INFO 03/13

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ZEICHEN DER HOFFNUNG Liebe Leserin, lieber Leser

Nr. 3 | 2013

Wie viel Blut steckt in unseren Computern? Rohstoffe für Elektronikgeräte stammen oft aus Krisengebieten. Wann gibt es ein faires Handy? Seite 2 Keine Spekulation mit Nahrung Eine Onlineaktion soll Banken dazu bringen, keine Spekulation mit Nahrungsmitteln zu betreiben. Seite 7 Drei Fragen an Bischof Felix Gmür Der neue Präsident des Fastenopfer-Stiftungsrats über seine Ziele und sein «gutes Gefühl». Seite 7

Ausbeutung ist bei der Herstellung von Computern und Elektronikartikeln noch immer die Regel. Handel und Konsum sind nicht immer zum Vorteil der Menschen. Dies zeigt sich auch bei der Nahrungsmittelspekulation. Lamentieren alleine verändert nichts. Es gilt Probleme wahrzunehmen, zu analysieren und nach Lösungen zu suchen. Diese Aufgaben nimmt Fastenopfer gerne wahr. Doch: Sehen ist der erste Schritt, handeln der zweite! Wir berichten in diesem Info wiederum von Menschen, die sich mit unserer Unterstützung aufmachen, ihre eigene Situation zu verbessern. Besonders das InfoPlus zu Senegal gibt Anlass zur Hoffnung. Fastenopfer lädt Sie ein, Ihren Beitrag hier in der Schweiz zu leisten: Kaufen Sie Produkte aus Ihrer Region oder aus dem fairen Handel. Oder fragen Sie beim nächsten Kauf eines Computers oder Handys, ob die Arbeiterinnen und Arbeiter einen anständigen Lohn erhielten. Es braucht uns kritische Konsumentinnen und Konsumenten. Nur so werden die Herstellerfirmen allmählich den Forderungen nach gerechtem Handel nachkommen. Auch das ist Entwicklungszusammenarbeit! Einen weiteren Beitrag leisten Sie mit einer Spende. Die Arbeit des Fastenopfers ist nur mit Ihrer Unterstützung möglich. Herzlichen Dank!

Antonio Hautle, Direktor Fastenopfer


Südsicht

BLUT IN UNSEREN COMPUTERN? Wie viel Blut steckt in unseren Computern? Seit Jahren prangert Fastenopfer die Missstände bei der Produktion von Computern an. Nun setzt das Hilfswerk mit einer Konferenz das Augenmerk auf den Bereich der Rohstoffgewinnung.

Die Bodenschätze im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK) wecken Begehrlichkeiten bewaffneter Gruppen, die mit ihnen ihre Aktivitäten finanzieren. Es gab mehrere Anläufe, um den Abbau von Rohstoffen aus Konfliktregionen zu bekämpfen, wie der Dodd-Frank Act in den USA. Dieses Gesetz hat die Aufmerksamkeit von Regierungen auf die Sorgfaltspflicht multinationaler Konzerne gelenkt, keine illegalen Rohstoffe zu verwenden. Dies bedeutet, dass diese Informationen über die Respektierung der Menschenrechte für die gesamte Herstellungskette benötigen. Die Anwendung dieses Gesetzes aber verhängte ein De-factoEmbargo über Kongos Osten mit verheerenden sozioökonomischen Auswirkungen für Tausende von Menschen, die in dieser Region vom Bergbau leben. Einige Initiativen in der DRK setzen auf die Rückverfolgbarkeit. In Nyabibwe kennzeichnet ein Projekt das gewonnene Material von der Grube weg: Die Minenbetreiber können so die Produktion kontrollieren und die erforderlichen Abgaben einfordern; Händler erhalten eine garantierte Rückverfolgbarkeit und können die Mineralien guten Gewissens exportieren. Dieses Beispiel muss Schule machen. Dafür braucht es den politischen Willen und den Einsatz der Unternehmen. Der Bergbau kann eine wichtige Rolle bei der Armutsbekämpfung spielen. Gabriel Kamundala, Centre d’Expertise en Gestion Minière, Bukavu, DR Kongo

