, festgelegt. Mit einer sinnvollen Koordination sollen die verschiedenen Nutzungen so geregelt werden, dass ein Miteinander möglich ist. Ein vollständiges Verbot soll nur in Ausnahmefällen erfolgen.

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OB ERHOLUNG UND TOURISMUS

Bei der Prüfung der Auswirkungen einer Nutzung oder einer Infrastruktur mit dem Zweck der Erholung, sind folgende Punkte zu beurteilen: – Art und Intensität (Anzahl Nutzer, Häufigkeit, Saison). – Organisationsgrad (Individuell, Organisiert/Geführt). – Räumliche Ausdehnung (Punkt, Linie, Flächennutzung). – Widerstandsfähigkeit des Waldes gegenüber der Nutzung (Erosionsanfälligkeit Boden, Regenerationsfähigkeit Vegetation, Schadenanfälligkeit Vegetation). – Naturschutzwert gemäss OB Natur und Landschaft. – Einfluss auf das Wild. – Andere schwerwiegende Einflüsse auf übrige Waldfunktionen. Als grundsätzlich unproblematisch gelten: – Alle Verweilaktivitäten bei Infrastrukturen (Aussichtspunkte, Feuerstellen, Bänke, u.a.). – Alle nicht motorisierten Aktivitäten auf befestigten Wegen. Als eher problematisch gelten: – Aktivitäten in Auenwäldern; trockenen, vegetationsarmen Wäldern; Blockschuttwälder, an der oberen Waldgrenze. – Veranstaltungen im Winter. Als grundsätzlich problematisch gelten: – Aktivitäten mit mechanischer Auswirkung auf den Waldboden und die Vegetation (v.a. Jungwald, Moore). – Aktivitäten in Kerngebieten geschützter Tierarten. – Aktivitäten in wichtigen Winterlebensräumen einheimischer Wildtiere.

3.2 Massnahmen Die Konflikte werden gemäss der übergeordneten Gesetzgebung geregelt. Gemäss Art. 33 KWaG, können durch die Gemeinden Nutzungseinschränkungen ausgesprochen werden, wenn: – die waldbaulichen Ziele für den Schutzwald direkt oder indirekt wegen der Erholungsnutzung nicht erreicht werden, – für die im OB Natur und Landschaft festgelegten Objekte die Ziele wegen der Erholungsnutzung nicht erreicht werden, – der Wildlebensraum so gestört wird, dass grosse indirekte Schäden am Wald entstehen können.

3.3 Finanzierung der Koordinationsmassnahmen Die Finanzierung ist Sache der Gemeinden resp. der Nutzniesser der Erholungsnutzung.

3.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Gemeinden, Amt für Raumentwicklung, Amt für Wald und Naturgefahren. Beteiligte: Waldeigentümer, Nutzniesser, Amt für Jagd und Fischerei.

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OBJEKTBLATT

Weidwald Bei der Waldweide handelt es sich um eine gemischte Nutzung durch Forst- und Landwirtschaft. Die Beweidung hat für den Wald häufig nachteilige Folgen. Eine etwas differenziertere Betrachtung der Problematik zeigt aber, dass die Beweidung im Wald auch aus forstlicher Sicht nicht überall als nachteilig bezeichnet werden muss.

Im Objektblatt werden – die aktuelle Situation der Beweidung im Wald dargestellt,

– der Handlungsbedarf bezüglich einer Wald-Weide-Regelung festgehalten,

– die Grundsätze aufgezeigt, nach welchen bestehende oder neue Wald-Weide-Regelungen erstellt werden müssen.

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OB WEIDWALD

1. Situation Die Waldweide hat in Graubünden eine lange Tradition. Es handelt sich um eine Mischnutzung, welche nebst der forstlichen Produktion auch eine landwirtschaftliche Nutzung in Form der Weide ermöglicht. Heute werden ungefähr 20% der gesamten Waldfläche (ohne Gebüschwald) beweidet. Dies entspricht einer Fläche von rund 35 000 ha. Gemäss Art. 24, Abs. 1 KWaV gilt die Waldbeweidung als nachteilige Nutzung. Diese sind gemäss Art. 32 KWaG unzulässig und müssen abgelöst werden. Durch die Waldweide können: die Verjüngung beeinträchtigt werden, Wurzelverletzungen entstehen, eine Entmischung der Baumarten stattfinden, der Boden verdichtet werden, die Bestände aufgelichtet und die Erosionsanfälligkeit erhöht werden. Dies kann insbesondere in den Schutzwäldern dazu führen, dass die Schutzwirkung gegen Naturgefahren nicht mehr dauernd gewährleistet ist. Nicht alle beweideten Wälder müssen zwingend von der Beweidung ausgeschlossen werden. Wichtig ist, dass die Beweidung in einer rechtlich verbindlichen Form an die waldbaulichen Ziele und den standörtlichen Gegebenheiten angepasst wird. Mit solchen Regelungen können Lösungen gefunden werden, welche sowohl für die Forst- wie auch für die Landwirtschaft vertretbar sind. Die Waldbeweidung kann aus forstlicher Sicht aber nicht überall als nachteilig bezeichnet werden. Es gibt zahlreiche Beispiele in Graubünden, in denen die Beweidung die übrigen auf diesen Flächen zu erbringenden Waldleistungen nicht beeinträchtigt. Die Waldweide kann das Landschaftsbild und die Biodiversität sogar positiv beeinflussen. Diese differenzierte Betrachtungsweise führt dazu, dass von Fall zu Fall entschieden werden muss, ob an einem bestimmten Ort die Waldbeweidung zugelassen werden kann oder nicht.

1.1 Beweidungssituation in der Region Herrschaft/Prättigau/Davos In der Region werden rund 7000 ha Waldfläche beweidet (Abbildung 10). Dies entspricht knapp 30% der Gesamtwaldfläche (ohne Gebüschwald). Knapp 30% dieser beweideten Fläche liegen im Schutz­wald-Typ A (direkte Naturgefahrenprozesse mit hohem Schadenpotential). Die Regelung der Beweidung auf diesen Flächen ist zur Erhaltung der Schutzwirkung vordringlich. Traditionell wird die Beweidung in der Region grösstenteils mit Kühen, Rindern und Jungvieh ausgeübt. Die Waldweide mit Kleinnutztieren und Pferden spielt aktuell mit ca. 10% eine untergeordnete Rolle. Lokal lässt sich in den letzten Jahren vermehrt ein Verlagerung der Weidetiere in Richtung Schafe und Ziegen beobachten. Gemäss Erhebung des Amtes für Landwirtschaft und Geoinformation (2000 – 2010) ist in der Region Herrschaft/Prättigau/Davos der Schafbestand um 5% und der­jenige der Ziegen um 51% gestiegen. In der Subregion Herrschaft/Prättigau werden zurzeit rund 4200 ha Wald beweidet. Auf 27% dieser Fläche bestehen befriedigende Regelungen. Auf 23% dieser Flächen ist die Beweidung nicht ge­ regelt, aber es besteht kein dringender Handlungsbedarf für eine Regelung. Auf 50% der beweideten Waldfläche besteht unmittelbarer Handlungsbedarf die Beweidung zu regeln.

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OB WEIDWALD

In Bezug auf die Waldweide stellt Davos ein Spezialfall dar. Auf rund 60% der Waldflächen sind im Grundbuch verbriefte, alte Weiderechte für Dritte eingetragen. Der Grossteil dieser Weiderechte befindet sich im Schutzwald. Obwohl forstliche Aspekte in diesen Grundbuchrechten nicht berücksichtigt wurden, gilt die dort zulässige Waldweide als rechtlich geregelt. Eine Ablösung dieser verbrieften Weiderechte ist nicht möglich, weil geeignete Flächen als Realersatz fehlen und eine grossflächige Abgeltung nicht finanzierbar ist. Diese verbrieften Weidrechte werden nur noch auf rund 50%, oder etwa 2000 ha ausgeübt. An­ gesichts der schwierigen Ausgangslage wird man sich auf die Regelung der forstlich dringendsten Flächen (10% der beweideten Flächen) konzentrieren.

2487 17 437

7088

3528 1073

Waldfläche ohne Gebüschwald, nicht beweidet Kategorie 1: Beweidet, geregelt, kein Handlungsbedarf Kategorie 2: Beweidet mit Handlungsbedarf Kategorie 3: Beweidet, ungeregelt, kein unmitelbarer Handlungsbedarf

Abbildung 10: Beweidungssituation in der Region Herrschaft/Prättigau/Davos

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OB WEIDWALD

2. Allgemeine Ziele und Strategien Ziel

Strategie

Kontrollgrösse

Qualitative Ziele: Die Waldbeweidung ist so geregelt, dass sie sich nicht nachteilig auf die übrigen Waldfunktionen auswirkt.

Die bestehende Beweidung wird durch das Amt für Wald und Naturgefahren periodisch überprüft und der Handlungsbedarf beurteilt. Bei Bedarf werden Wald-Weide-Regelungen getroffen. Die Regelungen werden laufend überwacht.

Periodische Erfassung der Situation.

Die Walderhaltung, insbesondere die Waldverjüngung, ist langfristig sichergestellt. Als nachteilige Nutzung gelten Beweidungs­ formen, bei denen die Verjüngung, die Bestandeseigenschaften oder die Bodenqualität durch die Beweidung massgeblich so beeinflusst werden, dass die geforderten Waldleistungen langfristig nicht erbracht werden können. Diese Grundsätze gelten sowohl für bestehende als auch für neue Weidwälder.

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OB WEIDWALD

Ziel

Strategie

Kontrollgrösse

Quantitative Zielsetzung: Die Beweidung im Wald ist geregelt und stellt keine nachteilige Nutzung dar. Wo die Beweidung geregelt ist, gilt sie nicht mehr als eine nachteilige Nutzung nach Art. 24 KWaV.

Bestandesaufnahme: Die beweidete Waldfläche wird räumlich explizit in drei Kategorien eingeteilt, für welche je ein spezifisches Vorgehen formuliert wird:

% Fläche mit Handlungsbedarf.

Bis 2030 ist die Fläche mit Handlungsbedarf um 75% reduziert.

2. Beweidet, mit Handlungsbedarf.

% Fläche geregelte Beweidung.

1. Beweidet, geregelt, kein Handlungsbedarf.

3. Beweidet, ungeregelt, kein unmittelbarer Handlungsbedarf.

% Fläche ungeregelte Beweidung. Qualität der WaldWeide-Regulierungen.

Die Herleitung des Handlungsbedarfs erfolgt nachvollziehbar und nach kantonsweit einheit­ licher Praxis. Entscheidungskriterien sind: – Stand der Regelung (keine, unklare oder forstlich nicht akzeptable Regelung, Regelung wird nicht eingehalten). – Überlagerung mit Schutzwald (differenziert nach Schutzwald-Typ A/B oder SchutzwaldTyp C). – Gefährdungspotential durch Naturgefahren oder Waldwirkung gegen Naturgefahren. – Schadenpotential. – Einfluss der Beweidung. – Standortseigenschaften. Falls bisher nicht beweidete Waldflächen neu beweidet werden, gelten dieselben Entscheidungskriterien. Der Einfluss der Beweidung auf den Wald wird insbesondere anhand – der weidenden Tierart, – der Beweidungsintensität und -dauer, – des Beweidungszeitpunktes beurteilt. Bei Weideflächen, die zunehmend von der Alpen­ erle eingewachsen werden, kann eine gezielte Beweidung zur Offenhaltung der Fläche eingesetzt werden. Die Regelung erfolgt kantonsweit nach einheitlicher Praxis. Es gelten folgende minimale Voraussetzungen: a) Erarbeitung von Wald-Weide-Regelungen – Es sind räumlich explizite Lösungen zu erarbeiten. – Die Situation wird differenziert nach standörtlichen Voraussetzungen, Tierart und Intensität der Beweidung betrachtet. – Die Mitwirkung der Landwirtschaft ist erforderlich. – Wo es die waldbaulichen Ziele erlauben, wird die Beweidung für die Erfüllung der Waldfunktionen eingesetzt (Biodiversität, Landschaftsqualität). b) Inhalt der Wald-Weide-Regelungen Das Amt für Wald und Naturgefahren erarbeitet Wald-Weide-Regelungen anhand anerkannter interner Richt­linien.

