FACES Deutschland, Novemberausgabe 23

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11 2023 NOVEMBER € 8.50






AUTUMN WINTER 2023 AVAILABLE IN STORE AND ON SAMSOE.COM








N°11/2023 S.24 The Faces Cailee Spaeny, Stephen Findeisen, Dolly Parton, Harris Dickinson, Jessica Hawkins, Jimmy Butler, Julie Pelipas, Sufjan Stevens, Tate McRae, Mark Laita

S.36 The Hype

Auf Kurzbesuch in New Yorks Chinatown.

S.50

Fashion, Beauty, Travel, Eat&Drink

S.50 Fortune Cookies Photography: Marco Trunz

Hungrig auf News? Hier geht’s lang.

S.36

S.62 Need for Change Interview: Labwear Studios Labwear Studios macht Mode – aber besser als die Großen.

S.62

N°11 / 2023

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S.70 Big Names Photography: Lukas Maeder

S.82 Treasure Hunter Interview: Sero Demir

S.86 The Mermaid

Bling-Bling trifft Plüsch.

S.106

Interview: Jena Goldsack

S.88 Humanity Photography: Human.Kind, Prix Pictet

Heal the world, make it a better place.

S.88

S.106 Vanity Fur Colliers

Lukas Maeder hatte sie alle.

S.70 14

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S.124 The Wilds The Datai Langkawi

S.138 Road Show Photography: Heiko Laschitzki

Auf und ab in den Dschungel von Malaysia.

S.124

Wenn Mode zum Spiel wird, klickt irgendwo der Auslöser.

S.138

S.150 Cannabis: das Märchen von der Einstiegsdroge Text: Helge Timmerberg

S.158 Popolopo Photography: Simon Lohmeyer

S.18 Impressum COVER Photography: Launchmetrics SpotlightSM Model: Silte Haken

S.20 Contributors

Look von VIKTOR & ROLF.

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IMPRESSUM Herausgeber Stefan Berger – berger@faces.ch Patrick Pierazzoli – pierazzoli@faces.ch CHEFREDAKTEUR Patrick Pierazzoli VERLAGSLEITUNG Stefan Berger CREATIVE CONSULTANTS Florian Ribisch Alex Wiederin STV. CHEFREDAKTEURIN Marina Warth – marina@faces.ch GRAFIKLEITUNG Joana Chopard – grafik@faces.ch Redaktion FACES Bertastrasse 1 CH-8003 Zürich REDAKTION Adrienne Meyer DESIGN/LAYOUT Lynn Zbinden AUTORINNEN Adrienne Meyer, Michael Rechsteiner, Helge Timmerberg, Marina Warth FOTOS & ILLUSTRATIONEN Heiko Laschitzki, Simon Lohmeyer, Lukas Maeder, Marco Trunz, pa picture alliance (dpa), Launchmetrics SpotlightSM TYPEFACES Synt (Dinamo) Salt Lake (Florian Ribisch) VERLAG Fairlane Consulting GmbH Bertastrasse 1 CH-8003 Zürich ANZEIGEN & KOOPERATIONEN SCHWEIZ Tel. +41 43 322 05 37 Stefan Berger – berger@faces.ch Noelia Alfaro – alfaro@faces.ch ANZEIGEN & KOOPERATIONEN DEUTSCHLAND UND INTERNATIONAL FACES Deutschland Straßburger Straße 6D D-10405 Berlin Tel. +49 30 552 02 383 Director: Julia Gelau – julia@faces.ch ABONNEMENTSPREISE FACES erscheint 8 Mal im Jahr. Einzelverkaufspreis CHF 8.50 / € 8.50 Jahresabo CHF 54.– / € 54.– © Copyright 2023 Fairlane Consulting GmbH Der FACES-Schriftzug/-Stern sind eingetragene Markenzeichen der Fairlane Consulting GmbH und dürfen nicht ohne deren Zustimmung verwendet werden. Nachdrucke, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. PEFC-zertifiziert Dieses Produkt stammt aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern und kontrollierten Quellen PEFC/04-31-0714

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Heiko Laschitzki

Lukas Maeder

Marco Trunz

Alexander Huber

Versucht man es mal eben bei Heiko Laschitzki, so ist die Chance groß, den Fotografen irgendwo in der Ferne zu erreichen. Wie kürzlich in Griechen­ land, wo seine Liebste mal eben die Arbeit am Auslöser übernehmen musste, um dem Text hier ein Gesicht zu geben. Laschitzki hat in Den Haag Fotografie und Kunst studiert, fotografiert Dokus und Portraits und schwimmt doch am liebsten im modischen Gewässer. Hier sorgt er an der Kamera für tolle Shots und nicht zuletzt auch für die coolen Looks, deren Styling der Tausendsassa nur zu gerne selbst übernimmt.

Wenn einem das Schicksal Steine vor die Füße wirft, so baut man daraus ein Schloss. Lukas Maeder hängt nach einer schweren Verletzung das Skate­ board an den Nagel und greift stattdessen zur Kamera. Diese richtet der Schweizer auf die ganz Großen der Bühne, deren Tunes dieselbe Power ausstrahlen wie seine Portraits. Das ruft das Rolling Stone Magazine auf den Plan, später auch die Vanity Fair, und gibt Maeder genug Starthilfe für sein eigenes Buch.

Sportlich macht Marco Trunz so schnell keiner was vor. Sein neuester Coup: der Marathon durch Tokio. Kondition braucht Trunz auch in seinem Alltag, wenn er von einem zum nächsten Foto­Shooting hechtet. Der Gang ins Flugzeug und von Location zu Location verbindet Fotografieren und Reisen, beides Leidenschaften des Fotografen, der stets nach neuen Abenteuern lechzt. Findet er letztere nicht in fremden Destinationen, dann in neuem Equipment, nachdem er mindestens so eifrig recherchiert wie nach Orten für seine Bucket List.

Was hinter den Kulissen von Mode­Shootings abgeht, liest sich spannender als jedes Grimm’sche Märchen. Alexander Huber kennt die Tricks, um aus Models das Beste rauszukitzeln und aus einem Haufen Kleidung heiße Looks zu kreieren. 16 Jahre Styling trägt Huber auf dem Rücken und hortet dazu massenhaft Erfahrung bei Maxim, InStyle, GQ und Co. sowie jede Menge gute Ideen im Köcher. Kürzlich war er in New York, wo die Kulisse eines China­Imbisses genauso für Anekdoten sorgte wie der Duft nach gebratener Ente.

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Excellence is not a skill, it’s an attitude.

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Julia Gelau

Yasemin Aksoy

Joana Chopard

Helge Timmerberg

Bis zur goldenen Hochzeit dauert’s noch etwas an, aber elf Jahre Berlin­Liebe sind doch schon mal was. Hätte die Stadt ein Gesicht, es wäre jenes unserer Executive Director Germany Julia Gelau, die für FACES in Deutschland die Fahne schwingt. Pilates und Jogging helfen ihr in stressigen Zeiten genauso wie das Kraulen ihres Rehpinschers Mika – ein Hund mit Persönlichkeit und einem eigenen Instagram­Kanal.

Ginge es nach Yasemin Aksoy, stünde das Quecksilber im Thermometer immer ganz weit oben. Wenn unsere Office Managerin nämlich nicht mit Rechnungen hantiert und in unserem Büro für Ordnung sorgt, dann verbringt sie ihre Tage am liebsten unter Palmen, auf der Skipiste oder dort, wo sich die Natur von ihrer schönsten Seite zeigt. Auch wenn es Petrus einmal schlecht mit uns meint: Mit ihrer Herzlichkeit sorgt die Winterthurerin stets dafür, dass die Sonne aufgeht.

Als leitende Grafikerin steht Joana Chopard mit wehendem Walle­Haar, mit dem sie Merida und Rapunzel gleichfalls neidisch macht, ganz oben an Deck unseres FACES-Frachters. Klingelt der Wecker, springt Joana als Erste aus dem Bett, während andere noch auf Snooze drücken. Eine gute Eigenschaft für jemanden, dessen größter Traum es ist, mit Walen zu schwimmen, denn: Der frühe Vogel fängt den Orca, oder so.

Irgendwo im Himalaya kommt ihm die Erleuch­ tung, Journalist zu werden. Da ist Helge Timmerberg gerade mal 17, sein Zuhause ein deutsches Kaff und sein Griffel so unbeschwert wie Kinderlachen. Über die Jahre kommt da einiges zusammen, Seite für Seite, Buch für Buch, Geschichte für Geschichte. Timmerberg textet für die Bunte, den Playboy oder Tempo und schlägt seine Zelte in Marrakesch, Havanna und St. Gallen auf. Mittlerweile ist klar: Einer wie Timmerberg wird nirgends sesshaft.

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DER NEUE E-2008 100 % ELECTRIC

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A B C D E F G

A


THE FACES Text: Michael Rechsteiner

„ONE FOR THE MONEY.“ 24

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© P IC T UR E A LL I A N CE / PO OL PH O TO EV ENT S 0 2 / MANUE LE MANGI AROTTI / I PA-AGE NCY

Spielt so schön, dass es weh tut.

CAILEE SPAENY

THE KING’S QUEEN

Der König ist tot. Lang lebe die Königin! Ob Cailee Spaeny mit dem Oscar gekrönt wird, bleibt abzuwarten. Bei der Biennale von Venedig wurde ihr zumindest das Zepter als beste Schauspielerin gereicht. Ihre Rolle im Film „Priscilla“ meistert die 25-Jährige mit Eleganz und Verletzlichkeit. War Baz Luhrmans „Elvis“ der Fiebertraum eines über­ zuckerten Märchenerzählers, inszeniert Regisseurin Sofia Coppola die turbulente Lovestory aus Sicht von Priscilla Presley mit Feingefühl – und einer Hauptdarstellerin, die selbst das Original zu Tränen rührte. N°11 / 2023

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© @COFFE E BRE AK _YT

Inspektor Gadget hat ausgedient.

STEPHEN FINDEISEN AKA COFFEEZILLA

CYBERSHERIFF

Die Welt will dich übers Knie legen. Aber nicht auf die sexy Art. In den Shitcoin­Minen zwitschern Kanarienvögel vergeblich Alarm. Und NFT steht übrigens für „Nutzlose Farbklekse, Trottel“. Es scheint, als wäre das ganze Internet zu einem einzigen Kofferraum geworden, aus dem „Rolex“­Uhren mit Gummiarmband verkauft werden. Jagd auf die Pharaonen der Pyramidensysteme macht Coffeezilla. In seinen investigativen Videos entwirrt der YouTuber für ein Millionenpublikum Betrugsmaschen und legt sich dabei selbst mit Sam Bankman­Fried und Logan Paul an. 26

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© PI C T UR E A L L I A NC E / C APTI TAL PI CTURE S / MARTI N HARRI S

Will you be our godmother?

DOLLY PARTON

MOTHER AMERICA

USA, wir müssen reden. Dieses Demokratiedings bereitet euch offensichtlich Mühe. Sind wir uns also einig: höchste Zeit, die Monarchie einzuführen. Denn auf eine Regentin habt ihr euch längst geeinigt: Seit über einem halben Jahr­ hundert fliegen Dolly Parton die Herzen aus allen Lagern und Generationen zu. Die Country­Ikone, Unternehmerin und Philanthropin ist der blonde Gold­Standard für Exzellenz. Kein Wunder, stehen für ihr neues Album „Rockstar“ die, äh, Rockstars Schlange: Paul McCartney, Debbie Harry, Stevie Nicks und weitere musizieren mit. N°11 / 2023

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© JUL I E EDWA R DS / AVA LO N

Sein Poster schmückt jetzt Teenie­Zimmer.

HARRIS DICKINSON

BEAU VOYAGE

Ein Model, das Schiffbruch erleidet. Ein Wrestler, dessen Familie wegstirbt. Ein Club­Promoter aus Ibiza, der sich plötzlich um seine entfremdete Tochter kümmern muss. Harris Dickinson spielt Männer, die man im ersten Moment beneiden und im zweiten bemitleiden will. Mit verlorenem Blick schaut der Engländer in eine Welt, die ihm zu Füßen liegt. Denn Filme wie „Triangle of Sadness“ und „Scrapper“ machten den ehemaligen Pullover­Zusammenfalter bei Hollister zu einem Liebling der Kritik und unserem Anwärter auf Hollywoods „Leading Sad Boi“­Scherpe. 28

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© PI C T URE ALLI ANCE / E I BNE R-PRE SSE FOTO / E I BNE R/ME MMLE R

Vollgas Richtung Treppchen!

JESSICA HAWKINS

FORMULA FEMME

Mal schnell Sportgeschichte schreiben: Seit Gründung des Formel­1-Grand­Prix haben es nur fünf Frauen auf die temporeichsten Rennstrecken der Welt gebracht. Jessica Hawkins steht in der Pole Position, diesem Umstand Abhilfe zu verschaffen. Die Engländerin ist F1-Testfahrerin für Aston Martin. Bei Ex­Weltmeister Nico Rosberg gingen jüngst die Pferde durch, als er auf die Rennzeiten seiner Kollegin blickte. Wir hoffen, dass die ehemalige Stuntfrau für James Bonds „No Time to Die“ keine Zeit verliert und ihre Konkurrenz geschüttelt und gerührt zurücklässt. N°11 / 2023

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© P I CT U RE AL LI A NCE / NE WSCOM / MATI AS J. OCNE R

Ob dribbelnd oder singend: Aufmerksamkeit ist garantiert.

JIMMY BUTLER

HAARSCHARF

Mit seinen Looks abseits vom Feld dribbelte Jimmy Butler seine Kollegen schon immer komplett kirre. Doch jetzt hat der Basketballer bei Miami Heat noch ein Grad hoch geschaltet und sieht mit neuem Emo­Scheitel aus, als stünden Fall Out Boy in seinen Top Friends bei MySpace. Dabei zieht es den sechsmaligen NBA-All­Star musikalisch in einen komplett anderen Stall: Country...? Country! Das Debütalbum soll derzeit in Arbeit sein. Wer mit so wilden Spielzügen sowohl auf dem Court als auch im Leben überrascht, dem wünschen wir nichts als Slam Dunks. 30

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© @J UL I EP EL I PA S

Die Zukunft des Upcyclings.

JULIE PELIPAS

PALINGENIAL

Für höchste Reinkarnation benötigt sie kein Nirwana, sondern eine Nähmaschine. Bereits als Kind gestaltete Julie Pelipas die Anzüge ihres Opas zu eigener Mode um. Später wurde der androgyne Oversize­Look zu ihrem Marken­ zeichen als Fashion Director der ukrainischen Vogue. Inzwischen lebt die Unternehmerin in London und hat die Platt­ form BETTTER gegründet, welche sich auf jene erste Leidenschaft besinnt und unverkaufte Markensuits zu aus­ drucksstarker Frauenkleidung upcycelt. Dafür gab es den Karl Lagerfeld Prize. Und von uns ganz viel gutes Karma. N°11 / 2023

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© P I CT U RE AL LI A NCE / DPA / H ENR I K JOSE F BOE RGE R

Dem Schicksal lacht man ins Gesicht – alles andere bringt nichts.

SUFJAN STEVENS

TROST FUND

Schon immer war seine Musik Aloe Vera für unseren brennenden Herzschmerz. Doch jetzt ist es Sufjan Stevens selbst, der Tragödien durchlebt: Seit September therapiert er die seltene Immunkrankheit Guillain­Barré­Syndrom und muss das Laufen neu lernen. Wenig später begleitete der Singer/Songwriter den Release seines Albums „Javelin“ mit einer Widmung an seinen im Frühling verstorbenen Lebenspartner Evans Richardson. Und trotzdem – oder gerade deshalb – entfalten die neuen Songs eine so liebevolle Kraft, als könnten sie alles Leid der Welt lindern. 32

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© P I C TU RE A L L IA NCE / CA PT I TAL PI C T UR ES / MP I 04

Nichts mehr mit Tanzen im Windschatten.

TATE MCRAE

ZEHENSPITZENGEFÜHL

Ist Tate McRae „greedy“? So lautet der Titel ihres neusten Pop­Bängers. Und offenbar reichte es der 20-Jährigen nicht aus, als eine der besten Tänzerinnen Kanadas weiterhin Trophäen einzusammeln und auf der Bühne im Hinter­ grund für Justin Bieber oder Demi Lovato zu performen. Stattdessen trat sie mutig vors Mikrofon – und ist jetzt selber plötzlich der hotteste Newcomer aus dem Land der frisch polierten Eisfelder. Allzu viel Rutschgefahr für den weiteren Aufstieg können wir nicht erkennen dank Rückendeckung ihres Besties Olivia Rodrigo. N°11 / 2023

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© @ M AR K _L AI TA

Kapitalismus adé!

MARK LAITA

PICTURE UNPERFECT

Irgendwann fühlte sich Mark Laita, als würde er Lichteinstellungen auf der sinkenden Titanic vornehmen. Also knipste der gefragte Werbefotograf nicht mehr länger iPhones und Luxusautos, sondern richtete sich ein Studio im Elendsviertel Skid Row ein. Dort empfängt er Cracksüchtige, Straßenprostituierte, Gangmitglieder. Die Kamera giert aber nicht nach Elend, sondern schenkt Würde. Und als empathischer Interviewer chronologiert der 63-Jährige für seinen YouTube­Kanal „Soft White Underbelly“ die Storys jener Menschen, denen sonst niemand zuhört. 34

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THE HYPE Text: Marina Warth

„TWO FOR THE SHOW.“ 36

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FASHION Fashion helps to survive reality.

