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Interview FRIDA CORN Fechtmeisterin
NACH DER MEISTERSCHAFT
VON BIRGIT WITTSTOCK
Frida Corn, als sie sich im März erneut zur österreichischen Juniorenstaatsmeisterin ficht
Pokale zum Saufüttern: Fridas Trophäensammlung und zukunftsweisende Heizkörpernachnutzung
Frida Corn, 17, österreichische Juniorenstaatsmeisterin im Säbelfechten. 2028 will sie zu den Olympischen Spielen – mit exzessivem Stechen und Hauen
Mit acht hat sie zu fechten begonnen. Einer ihrer Freunde focht, und sie fand es cool. Mit 17 dreht sich Frida Corns Leben fast ausschließlich ums Fechten. Ihre Freund*innen erleben Exzesse in durchfeierten Nächten, Fridas Rausch ist der Sieg. Den gibt sie sich fast so häufig wie andere sich die Kante: Im Wohnzimmer der österreichischen Juniorenstaatsmeisterin (U20) verstellen Pokale bereits einen ganzen Heizkörper. Warum tanzt eine junge Frau lieber mit dem Säbel in der Hand zu „En garde! Prêts? Allez!“ als zu Bässen im Club?
Frida, im März hast du zum zweiten Mal die österreichische Juniorenstaatsmeisterschaft gewonnen. Exzessive Siegesparty? FRIDA CORN: Na. Partymachen ist nicht meins. Ich bin megaglücklich, wenn ich gewinne. Aber ich muss mich fast schon selbst zwicken, damit ich’s in dem Moment auch check’. Ein richtiges Siegesritual habe ich nicht – obwohl, doch: Ich gehe danach zu McDonald’s. Das ist eine Tradition bei uns im Verein: Nach den Meisterschaften ungesund essen gehen. Ich bin leider eine große Chicken-McNuggetsEsserin – echt nicht gut. Die armen Hühner! Aber grundsätzlich ist mein Exzess der Sport. Und der Sieg hat immer etwas Rauschartiges.
Den du dir ziemlich regelmäßig gibst … CORN: Fechten macht mir viel Spaß. Der beste Moment ist, wenn man auf dem Podest steht und einen Pokal in der Hand hält. Das beste Gefühl überhaupt! Es gibt nichts, womit man es vergleichen kann.
Wann ist Fechten exzessiv geworden? CORN: Als ich meinen ersten Pokal in der Hand hatte, so mit zwölf, 13.
Du musst auf vieles verzichten. Hast du das Gefühl, etwas zu verpassen? CORN: Es gibt auch Sportler, die feiern gehen. Ich halt nicht. Das alles zu verpassen, finde ich schon schade, ich bin aber eben keine Partyqueen. Manchmal feiere ich eh auch. So einmal in drei Monaten. Das reicht.
Wie oft trainierst du? CORN: Neun- bis elfmal in der Woche, jeden Tag eine Stunde in der Früh und dann am Nachmittag zweieinhalb
Adrenalinjunkie
Von Exzessen hält Frida Corn, 17, anders als so viele Gleichaltrige, wenig bis eigentlich gar nichts: Saufen, Kiffen, Party – all das reiße ihr nichts raus. Ihre exzessive Seite bedient die österreichische Juniorenstaatsmeisterin im Säbelfechten anders: mit Disziplin, Schweiß und Trainieren bis kurz vorm Umfallen. Und wenn es besonders gut gelaufen ist, dann gibt’s eine große Portion Chicken-McNuggets. Allerdings mit schlechtem Gewissen. Aber auch das gehört zu Exzessen irgendwie dazu.
UNGESUND ESSEN
bis drei Stunden. Also ungefähr zwanzig Stunden pro Woche – weniger als viele andere Leistungssportler*innen.
Klingt aber schon nach einem ziemlich exzessiven Trainingsplan … CORN: Ich muss immer noch lernen, an meine Grenzen zu gehen. Aber es wird besser. Als ich gestern den Wilhelminenberg hinaufgerannt bin, habe ich gespürt, dass ich umfalle, wenn ich keine Pause mache. Dazu muss man sich halt zwingen, immer einen Schritt weitergehen – und das fühlt sich extrem gut an. Natürlich nicht währenddessen, da ist es einfach nur die Hölle. Aber danach. Da fühle ich mich dann ganz leicht und weiß, ich habe etwas geschafft. Beim nächsten Mal kann ich noch weiter laufen, noch mehr Gewichte stemmen, noch mehr Liegestützen machen. Das ist dann ein richtiger Reward.
Jeder Exzess hat seinen Preis: Beim Leistungssport gilt es, mit dem Verlieren umzugehen. Wie geht’s dir damit? CORN: Nicht gut. Wenn ich verliere, analysiere ich mit meinen Trainern ganz genau, was passiert ist, um dann die richtigen Abläufe wiederholen zu können. Man automatisiert ja Bewegungsabläufe erst nach zehntausend Wiederholungen, heißt es. Und automatisierte Bewegungsabläufe sind ein großer Teil des Fechtens. Zwar kommt es auch viel auf Strategie an, aber man muss athletisch sein, um extrem schnell agieren zu können. Fechten ist wie eine Kombination aus Schach und Formel 1: strategisch und schnell. Zwanzig Prozent scheiden schon in der Vorrunde aus – wie ich vor Kurzem bei der U17-Weltmeisterschaft in Dubai. Alle hatten erwartet, dass ich weiterkomme. Jedenfalls – nach der Vorrunde kommt man in die direkte Ausscheidung und schickt im besten Fall dann alle anderen nach Hause. Das ist der reine Exzess, ein totaler Adrenalinrausch!
Wovon träumst du? CORN: Von den Olympischen Spielen 2028 oder 2032. Schon die Teilnahme wäre für eine österreichische Säbelfechterin super, aber das Ziel ist natürlich, zu gewinnen. Wenn man schon dabei ist, kann man doch gleich gewinnen. Träumen darf man ja.
Hast du eine Hymne oder eine Turnier-Playlist? CORN: Hymne habe ich keine, aber ich höre bei Turnieren immer davor und zwischen den Gefechten Musik. Davor Sachen, die mich aufwecken und pushen, Michael Jackson oder AC/DC zum Beispiel. Dazwischen Ruhigeres wie Melanie Martinez oder Olivia Rodrigo. Ich bin ein großer ABBA-Fan. Die Texte konnte ich schon im Kindergarten auswendig, als ich noch nicht einmal richtig sprechen konnte. ABBA ist der Soundtrack meines Erfolges: „The Winner Takes It All.“
Hier, im eigenen Keller, trainiert Frida täglich mehrere Stunden. Alleine und mit Trainer
Beim Fechten müssen die ein- studierten Bewegungsabläufe sitzen und es braucht Kraft und Schnelligkeit