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OB WEIDWALD

3. Spezielle Objekte Nr.

Situation/Probleme

Forstliche Zielsetzung

Forstliche Massnahmen

Beweidet, geregelt, kein Handlungsbedarf 501

Die Beweidung ist rechtlich geregelt und im Rahmen der getroffenen Regelung weiterhin zulässig.

Die langfristige Walderhaltung ist sichergestellt. Es bestehen keine Konflikte mit anderen Waldfunktionen. Die Regelung ist wirkungsvoll umgesetzt.

Periodische Kontrolle des Wald­ zustandes. Kontrolle der Einhaltung der Regelungen. Umsetzung in der Regelung verein­ barten Massnahmen. Bei Bedarf Überarbeitung der Regelungen.

Es werden Regelungen erarbeitet mit folgenden Zielen: – Die Walderhaltung ist sichergestellt. – Es bestehen keine Konflikte mit anderen Waldfunktionen. – Die Regelungen sind wirkungsvoll umgesetzt.

Rechtlich verbindliche Regelung der Waldbeweidung gemäss Richtlinien des AWN (Anpassung der Beweidung, Ablösung der Weiderrechte, etc.). Periodische Kontrolle der Umsetzung der Regelung.

Beweidet, mit Handlungsbedarf 502

Wälder mit oder ohne rechtliche Regelungen der Beweidung. Es bestehen Zielkonflikte zwischen der Beweidung und anderen Waldfunktionen oder der Walderhaltung.

Beweidung ungeregelt, kein unmittelbarer Handlungsbedarf 503

Beweidung ist rechtlich nicht geregelt. Es besteht kein unmittelbarer Handlungsbedarf, solange sich die Weidesituation nicht ändert.

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Die langfristige Walderhaltung und die Erfüllung der Waldfunktionen sind sicher­gestellt.

Situation beobachten. Nach Möglichkeit oder bei Bedarf rechtliche Regelung der Beweidung angehen.

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WEP-Objektblatt Weidwald

0

OB SCHUTZWALD

Region Herrschaft/Prättigau/Davos

6000 1:155'000

501 Beweidet, geregelt, kein Handlungsbedarf 502 Beweidet mit Handlungsbedarf 503 Beweidung ungeregelt, kein unmittelbarer Handlungsbedarf

m u z e t r A3_Ka

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Kartendaten: LK200 © Bundesamt für Landestopografie

3000

n e p p a l ausk

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9000 m



OB WEIDWALD

4. Koordination 4.1 Schutzwald 4.1.1 Ausgangslage und Zielsetzung Die Beweidung im Wald kann zu Beeinträchtigungen der waldbaulichen Zielsetzung führen, ins­ besondere in Bezug auf Verjüngung, Baumartenzusammensetzung, Bestandesstruktur und Boden­ zustand. Im Schutzwald darf die Schutzwirkung durch die Beweidung nicht massgeblich verschlechtert werden. Dies bedeutet: – Die waldbauliche Zielsetzung – insbesondere bezüglich Verjüngung, Baumartenzusammensetzung und der angestrebte Deckungsgrad/die angestrebte Stammzahl – werden unabhängig von allfälligen bisherigen Regelungen auf die Schutzwirksamkeit ausgerichtet. – Im gesamten Schutzwald dürfen durch Beweidung keine Risiken verstärkt werden resp. ­keine neuen Risiken entstehen (z.B. Verstärkung der Erosion, Verschlechterung des Infiltrations- und Wasserspeicherungsvermögens der Waldböden). Besondere Beachtung verlangen Gerinneeinhänge, aktive oberflächige Rutschgebiete und vernässte Stellen. 4.1.2 Massnahmen In erster Priorität ist die Beweidung in Wäldern mit Handlungsbedarf zu regeln (Objekte Nr. 502). 4.1.3 Finanzierung Finanzielle Mittel aus der Schutzwaldpflege können eingesetzt werden falls: – die Beweidung geregelt und konfliktfrei ist, – die Massnahmen für die Schutzwirkung unerlässlich sind (dazu zählen auch Pflanzungen und Zäune zur Sicherstellung der Verjüngung). Auf Flächen mit Handlungsbedarf (Objekte Nr. 502) oder ohne geregelte Beweidung (Objekte Nr. 503) können während fünf Jahren nach Inkraft­treten des WEP für waldbauliche Massnahmen Schutzwaldgelder eingesetzt werden. Das Amt für Wald und Naturgefahren muss der Massnahme vorgängig zustimmen. Für die Regelung der Beweidung (Projektierung) werden die Kosten durch die öffentliche Hand (AWN, ALG) übernommen. Die Markierung der Abgrenzung (exkl. Zäune) ist Aufgabe des Amt für Wald und Naturgefahren. Alle übrigen Aufwendungen für den Erhalt und die Pflege der beweideten Wälder sind durch die Nutzniesser zu finanzieren. 4.1.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Amt für Wald und Naturgefahren. Beteiligte: Waldeigentümer, Revierförster, Gemeinden, Amt für Landwirtschaft und Geoinformation.

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OB WEIDWALD

4.2 Holzproduktion 4.2.1 Ausgangslage und Zielsetzung Die Holznutzung ist für die Beweidung unproblematisch. Sie wird durch eine Holznutzung kaum eingeschränkt, wenn nach dem Holzschlag eine Asträumung stattfindet. Hingegen führt die Beweidung in vielen Fällen zu Beeinträchtigungen der Holzproduktion. In nicht geregelten Weidwäldern mit überdurchschnittlichem Holznutzungspotential erfolgt die waldbauliche Behandlung zugunsten der Holznutzung. In geregelten Weidwäldern wird die Bewirtschaftung auf die Beweidung ausgerichtet. 4.2.2 Massnahmen In erster Priorität ist die Beweidung in den Objekten Nr. 502 zu regeln. Im Einzelfall erfolgt die Koordination vor Ort bei der Anzeichnung und bei der Holzernte. 4.2.3 Finanzierung Weideräumungen nach Holzschlägen sind bei geregelter Beweidung durch den Waldeigentümer zu finanzieren, bei einer ungeregelten Beweidung durch die Nutzniesser. Abweichungen sind in den Weideregelungen festzuhalten. Die Kosten für die Regelung der Beweidung (Projektierung) werden durch die öffentliche Hand (Amt für Wald und Naturgefahren, Amt für Landwirtschaft und Geoinformation) übernommen. Die Markierung der Abgrenzung (exkl. Zäune) ist Aufgabe des Amt für Wald und Naturgefahren. Alle übrigen Aufwendungen für den Erhalt und die Pflege der beweideten Wälder sind durch die Nutzniesser zu finanzieren. 4.2.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Revierförster. Beteiligte: Waldeigentümer, Gemeinde, Landwirte.

4.3 Natur und Landschaft 4.3.1 Ausgangslage und Zielsetzung Auf fast allen Vorrangflächen für die Biodiversität ist eine Beweidung möglich resp. teilweise sogar erwünscht. In Naturwaldreservaten und in Hochmooren ist eine Beweidung nicht möglich. Auch in Waldrändern vorgelagerten Offenflächen sollte keine Beweidung durchgeführt werden. Besondere Rahmenbedingungen für die Beweidung gelten in folgenden Biodiversitätsflächen: – Besondere Baumarten: Die Zielbaumarten müssen vor der Beweidung speziell geschützt und bei der Weidepflege geschont werden. – In den Auenwäldern dürfen nur stark trocken gefallene Flächen beweidet werden. – Auerhuhnkerngebiete: Die Beweidung darf nur ausserhalb der Brutzeit stattfinden. 4.3.2 Massnahmen Die grundsätzlichen Konflikte sind im WEP festgehalten und wo möglich geregelt. Die Detailregelungen sind mit Wald-Weide-Regelungen oder Weideregelemente zu lösen.

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OB WEIDWALD

4.3.3 Finanzierung Massnahmen zur Sicherung der Biodiversitätsziele vor negativen Einflüssen der Beweidung werden nur in den im WEP speziell ausgeschiedenen Weidwäldern über die Biodiversität finanziell unterstützt. In allen anderen Fällen ist dies Sache der Waldeigentümer oder der Nutzniesser. Waldbauliche Massnahmen zur Verbesserung der Waldweide in Vorrangflächen der Biodiversität werden nur in den im WEP speziell ausgeschiedenen Weidwäldern über die Biodiversität finanziell unterstützt. In allen anderen Fällen ist dies Sache der Waldeigentümer oder der Nutzniesser. 4.3.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Amt für Wald und Naturgefahren. Beteiligte: Waldeigentümer, Revierförster, Landwirtschaft, Amt für Natur und Umwelt.

4.4 Erholung und Tourismus 4.4.1 Ausgangslage und Zielsetzung Weidwälder sind oftmals für die Erholung und den Tourismus attraktiv. Waldbauliche Konflikte gibt es keine. Die Probleme mit Mutterkuhhaltung und den Erholungssuchenden können nicht über die Waldentwicklungsplanung gelöst werden. 4.4.2 Massnahmen Sind individuell ausserhalb der forstlichen Planung zu lösen. 4.4.3 Finanzierung – 4.4.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: – Beteiligte: –

4.5 Wald-Wild-Jagd 4.5.1 Ausgangslage und Zielsetzung Die gleichzeitige Nutzung der Weidwälder durch das Wild vermindert die Qualität der Weide nicht. Wo die Verjüngung in Weidwäldern geschützt werden muss, sind die Zäune als Wildschutzzäune zu dimensionieren. 4.5.2 Massnahmen Allfällige Probleme sind bei der Regelung der Beweidung oder vor Ort durch die Beteiligten zu lösen. 4.5.3 Finanzierung Die Finanzierung von Massnahmen zur Lebensraumverbesserung für das Wild innerhalb der Weidwälder ist Sache der Nutzniesser. Innerhalb des Schutzwaldes und der Vorrangflächen Natur und Landschaft können kombinierte Weide- und Wildschutzzäune aus Mittel der Schutzwaldpflege resp. Biodiversität finanziell unterstützt werden. 4.5.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Amt für Wald und Naturgefahren, Revierförster, Jagdvereine. Beteiligte: Gemeinden, Amt für Landwirtschaft und Geoinformation, Amt für Jagd und Fischerei.