We love

THE HEART

Was könnte die Winterkollektion von Acne Studios überstrahlen? Na, Model Anok Yai, die für ebenjene Kampagnen­ bilder vor der Kamera steht. Süße 25 Lenzen trägt die Amerikanerin auf dem Buckel, deren Ausstrahlung selbst den düstersten Winter erhellt.

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Julian Zigerli, „Doing It All Wrong Since 2011“, Studio Zigerli / Distanz Verlag, ca. 54.–

Book

BUNTER HUND

Du brauchst schon ordentlich Eier, um nach dem Modestudium direkt mit dem eigenen Label loszulegen. Julian Zigerli hat noch etwas anderes: nämlich Optimismus. Dieser und die eigene Furchtlosigkeit (ganz zu schweigen von der 38

Kreativität) haben ihm einen festen Platz auf dem Schweizer Modeparkett beschert, wo er in seinen farbenfrohen Outfits munter seine Runden dreht. Sowas wird belohnt – mit einem florierenden Geschäft an Zürichs Rindermarkt 14

und Bestellungen aus aller Welt. Wie es Zigerli zu dem geschafft hat, was er heute ist, doku­ mentiert er in seinem ersten Buch „Doing It All Wrong Since 2011“, einem Werk irgendwo zwischen Autobiographie und Fotoalbum. N°11 / 2023


Label to watch

THAT’S WHAT FRIENDS ARE FOR

Ohne Mark Zuckerberg kein eigenes Modelabel. Justyna und Brygida tauschen sich 2014 über Facebook über Mode aus – und gründen kurz darauf gemeinsam das Label The Odder Side. In ihrer Heimat Warschau tüfteln die Freundinnen an zeitlosen Designs, für die

ausschließlich Materialien verwendet werden, die der Umwelt nichts Böses wollen. Produziert werden die minimalistischen Teile in Polen, um kurze Lieferwege und eine umso engere Beziehung zu den SchneiderInnen zu gewährleisten. theodderside.com

Collaboration

SUPERVERSE

Wer braucht schon ein Cape, wenn er Super­ heldInnen­Schuhe haben kann? Dank der Zusammenarbeit von Marvel und Christian Louboutin fühlen wir uns ab sofort auf jeglicher Straße wie die Comic­ Größen aus Marvels Universum. Louboutin lässt sich für diese limitierte Kollektion von den Charakteren Namor und Moon Knight inspirieren und erschafft Taschen, Heels, Boots und Caps, die uns im Alltag zu einem Teil der Avengers machen. Christian Louboutin X Marvel, Schuhe, Taschen und Accessoires ab ca. 1'195.– (christianlouboutin.com) N°11 / 2023

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Happy Birthday

SCHNEEHASE

Bereit für die Piste? Nicht ohne eine der farbenfrohen Jacken von Colmar. Was mit einer kleinen Hutmacherei begann, feiert heuer sein 100­jähriges Bestehen. Noch immer halten die Nachkommen von Mario und Irma Colombo die Zügel in der Hand und zollen Kollektion für Kollektion dem Tribut, was das Paar aus Monza ab 1923 aufbaute. Deshalb versteht sich die Zusammenarbeit mit Ski­Cracks und ­AthletInnen wie von selbst, die 1930 ihren Anlauf nahm. Eine Collab gönnt sich das Unternehmen auch zum Jubiläum und holt für seine Geburtstagskollektion den

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Kalifornier Joshua Vides mit ins Boot, der mit seiner eigenen Marke CLSC bereits mit zahlreichen Streetwear­Brands zusammenarbeitete. Vides grub tief in Colmars Archiv und ließ sich von dessen Bestsellern inspirieren. So findet sich etwa eine der legendären Skijacken aus den 70ern im neuen Kleid genauso auf dem Gabentisch wie Mützen, deren Trompe­l’oeil­Print mit Skibrillen die Unternehmensgeschichte versinnbildlicht. Dazu gesellen sich Schals, Jacken, Shirts, Pullover und Baumwollhosen, die Colmars Farben Weiß, Rot und Blau aufgreifen. colmar.com


„I am my own muse.“ Tom Ford

It-Piece

MATRIX

Bevor wir unser ganzes Geld für einen Trend auf den Kopf hauen, der in ein paar Wochen genauso vom Tisch ist wie die ganze Weihnachtsdeko, investieren wir lieber in Teile, die die Saisons überdauern. Ein Trench­ coat gehört zu diesen Klassikern, die in jede Garderobe passen – und nie war die Auswahl an Modellen, Farben und Materialien größer. Es lohnt sich also, sich mal kurz dazu Gedanken zu machen, was uns auch in zwei Jahren noch glücklich macht.

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BEAUTY Your uniqueness is your charm.

Make-up Trend

GOTH

Gegensätze ziehen sich an. Deshalb setzen wir im Winter auf kalkweißen Teint und schwarze Lippen. Bora Aksu macht vor, wie elegant dieser Look aussehen kann – sofern die Lippen gepflegt sind und das zugehörige Styling sitzt.

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„There’s nothing worse than sleeping in makeup. You wake up looking like a painting that’s been left out in a rainstorm.“ Nina Dobrev

Byredo X Susanne Kaufmann, „Bregenzerwald Körperöl“, 100 ml, ca. 90.– und „Bregenzerwald Parfümöl“, 10 ml, ca. 110.– (byredo.com und susannekaufmann.com)

Collaboration

A WALK TO REMEMBER

Er ist ein Sehnsuchtsort, der Bregenzerwald, die Heimat von Susanne Kaufmann und der Ursprung vieler ihrer Produkte. Jetzt spannt die Wald-undWiesen-Königin mit dem Hipster-Brand Byredo zusammen und erschafft N°11 / 2023

damit eine der heißesten Collabs der Saison. Der Auslöser: ein Treffen Kaufmanns mit Byredo-Papa Ben Gorham in Paris, wo sich die beiden Beauty-Größen schnell die Hände schüttelten. Die gemeinsamen Babys: ein Körper-

sowie ein Parfümöl, deren Duft nach Wacholderbeeren, Feigencreme und grünen Jasminblüten uns sofort raus aus dem Alltagsgrau und rein in die österreichische Erholungszone beamt. 43


New Perfume

LILA, LILA

Le Labo, „Lavande 31“, 100 ml, ca. 236.– (lelabofragrances.com)

Düfte wecken Emotionen – und Lavande 31 aus dem Hause Le Labo erinnert uns an die frische Lavendelseife in Großmamas Bad, an Urlaub in der Provence und diesen Windhauch, der Freiheit in unsere Nase trägt. Selbst wer beim Namen dieses neuen Parfums lediglich an

penetrante Lufterfrischer denken kann, sollte Le Labos Neuzugang eine Chance geben, schließlich finden sich im gewohnt schlichten Flakon auch Noten von Amber, Moschus und Tonkabohne, die auf der Haut für einen Cocktail sorgen, leidenschaftlicher als jede Sommerromanze.

Hair Trend

WAVING

Frisch gewaschenes Haar duftet zwar toll, ist aber das Allerletzte, wenn es darum geht, aus der Mähne sowas wie eine Frisur zu zaubern. Deshalb gilt: ordentlich Spray verwenden, um Griffigkeit zu erhalten, bevor du dich daran machst, deinen Zopf à la Ferragamo in die Höhe zu bringen. Dazu das Haar am unteren Hinterkopf zusammenführen, ineinanderdrehen und nach und nach mit Haarnadeln feststecken.

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New Collection

HAUSPARTY

Im Soho House ist immer was los. Ob wir uns dort zum gemütlichen Arbeiten zurückziehen, zu angesagtem Sound das Wochenende einläuten oder einfach FreundInnen auf einen Kaffee treffen: Hier fühlen wir uns pudelwohl. Ein bisschen Soho-House-Atmosphäre bringen wir nun mit der neuen Hautpflegeserie Soho Skin in die eigenen vier Wände. Zehn Produkte – darunter Gesichts- und Augencreme, Cleanser, Lip Balm oder Serum – sorgen im coolen, minimalistischen Look für eine gepflegte, schöne und beruhigte Haut. sohoskin.com

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TRAVEL Live by a compass, not a clock.

Nice to have

BURN, BABY, BURN!

Fernweh tut weh. Dann zappeln die Füße, es dreht sich der Kopf, und irgendwie wirkt der Alltag wie eine verkappte Truman-Show. Der nächste Trip? So weit entfernt wie die erste Million. Abhilfe schaffen da die Kerzen von Assouline, die die Essenz fremder Orte einfangen, Geschichten aus Marrakesch oder Tulum erzählen oder dieses Gefühl von Sonne auf unserer Haut. Anzünden, schnuppern und für die Brenndauer von 50 Stunden von Anderswo träumen. Assouline, „Travel from Home Candles“, sechs Kerzen im Set, ca. 470.– (assouline.com)

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„Before the BBC, I joined the Navy in order to travel.“ David Attenborough Collaboration

DIAMANTSCHLIFF

Ein Koffer von Rimowa steht mindestens schon so lange auf unserer Wishlist wie eine Reise nach Bora-Bora. Mit der neuen Kollektion aus der Zusammenarbeit des deutschen Kofferherstellers

mit Tiffany & Co. schiebt sich das Gepäck allerdings endgültig ganz nach vorne auf Platz Eins. Unser Liebling: der Koffer mit Griffen in Tiffany-Türkis und einem AluminiumKörper, der uns an die

Diamanten erinnert, für deren Erwerb unser Sparschwein nun doch eindeutig zu mager ist. Na dann, im Vergleich zu jenen Klunkern ist dieses Handgepäck beinahe sowas wie ein Schnäppchen.

Rimowa X Tiffany & Co., „Rock Cut Cabin“, ca. 2'900.–

Book

UP

Große, schöne, weite Welt. Und da ist es, dein Zuhause, deine Heimat, die du nur vermeintlich kennst, denn schließlich steigst du ins Flugzeug, wann immer es geht. Zeit, alles anders zu machen, und das Buch „Wochenender Best of Nord“ ist der beste Auftakt dafür. Darin finden sich schöne Orte, gemütliche Hotels, Restaurants und Shops jenseits der 0815-Grenze im Norden Deutschlands, die es dir einfach machen, Skyscanner zumindest eine Saison lang links liegen zu lassen. Weekender, „Wochenender Best of Nord“, ca. 38.– (wochenender-buch.de)

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EAT&DRINK Happiness, served on plates.

We love

RUNDES DING

Langweiliges Tüteneis? Dann nix wie ran an die japanischen Mochis, diese mit Eiscreme gefüllten Reisteig-Kugeln, die uns geschmacklich im Nu nach Fernost katapultieren. Die größte Auswahl gibt’s von Little Moons, gegründet von Vivien und Howard Wong, deren Liebe zur süßen Kugel vom heimischen Esstisch herrührt: Matcha, Vanille, Kokosnuss, Pistazie, Yuzu, Passionsfrucht, Mango… nun, was sollen wir sagen: Die Wahl fällt schwer. Die gute Nachricht: Wer sagt denn, dass wir uns für nur eine Sorte entscheiden müssen! Little Moons, diverse Sorten à 6 Stück pro Pack, 192 g, ca. 8.– (littlemoons.com) 48

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Book

THE HOST

Mary McCartney, „Feeding Creativity“, Taschen, ca. 40.– (taschen.com)

Was ist besser als Uber Eats? Eine eigene Köchin – oder zumindest eine Freundin, die das Werk an Herd und Backofen beherrscht. Deshalb darf sich glücklich schätzen, wer Mary McCartney (ja, Paul und Lindas Erstgeborene) zu seiner Clique zählen darf. Es ist nämlich sowas wie McCartneys Hobby, bei ihren Liebsten zuhause den Kochlöffel zu schwingen – unangemeldet, überraschend und immer in solchen Mengen, dass garantiert

niemand hungrig bleibt. Und weil gemeinsam zu essen so viel mehr ist als reine Nahrungsaufnahme, kommt bei diesen Begegnungen so einiges an Material zusammen, das sich nun zwischen zwei Buchdeckeln findet. „Feeding Creativity“ ist Gäste-, Koch – und Fotobuch in einem – und wer wissen will, wessen Magen Mary McCartney mit Roast-and-Toast-Salat und wessen mit Regenbogen-Streuseltorte füllt, der tut gut daran, sofort loszublättern.

„Here’s to alcohol, the cause of, and solution to, all life’s problems.“ Homer Simpson

Nice to know

LIEBESAPFEL

Ob als Sauce, mit Mozzarella oder im Salat: Tomaten sind geil. Und da ist sich die Menschheit zur Abwechslung mal einig, gehen doch 17 Prozent des weltweit produzierten Gemüses auf die hübsche Runde. Das macht 182 Millionen Tonnen jährlich, die vor allem in China, Indien und den USA produziert werden.

N°11 / 2023

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FORTUNE COOKIES

MONOCHROME BUSINESS SUITS NEW YORK Photography: Marco Trunz @ Sonja Heintschel Styling: Alex Huber @ Alexander Huber Hair & Make-up: Emily Schembera @ Uschi Rabex Model: Sandra Martens @ A Management

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Look von LAPOINTE.


Look von LOUIS VUITTON.


Jacke von EMPORIO ARMANI. Sonnenbrille von ANDY WOLF.


Jeansjacke und Jeanshose von CALVIN KLEIN. Krawatte STYLIST’S OWN. Cap von GAP. Schuhe von JIMMY CHOO.




Mantel und Hose von JACQUEMUS. Bluse von SAINT LAURENT. Krawatte STYLIST’S OWN. Strumpfhose von FALKE. Stiefel von CHRISTIAN DIOR.


Anzug von COS. Bluse von SAINT LAURENT. Krawatte STYLIST’S OWN. Schuhe von JIMMY CHOO.


Body von FERRAGAMO. Kleid von LOEWE. Handschuhe von VALENTINO.


Anzug von GENNY. BH von CHRISTIAN DIOR. Mules von LOEWE. Sonnenbrille von CHILLI BEANS.


Mantel und Hose von MICHAEL KORS COLLECTION. Weiße Bluse von SAINT LAURENT. Blaue Bluse von SACAI. Schuhe von JIMMY CHOO.


REVOLUTION

NEED FOR CHANGE Oben: Drei Freunde, eine Idee: die Modebranche zu revolutionieren.

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Nachhaltige Mode? Entsteht nur dann, wenn alle mitmachen. Labwear Studios machen mit ihrer Produktion den ersten Schritt.

N°11 / 2023

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Der Schlüssel zu richtigem Textil-Recycling: die Verwendung natürlicher Mono-Fasern.

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N°11 / 2023


Profitgier und Konsumlust beherrschen die Modebranche. Doch ein Hauch von Hoffnung weht aus der Schweiz, wo drei Jungspunde den ganz Großen gerade die Zukunft vorhersagen. Michael Mangold, Samuel Thoma und Nicolas Schierle produzieren mit Labwear Studios nachhaltig und fair Kleidungsstücke für Modelabels – und zwar so, dass sie dafür Standing Ovations verdient haben. Interview: Marina Warth Fotos: Labwear Studios

Die Ideen entstehen in der Schweiz, produziert wird im portugiesischen Braga.

FACES: Ihr habt euch die Neugestaltung der Modepro­ duktion auf die Fahne geschrieben. Ein ambitioniertes Ziel! Wie kamt ihr auf diese Idee? Michael Mangold, Samuel Thoma & Nicolas Schierle: Vor einigen Jahren haben wir mit eigenen Modemarken gestartet. Unsere Wege haben sich einmal gekreuzt, N°11 / 2023

und wir haben gemerkt, dass wir alle vor den gleichen Problemen standen. Wir schafften es nicht, die Produkte herzustellen, die wir haben wollten, weil die Mengen für die Produktion stets zu klein waren. Wenn du weniger als als 500 T-Shirts produzieren möchtest, hast du bei den Fabriken einen schweren Stand – teils 65


bekamen wir auf unsere Anfragen nicht einmal eine Antwort. Dies war der Grund, weshalb wir uns zusammengeschlossen haben, um gemeinsam für andere Brands Blanks zu produzieren. Die erste Charge belief sich auf 3'000 Stück, die wir in Portugal produziert haben. Seither sind wir tief in die Produktionsthematik gerutscht und haben gemerkt, dass die Ursache des Umweltproblems in der Produktion liegt. So überdenken wir die Textilproduktion nun seit zwei Jahren und schaffen neue Konzepte, die wir aus anderen Industrien wie etwa der Automobilproduktion adaptieren. F: Wer arbeitet alles für euch, und wie teilt ihr euch die Arbeit auf? MM, ST & NS: Wir sind drei Co-Founders. Mike ist als Marketing Director verantwortlich für die Entwicklung der Client Journey und des Brands. Unser Creative Director Sam entwickelt neue Produktkonzepte, Graphic Designs und Kampagnen. Nicolas ist der CEO und kümmert sich um die Geschäftsentwicklung, Sales und Operations. Mittlerweile sind wir allerdings ein Team von knapp zehn Personen, die uns mit Content Production, Client Service und Product Development unterstützen. Es gibt einiges zu tun. F: Was sind eure beruflichen Hintergründe? MM, ST & NS: Nicolas hat Anfang des Jahres den Bachelor in BWL abgeschlossen und ist seitdem komplett im Start-up beschäftigt. Mike studiert aktuell Electrical Engineering an der ETH, während Sam Business Engineering an der OST abschließt. F: Wie genau macht ihr die Produktion von Kleidungsstücken nachhaltig, und wel­ che Software und Tools verwendet ihr dafür? MM, ST & NS: Indem wir möglichst wenig Abfall generieren und nur die Kleidungsstücke produzieren, die von KonsumentInnen auch nachgefragt werden, anstatt der üblichen zwanzig bis dreissig Prozent an Überproduktion. Zudem sind alle Kleidungsstücke recyclingfähig, da sie aus Mono-FaserStoffen bestehen. Zirkularität und Lean Manufacturing sind unsere Kernansätze für mehr Nachhaltigkeit. Um möglichst viel Abfall zu vermeiden und nur die nachgefragten Kleidungsstücke zu produzieren, brauchen wir viele Daten – von der Nachfrage- als auch von der Produktionsseite. So wissen wir, was nachgefragt wird und wo die Produktion steht, damit wir beides optimal abstimmen und sehr effiziente Prozesse über eine ganze Reihe an Fabriken sicherstellen können. Alle Fabriken sind an die Software angeschlossen und erhalten Produktionsaufträge entsprechend den Slots, die über die Software automatisiert zugeteilt werden, mit LiveStatus-Tracking. F: Die Produktion von Mode umfasst unglaublich viele Schritte und Details. Wie lange hat es gedauert, bis ihr eure Prozesse so weit hattet, um damit an den Markt zu gehen? 66

„Labwear Studios steht für die Fashion Industrie 4.0.“

Um die festgefahrenen Strukturen der Modebranche aufzurütteln, braucht es ordentlich Hirnschmalz.

