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CDs
from EXPULS_0607_2022
by Jürgen Huhn
the new Mourning When the light fades (noise appeal records) Thomas Pronai geht es um das Spannungsfeld zwischen selbstauferlegten Einschränkungen (wenige Akkorde, puristischer Sound, wenige Worte,...) und der Freiheit aus Mustern und Strukturen auszubrechen. Die so entworfenen Songgerüste werden bis zur Explosion gesteigert, in sich selbst aufgelöst oder auch minutenlang mantraartig repetiert. Beim Abmischen wurden synthetische Klänge beigesteuert, die dem Ganzen eine größere Tiefe und eine weitere Klangebene geben. Die pure Energie der Rockband war dabei nie in Gefahr. Klingt einfach, muß man aber erst mal hinkriegen … sandy wolfruM Diese Sucht heißt Leben (Intraton) Das Album zum 40jährigen Bühnenjubiläum - mit neuen Songs und Live-Versionen bis 2021, ergänzt durch Ausschnitte aus Radiosendungen. Bei den meisten Titeln hat Sandy alle Instrumente gespielt und alle Stimmen eingesungen. Zusätzlich ist eine Originalaufnahme eines Feelsaitig-Song, mitgeschnitten 1990, zu hören. Musikalisch bewegt sich Wolfrum zwischen Liedermacherei, (Folk-) Rock und Chanson. Das ist mitunter sperrig, eigenwillig arrangiert, aber nie Mainstream. „Authentisch“ könnte man sagen. Die Themen sind lebensnah, hoch aktuell und daher - wie es sich für lebensbadgestählte Bänkelsänger gehört – oft unbequem. Aber auch sein Humor kommt nicht zu kurz, wenn er z.B. auf fränkisch über die Segnungen neuer Techniken singt … Man glaubt es ihm, wenn er sagt: „Solange ich spielen und singen kann, werde ich niemals aufhören!" Stoßen wir an auf die nächsten 40 Jahre!
Johann p. Meier Music is a healer (yankee-meier.de) Johann P. Meier, besser bekannt unter ‚Yankee‘ Meier, tut das, was er am besten kann: famos und virtuos Gitarre spielen. Hier begleiten ihn Christian Diener und Wolfgang Berger (Kontrabass) und Benedikt Kutter (Bodhran) durch 12 meist ruhig dahinfließende Stücke. Die meisten davon Eigenkompositionen. Seine souveräne und entspannte Gangart, mit der er durch die unterschiedlichsten Stilistiken gleitet, verschmilzt Folk, Irish Folk, Jazz oder Ragtime. Healing music eben …
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Jono Mccleery Moonlit Parade (Ninety Days Records) Der Londoner Sänger verzichtet auf „Moonlit Parade“ auf jegliche Effektspielereien und schafft es, gerade das festzuhalten, was wohl den meisten in der Pandemie genommen wurde: die Nähe! Zusammen mit Dan See (Drums), Dan Gulino (Bass) und Steve Pringle (Keys) findet Jono hier zu eigenständiger Klarheit. Mal ist es die nächtliche Einsamkeit, die ungezwungene Freiheit, nur das zu singen, was tatsächlich zählt; mal ist es der selbstbewusste, dem Rhythm&Soul der 70er entlehnte Groove, mühelos fließend. Auch das Fernweh gehört dazu ... „Moonlit Parade“ ist ein Zeugnis für seine poetische wie handwerkliche Reife.
fred chapellier Straight To The Point (Dixie Frog) Der Name assoziiert Mississippi oder New Orleans -und trifft zumindest teilweise ins Schwarze. Chapellier ist Franzose aus Metz, aber sein Leben ist der Blues. Den zelebriert er in all seinen Spielarten, herausstechend ist die virile Bläsersektion und den Gitarrensolos kann man auch etwas abgewinnen. Weniger markant dafür sein Gesang und in die Lyrik muss man sich sicherlich nicht vertiefen.
friska VilJor Don’t Save The Last Dance (Cyring Bob Records) Ebenfalls aus dem hohen Norden stammt dieser Schwedenhappen -und ist musikalisch in etwa der Gegenentwurf zu Hater. Friska behandelt zwar thematisch durchaus dystopische Themen, Ihre Musik hat dadurch aber nichts von ihrer erfrischenden Unbekümmertheit, ihrem Frohsinn und seiner sexy Naivität eingebüßt. Es ist weiterhin eine Freude diesen Freunden mit den leiernden Casio-Orgeln, den Beach Boys-Gesängen und ihren Schunkel-Liedern zuzuhören -eben und vielleicht gerade in düsteren Zeiten wie diesen.