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OBJEKTBLATT

Wald-Wild-Jagd Der Wald bietet wildlebenden Säugetieren und Vögeln einen wichtigen Lebensraum. Damit dieser unter dem Aspekt des Klimawandels sämtliche Funktionen erfüllen kann, ist eine naturnahe Bewirtschaftung mit einer artenreichen Verjüngung aller standortgerechten Baum- und Straucharten nötig. Dadurch kann sichergestellt werden, dass der Wald als Lebensraum erhalten und die Biodiversität gefördert wird. Weil die Ansprüche des Menschen an die Raumnutzung gestiegen sind (Erholung, Landwirtschaft, Siedlung etc.) weicht das Schalenwild (Reh, Hirsch, Gämse, Steinbock und Wildschwein) in der Folge vermehrt in den störungsarmen Wald aus. In Graubünden und in den benachbarten Gebie­ ten befindet sich deren Population gegenwärtig auf einem sehr hohen Niveau. Diese erhöhte Wilddichte führt zu ver­ mehrten Schäden am Wald. Einzelne Baumarten können sich nur erschwert verjüngen oder fallen gänzlich aus. Die Schalenwildbestände müssen angepasst werden

Das Objektblatt zeigt – das Verhältnis zwischen Wald und Schalenwild als elementaren Teil des Ökosystems auf, – welche Wirkung die Schalenwildarten auf die Waldverjüngung haben, – welche Bedeutung die durch Wild gefährdeten Baum­arten auf die Waldfunktionen haben,

– wie der Einfluss des Schalenwildes auf die Wald­ verjüngung erhoben und interpretiert wird,

– welche Strategien und damit verbundenen Mass­nahmen verfolgt werden, um sich auf den Klima­wandel vorzubereiten.

»


OB WALD-WILD-JAGD

1. Situation 1.1 Lebensraum Wald Der Wald ist ein offenes System von Wechselwirkungen zwischen der belebten und unbelebten Natur, das in ständiger Verbindung zum Offenland steht. Er ist einer der wichtigsten Lebensräume für zahlreiche wildlebende Säugetiere und Vögel. Rund die Hälfte der in der Schweiz wildlebenden Tiere ist ganz oder teilweise auf den Wald angewiesen. Im Vergleich zur Kulturlandschaft bietet der Wald für das Wild mehr Ruhe, bessere Rückzugsmöglichkeiten und besonders im Winter ein vielfältigeres Nahrungsangebot. Ideale Lebensbedingungen herrschen dort vor, wo der Wald mit dem Offenland eng verflochten ist. Deshalb sind strukturreiche Waldränder für die Fauna sehr wichtig. Diese Flächen im Übergangsbereich zwischen Offenland und Wald werden als ökologische Nischen von zahlreichen Tierarten genutzt. Der Wald als eines der arten- und strukturreichsten Biotope ist in vielen Regionen Graubündens sehr naturnah aufgebaut. Vor allem Reh- und Rotwild sowie Wildschweine verbringen einen grossen Teil ihres Lebens im Wald, verlassen diesen aber oft für die Futteraufnahme. Der Lebensraum von Gämsen und Steinwild erstreckt sich hingegen vom Wald bis weit über die Baumgrenze. Wildtiere sind Teil des Ökosystems und in einem natürlichen, ausgewogenen Verhältnis keine Bedrohung für die Waldverjüngung. Von Wildschaden spricht man, wenn Waldfunktionen massiv beeinträchtigt sind und forstliche Ziele nicht mehr erreicht werden können.

1.2 Waldbauliche Massnahmen Jährlich werden ca. 2 % der Bündner Waldfläche mit waldbaulichen Massnahmen behandelt (Mittelwert 2010–2015). In den letzten Jahren konnten in vielen Beständen Massnahmen ausgeführt werden, die zur Förderung von Auerwild-Lebensräumen dienen oder Weidwälder auflichten. Aufgelichtete Wälder wirken sich auch positiv auf das Äsungsangebot für das Schalenwild aus, da mehr Licht und Wärme die Bodenvegetation fördert. Die nachhaltige Pflege der Wälder kann sich langfristig positiv auf die Lebensraumentwicklung auswirken und ist somit die grösste Leistung, welche der Forstdienst für die Aufwertung der Lebensräume erbringt. Der Bündner Forstdienst hat im Rahmen der Sammelprojekte Waldbau 2012–2015 nebst der Pflege der Wälder folgende Massnahmen zugunsten der Biotoppflege ausgeführt und mit öffentlichen Beiträgen unterstützt. Insbesondere mit dem Ziel, den Lebensraum für wildlebende Tiere zu verbessern, wurde in der NFA-Periode 2012–2015 in Graubünden eine Fläche von 427 ha Wald gepflegt:

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– Lebensräume verbessern: Blössen freihalten, Büsche entfernen, Weichholzarten fördern – Waldrandpflege: Stufige, strukturreiche Waldränder mit einer hohen Artenvielfalt fördern

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OB WALD-WILD-JAGD

Abbildung 11: Massnahmen zugunsten der Lebensraumaufwertung im Wald

1.3 Mitwirkung der Jägerschaft bei der Waldpflege Die Bündner Jäger leisten im Rahmen der Biotophege jährlich 25–30 000 Hegestunden. Dabei konzentriert man sich auf das Freihalten von Wiesen, Waldwiesen und Weiden (190 ha/Jahr), auf die Pflege von Waldrändern, das Zurückschneiden von Niederwäldern, das Freihalten von Wildwechseln, den Unterhalt von Feuchtbiotopen und die Beruhigung von Lebensräumen. Damit reicht das Spektrum von der Verbesserung der Nahrungsgrundlage bis hin zur Bereitstellung wichtiger Lebensraumressourcen (Ruhe, Suhlen). Bei der ganzen Hegetätigkeit wird auch ein intensiver Austausch mit den Forstverantwortlichen vor Ort gepflegt. Mit dem Aktionsprogramm Weisstanne wurden von 2008–2011 verschiedene Massnahmen zugunsten der Weisstanne umgesetzt. Dabei wurden für Zäune und Pflanzungen rund 2,5 Mio. Franken in den Schutzwald investiert. Parallel dazu wurden PR-Aktionen zum Thema Weisstanne organisiert. Dadurch wurde das Bewusstsein für die Verjüngungsproblematik und die Weisstanne als wertvolle und wichtige Baumart gefördert.

1.4 Einfluss von Wildruhezonen auf den Wald Durch die gestiegenen Ansprüche des Menschen an die Raumnutzung wird der Lebensraum für die wildlebenden Säugetiere und Vögel immer stärker eingeschränkt. Das landwirtschaftlich genutzte Kulturland führt dazu, dass in den Sommermonaten für Pflanzenfresser eine höhere Futtermenge verfügbar ist. Im Winter hingegen führt dies vor allem im Lebensraum Wald zu einer erhöhten Wilddichte. Da der Wald relativ störungsarm ist, ist die Bedeutung, aber auch die Belastung dieses Biotops stark gestiegen. Im Winter ist für das Schalenwild oft nur spärlich Nahrung vorhanden, deshalb ist der Schutz vor übermässiger Störung besonders wichtig. Kann sich das Schalenwild während dieser Zeit ungestört im Einstand aufhalten, reduziert sich sein Energieverbrauch auf ein Minimum. Übermässige Störungen wirken sich negativ auf die Waldverjüngung aus, da das Wild den erhöhten Energiebedarf mit der Aufnahme von Futter kompensieren muss. Aus diesem Grunde wurden in Graubünden Wildruhezonen ausgeschieden. Diese dürfen während bestimmten Jahreszeiten nicht oder nur beschränkt betreten werden. Zurzeit sind in Graubünden etwa 290 Wildruhezonen ausgeschieden. Die Ausscheidung erfolgt unter Einbezug verschiedener Interessensgruppen, über das Jagdrecht oder die kommunale Nutzungsplanung. Neben den aufgeführten positiven Effekten Waldentwicklungsplan 2018+ | 21. 06. 2017

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OB WALD-WILD-JAGD

können Wildruhezonen aber auch zu forstlichen Konflikten führen, wenn das Wild in diesen Gebieten massiert überwintert. Bei der Ausscheidung und Überarbeitung von Wildruhezonen ist deshalb die Mitwirkung des Amt für Wald und Naturgefahren erforderlich und mitentscheidend.

1.5 Wild und Jagd Im 19. Jahrhundert war das Schalenwild in Graubünden mit Ausnahme der Gämse weitgehend ausgerottet. Zu diesem Zeitpunkt waren auch die Grossraubtiere Bär, Wolf und Luchs ausgerottet. Um diesen Verlust auszugleichen, wurde 1876 das erste Bundesgesetz zur Jagd in Kraft gesetzt. Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts wanderten die Schalenwildarten Reh, Hirsch und Wildschwein in Graubünden wieder natürlich ein. Das Steinwild konnte ab 1920 wieder angesiedelt werden. Die Schalenwildbestände konnten mit grossen Anstrengungen geschont werden und in der Folge entstanden wieder grössere Populationen. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts steigen die Wildbestände massiv an. Dies führt zunehmend zu Wildschäden im Wald und zu hohen Fallwildzahlen. Um den Hirschbestand wirksam zu reduzieren, wurde 1972 im späten Herbst die Nachjagd auf Rotwild eingeführt. Nur dank dieser war es überhaupt möglich, das Wild im Wintereinstand zu bejagen. Die Rotwildbestände, die 1976 und 1986 jeweils auf über 15 500 Tiere geschätzt wurden, sind bis 1992 deutlich reduziert worden. Sie konnten über längere Zeit auf diesem Niveau gehalten werden, stiegen jedoch in den letzten Jahren wieder an. Im Gegensatz zu den früheren Jahren leben sie aber insbesondere während den Sommermonaten deutlich weniger konzentriert als in den 1970er- und 1980er-Jahren. In den vergangenen Jahren waren die Winter im Vergleich zu früher mild. Die damit verbundene Wintersterblichkeit nahm in der Folge ab, entsprechend nahm der Reh- und Hirschbestand wieder massiv zu. Im Frühjahr 2016 wurde der Rotwildbestand in Graubünden aufgrund der Scheinwerfertaxation des Amtes für Jagd und Fischerei auf 16 500 Stück geschätzt (AJF, 2017). Dies ist seit vielen Jahren einer der höchsten Werte. Beim Rehwild liegen die geschätzten Bestandeszahlen bei etwa 15 000 Stück. Die erlegte Rehbock-Strecke dient dabei als biologischer Indikator für die Entwicklung des Bestandes und gibt einen geschätzten Aufschluss über dessen Höhe. Das Reh als Konzentratselektierer, welches als Nahrung gezielt leicht verdauliche Pflanzenteile benötigt, hat einen entscheidenden Einfluss auf die Entmischung der Wälder. Die Bestände der Gämsen, welche insbesondere in steilen Schutzwäldern empfindlich auf die Waldverjüngung einwirken, bewegen sich seit Jahren mit leicht abnehmender Tendenz auf einer relativ konstanten Höhe. Heute sind die Schalenwildbestände aus waldökologischer Sicht derart hoch, dass seit Jahren Wildschäden auftreten, als Folge davon die Wälder entmischt werden und der Schutzwald nur mit grossem Aufwand punktuell verjüngt werden kann. Aus ökologischer und auch ökonomischer Sicht hat dies für den Wald schwerwiegende Folgen. Die Bestandesentwicklungen der verschiedenen Schalenwild-Arten verlaufen nicht einheitlich (Abbildung 12). Gegenüber der Eidgenössischen Jagdstatistik sind die Daten in Abbildung 12 korrigiert. Bei der Gämse ist bekannt, dass die Bestände vor 1989 massiv unterschätzt wurden. Für das Reh betrifft dasselbe Phänomen die 1970er-Jahre. Beim Rothirsch haben die Kohortenanalysen (Rückrechnungen aufgrund der erlegten Tiere) ergeben, dass vor allem zwischen 1989 und 1999 mehr Tiere lebten, als aufgrund der Scheinwerfertaxationen geschätzt wurden. Beim Steinwild sind die effektiven Zählergebnisse dargestellt.

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OB WALD-WILD-JAGD

Abbildung 12: Verlauf der geschätzten Frühlingsbestände 1975–2016 der vier Schalenwildarten in Graubünden.