MM, ST & NS: Als wir in Portugal unsere ersten T-Shirts entwickelt hatten, stellten wir uns das definitiv einfacher vor. Erst da haben wir realisiert, dass selbst ein scheinbar simples Kleidungsstück wie ein einfaches weißes T-Shirt viele einzelne Arbeitsschritte umfasst und durch verschiedene Produktionsstätten geht. Über mehrere Monate haben wir uns intensiv mit den gesamten Prozessen auseinandergesetzt und dazugelernt. Dabei wurde uns bewusst, wie problematisch die Modeproduktion sein kann und dass es an der Zeit ist, neue Ansätze zu verfolgen. Glücklicherweise haben wir PartnerInnen an unserer Seite, die offen für Innovationen sind. Seit dem Marktstart haben wir unsere Prozesse weiterhin stark optimiert, und jedes weitere Kleidungsstück, das wir produzieren, bietet uns eine Gelegenheit, die Abläufe kontinuierlich zu verbessern. F: Mit welchen Modelabels arbeitet ihr zusammen? MM, ST & NS: Wir arbeiten mit über hundert kleineren Modelabels und DesignerInnen zusammen, unter anderem Yannik Zambonis Maison Blanche, Ilhement aus Zürich und Sovereign aus den USA. Zudem konnten wir in der Vergangenheit bereits Kollaborationen mit Vogue UA und Nike umsetzen. F: Wo produziert ihr? MM, ST & NS: Rund um die Region Braga in Portugal. F: Wie habt ihr eure Anfänge finanziert? MM, ST & NS: Durch eigene Mittel und Kredite von unseren Familien. F: Welche Vision habt ihr für Labwear Studios? MM, ST & NS: Labwear Studios steht für die Fashion Industrie 4.0, in der wir smarte Ökosysteme aus Fabriken nutzen, um möglichst zirkulär und lokal zu produzieren – und das ohne Überproduktion. Zudem soll volle Transparenz zum Fußabdruck der verschiedenen Stoffe und zu den Produktionsstandorten bestehen. Labwear Studios wird so zum ultimativen Produktionsprovider für ModedesignerInnen und Brands werden. Alle sollen den gleichen Zugang zu Produktionsmöglichkeiten haben, um eine Kultur von Diversität und Innovation zu fördern. Das Ziel ist eine Modeindustrie, die nicht von Konsum getrieben ist, sondern von Innovation, Nachhaltigkeit und Kultur. F: Von wem wünscht ihr euch mehr Unter­ stützung? MM, ST & NS: Im Vergleich zu den USA befinden wir uns in der Schweiz eher in einem konservativen Umfeld. Zudem ist die Mode eine Industrie, die von Großunternehmen und Massenproduktion dominiert wird. Diese Gegebenheiten machen es eher schwierig für Startups. Allgemein würden wir uns mehr Offenheit gegenüber neuen innovativen Ansätzen wünschen. Es wäre toll, wenn insbesondere Personen mit viel Einfluss in etablierten Industrien ihre mächtigen Ressourcen für Pilotversuche zur Verfügung stellen würden, ohne dass ein Start-up seine Unabhängigkeit verliert. F: Was ist das Problem dabei, in Europa zu produzieren? N°11 / 2023


Legende Xxxx Xxxx Xxx xxx xxxxxx Xxxxxx xxxxx Xxxxx Labwear Studios haben ihre erste Produktionsstätte in Portugal aufgebaut.

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MM, ST & NS: Das Problem bei der Produktion in Europa liegt darin, dass die Kleiderproduktion hier sehr traditionell und für die Jugend unattraktiv ist. Dadurch entsteht ein Mangel an Arbeitskräften und an Innovation in der Branche. Unser Ziel ist es, mit unserer Innovation die Industrie in Richtung Lean Manufacturing umzuwandeln. Durch diese Veränderung möchten wir den Markt wieder attraktiver gestalten und neuen Schwung in die Branche bringen. Unser Fokus liegt darauf, frischen Wind in die traditionelle Produktion zu bringen und innovative Ansätze zu fördern. F: Welche Hürde habt ihr erfolgreich überwunden und vor welcher steht ihr gerade? MM, ST & NS: Wir haben über die vergangenen Monate hinweg erfolgreich ein stabiles Geschäft aufgebaut und sind mit einer unserer Fabriken voll ausgelastet. Die nächsten Hürden sind eine erste Finanzierungsrunde, um das Geschäft zu skalieren. F: Weshalb arbeiten nicht mehr Unternehmen so wie ihr? MM, ST & NS: Die meisten Unternehmen in der Modeindustrie sind mit dem Tagesgeschäft beschäftigt. Die Pace ist sehr hoch, entsprechend auch das Stresslevel. Das lässt kaum Freiräume für Innovation und einmaliges Out-of-the-Box-Denken. Als Industry Outsider kann man sich diesen Umständen eher entziehen. F: Welcher Umstand normaler Mode­ produktionen macht euch am meisten fassungslos und wütend? MM, ST & NS: Die Preise werden ständig gedrückt, wodurch sich die KonsumentInnen an unrealistisch niedrige Preisniveaus gewöhnt haben, während die Arbeiterschaft in den Fabriken unfair bezahlt wird. Es besteht der stetige Drang, immer mehr und günstiger zu produzieren, doch diese Vorgehensweise ist nicht nachhaltig und nicht tragfähig. Ein weiterer besorgniserregender Aspekt ist das Greenwashing. Anstatt effektiv an Nachhaltigkeit zu arbeiten, werden pseudo-nachhaltige Produkte entwickelt, wie beispielsweise eine Mischung aus 70 Prozent recycelter Baumwolle und 30 Prozent recyceltem Polyester, die das Abfallproblem der Industrie nur verstärken. F: Was braucht es, um in diesem Business erfolgreich zu sein? MM, ST & NS: Auf der Produktionsseite braucht man ein tiefes Verständnis für Produktionsabläufe, und auf der Kundenseite ist eine gute Storyline erforderlich, um eine starke Community aufzubauen. F: Wie habt ihr euch die Modebranche früher vorgestellt, und wie ist sie tatsächlich? MM, ST & NS: Wir haben uns die Industrie etwas offener und inklusiver vorgestellt. Schlussendlich ist sie aber von Gatekeeping, Wettbewerb, Konsum und Profit getrieben. F: Was hättet ihr gerne gewusst, bevor ihr Labwear Studios gegründet habt? MM, ST & NS: Manchmal ist es besser, weniger zu wissen, 68

sonst würde man die Dinge möglicherweise gar nicht „Eine gewisse erst anpacken. Eine gewisse Naivität ist wichtig für Naivität ist Innovation. F: Was ist der größte Fail und welcher der größte Erfolg, wichtig den ihr bisher verzeichnen konntet? für Innovation.“ MM, ST & NS: Kurz bevor wir das Geschäft mit der Small-

Mit kleinen Stückzahlen verhindern die Jungs von Labwear Studios Überproduktionen.

Batch-Produktion für Brands und ModedesignerInnen gestartet haben, hatten wir noch einen anderen PilotLaunch. Dieser ist komplett schief gegangen, hat aber den Grundstein für das jetzige Geschäft gelegt. Was unsere bisher größten Erfolge anbelangt, gibt es zwei Meilensteine zu benennen: zum einen die Kollaboration mit der Vogue UA an der Paris Fashion Week, und zum anderen den Moment, in dem unsere Kapazität soweit gesteigert war, um eine eigene Fabrik voll auslasten zu können. F: Wie definiert ihr nachhaltige Kleidung? MM, ST & NS: Als fair produzierte Kleidung, die kurze Transportwege hat, minimalen Abfall generiert und zirkulär designt ist. Das bedeutet vor allem, dass Mode qualitativ hochwertig und langlebig sein sollte, um eine Upcycling-Möglichkeit zu bieten. Zudem sollte sie aus Monofasern bestehen, um ein einfaches Recycling zu ermöglichen. F: Wie geht ihr vor, wenn ihr selbst Klei­ dung kauft? MM, ST & NS: Unsere Kleiderschränke sind voll mit Labwear, da müssen wir kaum mehr etwas kaufen. Wenn wir etwas kaufen, dann ist es oft Vintage oder ein möglichst qualitativ hochwertiges Produkt, das lange in unserem Kleiderschrank bleiben wird. Wir kaufen sehr bewusst, nicht impulsiv, und am liebsten von jungen ModedesignerInnen via PreOrder. F: Was macht ihr mit Kleidung, die ihr privat nicht mehr tragen wollt? MM, ST & NS: Wir nähen daraus gerne ein neues Kleidungsstück oder verkaufen oder spenden es als Secondhand-Teil. Alte T-Shirts lassen sich beispielsweise leicht zuhause in Tank Tops oder cropped T-Shirts umwandeln oder komplett neu umnähen. F: Die KonsumentInnen haben nur wenig Einblick in die Produktion und Hinter­ gründe der Kleidungsstücke, die sie kau­ fen. Wie können sie dennoch dazu beitra­ gen, die Modebranche besser zu machen? MM, ST & NS: Möglichst transparente Brands zu kaufen, die für gute Arbeitsbedingungen stehen und in grüne Innovation investieren, zudem sollten Kleidungsstücke bewusst gekauft werden. Brauche ich noch ein weiteres T-Shirt? Diese Frage stellt sich insbesondere bei den zahlreichen Rabatt-Aktionen. Pre-Orders sind bedeutend besser, da das T-Shirt erst mit der Bestellung produziert wird. F: Wie erkennen KonsumentInnen Greenwashing in der Mode? MM, ST & NS: Um Greenwashing in der Mode zu erkennen, sollten KonsumentInnen sich auf die Unternehmung N°11 / 2023


als Ganzes konzentrieren, nicht nur auf einzelne Produkte. Achtet darauf, ob die Unternehmung einen umfassenden Ansatz für Nachhaltigkeit verfolgt, wie zum Beispiel einen Take-Back-Service, Monofasern in den Produkten und Transparenz in der Lieferkette. Innovationsprojekte im Bereich der Zirkularität sind ebenfalls ein gutes Zeichen für authentische Nachhaltigkeit. Obwohl es schwierig sein kann, Greenwashing perfekt zu erkennen, liefert eine genaue Untersuchung der Unternehmenspraktiken oft Hinweise darauf, wie ernsthaft das Unternehmen seine Nachhaltigkeitsbemühungen tatsächlich verfolgt. F: Wie viel muss ein T-Shirt kosten, um nachhaltig und fair produziert zu sein? MM, ST & NS: Wenn man von den üblichen Margen ausgeht, muss ein nachhaltig und fair produziertes T-Shirt mindestens 45 Franken kosten. Unsere KundInnen verkaufen die T-Shirts im Bereich von 40 bis 120 Franken. Höhere Preise sind wichtig, um eine Kreislaufwirtschaft aufbauen zu können, denn die Transportkosten dürfen im Verhältnis zum Produktpreis nicht zu hoch sein, damit Brands einen Take-BackService anbieten können und es sich lohnt, die T-Shirts mit Upcycling in ein neues Produkt zu verwandeln, anstatt ein komplett neues zu produzieren. F: Gibt es Mode­Brands, die bereits alles richtig machen? MM, ST & NS: Es ist unwahrscheinlich, dass es Brands gibt, die in allen Aspekten perfekt handeln und keine Verbesserungsmöglichkeiten mehr haben. Die Modeindustrie ist äußerst komplex, und selbst nachhaltige Marken haben noch Bereiche, in denen sie sich weiterentwickeln können. Es gibt jedoch sicherlich einige Marken, die in Bezug auf Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung führend sind und einen vorbildlichen Ansatz verfolgen. Absolute Perfektion ist jedoch schwer zu erreichen. Die Modeindustrie befindet sich im ständigen Wandel, und es ist wichtig, dass Marken kontinuierlich bestrebt sind, ihre Nachhaltigkeitsbemühungen zu verbessern. F: Wie kritisch betrachtet ihr Mode­Trends, und braucht es diese überhaupt? MM, ST & NS: Mode-Trends sind wichtig. Diese zeigen, was gerade kulturell populär ist. Bei kurzlebigen Trends ist es jedoch wichtig, dass diese Produkte durch Upcycling wieder zu einem neuen trendigen Kleidungsstück genäht werden

„Die Ursache des Umweltproblems liegt in der Produktion.“

Lokale Produktion schafft kurze Wege und ist einer der drei Grundpfeiler einer nachhaltigen Modeproduktion.

können, anstatt im Müll zu landen. F: Wie wichtig sind staatliche und weltweite Abkommen und Regulierungen, um die Produktion von Mode nachhaltig besser zu machen und zu kontrollieren? MM, ST & NS: Sehr wichtig, denn die Modeindustrie hat globale Lieferketten und wird sich von allein nicht ändern wollen. F: Welche weiteren innovativen Ideen gibt es, um die Pro­ duktion und den Konsum von Mode nachhaltiger zu machen? MM, ST & NS: Spannende Ideen gibt es im Bereich von 3D-Knit und Footwear. Ein 3D-Knit-Pullover kommt direkt aus einer Strickmaschine, ohne jeglichen Verschnitt, also ohne Abfall, und kann per Knopfdruck produziert werden. Dasselbe Prinzip kommt bei Schuhen aus dem 3D-Drucker zum Zug, die wieder zu Granulat recycelt werden können. Grundsätzlich ist es spannend, wenn sich Brands nicht mehr auf den Verkauf von neuen Produkten konzentrieren, sondern Communitys aufbauen und diese mit einem zirkulären Bekleidungsservice bedienen. KonsumentInnen können sich also in den Brand einkaufen und Bekleidungsstücke zur Reparatur, zum Upcycling oder Recycling geben, ähnlich wie es Patagonia schon macht. F: Trotz dieser Ideen verläuft das Umden­ ken in der Branche nur schleppend. Bei den KonsumentInnen, den DesignerInnen, den CEOs: Wo hakt es? MM, ST & NS: Am Geld. Die Unternehmen wollen ihre Profite steigern, und die KonsumentInnen möchten möglichst wenig für die Kleidung bezahlen. F: Wie überzeugt ihr große Brands und Unternehmen davon, mit euch zusammen­ zuarbeiten? MM, ST & NS: Unsere Stärke liegt in unserer Innovationskraft und in unserer Zusammenarbeit mit kleinen DesignerInnen und Marken, die in Design, Produkt, Supply Chain und Marketing auf Innovation angewiesen sind, um zu überleben. Durch unser umfangreiches Wissen über die neuesten Trends in Produktentwicklung, Vertrieb und Supply Chain haben wir einen Vorteil, da größere Brands und Unternehmen diese Trends erst später aufgreifen. Unsere Erfahrung in Bereichen wie On-Demand-Manufacturing und Pre-Order-Produktion macht uns zu einer der attraktivsten Optionen für größere Modeunternehmen, die diese Trends bald ebenfalls umsetzen müssen.

LABWEAR STUDIOS Es könnte so einfach sein, Mode nachhaltig und fair zu produzieren. Die drei jungen Schweizer Michael Mangold, Samuel Thoma und Nicolas Schierle setzen mit Labwear Studios das um, woran sich die Großen der Branche noch immer nicht wagen. 2021 haben die Drei ihr Unternehmen gegründet, um Überproduktion und schlechten Arbeitsbedingungen den Garaus zu machen. Ihr Ziel: ein Kreislaufsystem, in dem Kleidungsstücke stets recycelt werden. Die Zauberformel: kleine Mindestbestellmengen, Produktion auf Bestellung statt riesige Lagerbestände, die Verwendung von Monomaterialien zur Gewährleistung eines vollständigen Recyclingprozesses und lokale Produktion. labwearstudios.com

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BIG NAMES

Gar nicht mal so einfach, einen auf cool zu machen, wenn Snoop Dogg, Dua Lipa oder Billie Eilish vor dir sitzen. Lukas Maeder packt’s – und holt sich von den Großen der Musik jene Bilder, die sein Portfolio zum Freundebuch machen. In „Nice to Meet You“ zeigt der Zürcher jene Portraits, die die Grenzen zwischen Musik und Kunst verschwimmen lassen.

