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Eine kurze Geschichte

über das Töten

Mathias Enard erzählt seinen frühen Roman „Der perfekte Schuss“ aus der Perspektive eines Snipers discher Investoren. In dieses Panorama fügt sich eine Figur ein, die man als Stellvertreterin der Autorin lesen könnte: Destiny, eine junge Ziege, kehrt aus dem Exil zurück und erforscht die mörderische Gewalt, die die als Hunde vorgestellten Schergen des Regimes ihrer Familie angetan haben.

Erzählt werden diese Traumata in einer vibrierenden, aufrührerischen Form, die vor dem Elend, der Wut und den Lebenslügen einer Gesellscha nicht kapituliert. „Glory“ entwickelt einen fiebrigen, überschäumenden Sound, in dem Kühe twerken, Gerüchte trenden und Tote nicht tot sind. Durchwirkt wird dieser wilde Mix von eingeschobenen politischen Meinungsgefechten aus den sozialen Netzwerken. Dazu gesellen sich teils ins Absurde lappende Aufzählungen oder seitenlange Wiederholungen hervorgehobener Satzteile, die zumeist etwas ziemlich Üblem Nachdruck verleihen.

Einmal ist auch von einem ausländischen Video die Rede. Fast eine ganze Seite lang wird daraus, stellvertretend für alle Jidadas dieser Welt, ein Satz zitiert: „I can’t breathe“.

THOMAS EDLINGER des geduldigen Zielens, der lautlose Tod des anvisierten Objekts. Die brutale Perversität des Erzählers macht beim Lesen zunächst wenig Freude, durch die konsequent eingehaltene Ich-Perspektive besteht die Versuchung, den Autor dafür verantwortlich zu machen. Und bei der bloßen Inhaltsangabe könnte leicht der Verdacht entstehen, man hielte ein Landser-He in der Hand, das Hardcore-Gelüste für Sex and Crime bedient.

Mit zwei gewichtigen und virtuosen Werken hat Mathias Enard, Jahrgang 1972, in den letzten Jahren Publikum und Kritik überzeugt. Für den verspielten Gelehrtenroman „Kompass“ erhielt er 2015 den Prix Goncourt. Bereits 2008 hatte er in dem mindestens so beeindruckenden, interpunktionslosen Erzählfluss „Zone“ den Mittelmeerraum als eine „ausgeweitete Kampfzone“ dargestellt. Der nun in deutscher Übersetzung, im französischen Original bereits 2003 erschienene Text „Der perfekte Schuss“ kann als Präludium zu dieser breiten Kriegsschilderung verstanden werden.

Der Scharfschütze, der als Protagonist und Ich-Erzähler im Zentrum des Geschehens steht, könnte eine Figur aus den Balkankriegen sein. Die Biografie des Autors legt allerdings nahe, ihn im Libanon zu verorten: Enard hat jahrelang im Nahen Osten, und da vor allem in Damaskus und Beirut gelebt. Erzählt wird also aus der Innensicht eines Snipers; eines verkommenen Individuums, geformt durch eine von Gewalt und den Wahnsinn der Mutter bestimmte Kindheit.

Nach vollbrachter Lektüre scheint die Veröffentlichung dieses Prosaerstlings allerdings als gerechtfertigt: eben als „Vorschau auf die „Zone“, aber auch im Hinblick auf die ihm eigene literarisch Qualität. Der Text beweist Enards Gefühl für Struktur und Rhythmus, das sich auch der Beschä igung mit Lyrik verdankt, gleich mit dem ersten Satz: „Das Wichtigste ist der Atem. Das ruhige und langsame Ein- und Ausatmen, die Geduld des Atems.“ Es lohnt sich also genauer hinzusehen, auch, weil es Sabine Müller gelingt, in ihrer Übersetzung das pneumatische Pulsieren des Originals nachfühlbar zu machen.

Noviolet Bulawayo: Glory. Roman. Aus dem Englischen von Jan Schönherr. Suhrkamp, 460 S., € 25,70

Die desaströse familiäre Situation ist eingebettet in die hysterische Atmosphäre eines chaotischen Mehrfrontenkampfes. Kurz scheint ein 15-jähriges Mädchen menschliche Regungen zu wecken. Doch auch in dieser Situation obsiegt die Gewalt. Die einzige Ordnung, die der Protagonist kennt, ist die (militärische) Unterordnung, seine einzige Freude die „Vollkommenheit des Schusses“ –der kontemplative Akt des Anlegens,

Ich würde so weit gehen zu behaupten, dass Ich wünschte der bewegendste Liebesroman ist, den ich je gelesen habe. Selten hat mich ein Stück Prosa so durchstrahlt, so erschüttert und beglückt.

– Clemes J. Setz –

Cooper ist ein brillianter, außergewöhnlicher und provokanter Autor sowie ein äußerst origineller, eleganter Stilist, dessen Prosa klug und kühn ist. Er ist vielleicht auch der letzte literarische Outlaw in der amerikanischen Mainstream-Literatur.

– Bret Easton Ellis –

THOMAS LEITNER

Mathias Enard: Der perfekte Schuss. Roman. Aus dem Französischen von Sabine Müller. Hanser Berlin, 192 S., € 24,70

Aus dem amerikanischen Englisch von Raimund Varga Roman, Hardcover, 144 Seiten ISBN 978-3-903422-21-6

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