1.6 Grossraubtiere Der Wolf, der Luchs und zeitweise auch der Bär sind in den letzten Jahren wieder nach Graubünden eingewandert. Seit 2012 hat sich im Calandagebiet ein Wolfsrudel etabliert, welches regelmässig Nachwuchs zur Welt bringt. Wie sich diese Entwicklung auf die Schalenwildbestände und die damit verbundenen Wildschäden auswirkt, wird untersucht. Aus forstlicher Sicht erhofft man sich, dass die Konzentrationen von Gämse und Hirsch generell abnehmen und der Lebensraum dynamischer genutzt wird. Beim Luchs zeigen verschiedene Untersuchungen aus der Schweiz und dem restlichen Alpenraum, dass sein Vorkommen einen regulierenden Effekt auf die Wildpopulation hat. Dies wiederum hat in diesen Gebieten positive Auswirkungen auf die Waldverjüngung. Grossraubtiere sind aus forstlicher Sicht willkommen. Deren Ausbreitung auf noch nicht besetzte Gebiete im Kanton wird begrüsst. Sie können massgeblich zu einer Entlastung der Wildschadensituation beitragen. Dies erfolgt nicht nur durch eine rein zahlenmässige Abschöpfung der Bestände, sondern auch mit einem wesentlichen Einfluss auf die Wildverteilung, welcher sich günstig auf den Wald auswirken kann. Dabei muss der ordentliche Jagddruck erhalten bleiben, um den erwarteten positiven Aspekt der Grossraubtiere zu erreichen. Bei einer Reduktion des Jagddrucks wäre dieser Effekt gehemmt.

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OB WALD-WILD-JAGD

1.7 Jagd in Graubünden In Graubünden wird im Patentsystem gejagt. Als Rechtsgrundlage für die Schalenwildregulation dient das Kantonale Jagdgesetz (KJG: 1.5.2017). Die Schalenwildbestände werden zu einem grossen Teil während 21 Tagen im September auf der ordentlichen Hochjagd reguliert, in Regionen wie im Einflussbereich des Schweizerischen Nationalparks sind es nur rund 50 %. Ist der Abschussplan für Reh- und Rotwild nicht erfüllt, so findet in den Regionen eine Nachjagd im November und Dezember statt. Diese dauert in der Regel so lange, bis der Abschussplan erfüllt ist, aber maximal 10 halbe Tage bis zum 20. Dezember. Falls der Abschussplan nicht erfüllt wurde, werden in Problemgebieten die restlichen Abschüsse durch die Wildhut getätigt. Seit der Einführung der Jagdplanung im Jahre 1990 wird angestrebt, die Wildbestände regional auf einer Höhe zu halten, die möglichst wenige Konflikte mit dem Wald und den landwirtschaftlichen Kulturen verursacht. Auf der Bündner Jagd werden verschiedene Jagdmethoden gleichzeitig ausgeübt: Ansitz-, Pirschund Treibjagd. Vor allem im Wald können Jagdhilfen den Jagderfolg fördern. Als Jagdhilfen gelten dabei Einrichtungen, die zur Erleichterung der Bejagung dienen, wie zum Beispiel Hochsitze oder auch Schussschneisen. In den meisten Fällen sind diese Einrichtungen kleiner als 5 m2 und gelten rechtlich als nichtforstliche Kleinbauten. Für diese ist kein BAB-Verfahren nötig, diese müssen aber der Standortgemeinde gemeldet werden. Seit dem Jahr 2005 wird diese Praxis in einigen Gemeinden angewendet, somit sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für ein Bewilligungsverfahren in den Gemeinden gegeben. Auf kantonaler Ebene fehlt ein Bewilligungsverfahren für Jagdhilfen. Wenn durch solche Einrichtungen Schäden am Wald oder an Einzelbäumen verursacht werden, kann dies zu Konflikten führen.

1.8 Bedeutung und Gefahr von Wildasylen Mit dem ersten Jagdgesetz im Jahr 1876 wurden die Gebirgskantone vom Bund dazu verpflichtet, Schutzgebiete auszuscheiden. Auf diese Weise richtete man im Schweizer Alpenraum ein Netz von Eidgenössischen Banngebieten ein, welches die Rückkehr und die Bestandesbildung der einheimischen Schalenwildarten ermöglichte. Einzelne Teile der ursprünglichen Gebiete sind in Graubünden heute noch in Kraft. Zusätzlich besteht ein Netz von grösseren und kleineren kantonalen Wildasylen, in denen ein partielles oder totales Jagdverbot gilt. Dieses Netz an Wildschutzgebieten, von denen sich einige im Wald befinden, wurde in jüngster Zeit optimiert und dient heute dazu, das Wild während der Jagd möglichst gleichmässig über die ganze Kantonsfläche zu verteilen. Vor allem das Rotwild wechselt seinen Einstand sehr schnell und hält sich während der Jagd innerhalb der nicht bejagten Gebiete auf, wechselt aber je nach Konstellation der Asyle auch zwischen diesen. Dadurch wird das Verhalten des Rotwildes berechenbarer gemacht und kann letztendlich zu höheren Abschüssen führen. Allerdings können Wildasyle auch zu lokal höheren Wildansammlungen führen, wodurch Wildschäden im Wald auftreten. Das Konfliktpotenzial ist vor allem in den Gebieten hoch, in welchen sich der Wald nur ungenügend verjüngt und sich Hirschbrunftplätze einstellen. Das kantonale Wildschutzgebietsnetz wird alle fünf Jahre überarbeitet. Der Forstdienst und die Gemeinden werden über die Revision informiert und angehört.

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1.9 Das Problem der Wildfütterung Seit dem Jahr 1989 wurde die Winterfütterung stark eingeschränkt, gesetzlich untersagt ist die Schalenwildfütterung jedoch erst seit Inkrafttreten der Teilrevision des Jagdgesetzes (1.5.2017). Verboten sind die aktive sowie die passive Fütterung von Wild, mit Ausnahme der in den Hegekonzepten vorgesehenen Heutristen. Der Verzicht auf eine Winterfütterung bringt folgende Vorteile: – Im Winter findet eine natürliche Selektion statt. – Das Wild verteilt sich besser im Lebensraum. – Lokale Schälschäden werden verhindert. – Es herrscht weniger Konkurrenz zwischen den Wildtieren. – Krankheitsübertragungen werden verhindert. In extrem schneereichen Wintern können ab Mitte Januar Notmassnahmen (z.B. Lebensraumberuhigung, Notfütterungen) für das Schalenwild durchgeführt werden. Diese Praxis wird nur in Ausnahme­ fällen angewendet und soll überdurchschnittliches Wintersterben verhindern. Diese Notmassnahmen sind im kantonalen Jagdgesetz verankert (KJG Art. 29a Abs. 2, Stand 1.5.2017). Bei der Planung und Ausführung ist neben dem Amt für Jagd und Fischerei auch der Forstdienst beteiligt. In den vergangenen Jahren kam es vermehrt zu Problemen durch das Verabreichen von Silage und Futter aus der Landwirtschaft. Das Rotwild reagiert auf die Aufnahme von Saftfutter im Winter einerseits mit dem Schälen von Stangenhölzern. Andererseits nimmt im Bereich von Siedlungsgebieten auch das Risiko von Verkehrsunfällen stark zu.

1.10 Wildschäden Ein Wildschaden liegt dann vor, wenn die Erreichung der waldbaulichen Ziele beeinträchtigt oder verunmöglicht wird und somit die Waldfunktionen nicht erfüllt werden können (Tabelle 9). Dies tritt dann ein, wenn folgende Situationen überwiegen: – Der An- oder Aufwuchs einer standortsgerechten Baumart entspricht nicht den waldbaulichen Zielen. – Der Verbissintensitätswert der Endknospe übersteigt den wissenschaftlich anerkannten Schwellenwert, so dass einzelne Bäume absterben. – Die Sollstammzahlen und die Baumartenmischung in der Verjüngung werden nicht erreicht. Übermässiges Schälen und Fegen von Bäumen kann für den Wald zu einer Belastung werden, indem die weitere Entwicklung verzögert bis verhindert und die Stabilität eines Baumes respektive eines Bestandes geschwächt oder in Frage gestellt wird. Bezeichnung

Erklärung

Verbiss

Äsen von Knospen, Keimlingsfrass Problematisch sind insbesondere das Äsen der Endknospe und der Keimlingsausfall.

Fegen/Schlagen

Das Reiben der Hörner oder des Geweihs an jungen Bäumen Problematisch ist, dass die Rinde weggekratzt wird und dadurch Wunden (Fäulnis) entstehen.

Schälen

Entfernen des Bastes mit den unteren Schneidezähnen Problematisch ist, dass Bast und Kambium verletzt werden (Fäulnis).

Tabelle 9: Wildschäden an Einzelbäumen

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OB WALD-WILD-JAGD

1.11

Folgerungen aus dem Bericht zum Zustand der Waldverjüngung

Ein hoher Wildverbiss kann sehr oft orts- und baumartenspezifisch variieren. Er gefährdet die Verjüngung des Waldes und führt zum Ausfall einzelner Baumarten (Baumarten-Entmischung). Die hohen und weiter angestiegenen Schalenwildbestände führen seit Jahren zu untragbaren Wildschäden, welche sich im Endeffekt über die Jahre kumulieren. Je länger sich der Verjüngungsausfall in die Länge zieht, umso grösser wird die waldbauliche Lücke. Dies hat Folgen für die Stabilität der Wälder. Gemäss Verjüngungsbericht des Amt für Wald und Naturgefahren (2014) mit lokalen Daten von 1993–2014 gibt es auf rund 40 % der Waldfläche generelle Verjüngungsprobleme, wobei auf 17 % der Waldfläche der Wildeinfluss als Hauptfaktor wirkt. Nicht alle Baumarten werden vom Wild gleich stark verbissen. Insbesondere die Weisstanne, der Bergahorn, die Eiche, die Waldföhre, die Linde, die Eibe und die Vogelbeere werden stark verbissen. Auch dominierende Baumarten wie die Lärche und zunehmend auch die Buche und die Fichte sind betroffen. Die in Graubünden standortsgerechte Weisstanne (mit Vorkommen in ihrem Haupt-, Neben- sowie Reliktareal) leidet sehr stark unter dem intensiven Verbiss. Sie kann sich ohne Schutzmassnahmen im gesamten Verbreitungsgebiet kaum oder teilweise zumindest nicht in genügender Anzahl verjüngen und aufwachsen. Der Ausfall der Weisstanne in ihrem heutigen Verbreitungsgebiet ist aus forstlicher Sicht untragbar.

1.12 Waldbauliche Bedeutung der wichtigsten Baumarten Um den Wald gut auf die klimatische Veränderung vorzubereiten, ist eine möglichst grosse Baumartenpalette nötig. Im Folgenden werden die wichtigsten Baumarten in Verbindung mit ihren waldbaulichen Vorzügen beschrieben: Die Weisstanne (Abies alba) erfüllt im Schutzwald eine wichtige Funktion und sollte in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet aus folgenden Gründen nicht durch andere Baumarten wie z.B. die Fichte ersetzt werden: – Durch die tiefen Wurzeln (sog. Pfahlwurzeln) kann sie den Boden gut stabilisieren. – Sie ist weniger anfällig auf Forstschädlinge wie etwa Borkenkäfer (z.B. Buchdrucker, Ips typographus). – Sie ist als Beimischung in einem Fichtenbestand besonders wichtig und mindert das Risiko von flächigen Zusammenbrüchen. – Die Tanne kann sich im diffusen Licht ansamen und über Jahrzehnte im Halbschatten überleben. – Die Tanne ist weniger anfällig auf Rotfäule und dadurch ein wichtiger Stabilitätsträger. – Die Tanne erträgt Trockenheit und Staunässe bis zu einem gewissen Grad. – Um die Tanne zu verjüngen, kann waldbaulich sehr fein eingegriffen werden. Die Fichte (Picea abies) spielt aus den folgenden Gründen eine grosse Rolle: – Sie ist die wirtschaftlich wichtigste Baumart. – Sie ist im gesamten Kanton weit verbreitet. – Im subalpinen Bereich ist sie oft die einzige Hauptbaumart. Die Lärche (Larix decidua) spielt aus folgenden Gründen eine grosse Rolle: – Mit ihrer dicken Borke erträgt sie Steinschlag relativ gut. – Sie ist eine Pionierbaumart und besiedelt oft Rohböden als eine der ersten Baumarten. – Mit ihren tiefen Wurzeln kann die Lärche den Boden gut verankern. – Sie kommt bis zur oberen Waldgrenze im obersubalpinen Bereich vor, dort befindet sich ihr Hauptverbreitungsgebiet.