Die Nachfrage nach Laptops, Smartphones und Flachbildschirmen steigt weltweit. Dazu braucht es Rohstoffe, die oft in Krisengebieten gewonnen werden. Dort herrschen Gewalt, Tod und Menschenrechtsverletzungen. Zu oft bringt die Gewinnung von Rohstoffen Vertreibung von Menschen, Umweltverschmutzung und ausbeuterische Arbeitsbedingungen mit sich. Verantwortung muss auch die Elektrobranche übernehmen: Sie muss sicherstellen, dass an den verwendeten Mineralien kein Blut klebt.

ofen für die gesamte Lieferkette gilt. Andere sind Partnerschaften mit Bergarbeitergenossenschaften in der DR Kongo eingegangen, um einen sauberen Exportkanal zu schaffen. Noch mehr solcher Initiativen wünscht sich Gabriel Kamundala, einer der Redner an der von Fastenopfer mitorganisierten Konferenz. Für eine saubere Lieferkette! Auch wenn diese Initiativen kleine Schritte sind, so gehen sie in die richtige Richtung. Sie zeigen auch, dass der Druck der Konsumentinnen und Konsumenten sowie verbindliche Gesetze Veränderungen bewirken.

Mit der Kampagne «High Tech – No Rights?» setzen sich Fastenopfer und Brot für alle für Elektronikgeräte ein, die unter gerechten Bedingungen und ohne Menschenrechtsverletzungen hergestellt werden. Doch wie können die Elektronikunternehmen dazu gebracht werden, mehr Verantwortung zu übernehmen? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Computer und Handys aus fairer Produktion Realität werden? Was können wir als Verbraucherinnen und Verbraucher tun? Diese und andere Fragen werden Fachleute an einer von Fastenopfer und Brot für alle organisierten Konferenz am 24. Oktober in Bern diskutieren. Johanna Monney, Kommunikation Programm und Anmeldung: fastenopfer.ch/computer

Ermutigende Initiativen Gemäss den Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte des Uno-Menschenrechtsrats müssen Unternehmen, unabhängig von ihrer Grösse und Herkunft, die Rechte der lokalen Bevölkerung weltweit respektieren. Und dies gilt nicht nur für das Unternehmen, sondern auch deren Tochtergesellschaften, Zwischenhändler und Lieferanten. Einige Elektronikunternehmen bemühen sich, die Transparenz und die Achtung der Menschenrechte in ihrer Lieferkette zu erhöhen. Sie haben konkrete Initiativen umgesetzt. Durch die Global e-Sustainability Initiative zum Beispiel haben einige Marken an der Entwicklung eines Zertifizierungsprogramms zusammengearbeitet, die vom SchmelzDie Zahl:

6 000 000 000 Über sechs Milliarden Handys gibt es gemäss Schätzung der Internationalen Fernmeldeunion auf der Welt. Viele von ihnen enthalten Coltan aus dem Krisengebiet im Osten der DR Kongo.

Rohstoffe für Computer werden oft unter Verletzung von Menschenrechten gewonnen. Dies muss nicht sein, wie eine Konferenz zeigt.

fastenopfer info 3|2013


SENEGAL Der ungebremste Fischfang durch ausländische Fischflotten und die Folgen des Klimawandels bedrohen die Lebensgrundlagen der Bewohnerinnen und Bewohner des senegalesischen Dorfs Niodior. Auf der Suche nach einem besseren Leben emigrieren junge Menschen, und viele Familien sind gezwungen, Schulden zu machen, um trotz knapper werdender Nahrungsmittel noch ausreichend zu essen zu haben. Dank Fenagie, einer Partnerorganisation des Fastenopfers, schöpfen die Fischerfamilien wieder Hoffnung: Mit Solidaritätskürbissen bauen sie das Fundament für eine bessere Zukunft.