annbJørg lien Janus (Heilo) Annbjørg Lien hat weltweit mit Musikern zusammengearbeitet. Mit Bukkene Bruse - den Botschaftern für die Olymp. Spiele Lillehammer 1994 - tourte sie durch die Welt, wurde für ihre Soloalben fünfmal für den Spellemannprisen (Norw. Grammy) nominiert und wirkte bei mehr als 100 Aufnahmen mit. Ihr Einfluss auf die norwegische Musikszene als Botschafterin und Erneuererin traditioneller Musik ist deutlich. „Janus“ ist das Resultat ihres Doktorats an der Universität Agder und verbindet neue Musik z.B. mit der ursprünglichen Identität der Hardanger Fiddle. Ein sorgsam und musikalisch vorsichtiges, gereiftes Verschmelzen mit vielen Einflüssen von „World Music.“
king hannah I m Not Sorry, I Was Just Being Me (City Slang/Rough Trade) Wer etwas mit Mazzy Star, The Kills oder PJ Harvey anfangen kann, der kommt mit dem Debutalbum der Liverpooler King Hannah voll auf seine Kosten. Postrock meets Electronica meets 70's Pop-Rock, oder auch, wie hätten Fleetwood Mac im Jahre 2022 wohl geklungen. Überzeugend, anspruchsvolle Songstrukturen am Fließband, ausgefeilte Details ohne Unterbrechung und individuelle Soundfragmente mit Tiefenwirkung. All das macht dieses Album zu einem wahren Highlight des Psychedelic-Dark-Pop. Alle 12 Songs verbreiten eine entspannte Atmosphäre, in der man immer wieder neue, genial arrangierte Sounds entdecken kann. Wohl kaum ein passendes Album für die nächste Teenie-Party, dafür genau das Album für die schönen und relaxten Momente im Leben. Lifestyle at it's best!
hater Sincere (Sub Pop) Die Combo aus Malmö wäre eine andere ohne den bitter-sweet Gesang von Caroline Landahl. Sie ist es, die diesem, von noisigen Gitarrenwürfen befeuerten Indie-Core zwischen Shoegaze, Drama, Dream-Rock und Pop Ihren Stempel aufdrückt. Deutliche zupackender und härter als zuvor kann man den Sound jetzt zwischen My Bloody Valentine, The Postal Service und Bat For Lashes einordnen. Etwas weniger morbider Gleichklang hätte der Platte gutgestanden.
Judy collins Spellbound (Cleopatra Records) Augen zu und hören! Es erklingt eine der souveränsten, nie alternden Stimmen der Gegenwart. Gefühlte 25 Jahre performt hier die 83jährige Judy Collins, deren musikalische Karriere nun schon über 50 Jahren dauert. Ihr Gesang glänzt makellos. Mit Leichtigkeit wechselt sie zwischen den Oktaven als wenn keine Zeit vergangen wäre. Spellbound ist ihr 29. Studioalbum. Mit 12 neuen, modernen Folk Songs und einer neuen Version ihres Evergreens “The Blizzard” als Bonustrack . Obwohl Judy ein halbes Jahrhundert Songs schreibt, leitet es eine Ära ungezügelter Kreativität ein. “Ich wusste immer, dass ich ein Spätzünder bin”, sagt sie lachend.
andrea Motis Loopholes (JazzToJazz) Andrea Motis, geboren 1995, ist eine aufstrebende Musikeri der spanischen Jazzszene. In ihrer Karriere hat sie mit Quincy Jones, Omara Portuondo, Milton Nascimento, Gil Goldstein, the WDR Big Band, Scott Hamilton oder Yo-Yo Ma zusammengearbeitet. Auf Loopholes wagt sich die Trompeterin und Sängerin Anrea Motis an Sounds und Farben aus Funk, Electric Jazz und Neo-Soul. Zu hören sind Christoph Mallinger (Git, Viol, Mand) und Steph Kondert (B. der japanische Keyboarder Big Yuki, Gregory Hutchinson (Dr), Zé Luis Nascimento (Perc) und Gitarrist Raja Kassis. Neben ihren ausgezeichnet entspanntem und mühelosen Solopassagen an der Trompete singt Andrea Motis auf Katalanisch, Spanisch, Portugiesisch und Englisch.
Quadro nueVo Coole Kinderlieder mit coolen Instrumenten (GLM/Edel) Handgemachte Musik für kleine Hörer. Passend zur Lebenswelt der Kinder erklingen Lieder frisch, bunt und märchenhaft. Viel Abwechsung: Film-Melodien (Dschungelbuch) ‚Sendung mit der Maus‘, Einschlaf-Lieder wie ‚Guter Mond‘. Super Mario Odyssey wird zum quirligen Jazz-Arrangement, dann der aus dem Irischen eingedeutschen ‚Wettermann‘ von Lisa Wahlandt als Shanty. „Früher waren wir selber mal Kinder und haben von unseren Großeltern und Müttern Kinderlieder gehört. Jetzt (...) wollen diese Lieder an Euch und unsere eigenen Kinder weitergeben, damit sie nicht verloren gehen. (...) Ihr könnt gerne nach Lust und Laune dazu singen!“
tosca Osam (K7) Dorfmeister und Huber aus Österreich servieren ein 80-Minuten Menü aus verschlungenen Sound Scapes, vertrackten digitalen wie analogen Rhythmus-Pattern, mäandernden Synthi-Schleifen, Samples, auch mal einer Trompete und E-Gitarre, der Gesang wird dabei eher als weiterer Sound-Baustein verwendet. Dub, Electro, House, Jazz, TripHop, Ambient, Down Beat, Space -cool, meditativ, krautig und nicht wirklich von dieser Welt.