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Die Buche (Fagus sylvatica) spielt aus folgenden Gründen eine grosse Rolle: – Sie wirkt sich positiv auf die Bodenqualität aus. – In der unter- und obermontanen Höhenstufe ist sie eine Hauptbaumart. – Sie ist relativ verbisshart im Gegensatz zu den anderen Laubbaumarten. Die Vogelbeere (Sorbus aucuparia) spielt aus folgenden Gründen eine sehr wichtige Rolle: – Sie weist einen grossen ökologischen Wert auf, da zahlreiche Tierarten auf die Vogelbeere als Futterpflanze angewiesen sind. – Die Vogelbeere ist in höheren Lagen oft die einzige Mischbaumart zur Fichte. – Sie dient als Vorbau für die Fichtenverjüngung. – Sie trägt massgeblich zur Bodenverbesserung bei. – Sie dient als Indikator-Art, um den Wilddruck auf andere Baumarten zu beurteilen. Der Bergahorn (Acer pseudoplatanus) spielt aus folgenden Gründen eine sehr grosse Rolle: – Er erträgt Steinschlag und Oberflächen-Erosion gut. – Er kann in steilen Bacheinhängen die Oberflächen-Erosion mindern. – Er erträgt Nässe relativ gut. – Er ist subalpin zunehmend eine wichtige Baumart. Die Eiche (Quercus sp.) spielt aus folgenden Gründen eine sehr grosse Rolle: – Sie hat einen grossen ökologischen Wert. – Sie ist ein Futterlieferant für das Wild. – Sie kann mit Nässe und Trockenheit relativ gut umgehen und dadurch Extrem-Standorte besiedeln. Die Waldföhre (Pinus sylvestris) spielt aus folgenden Gründen eine sehr grosse Rolle: – Als Pionierbaumart besiedelt sie Rohböden. – Sie kann mit Nässe und Trockenheit relativ gut umgehen und dadurch Extrem-Standorte besiedeln.

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1.13 Massnahmen zum Schutz des Jungwaldes Komplexe Ökosysteme befinden sich nie in einem natürlichen Gleichgewicht und kurz- bis langfristige Schwankungen sind Teil des Systems. Aus Sicht des Forstdiensts und des Waldeigentümerverbandes ist das langfristige Gleichgewicht in Graubünden zwischen Wald und Schalenwild zurzeit jedoch nicht gewährleistet. Eine Verbesserung der Situation kann nur durch eine deutliche Reduktion der Wildbestände mit gezielten Anstrengungen auf Jagdseite erreicht werden. Für den Forstdienst ist die Jagd der wichtigste Partner, um die Wildschadensituation in den Griff zu bekommen. Jagdliche Massnahmen werden durch das Amt für Jagd und Fischerei konzeptionell erarbeitet und umgesetzt. Forstliche Forderungen müssen zeitnah und prioritär für die Jagdplanung eingebracht werden können. Aus diesem Grund ist eine gute Zusammenarbeit zwischen den beiden Amtsstellen notwendig. Um die Verjüngung zu schützen, können verschiedene mechanische oder chemische Verhütungsmassnahmen getroffen werden, wobei die chemischen Mittel ab einem gewissen Wilddruck keine Wirkung mehr zeigen (Tabelle 10). Verbiss

Schälen

Mechanisch

Zäune, Einzelschütze, Hordengatter, Schutz der Endknospe (Wolle, Hanf), Wuchshüllen (Tubex)

Kunststoffnetze (Polynet), Baumspirale

Chemisch

Duftmittel

Tabelle 10: Mechanische und chemische Verhütungsmassnahmen

Seit Jahrzehnten werden in besonders problematischen Waldgebieten Wildschadenverhütungsmassnahmen umgesetzt. In der den Jahren 2012–2015 wurden auf einer Fläche von 948 Hektaren Wald verschiedene Wildschadenverhütungsmassnahmen ergriffen. Die in Tabelle 10 aufgelisteten Methoden können nur punktuell angewandt werden, da die Erstellung und der Unterhalt sehr zeit- und kostenintensiv sind. Der Erfolg ist zudem nicht in allen Fällen gesichert. So kann beispielsweise ein beschädigter Zaun jahrzehntelange Bemühungen in wenigen Tagen zunichtemachen, wenn sich das Wild Eintritt verschafft. Die wirkungsvollsten Massnahmen zur Verhütung von Wildschäden sind nach wie vor angepasste Wildbestände. Örtlich zu hohe Wildkonzentrationen sind mit allen verfügbaren Mitteln zu verhindern. Müsste die Verjüngung flächendeckend geschützt werden, wären die Kosten für den Erhalt der Waldfläche untragbar. Das gesamte Budget für Massnahmen in den Bereichen Schutzwaldpflege und Waldbiodiversität müsste dafür aufgewendet werden.

1.14 Wildschadenerhebungen Gemäss aktueller Definition des Bundes ist die Schadenschwelle erreicht, wenn auf mehr als 25 % der gesamten Waldfläche eines Kantons die Verjüngungssollwerte gemäss NaiS (Frehner et al., 2005) ohne Wildschadenverhütungsmassnahmen nicht erreicht werden (BAFU, 2010a und 2010b). In Gebieten, in welchen die Wildräume einen Schutzwaldanteil von mindestens 20 % der Wildraumfläche beinhalten, wird jedoch die Erarbeitung eines Wald-Wild-Konzeptes bereits verlangt, wenn auf einer Fläche von mehr als 10 % der effektiven Schutzwaldfläche die Verjüngungssollwerte gemäss NaiS nicht erreicht werden (Konzeptschwelle).

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Die Beurteilung von ungenügend verjüngten Flächen stellt für die Praxis eine grosse Herausforderung dar. Die ökologischen Vorgänge im Zusammenhang mit Verjüngung sind komplex. Es ist zudem schwierig, sämtliche Faktoren und deren Wechselwirkungen, welche die Verjüngung beeinflussen, zu erfassen und zu berücksichtigen. Die waldbaulichen Rahmenbedingungen, die Waldgesellschaften, die übergeordneten Waldfunktionen, die Wildeinstände und die Dichte des Schalenwildes innerhalb des Lebensraums sind Faktoren, die sich gegenseitig beeinflussen können. Wald-Wild-Berichte analysieren den Ist-Zustand und vermitteln Lösungsansätze. Seit 2002 wurden 10 Wald-Wild-Berichte erarbeitet. Diese bestehen aus vier Teilberichten (Wald, Wild, Wald-Wild-Synthese, Massnahmenkatalog [Abbildung 13]). Die Teile mit Waldbezug werden durch das Amt für Wald und Naturgefahren erarbeitet, die Teile mit Wild- und Jagdbezug durch das Amt für Jagd und Fischerei. Die Wald-Wild-Synthese und der Massnahmenkatalog werden durch beide Amtsstellen gemeinsam erarbeitet. Die erhoffte Verbesserung der Schadenssituation konnte dennoch in vielen Regionen nicht erreicht werden.

1.15 Vorgehen bei der Wildschadenerhebung Um Daten über den Wilddruck, die Verbissintensität und die allgemeine Verjüngungssituation zu ermitteln, werden folgende Verfahren angewandt: – Teilprogramm 1: Stichprobenaufnahmen mit 25 fixen, im Gelände versicherten Stichprobenpunkten im Abstand von 50 bis 100 m. – Teilprogramm 2: Gutachtliche Aufnahmen basierend auf NaiS-Richtlinien (Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald) gemäss den wissenschaftlichen Erkenntnissen nach Eiberle (1987), ohne fixe Stichprobenpunkte. – Kontrollzaunflächenpaare. Die erwähnten Verfahren basieren auf bekannten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Aufgrund der aufwändigen Erhebung können diese Daten nicht permanent auf dem neusten Stand gehalten werden und geben deshalb ohne korrekte Interpretation nur bedingt Aufschluss über die aktuelle Situation und die zukünftige Entwicklung. Die langen Lebensphasen von Bäumen führen dazu, dass Prozesse wie eine Baumarten-Entmischung nur langsam vorangehen, und nur bedingt langfristig vorherzusagen sind. Die Einführung eines flächendeckenden Instruments zur Interpretation des Wildeinflusses wurde 2017 gestartet (jährliche Beurteilung). Die Wildschadensituation wird dabei jährlich flächig beurteilt und bewertet. In die Beurteilung fliessen die Beobachtungen der Bewirtschafter und des Forstdienstes sowie die aktuellen Wildschadenerhebungen ein. Die Ergebnisse liefern Hinweise über die jährliche Entwicklung der Wildschadensituation und fliessen jeweils im Frühjahr in die Jagdplanung ein. Somit kann kurzfristig auf negative Entwicklungen reagiert werden. Alle fünf Jahre findet im Rahmen von Wald-Wild-Berichten eine Bilanzierung der jährlichen Beurteilungen statt (Abbildung 13). Dabei werden Problemgebiete definiert und Massnahmen erarbeitet, die zu einer Entlastung des Wildeinflusses auf die Waldverjüngung führen sollen. Weitere Gebiete, in welchen keine Massnahmen notwendig sind, die Entwicklung jedoch genauer verfolgt werden sollte, können als Beobachtungsflächen ausgeschieden werden. Der Massnahmenkatalog wird gemeinsam mit dem Amt für Jagd und Fischerei sowie den Waldbesitzern erarbeitet. Es werden dabei sowohl forstliche als auch jagdliche Massnahmen vorgesehen. Beim Erarbeiten der nächsten Bilanzierung werden diese auf ihren Erfolg geprüft.

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WEP Objektblatt Wald, Wild & Jagd

Jährliche Beurteilung Aktuelle Situation Wildschäden

Strategische Grundsätze

Wald-Wild-Berichte Mehrjährige Zwischenbilanz (Wald) Zusammenfassung der jährlichen Beurteilung

Bilanz Wild Aktuelle Wildbestände und deren Entwicklung

Ausführungs-u nd Erfolgskontrolle Auswertung bisherige Massnahmenkataloge

(Forstliche/jagdliche) Massnahmen Beenden/Weiterführen/Einführen neuer Massnahmen, Ausscheidung Problemflächen/Beobachtungsflächen

Abbildung 13: Die strategischen Grundsätze des AWN im Bereich Wald-Wild mit den drei Hauptelementen.