UNTERWEGS ZUR ERFÜLLUNG DES TRAUMS VOM BESSEREN LEBEN Februar 2011. Der Campus der Universität Cheikh-Anta-Diop in Dakar ist von hektischem Treiben erfüllt: In diesen Tagen beherbergt er das Weltsozialforum. Das Treffen sozialer Bewegungen aus der ganzen Welt bringt Zehntausende Menschen in Senegals Hauptstadt: Die Mehrheit von ihnen Frauen, junge Menschen und Menschen aus Afrika. Gemeinsam wollen sie an einer anderen Welt bauen. Im Dorf Niodior hingegen dominiert die Realität der Gegenwart: Männer und Frauen warten mit Würde auf die Rückführung der Leiche eines Jugendlichen aus ihrem Dorf. Er war beim Versuch, nach Barcelona zu gelangen, ums Leben gekom-

men. Seine sterblichen Überreste kommen auf einem bunten Einbaum an, ähnlich jenem, auf dem er seine Reise begann, um sich seinen Traum von einem besseren Leben zu erfüllen. Die ganze Gemeinde wartet. Vor allem seine Mutter. Sie unterscheidet sich von den anderen Frauen durch den schwarzen Schleier, der ihren Kopf und Oberkörper bedeckt. Niodior liegt in der breiten Mündung des Saloum, etwa 100 Kilometer südlich der Hauptstadt, neben der Insel Sangomar. Sangomar besteht aus einer schmalen Sandbank von rund zwanzig Kilometern Länge. Sie erstreckt sich über den gesamten Horizont und bändigt Wind und Wellen.


Keine Arbeit, die ein sicheres Leben ermöglicht: Eine Gruppe Frauen sucht den Meeresboden mit Stöcken nach Muscheln ab (linke Seite). Die Netze füllen sich nicht mehr: Fischer mit ihren Einbäumen vor Niodior (oben links). Sehr begehrt und sogar bis nach Gambia transportiert: Die Meeresfrüchte werden für die Weiterverarbeitung vorbereitet (oben rechts). Jede Frau leistet einen ihren Möglichkeiten entsprechenden Beitrag: Einlage in die Kürbisschale der Spargruppe (nächste Seite links). Medikament, Hirse oder Schuluniform: Die Mitglieder einer Spargruppe diskutieren über die Vergabe eines Kredits (nächste Seite rechts).

Das Meer war schon immer die wichtigste Lebensgrundlage der Menschen vom Volk der Niominka in der Saloum-Mündung. «Niominka zu sein, bedeutet auf dem Meer zu arbeiten. Die Männer gehen fischen und die Frauen sammeln Muscheln», singen denn auch die Frauen, wenn sie bei Ebbe zur Lagune gehen. Bevor sie sich auf den Weg machen, ziehen sie sich alte Kleider an. Ihre schönen Kleider sind in einem Paket gewickelt, das sie auf ihren Schultern tragen. Die nächsten Stunden verbringen sie bis zur Hüfte im Wasser stehend auf der Suche nach Austern zwischen den Mangroven oder nach Muscheln am Boden der Lagune. Gebückt tasten sie von Hand den Sand ab oder suchen mit Stöcken den Boden des Wassers ab. Mit Sieben, die sie selber aus alten Kanistern hergestellt haben, entfernen sie den Sand und schütten dann die Schalenfrüchte in Plastikwannen, die sie an Schnüren hinter sich durchs Wasser ziehen. Am selben Abend werden die geernteten Meeresfrüchte verarbeitet: Durch die Hitze des Feuers öffnen sich die Muscheln, die Weichtiere können herausgenommen und unter freiem Himmel getrocknet werden. Danach können diese über Monate aufbewahrt werden. Die Meeresfrüchte sind sehr begehrt und werden ins Landesinnere, nach Dakar und sogar nach Gambia transportiert. Sie dienen der Zubereitung von schmackhaften Saucen als Beilage zum Couscous verwendet. Ein Meer, das nicht mehr nährt In den letzten Jahren füllen sich die Netze der Fischer von Niodior nicht mehr: Der Ozean wurde durch internationale Hochseeschiffe geplündert. Der frühere Präsident Wade hatte 29 russischen Fischkuttern die Erlaubnis erteilt, kleine Fische zu fangen: illegal und nicht regulierbar. Auch die beiden weiteren Lebensgrundlagen für die Region sind bedroht: das fruchtbare Land und Frischwasser, das einst den Familien erlaubte, Reis anzubauen. 1987 aber bildete sich am Küstenvorsprung eine Lücke und verwandelte Sango-