Fotos: Lukas Maeder

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SKEPTA

CLOSER

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BILLIE EILISH

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ICE CUBE 74

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SNOOP DOGG

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MICHAEL KIWANUKA 76

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ASAP ROCKY

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LUKAS MAEDER Lukas Maeder ist ein Stehaufmännchen. Als es beim Skaten knackst, wechselt er von der Bühe hinter die Kamera – und findet so seine Leidenschaft für die Fotografie. Es sind die Gesichter der ganz Großen der HipHop-Szene, die ihn schließlich doch wieder ins Rampenlicht katapultieren. Rolling Stone Magazine, Vanity Fair, Time Magazine oder The New Yorker Magazine listen sich in seinem CV und ganz neu nun sein Buch „Nice to Meet You“, einem Klassentreffen der Rampensäue und jener, die vor Maeders Linse einfach zu Menschen werden. Lukas Maeder, „Nice to Meet You“, limitiert auf 200 Stück, 65.– (zu bestellen unter info@lukasmaeder.ch, weitere Informationen unter lukasmaeder.ch)

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CRO

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NOSTALGIA

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TREASURE HUNTER

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Sero Demir sitzt nicht still. Dafür hat der Zürcher zu viel Energie, die er beim Tanzen und Modeln genauso los wird wie bei der Suche nach neuen Vintage-Teilen für seinen eigenen Vintage-Store. Was den Zürcher dazu bewegt hat, sein eigenes Mode-Mekka zu eröffnen und wie er die besten Secondhand-Schätze findet, verrät er im Interview. Interview: Marina Warth – Fotos: Gokhan Yorganci FACES: Was hat dich dazu bewegt, dein eigenes Secondhand-Geschäft Love Me Two Times zu eröffnen? Sero Demir: Ich mag Vintage-Mode. Und ich mag es, neue Dinge auszuprobieren. Mein Ziel ist es, Vintage-Mode für alle erschwinglich zu machen, insbesondere für junge Menschen mit begrenztem Budget, und dass Vintage-Mode hier in der Schweiz zugänglicher ist, wie dies auch im Ausland der Fall ist. Diese Motivation brachte mich dazu, eine viermonatige Testphase zu planen. Schließlich entschied ich mich dazu, einen eigenen Laden zu eröffnen. F: Woher beziehst du die Teile für deinen Shop, und nach welchen Kriterien suchst du diese aus? SD: Die Kleidung für meinen Shop beziehe ich aus verschiedenen Nachbarländern. Bei der Auswahl der Stücke verlasse ich mich auf meine 18-jährige Erfahrung in der Modebranche und auf mein Gespür für Mode. Bislang sind meine KundInnen sehr zufrieden mit meiner Auswahl. F: Früher war Secondhand-Shopping eher was für Sparfüchse, heute boomt der Luxus-Secondhand-Markt mit teils horrenden Preisen. Wie beurteilst du diese Entwicklung? SD: Früher war Secondhand-Shopping nicht nur etwas für Sparfüchse, sondern auch für Menschen mit einem kleinen Budget. Damals galt man als arm, wenn man Secondhand-Kleidung trug. Heutzutage ist es jedoch cool, Secondhand zu tragen. Nicht zuletzt, weil Nachhaltigkeit ein großes Thema ist. Allerdings sollte man die Preise nicht in die Höhe treiben, sondern die Wiederverwendung von Kleidung attraktiver machen und damit Gutes tun. Es ist schade, dass einige Menschen den Profit über alles andere stellen. Das finde ich bedauerlich. F: Welches sind deine drei goldenen Tipps fürs Secondhand-Shopping? SD: Erstens: Bring Zeit und Geduld mit, wenn du auf Schatzsuche gehst. Oft findet man die besten Stücke, wenn man sich Zeit nimmt. Zweitens: Probiere die Kleidung an. Nur Anschauen reicht meistens nicht aus, um zu wissen, ob etwas gut passt. Drittens: Sei mutig bei N°11 / 2023

der Auswahl deiner Kleidung. Secondhand-Shopping bietet die Möglichkeit, experimentierfreudig zu sein und neue Stile auszuprobieren. F: Was sind deine bestgehüteten Schätze im Kleiderschrank, und nach welchem Teil suchst du schon lange? SD: Ich bin ziemlich unkompliziert, aber ich hege eine besondere Liebe zu meinen Lederjacken. Sie begleiten mich schon lange im Leben. Was die Suche nach außergewöhnlichen Teilen angeht: Ich suche eigentlich nicht aktiv danach, ich finde sie eher. F: Wie kaufst du selbst für dich und deine Garderobe Mode ein? SD: Durch meinen Job als Model habe ich Zugang zu den neuesten Modetrends und finde oft meine Kleidung auf diese Weise. Allerdings entdecke ich beim Einkaufen des Sortiments für meinen Laden oft Dinge, die ich dann für mich selbst behalten, anstatt sie zu verkaufen. (lacht) F: Was bedeutet für dich Nachhaltigkeit in der Mode? SD: Nachhaltigkeit in der Mode ist wichtig. Noch besser ist es, wenn man sich diese auch leisten kann. F: Auf welches Mode-Greenwashing darf man auf keinen Fall hereinfallen? SD: Man sollte sich bewusst sein, dass Greenwashing in der Modeindustrie vorkommt. Gerade deshalb ist es wichtig, Dinge kritisch zu hinterfragen und sich gut zu informieren. Bei Secondhand- und Vintage-Mode kann man sich jedoch oft sicher sein, nachhaltige Entscheidungen getroffen zu haben. F: Du kennst die Modebranche in- und auswendig. Was fasziniert dich daran, und welcher Umstand bringt dich zum Nachdenken? SD: Ich liebe Mode, weil sie Ausdruck unserer Persönlichkeit ist. Was mich nachdenklich macht, ist die Tendenz, aus allem Profit schlagen zu wollen – selbst aus dem Thema Nachhaltigkeit. F: Was muss sich in der Modebranche dringend ändern, und wie leistest du deinen Beitrag? SD: In der Modebranche gibt es viele Aspekte, die sich verbessern müssen. Aber ich möchte nicht in die Rolle desjenigen schlüpfen, der sagt, was sich dringend 83


„Was mich nachdenklich macht, ist die Tendenz, aus allem Profit schlagen zu wollen – selbst aus dem Thema Nachhaltigkeit.“

ändern sollte. Ich versuche, meinen Teil beizutragen, indem ich Vintage-Mode zugänglicher mache und die Idee fördere, dass nachhaltiges Einkaufen eine positive Veränderung bewirken kann. Es geht nicht darum, fanatisch zu sein, sondern darum, mit kleinen Schritten einen bewussteren Konsum zu ermöglichen. Wenn wir alle dazu beitragen, kann das einen großen Unterschied machen. F: Wie hat sich der Job des Models in den vergangenen Jahren verändert? Und beurteilst du das zum Guten oder zum Schlechten? SD: In den vergangenen Jahren hat sich der Job erheblich verändert. Es gab eine Zeit, in der ich die Befriedigung in meinem Beruf als Model ein wenig verlor. Der Grund liegt darin, dass dank den sozialen Medien heutzutage jede und jeder meinen Job machen kann. Damit habe ich mich allerdings schnell abgefunden, man muss Veränderungen schließlich akzeptieren. Meine heutige Einstellung lautet deshalb: Don’t hate the player, hate the game. Wir müssen nicht, aber wir dürfen mitspielen – und dieses Spiel spiele ich noch immer gerne mit. F: Ob als Model, als Tänzer oder als Influencer: Das Rampenlicht ist dein Zuhause! Was liebst du an der Unterhaltungsbranche und was geht dir so richtig auf den Zeiger? SD: Als Kind hegte ich den großen Traum, auf der Bühne zu stehen und Künstler zu werden, frei zu sein und das zu machen, was ich liebe. Dieser Traum trieb mich an, und ich habe viel dafür geopfert und musste so oft unten durch, um ihn zu verwirklichen. Ich war bereit, jedes Opfer zu bringen, um erfolgreich in dem zu sein, was ich tue. Es frustriert mich manchmal, dass man heute oft als Zahl betrachtet wird und die Persönlichkeit an zweiter Stelle steht. Es geht darum, wie viele Follower du hast und wie viele Personen du erreichst; deine Persönlichkeit zählt kaum noch. Genau das ist die Schattenseite. F: Ist die Unterhaltungsbranche ein dankbares Pflaster? SD: Weder noch. (lacht) Aber schlecht ist sie ganz bestimmt nicht. Wir brauchen die Unterhaltungsbranche, denn ohne sie wäre das Leben langweiliger. Deswegen ist es 84

LOVE ME TWO TIMES Es ist die Liebe zur Mode und der Drang, in der Branche etwas zu bewegen, die Sero Demir dazu bringen, seinen eigenen Vintage-Store zu eröffnen. „Love Me Two Times“ ist ein Mekka für Secondhand-Junkies und eine Oase für jene, deren Herz beim Anblick kuratierter Mode aus vergangenen Zeit Stakkato schlägt. Gemeinsam mit Designer Silvan Borer und Architektin Nedredte Mehmedi hat Demir an der Dienerstrasse 32 in Zürich ein Universum geschaffen, in dem es sich lohnt, seine Samstage zu verbringen. Love Me Two Times, Dienerstrasse 32, 8004 Zürich (lovemetwotimes.ch)

auch wichtig, alle KünstlerInnen, die hart arbeiten, zu unterstützen und fair zu entlohnen. F: Kennst du Lampenfieber? Und wenn ja, was tust du dagegen? SD: Natürlich. Es gibt kein schöneres Gefühl, als wenn dein Herz vor Aufregung pocht und du nervös bist, bevor du auf die Bühne gehst. Das ist es, was dich lebendig fühlen lässt. Wenn man das nicht mehr fühlt, sollte man wohl aufhören. Ich habe immer versucht, tief durchzuatmen und zu mir selbst gesagt: „Du bist gut, du machst das großartig, du bist der Beste. Let’s go, rock it!“ F: Auf welche deiner Meilensteine bist du besonders stolz? SD: Da gibt es einige. Doch mein wichtigster ist der Solothurner Sozialanerkennungspreis und Jugendförderpreis 2009, den ich als 21-Jähriger gewonnen habe. Zudem wurde ich als Finalist für das Sozialprojekt des Jahres im selben Jahr ausgezeichnet. Massiv stolz bin ich auch auf die vielen Meistertitel, die ich mit meinen damaligen TanzschülerInnen gewonnen habe, und darauf, dass ich vielen Jugendlichen auf ihrem Lebensweg etwas Schönes mitgeben konnte. Nicht zuletzt bin ich immens stolz darauf, meinen eigenen Weg gegangen zu sein und fest daran geglaubt zu haben, dass ich als freier Künstler leben kann. F: Wann hat jemand deiner Meinung nach Stil? SD: Jemand hat meiner Meinung nach Stil, wenn sie oder er mutig ist, sich traut und die Authentizität bewahrt. F: Wo findet man dich an einem Samstag in Zürich? Und wo eher an einem Montag? SD: An einem Samstag findet man mich in meinem Laden und am Abend vielleicht in einer Bar oder auf der Tanzfläche. Montag ist mein Bürotag, an dem ich mich um die Buchhaltung und ähnliche Dinge kümmere. F: Wie beschreibst du den Stil der Zürcherinnen und Zürcher? SD: Ich finde den Stil der Zürcherinnen und Zürcher ansprechend, aber ich denke, er könnte etwas mutiger und ausgefallener sein. F: Wovon kannst du nie genug kriegen? SD: Ich kann nie genug von Freiheit bekommen und davon, das zu tun, was ich liebe. N°11 / 2023


Stylisch, nachhaltig, cool: In Sero Demirs Vintage-Laden statten wir uns mit neuen Lieblingsteilen aus.

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OCEAN

THE MERMAID Auf dem Laufsteg und vor der Kamera fühlt sich Jena Goldsack wohl wie ein Fisch im Wasser. Letzteres ist nach dem Modeln ihre große Leidenschaft, setzt sich die Engländerin doch auch für die Erhaltung der Meere ein. FACES: Models sehen stets so unbeschwert hübsch und Interview: Noelia Alfaro gepflegt aus! Gibt es einen Tipp, den du uns verraten Redaktion: Adrienne Meyer, Marina Warth kannst, um gut auszusehen? Foto: Launchmetrics Jena Goldsack: Es ist vielleicht nichts Weltbewegendes, SpotlightSM aber tatsächlich hilft es mir morgens enorm, mein Gesicht mit Eiswürfeln zu behandeln. Das weckt mich so wunderbar und sorgt für eine pralle Haut und einen wachen Teint. F: Für den Sommer ist das ein toller Tipp, aber was machst du im Winter? JG: Im Sommer setze ich auf ein leichtes Serum und eine Feuchtigkeitscreme, die nicht beschwert. Sobald es draußen kälter wird, merke ich das direkt im Gesicht: Meine Haut wird trockener, weshalb ich dann auf etwas 86

schwerere Cremes umsteige. F: Bei welchen Organisationen engagierst du dich für den Schutz der Meere? JG: Ich engagiere mich für den Naturschutz etwa in einer Auffangstation für Seehunde, deren Schwestern­ organisation in Island sich zudem um das Wohl der Wale kümmert. F: Du scheinst überhaupt keine Angst vor offenem Wasser oder vor den Meeresbewohnern zu haben! JG: Nein, im Gegenteil! Wale sind so extrem sanftmütig, es gibt überhaupt keinen Grund, Angst vor ihnen zu haben. In freier Wildbahn haben sie noch nie jemanden getötet – solche Unfälle geschehen immer nur in Gefangenschaft. Ich bin ja auch total besessen von N°11 / 2023


Haien, seit ich vor ein paar Jahren in Australien mit ihnen geschwommen bin. Damals war ich sogar in einem Käfig und habe den Weißen Hai gesehen – ein unglaubliches Erlebnis! F: Welches Gefühl hat dabei überwogen: Ehrfurcht oder Angst? JG: Ich war in diesem Moment total ehrfürchtig. Da ist die­ ses große Tier, vor dem alle Angst haben, und ich bin in diesem Käfig, was für mich ein ganz eigenartiges Gefühl war. Ich will nie wieder in einem Käfig eingesperrt sein, das hat sich für mich total falsch angefühlt. F: Viele Menschen haben Angst vor Haien. JG: Auf Hawaii ist mir beim Schwimmen einmal ein Tigerhai begegnet. Dessen reine Präsenz fühlte sich so natürlich für mich an, dass ich überhaupt keine Angst verspürt habe. Jeder hat diese Vorstellung des furchtein­ flößenden Hais, dabei bist du unter Wasser für diese Tiere nichts anderes als eine Attraktion. F: Wovor fürchtest du dich denn, wenn nicht vor Haien? JG: Meine Angst vor Spinnen ist riesig! Und ich weiß natür­ lich, wie doof das klingt, dass ich bei Haien überhaupt keine Angst verspüre, beim Anblick einer Spinne aber an die Decke gehe. (lacht) F: Du wirkst mit deinen leichten Wellen stets wie diese wunderhübsche Meerjungfrau, die gerade aus der Brandung emporgestiegen ist! Wie pflegst du denn deine Mähne? JG: Früher war ich überhaupt nicht stolz auf mein lockiges Haar, da habe ich es jeden Tag geglättet. Als ich im Alter von 16 oder 17 Jahren dann mit dem Modeln angefangen habe, habe ich stets darauf bestanden, meine Locken zu behalten, weil sie dann doch irgendwie ein Teil von mir und meiner Persönlichkeit sind. Um mein Haar schön und geschmeidig zu halten, benutze ich natürli­ che Haarmasken etwa mit Kokosmilch. Zudem bin ich ein großer Fan von Meersalzsprays, weil mir diese auch im Alltag abseits vom Strand das Gefühl geben, als käme ich gerade aus dem Meer. F: Wie kamst du eigentlich zum Modeln? JG: Tatsächlich habe ich vor dem Modeln Wohnwagen in einem Park geputzt. (lacht) Das hat mir total Freude bereitet! Ich bin im Süden Englands in der Nähe von Corn­ wall aufgewachsen. Nach der Schule habe ich jede freie Minute am Strand verbracht, da war ich richtig glücklich. Als meine Agentur aus London dann wollte, dass ich in die Stadt komme, tat ich mich damit schwer. Wäre ich nicht als Model entdeckt worden, würde ich wahrscheinlich immer noch umgeben von der Natur leben. F: Wie ging es dann weiter? JG: Ich habe erst einmal die Schule beendet und als Model Teilzeit gearbeitet, bis ich 18 war. Danach bin ich nach London gezogen und mit 19 dann direkt nach New York. Tja, seitdem bin ich unterwegs. (lacht) F: Wo gefällt es dir besser, in London oder in New York? JG: Mir gefällt die Energie New Yorks, bin ich aber in mei­ nem Haus in London, dann will ich hier kaum wieder weg! Es ist einfach so entspannend. Hier habe ich auch mehr Platz, und es gibt mehr Bäume – die Balance stimmt einfach. In New York kannst du dagegen alles sein, hier stehen dir jegliche Türen offen. F: Wie beschreibst du die Vor- und Nachteile des Modelns? JG: Es ist toll, so viele spannende Menschen treffen zu kön­ nen. Früher ging es vor allem um Mode, heute habe ich allerdings auch die Möglichkeit, Menschen aus anderen N°11 / 2023

„Es gibt nichts Besseres als ein Eisbad!“

JENA GOLDSACK Bei Jena Goldsack ist „Anschauen auf eigene Gefahr“ angesagt, denn in ihren blau­grünen Augen kann man sich nur allzu leicht verlieren. Das britische Model hegt für Salt­and­Vinegar­Chips eine fast so große Passion wie für den Schutz der Ozeane und Meereslebewesen. So ist es kein Zufall, dass sie seit 2020 Botschafterin des Sea Life Trust und zudem Beauty­Ambassador bei Biotherm ist. Findet man die 29-Jährige also nicht gerade in der Elle oder Harper’s Bazaar, so trifft man Jena vermutlich auf offenen Gewässern an, wo sie sich kurzerhand in ein Role Model verwandelt.