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2. Allgemeine Ziele und Strategien 2.1 Lebensraum Wald 2.1.1 Aufwertende Massnahmen Ziel: Der Lebensraum für wildlebende Tiere und Vögel bleibt erhalten. Sehr grosse, dicht geschlossene Bestände, die den Ansprüchen des Schalenwilds nicht genügen, werden durch forstliche Massnahmen aufgewertet. Wertvolle Altbestände werden geschützt. Strategie: Bei waldbaulichen Eingriffen werden die Biotopansprüche der waldbewohnenden Arten berücksichtigt, sofern sich diese mit der waldbaulichen Zielsetzung vereinbaren lassen. Blössen im Wald werden erhalten, falls nötig werden Freihalteflächen angelegt. Beim Planen von lebensraumaufwertenden Massnahmen wirkt der Forstdienst aktiv mit und schlägt geeignete Objekte im Waldareal vor. Der Forstdienst unterstützt die Jagdsektionen bei der Suche von geeigneten Hegeobjekten. Die geplanten lebensraumaufwertenden Massnahmen werden mit der Strategie im WEP Objektblatt Natur und Landschaft koordiniert. Die Verbesserung des Lebensraums soll zu einer Schadensminderung und nicht zu einer Erhöhung des Wildbestandes führen. 2.1.2 Verfügbarkeit Lebensraum Ziel: Das Schalenwild kann sich innerhalb des Lebensraums frei bewegen. Strategie: Der Forstdienst wirkt bei der Verwirklichung von geplanten Wildtierkorridoren mit. Er berücksichtigt bei forstlichen Bauten und Zäunungen bedeutende Wildwechsel und sorgt dafür, dass diese nicht grossflächig unterbrochen werden. Um übermässige Schäden im Wald zu vermeiden, setzt sich der Forstdienst für ein Gleichgewicht zwischen Wald und Wild ein. 2.1.3 Schutz vor übermässiger Störung Ziel: Störungsfreie Waldgebiete bleiben erhalten. Strategie: Um zusätzliche Wildschäden im Wald zu vermeiden werden störungsarme Rückzugsgebiete mit Wildruhezonen geschützt. Obwohl forstliche Tätigkeiten ganzjährig erlaubt sind, sollen diese in den Zeiträumen, in welchen ein Betretungsverbot gilt, vermieden werden. Die hohe Wilddichte in Wildruhezonen im Schutzwald darf die Schutzwirkung und die Waldverjüngung nicht gefährden. Ihre Entwicklung wird im Schutzwald innerhalb der Wildruhezonen besonders genau beobachtet. Bei andauernden Problemen muss eine Verlegung oder Auflösung beantragt werden.

2.2 Wild und Jagd 2.2.1 Jagd Ziel: Eine effiziente Bejagung braucht gute Rahmenbedingungen. Strategie: Die Jagd (inklusive Sonderjagd und Schwerpunktbejagungen als Ergänzung) ist das wirksamste Mittel zur Regulierung und Reduktion der Schalenwildbestände, um diese an die Kapazität des Lebensraums Wald anzupassen. Der Jagdbetrieb und eine flexible Bewirtschaftung von Wildschutzgebieten werden vom Forstdienst unterstützt. In schwer zu bejagenden Waldgebieten werden Schussschneisen und Jagdhilfen ermöglicht, sofern der Forstdienst und der Waldbesitzer diesen zustimmen. Bei der Abschussplanung und der Formulierung der jährlichen Jagdbetriebsvorschriften werden die forstlichen Anliegen prominent und als wichtige Beurteilungsgrösse berücksichtigt.

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2.2.2 Grossraubtiere Ziel: Die natürliche Ausbreitung von Grossraubtieren (Wolf, Luchs, Bär) wird unterstützt. Strategie: Der Forstdienst sorgt in Zusammenarbeit mit dem Amt für Jagd und Fischerei für eine Akzeptanz der Grossraubtiere in der Bevölkerung. In Gebieten mit Grossraubtieren (z.B. Wolfsrudel) werden Veränderungen des Schalenwild-Einflusses auf die Waldverjüngung genau beobachtet. 2.2.3 Fütterungsverbot Ziel: Der Forstdienst setzt sich für die konsequente Umsetzung des Fütterungsverbots ein. Strategie: Beim Vollzug der Gesetzgebung unterstützt der Forstdienst das Amt für Jagd und Fischerei bei der Kontrolle und meldet Verstösse. Bei der allfälligen Erarbeitung von Notmassnahmen wird eine Lebensraumberuhigung Notfütterungen vorgezogen.

2.3 Wildschäden 2.3.1 Baumarten Ziel: Alle standortsgerechten Baumarten können sich natürlich verjüngen. Strategie: Der Forstdienst setzt sich für eine ausreichende Verjüngung aller standortsgerechten Baumarten ohne Schutzmassnahmen ein. Damit die Verjüngung dieser Baumarten gesichert ist, werden punktuell Wildschadenverhütungsmassnahmen umgesetzt. Bei der Baumartenwahl und -zusammensetzung ist der Klimawandel zu berücksichtigen. Je breiter das verfügbare Baumartenspektrum, desto grösser der waldbauliche Handlungsspielraum. 2.3.2 Erhebungen der Wald-Wildschadensituation Ziel: Um den Einfluss des Wildes auf die Verjüngung zu untersuchen wird dieser auf Untersuchungsflächen periodisch erhoben. Strategie: Für die Erhebung von Wald- und Wildschäden ist das Amt für Wald und Naturgefahren gemeinsam mit dem Waldeigentümer verantwortlich. Die erhobenen Daten sind aktuell und aussage­ kräftig zu halten und dienen als Grundlage für die jährliche Beurteilung. 2.3.3 Jährliche Beurteilung Ziel: Jährlich beurteilen der Revierförster und der Regionalforstingenieur gemeinsam die Wildschadensituation innerhalb der Forstreviere. Strategie: Die aktuellsten Erhebungen und die Einschätzungen der Revierförster werden mittels einer standardisierten Methode auf der gesamten Revierfläche für eine Beurteilung interpretiert. Die Beurteilungen finden jährlich bis Ende März statt. Anschliessend werden dem Amt für Jagd und Fischerei diese Einschätzungen für die Jagdplanung zur Verfügung gestellt. 2.3.4 Mehrjährige Bilanzierung Ziel: Die mittelfristige Entwicklung der Wildschadensituation wird abgestützt auf der jährlichen Beurteilung und periodisch analysiert. Strategie: Veränderungen der Wildschadensituation werden genau beurteilt. Die mehrjährige Bilanzierung dient als Grundlage für die Ermittlung der Problemgebiete in den Wald-Wild-Berichten.

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2.3.5 Wald-Wild-Berichte Ziel: Die Wald-Wild-Berichte werden periodisch revidiert. Die mittelfristige Entwicklung der WaldWild Situation wird analysiert und durch jagdliche und forstliche Massnahmen verbessert. Strategie: Das Amt für Wald und Naturgefahren und das Amt für Jagd und Fischerei revidieren gemeinsam spätestens nach 15 Jahren die gültigen ersten Wald-Wild-Berichte. Die neuen Berichte enthalten einen Teilbericht Wald (entspricht der mehrjährigen Bilanzierung) sowie einen Teilbericht Wild (mit aktuellen Daten aus der Jagdplanung und mit kompakten und leicht verständlichen Darstellungen und Kurztexten). Eine Erfolgskontrolle des bisherigen Massnahmenkatalogs sowie ein neu entworfener Massnahmenkatalog mit forstlichen und jagdlichen Massnahmen in festgelegten Problemgebieten sollen zu einer Verbesserung der Situation für den Wald und das Wild führen. Die nachfolgenden Revisionen sollen in kürzeren Zeitabständen erfolgen.

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3. Koordination 3.1 Schutzwald 3.1.1 Ausgangslage und Ziele Der Schutzwald ist auch wichtiger Lebensraum für das Wild. Grundsätzlich stimmen die Ansprüche des Wildes an den Lebensraum und die Anforderungen an den Schutzwald überein. In beiden Fällen werden gut strukturierte Wälder angestrebt, welche gleichzeitig auch genügend Äsungsangebot und Deckungsmöglichkeiten für das Wild bieten. Für eine dauerhafte Schutzwirkung sind nach den Regeln der Schutzwaldbewirtschaftung plenterartig aufgebaute Wälder anzustreben. Diese weisen im Vergleich zu anderen Waldstrukturen eine eher tiefe Jungwaldstammzahl auf. Das Äsungsangebot ist limitierter. Der Wildlebensraum wie auch die Schutzwirkung der Wälder kann nur gemeinsam sichergestellt werden, wenn genügend standortgerechte Verjüngung vorhanden ist. Die Wildbestände müssen der Lebensraumkapazität im Schutzwald angepasst werden.

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3.1.2 Massnahmen Die Schutzfunktion muss nachhaltig gewährleistet sein. Strategien und Massnahmen zur Konfliktlösung sind im Objektblatt Wald-Wild-Jagd festgelegt. 3.1.3 Finanzierung Besondere jagdliche Massnahmen werden durch das Amt für Jagd und Fischerei finanziert. Wildschutz­ massnahmen innerhalb des Schutzwaldes können über die Schutzwaldpflege finanziell unterstützt werden. Der Waldeigentümer kann im Rahmen der Flächenpauschale für die Schutzwaldpflege entscheiden, ob er spezielle Massnahmen zugunsten der Lebensraumverbesserung für das Wild ergreifen und selbst finanzieren will. 3.1.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Amt für Wald und Naturgefahren, Amt für Jagd und Fischerei. Beteiligte: Waldeigentümer, Revierförster, Bündner Kantonaler Patentjäger-Verband.

3.2 Holznutzung 3.2.1 Ausgangslage und Ziele Der Wildlebensraum wird durch eine reguläre Holznutzung kaum negativ beeinflusst. Ausnahmen sind Holzschläge und Pflegemassnahmen während der Jagd und der Setzzeit. Während diesen Zeiten sollten forstliche Massnahmen in besonders wichtigen Wildeinstandsgebieten nicht durchgeführt werden. Eine nachhaltige Holznutzung ist nur möglich, wenn die natürliche Verjüngung der Wälder mit standortsgerechten Baumarten dauerhaft sichergestellt ist. Um dieses Ziel zu erreichen müssen die Wildschäden auf ein tragbares Mass reduziert werden. 3.2.2 Massnahmen Die Koordination erfolgt vor der Schlagplanung respektive vor dem Holzschlag. Punktuell können Wildschadenverhütungsmassnahmen ergriffen werden. 3.2.3 Finanzierung Wildschadenverhütungsmassnahmen ausserhalb der Schutzwälder können über das Programm Waldwirtschaft finanziell unterstützt werden. Besondere jagdliche Massnahmen werden durch das Amt für Jagd und Fischerei finanziert. Lebensraumfördernde Massnahmen zugunsten des Wildes sind durch den Waldeigentümer oder die Nutzniesser zu finanzieren. 3.2.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Revierförster. Beteiligte: Amt für Jagd und Fischerei, Jagdvereine.

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3.3 Natur und Landschaft 3.3.1 Ausgangslage und Ziel Die Bedürfnisse des Wildes an den Wald decken sich in den meisten Fällen mit den Zielen der Biodiversität. Lichte Wälder, gestufte Waldränder sowie eine enge Verzahnung von Wald und Offenflächen bedeuten für das Schalenwild in der Regel sehr gute Lebensräume. Problematisch ist die Verjüngung dieser Flächen. Bei der Förderung besonderer Gehölze müssen in vom Wild stark genutzten Flächen Verhütungsmassnahmen gegen Verbiss und Schälung getroffen werden. Bei der Pflege dieser Biotope ist eine Zusammenarbeit mit der Jägerschaft zu suchen. 3.3.2 Massnahmen Die Koordination erfolgt während der Projektierungsphase oder vor der Ausführungsphase der geplanten Massnahmen. Punktuell können Wildschadenverhütungsmassnahmen ergriffen werden. 3.3.3 Finanzierung Lebensraumfördernde Massnahmen zugunsten des Wildes und Massnahmen zum Schutz vor Wildverbiss innerhalb der Vorrangflächen werden durch das Programm Biodiversität finanziell unterstützt, sofern die Massnahmen auch den Biodiversitätszielen dienen. Die übrigen lebensraum­ fördernden Massnahmen sind durch den Waldeigentümer oder die Nutzniesser zu finanzieren. Besondere jagdliche Massnahmen werden durch das Amt für Jagd und Fischerei finanziert. 3.3.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Amt für Wald und Naturgefahren. Beteiligte: Revierförster, Amt für Jagd und Fischerei, Jagdvereine.