mar in eine Insel. Seither schiebt die Flut ständig mehr Salzwasser aus dem Ozean den Fluss hoch und tiefer ins Land hinein. Zudem führt der Fluss Saloum immer weniger Wasser, bis er Niodior erreicht. Auch die saisonalen Regenfälle sind inzwischen noch spärlicher geworden. Die Folge: Der Reis wächst kaum noch und auch die Hirseernten werden kleiner. Wenn der Getreidevorrat der Bauernfamilien zur Neige geht, beginnt die Soudure: die Zeit des Jahres, in denen die Vorräte aufgebraucht sind, die neue Ernte noch nicht eingebracht ist und die Menschen kaum noch etwas zu essen haben. Um in diesen Wochen und Monaten weiterhin denn traditionellen Couscous essen zu können, müssen die Familien die Hirse auf dem Getreidemarkt kaufen. Die einzigen, die in dieser Zeit glücklich sind, sind die Geldverleiher, die Kredite an die Kleinbauernfamilien erteilen. Sie verlangen Wucherzinsen und führen viele Familien in den Teufelskreis der Verschuldung. Gemeinsam an der Zukunft bauen In Niodior ist es nicht möglich, eine Arbeit zu haben, die ein sicheres Leben ermöglicht. Das weiss auch Moustapha Bakhoum. Moustapha ist jung. Er beherrscht die lokale Sprache Serer, Arabisch und ein wenig Englisch, jedoch hat er in der Schule kaum Französisch gelernt. Er will nichts wie weg von hier: Er will zu seinem Bruder, der in einer Autowerkstatt in Marseille arbeitet. Moustaphas Mutter aber denkt nicht daran, wegzuziehen. Sie wird sich einsetzen, bis hier in Niodior eine Zukunft möglich ist. Sie hat das Präsidium der Frauengruppe, die seit ein paar Monaten von Fenagie (Nationaler Zusammenschluss wirtschaftlicher Interessengruppen auf dem Gebiet der Fischerei), einer Partnerorganisation des Fastenopfers in Senegal, unterstützt wird. Soeben haben sie gemeinsam eine Situationsanalyse der wiederkehrenden Soudure und der Verschuldung von 40 Familien in Niodior abgeschlossen. Die Frauen haben sich auf einer Matte im Schatten eines imposanten Mangobaums niedergelassen.


Die Geschichte geht weiter Sommer 2013: In Niodior keimen die Samen der Ideen, welche die Menschen zusammen mit Fenagie gepflanzt haben. Die Solidaritätskasse ist eine gelebte Realität. Mit Hilfe der FastenopferPartnerorganisation haben sich 20 Familien in einer Gruppe zusammengeschlossen und gelernt, Einlagen zu machen und sich gegenseitig Kredit zu erteilen. Die Frauen spielen dabei eine entscheidende Rolle. Jede Woche treffen sie sich im Schatten eines Mangobaums: Jede Frau legt bei ihrer Ankunft ihren Wochenbeitrag in eine Kürbisschale, bevor sie sich im Kreis zu den anderen hinsetzt. Ein Stofftuch über der Kürbisschale stellt die nötige Diskretion sicher: Jede Frau leistet einen ihren Möglichkeiten entsprechenden Beitrag in die gemeinsame Kasse. Sobald die Gruppe vollzählig ist, schauen die Frauen nach, was die Sammlung eingebracht hat. Die Kassiererin hält in ihrem Notizheft den Betrag fest. Dann lädt die Vorsitzende jedes Mitglied ein, seine Bedürfnisse vorzubringen, sei es der Kauf eines Medikaments, von Hirse oder einer Schuluniform für das Kind. Gemeinsam entscheiden die Mitglieder über die Vergabe der zinslosen Kredite und definieren die Bedingungen der