Branchen zu treffen, die sich für eine gute Welt einset­ zen. Dadurch eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten. Der Nachteil ist wahrscheinlich, dass ich immer müde bin. F: Welchen Rat gibst du jungen Menschen, die mit dem Modeln beginnen wollen? JG: Du musst dir eine sehr dicke Haut zulegen. Früher hat­ test du als Model gar keine Stimme, aber Social Media hat das verändert – heute hört man dir auch zu, wenn dein Job eigentlich nur ist, hübsch und schön zu sein. F: Was ist dein Plan für die Zukunft? JG: Ich möchte noch mehr für den Naturschutz tun. Mir gefällt die Idee, eine Korallengärtnerin zu sein und die Meere wieder zu einem richtigen Lebensraum für zahl­ reiche Meeresbewohner zu machen. Ich möchte mit meiner Arbeit etwas bewirken. F: Was reizt dich am Tauchen? JG: Ich weiß, dass viele Menschen Angst vor tiefem Wasser haben. Es gibt viele, die unter Wasser und mit so viel Equipment beinahe klaustrophobisch werden. Für mich ist Tauchen allerdings total entspannend und richtig meditativ, weil ich dabei weder auf mein Smart­ phone schauen, noch sonst irgendwas anderes machen kann. Ich muss mich darauf konzentrieren, was um mich herum geschieht. Dieses Ökosystem ist so span­ nend: Man hört die Garnelen knacken, als würden sie miteinander sprechen, man sieht die Fische hin­ und herschwimmen und die Algen, die sich bewegen. Das rückt meine Perspektive zurecht und zeigt mir, dass diese Welt des Glamours gar nicht so wichtig ist. Mitt­ lerweile habe ich sogar mit dem Freitauchen angefan­ gen – ich habe beim Schwimmen und Tauchen einfach mal damit begonnen, die Luft anzuhalten. Was für ein Gefühl! Es ist noch besser als das normale Tauchen, weil man sich so sehr darauf konzentrieren muss, nicht zu sterben. F: Wie lange kannst du die Luft denn anhalten? JG: Ich habe in einem fünftägigen Kurs gelernt, bis zu drei Minuten und dreißig Sekunden meinen Atem anzuhal­ ten. Zu Beginn schaffte ich gerade mal eine Minute. F: Welcher Moment unter Wasser war für dich der magischste? JG: Als ich während der Covid­Pandemie in der Karibik unter Wasser Buckelwale miteinander reden gehört habe. Diesen Gesang zu erleben, selbst aus solcher Distanz, war einmalig. F: Was tust du, wenn du richtig gestresst bist? JG: Dann versuche ich zu meditieren. Zudem hilft es mir, mein Gesicht und die Druckpunkte um meine Augen zu massieren, um Schwellungen loszuwerden. Ist es drau­ ßen besonders heiß, hole ich mir eine große Tüte Eis und fülle damit meine Badewanne – es gibt nichts Bes­ seres als ein Eisbad! F: Wie bist du denn auf diese Idee gekommen? JG: Eine meiner Freundinnen lebt in den französischen Alpen, wo es ständig enorm kalt ist. Einmal war ich zu Besuch zum Skifahren, und da sind wir trotz Kälte auch in den eiskalten See und in den Schnee gesprungen – das hat mir so gut gefallen! Eine andere Geschichte habe ich dazu in Australien erlebt, wo ich jemanden getroffen habe, der morgens um sechs Uhr mit einer aufklapp­ baren Badewanne an den Strand geht, diese mit Eis füllt und darin dann den Sonnenaufgang genießt. Irre, aber es hilft total dabei, runterzukommen! 87


EXPOSE

HUMANITY Fotos: Human.Kind, aus zehn Zyklen des Prix Pictet

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RENA EFFENDI

Sadaget backt in ihrem heimischen Tandoor-Ofen Brot. Aus der Serie „Khinaliq Village“ (2006)

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PHILIPPE DUDOUIT

Im Stich gelassene Migranten, Niger, aus der Serie „The Dynamics of Dust“ (2010)

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Wir müssen einander zuhören, Verständnis aufbauen, die Augen aufmachen und dort hinsehen, wo es weh tut. Die Ausstellung „Human.Kind“ rüttelt an unserer Sicht auf die Welt, zeigt aktuelle Schicksalsschläge und die Gesichter hinter den Schlagzeilen. Über 300 Fotografien dokumentieren die globale humanitäre Arbeit und rücken den Fokus weg vom Grauen und hin auf den Menschen.

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SUBRATA BISWAS

aus der Serie „Brave-heart girl lit a flame“ (2012)

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XIAOXIAO XU

aus der Serie „Shooting the Tiger“ (2014)

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XIAOXIAO XU

aus der Serie „Shooting the Tiger“ (2014)

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EMMANUELLE ANDRIANJAFY aus der Serie „Finding Dakar“ (2014)

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LUISA DÖRR

SENAC Skate Park, Cochabamba, Bolivien, aus der Serie „Imilla“ (2021)

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LUISA DÖRR

La Cancha Market, Cochabamba, Bolivien, aus der Serie „Imilla“ (2021)

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SUBRATA BISWAS

In diesem Dorf leben beinahe 100 Familien des Sahariya-Stammes, die zu den 75 besonders gefährdeten Stammesgruppen gehören. Aus der Serie „Hard Lives of Sahariyas“ (2014)

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PHILIPPE DUDOUIT

Junger Flüchtling aus der arabischen Timbuktu-Community, Fassala, Mauretanien, aus der Serie „The Dynamics of Dust“ (2012)

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ALINKA ECHEVERRÍA

„The Road to Tepeyac #136“ (2010)

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HUMAN.KIND Menschen leiden. Sie tun es aufgrund von Kriegen und Ungerechtigkeiten, wegen des Klimawandels und dessen Auswirkungen und wegen den täglichen Herausforderungen unserer Gesellschaft. Humanitäre Arbeit setzt dort an, wo andere keinen Ausweg mehr sehen. Diesen Einsatz dokumentieren über 300 Werke von 30 FotografInnen aus 24 Ländern, die im Rahmen der Ausstellung „Human.Kind“, kuratiert aus Einsendungen des Prix Pictet, bis zum 14. April 2024 im Internationalen Rotkreuzund Rothalbmondmuseum in Genf zu sehen sind. redcrossmuseum.ch

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JEROEN HOFMAN

Bloesempark, aus der Serie „Park“ (2018)

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VANITY

Wer Geld hortet, hat zu viel davon. Raus mit dem Zaster, investieren, die Wirtschaft ankurbeln und Arbeitsplätze schaffen. Nicht schlecht, wie sich die paar Nullen mehr legitimieren lassen, die wir für diese Colliers auf den Tresen blättern. Dabei einfach dran denken: Am Hals macht das eigene Vermögen eindeutig. 106

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GRAFF, aus gelben und weißen Diamanten mit Gelb- und Weißgold, ca. 2'000'000.– N°11 / 2023

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TIFFANY & CO., aus 18 Karat Weißgold mit einem blauen Elbait-Turmalin und Diamanten, ca. 1'045'000.– 108

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BULGARI, „Roman Esedra Necklace“, mit einem 68,88 karätigen Smaragd und einer Kette aus Gelbgold, ca. 2'176'700.– N°11 / 2023

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BOUCHERON, „Plume de Paon Necklace“, aus Tansanit, Diamanten, Saphiren, Tsavoriten, Weißgold und Titan, ca. 234'000.– 110

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VAN CLEEF & ARPELS, „Regina Montium Necklace“, Halskette mit abnehmbarem Anhänger aus Weißgold, blau-grünen Turmalinen, Saphiren, Aquamarinen, Tansaniten und Diamanten, ca. 1'120'000.– N°11 / 2023

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POMELLATO, „Castello Necklace“, aus Roségold, Diamanten und Rubilleten mit abnehmbarer Kette, ca. 389'800.– 112

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MESSIKA, „Imperial Move malachite Collier“, aus Gelbgold mit Diamanten und Malachiten, ca. 180'000.– N°11 / 2023

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CHOPARD, „Precious Lace“, auf 18-Karat Weißgold mit rosa Saphiren und Diamanten, ca. 295'500.– 114

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CARTIER, „Grain de Café“, aus Roségold mit 32 Obsidianen und 129 Diamanten, ca. 204'000.– N°11 / 2023

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PIAGET, „Metaphoria Mineralis“, mit Diamanten, Saphiren, Aquamarin und Bergkristall, ca. 530'000.– 116

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BUCHERER, „Pastello Confetti Collier“, aus verschieden geschliffenen Saphiren, ca. 350'000.– N°11 / 2023

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PROMOTION

FROM DUSK TILL DAWN

Wir sind Kinder der Nacht und Pailletten, Samt und Spitze unsere Weggefährten. Umgeben von Dunkelheit bündeln die Looks von C&A das Licht und sorgen für Aufmerksamkeit, egal wohin es uns darin verschlägt. Photography: Tobias Wirth Styling: Sabine Berlipp Production: Snesha Bloom @ Call List Production Make-up: Sam Hill using Zalando Beauty Hair: Veronika Stork @ Inclover Academy Model: Anastasia Jovanović @ Modelwerk Videography: Dominik Hill Location: Provocateur Berlin

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PROMOTION

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Blazer und Anzughose von C&A. Schuhe von PRADA. Kette von ESSENTIEL ANTWERP. Armreif STYLIST’S OWN.

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PROMOTION

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PROMOTION

Links: Paillettenkleid von C&A. Strumpfhose von KUNERT. Schmuck von LUISE ZÜCKER. Rechts: Look von C&A. Stiefel von L37. Strumpfhose von FALKE.

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PROMOTION

Links: Samthose und Samtjacke von C&A. Kette von ESSENTIEL ANTWERP. Rechts: Spitzen-Oberteil und Pailletten-Rock von C&A. Strümpfe von FALKE. Schmuck von SASKIA DIEZ.

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HABITAT

THE Wo das Geräusch der Natur zum Soundtrack wird…

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WILDS Gemütlich nächtigt es sich zum Zirpen der Zikaden.

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Zikaden, Papageien, Affen: Wer den Sound der Natur jeglicher Spotify-Playlist vorzieht, ist im The Datai Langkawi am richtigen Ort. Umgeben vom dichten Regenwald Malaysias liegt dieses mit fünf Sternen bezifferte Schmuckstück, in dem man sich fühlt wie aus dem eigenen Alltag gefallen. Interview: Marina Warth Fotos: The Datai Langkawi / Marion Payr

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Das Datai Langkawi mutet an wie eine von der Natur zurückeroberte Tempelanlage.

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Das hält Arnaud Girodon von… KREUZFAHRTSCHIFFEN: Wenn ich in Rente gehe und wirklich Geld zum Verschwenden habe, ziehe ich das in Betracht. BUFFET-ESSEN: versuche ich zu vermeiden. ALL-INCLUSIVE: Wenn die Qualität stimmt, why not. TRINKGELD: gehört meiner Meinung nach dazu, allerdings nur als Belohnung für guten Service. HUNDEN IM RESTAURANT UND IM HOTEL: Diese armen Hunde! Es ist doch eine Qual, sie mit in ein Restaurant zu nehmen! KINDERN IM RESTAURANT UND IM HOTEL: Nun, ich habe drei, und ich liebe Restaurants und Hotels. (lacht) ANIMATEURINNEN: Ja, je nachdem, was und wie sie animieren. KLEIDERORDNUNG: für bestimmte Orte, ja, absolut! TRIPADVISOR: nützlich für VerbraucherInnen, aber leider leicht zu missbrauchen oder zu manipulieren… ONLINE-REISEBÜROS: gekommen, um zu bleiben. Es lohnt sich, sie anzunehmen und zu lernen, wie man am besten mit ihnen arbeitet. SHARING ECONOMY: ein sich sicher abzeichnender Trend, der für Luxusresorts noch nicht so weit entwickelt ist, aber in Zukunft in irgendeiner Form kommen könnte. NACHHALTIGKEIT: ein MUSS! Ich denke, dass Mindestpraktiken in irgendeiner Form für Hotels verpflichtend sein sollten, wie zum Beispiel Gesundheits- und Sicherheitsstandards. Leider gibt es in unserem Bereich noch zu viel Greenwashing. FACHKRÄFTEMANGEL: eine Realität in allen Ecken der Welt, was Loyalität und MitarbeiterInnenbindung noch wichtiger macht.

Nie war abschalten einfacher als umgeben vom tropischen Regenwald.

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„ DI E GÄ S T E KÖN N E N – U N D DÜ R F E N – A N S P R U C H S V O L L S E I N .“

FACES: Ihr Weg in der Hotellerie hat Sie vom General Manager des Hotels The Datai Langkawi in Malaysia bis zum CEO der ganzen Gruppe Datai Hotels & Resorts gebracht. Wie sind Sie überhaupt in diese Branche gekommen? Arnaud Girodon: Das ist alles die Schuld meiner Tante! Ich stamme ja eigentlich aus einem sehr kleinen Dorf im Zentralmassiv Frankreichs. Als ich dann im Alter von elf Jahren das erste Mal in Paris war, schmuggelte mich meine Tante durch die Hintertür des Luxushotels George V, das heute ein Four-Seasons-Haus ist. Sie arbeitete dort als leitende Hausdame und wollte mir diese Welt zeigen, in die sie Tag für Tag eintauchen konnte. Als ich den Luxus sah, die Mitarbeitenden, die Gäste und das ganze Drumherum, war es um mich geschehen, und ich wusste sofort, was ich beruflich machen wollte! F: Wie beschreiben Sie das Datai Langkawi in einem Satz? AG: Als ein luxuriöses, aber unprätentiöses Resort im Herzen des Regenwaldes, in dem man echte, herzliche Gastfreundschaft erlebt. F: Beschreiben Sie uns den Weg von der Idee bis zum fertigen Hotel! AG: Das könnte eine Weile dauern! Tatsächlich begann alles mit der Idee des damaligen Premierministers Malaysias, der den Luxustourismus in seinem Land fördern wollte. Für die Entwicklung des Konzepts war Adrian Zecha, der Gründer von Aman, verantwortlich, der wiederum den inzwischen verstorbenen Kerry Hill für die Architektur engagierte und Didier Lefort mit der Inneneinrichtung beauftragte. Eines der Ziele sollte sein, das einzige Hotel zu sein, das vollständig in die wilde Natur und den unberührten Primärregenwald integriert ist, ohne in diese allerdings einzugreifen. Nicht nur das ist uns gelungen, stieg das Datai Langkawi doch auch zum Pionier in Sachen Nachhaltigkeit und naturnahem Luxustourismus auf. F: Weshalb sollten wir unbedingt dort absteigen? AG: Der Ort ist einfach unglaublich! Das Hotel liegt an einem Strand, der von National Geographic zu einem der zehn besten Strände der Welt gewählt wurde, und ist umgeben von einem majestätischen Primärregenwald mit einer unglaublichen Flora und Fauna. Dazu kommt der herzliche Service, der 2016 schon von den Condé Nast Traveller Reader’s Awards zu einem der besten der Welt auserkoren wurde und auch in diesem N°11 / 2023

Jahr wieder einen Spitzenplatz belegt. In unserem Team spürt man die Leidenschaft und Herzlichkeit; schließlich sind beinahe die Hälfte unserer MitarbeiterInnen seit über zehn Jahren bei uns beschäftigt. Nicht unerwähnt bleiben sollen zudem die vielfältigen Bemühungen und Aktivitäten, die Natur ums Hotel zu bewahren. Das Datai Langkawi fährt diverse Programme, mit denen die lokalen Gemeinden unterstützt werden. F: Was macht den Alltag als Hotelier so spannend, und welche Aspekte gehen Ihnen auch mal auf die Nerven? AG: Es gibt viele, viele großartige Eigenschaften des Hotelierberufes! Einige davon liegen auf der Hand: das Reisen, die großartigen Speisen und Getränke und andere Luxusgüter, die unglaublichen Menschen, die man trifft... Hier im The Datai Langkawi gesellt sich natürlich die Natur dazu, die einem beim Abschalten und Regenerieren hilft. Natürlich gibt es auch schwierige Aspekte, aber von denen gibt es nicht so viele. Dass das Familienleben auch mal auf der Strecke bleibt, ist sicher ein deutlicher Nachteil dieses Berufs. Wie immer, wenn man mit Menschen zusammenarbeitet, sieht man viel Außergewöhnliches und Gutes, aber manchmal eben auch das Schlechte und Hässliche, das gehört einfach dazu. F: Woran muss man als Hotelier denken, über das sich andere keine Sorgen machen müssen? AG: Nun, unsere Hauptüberlegungen müssen sich an den Menschen orientieren, denn wir haben eine klare Verantwortung. Wir müssen uns nicht nur darum kümmern, unvergessliche Reisen und Erlebnisse für unsere Gäste zu schaffen, denn das ist eigentlich eher ein Vergnügen, sondern mehr um die Aspekte Leben, Gesundheit und Sicherheit. Die Arbeit in einem Resort oder Hotel birgt eine Reihe von Herausforderungen und Gefahren, sowohl für die Gäste als auch für die MitarbeiterInnen, und deren Sicherheit ist wirklich unser größtes Anliegen. Eine Sache, über die sich Hoteliers allerdings keine Gedanken machen, ist die Frage, wo wir Weihnachten und Silvester verbringen werden! F: Worüber zerbrechen Sie sich den Kopf? AG: Wenn es um die Sicherheit unserer Gäste und Mitarbeitenden geht, können wir uns nicht oft genug den Kopf zerbrechen. Es gibt Dinge, die man kontrollieren kann, aber auch andere, die deutlich komplizierter sind. 129


Der Blick aufs türkisblaue Meer ist unbezahlbar.