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3.4 Erholung und Tourismus 3.4.1 Ausgangslage und Ziel Das freie Betretungsrecht von Wald und Weide wirkt sich auf die Lebensräume des Wildes negativ aus. Ungestörte Gebiete sind für das Wild insbesondere im Winter sehr wichtig. Konflikte entstehen dort, wo das Wild permanent gestört wird. In diesen Gebieten kann das Wild seinen zusätzlichen Energiebedarf nur durch mehr Futter kompensieren, oder es wechselt den Einstand, was wiederum zu hohen Wildansammlungen in störungsfreien Gebieten führen kann. Beide Situationen können zu einer Zunahme der Verbiss- und Schälschäden führen. Die zunehmende Anzahl ausgeschiedener Wildruhezonen führt auf der Gegenseite zu einer Einschränkung der Erholungsmöglichkeiten. Grundsätzlich ist die Erholungsnutzung im Wald so zu koordinieren, dass die negativen Auswirkungen minimiert werden. Gleichzeitig sind die Wildruhezonen im Wald so zu planen, dass für die Erholungsnutzung wichtige Routen weiterhin begangen werden können. 3.4.2 Massnahmen Grundsätzlich liegt es im Ermessen der Gemeinden, die Anliegen der Erholungssuchenden zu berücksichtigen. Allfällige Konflikte sind gemäss den im OB Erholung und Tourismus festgelegten Strategien zu lösen. 3.4.3 Finanzierung Koordinations-, Förderungs- und Schutzmassnahmen (nur ausserhalb Schutzwald und Vorrangflächen Natur und Landschaft) sind durch die Gemeinden respektive von den Nutzniessern zu finanzieren. 3.4.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Gemeinde, Tourismusorganisationen. Beteiligte: Amt für Wald und Naturgefahren, Amt für Jagd und Fischerei, Waldeigentümer.

3.5 Weidwald 3.5.1 Ausgangslage und Ziele Die Beweidung der Weidwälder beeinträchtigt den Lebensraum des Wildes kaum. Die Beweidung im Wald kann sich positiv auf das Äsungsangebot für das Schalenwild auswirken, indem Flächen offen gehalten werden. Problematisch sind unsachgemäss errichtete Weidezäune. Diese können beim Wild zu Verletzungen führen oder Wildwechsel werden behindert oder unterbrochen. 3.5.2 Massnahmen Probleme sind bei der Regelung der Beweidung oder vor Ort durch die Beteiligten zu lösen. 3.5.3 Finanzierung Die Finanzierung wildgerechter Weidezäune ist Sache der Nutzniesser und der Landwirtschaft. 3.5.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Landwirtschaft, Amt für Jagd und Fischerei. Beteiligte: Revierförster, Gemeinde.

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OBJEKTBLATT

Erschliessung Die Anforderungen an die Erschliessung haben sich mit der fortlaufenden Mechanisierung der Holzernte laufend verändert. Genügten früher noch einfache Wege um das Holz mit Pferden aus dem Wald zu rücken, werden heute für die modernen Forstmaschinen breitere und tragfähigere Waldstrassen benötigt um das Holz effizient aus dem Wald transportieren zu können.

Im Objektblatt wird – die aktuelle Erschliessungssituation abgebildet,

– die Bedeutung der Erschliessung für die Waldpflege erläutert,

– die Zielsetzung und Strategien für eine effiziente Erschliessung definiert und

– die daraus abgeleiteten Massnahmen festgelegt.

»


OB ERSCHLIESSUNG

1. Situation Waldstrassen sind unerlässlich für die Nutzung und Pflege des Waldes. Sie sichern die Zufahrt zu den Beständen und die notwendigen Aufrüst- und Lagerplätze für das geerntete Holz. Ohne ein modernes ausgebautes Waldwegsystem sind die effiziente Pflege der Schutzwälder sowie der Unterhalt von Schutzbauten nicht möglich. Sie sind zudem sehr wichtig für die Waldbrandbekämpfung. Lange Zeit kam für den Holztransport aus dem Wald nur der Pferdetransport oder das Reisten in Frage. Nach dem zweiten Weltkrieg setzte auf dem Gebiet der forstlichen Transporttechnik eine rasante Entwicklung ein. In Graubünden wurden anfänglich viele Strassen mit einer Breite von 2.0 – 2.5 m gebaut. Die Kurven wurden steil angelegt, so dass die Pferdefuhren mit möglichst wenig Kraftaufwand das talwärts geführte Holz rücken konnten. Die zunehmende Motorisierung in der Land- und Forstwirtschaft führte zu kontinuierlich breiteren Fahrzeugen und zwang die Waldeigentümer zum Aus- oder Neubau von Waldstrassen. Heute trifft man im Kanton häufig auf Waldgebiete, welche zwar mit einem dichten Strassensystem erschlossen sind, die einzelnen Strassen aber den Anforderungen an eine moderne Holzernte nicht mehr genügen.

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OB ERSCHLIESSUNG

Die Tragfähigkeit der Waldstrassen stellt für die Erschliessung eine weitere Herausforderung dar. In den Siebziger- und Achtzigerjahren wurde die Tragfähigkeit für 18 t Gesamtgewicht dimensioniert. Dies beruhte auf Richtwerte aufgrund der Holzerntetechnik aus den Sechzigerjahren. Aufgrund der Empfehlungen des Bundes plant und erstellt man heute in Graubünden neue Waldstrassen mit einer Fahrbahnbreite von 3.3 m. Seit 2012 werden in Verbindung mit Holzerntekonzepten, bei Aus- und Neubauten sowie Instandsetzungen von Erschliessungsanlagen folgende Erschliessungskategorien angewendet:

Nr.

Kategorie

minimale Aufbau* Breite

1

Waldstrasse

3.30 m

6–8 cm 40 cm Planum

82 kN

40 t

10.0 m

Gilt als Standard für Neu- u. Ausbauten (LKW-befahrbar). In begründeten Fällen kann davon abgewichen werden.

3.00 m

6–8 cm 30 cm Planum

82 kN

32 t

8.0 m

Gilt als Standard für Instandstellungen von bestehenden Wald­strassen von 2.8–3.0m Breite (LKW-befahrbar).

3.00 m

>10 cm Keine Planum Bemessung

-

8.0 m

Trag-/Deckschicht nach Bedarf

STANDARD

2

Waldstrasse MINIMAL

Normachs- maximale Minimalradien Umsetzung/ last Breite Tonnage (Fahrbahnmitte) Beschreibung

3

Maschinenweg

4

Temporärer 3.00 m Bewirtschaftungsweg

≤20cm Planum

Keine Bemessung

-

8.0 m

Tragschicht nach Bedarf. Weg wird nach der Bewirtschaftung aufge­ geben/rückgebaut.

5

Jeepweg

2.50 m

>10cm Planum

Keine Bemessung

-

6.0 m

Trag-/Deckschicht nach Bedarf

6

Rückegasse

bis 3.50 m

Keine Bemessung

-

Keine Definition

Kein Strassenaufbau

Direkt auf Waldboden

* Angaben zum Fahrbahnaufbau haben generellen Charakter und müssen objektspezifisch überprüft, resp. im Detail bemessen werden. Tabelle 11: Typen von Waldstrassen und -wege

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OB ERSCHLIESSUNG

Waldstrassen sind für Lastwagen befahrbar und dienen der Basiserschliessung. Sie sichern die Zufahrt ins Arbeitsgebiet, dienen als Arbeits- und Holzrüstplatz und ermöglichen die Abfuhr des Holzes aus dem Wald. Mit einer Tragfähigkeit von 40 t (WaldstrasseSTANDARD), respektive 32 t (WaldstrasseMINIMAL) soll gewährleistet werden, dass das Holz mit möglichst wenigen Fahrten und somit auch kostengünstiger aus dem Wald abgeführt werden kann. Maschinenwege und Rückegassen gehören zur Feinerschliessung. Auch diese ermöglichen den Zugang zum Arbeitsort und den Transport des Holzes vom Fällort zum Aufrüst- und/oder Lagerplatz. Das Walderschliessungsnetz in Graubünden weist aktuell (2016) folgende Länge auf: Tragfähigkeit/Breite

< 2.5 m

2.5 – 3.0 m

3.0 – 3.4 m

>3.4 m

Total

≥ 28 Tonnen

263

1322

50

1635

34%

≥ 18 bis < 28 Tonnen

638

582

19

1239

25%

< 18 Tonnen

1140

724

135

7

2006

41%

Total (km)

1140

1625

2039

76

4880

100%

23%

33%

42%

2%

100%

Tabelle 12: Tragfähigkeit und Breite von Waldstrassen, die für die Waldbewirtschaftung genutzt werden in km

Tabelle 12 verdeutlicht, dass der Anteil der Waldstrassen mit einer Tragfähigkeit ≥ 28 t rund ein Drittel beträgt. Dieser Anteil hat in den letzten Jahren zwar zugenommen, ist jedoch für eine effiziente Waldbewirtschaftung, insbesondere für die Holzernte und den Holzabtransport, ungenügend. Die Erschliessungsdichte, gemessen an der Tragfähigkeit über 20 t und Breite über 2,5 m beträgt gemäss Erhebungen des Landesforstinventars 2006 in Graubünden 9,4 m'/ha. Der vergleichbare Wert des Landesforstinventars (LFI) für den Alpenraum betrug 1986 9,6 m'/ha und stieg bis 2006 auf 12,6 m'/ha. Der Bündner Wald ist also weniger dicht erschlossen als der Alpenraum.

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OB ERSCHLIESSUNG

1.1 Analyse der Erschliessungsgüte Die Aussagekraft der Erschliessungsdichte ist bedingt aussagekräftig. Ein hoher respektive tiefer Wert bedeutet nicht zwingend, dass ein Gebiet übererschlossen ist oder umgekehrt. Im Gebirge ist vor allem entscheidend, wie gut die Waldstrassen für Seilkranverfahren benutzbar sind. Das Amt für Wald und Naturgefahren hat 2016 eine Studie in Auftrag gegeben um diese Frage zu klären. In der Studie wurde die gesamte Waldfläche in Abhängigkeit des Erntesystems und der Tragfähigkeit der Strasse (Tabelle 13) in drei Kategorien unterteilt: Güteklasse [1]: Erfüllt Anforderungen an den Stand der Technik Güteklasse [2]: Bedingt tauglich für eine effiziente Bewirtschaftung Güteklasse [3]: Keine effiziente Bewirtschaftung möglich

Tabelle 13: Kriterien zur Ausscheidung der Erschliessungsgüte

In den Abbildungen 14 und 15 sind Ergebnisse der auf dem aktuellen Waldstrassennetz basierenden 0 10'000 20'000 30'000 40'000 50'000 60'000 70'000 Studie dargestellt. Nicht berücksichtigt sind allfällige Einschränkungen auf dem Kantonstrassennetz.