Rückzahlung. Die Entscheidungen werden sorgsam im Heft notiert. Awa Djigal ist immer präsent, aktiver denn je. Mal besucht sie die Gruppen in Niodior und den anderen Dörfern; dann wieder ist sie im Umweltministerium anzutreffen, das sie zur Beraterin für Fischerei ernannt hat. Auch dort setzt sie sich für die Interessen der Menschen ein, die vom Fischfang an der Küste leben. Persönlichkeiten wie Awa Djigal, die sich überall wie «ein Fisch im Wasser» fühlen, sind sehr wertvoll. In Senegal ist die Fischerei ein bedeutender Sektor: Sie schafft Arbeitsplätze für 600 000 Menschen, viele von ihnen Frauen, die Witwen sind oder Mütter, die zum Familienoberhaupt wurden, nachdem ihre Männer nach Europa ausgewandert sind. Die Zusammenarbeit von Djigal und Niodior kann einen bedeutenden Erfolg vorweisen: «Durch die Lobbyarbeit von Fenagie und anderen Organisationen hat die neu gewählte Regierung Senegals der organisierten Plünderung des Meeres ein Ende gesetzt: Die illegale Erlaubnis wurde im März 2012 aufgelöst», freut sich Djigal. Die Hoffnung breitet sich aus Erste Ergebnisse dieser beiden Jahre des Projekts: Die Mitglieder der Solidaritätskasse vermochten alle Schulden bei den Wucherern zu begleichen. Am wichtigsten aber ist, dass sie in dieser Zeit keine neuen Kredite aufnehmen mussten. Fenagie war auch in der Lage, den Aktionsradius zu erweitern: «Ursprünglich wollten wir vier Solidaritätskassen gründen helfen. Aber die Bedürfnisse der Menschen und ihre Begeisterung sind derart gross, dass wir spontan sieben weitere eingerichtet haben», erklärt Awa Djigal. Sie und ihr Team von Fenagie haben noch einiges vor: 30 Solidaritätskassen sollen bis Ende 2014 entstehen. Moustaphas Mutter hatte zu Recht die Hoffnung bewahrt: Ihr Sohn ist bei ihr geblieben. Er bemüht sich nun, eine Zukunft in Niodior aufzubauen. Daria Lepori und Johanna Risse

Stichwort: Senegal Obschon arm an Bodenschätzen ist Senegal die drittgrösste Volkswirtschaft in West-Afrika (nach Nigeria und Elfenbeinküste): Die strategische Lage und die politische Stabilität haben dem Land erlaubt, seine Industrie zu entwickeln. Die wichtigsten Einnahmen stammen aus der Fischerei und dem Tourismus. Obschon die Landwirtschaft mehr als 70 % der Bevölkerung beschäftigt, leidet ein Drittel der Einwohnerinnen und Einwohner an Hunger. Die Hauptursachen dafür sind gemäss einer Situationsanalyse von Fastenopfer die Verschuldung der Bevölkerung und der Niedergang des sozialen Gefüges, mit der Folge einer immer weniger gelebten Solidarität. Den Hunger reduzieren Die Soudure bezeichnet die Wochen und Monate, in der die Vorratsspeicher leer sind und die Ernte noch nicht eingebracht ist. In dieser Knappheitsperiode leiden viele Familien in Senegal Hunger. Fastenopfer hat sich zum Ziel gesetzt, die Soudure zu verkürzen und die Bevölkerung von den Schulden zu befreien. Dazu werden Solidaritätskassen gegründet und Gemeinschaftsfelder angelegt. Zudem helfen Vereinbarungen in den Dörfern, die Ausgaben bei den traditionell üppigen Zeremonien, wie Heirat oder Taufe, unter Kontrolle zu bringen. Zudem fördert Fastenopfer durch das Netzwerk der Partnerorganisationen den fairen Handel. Helfen Sie mit, den Hunger in Senegal zu reduzieren, und spenden Sie: PK 60-19191-7, Vermerk Senegal

Alpenquai 4, Postfach 2856, 6002 Luzern Telefon 041 227 59 59, Fax 041 227 59 10 mail@fastenopfer.ch www.fastenopfer.ch Postkonto 60-19191-7