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Flora und Fauna lassen sich vom hoteleigenen Ausguck beobachten.

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„ I M R E G E N WA L D K A N N E S S C H O N M A L SEHR WILD ZU- UND HERGEHEN!“

Deshalb sind die Sicherheit unserer MitarbeiterInnen und unserer Gäste für mich eine ständige Quelle der Sorge. Auf persönlicher Ebene mache ich mir sehr viele Gedanken darüber, wie ich auf meine Tochter im Teenageralter zugehen und zu ihr durchdringen kann! F: Wie beschreiben Sie sich als Chef? AG: Am liebsten würde ich das mein Team beantworten lassen. Ich denke, ich habe eine gute Vision, bin ziemlich kreativ, zugänglich, ehrgeizig und verfüge über starke zwischenmenschliche Fähigkeiten. Da ich damals als Kellner begonnen und mich von der Pike hochgearbeitet habe, verstehe ich die Arbeitsabläufe und gehe stets mit gutem Beispiel voran. Manchmal verliere ich über so vielen Dingen auch einfach die Beherrschung, wobei ich allerdings gelassener werde, je älter ich werde. Allerdings gebe ich auch zu: Ich bin manchmal sehr unorganisiert und kann keine zwei Bretter zusammenschrauben. (lacht) F: Was macht gute GastgeberInnen aus? AG: Gute GastgeberInnen sind warmherzig, offen und humorvoll und wollen ihren Gästen aus vollem Herzen eine Freude bereiten. Wer Spaß daran hat, Menschen zu bedienen, ist in dieser Branche goldrichtig. F: Welche Gäste mögen Sie am meisten? AG: Auch auf die Gefahr hin, platt und ein wenig klischeehaft zu klingen, ist das Schlüsselwort hier Respekt. Die Gäste können – und dürfen – anspruchsvoll sein, wenn sie in ein teures Resort oder Hotel einchecken, allerdings müssen sie den Angestellten und dem Service Respekt entgegenbringen und Wertschätzung sowie Dankbarkeit zeigen. F: Gibt es ein Verhalten von Gästen, das Sie wütend macht? AG: Wenn Gäste unsere Großzügigkeit ausnutzen und respektlos gegenüber unserem Team oder der Natur sind, macht mich das wütend. Es stößt mich total ab, wenn sich jemand kostenlose Leistungen verschaffen will, indem er uns mit Vergeltung droht oder damit, an die Öffentlichkeit gehen zu wollen, sollten wir nicht darauf eingehen. F: Welche Erwartungen haben Sie an Ihr Hotel? AG: Wir wollen unseren Gästen auch weiterhin einen ausgezeichneten Service bieten und ihnen einzigartige Erlebnisse mit viel Liebe zum Detail ermöglichen. Wir sind auch bestrebt, unsere erstaunliche Artenvielfalt zu erhalten, vor allem in der Umgebung des Resorts, 132

und den lokalen Gemeinden weiterhin zu helfen und Unterstützung zu bieten. F: Wie haben sich die Erwartungen Ihrer Gäste im Laufe der Jahre verändert? AG: Die größten Veränderungen, die ich über die vergangenen 20 Jahre festgestellt habe, in denen ich bereits in der Hotellerie arbeite, sind das Bedürfnis nach Natur und deren Schutz, nach menschlichem Kontakt und Wohlbefinden. Die Menschen sind heute wesentlich umweltbewusster und haben den Drang, die Natur zu schützen. Zudem sind sie sich sehr bewusst darüber, wie es ihnen selbst emotional und physisch geht. F: Welche Geschichte aus Ihrem Alltag müssen Sie uns unbedingt erzählen? AG: Es gibt viel zu viele, um alle aufzuzählen. Ich könnte ein ganzes Buch darüber schreiben! (lacht) Kürzlich rief mich allerdings ein Gast an, um sich über einen täglichen Feueralarm zu beschweren, der ihn bei seiner abendlichen Lektüre auf dem Balkon störte. Es stellte sich dann heraus, dass es sich nicht um einen Alarm, sondern um sich paarende Zikaden handelte. Was soll ich sagen: Im Regenwald kann es schon mal sehr wild zu- und hergehen! F: Worauf achten Sie, wenn Sie selbst auswärts übernachten? AG: Das kommt auf den Grund meines Aufenthalts an. Mache ich Urlaub, dann suche ich nach Hotels mit Charakter – das bezieht sich aufs Design oder deren Geschichte. Natürlich sind mir auch das Raumgefühl und die Qualität von Housekeeping, Lebensmitteln und dem allgemeinen Service wichtig. Ich mag keine protzigen Hotels oder solche, die zu einer großen Kette gehören. F: Was unterscheidet ein gutes von einem großartigen Hotel? AG: Zunächst einmal der Service. Dabei spreche ich von der Herzlichkeit der Menschen, deren Authentizität und ihrem Engagement. Das Erlebnis, das ein Hotel bietet, hebt es von anderen ab und macht es einzigartig. Großartige oder grandiose Hotels lösen Emotionen aus und sind unvergesslich, gute Hotels werden nur eine beiläufige Bemerkung wie „war nett“ zulassen. F: Wo steht Ihr eigenes Bett? AG: Ich habe das Glück, zwei zu haben: eines in meinem Haus in Kuala Lumpur und eines im Datai Langkawi, inmitten dieses außergewöhnlichen Regenwaldes! N°11 / 2023


THE DATAI LANGKAWI Von Kuala Lumpur oder Singapur geht’s über den Flughafen Langkawi nach Malaysia. Weitere 40 Minuten Autofahrt bringen einen ins Datai Langkawi, diesen Regenwaldtraum, der 2018 neu aufpoliert wurde. Wasserfälle, Mangroven, Reisfelder und das dichte Waldgrün katapultieren einen direkt in eine Parallelwelt, in der Computer- und Smartphonebildschirme nichts verloren haben. Das Interieur des The Datai Langkawi zelebriert die lokalen Traditionen, das hiesige Handwerk und die Menschen, die darin ihr Zuhause finden. The Datai Langkawi, Teluk Datai Resorts Sdn. Bhd., Jalan Teluk Datai, 07000 Pulau Langkawi, Kedah darul Aman, Malaysia, thedatai.com

Noch grüner geht’s nicht.

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PROMOTION

PLEASURE PARADISE

Producer & Director: Yannic Akinyosoye Photography, Co-Production & Creative Direction: Tatsiana Tribunalova Retouch: Ekaterina Tsymbalova Collages: Tatsiana Tribunalova Video & Lights: Vlad Konyshev Styling: Halla Farhat Hair & Make-up: Aminata Lindenau Hair Assistance: Marisol Markgraf l Models: Maureen & Veronnika Special thank you to: GATE

Da bleibt uns die Spucke weg: Die neue Kollektion von PUMA und Pleasures bringt uns mit ihren coolen Looks gut gelaunt durch den Winter.

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PROMOTION Links: Hose und Pullover von PUMA X PLEASURES. Rechts: Jacke von STUDIO ALCH. Shirt von PUMA X PLEASURES. Schmuck von G_O_H_A_R_A & SCHMIEDE BOSSLAU.

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PROMOTION Links: Sneakers von PUMA VELOPHASIS LAYERS PLEASURES. Oberteil von MELISA MINCA. Schmuck von G_O_H_A_R_A. Rechts: Mantel von WALTER VAN BEIRENDONCK. Hose von PUMA X PLEASURES. Oberteil von AMBRA FIORENZA. Schmuck von G_O_H_A_R_A.

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PROMOTION

Alt trifft neu, Sport die Straße und Mode auf Technik: Was da bei uns für Bauchkribbeln sorgt, ist die neue Kollektion aus der Zusammenarbeit von PUMA und Pleasures. PUMA liefert den Sport, die Streetwear-Marke Pleasures Elemente aus Punk, Metal und Grunge. Das Ergebnis sind Teile aus Textilien, die technisch ordentlich was drauf haben und uns weder beim Skaten noch beim Tanzen oder im Gym im Stich lassen. Unser Highlight: die Schriften und Prints, die Sweatpants, Shirts und Jacken auf die Bühne heben und zu Protagonisten im Alltag machen.

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Top von PIECES. Bustier von & OTHER STORIES. Ohrringe von GLAMBOU X COMPLETEDWORKS. Handschuh STYLIST’S OWN. Armband von PILGRIM.


ROAD SHOW

BERLIN FLASH STREET THING Photography & Styling: Heiko Laschitzki Make-up & Hair: Kim Keusen Model: Addie @ Modelwerk

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Pullover von ARKET. Top von BA&SH. Hose von BRUNELLO CUCINELLI. Schuhe von GANT. Ohrringe von & OTHER STORIES.


Pullover von NOISY MAY. Hose von OPUS. Kette von PILGRIM.


Pullover von GESTUZ. Hose von DONDUP. Stiefel von SCAROSSO.



Kleid von JOSEPH. Pullover von DONDUP. Ohrringe von PIECES.


Anzug von GESTUZ. Bluse von OBJECT. Krawatte von VENTI.


Lederjacke von DONDUP. Hemd von SOHO STUDIOS. Hosenanzug von BA&SH. Stiefel von MANGO. Ohrringe von PIECES.



Kleid von GESTUZ. Ohrringe und Halsband von ESSENTIEL ANTWERP.


Anzug von FERRAGAMO. Stiefel von BA&SH.


CANNABIS

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VOYAGE

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Wie sie alle schreien und das Kraut verteufeln! Dabei ist es mitnichten die liebe Mary Jane, vor der man sich in Acht nehmen muss, sondern deren Schwestern, die einen um den Verstand bringen und direkt rein in die Klapse. Für Helge Timmerberg gibt es nur die eine – und dieser bleibt er seit Jahren treu. Martin Janik: Helge Timmerberg, in drei Sätzen: Worum geht es in Ihrem Buch? Helge Timmerberg: Erstens: Andere Länder, andere KifferInnen. Zweitens: Ist Cannabis gut, ist Cannabis schlecht, oder ist Cannabis einfach nur Cannabis, mit dem man gut oder schlecht umgehen kann? Drittens: Cannabis und ich. MJ: In der Reihenfolge? HT: Nein, die Themenstränge vermischen sich, so ist das Leben. Ich reiste halt dem Cannabis hinterher: in Länder, die es bereits legalisiert haben, in Länder, die traditionell viel Erfahrung damit haben, in Länder, aus denen es kommt. Weil ich a) gern reise, b) gern kiffe und c) Fragen hatte. Wie fühlt sich legales Kiffen eigentlich an? Ohne die Paranoia vor der Polizei, aber auch ohne den Nimbus des Rebellen. Ist das entspannender oder langweiliger? In Thailand, wo über Nacht Marihuana so legal wie Kartoffeln wurde, fragte ich mich, ob Bangkok bekifft noch mehr Spaß macht, kam aber zu dem Schluss, dass ich mit Alkohol den Sextourismus besser ertragen kann. MJ: Ihr Buch ist also kein nüchtern argumentierendes Sachbuch – was ist es dann? HT: Ich habe schon in den frühen Achtzigerjahren damit begonnen, Geschichten so zu schreiben, wie ich sie auch meinen FreundInnen in der Küche erzählen würde. Damals nannte man das New Journalism. Später wurde Pop Literatur daraus, aber mir gefällt Literary Nonfiction als Klassifizierung für diesen Stil am besten. Er ist nie nüchtern, sondern immer berauscht von den Möglichkeiten der Sprache. Und was die Sachlichkeit angeht: Ich habe viele Erfahrungen mit Cannabis. Ich weiß, worüber ich schreibe. MJ: Was spricht aus Ihrer Sicht für die Cannabis-Legalisierung? 152

Interview: Martin Janik Foto: Frank Zauritz

HT: In den USA finden mittlerweile 76 Prozent aller AmerikanerInnen den Cannabis-Konsum moralisch akzeptabel. Bei den Liberalen stimmten 83 und bei den Konservativen 51 Prozent dafür, also die Mehrheit in beiden Lagern. Marihuana ist da in der Mitte der Gesellschaft angekommen. In Thailand hat es die Mitte offenbar nie verlassen. Nach der Legalisierung sollten sich dort alle, die Cannabis selbst anbauen wollten, bei der Gesundheitsbehörde dafür registrieren lassen. Am ersten Tag machten das über sechs Millionen Menschen, und die Homepage brach zusammen. Was ich damit sagen will: Eine Politik, die die Mitte der Gesellschaft kriminalisiert, hat sie nicht alle. Das funktioniert nicht. Cannabis war weltweit fast ein Jahrhundert lang verboten, trotzdem wurde es die am meisten konsumierte illegale Droge. Wer kiffen will, der kifft. Verbote ändern daran nur, dass der Konsum unübersichtlicher, unkontrollierter und ungesünder wird, weil die Mafia keine Reinheitsgebote akzeptiert. MJ: Und was spricht dagegen? HT: Gegen die Legalisierung von Cannabis spricht gar nichts, gegen den Konsum gibt’s hier und da schon was einzuwenden. Ich kenne die Droge zu gut, um sie zu verherrlichen. Ich kenne die Kiffer-Paranoia, ich kenne die Abhängigkeit, ich kenne den Krümel zu viel, der dich zum Esel macht, wie den korrekten Krümel, der die Kreativität entfacht – und ich schreibe darüber, ich lass da nichts aus. Glücklicherweise habe ich keine Mission. Ich mache mich nur auf: Schaut her, so ist das Kifferleben. Und das ist der persönliche Strang in dem Buch. MJ: Aber noch einmal zu „Andere Länder – andere KifferInnen“. Welche Unterschiede haben Sie gesehen? HT: Auf Malta, dem ersten Staat, der innerhalb der EU die Marihuana-Prohibition beendet hat, ist Cannabis total legal, aber man kriegt es nirgendwo. Nicht als TouristIn. Es gibt keine Shops dafür. Die maltesischen KifferInnen N°11 / 2023


Für sein neues Buch „Joint Adventure“ folgt Helge Timmerberg der Cannabis-Pflanze, ihren Fans und Feinden einmal quer durch die Welt.