Erfüllt die Anforderungen an den Stand der Technik

0

10'000

20'000

30'000

40'000

50'000

60'000

70'000

80'000

38% Erfüllt die Anforderungen an den Stand der Technik

14%

5%

7%

12%

35%

Bedingt tauglich für eine effiziente Bewirtschaftung 11%

Bedingt tauglich für eine effiziente Bewirtschaftung

4%

9%

11%

27%

Keine effiziente Bewirtschaftung möglich

Keine effiziente Bewirtschaftung möglich

7%

2%

Schutzwald A

Schutzwald A

8%

Schutzwald B

Schutzwald B

11%

Schutzwald C

Schutzwald C

kein Schutzwald

kein Schutzwald

Abbildung 14: Güteklassen der Erschliessung aufgeteilt nach Schutzwald und Nichtschutzwald in ha und %, ganzer Kanton

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123

80


OB ERSCHLIESSUNG

Auf 38% der Waldfläche erfüllt die Erschliessung die Anforderungen an den Stand der Technik (Güteklasse 1). Im Schutzwald ist der Anteil der Güteklasse 1 gleich. In der Güteklasse 1 ist eine effiziente Bewirtschaftung möglich. Eine effiziente Bewirtschaftung bedeutet jedoch nicht zwingend, dass die Holzernte kostendeckend ist. Auch unter optimalen Erschliessungsbedingungen können die Kosten höher liegen als der Erlös aus dem Holzverkauf. Auf 35% der Waldfläche ist die Erschliessung bedingt tauglich und auf den restlichen 27% der Waldfläche ist eine effiziente Bewirtschaftung nicht möglich. Das bedeutet nun nicht, dass auf diesen Waldflächen flächendeckend die Erschliessung verbessert werden muss. Die Erschliessung muss gezielt dort verbessert werden, wo das Kosten-Nutzen Verhältnis am besten ist. Keine Verbesserung der Erschliessung benötigen jene Waldflächen, die aus topografischen Gründen nicht bewirtschaftet werden können oder auf denen aus waldbaulichen Gründen keine Bewirtschaftung notwendig ist. Dabei ist aber zu beachten, dass die wenigsten Waldstrassen ausschliesslich der Waldbewirtschaftung dienen. Von den Waldstrassen profitieren auch die Land- und Alpwirtschaft oder die Erholungs­ suchenden und der Tourismus. Schutzwald A

Bedingt tauglich für eine effiziente Bewirtschaftung

Erfüllt die Anforderungen an den Stand der Technik

0%

10%

GR

14%

1

14%

GR

1 7%

1

5%

2

5% 3%

2%

5%

8% 10%

5%

2%

9%

11%

3%

10%

11%

5

20% 10%

6%

10%

1%

2%

4

8%

8%

2%

9%

13%

7%

3%

7%

11% 11%

5%

10%

17%

11%

2%

10%

GR

8%

9%

12%

4

22%

7%

6%

3%

3

6%

4%

17%

2

9%

7%

11%

60%

50%

6%

5%

14%

40%

5%

8%

14%

5

5 Keine effiziente Bewirtschaftung möglich

11%

4%

kein Schutzwald

12%

10%

10%

4

3

7%

16%

3

Schutzwald C 30%

5%

2%

2

Schutzwald B

20%

11%

3% 7%

10% 14%

Schutzwald A 10%

20%

Schutzwald B

Schutzwald C

kein Schutzwald

30%

40%

Abbildung 15: Güteklassen der Erschliessung aufgeteilt nach Schutzwald und Nichtschutzwald in % 5% die Regionen 1-5 7% 12% für den Kanton und

Die Anteile der drei Güteklassen unterscheiden sich regional (1–5) 9% deutlich. Diese Differenzen erklä2% 11% ren sich durch unterschiedliche topografische Verhältnisse und weitere Geländemerkmalen. Einen 10% 5% Einfluss haben zudem die unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten der Waldeigentümer. Finanz4% 6% starke Eigentümer 8% haben in der Vergangenheit mehr in die Erschliessung investiert als finanzarme. Bei der Interpretation ist zu berücksichtigen, dass die 8% Ergebnisse auf Modellierungen beruhen. Die 5% 6% Datengrundlage, welche für die Modellierung verwendet wurde, ist regional erhoben und zu einem 7% 7% 17% Datensatz zusammengefügt worden.

16%

%

4%

9%

11% Amt für Wald und Naturgefahren | Region Herrschaft/Prättigau/Davos

124

17%

22%

2%

11%

9%


OB ERSCHLIESSUNG

1.2 Investitionen in die Walderschliessung In Graubünden werden jährlich rund 21 Mio. Franken in die Erhaltung und Verbesserung der Walderschliessung investiert (Durchschnitt der Jahre 2008–2015). An der Finanzierung beteiligen sich der Kanton mit ca. 43%, der Bund mit ca. 25% und die Bauherrschaften mit ca. 32%. Dank diesen Investitionen in Neu- und Ausbauten wird die Erschliessungsgüte jährlich auf einer Waldfläche von rund 1700 ha verbessert. Mit der Instandstellung bestehender Waldstrassen wird auf einer Waldfläche von rund 12 000 ha/Jahr die bestehende Erschliessungsgüte erhalten.

2. Allgemeine Zielsetzung und Strategie Ziel

Strategie

Kontrollgrösse

Qualitative Zielsetzung: Die forstliche Erschliessung ist entsprechend den Bedürfnissen der Waldfunktionen für effiziente und sichere Holzernte und -transporte zu erhalten und auszubauen.

Die Konzipierung (Beurteilung der Notwendigkeit und Auswahl der Erschliessungsmassnahmen), die Projektierung, die Baumaterialien und Baumethoden in der forstlichen Erschliessung erfolgen gemäss dem aktuellen Stand des Wissens und entsprechen anerkannten Standards.

Stichprobekontrollen der genehmigten Projekte gemäss Projekthandbuch.

Diese ist über den gesamten Lebenszyklus auf die Kosten der Holzernte, den Strassenneubau, Strassen­ausbau und Unterhalt sowie den Holz­ abtransport zu optimieren.

Die Priorität der Erschliessungsprojekte erfolgt nach messbaren Kriterien.

Die forstliche Erschliessung ist landschaftsschonend auszuführen und soll der Arbeitssicherheit Rechnung tragen. Instandstellungen oder Ausbauten von Erschliessungen werden gegenüber einem Neubau bevorzugt.

Bei einem Neubauvorhaben werden die Alternativen eines Ausbaus oder nur einer Instandhaltung gegenübergestellt und bewertet.

Erschliessungsmassnahmen sind legitimiert und von der Öffentlichkeit akzeptiert.

Das AWN zeigt die Notwendigkeit auf und erarbeitet Entscheidungsgrundlagen. Die Projekte werden von der Bauherrschaft stufenweise genehmigt.

Quantitative Zielsetzung: Erhöhung der Waldfläche, die den Anforderungen an den Stand der Technik (Güteklasse 1) genügt um 15 000 ha bis im Jahr 2030.

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Verbesserung der Erschliessung durch finanzielle Unterstützung von Bund Kanton.

Waldfläche, deren Erschliessung, die Anforderungen an den Stand der Technik erfüllen.

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OB ERSCHLIESSUNG

3. Spezielle Objekte Nr.

Situation/Probleme

Forstliche Zielsetzung

Forstliche Massnahmen

Kategorie 1: Prioritäre Erschliessungsgebiete mit Optimierungspotential 701

Waldflächen, welche ein prioritäres Erschliessungsdefizit aufweisen.

Die bestehende Erschliessungsgüte wird verbessert.

In erster Priorität werden Aus- und Neubau von Erschliessungen realisiert, erst in zweiter Priorität die Instand­ haltung von Erschliessungen.

Kategorie 2: Übrige Erschliessungsgebiete 702

126

Waldflächen, welche momentan kein prioritäres Erschliessungsdefizit aufweisen (= gesamter Wald auf der Karte 5 ausserhalb der Flächen mit prioritärem Erschliessungsdefizit).

Die aktuelle Erschliessungsgüte wird erhalten.

In erster Priorität wird die Instandhaltung von Erschliessungen unterstützt. In begründeten Fällen auch der Aus- und Neubau von Erschliessungen gem. Nr. 701.


WEP-Objektblatt Erschliessung

0

OB SCHUTZWALD

Region Herrschaft/Prättigau/Davos

6000 1:155'000

701 Prioritäre Erschliessungsgebiete mit Optimierungspotential Erfüllt die Anforderungen an den Stand der Technik Bedingt tauglich für eine effiziente Bewirtschaftung keine effiziente Bewirtschaftung möglich

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Kartendaten: LK200 © Bundesamt für Landestopografie

3000

127

9000 m



OB ERSCHLIESSUNG

4. Koordination 4.1 Ausgangslage und Zielsetzung Die Erschliessung der Wälder kann – neben den positiven Aspekten für die Waldbewirtschaftung und die Verbesserung der Zugänglichkeit für weitere Nutzniesser – auch zu Konflikten führen. So können der Bau, die Instandhaltung und der Betrieb von Waldstrassen: – Die Lebensräume von Tieren und Pflanzen beeinträchtigen oder zerstören. – Das Landschaftsbild beeinflussen. – Abfälle verursachen. – Quellen und andere Gewässer gefährden. – Lärm und Luftverschmutzung verursachen. – Zu Konflikten mit der Nutzungsplanung führen. – Die Ansprüche des Langsamverkehrs tangieren. – Historische Verkehrswege oder Ortsbilder beeinträchtigen. – Oder Privateigentum, insbesondere landwirtschaftliche Flächen beanspruchen. Das Ziel ist, Konflikte frühzeitig zu erkennen und aufzuzeigen und mit den Beteiligten nach Lösungsmöglichkeiten zu suchen.

4.2 Massnahmen Im Rahmen der Planung und Projektierung von Erschliessungsvorhaben werden die Bedürfnisse formuliert und anhand verschiedener Varianten Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Die kantonalen Amtsstellen werden zur Mitwirkung bei Aus- und Neubauten von Erschliessungsvorhaben beigezogen. Es geht darum, Konflikte zu vermeiden oder, falls nicht möglich, deren Auswirkungen zu minimieren. Im Konfliktfall werden Schutz- oder Ersatzmassnahmen vorgesehen und bei der Realisierung umgesetzt. Zu berücksichtigen sind neben der Waldgesetzgebung die gesetzlichen Grundlagen in den Bereichen Umweltschutz, Gewässerschutz, Fischerei, Wild und Jagd, Natur- und Heimatschutz, Bodenschutz, Raumplanung, Landwirtschaft, Strassen, Fuss- und Wanderwege und Enteignungsrecht. Im Rahmen der öffentlichen Auflage können direkt Betroffene sowie die vom Bundesrecht ermächtigten Organisationen Einsprache gegen das Projekt erheben. Nach der Zustimmung der Bauherrschaft zum Projekt entscheidet schliesslich die Regierung über die Einsprachen und die Projektgenehmigung.

4.3 Finanzierung Die Finanzierung von Bau und Instandhaltung von Erschliessungsanlagen inkl. der erforderlichen Schutz- oder Ersatzmassnahmen erfolgen durch die Waldeigentümer und zu einem massgeblichen Teil durch Kanton und Bund. Weitere Nutzniesser oder Schadenverursacher werden fallweise zur Finanzierung beigezogen.

4.4 Zuständigkeit/beteiligte Parteien Verantwortlich: Gemeinde, Amt für Wald und Naturgefahren, Regierung. Beteiligte: BAFU (allenfalls weitere Bundesstellen), betroffene kantonale Amtsstellen, Umweltorganisationen, direkt betroffene Private.

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QUELLEN

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Leitbild

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Schutzwald

Holznutzung

Natur und Landschaft

Erholung und Tourismus

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Weidwald

Wald-Wild-Jagd

Waldentwicklungsplan 2018+ | 21. 06. 2017

Erschliessung

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