September 2013

Die Gruppe kommt auf die aktuelle Situation im Dorf zu sprechen: Zwar gibt es jeden Tag etwas zu essen, aber fast alle Familien sind verschuldet. Einige sehr ernsthaft. Die Fische machen sich in den Netzen zunehmend rarer und auch die Mbissa ist nicht mehr so ertragreich wie früher. Awa Djigal, die Koordinatorin von Fenagie, bespricht die nächsten Massnahmen, welche die Familien zusammen angehen werden, um eine Rückkehr zu den Wucherern zu vermeiden. Die Frauen sollen eine solidarische Sparkasse gründen und gemeinsam verwalten. Dies ist ein wichtiger erster Schritt, andere werden folgen müssen. Die Frauen von Niodior wissen jetzt, dass es kein unabwendbares Schicksal ist, Reis und Hirse auf Kredit zu kaufen.


KEINE SPEKULATION MIT NAHRUNG Die Finanzbranche trägt mit ihrer Spekulation auf Agrarrohstoffen eine erhebliche Mitschuld an den Preisschwankungen für Nahrungsmittel. Schweizer Banken sind mit mehr als vier Milliarden Franken beteiligt. Dadurch verursachen sie weltweit Hunger.

Seit einigen Jahren haben Banken, Pensionskassen und Versicherungen das Nahrungsmittelgeschäft für sich entdeckt. Sie wetten mit Milliardenbeträgen auf die Preisentwicklungen etwa von Mais, Weizen und Reis. Es häufen sich die Belege, dass solche Spekulationen einen erheblichen Einfluss darauf haben, zu welchen Preisen Grundnahrungsmittel schlussendlich auf dem Weltmarkt gehandelt werden.

In Entwicklungsländern wendet ein Haushalt zwischen 50 und 90 Prozent seines Einkommens für Nahrungsmittel auf. Verdreifachen sich die Lebensmittelpreise von einem Tag auf den anderen, wird die Situation für viele Familien lebensbedrohlich. Kein Wunder, haben die Preisspitzen der letzten Jahre in zahlreichen Ländern zu Hungeraufständen geführt. Der aktuelle EinBlick zeigt Hintergründe und Auswirkungen der Spekulation mit Nahrungsmitteln auf. Aus christlicher Sicht haben Geld und Wirtschaft im Dienst des Lebens

zu stehen. Das Recht auf Nahrung und ein Leben in Würde stehen vor der Gewinnmaximierung. Doch während 900 Millionen Menschen hungern, sind Wirtschaftsaktivitäten erlaubt, welche die Ernährungssicherheit von Menschen gefährden. Deshalb wollen Fastenopfer und Brot für alle mit einer Onlineaktion Banken dazu bringen, keine Spekulation mehr mit Grundnahrungsmitteln zu betreiben. Zudem setzen die beiden Werke auf die Stärkung von Kleinbauernfamilien und den fairen Handel durch konkrete Projekte. Susann Schüepp, Leiterin Entwicklungspolitik und Grundlagen stopp-spekulation.ch Infos: fastenopfer.ch/einblick EinBlick bestellen (Fr. 5.–): 041 227 59 59

Recht ohne Grenzen: Ringen in Bern Seit 2012 die Petition «Recht ohne Grenzen» mit über 135 000 Unterschriften eingereicht wurde, ringt die Schweizer Regierung um eine Antwort.

Die Koalition von Fastenopfer und weiteren 50 Organisationen hat erreicht, dass sich die Politik mit den Menschenrechtsverletzungen durch international tätige Unternehmen beschäftigt. Die Nationalratskommission war gegen die Petition, verlangt aber vom Bundesrat eine rechtsvergleichende Studie über die Sorgfaltspflicht von Leitungsorganen von Unternehmen. Zudem verlangt der Nationalrat vom Bundesrat darzulegen, wie er die UnoRichtlinien zu Wirtschaft und Menschenrechten umsetzt. Die Petition blitzte auch in der Ständeratskommission ab. Der Rat aber hat nun die Kommission angewiesen, einen Vorstoss im Sinn der Petition auszuarbeiten. Das Ringen um eine gesetzliche Regulierung der Wirtschaft im Menschenrechtsschutz geht also weiter. fastenopfer.ch/grenzen

Mine bedroht Lebensgrundlage vieler Familien: Arbeit auf dem Reisfeld.