bauen es entweder selbst an oder holen es sich als Medizin mit einem Rezept vom Arzt, aber auch dafür gibt es auf ganz Malta nur zwei Apotheken. Wenn ich sage, man kriegt als TouristIn kein Cannabis, dann meine ich natürlich, man kriegt es nicht legal, sondern nur traditionell: Ein Taxifahrer schloss für mich die Lücke in der Handelskette. Alles Weitere war gesetzestreu. Ich durfte es durch die Straßen tragen, ich durfte es auf dem Hotelbalkon rauchen, ich durfte es offen im Zimmer liegen lassen. Wunderbar! Und, ach ja, man sieht auch nicht viel von der Legalisierung. Keine Werbung. Man will keinen Kiffer-Tourismus und keinen CannabisKommerz. Das krasse Gegenteil davon ist Kalifornien. Plakatwände im Lastwagenformat preisen über dem Sunset Boulevard Cannabis an, und statt des Cowboys im Sonnenuntergang steht da ein Gitarrenmann im Regenbogenland. Shops gibt’s an jeder Ecke, und sie bieten Cannabis in allen nur denkbaren Erscheinungsformen an: rauchbar, trinkbar, essbar, es gibt THCTruthahnsoßen, es gibt Cannabis-Hundefutter, für jeden Geschmack ist was dabei. Und ich warne in diesem Zusammenhang vor den Müsliriegeln, die nach dem Verzehr wie ein mit THC beladener Sattelschlepper durchs Gehirn rasen. Die sind in Thailand übrigens verboten, dafür haben die Thais mit der Legalisierung sofort alle aus dem Gefängnis entlassen, die dort wegen Marihuana-Delikten saßen. In den USA sitzen sie da immer noch, während drumherum die Cannabisindustrie mittlerweile über 30 Milliarden Dollar pro Jahr erwirtschaftet. Es gibt eine Menge Unterschiede bei der Cannabis-Legalisierung. Die Welt ist halt bunt. MJ: Wieso regen sich bei uns viele Leute eigentlich über die Cannabis-Legalisierung auf, finden es aber völlig normal, regelmäßig Alkohol zu trinken? HT: Gehirnwäsche. Fast hundert Jahre lang. Die Leute N°11 / 2023

sagen, Cannabis ist Rauschgift, aber Alkohol ist Alkohol. Sie reden von Weinkultur und Drogensumpf, auf Hochzeiten wird getrunken, in der Hölle wird gekifft, solche Sachen spuken in den Köpfen der armen Gehirngewaschenen. MJ: Einige Leute sagen auch, dass Cannabis eine Einstiegsdroge ist. HT: Die Einstiegsdroge für Kokain ist Alkohol, die Einstiegsdroge für Heroin ist die übergroße Sehnsucht nach Geborgenheit, die Einstiegsdroge für die extrem süchtig machenden Opioide und Benzos der Pharmaindustrie ist der Onkel Doktor, der mir mal gegen die Schmerzen bei einem Bandscheibenvorfall ein im Prinzip wie Opium wirkendes Medikament mit den Worten verschrieb: „Eine Pille davon am Abend, dazu ein Glas Rotwein und Bob Dylan, und du bist im Himmel.“ Die psychosomatischen Wirkungen von THC können eigentlich nur der Einstieg zu den psychedelischen Drogen sein: LSD, PsilocybinPilze, Meskalin. Aber davon wird man nicht süchtig. Sie sind zu stark für eine Gewohnheitsdroge. MJ: Wollten Sie schon mal das Kiffen aufgeben? HT: Wer wollte das nicht? Aber ich habe dann immer das Kiffen durch das Trinken ersetzt, und das gefiel mir überhaupt nicht. Außerdem ist Cannabis eine leichte Droge, die schwer zu entziehen ist. Es dauert sechs Wochen, bis die Gehirnzellen vom THC wieder völlig freigewaschen sind. Und diese Zeit, das steht fest, ist vielleicht nicht die Hölle, aber ziemlich nervig. Trotzdem mach ich manchmal einen Monat Pause, um dem Cannabis zu zeigen, wer der Herr im Haus ist. Auf den Reisen für dieses Buch kiffte ich recherchebedingt fleißig, aber als ich nach Hause kam, hörte ich einen Monat komplett damit auf. Steht auch in diesem Buch. Wie ich schon sagte: Es steht eigentlich alles drin, was man über Cannabis wissen muss. 153


Das Märchen von der Einstiegsdroge Text: Helge Timmerberg

Ich hatte in Goa mit einer schönen Frau eine Palmenblatthütte am Strand bezogen, doch so paradiesisch die Aussicht war, so unerfüllt blieb mein Wunsch nach Intimitäten. Sie öffnete ihre Seele, vielleicht sogar ihr Herz für mich, nur ihre Beine nicht, und an einem Spätnachmittag kam jemand mit Opium daher. Für mich war es das erste Mal, und schon eine Stunde später schlief sie zwar immer noch nicht mit mir, sie dachte nicht einmal daran, aber ihr ging’s da wie jetzt auch mir. Keine Gier, kein Sehnen, kein Wunsch überlebte in der absoluten Geborgenheit, die mir das Opium gab, das war Frieden bis ins Knochenmark, und was meine Liebe anging – die sah sich satt an ihrem Gesicht. Eine Art von Sättigung, die immer noch mehr vertragen kann. Eine Völlerei ohnegleichen, aber ohne Überdruss. Meine Lider senkten sich opiumbedingt immer wieder, aber ich hielt die Augen offen, so gut es ging, um mich weiter an ihrem schönen Gesicht sattzusehen. Und als sie mal für kleine Mädchen musste, sah ich mich satt an der Schönheit der Palmen, die vor der Hütte standen, an der Schönheit der Bucht zur blauen Stunde, sogar die kleinen Hängebauchschweine fand ich wunderschön. Später lagen wir, auch opiumbedingt, nur noch nebeneinander auf dem Rücken, meine Hand parkte auf ihrem Arm, und diese paar Quadratzentimeter Körperkontakt fühlten sich wie eine kosmische Hochzeit an. Natürlich wurde nichts daraus, natürlich war das nur ein Opiumrausch, aber das ist mir egal. Das Erlebnis bleibt unvergessen, und dafür danke ich der Droge sehr. Aber süchtig wurde ich nie nach ihr. Und ich habe sie auch nie gesucht. Ich nahm Opium nur, wenn es zufällig des Weges kam, und nach Goa brauchte es immerhin 20 Jahre für einen weiteren Versuch und für ein drittes Mal weitere zehn. Die Erkenntnisse, die ich daraus gewann, lauten: Erstens kann ich Haschisch nicht als Einstiegsdroge für Opium diffamieren, denn meinen ersten Joint habe ich bereits elf Jahre vorher geraucht, und zweitens führt Opium nicht automatisch in die Abhängigkeit. Es braucht dafür Voraussetzungen im Userprofil, und wer die Voraussetzungen nicht erfüllt, wird kein Junkie. Der Mensch ist doch folgendermaßen gebaut: Je größer seine Sehnsucht nach Geborgenheit, desto größer ist seine Suchtanfälligkeit. Und Opium kann Mutterleib. Große Sehnsucht kommt von großem Mangel. Die ersten sieben Jahre sind da entscheidend. Ich verbrachte sie bei meinen Großeltern, und ähnlich wie bei Obelix, der als Kind in ein Fass mit Zaubertrank gefallen war, planschte ich in einem Fass voller Liebe und Geborgenheit. Das reichte für ein Leben. Und die Straße wurde stattdessen mein Sehnsuchtsding. Abenteuerlust und Opiumgenuss? Das passt nicht. Und braucht es auch nicht, weil die Instant-Glückseligkeit, die uns Opium 154

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„OP I U M I S T DI E KÖN IG I N DE R T R ÄU M E . H A S C H I S C H T R ÄU M T ’ N E N U M M E R K L E I N E R , U N D DA S N E N N T M A N I N S P I R AT I O N .“

schenkt, jedes Abenteuer, ja jeglichen Bewegungsdrang sofort verschlingt. Das ist ein Grund, warum ich Opium zwar genießen konnte, aber nicht beim Opium hängen bleiben musste. Ich hatte andere Prämissen, andere Pläne, Visionen, Ziele. Und ehrgeizig war ich auch. Ich liebte den Wettkampf und liebte es zu gewinnen, und wenn ich verlor, liebte ich es, wieder aufzustehen, und das entspricht einfach nicht dem Anforderungsprofil für eine Opiumsucht. Die braucht die Lust am Liegenbleiben. Das wird den Kiffern zwar auch nachgesagt, aber es wird ihnen halt viel nachgesagt, wenn der Tag lang ist. Opium ist die Königin der Träume. Haschisch träumt ’ne Nummer kleiner, und das nennt man Inspiration. Das eine genügt sich selbst, das andere hilft beim Schreiben. Haschisch rauchen ist nicht unprofessionell. Aber auch nicht die Droge der Profis. Die heißt Kokain. DIE SCHLAMPE UND MARY JANE Wann immer ich höre, dass Cannabis eine Einstiegsdroge für Kokain sei, weiß ich nicht, ob es eine freche Lüge oder schlichte Inkompetenz ist, die da grad referiert. Nicht nur weil zwischen meinem ersten Joint und meinem ersten Näschen 30 Jahre liegen, sondern vor allem, weil die beiden Drogen miteinander verfeindet sind. Die Kokain-Katze und das Haschisch-Häschen. Oder auch die Schlampe und Mary Jane. Das ist einer der vielen Kosenamen für Marihuana, und Schlampe ist klar. Ihre Gegensätzlichkeiten: Mary Jane kann schweigen, die Schlampe nicht. Mary Jane kann zuhören, die Schlampe hört nur sich. Mary Jane kann geben, die Schlampe nur nehmen. Und was den Sex angeht: Mary Jane wirkt wie ein Aphrodisiakum, die Schlampe wie ein Narkotikum. Mary Jane ist sinnlich, die Schlampe kalt. Nicht nur im Bett, auch auf dem Parkett. Man erkennt sie sofort. Die Geile ist Mary Jane und die Gierige der Vampir. Ich saß in dem Berliner Lokal für Superprofis mit einem Galeristen und seinen Frauen zu Tisch. Erst redete er wie ein Wasserfall, und das durchaus genial, dann lud er mich auf eine Line in der Toilette ein. Ich hatte seit sieben Jahren kein Kokain mehr genommen und jetzt noch zu wenig getrunken, um auf das Leckomio-Level zu kommen. Deshalb sagte ich erst mal Nein. Und trank weiter. Nach seiner Rückkehr war ich so weit, und er schenkte mir, was übrig geblieben war. GESCHENKT IST GESCHENKT Die Toiletten des Lokals für Superprofis sind multifunktional für Notdurft, Sex und Drogenmissbrauch ideal. Trotzdem war außer mir grad niemand da. Ich machte es mir in einer der geräumigen Kabinen bequem und checkte den Restbestand des Galeristen. Es reichte für N°11 / 2023

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„ H A S C H I S C H I S T E I N E D R O G E M I T S O Z I A L E R KO M P E T E N Z .“

zwei Lines. Als ich eine davon reingezogen hatte, hörte ich die Tür zum Vorraum aufgehen. Der Galerist. Er rief nach mir. Ich antwortete nicht. Ich rührte mich nicht. Er wusch sich die Hände, rief weiter meinen Namen. Nicht laut, nicht lästig, er bemühte sich um einen beschwingten, fast singenden Tonfall, denn das Leben ist ja ein großer Spaß. Und ich blieb weiter mucksmäuschenstill. So ging es noch ein bisschen weiter. Er ging sogar vor den Kabinen auf und ab, und sein Rufen verlor an Musikalität. Als er aufgegeben hatte und wieder abgerauscht war, zog ich die zweite Line rein. Gier ist eine Todsünde. Egal ob an der Börse oder auf dem Klo. Und eine Droge nicht teilen zu wollen, noch dazu mit einem, der sie mir geschenkt hatte, ist asozial. Das Kokserhirn sieht das anders. Geschenkt ist geschenkt. Und ich bin nicht Mutter Teresa. Kiffer dagegen lieben es, ihren Joint mit einem Freund zu teilen oder einer befreundeten Person – und gern auch mit Fremden. Das ist Usus, das ist Ritus, das gehört sich so. „Don’t bogart that joint, my friend.“ Auch wenn es ihr letzter ist? Dann lieben sie es vielleicht nicht, aber sie teilen ihn trotzdem. Haschisch ist eine Droge mit sozialer Kompetenz. Kokain kann nur enthemmtes Ego. Das sind zwei verschiedene Welten. Wie kann die eine der Einstieg zur anderen sein? Nein, die Einstiegsdroge für Kokain ist Teufel Alkohol. Das passt fein. DER TEUFEL ALKOHOL Ich trinke eher selten. Ich kann wochenlang auf Alkohol verzichten, ohne dass mir der Verzicht auffällt, und das nennt man vergessen. Ich brauche keinen Alkohol, ich falle nur manchmal rein, wie halt die Feste fallen, zum Beispiel letzte Woche in meiner Nachbarschaftsdiskothek. Wir waren zu dritt unterwegs. Vorher hatten wir beim Mexikaner schon zur Enchilada jeder einen Caipirinha konsumiert, in der Disco kam Cuba Libre auf die Theke. Er schmeckte uns nicht. Es war zu viel Zitronensaft drin. Der Inder, der den Laden schmeißt, ist ein Freund von mir und stellte auf Kosten des Hauses drei Rum mit Cola limettenfrei dazu. Kaum hatten wir das verputzt, spielten Geschmacksfragen keine Rolle mehr, und wir schluckten auch das, was uns vorher nicht gemundet hatte. Der Besitzer der Diskothek, auch ein Freund, gesellte sich zu uns, um uns einen 28-jährigen Rum pur zu spendieren. So was schmeckt fabelhaft, löscht aber natürlich nicht den Durst. Die nächste Ladung Cuba Libre war deshalb schon im Anmarsch, darauf folgten noch ein, zwei oder möglicherweise auch drei, und wir taten das einzig Richtige und tanzten dabei. Und immer wenn ich auf ein Päuschen zurück zur Theke ging, trank ich halt, was da noch rumstand, egal ob es 156

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„ KO K A I N K A N N N U R E N T H E M M T E S E G O .“

mein Glas oder das der anderen war, es stand ja kein Name drauf. Am Ende brachten mich die beiden heim. Es handelt sich dabei nur um knapp 200 Meter, aber sie dachten, sicher ist sicher, und hakten sich bei mir ein. Erst vor der Haustür ließen sie mich los. Allein im Treppenhaus ging ich nicht mehr geradeaus. Es fiel mir auf, weil ich meinen Kopf an der Wand angeschlagen hatte, nur wenig, nichts Dolles, es tat auch null weh, aber es reichte, um den Ernst der Lage zu erkennen und die Mitte a) zu suchen und b) nicht mehr zu verlieren, bis ich vor meiner Wohnungstür stand. Anscheinend hatte das gut geklappt, denn das Aufschließen verlief fabelhaft. Anschließend saß ich noch rund zwei Stunden regungslos am Küchentisch und freute mich über den gelungenen Abend. In den Spiegel sah ich erst beim Zähneputzen am nächsten Tag. Eine Beule, so groß wie ein violettes Osterei, wuchs aus meiner linken Stirnseite heraus. Darunter sah mich ein fettes blaues Auge erschrocken an. „Alter, wie konnte das passieren?“ Und die Antwort ist: „Ich bin schon lange kein Kokser mehr. Darum.“ Hätte ich zum Rum auch Lines genommen, wäre ich heil ins Bett gekommen. Kokain neutralisiert Alkohol, macht ihn aber nicht wirkungslos. Er macht immer noch Spaß und schmeckt weiterhin gut, aber man lallt nicht, man schwankt nicht, man fällt nicht, man knallt nicht gegen Hauswände, egal wie viel man getrunken hat. Ich habe zwei Jahre in Havanna gelebt. Daher kenne ich das. Die Rum-Koks-Kombination gehörte zum Standardprogramm jeder Salsa-Party, weil man damit so gut tanzen kann. Man verliert nicht die Macht über seine Balance, im Gegenteil, man gewinnt an Macht über sie. Dasselbe gilt für die Reflexe und für die Reaktionsgeschwindigkeit, egal ob beim Autofahren oder am Pokertisch, man trinkt so viel, wie man bezahlen kann, und bleibt trotzdem cool. Das macht Alkohol und Koks zu Geschwisterdrogen. Sie kommen nie allein. Sie ergänzen sich perfekt. Für das Geschenk der Kontrollfähigkeit schenkt Teufel Alkohol dem Kokain-Vampir eine JOINT ADVENTURE Timmerberg kennt das gewisse Leutseligkeit. Haschisch und Koks schenken sich dagegen Helge Gute und das Böse im Cannabis, überhaupt nichts. Wie kann das eine dann der Einstieg für das dessen Höhenflüge und Abstürze, Kiffer-Paranoia und den andere sein? Ausstiegsdroge ist richtig. Kokser dämpfen mit die Krümel zu viel. Darüber verfasst Haschisch ihren Entzug ab, sie rauchen sich runter, sie schlafen mit er ein Buch – „Joint Adventure“ –, das er nicht nur die eigenen Haschisch endlich wieder ein. Einstiegsdroge bedeutet, dass man für Erfahrungen zu Rate zieht, bei einer Substanz Blut geleckt hat und bei einer härteren mehr von sondern auch seine Erlebnisse der lieben Mary Jane, die diesem Blut zu lecken hofft. Das kann Kokain dem Kiffer nicht bieten. mit anderswo tatsächlich nicht Heroin auch nicht. Nur die psychedelischen Drogen halten, was das mehr ist als eine freundliche mit der man gerne psychoaktive Cannabis verspricht. THC ist die Einstiegsdroge für Bekannte, den Abend verbringt. LSD und halluzinogene Pilze. Aber deren Wirkung ist viel zu stark, Helge Timmerberg, „Joint Adventure“, Piper, ca. 33.– um eine Gewohnheitsdroge aus ihnen zu machen. N°11 / 2023

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PORTFOLIO

POPOLOPO Fotos: Simon Lohmeyer

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Versteckspiel mal anders.

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Ein Foto im Foto.

Ob Fast-Fashion-Hoodie oder High-End-Kleid: Unter den ganzen Lagen sind wir alle gleich. Hier der nackte Körper, da die Emotionen. Neugier, Aufregung, Scham. Simon Lohmeyer fängt sie alle ein und verpasst den Nackedeis in seinen Fotografien zusätzlich diese humoristische Leichtigkeit, die uns extra lange hinsehen lässt. 160

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Wie gemalt – nur schöner.

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Ein bisschen Exhibitionismus hat noch nie geschadet.

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Wenn Humor zum politischen Statement wird.

SIMON LOHMEYER Gerade ist Simon Lohmeyer auf einer Mission: unterwegs, im Bulli, einmal quer über den Kontinent. Natürlich kann einer, der das Auge fürs gewisse Etwas hat, es dabei nicht lassen, beim Reisen auch auf den Auslöser zu drücken. Und so versorgt uns der Münchner auf seinem Instagram-Kanal @simonlohmeyer regelmäßig mit Schnappschüssen und Geschichten von unterwegs. Noch mehr von Simon gibt’s unter simonlohmeyer.com, seine Fotografien schnappst du dir unter simonlohmeyershop.com.

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Hola chiquita!