WIDERSTAND WIRKT Glencore-Xstrata bremst sein umstrittenes Minenprojekt Tampakan auf den Philippinen. Dabei dürfte auch die Kritik von Fastenopfer eine Rolle gespielt haben.

Sagittarius Mines Inc. (SMI), eine Tochter des mit Glencore fusionierten Xstrata-Konzerns mit Sitz in Zug, gab im August bekannt, dass sie ihre Ausgaben für das Projekt einer Kupfer-Gold-Mine in Tampakan massiv reduzieren wird. Beeinflusst hat diesen Entscheid auch der Widerstand: Die Mine be-

droht die Lebensgrundlage von Zehntausenden Menschen. Eine von Fastenopfer im Juni mitveröffentlichte Studie belegt, dass das Tochterunternehmen von Xstrata die Rechte der betroffenen Bevölkerung nicht ausreichend beachtet. Daniel Hostettler, bei Fastenopfer Fachverantwortlicher für Menschenrechte, sagt: «Wir hoffen, dass dieser Schritt zu einem Umdenken bei SMI führt und die Menschenrechte der Bevölkerung künftig respektiert werden.» fastenopfer.ch/tampakan

fastenopfer info 3 |2013

3 Fragen

Bischof Felix Gmür

Freuen Sie sich auf das Präsidium des Fastenopfer-Stiftungsrats? Ich habe ein gutes Gefühl. Fastenopfer ist eine hervorragende, gut verankerte Marke. Es hat ein Super-Motto, das ich seit meiner Kindheit kenne: Wir teilen! Darum geht es: Wir teilen, damit alle, ja: alle ein Leben in Fülle haben. Die gut besetzten Gremien und motivierten Mitarbeitenden tragen dazu bei. Dass auch ich jetzt etwas beitragen kann, freut mich. Wofür werden Sie sich einsetzen? Die Botschaft muss rüberkommen: Wir teilen, damit alle mehr haben, wir teilen für das Leben aller. Fastenopfer-Projekte sind Lebensprojekte. Sensibilisierung im Inland, Entwicklungszusammenarbeit im Süden, Austausch zwischen Ortskirchen, positive Einmischung da, wo es um Grundrechte und Menschenwürde geht: Alles dient dem Leben. Das ist Programm und Motivation, gelebte und konkrete christliche Nächstenliebe. Wie gelingt es, mehr Menschen für Fastenopfer zu begeistern? Ich bin einer von vielen. Das Gelingen hängt von uns allen ab. Ich will die Mitarbeitenden im Fastenopfer sowie in der Seelsorge der Bistümer, Pfarreien und Gemeinschaften zur aktiven Zusammenarbeit animieren. Zudem müssen wir Kreise ansprechen, die mit der Kirche weniger im Kontakt stehen, hingegen unsere «Option für das Leben» teilen und deshalb für unsere Projekte begeisterungsfähig sind.


Blickfang

Münz spenden

Agenda

Auch beim Bezahlen im Restaurant runden Sie jeweils den Betrag auf. Nun bietet die PostFinance-Card eine ähnliche Möglichkeit zugunsten unserer Projekte. Nachdem Sie bei der PostFinance einen Antrag für das E-Kässeli gestellt haben, wird bei jedem Einkauf mit Ihrer PostFinance-Card gemäss ihren Vorgaben aufgerundet – Sie bestimmen, ob auf den nächsten Franken oder auf die nächsten zehn Franken. Die Beträge werden Sie kaum bemerken, aber bei uns kommen wichtige Beiträge für benachteiligte Menschen zusammen. Informationen: 041 227 59 28, projektservice@fastenopfer.ch, fastenopfer.ch/ekaesseli