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FACES’ FAVOURITES

You really got me.

HEAD TURNER

So gut riechen, dass sich mehr Köpfe nach einem umdrehen, als wenn man nackt durch die Großstadt schlendern würde? Atkinsons macht’s möglich. Das britische Parfumhaus hat ein mächtiges Know How, wenn es um Duftwasser im Flakon geht, schließlich hat Atkinsons bereits über 200 Lenzen auf dem Buckel. Ab 1799 sorgte das Unternehmen nämlich dafür, dass die gesell166

schaftliche Crème de la Crème – darunter Napoleon und Sarah Bernhardt – gut roch; später wurde Atkinsons unter König Georg IV. sogar zum offiziellen Parfumlieferanten des englischen Hofs. Die Begeisterung über die britischen Kreationen sind ungebrochen. Nur die Entscheidung für den passenden Duft fällt merklich schwer, wobei uns Atkinsons da natürlich

tatkräftig unter die Arme greift: Auf der Webseite lassen sich die Düfte nach Intensität, Duftfamilie und Vibe sortieren. „Head turner“ oder „Romantic potion“? We are in! Du brauchst bei dieser Vielzahl an Düften dennoch Entscheidungshilfe? Nichts leichter als das, denn wir verlosen drei Discovery Sets von Atkinsons. Darin befinden sich zwölf Parfums zum

Aus- und Durchprobieren. Und da sie aufgrund ihrer kleinen Größe in jede Tasche passen, eignen sie sich auch optimal für unterwegs. Also, wenn dir heute mehr nach blumiger Romanze und morgen nach Verführung zumute ist, dann versuche dein Glück, und mach mit bei unserem Gewinnspiel auf faces.ch. Mehr über Atkinsons findest du unter atkinsons1799.com. N°11 / 2023


PROMOTION

BACK TO THE FUTURE Wir würden uns nicht wundern, wenn er plötzlich abheben und davon fliegen würde, der neue Toyota Prius. Denn er schaut nicht nur aus wie aus einem Science-FictionFilm, er verhält sich auch so. Okay, durch die Lüfte schweben kann er nicht. Trotzdem steckt jede Menge Zukunft in ihm. Was die fünfte Generation dieses Kultmobils so futuristisch macht? Zum Beispiel seine aerodynamische Gestaltung und die Rücklichtsignatur, die sich über die gesamte Breite zieht und dem Auto diesen schnittigen Look verleiht. Oho, denkt man sich aber auch, wenn man die MyT-App öffnet, mit der man ständig Kontakt zum Fahrzeug halten kann. Denn die löst so manche Probleme:

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Hitzewellen, die einem drohen, die Augenbrauen weg zu brennen, wenn man an einem heißen Sommertag ins Auto steigt? Ein Relikt der Vergangenheit. Mit der App kann man nämlich aus der Ferne bereits die Klimaanlage aktivieren. Umherirren, weil man das geparkte Auto nicht findet? Fehlanzeige, denn ab nun können wir den Wagen per Knopfdruck lokalisieren. Und für die Paranoiden unter uns: Mit der App kann man auch checken, ob man seinen neuen Prius auch wirklich abgeschlossen hat. Zum Glück, denn schließlich geht man bei so einem schicken Auto wie diesem lieber auf Nummer Sicher. Mehr über den neuen Toyota Prius erfährst du unter toyota.ch.

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PROMOTION

NEW ICON Dank Victorinox sind wir für alle Fälle gerüstet – und zwar nicht nur mit dessen Taschenmesser, sondern auch der neuen Uhr I.N.O.X. Chrono. Die messerscharfe gezeichnete Form und der Materialmix aus Stahl, Titan, Karbon oder Vollkarbon machen das Modell zum Hingucker am Handgelenk, der uns im Alltag in- und outdoor garantiert nicht im Stich lässt. Arianna Frésard, Head of Category Watches bei Victorinox, weiß um die Besonderheiten des Neuzugangs und beantwortet alle Fragen, die uns dazu unter den Nägeln brennen. FACES: Inwiefern zollt die neue I.N.O.X. Chrono dem VictorinoxTaschenmesser Tribut? Arianna Frésard: Das neue Uhrendesign spiegelt die ikonischen Eigenschaften des Schweizer Taschenmessers mit verschiedenen Designelementen wider: Die geometrische Form der Lünette etwa schaut so aus, als wäre sie mit dem Taschenmesser geschnitzt. Daneben sind es Details wie etwa das Gegengewicht des Sekundenzeigers in Taschenmesserform, der 168

am Gehäuse eingravierte Materialcode für Edelstahl (Inox) oder die gebürsteten Details am Gehäuse, die an die Scherenklingen des Taschenmessers erinnern sollen. Mit der neuen Uhrenkollektion wollen wir uns noch stärker auf unsere Wurzeln besinnen und die Victorinox-Werte Qualität, Innovation, Funktionalität und Design zum Ausdruck bringen. F: Was ist das Besondere an dieser Uhr? AF: Die I.N.O.X. Uhrenkollektion, die es bereits seit 2014 gibt, ist die ikonische VictorinoxUhr schlechthin mit ihrem unverwechselbar markanten Design. Sie ist langlebig, funktional und passt sich an jeden Stil an. Neu ist, dass wir zum ersten Mal eine Uhr aus dieser historischen Kollektion mit Chronograph bieten. Damit die Uhr nun leichter und angenehmer am Handgelenk sitzt, haben wir das Design überarbeitet und uns stärker auf eine optimale Ergonomie konzentriert. Neu haben die Uhren aus der Kollektion auch einen

antimagnetischen Schutz, sind in ihrer Stoßfähigkeit ISOzertifiziert und punkten mit einem eleganteren Design. F: Wie lässt sich die I.N.O.X. Chrono personalisieren? AF: Die werkzeugfreien austauschbaren Armbänder bieten unendlich viele Möglichkeiten, die Uhr zu stylen. So kann sie nicht nur dem eigenen Geschmack angepasst werden, sondern sorgt auch über lange Zeit für Freude. Uhren sind für uns eine Erweiterung des persönlichen Stils. Und da sich der persönliche Stil mit der Zeit weiterentwickelt, kann die Uhr immer wieder dementsprechend verändert werden. F: Wie viele Arbeitsschritte sind nötig, bis diese Uhr das Licht der Welt erblickt, und durch wie viele Hände geht sie dabei? AF: Der Weg von der Konzeption bis zur Lieferung einer Uhr ist in der Tat sehr komplex. Von der Idee bis zum fertigen Produkt durchläuft eine Uhr neun wesentliche Produk-

tionsschritte und erfordert eine nahtlose und präzise Zusammenarbeit von mindestens 15 verschiedenen Funktionen: vom Produktmanagement über die Lieferkette bis hin zur Planung, Produktion und Qualitätskontrolle. Um die Komplexität des Prozesses zu verdeutlichen, schauen wir uns das Uhrengehäuse der I.N.O.X. Chrono an, das wir selbst fertigen. Allein das Gehäuse durchläuft 44 Schritte, vom Rohmaterial bis zum fertigen Gehäuse. Dabei sind die zusätzlichen Komponenten wie Uhrwerk und Zeiger, die später hinzukommen, noch gar nicht berücksichtigt. Durch wie viele Hände eine Uhr also tatsächlich geht, darüber können wir nur spekulieren. Aber es sind sicherlich Hunderte. F: Inwiefern nutzt Victorinox seine Expertise in Sachen Metallen auch bei der Herstellung seiner Uhren? AF: Unsere Uhren entwerfen, entwickeln, fertigen, montieren und testen wir alle in unserem Watch Competence Center in Delémont.

Dieses Niveau der hauseigenen Uhrmacherei erfordert nicht nur Materialkenntnisse, sondern auch eine sehr spezifische technische Kompetenz. Stahl ist das meistverwendete Material in der Uhrenherstellung, und Victorinox verfügt als Entwickler und Hersteller des legendären Schweizer Taschenmessers über fast 140 Jahre Erfahrung in der Stahlverarbeitung. Neben den intern produzierten Edelstahlgehäusen und -komponenten fertigen wir nun auch Elemente aus Titan, einem für uns neuen und anspruchsvollen Material. Darüber hinaus beziehen wir Elemente aus dem Hightech-Material Karbon aus einem Nachbarort. Victorinox, „I.N.O.X. Chrono“, sieben Modelle, 695.– bis 1'095.– (victorinox.com)

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FACES Jahresabo 8 Ausgaben für CHF/€ 54.–


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14.10., SMILE SWISS INFLUENCER AWARD, „THE HALL“, DÜBENDORF

UNDER THE INFLUENCE Text: Adrienne Meyer Fotos: David Biedert „AstronautIn!“ und „PilotIn!“ ertönte es früher im Klassenzimmer, als die Lehrperson nach unserem Traumberuf fragte. Nun ist „InfluencerIn“ das Wort, das in aller Kids Munde ist. Tja, wir waren dort, wo die Hosenscheißer von heute hin wollen, nämlich am Smile Swiss Influencer Award 2023. Am 14. Oktober 2023 ging die Verleihung in die vierte Runde, dieses Jahr erstmals im „The Hall“ in Dübendorf. Dort versammelte sich an der diesjährigen Award Night das Who is Who der Schweizer InfluencerInnenSzene: 54 Creators durften sich in insgesamt neun Kategorien über eine Nominierung freuen, neun von ihnen verließen den Anlass mit einem Preis in der Hosentasche. Bevor jedoch an den Heimweg zu denken war, musste der Tanzfläche noch ein Besuch abgestattet werden. Schließlich wäre ein Event ohne Afterparty, naja, langweilig? Also klirrten die Eiswürfel im Glas im Takt der Musik, während unsere Daumen den Aufnahmeknopf gedrückt hielten – letztendlich produziert sich guter Content nicht von alleine.

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Highlight: Das strahlende Siegerlächeln der GewinnerInnen. Fazit: Party mit InfluencerInnen? Ein Selbstläufer. 170

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1 Naomi Lareine 2 Veronica Kiriak 3 Taulant Gashnjani aka T-Ronimo (Mitte) mit Flavio Leu (rechts) 4 Nicolas Huber aka Hubercop 5 Die schöne Unbekannte 6 Mimoza & Mutter 7 Alayah Pilgrim & Elijah Okafor 8 Noah Bachofen 9 Gregorio Ferdinando,

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Anastasia Casaluci, Reslie Mundwiler, Abseedee Brug 10 Marco Marques, Armin Cenanovic, Simon, Davide Magliocca, Joni, Esa, Nina Kälble, Veronica Kiriak & Elsie 11 Marina Summer & Begleitung 12 Brendan Carter & DJ Cruz 13 Ramona Amoruso & Franck Kurz

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11.10., SWAROVSKI X JEAN PAUL GAULTIER, FALLING | IN LOVE, FRIEDRICHSTADTPALAST BERLIN

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IN LOVE Text: Marina Warth Fotos: Lottermann & Fuentes Da blieb uns am 11. Oktober 2023 doch glatt die Spucke weg! Die≈Kostüme, die Gästeliste, der Rote Teppich… aber schön der Reihe nach. Auf der Bühne des FriedrichstadtPalastes Berlin gaben die Tänzerinnen und Tänzer in ihren Kreationen von Jean Paul Gaultier Vollgas, während wir im Publikum saßen und über so viel Spektakel beinahe den Kopf verloren. Die Show FALLING | IN LOVE feierte Premiere – und da waren wir natürlich nicht weit. Links die Crème de la Crème der deutschen Sternchen-Prominenz, rechts die Garde von Swarovski, die mit ihren Kristallen dafür sorgte, dass es nicht nur auf der Bühne funkelte, sondern auch an den Hälsen, Ohren und Fingern der Gäste.

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Highlights: Die kristall­ besetzten Kreationen von Swarovski. Fazit: Never lose your spark. 172

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1 Anton Cobb mit Begleitung 2 Enlil Isik 3 Jean Gritsfeldt, Vladimir Burlakov, Julian Daynov & Martin Samek 4 Jean Paul Gaultier & Christoph Storck, General Manager Swarovski DACH 5 Maureen Adim 6 Aminata Belli

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7 Natascha Ochsenknecht 8 Vladimir Burlakov & Martin Samek 9 August Wittgenstein & Mia Rohla 10 Lois Opoku 11 Luise Befort 12 Ana Kohler 13 William Abadie & Méghane de Croock 14 Jedward

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5.10, ERÖFFNUNGS­ FEIER CADILLAC CITY, BAHN­ HOFSTRASSE 75, ZÜRICH

ELECTRIFYING Text: Adrienne Meyer Fotos: Simon Rainer Mit heulendem Motor und quietschenden Reifen – leider haben wir noch kein Elektroauto – fuhren wir am 5. Oktober 2023 an der Bahnhofstrasse 75 in Zürich vor. Schließlich wollten wir nicht zu spät zur Eröffnung der Pforten der Cadillac City kommen. Der zweistöckige Neuling an der prestigeträchtigen Einkaufsstraße ist Cadillacs erstem ElektroSUV, dem Lyriq, gewidmet und dient als Erlebniszentrum, in dem wir das neue Gefährt entdecken und gestalten können. Erleben war auch an der Eröffnungsparty angesagt. So zeichnete Designerin Yael Anders ihre Kunst auf den Lyriq, während hinter der Bar Shaker durch die Lüfte flogen. Doch nicht nur die süßen Verführungen im Glas heizten ein, auch Mischpult-Maestro DJ Rampa sorgte für mächtig Stimmung. Gut, bietet der neue Showroom mit seinen 600 Quadratmetern genügend Platz. So konnten wir – umgeben von schicken Autos – unser Tanztalent unter Beweis stellen und uns dabei fühlen wie an einer Fete aus „Fast & Furious“.

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Highlight: Stimmungskanone DJ Rampa. Fazit: Schnelle Autos und wilde Partynächte? Keine empfehlenswerte Kombination – außer an der Eröffnungsparty der Cadillac City. 174

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1 Marina Summer mit Elif Gedik und Clique 2 Morgan Mesple 3 Joel Kiassumbua & Kevin Nzita 4 Zoe Pastelle 5 Rampa Keinemusik 6 Yasnay Broomfield

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7 Cadillac LYRIQ 8 Vivienne Oesch 9 Stefan Kunic mit Begleitung 10 Yael Anders 11 Patric Haziri 12 Jaclyn McQuaid, President & Managing Director GM Europe 13 Lukas Fahringer

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12.10., ELITE MODEL LOOK SWITZERLAND 2023, SWISSCOM TOWER, ZÜRICH

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RUNWAY RECAP Text: Marina Warth Fotos: Bryan Schaffner, Maximilian von Baussnern Auf den Laufsteg und hinein ins Blitzlicht­ gewitter: Worauf die Coaches des Elite Model Look Switzerland Contests ihre BewerberInnen wochenlang vorbereiteten, konnten die Nachwuchs­ Models am großen Finale am 12. Oktober 2023 in Zürich endlich hautnah erleben. Hoch über Zürich zeigten die jungen Frauen und Männer im Swisscom Tower einen Abend lang ihr Können und präsentierten dazu die neuesten Mode­Trends. Die Models, die Choreo­ graphie, die orientalischen Häppchen und frischen Säfte: Für die Gäste gab’s viel zu sehen. Dann wurde es ernst, und Option­Model­Mama Ursula Knecht kürte die GewinnerInnen, die ihr Glück kaum fassen konnten. Watch out world, new models hit the runway!

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Highlights: Die Choreo­ graphie, zusammen­ gestellt von EML-Guru Grazia Covre. Fazit: What a show! 176

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1 Ursula Knecht, Option Model Agency 2 Diogo Pedro 3 Omar El Dada, Alexandra Maurer & Anabel Barnekow 4 Anabel Barnekow 5 Werner & Iluska Kim 6 Kai Brinker

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7 Ursula Knecht & Omar El Dada 8 Manuela Frey & Anna Nevina 9 Eleonor Weingartner 10 Laura Reda 11 Ana Stevanovic 12 Anabel Barnekow, Marco Durrer & Alix Suter 13 Alix Suter

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WTF

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Eine Studie der William Paterson University in New Jersey hat die 41 gesündesten Lebensmittel auf ihre Nähr­ stoffdichte untersucht. Die Gewinnerin der Champions League der Superfoods übertrifft mit einer Gesamtpunktzahl von 100 sowohl Chicorée, Rote Beete, Chinakohl, Mangold als auch Spinat. Hundert Gramm decken bereits zwei Drittel des täglichen Vitamin­C-Bedarfs – mehr als Orangen oder Zitronen liefern könnten. Sie wirkt entgiftend, blutreinigend und hustenlösend, lindert Atem­ wegserkrankungen und enthält Senf­Öle, Jod, Vitamin A, Eisen, Kalzium, Kalium, Magnesium sowie Antioxidantien.

Die Rede ist von der Brunnenkresse (oder Wasserkresse – nicht zu verwechseln mit der Gartenkresse). Es wird zwar eine große Menge benötigt, um den Tagesbedarf zu decken, aber Brunnenkresse ist vielseitig einsetzbar (in Salaten, Dips, Smoothies oder als Topping) und überall leicht erhältlich. Das gesündeste Lebensmittel der Welt kann zudem selbst angebaut werden (in Gefäßen mit einem Wasserstand von etwa zwölf Zentimetern, bei Temperaturen zwischen zehn und zwölf Grad) und wächst problemlos in Gärten, auf Balkonen oder Terrassen.

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