16. Oktober, Brugg: Veranstaltung zum Welternährungstag: Spe(c)kulation – Wie wir uns an den Lebensmitteln des Südens gütlich tun (13.30–20.15 Uhr, Fachhochschule Nordwestschweiz, Campussaal). fhnw.ch/technik/ign/veranstaltungen, 056 222 15 17 24. Oktober, Bern: Wie viel Blut steckt in unseren Computern? Von Konflikt-Rohstoffen zur smarten Elektronik. Konferenz als Teil der Kampagne «High Tech – No Rights?» von Fastenopfer und Brot für alle (13–18 Uhr, Hotel Kreuz). fastenopfer.ch/computer

Nachhaltigkeitsbericht: Fastenopfer beispielhaft

ZERSTÖRTE SCHULEN Am 12. August hat der Taifun Labuyo den Nordosten der Philippinen heimgesucht, wo Fastenopfer zwei Projekte unterstützt.

Die Gegend von Casiguran in der Provinz Aurora lag im Zentrum des Sturms. Zahlreiche Häuser wurden zerstört, Felder und Strassen überflutet. Auch vier Schulen der indigenen Gemeinschaft der Agtas wurden vollständig zerstört. Schulbücher, Hefte, Stühle und Bänke – alles verloren. Menschen sind keine umgekommen. Über 5000 Familien leiden unter den Folgen des Taifuns. Die Nahrungsmittelversorgung ist über Monate beeinträchtigt. Fastenopfer hat einen ersten Beitrag an Nothilfe geleistet und wird den Wiederaufbau der Agta-Schulen und -Siedlungen, aber auch der Fischerdörfer mit 30 000 Franken unterstützen. Unterstützen Sie den Wiederaufbau auf den Philippinen mit einer Spende: PK 60-19191-7, Vermerk Taifun.

Der Nachhaltigkeitsbericht für Fastenopfer orientiert sich an den Vorgaben der Global Reporting Initiative. Sie schlägt ökonomische, gesellschaftlich-soziale und ökologische Indikatoren vor. Diese werden auf die Aktivitäten von Fastenopfer in der Schweiz angewendet. Fastenopfer schneidet in allen drei Kategorien gut ab. Verbesserungspotential besteht für den Bürobetrieb: So fehlen bislang ausformulierte Richtlinien zur Beschaffung von Büromaterialien und Mobiliar. Diese Anforderungen erfüllt Fastenopfer bei den meisten Einkäufen schon heute, nun sollen sie auch schriftlich festgehalten werden. fastenopfer.ch/nhb

Jugendlicher Austausch

Opfer des Taifuns Labuyo auf den Trümmern seines Hauses.

Seit acht Jahren unterhält Jungwacht Blauring Schweiz eine Partnerschaft mit der Kinder- und Jugendorganisation Chiro Philippinen. Beim jüngsten Austausch, der vom Fastenopfer unterstützt wurde, erhielten sechs Jugendliche einen Einblick in den philippinischen Alltag. «Die Reise ermöglicht es, in eine andere Lebenswelt einzutauchen», sagt Florence Cueni aus Basel.

fastenopfer info 3|2013

Impressum

Alpenquai 4, Postfach 2856 6002 Luzern Telefon +41 41 227 59 59 Telefax +41 41 227 59 10 info@fastenopfer.ch www.fastenopfer.ch PK 60-19191-7 Herausgeber Fastenopfer Das INFO erscheint vier Mal jährlich. Die Post gewährt uns den günstigen Zeitungstarif. Einmal pro Jahr werden dafür Fr. 3.– vom Spendenertrag als Abonnementsbetrag abgezogen. Redaktion Johanna Monney, Patricio Frei-Gisi Fotos François Mercier (S. 1, 4, 5 links, 6), Priska Ketterer (kleine Porträts S. 1, 2, 7), Spinas Civil Voices (S. 2), Daria Lepori (S. 3, 5 rechts), Bob Timonera (S. 7), Marvin Astoveza (S. 8). Cartoon Daria Lepori Konzept grafikcontainer Luzern Layout/Druck Zofinger Tagblatt AG, Medien- und Printunternehmen, www.ztonline.ch


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